Herz in der Hand - Alica H. White - E-Book

Herz in der Hand E-Book

Alica H. White

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Beschreibung

Dominic ist sehr verliebt in Frederic. Sein Freund verbirgt seine Homosexualität aber vor der Öffentlichkeit. Als Gerüchte aufkommen, von denen Frederic geschäftliche Nachteile befürchtet, legt der sich eine Fake-Freundin zu. Dominic muss dabei mit Eifersucht und Zurücksetzung kämpfen. Er durchlebt eine rasante Achterbahnfahrt der Gefühle.   Eine mitreißende Gay-Romance über die Macht der Gefühle Diese Einzelversion bietet mehr Erotik als die Version im Sammelband. Dies ist die Liebesgeschichte von Frederic und Dominic aus "Somebody Perfect?", mit einer Leseprobe aus diesem Roman. Neue Ergänzung in 2017: Bonuskapitel "Frederic"   Über die Autorin: Alica H. White schreibt lebendige Romane über das Leben und die Liebe. Meistens romantisch, manchmal witzig und manchmal auch frech - immer von wahren Ereignissen inspiriert.

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Alica H. White

Herz in der Hand

Someone Forever - Gay Romance

Für J. R.; und alle Menschen, die sich nicht für ihre Gefühle schämen.BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prolog

 

 

Was du liebst, lass frei.

Kommt es zurück, gehört es dir; für immer.

 

Konfuzius

1. Schöne Bescherung

Weihnachten - das Fest der Familie.

Meine Mutter legt sich dabei immer kräftig ins Zeug, unser Wohnzimmer ist geschmückt wie ein Dekorationsladen. Dabei wird dem Tischschmuck besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Das Kerzenlicht bricht sich in den vielen Glaskristallen und Weihnachtskugeln, die zwischen kleinen Tannenzweigen kunstvoll arrangiert sind. Mit einem Kinderchor im Hintergrund, der irgendwelche Weihnachtslider säuselt, essen wir schweigend unseren Weihnachtskarpfen. Eigentlich mag den keiner, aber er wird seit Generationen am Heiligabend in unserer Familie gegessen.

„Für die Eichbergers ist es dieses Jahr ein ganz besonderes Fest, mein Junge. Der Benjamin verlobt sich mit der Sarah, da ist wohl etwas Kleines unterwegs. Ein bisschen neidisch bin ich ja schon. Du hast uns noch nicht einmal eine Freundin nach Hause gebracht“, bricht meine Mutter das Schweigen. Gefördert durch den intensiven Genuss ihres Lieblingsaperitifs, Sherry, bringt sie dieses Thema jedes Weihnachtsfest in diversen Varianten auf den Tisch.

Ich kann mir einen tiefen Seufzer nicht verkneifen. Noch immer habe ich meinen Eltern meine Neigung nicht gestanden, dabei bin ich jetzt mittlerweile Neunundzwanzig. Ich weiß seit der Pubertät, dass ich schwul bin. Anfangs hatte ich sogar Selbstmordgedanken, aber irgendwann reifte in mir die Erkenntnis, dass es Schlimmeres gibt. Allerdings bin ich mir immer noch nicht sicher, ob meine Eltern das genauso sehen. „Hm hm“, murmle ich möglichst gelassen.

Was soll ich nur Sinnvolles erwidern?

Ich lasse meinen Blick abwesend über die handgeschnitzte Weihnachtskrippe schweifen.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein Outing?

Mit diesem quälenden Gedanken schiebe ich die längst fällige Aktion jedes Jahr wieder vor mir her. Es muss ja nicht an Weihnachten sein, rede ich mir dann ein. Aber außerhalb der Feiertage passt es natürlich auch nie. Meine große Liebe, Frederic, will nicht öffentlich zu seiner Homosexualität stehen. Damit entfällt eigentlich auch für mich die Motivation, diesen unangenehmen Pfad zu beschreiten.

Doch heute sehen mich beide Elternteile erwartungsvoll an. „Bring doch endlich mal deine Freundin mit zu uns. Du hast doch sicher eine, so hübsch wie du bist und ein fantastische Partie dazu“, lässt meine Mutter nicht locker.

Mein Blick fällt auf die große Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge. Angetrieben durch die Wärme der Kerzen drehen sich die Holzfiguren immer im Kreis, so wie meine Gedanken.

Soll ich die Gelegenheit nutzen und jetzt reinen Tisch machen?

„Dominic, ich finde auch, es wird langsam Zeit, sesshaft zu werden. Du hast dir wirklich lange genug die Hörner abgestoßen“, hakt mein Vater nach. Damit mischt er sich erstmals in dieses leidige Thema ein. „Ich will schließlich irgendwann die Kanzlei abgeben. Es wäre doch schön zu wissen, dass sie, nach deiner, noch eine weitere Generation bestehen bleibt.“

Natürlich, unsere altehrwürdige Anwaltskanzlei ist mal wieder das Wichtigste! Dabei, so verständnisvoll klingt er eigentlich nie. Da kommt bestimmt noch etwas! Der Aperitif muss ihn milde gestimmt haben. Mich beschleicht so ein Gefühl, dass ich diesmal nicht so leicht davon kommen werde. Meine Eltern werden keine Ruhe geben, nicht, wenn mein Vater jetzt auch noch anfängt zu drängen. „Was ich will hat euch doch noch nie interessiert! Ich habe keine Freundin und ich will auch keine“, ein kläglicher Versuch, das drohende Übel abzuwenden.

„Was soll das heißen? Es wird doch sicher irgendeine Kandidatin deinen, und unseren, Ansprüchen genügen. Manchmal muss man einfach seine eigenen Wünsche zurückstellen, zum Wohle der Familie.“ Na bitte, da ist er ja wieder: Der Despot! Omi mümmelt unbeteiligt ihren Brei in sich hinein. Sie ist dement und kann nur noch Brei allein essen, der Gebrauch von Messer und Gabel überfordert sie. Deshalb wurde ihre Portion vorher durch den Wolf gedreht. Und genau das möchte ich jetzt auch mit meinem Vater machen. „Wann hast du schon deine eigenen Wünsche zurückgestellt? Es geht doch immer nur nach deinen Vorstellungen!“

„So eine renommierte Kanzlei zu erhalten ist kein Kinderspiel! Ich habe genügend eigene Wünsche zurückstecken müssen, ob du das jetzt glaubst oder nicht!“

Meine Mutter blickt verschüchtert zwischen uns hin und her, während Omi weiterhin ungerührt ihren Brei löffelt. Ich öffne meinen Mund zum Gegenangriff. Da blickt sie plötzlich auf und wendet sich an mich: „Eduard! Wirst du deinem Vater keine Widerworte geben! Vergiss nicht deine Kinderstube!“ Jetzt ist mein Vater an der Reihe mit dem Seufzen. Genervt fährt er mit der Handfläche über seine Stirn.

„Solange alle nach deiner Pfeife tanzen läuft alles bestens, natürlich! Was glaubst du wohl, warum ich nicht bei dir arbeiten will?“ Ich merke, wie mir das Blut in den Kopf schießt. Wenn erst einmal der Stein ins Rollen kommt, bin ich nur schwer aufzuhalten.

Mit einem mahnenden: „Junge!“, versucht Mutti das aufziehende Unheil abzuwenden. Bei ihr scheint das Blut eher aus dem Kopf zu weichen. „Denkt dran, wir haben doch Weihnachten! Auch du Eduard!“ Sie wendet sich mit flehendem Blick an meinem Vater, der sie natürlich nicht beachtet.

Mein Vater denkt nicht dran, klein beizugeben, das war noch nie seine Art. „Ich erwarte von dir ein Mindestmaß an Loyalität unserer Familie gegenüber! Es kann doch nicht so schwer sein, eine passende Partnerin zu finden! Es muss doch nicht unbedingt die große Liebe sein!“

Au weia, jetzt ist es soweit! Warum kann ich auch nie meinen Mund halten?

„Ich hab mit Frauen nicht viel am Hut!“, platzt es aus mir heraus. Ein heißer Schauer durchläuft meinen Körper und ein flaues Gefühl macht sich in meiner Magengegend breit. Nun gibt es kein Zurück mehr.

„Was soll das denn jetzt schon wieder heißen?“ Nun hebt er auch noch mahnend den Zeigefinger in die Luft – was für eine Witzfigur!

„Was denkst du wohl?“, erwidere ich mit plötzlich heiser gewordener Stimme. Mein provozierender Blick lässt das Gesicht meines Vaters erblassen.

Der Groschen scheint bei ihm ganz langsam zu fallen, ganz langsam senkt sich der Zeigefinger. „Soll das etwa heißen, dass du …?“

Das hat meinem Vater tatsächlich die Sprache verschlagen, sowas habe ich noch nie erlebt. Meine Mutter hält sich die Hand vor den Mund. Ich senke den Kopf, muss meine Augen schließen und nicke. „Ich hab nur Männer im Kopf, Frauen interessieren mich nicht“, gestehe ich leise.

So, jetzt ist es endlich raus!

„Das ist ja wohl nicht wahr! Sag, dass das nicht wahr ist! Sowas gibt es doch gar nicht! Nicht in unserer Familie …“, mein Vater ist jetzt auch blass geworden.

„Mein Gott Junge, das kann doch gar nicht sein! Hast du es überhaupt einmal mit einer Frau versucht? Vielleicht bist du ja bi? Und was ist mit Kindern? Willst du gar keine Kinder?“

„Ja, ich hab das versucht! Meint ihr etwa sowas sucht man sich aus? Es funktioniert einfach nicht! Ich fürchte, ihr werdet euch damit abfinden müssen“, alle Kraft ist auf einmal aus meiner Stimme und meinem Körper gewichen.

„Ich kann das gar nicht glauben. Das kann doch gar nicht sein“, murmelt meine Mutter immer vor sich hin und schüttelt dabei den Kopf. Mein Vater hat sein Gesicht in seine Hände vergraben, er atmet leise stöhnend aus.

Irgendwie tut es mir weh, aber jetzt muss ich jeden Zweifel vertreiben. „Es tut mir leid, dass ich euch so enttäuschen muss. Aber es gibt da jemanden, der mir sehr wichtig ist.“

„Einen Mann?“ Meine Mutter scheint sich nicht so leicht damit abzufinden. Wie denn auch, ich konnte das ja auch nicht so schnell.

Ich hole einmal tief Luft bevor ich: „Natürlich ein Mann“, seufzend erwidere. Ein kühles, langes Schweigen folgt.

„Die Familie, unser guter Ruf, das ist dir alles egal?“, raunt mein Vater bitter und hält immer noch den Kopf gesenkt.

Natürlich, der gute Ruf …

„Hörst du dir eigentlich auch mal selbst zu? Du redest wie ein Zeitreisender aus dem letzten Jahrhundert! Weißt du, wie man sowas heute nennt? Verpeilt! Vollkommen verpeilt! Vielleicht schlägst du mir auch noch eine arrangierte Ehe vor, um einen Thronfolger zu zeugen. Womöglich mit Befruchtung im Reagenzglas, anders wird es ohnehin nicht gehen“, zische ich zurück.

Plötzlich hebt mein Vater den Kopf, streicht mit den Händen sein Haar zurück. „Vielleicht, vielleicht werden wir uns damit abfinden müssen. Aber komm bloß nicht auf die Idee, uns hier deinen Liebhaber anzuschleppen! So etwas dulde ich nicht! Nicht in meinem Haus! Unsere Familie bleibt anständig! Damit wirst DU dich abfinden müssen!“, spuckt er mit eiskalter Stimme aus und sieht mich dabei durchdringend an. „Das einzige Kind - so eine Enttäuschung“, murmelt er als er sich abwendet, laut genug, sodass ich es noch hören kann.

Ich muss hart schlucken, so eine abweisende Haltung ist schwer auszuhalten.

Wie soll ich jetzt den restlichen Abend überstehen?

Eigentlich wollte ich ja hier auch noch übernachten. Wahrscheinlich habe ich zu viel Alkohol getrunken, aber durch diese Szene fühle ich mich schlagartig nüchtern. Ich sehe in das betretene Gesicht meiner Mutter, mein Vater weicht meinem Blick aus.

Nein, so geht das nicht! Ich muss hier weg!

„Ich glaube, es ist besser, wenn ich gehe“, krächze ich heiser. Der Stuhl kratzt laut über das Parkett als ich aufstehe, denn der Kinderchor hat ausgesäuselt. Es herrscht eine betretene Stille, die meine Schritte seltsam laut erscheinen lässt.

Ich gehe durch die Tür und will meine Reisetasche greifen, die immer noch im Flur steht, als meine Mutter aus ihrer Starre erwacht. „Kind du kannst doch jetzt nicht gehen! Du hast bestimmt schon zu viel getrunken. Bitte! Bitte, komm wieder zurück!“

„Lass ihn ziehen, wenn er will! Er läuft doch immer weg, wenn es um seine Pflichten geht!“, ruft mein Vater mit bitterem Unterton aus dem Wohnzimmer hinter mir her. „Lass dich hier bloß nicht mehr so schnell wieder blicken! Es sei denn, es fällt dir wieder ein, was das Wort Familie bedeutet!“

„Eduard!“, erwidert meine Mutter vorwurfsvoll.

„Lass gut sein Mama, das hat hier heute sowieso keinen Zweck mehr.“ Ich wende mich ab, damit ich ihre Tränen nicht sehen muss. Ich hebe meine Reisetasche über die Schulter und gebe meiner Mutter ein Küsschen auf die Wange, schmecke dabei das Salz ihrer Tränen. Unendliche Traurigkeit überfällt mich.

„Gib Omi auch noch ein Küsschen von mir“, flüstere ich ihr ins Ohr und versuche meine eigenen, plötzlich aufkommenden Tränen herunterzuschlucken. Sie packt mich noch am Arm, als ich durch die schwere Eingangstür gehen will, doch ich reiße ihn wieder aus ihrer Umklammerung. Ich kann noch ein lautes Schluchzen hören, kurz bevor ich die schwere Tür hinter mir zuziehe.

Jetzt bin ich allein. Die eiskalte Nachtluft kühlt angenehm meinen erhitzten Kopf. Ich hole einmal tief Luft und steige in meinen Wagen. Die Temperatur muss nah am Frost sein. Gott sei Dank brauche ich noch nicht kratzen. Ich starte den Motor und lenke das Auto abwesend nach Hause. Gut, dass am Heiligabend praktisch kein Straßenverkehr ist, denn die jetzt hemmungslos fließenden Tränen vernebeln mir die Sicht.

 

Als ich die Tür meiner Eigentumswohnung dann hinter mir schließe, sind die Tränen versiegt und haben eine quälende Leere hinterlassen. Achtlos kicke ich die Tasche über den Boden, während ich mich an der Wohnungstür anlehne. Immer noch läuft ein Zittern durch meinen Körper, mir ist eiskalt. Ich gebe mir einen Ruck, mit weichen Knien wanke ich ins Wohnzimmer. Das Alles hier fühlt sich nicht real an! Automatisiert steure ich auf die Bar zu, nehme mir eine Flasche Whiskey heraus.

Den Teuersten! Das muss doch gefeiert werden, dass dieser entscheidende Schritt jetzt hinter mir liegt!

Ein zynisches Lachen entweicht mir, bevor ich die Flasche ansetze und sie in einem Zug um ein Viertel leere. Die goldbraune Flüssigkeit läuft brennend meine Kehle runter, wärmt die innere Kälte, langsam fühle ich mich wieder besser.

Kraftlos lasse ich mich auf die dunkelgraue Ledercouch plumpsen. Obwohl sich die Wärme des Alkohols weiter ausbreitet und die innere Kälte vertreibt, bleibt das Gefühl der äußeren Kälte bestehen. Diese Wohnung fühlt sich nicht wie ein Zuhause an. Ich habe einfach kein Interesse, mich hier wohnlich einzurichten. Sie wirkt leer, obwohl sie mit Möbeln vollsteht. Die Wände in Blau- und Grautönen, das Glas, Chrom und die weißen Schleiflackmöbel machen eine trostlose Atmosphäre. Wie konnte ich nur auf die Idee kommen, meine Wohnung so einzurichten? Ich hätte einen Innenarchitekten beauftragen sollen.

Ein Leeregefühl macht sich auch in mir breit und ich versuche es mit einem tiefen Zug aus der Flasche zu füllen.

Ich hasse es, allein zu sein!

Aber meine Eltern werden mich so schnell nicht wieder sehen, da bin ich mir sicher.

In meiner Studentenzeit habe ich in einer Wohngemeinschaft gewohnt. Alle meine Freunde von damals sind in festen Beziehungen, alle sind hetero und die meisten davon haben die Reproduktionsphase eingeläutet. Ich bin zwar immer noch zu den Feiern gerne gesehen, aber sie leben allesamt inzwischen in einer völlig anderen Welt. Da komme ich mir zwangläufig ausgeschlossen vor. Noch ein kräftiger Zug und die Flasche ist fast leer.

Jetzt lässt sich die Einsamkeit aushalten!

Ein Druck auf die Fernbedienung des Fernsehers und die Stille ist vertrieben. Es interessiert mich überhaupt nicht was gerade läuft, das Weihnachtsprogramm war noch nie zu ertragen. Ich lasse mich zur Seite fallen, ziehe mir die Wolldecke über die Schultern und schließe die Augen. Schnell kommt die Erlösung in Form eines komatösen, alkoholgeförderten Schlafs.