Herrscher, Rivale, Verbannte (Für Ruhm und Krone – Buch 7) - Morgan Rice - E-Book

Herrscher, Rivale, Verbannte (Für Ruhm und Krone – Buch 7) E-Book

Morgan Rice

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Beschreibung

"Morgan Rice hat eine brillante neue Fantasy-Serie geschaffen, die uns in das Reich von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird... Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen." --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Aufstand der Drachen) Nach dem ersten Buch SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN, das als gratis Ebook erworben werden kann, ist HERRSCHER, RIVALE, VERBANNTE das siebte Buch der Bestseller Fantasy-Reihe FÜR RUHM UND KRONE von Morgan Rice. Da Delos in Trümmern liegt, bleibt Ceres, Thanos und den anderen nur noch die Flucht zu dem letzten freien Winkel des Reichs: der Insel Haylon. Dort hoffen sie sich mit den verbliebenen Freiheitskämpfern zu verbünden, die Inseln zu befestigen und in einer großangelegten Verteidigung die Horden von Felldust zu vertreiben. Ceres erkennt bald, dass, wenn sie weiterhin darauf hoffen wollen, die Insel verteidigen zu können, sie mehr als gewöhnliche Kräfte braucht: sie muss den Bann des Zauberers brechen und die Kräfte der Uralten zurückgewinnen. Dazu muss sie sich alleine auf eine Reise begeben, den Fluss des Blutes befahren, um zu der dunkelsten aller Höhlen zu gelangen, einem Ort an dem weder Leben noch Tod existieren und an dem sie wahrscheinlich ihr Leben verlieren wird. Der Erste Stein Irrien ist unterdessen entschlossen, Stephania als seine Sklavin zu halten und Delos zu unterdrücken. Doch die anderen Steine von Felldust mögen andere Pläne haben. HERRSCHER, RIVALE, VERBANNTE erzählt die epische Geschichte von tragischer Liebe, Rache, Verrat, Ehrgeiz und Schicksal. Dank seiner unvergesslichen Charaktere und der nervenzerreißenden Action entführt uns auch dieser Band in eine Welt, die wir nie wieder vergessen werden und durch die wir uns wieder neu in das Fantasy-Genre verlieben werden.

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Seitenzahl: 315

Veröffentlichungsjahr: 2017

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HERRSCHER, RIVALE, VERBANNTE

(FÜR RUHM UND KRONE - BUCH 7)

Morgan Rice

Als Autorin von Fantasy-Epen wie der siebzehn-bändigen Reihe DER RING DER ZAUBEREI; der zwölf-bändigen Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE; der bisher zwei-bändigen post-apokalyptischen Bestseller Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS; der sechs-bändigen epischen Fantasy Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN und dem neuen Fantasy-Epos Serie FÜR RUHM UND KRONE gehört Morgan Rice zu den Bestsellern in ihrem Genre. Morgans Bücher sind als Hör- und Printbücher in mehr als 25 Sprachen erhältlich.

Morgan würde sich freuen von Ihnen zu hören. Besuchen Sie deshalb gerne ihre Homepage www.morganricebooks.com

Ausgewählte Kritiken zu Morgan Rice

„Wenn Sie geglaubt haben nach dem Ende von DER RING DER ZAUBEREI nicht weiterleben zu können, dann haben Sie sich geirrt. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN hat Morgan Rice eine brillante neue Serie geschaffen, die uns in das Reich von Trollen und Drachen, von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird... Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen.“

--Books and Movie Reviews

Roberto Mattos

„Ein Action-geladenes Fantasy Abenteuer das nicht nur allen Morgan Rice Fans gefallen wird sondern auch Anhängern von Christopher Paolinis DAS VERMÄCHTNIS DER DRACHENREITER... Fans von Fiction für Jugendliche werden dieses Werk von Rice verschlingen und um eine Fortsetzung betteln.“

--The Wanderer,A Literary Journal (bezugnehmend auf Der Aufstand der Drachen)

„Ein lebhaftes Fantasy-Abenteuer das auch durch seine mysteriösen Elemente und sein Intrigenspiel besticht. In QUESTE DER HELDEN geht es um Mut und darum einen Sinn im Leben zu finden. Die Helden und Heldinnen reifen, wachsen über sich hinaus und leisten dabei Außergewöhnliches... Alle die ein bissiges Fantasy-Abenteuer suchen, werden bei diesen Protagonisten und dieser Action fündig werden. Vor einer lebhaften Kulisse wächst das verträumte Kind Thor zu einem jungen Erwachsenen heran, das es mit lebensbedrohlichen Herausforderungen aufnehmen muss... Dieser Band verspricht der Anfang einer epischen Serie für Jugendliche zu werden.“

--Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)

„DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten für einen Bestseller: die Handlung, die Gegenhandlung, viel Geheimnisvolles, wackere Ritter und sich entfaltende Beziehungen voll von Herzschmerz, Betrug und Täuschung. Es wird Ihnen sicherlich keine Minute langweilig sein. Für jedes Alter geeignet, darf es in keiner Fantasy-Buchsammlung fehlen.”

 --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos

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Copyright © 2017 durch Morgan Rice. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie gemäß unter dem US Urheberrecht von 1976 ausdrücklich gestattet, darf kein Teil dieser Veröffentlichung auf irgendwelche Weise oder in irgendeiner Form sei es elektronisch oder mechanisch kopiert, reproduziert, verteilt oder angezeigt werden ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Autoren eingeholt zu haben. Dieses Ebook ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Dieses Ebook darf kein zweites Mal verkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch an andere Personen weitergeben wollen, so erwerben Sie bitte für jeden Rezipienten ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen ohne es käuflich erworben zu haben oder es nicht für Ihren alleinigen Gebrauch erworben wurde, so geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie Ihr eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Es handelt sich um eine fiktive Handlung. Namen, Charaktere, Geschäftsangelegenheiten, Organisationen, Orte, Ereignisse und Zwischenfälle entspringen der Fantasie der Autorin oder werden fiktional benutzt. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen, ob tot oder lebendig, sind zufälliger Natur. Die Bildrechte des Bildbandes liegen bei Leafsomen und werden unter der Lizenz istock.com verwendet.

INHALTSVERZEICHNIS

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

In Erinnerung an Rebekah Barrett.

KAPITEL EINS

Irrien liebte das Hochgefühl der Schlacht, das berauschende Gefühl zu wissen, dass er stärker als jeder Feind war – doch der Anblick des Schlachtfelds nach seiner Eroberung war noch viel besser.

Er schritt durch die Ruinen von Delos, beobachtete die Plünderungen, und lauschte den Schreien der Schwachen, die von seinen Männern getötet und ausgeraubt, vergewaltigt und zermalmt wurden. Neue Sklavenzüge zogen sich wie Fäden durch den Hafen, während bereits ein Markt für geplünderte Güter und gefangengenommene Bauern auf dem dortigen Platz entstanden war. Er versuchte beim Gehen den Schmerz in seiner Schulter zu ignorieren. Er durfte vor seinen Männern keine Schwäche zeigen.

Große Teile der Stadt lagen jetzt in Trümmern, doch Irrien war das egal. Was zerbrochen war, konnte mit genügend Sklaven unter seiner Peitsche wieder aufgebaut werden. Es konnte so wieder aufgebaut werden, wie er es wollte.

Natürlich gab es immer noch die Wünsche der anderen. Im Moment folgten sie ihm noch wie Haie einer Blutspur im Wasser oder wie Krieger oder Priester oder sonst jemand. Unter ihnen gab es auch Vertreter der anderen Steine aus Felldust. Sie plapperten über die Rollen die ihre Herren bei den Plünderungen spielen würden. Dann gab es da noch die Händler, die sich gegenseitig in den besten Angeboten, Irriens Plünderungen zurück ins Land des ewigen Staubs zurückzuführen, zu übertreffen versuchten.

Irrien versuchte, ihnen aus dem Weg zu gehen, doch immer wieder traten sie an ihn heran.

„Erster Stein“, sagte eine Gestalt. Er trug ein Priestergewand, um das er einen Gürtel aus Fingerknochen gebunden hatte. In seinem Bart prangten heilige Symbole, die er mit silbernen Drähten befestigt hatte. Mehrere Amulette aus Blutsteinen wiesen ihn als einen der Ranghöchsten seiner Art aus.

„Was kann ich für dich tun, Heiliger?“ fragte Irrien. Er rieb sich geistesabwesend die Schulter, während er sprach und hoffte, dass niemand den Grund für diese Handlung erriet.

Der Priester breitete seine Hände aus, auf denen bei jeder Bewegung seiner Fingerspitzen eintätowierte Runen zu tanzen begannen.

„Nicht für mich aber für die Götter. Sie haben uns den Sieg geschenkt. Wir sollten ihnen mit einer angemessenen Opfergabe danken.“

„Meinst du etwa, dass der Sieg nicht durch die Kraft meines Armes errungen wurde?“ fragte Irrien. Seine Stimme hatte etwas Drohendes. Er benutzte die Priester, wenn es ihm genehm war, aber würde sich nicht von ihnen kontrollieren lassen.

„Selbst die Stärksten müssen die Gunst der Götter anerkennen.“

„Ich werde darüber nachdenken“, sagte Irrien, wie auf so viele andere Anfragen, die ihm heute gestellt worden waren. Fragen nur um Aufmerksamkeit zu kriegen, Fragen nach Materialien und Fragen eines ganzen Aufgebots an Leuten, die ihren Teil an dem, was er errungen hatte, einforderten. Das war der Fluch eines jeden Anführers und gleichzeitig das Symbol seiner Macht. Jeder starke Mann, der zu ihm kam und ihn anbettelte war ein Eingeständnis, dass er sich nicht einfach nehmen durfte, was er wollte.

Sie begaben sich jetzt auf den Weg zurück zum Schloss. Irrien ging im Kopf durch, was jetzt zu tun sein würde, er überlegte, wo Reparaturen vonnöten sein würden und wo Monumente seiner Macht aufgestellt werden konnten. In Felldust würde eine Statue gestohlen oder zerstört werden, bevor sie vollendet werden konnte. Doch hier würde sie in Erinnerung an seinen Sieg für alle Zeiten stehen bleiben. Wenn er genesen war, würde es viel zu tun geben.

Er blickte zu der Verteidigungsanlage des Schlosses, als er und seine Leute sich ihr näherten. Sie war stark, stark genug, um gegen die gesamte Welt zu bestehen. Wenn nicht jemand seinen Leuten Einlass gewährt hätte, dann hätte die Verteidigung tatsächlich seine Armee verzweifeln lassen, was unausweichlich zu Konflikten unter seinen Männern geführt hätte.

Er schnipste mit den Fingern nach einem Diener. „Ich will, dass jeder Tunnel da unten zugemacht wird. Mir ist es egal, wie viele Sklaven dabei draufgehen. Wenn ihr damit fertig seid, kümmert euch um die Tunnel unter der Stadt. Ich habe keine Lust auf ein Mäuselabyrinth, in dem Leute ohne mein Wissen umherschleichen können.“

„Ja, Erster Stein.“

Er lief weiter ins Schloss. Dort wuselten bereits Diener in den Farben von Felldust umher. Doch andere schienen seine Nachricht noch nicht erhalten zu haben. Drei seiner Männer rissen an den Tapeten, brachen Steine aus den Augen von Statuen und stopften sich die Taschen voll.

Irrien trat zu ihnen, und er sah die Ehrerbietung, die er seinen Männern einzuflößen suchte, in ihren Augen.

„Was macht ihr da?“ fragte er.

„Wir treiben die Plünderung der Stadt weiter voran, Erster Stein“, antwortete einer. Er war jünger als die anderen zwei. Irrien vermutete, dass er sich erst kürzlich den Truppen angeschlossen hatte, aus Abenteuerlust. So wie so viele andere.

„Und hat euer Hauptmann euch gesagt, dass ihr mit den Raubzügen im Schloss fortfahren sollt?“ fragte Irrien. „Seid ihr hierher beordert worden?“

Ihre Gesichter verrieten ihm alles, was er wissen musste. Er hatte seinen Männern befohlen, die Plünderung der Stadt systematisch anzugehen, aber das hier widersprach dieser Logik. Er erwartete von seinen Kriegern Disziplin und was diese Männer hier an den Tag legten, war keine Disziplin.

„Ihr dachtet wohl, ihr könntet euch einfach alles, was ihr wollt, unter den Nagel reißen“, sagte Irrien.

„So läuft das eben in Felldust!“ protestierte einer der Männer.

„Ja“, stimmte Irrien zu. „Die Starken bedienen sich bei den Schwachen. Deshalb habe ich dieses Schloss eingenommen. Gerade versucht ihr, mich zu bestehlen. Glaubt ihr etwa ich sei schwach?“

Er war nicht länger im Besitz seines großen Schwerts – und selbst wenn er es gehabt hätte – bereitete seine Schulter ihm immer noch zu große Schmerzen, als dass er es hätte heben können – und so zog er stattdessen ein langes Messer hervor. Sein erster Hieb durchtrennte den Kieferknochen und dann den restlichen Schädel des Jüngsten unter den dreien.

Er raste herum und stieß den zweiten gegen die Wand, noch bevor dieser nach seinen eigenen Waffen greifen konnte. Irrien parierte einen Schwerthieb des Letzten und schlitzte ihm zurückschwingend mühelos die Kehle auf. Er stieß ihn von sich, als er zu Boden ging.

Derjenige, den er davor zurückgestoßen hatte, stand nun mit erhobenen Händen da.

„Bitte, Stein Irrien. Es war ein Fehler. Wir haben nicht nachgedacht.“

Irrien trat auf ihn zu und stach ohne ein weiteres Wort zu. Immer und immer wieder ließ er sein Messer in ihn dringen. Dabei hielt er den Schwächling aufrecht, sodass er nicht zu schnell zu Boden sinken konnte. Er scherte sich nicht darum, dass seine eigene Wunde dabei wieder zu schmerzen begann. Das hier war nicht nur eine Hinrichtung, es war ein Exempel.

Schließlich ließ er den Mann zusammenbrechen. Irrien wandte sich mit ausgebreiteten Händen herausfordernd den anderen zu.

„Glaubt hier irgendjemand, dass ich so schwach bin, dass ihr einfach irgendetwas von mir fordern könnt? Glaubt hier irgendjemand, mich einfach bestehlen zu können?“

Sie blieben natürlich stumm. Irrien überließ sie ihrem Entsetzen und machte sich auf den Weg zum Thronsaal.

Seinem Thronsaal.

Wo just diesem Moment sein Preis ihn erwarten würde.

*

Stephania zuckte zusammen, als Irrien den Thronsaal betrat. Sie hasste sich dafür. Sie kniete neben demselben Thron, den sie selbst noch vor kurzer Zeit besetzt hatte. Goldene Ketten hielten sie gefangen. Sie hatte an ihnen gerüttelt, als niemand im Saal gewesen war, doch vergebens.

Irrien kam auf sie zu, und Stephania zwang sich, ihre Angst hinunterzuschlucken. Er hatte sie geschlagen, ihr Ketten angelegt und dennoch hatte sie die Wahl. Sie konnte sich brechen lassen oder die Situation zu ihrem Vorteil wenden. Selbst in ihrer Lage würde sie einen Weg finden.

Neben Irriens Thron festgekettet zu sein, hatte schließlich seine Vorzüge. Es bedeutete, dass er vorhatte, sie zu behalten. Es bedeutete, dass seine Männer sie in Ruhe lassen würden, auch wenn sie Stephanias Zofen und Diener zu ihrem eigenen Vergnügen davongeschleppt hatten. Es bedeutete, dass sie sich noch immer im Zentrum des Geschehens befand, auch wenn sie darüber keine Kontrolle mehr hatte.

Noch nicht.

Stephania beobachtete, wie Irrien sich setzte. Sie betrachtete ihn wie ein Jäger den Lebensraum seiner Beute ansieht. Es stand außer Zweifel, dass er sie begehrte, warum sonst würde er sie hierbehalten und nicht in die Sklavengräben schicken? Damit konnte Stephania etwas anfangen. Er mochte denken, dass sie ihm gehörte, doch schon bald würde er tun, was sie ihm riet.

Sie würde die Rolle der unterwürfigen Gespielin geben, und sie würde sich das zurückerobern, was sie sich so schwer erarbeitet hatte.

Sie wartete und lauschte, wie Irrien Vorkommnisse in der Stadt besprach. Das meiste davon war banal. Wie viel sie sich unter den Nagel gerissen hatten. Wie viel sie noch an sich reißen wollten. Wie viele Wachen sie brauchen würden, um die Mauern zu sichern, und wie der Nachschub an Nahrung gewährleistet werden konnte.

„Wir haben ein Angebot von einem Händler, der unsere Truppen versorgen würde“, sagte einer der Höflinge. „Ein Mann namens Grathir.“

Stephania schnaubte, woraufhin Irrien sich ihr zuwandte.

„Willst du irgendetwas dazu sagen, Sklavin?“

Sie musste sich zusammenreißen, ihm darauf keine schnippische Antwort zu geben. „Nur dass Garthir dafür bekannt ist, mit Gütern von mangelnder Qualität zu handeln. Sein früherer Geschäftspartner ist jedoch bereit, sein Geschäft zu übernehmen. Wenn Ihr ihn unterstützt, werdet ihr kriegen, was Ihr wünscht.“

Irrien starrte sie ruhig an. „Und warum erzählst du mir das?“

Stephania wusste, dass ihre Gelegenheit gekommen war, doch sie musste sie weise nutzen. „Ich will dir zeigen, dass ich von Nutzen sein kann.“

Er gab ihr keine Antwort und wandte sich erneut seinen Männern zu. „Ich werde es in Betracht ziehen. Was steht als nächstes an?“

Als nächstes ging es um die Forderungen einiger Vertreter der anderen Herrscher aus Felldust.

„Der Zweite Stein will wissen, wann Ihr vorhabt, nach Felldust zurückzukehren“, sagte einer der Vertreter. „Es gibt dringende Angelegenheiten, die die Anwesenheit aller fünf Steine erfordern.“

„Der Vierte Stein Vexa benötigt mehr Platz für ihre Flotte.“

„Der Dritte Stein Kas sendet seine Glückwünsche zum gemeinsam errungenen Sieg.“

Stephania ging die Namen der anderen Steine von Felldust durch. Cunning, Ulren, Kas, Forkbeard, Vexa, der einzige weibliche Stein, und Borion der Fatzke. Ihre Namen waren nichts im Vergleich zu Irriens und doch waren sie in der Theorie alle gleichrangig. Allein die Tatsache, dass sie nicht hier waren, gab Irrien so viel Macht.

Neben den Namen erinnerte sich Stephania auch an ihre Interessen, Schwachstellen und Ziele. Ulren wurde langsam in Irriens Schatten alt und hätte wohl den Sitz des Ersten Steins für sich beansprucht, wäre ihm der Kriegsherr nicht in die Quere gekommen. Kas war vorsichtiger, entstammte einer Familie aus Händlern und drehte jede Münze zwei Mal um, bevor er sie ausgab. Vexa besaß ein Haus vor den Toren der Stadt. Es gab Gerüchte, dass ihre Diener keine Zungen mehr hatten, sodass sie niemandem erzählen konnten, was sie dort zu sehen bekamen. Borion war der Schwächste unter ihnen und würde am wahrscheinlichsten seinen Sitz an einen Herausforderer verlieren.

Während sie über die Lage in Felldust nachdachte, legte Stephania sanft ihre Hand auf Irriens Arm. Sie fuhr mit ihren Fingern sanft und kaum spürbar über seinen Arm. Sie hatte ihre Verführungskünste vor vielen Jahren erlernt und sie an einer ganzen Reihe von Liebhabern vervollkommnet. Schließlich hatte sie auch Thanos rumgekriegt, oder? Würde Irrien schwerer zu überzeugen sein?

Dann spürte sie, wie sein Körper sich anspannte.

„Was machst du da?“ fragte er.

„Ihr wirkt angespannt nach all dem Gerede“, sagte Stephania. „Ich dachte, ich könnte Euch ein wenig Entspannung verschaffen... auf andere Art und Weise?“

Sie durfte den Bogen nicht überspannen. Sie durfte andeuten und anbieten, aber niemals geradewegs einfordern. Stephania setzte ihren unschuldigsten Blick auf und blickte Irrien in die Augen... dann schrie sie auf, als er sie wie beiläufig ohrfeigte.

Wut machte sich in ihr breit. Stephanias Stolz sagte ihr, dass sie ihn eines Tages für diese Ohrfeige würde bezahlen lassen, dass sie sich an ihm rächen würde.

„Ah, das ist die wahre Stephania“, sagte Irrien. „Glaubst du, ich lasse mich von deinen Spielchen, eine unterwürfige Sklavin zu sein, einlullen? Glaubst du, dass ich so dumm wäre zu glauben, dass man dich mit einer einzigen Tracht Prügel brechen könnte?“

Angst nahm erneut von Stephania Besitz. Sie konnte sich nur zu gut an das Zischen der Peitsche, die Irrien gegen sie erhoben hatte, erinnern. Ihr Rücken erinnerte sie schmerzlich an die Hiebe. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie es genossen hatte diejenigen Diener, die es verdienten, zu bestrafen. Jetzt brachte die Erinnerung daran nichts als den Schmerz zurück.

Doch wenn es sein musste, würde sie den Schmerz für ihre Sache benutzen.

„Nein, aber ich bin mir sicher, dass das nicht alles war, was du zu bieten hast“, sagte Stephania. Dieses Mal versuchte sie es erst gar nicht mit ihrer Unschuldsmasche. „Du wirst es genauso sehr genießen, mich zu brechen, wie ich es genießen werde, mit dir zu spielen während du es versuchst. Ist das nicht Teil des ganzen Spaßes?“

Irrien schlug sie ein zweites Mal. Stephania hatte ihm einen Einblick in ihre wahren Absichten gewährt. Es war klar, was er wollte. Sie würde alles Notwendige tun, um Irrien an sie zu binden. Wenn sie das einmal geschafft hätte, dann würde es keine Rolle mehr spielen, wie sehr sie auf dem Weg dorthin gelitten hatte.

„Du hältst dich für etwas ganz besonderes, oder?“ sagte Irrien. „Dabei bist du nichts als eine Sklavin.“

„Eine Sklavin, die du an deinen Thron festgekettet hast“, hob Stephania in ihrer schmeichlerischsten Stimme hervor. „Eine Sklavin, die du gerne ins Bett kriegen würdest. Eine Sklavin, die so viel mehr sein könnte. Eine Partnerin. Ich kenne Delos wie keine zweite. Warum gibst du es nicht einfach zu?“

Daraufhin erhob sich Irrien.

„Du hast Recht. Ich habe einen Fehler gemacht.“

Er streckte die Hand nach ihren Ketten aus und löste sie von seinem Thron. Stephania glaubte sich schon triumphierend am Ziel, als er sie an ihren Ketten nach oben zog. Auch wenn er ihr gegenüber jetzt grausam sein sollte, sie in seine Gemächer schleppte und sich ihr aufzwingen würde, würde sie das immer noch als Fortschritt verbuchen können.

Doch dann tat er etwas für sie Unerwartetes. Er warf sie auf den kalten Marmor und sie spürte die Härte des Steins unter ihren Knien als sie über den Boden schlitterte, bevor sie vor einer der dortigen Figuren zum Stillstand kam.

Der Schock traf sie mehr als der körperliche Schmerz. Wie konnte Irrien so etwas tun? War sie denn nicht alles, was er sich wünschte? Stephania blickte auf und sah diesen Mann in seinen schwarzen Kleidern mit offenkundiger Verachtung zu ihr hinabblicken.

„Ich habe den Fehler begangen zu glauben, dass du meiner würdig seist“, sagte Irrien. „Du willst eine Opfergabe Priester? Nimm sie. Schneide das Kind aus ihrem Leib und biete es den Göttern in meinem Namen als Opfer an. Ich werde nicht dulden, dass irgendeine plärrende Missgeburt mir das Recht auf den Thron streitig macht. Wenn ihr mit ihr fertig seid, werft das, was von ihr noch übrig sein wird, den Vagabunden zum Fraß vor.“

Stephania starrte den Priester voller Entsetzen an. Dann blickte sie Irrien an, kaum in der Lage, etwas hervorzubringen. Das konnte nicht geschehen. Das konnte es einfach nicht. Das würde sie nicht zulassen.

„Bitte“, sagte sie. „Das wäre nicht klug. Ich könnte so viel mehr für dich tun!“

Doch das schien ihm egal zu sein. Panik überkam sie, als sie entsetzt erkannte, dass er es wirklich ernst meinte. Sie hatten wirklich vor, ihren Worten Taten folgen zu lassen.

Nein. Nein, das konnte sie nicht!

Sie schrie, als der Priester ihre Arme griff. Ein anderer griff sie bei den Beinen und sie trugen sie, die sich verzweifelt zu befreien versuchte, zwischen ihnen davon. Irrien und die anderen folgten ihnen nach. Doch die waren Stephania egal. Nur eine Sache zählte jetzt noch für sie.

KAPITEL ZWEI

Ceres konnte noch immer nicht glauben, dass sie entkommen waren. Sie lag an Deck des kleinen Bootes, das sie gestohlen hatten, und es schien ihr unmöglich zu glauben, dass sie sich gerade hier befand und nicht in irgendeinem Kampfgraben unter dem Schloss ihrem Tod entgegensah.

Nicht, dass sie hier in Sicherheit waren. Der Pfeilregen über ihr machte das mehr als deutlich.

Ceres blickte über die Reling des Bootes und versuchte herauszufinden, ob es etwas gab, das sie tun konnte. Bogenschützen feuerten ihre Geschosse vom Ufer aus ab. Der Großteil ihrer Geschosse landete im Wasser und nur wenige donnerten in das Holz ihres Gefährts, wo schwingend ihre Energie verpuffte.

„Wir müssen einen Zahn zulegen“, sagte Thanos neben ihr. Er griff eilig eines der Segel. „Hilf mir, das Segel zu hissen.“

„Noch... nicht“, krächzte eine Stimme von der anderen Seite des Decks.

Akila lag ausgestreckt dort. In Ceres’ Augen machte er einen besorgniserregenden Eindruck. Das Schwert des Ersten Steins hatte noch vor wenigen Minuten in ihm gesteckt, und jetzt da Ceres es herausgezogen hatte, verlor er immer mehr Blut. Dennoch schaffte er es, den Kopf zu heben und sie mit einer Dringlichkeit anzublicken, die sie schlecht ignorieren konnten.

„Noch nicht“, wiederholte er. „Die Schiffe im Hafen vereinnahmen den gesamten Wind für sich. Das Segel jetzt zu hissen macht aus uns nur unnötig ein Ziel. Nehmt die Ruder.“

Ceres nickte und zog Thanos dorthin, wo die Kampfherren, die sie gerettet hatten, an den Rudern saßen. Es war nicht gerade leicht, neben den muskelbepackten Männern genug Platz zu finden. Doch sie quetschte sich neben einen und unterstützte ihre Bemühungen mit letzter Kraft.

Sie ruderten in den Schatten einer ankernden Galeere und der Pfeilregen ließ augenblicklich nach.

„Wir dürfen jetzt keinen Fehler machen“, sagte Ceres. „Sie können uns nicht töten, wenn sie uns nicht finden.“

Sie ließ ihr Ruder los und die anderen taten es für einen kurzen Augenblick in gleicher Weise. So folgte ihr Boot der Strömung eines größeren Schiffes, sodass sie unmöglich vom Ufer aus gesehen werden konnten.

Das verschaffte ihr einen kurzen Augenblick, nach Akila zu sehen. Ceres hatte ihn nur flüchtig kennengelernt, und doch gab sie sich für das, was ihm widerfahren war, die Schuld. Er hatte für ihre Sache gekämpft, als ihm diese Wunde an seiner Seite, die noch immer wie ein gieriger Mund aufklaffte, zugefügt worden war.

Sartes und Leyana knieten sich neben ihn und versuchten, die Blutung zu stillen. Ceres stellte erstaunt fest, wie gut ihnen das gelang. Sie vermutete, dass der Krieg die Menschen gezwungen hatte, sich Fähigkeiten anzueignen, die sie sonst niemals erlernt hätten.

„Wird er es schaffen?“ fragte Ceres ihren Bruder.

Sartes blickte zu ihr auf. Seine Hände waren voller Blut. Leyana neben ihm sah bleich aus.

„Ich weiß es nicht“, sagte Sartes. „Ich habe schon viele Schwertwunden gesehen, und wenn ich das richtig sehe, hat das Schwert bei ihm alle wichtigen Organe verfehlt. Aber das vermute ich nur, weil er noch nicht gestorben ist.“

„Du machst das sehr gut“, sagte Leyana und legte ihre Hand auf Sartes’. „Auf einem Boot sind die Optionen immer beschränkt. Wir brauchen eigentlich einen echten Heiler.“

Ceres war froh, dass sie da war. Ihrem ersten Eindruck von dem Mädchen nach, schienen Leyana und ihr Bruder gut zusammenzupassen. Mit Sicherheit versuchten sie alles, um Akila gemeinsam am Leben zu halten.

„Wir werden dich zu einem Heiler bringen“, versprach Ceres, auch wenn sie sich nicht sicher war, wie sie dieses Versprechen würde einhalten können. „Irgendwie.“

Thanos befand sich jetzt am Bug des Boots. Ceres ging in der Hoffnung zu ihm, dass er mehr als sie selbst eine Idee hatte, wie sie von hier entkommen konnten. Der Hafen war gerade voller Schiffe und die Flotte der Besatzer trieb wie eine schwimmende Stadt neben der eigentlichen im Wasser.

„In Felldust war es noch schlimmer“, sagte Thanos. „Das hier ist die Hauptflotte. Mehr Schiffe sind auf dem Weg.“

„Um das Reich auseinanderzunehmen“, vermutete Ceres.

Sie war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Sie hatte das Reich in die Knie zwingen wollen, aber das hier... jetzt wurde nur noch mehr Menschen Leid zugefügt. Gewöhnliche Menschen und Adlige würden von den Besatzern gleichermaßen versklavt, wenn man sie nicht gleich tötete. Mittlerweile mussten sie auch Stephania gefunden haben. Ceres hätte wahrscheinlich irgendeine Form von Genugtuung bei diesem Gedanken spüren sollen. Tatsächlich war sie jedoch in erster Linie erleichtert, dass sie nun aus ihrem Leben verschwunden war.

„Bereust du es, Stephania zurückgelassen zu haben?“ fragte Ceres Thanos.

Er legte einen Arm um sie. „Ich bedaure, dass es so weit kommen musste“, sagte er. „Aber nach allem, was sie getan hat... nein, ich bereue es nicht. Sie verdient es. Das und noch viel mehr.“

Er klang aufrichtig, aber Ceres wusste auch, wie schwierig die Dinge werden konnten, wenn es um Stephania ging. Wie es auch gewesen war, jetzt war sie weg und höchstwahrscheinlich sogar tot. Sie hingegen waren frei. Oder würde es zumindest sein, wenn sie es lebendig aus dem Hafen schafften.

Sie sah, wie ihr Vater nickte und auf etwas deutete.

„Dort, seht ihr diese Schiffe? Sie sehen so aus als würden sie aufbrechen.“

Es stimmte, dort waren einige Galeeren und Koggen, die den Hafen im Pulk verließen. Sie fuhren dichtgedrängt im Pulk davon, so als hätten sie Angst, dass ihnen jemand all das wegnähme, was sie mit sich nahmen. So wie sie Felldust kannte, würde genau das wahrscheinlich passieren.

„Was sind das?“ fragte Ceres. „Handelsschiffe?“

„Ein paar bestimmt“, antwortete ihr Vater. „Gefüllt mit Raubgut aus den Eroberungen. Ich würde vermuten, dass einige von ihnen Sklavenhalter sind.“

Bei dieser Vorstellung wurde Ceres schlecht. Dass es dort vor ihr Schiffe gab, die die Menschen ihrer Stadt verschleppten, um ihnen ein Leben in Ketten aufzuzwingen, erfüllte sie mit einer solchen Wut, dass sie diese Schiffe am liebsten mit ihren bloßen Hände in Stücke gerissen hätte. Doch das konnte sie nicht. Sie waren nur ein einzelnes Boot.

Ihrem Ärger zum Trotz konnte Ceres sehen, dass sich ihnen hier eine Gelegenheit bot.

„Wenn wir es dort rüber schaffen, wird sich niemand wundern, dass wir den Hafen verlassen“, sagte sie.

„Wir müssen es immer noch erst einmal dorthin schaffen“, bemerkte Thanos. Doch Ceres konnte sehen, dass er bereits versuchte, eine Route zu finden.

Die vollbeladenen Schiffe trieben so nah beieinander, dass es ihnen so vorkam als manövrierten sie ihr Boot eher durch eine Reihe von Kanälen als über ein offenes Gewässer. Sie bahnten sich mit Hilfe ihrer Ruder ihren Weg an den zusammengepferchten Schiffen vorbei und versuchten, keine Aufmerksamkeit zu wecken. Jetzt da sie es aus der Reichweite der Soldaten am Ufer geschafft hatten, würde niemand Verdacht schöpfen, dass sie hier nicht hingehörten. Sie konnten in der großen Masse der Felldustflotte untertauchen und sie als Tarnung nutzen, auch wenn einige unter den Besatzern noch immer auf der Jagd nach ihnen waren.

Ceres umklammerte das Schwert, das sie aus Akilas Leib gezogen hatte. Es war so groß, dass sie es kaum hochheben konnte, doch wenn sich ihr jemand in den Weg stellte, würde dieser schnell erkennen müssen, wie gut sie damit umgehen konnte. Vielleicht würde sich ihr sogar eines Tages die Gelegenheit bieten, es seinem Besitzer zurückzugeben, mit der Spitze zuerst in das Herz der Ersten Steins.

Doch vorerst konnten sie sich keinen Kampf erlauben. Es würde sie als Fremde enttarnen und ihnen jedes Boot in ihrer Umgebung auf den Hals jagen. So wartete Ceres ab. Sie spürte ihre eigene Anspannung, als sie an der bunt durchmischten Landungsflotte vorbeiglitten, an den Wracks ausgebrannter Schiffe und an jenen Schiffen, denen noch Schlimmeres angetan worden war. Ceres sah ein Boot, in dem Menschen wie Vieh gebrandmarkt worden waren, eines, in dem zwei Männer sich unter dem Jubel von Matrosen zu Tode prügelten, eines, in dem –

„Ceres, sieh“, sagte Thanos und deutete auf ein Schiff in ihrer Nähe.

Ceres blickte auf und sah ein weiteres Beispiel des Grauens um sie. Eine seltsam aussehende Frau, deren Gesicht von etwas ascheartigem bedeckt war, hatte man wie eine Galionsfigur an den Bug eines Schiffes gebunden. Zwei Soldaten peitschten sie abwechselnd aus, sodass sich ihre Haut langsam abzulösen schien.

„Es gibt nichts, was wir tun könnten“, sagte Ceres’ Vater. „Wir können es nicht mit allen gleichzeitig aufnehmen.“

Ceres verstand, was er meinte, und dennoch war ihr die Vorstellung, nur daneben zu stehen, während jemand gefoltert wurde, ein Graus.

„Aber das ist Jeva“, antwortete Thanos. Er fing Ceres’ verwirrten Blick ein. „Sie hat mich zum Knochenvolk geführt, das die Flotte angegriffen hat, damit ich in die Stadt entwischen kann. Es ist meine Schuld, dass das hier geschieht.“

Bei diesen Worten zog sich Ceres’ Herz zusammen, denn Thanos war nur ihretwegen zurück in die Stadt gekommen.

„Trotzdem“, sagte ihr Vater, „wenn wir versuchen, ihr zu helfen, bringen wir uns alle in Gefahr.“

Ceres konnte seine Bedenken nachvollziehen, und trotzdem wollte sie helfen. Thanos schien ihr einen Schritt voraus zu sein.

„Wir müssen ihr helfen“, sagte Thanos. „Tut mir leid.“

Ihr Vater streckte seine Hand nach Thanos aus, doch der war schneller. Er sprang ins Wasser und begann auf das Schiff zu zu schwimmen. Mögliche Gefahren die im Wasser lauerten, schien er dabei vollkommen zu ignorieren. Ceres wägte noch einen kurzen Moment lang ab... und dann warf sie sich ihm folgend ebenso in das Nass.

Es war schwer, mit dem schweren Schwert, das sie gestohlen hatte, zu schwimmen. Doch sie würde jede Waffe brauchen können. Sie tauchte in die kühlen Wellen ein und hoffte, dass die Haie sich an den Gefallenen der Schlacht sattgefressen hatten und dass sie der Dreck, den so viele Schiffe über Bord warfen, nicht töten würde. Ihre Hände schlossen sich um die Seile einer ankernden Galeere. Ceres begann hinaufzuklettern.

Es war nicht leicht. Die Schiffseite war glitschig und ihre Klettertour wäre auch ohne, dass Ceres unter Stephanias Händen viele Tage ausgelaugt worden wäre, beschwerlich gewesen. Irgendwie gelang es ihr dennoch, sich auf das Deck zu hieven. Sie warf das große Schwert vor sich auf den Boden als wäre sie ein Taucher, der gerade ein Netz mit Muscheln aus dem Wasser zog.

Sie kam rechtzeitig wieder zum Stehen, um einen Matrosen auf sich zurennen zu sehen.

Ceres griff mit beiden Händen nach ihrem gestohlenen Schwert, zog daran und schwang es in die Luft. Sie schnitt mit ihm in einem Halbbogen durch die Luft und machte den Matrosen einen Kopf kürzer. Dann blickte sie sich nach der nächsten Bedrohung um. Thanos rang bereits mit einem der Matrosen, der sich an der Frau aus dem Knochenvolk ergangen hatte. Ceres rannte ihm zu Hilfe. Sie schlitze dem Matrosen den Rücken auf, und Thanos warf den sterbenden Mann dem nächsten Matrosen entgegen.

„Mach sie frei“, sagte Ceres. „Ich halte sie solange auf.“

Sie schwang ihre Klinge in Bögen umher und hielt so die Matrosen auf Abstand, während Thanos an der Befreiung von Jeva arbeitete. Aus der Nähe sah sie noch seltsamer aus als aus der Ferne. Ihre weiche dunkle Haut war durchzogen von blauen Kreisen und Mustern, die wie qualmende Tentakel auch ihren kahl geschorenen Schädel bedeckten. Teile von Knochen baumelten an ihren sonst seidenen Kleidern, während ihre Augen angesichts ihrer Notlage herausfordernd funkelten.

Ceres blieb keine Zeit Thanos zuzusehen, wie er sie befreite, denn sie musste sich darauf konzentrieren, die Matrosen zurückzuhalten. Einer hackte mit einer Axt nach ihr. Die Axt schwang über ihre Hand hinweg. Ceres nutzte den Raum, der durch diesen Angriff entstanden war. Sie erledigte ihren Gegner im Vorbeigehen und schwang das Schwert in einem Kreis, um andere so zurückzudrängen. Sie öffnete das Bein eines Mannes und versetzte diesem einen Tritt gegen seinen Kieferknochen.

„Ich hab sie“, sagte Thanos. Als sich Ceres zu ihm umdrehte, konnte sie sehen, dass er die Frau aus dem Knochenvolk tatsächlich befreit hatte. Diese sauste schon an ihr vorbei und griff nach dem Messer eines gefallenen Mannes.

Sie bewegte sich wie ein todbringender Wirbelwind durch die Menge der Matrosen. Ceres blickte sich nach Thanos um, bevor sie versuchte, der Frau, die sie eigentlich hatte retten wollen, nachzufolgen. Sie sah, wie Thanos einen Hieb abwehrte und zurückschlug. Doch Ceres bekam es in diesem Moment mit einem anderen Kämpfer zu tun.

Die drei kämpften gemeinsam und wechselten ihre Positionen, als tanzten sie einen dieser Standardtänze, in dem sie es mit einem scheinbar nie endenden Strom aus Tanzpartnern zu tun hatten. Im Unterschied zu solchen waren diese Gegenüber jedoch bewaffnet, sodass jeder Fehltritt tödlich enden konnte.

Sie kämpften mit aller Kraft, und Ceres schrie ihnen jedes Mal herausfordernd entgegen, wenn sie sie angriffen. Sie schlug zu und sprang herum, dann schlug sie wieder zu. Sie sah, wie Thanos gegen die kantigen Umrisse eines Adligen kämpfte, während neben ihm die Frau aus dem Knochenvolk in teuflischer Aggression um sich schlug.

Dann tauchten die Kampfherren neben ihnen auf, und Ceres wusste, dass es Zeit war zu gehen.

„Über die Seite!“ schrie sie und rannte auf die Reling zu.

Sie tauchte in das Hafenbecken und spürte erneut die Kühle des Wassers. Sie schwamm auf das Boot zu und zog sich in sein Inneres hinein. Ihr Vater zog sie an Bord, dann half sie den anderen hinein.

„Was hast du dir dabei gedacht?“ fragte ihr Vater, als sie wieder auf dem Deck saßen.

„Ich dachte, dass ich nicht einfach zusehen kann“, antwortete Thanos.

Ceres wollte Einwand erheben, doch sie wusste, dass dies Teil von Thanos’ Persönlichkeit war. Es war ein Grund, weshalb sie ihn liebte.

„Dummheit“, sagte die Frau aus dem Knochenvolk mit einem Grinsen. „Eine wunderbare Dummheit. Danke.“

Ceres blickte sich nach den Booten in ihrer Nähe um. Sie waren jetzt in Alarmbereitschaft und viele der Matrosen liefen herum, um ihre Waffen zu holen. Ein Pfeil sauste in ihrer Nähe ins Wasser, dann ein zweiter.

„Rudert!“ schrie sie den Kampfherren zu, aber wohin sollten sie rudern? Sie konnte schon jetzt sehen, wie die anderen Schiffe sie abfangen würden. Schon bald würde es für sie keinen Ausweg mehr geben. Es war eine jener Situationen, in denen sie von ihren Kräften Gebrauch gemacht hätte, aber über diese verfügte sie jetzt nicht mehr.

Bitte, Mutter, bat sie stillschweigend, du hast mir schon einmal geholfen. Hilf mir auch jetzt.

Sie spürte die Gegenwart ihrer Mutter irgendwo flüchtig und ruhig am Rande ihres Seins. Sie spürte, wie sie die Aufmerksamkeit ihrer Mutter geweckt hatte, die jetzt durch sie hindurch sehen konnte und versuchte, herauszufinden, was ihr widerfahren war.

„Was haben sie dir angetan?“ flüsterte die Stimme ihrer Mutter. „Das ist das Werk des Zauberers.“

„Bitte“, sagte Ceres. „Ich fordere nicht meine Kräfte zurück, aber ich brauche jetzt irgendeine Hilfe.“

In der Stille, die folgte, flog Ceres ein Pfeil zwischen die Füße. Sie kamen ihnen immer näher.

„Ich kann das Getane nicht ungeschehen machen“, sagte ihre Mutter. „Aber ich kann dir dieses eine Mal eine andere Gabe leihen. Es wird jedoch nur dieses eine Mal sein. Ich glaube nicht, dass dein Körper mehr aushalten könnte.“

Das war Ceres egal, solange sie dadurch entkommen konnten. Die Schiffe hatten bereits begonnen, sie einzukesseln. Sie brauchte das.

„Berühr das Wasser, Ceres, und vergib mir, denn es wird wehtun.“

Ceres stellte keine weiteren Fragen. Sie legte ihre Hand auf das Wasser und spürte, wie das Nass über ihre Haut spülte. Sie machte sich bereit...

... und konnte kaum an sich halten, als etwas sie zu durchströmen begann. Es schimmerte über dem Wasser und breitete sich in der Luft aus. Es schien ihr, als hätte jemand einen Schleier über die Welt gelegt.

Ceres konnte dennoch sehen, wie sich Bogenschützen und Krieger entsetzt umblickten. Sie konnte die Verwunderung in ihren Stimmen hören, auch wenn ihr Rufen wie durch einen Schalldämpfer zu kommen schien.

„Sie können nichts sehen“, sagte Jeva. „Sie sagen, es sei dunkle Magie.“ Sie blickte Ceres mit einer gewissen Ehrfurcht an. „Mir scheint, Thanos hat im Hinblick auf dich nicht übertrieben.“