HOCHSENSIBLE KINDER - Der praxisnahe Erziehungsratgeber: Wie Sie gefühlsstarke Kinder mit Hochsensibilität richtig verstehen, optimal fördern und liebevoll erziehen, ohne zu schimpfen - Julia Sanders - E-Book

HOCHSENSIBLE KINDER - Der praxisnahe Erziehungsratgeber: Wie Sie gefühlsstarke Kinder mit Hochsensibilität richtig verstehen, optimal fördern und liebevoll erziehen, ohne zu schimpfen E-Book

Julia Sanders

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Beschreibung

Fühlt sich Ihr Kind häufig unkonzentriert, überfordert und ängstlich, weswegen es sich Ihnen gegenüber auch häufig blockiert? Haben Sie das Gefühl keine enge Beziehung zu Ihrem Kind aufbauen zu können, da Sie die Gedanken- und Gefühlswelt nicht nachvollziehen können? Möchten Sie Ihr Kind bestmöglich unterstützen, ohne es unter Druck zu setzen? Dieses praxisnahe Buch zeigt Ihnen die smartesten Methoden aus der Entwicklungspsychologie, mit denen Sie lernen, die Herausforderungen, die die besondere Erziehung hochsensibler Kinder mit sich bringt, mühelos zu meistern und Ihrem Kind zu helfen, statt es zu überfordern. Mit den spielend leicht umsetzbaren Techniken aus diesem Buch werden Sie mit Gelassenheit und ohne Stress auf die besonderen Bedürfnisse Ihres Kindes eingehen können, sein Selbstwertgefühl stärken und es zu einer widerstandsfähigeren Persönlichkeit erziehen.

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Originale Zweitauflage 2020

Copyright © by Julia Sanders & Empire of Books

Independently published | ISBN: 9798561220739

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck, auch auszugsweise verboten.

Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors in irgendeiner Form reproduziert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Inhalt

Einführung

Ist mein Kind „normal“?

Empathie als Superpower!

Sensible Affen und die Biologie der Empathie: neurologische Hintergründe zum Phänomen

Hypersensibilität

Unterschiede im Serotonin-Transport und der Serotonin-Aufnahme

Ihr Gehirn reagiert anders auf Dopamin

Ihre Spiegelneuronen sind aktiver!

Das Gehirn ist stärker auf die soziale Umwelt „getuned“

Emotionen werden intensiver empfunden und verarbeitet

Das „Orchideen-Gen“: Soziale Umwelt und die zwei Extreme

Häufige körperliche Reaktionen bei hochsensiblen Kindern und Jugendlichen

Kopfschmerzen

Sensorische Aversionen gegen bestimmte Lebensmittel

Lebensmittelunverträglichkeiten und „Bauch-Hirn“

Magenprobleme

Muskuläre Probleme

Hautprobleme

Sie neigen zu Allergien und Krankheiten:

Häufige Müdigkeit und Einschlafprobleme:

Fehldiagnosen: Abgrenzung zu ADHS & Co.

Kein Widerspruch! Hochsensibel und Extroversion

Etappen der Kindheit

Hochsensible Babys und Kleinkinder

Kindergarten und Vorschule

Schule

Pubertät in High Definition: Hochsensible Teenager

Starke Jungs weinen nicht? Hochsensibilität im Kontext von Gender und Kultur

Hochsensibilität und Hochbegabung

Eine besondere Beziehung: Hochsensible Kinder und ihre Kreativität

Freundschaften

Sportliche Aktivitäten

Sensory-Overload! Soziale Medien und neue Technologien

Grenzen setzen und Sicherheit vermitteln

„Alles recht machen wollen“ und Schuldgefühle

Wut, Ärger, und der Umgang mit Kritik

Beispiel

Elterliches Coaching nach John Wittman

1. Eltern-Typ „abweisend“:

2. Eltern-Typ „missbilligend“:

3. Eltern-Typ „Laissez-Faire“

Eltern-Typ „Emotion Coach“

Coping-Mechanismen für hochsensible Kinder und Jugendliche

Tief durchatmen! Atemübungen

Autogenes Training

Yoga

Progressive Muskelentspannung nach Jacobson

„Wurzeln Schlagen“

Literatur für hochsensible Kinder

Kleiner Test: Ist mein Kind hochsensibel?

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Einführung

S

ensible leiden stärker, Lieben aber auch stärker, Träumen weiter, erfahren sich in weiten Horizonten und empfinden eine tiefere Form von Glückseligkeit. Wenn du sensibel bist, so bist du es auf jede nur erdenkliche Weise und mit jeder Faser deines Körpers. Sensibilität ist deine Stärke. Tauche weiter in jenes Licht und verbreite es.

Victoria Erickson

Die Welt entwickelt sich mit rasender Geschwindigkeit, vor allem in Großstädten fühlt man sich schnell überfordert von den vielen Eindrücken – zumindest geht es mir häufig so! Überhaupt, so fühlt es sich an, als hätte das Gefühl der Erschöpfung die gute alte Müdigkeit überschattet. Ich fühle mich erschöpft von den vielen Eindrücken, dem Stress und dem, zugegeben stark subjektiven, Gefühl, dass die Gesellschaft sich zunehmend verhärtet. Und dabei bin ich nicht allein: scheinbar empfindet ein Großteil der Gesellschaft ähnlich1, ohne dass sich ein Wandel hin zu einem rücksichtsvolleren, sensibleren Miteinander bemerkbar macht. Was genau hat das nun mit Kindern zu tun und dem Thema des vorliegenden Buches? Mehr als man auf Anhieb denkt.

Eine Studie im Auftrag des Pharmakonzerns Bayer unter Leitung von Prof. Holger Ziegler (Universität Bielefeld) stellte sich dazu die Frage, wie es um den Gemeinschaftssinn sowie um „soziale Gefühle“ wie Mitgefühl, den Umgang mit Schwächeren oder Hilfsbereitschaft bei den Jüngsten in unserer Gesellschaft, den Kindern (im Alter von sechs bis 16 Jahren) steht. Das Ergebnis war durchwachsen, an einigen Stellen jedoch besorgniserregend: rund 70 % antworteten etwa auf die Frage, wie sie zu den Problemen und Sorgen der anderen stehen mit, „selbst schuld!“, als Antwortoption des (anonymisierten) Fragebogens. Es sieht so aus, als ob das Gefühl, sich in einer Ellenbogengesellschaft zu befinden, auch bei den Jüngsten unter uns angekommen ist, gibt die Studie doch Hinweise auf ein schwindendes Gefühl von Solidarität und Mitgefühl. Ziegler behauptet sogar, dass dies kein „Randgruppenphänomen, sondern ein Flächenbrand“2 darstelle und somit ein ernstzunehmendes Problem für unsere Gesellschaft.

In völligem Kontrast dazu, so könnte man sagen, stehen die Kinder und Jugendlichen um die es hier gehen soll: die Hochsensiblen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch andere Antworten im Fragebogen des Professors ausgewählt haben. Denn wer als hochsensibel gilt, der besitzt nicht nur ein besonders empfindliches Nervengewebe und schärfere Sinne, sondern auch einen überdurchschnittlich tiefen Gerechtigkeitssinn, und ist besonders mitfühlend der sozialen Umwelt gegenüber. Hochsensible Kinder empfinden das Leben - die guten, aber auch die weniger schönen Dinge, besonders tief und intensiv. Sie stellen eine Minderheit in unserer Gesellschaft dar, und werden daher auch öfters von ihrem Umfeld missverstanden, und in den schlimmsten Fällen sogar als „schwach“ bezeichnet. „Stell dich nicht so an!“, „Du brauchst ein dickeres Fell!“ oder „Ist doch alles halb so schlimm!“ sind dabei die Sätze, die hochsensible Kinder im Laufe ihres Lebens vermutlich besonders oft zu hören bekommen.

Aktuell wird davon ausgegangen, dass etwa 15-20 % der Bevölkerung als hochsensibel gilt3 - oder anders ausgedrückt: ein Fünftel der Weltbevölkerung. Der Begriff „Hochsensibilität“ wurde Ende der achtziger Jahre von der Psychologin Elaine Aron geprägt, die seitdem, zusammen mit ihrem Ehemann, am Phänomen „Hochsensibilität“ forscht und dazu mehrere Bücher veröffentlichte, darunter auch zwei internationale Bestseller. Beim Lesen ihrer Bücher, glaubt man den vielen Kommentaren, die sich im Internet dazu finden, fühlten sich viele Hochsensible das erste Mal verstanden. Und auch Eltern hochsensibler Kinder berichten dabei nicht nur über ihre Erfahrungen mit ihren hochsensiblen Kindern, sondern auch darüber, wie lang und beschwerlich der Weg hin zur Gewissheit war, dass es sich beim Kind um die Eigenschaft Hochsensibilität handelt, und nicht etwa um eine Krankheit!

Dabei ist Hochsensibilität kein neumodisches Phänomen oder zeitgenössischer Trend, sondern existiert seit jeher unter uns - und wie sich zeigen wird, nicht nur unter den Menschen, sondern auch in der Tierwelt!

Bereits C.G. Jung, nach Sigmund Freud der bedeutendste Psychoanalytiker des 20. Jahrhunderts, beschäftigte sich Anfang des letzten Jahrhunderts damit, was es bedeutet, hochsensibel zu sein. Er stellte fest, dass es bestimmte Personengruppen gibt, die mit einer angeborenen Sensitivität ausgestattet sind und deren Wahrnehmung durch besonders tiefe Empfindungen und ein besonders sensibles Nervensystem maßgeblich beeinflusst wird. Jung bezog sich dabei auf Beobachtungen des russischen Physiologen Iwan Pawlow, der eigentliche Entdecker der Hochsensibilität: So war es Pawlow, der erkannte, dass etwa 20 % aller Personen besonders empfindlich auf verschiedene Stimuli reagierten und jene Sensitivität natürlicherweise innerhalb der Bevölkerung auftritt und dabei in seiner Ausprägung variiert (ohne dabei bereits vom Begriff „Hochsensibilität“ Gebrauch gemacht zu haben).

Zu einem ähnlichen Ergebnis wie Pawlow und Aron, was die Anzahl an Hochsensiblen innerhalb der Bevölkerung betrifft, kam die Psychologin Franziska Borries, die 2011 im Rahmen ihrer Doktorarbeit 898 Personen zum Thema Hochsensibilität befragte, und diese dabei einen ausführlichen Fragebogen beantworten ließ. Borries kam auf einen Prozentsatz von 17,5% unter den Befragten, die als hochsensibel eingestuft werden können.4

Forschungen (samt Literatur) zum Thema „Hochsensibilität“ sind nach wie vor überschaubar, obwohl das Interesse sowohl in der Wissenschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit weiter zunimmt. Einen Überblick zu aktuellen Studien (in englischer Sprache) finden Sie auf der Homepage www.hsperson.com. Wer weiter in das Thema eintauchen möchte, dem sei vor allem das speziell zum Thema hochsensible Kinder und Jugendliche verfasste Buch von Elaine Aron empfohlen („Das hochsensible Kind“), das auch mir eine Hilfe dabei war, die Thematik, und damit auch meine hochsensiblen Mitmenschen, besser zu verstehen. Mittlerweile findet man auch viele Blogs, Foren und wissenschaftliche Artikel im Internet, die sich dem Thema widmen und die oftmals von Personen verfasst werden, die ebenfalls hochsensibel sind. Auffällig viele Psychologen und Therapeuten, die sich auf Hochsensibilität spezialisiert haben, geben an, es selbst zu sein. Da es sich dabei im wahrsten Sinne des Wortes um „Gleichgesinnte“ handelt, wäre es in dem Zusammenhang natürlich auch interessant herauszustellen, wie sich die Empathie und das Verständnis hochsensibler Therapeuten (und Pädagogen) mit deren Fachkenntnis verbindet, und wie dies den Therapieerfolg, beziehungsweise die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im pädagogischen Bereich positiv beeinflussen kann.

Bei der hohen Anzahl innerhalb der Bevölkerung - geht man davon aus, dass die Zahlen von Aron & Co. zutreffen, so tummeln sich in Deutschland etwa 20 Millionen Hochsensible, stehen die Chancen jedenfalls überaus gut, dass auch Sie hochsensible Personen im Familien- und Freundeskreis haben - oder es gar selbst sind! Auch wenn das Buch Kinder und Jugendliche im Fokus hat, so hilft es Ihnen hoffentlich dabei, ein generelles Bewusstsein zum Thema „Hochsensibilität in unserer Gesellschaft“ zu entwickeln, und dadurch vielleicht auch ein wenig Verständnis für so manchen (potenziell hochsensiblen) Arbeitskollegen, Neffen oder Nachbarn zu entwickeln. Oder vielleicht sogar für Sie selbst!

Spätestens, wenn Sie Ihre Lieblingsfilme schauen, eins Ihrer Lieblingsbücher lesen oder zu Ihren Lieblingsliedern tanzen, werden Ihnen Hochsensible begegnen, denn besonders häufig trifft man sie im künstlerischen Umfeld an: beim Musizieren, Zeichnen, und überhaupt bei allem, was mit Ästhetik und Kreativität zu tun hat. Es ist daher auch wenig verwunderlich, dass viele berühmte Künstler zur Gruppe der Hochsensiblen zählen: darunter etwa Charlie Chaplin, Picasso oder Beethoven. Und wer sich jemals etwas tiefer mit Marilyn Monroe beschäftigt hat, ihre Gedichte und Briefe gelesen hat, oder ihr jenseits des Hollywood Glamours in ihren tiefsinnigen Interviews zugehört hat, der kann auch hier sofort erkennen, dass es sich um eine feinfühlige und äußerst sensible Person gehandelt hat.

Am Beispiel berühmter Personen wird aber auch gut deutlich, dass hinter deren außergewöhnlichen Charaktere häufig komplizierte, und nicht selten tragische Biografien stecken. Man kann bereits erahnen, mit welchem Fluch und Segen ein Leben als hochsensible Person einhergehen kann, aber eben nicht zwangsweise muss. Und genau hier soll auch die Aufmerksamkeit des Buches liegen: Hochsensibilität ist zunächst eine wertfreie, neutrale Eigenschaft, und wer Eltern eines hochsensiblen Kindes ist, jenes Phänomen versteht, früh erkennt und ernst nimmt, der kann auch dafür sorgen, ein förderliches Umfeld zu schaffen, in welchem das Kind dank seiner vielen Fähigkeiten und positiven Eigenschaften wie Empathie und Kreativität dann regelrecht über sich herauswachsen kann! Dies bedeutet jedoch auch, dass sich eine „falsche Behandlung“, wie sich im weiteren Text zeigen wird, überaus negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirken kann.

Gibt es Charakterstudien zum Thema? Und wenn ja, wie sieht es aus, das „klassisch hochsensible Kind“? Gleich zu Beginn soll dazu angemerkt werden: „Das“ hochsensible Kind existiert nicht, sondern die Eigenschaft zeigt sich individuell in verschiedenen Ausprägungen. Manche Menschen kommen mit der Prädisposition „hochsensibel“ auf die Welt, die sich jedoch aufgrund ihres Umfeldes kaum ausprägt; zumindest zeigt diese sich nicht als ein Problem, wohingegen umgekehrt, traumatische Erfahrungen aus der Kindheit „Hochsensibilität“ verstärken können! Ebenso existieren „tendenziell introvertierte“ und „tendenziell extrovertierte“ Hochsensible!

Ich habe einen guten Freund, dessen Biografie sich wie aus einem „Bilderbuch“ zum Thema Hochsensibilität liest und der gleichzeitig den gängigen Stereotypen und Klischees widerspricht („immerzu introvertiert“, „schüchtern“). Der Anonymität halber nenne ich ihn hier Agus und er wuchs in Indonesien auf, vermutlich eines der Länder, in dem „hochsensibel sein“ die größte Herausforderung darstellt - und das schreibe ich mit einer tiefen Liebe für Land und Leute.

Doch wer schon einmal dort war, den Straßenverkehr samt dem Verkehrslärm erlebt hat, die Luft eingeatmet hat, eine Mischung aus Smog und den tausenden Gerüchen zahlreicher Essensstände, wer sich durch die Menschenmassen gekämpft hat, die sich auf den Straßen Jakartas tummeln, der weiß: Hier spielt sich das Leben als Angriff auf alle Sinne ab! Die „Diagnose hochsensibel“ ist hier weitgehend unbekannt, und Verhaltensabweichungen bei Kindern werden entweder mit Disziplin oder Religion „therapiert“. Schon früh war Agus „anders“, sensibler als andere Jungs, blieb beim Spielen gerne unter sich, oder spielte mit den Mädchen, denn dort ging es in der Regel weniger wild zu.

Vor allem in Ländern, in denen traditionell starke Rollenbilder herrschen, werden sensible Jungs besonders oft als „schwach“ wahrgenommen, und dies bekam auch Agus früh zu spüren (mehr zum Thema Hochsensibilität, Kultur und Geschlechterrollen im achten Kapitel). Mit zwölf verlor er das Interesse an Religion und stellte zunehmend „unbequeme“ Fragen im Religionsunterricht, was zu weiteren Problemen führte, und dies sowohl bei den Lehrern als auch bei seinen Klassenkameraden, die ihn sowieso schon für seltsam hielten. Von den anderen wird er zunehmend ausgegrenzt und gemobbt.

Die Probleme in der Schule verschweigt er vor seinen Eltern, denn diese haben finanzielle Sorgen und er möchte sie nicht zusätzlich belasten. Nachdem er nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit zwei Klassenkameraden mit einem blauen Auge nach Hause kommt, fragt sein Vater lediglich, ob Agus denn auch ordentlich zurückgeschlagen hätte, und gibt ihm für die nächste Auseinandersetzung eine Schreckschusswaffe mit, von der er Gebrauch machen sollte: Problem erledigt!

Das Mobbing in der Schule hielt lange Zeit an. Agus wurde dabei sowohl von Jungs als auch Mädchen gepeinigt, die sich über ihn lustig machten, warum, das kann er selbst schwer sagen. Vermutlich einfach, weil er sich als Ziel angeboten hat: eher schweigsam und mit fehlendem Interesse an Wettbewerbssport und am anderen Geschlecht - auch Letzteres kam erst viel später als bei seinen Klassenkameraden.

Seit seiner Kindheit interessiert sich Agus jedoch auch für Musik, und brachte sich selbst das Gitarre -, Schlagzeug -, und Keyboardspielen bei. Doch weiterhin belastet ihn sein Umfeld, er wird zunehmend nervöser, hat Schlafstörungen und entwickelt als Teenager eine starke Depression, die so weit geht, dass er sich das Leben nehmen will. Agus begibt sich zunehmend in halsbrecherische Situationen, etwa, indem er sich mit illegalen Motorradrennen etwas dazuverdient. Statt zu schlafen, rast er nachts durch die Straßen Jakartas - ohne Helm und selbstverständlich ohne Kenntnis der Eltern.