Hohenloher Nächte - Wildis Streng - E-Book

Hohenloher Nächte E-Book

Wildis Streng

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Beschreibung

Die Nacht ist magisch. Vor allem in Hohenlohe, wo man nie wissen kann, welche Kreaturen bei Dunkelheit so unterwegs sind. Wem man begegnet und was man erlebt. Wildis Streng schwärmt in Geschichten, Erzählungen, Überlegungen und Gedichten von den Hohenloher Nächten. Geheimnisvoll, wild, schaurig und schön.

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Inhaltsverzeichnis

Raunachtstraumexperiment

Das Wilde Heer

Bei Oma übernachten

Eisblumennächte

Erscheinungsfarben

Magische Mainacht

Maikäferduft

Sommersonnenwende

Sieben Nächte

Mondphasen

Klatschmohnmond

Nachtspaziergang

Volksfestnächte

Muswiesennächte

Im Epfl

Ein kleines Glücksgefühl

Laterne, Laterne!

Die Kreatur

Hohenloher Halloween

Dr Duft

Die Lichterkette

Die Heilige Nacht

Sterntaler

Silvester

Raunachtstraumexperiment

Alles, was man in den Raunächten träumt, wird wahr, so heißt es. Eigentlich ist das Ganze noch spezieller: Zwölf Raunächte stehen für die zwölf Monate des kommenden Jahres. Ich bin nicht abergläubisch, aber würde mich als „aufgeschlossen“ bezeichnen, solange es nicht allzu spiritistisch wird. Denn es gibt Dinge, von denen wir Menschen die Finger lassen sollen. Aber das mit den Raunächten, das ist interessant. Ich habe es mal für einige Nächte ausprobiert. Und ich habe von München und von Karlsruhe geträumt. Von einem Spaceshuttle. Von Weihnachtssternen und vom Malen. Von einem ankommenden Brief, vom Tanzen und von Versuchung. Von Ausgängen, Spiegeleiern und Königskerzen. Von Inkas, Libellen und von Mäusen. Und nun ist das Jahr um, also das Jahr, das eigentlich vorhergesagt werden sollte. Und ich kann sagen, mit einiger Sicherheit: Nichts davon ist eingetroffen. Anders ausgedrückt: Alles Stuss. Aber es war unterhaltsam und spannend. Und was ich sicher weiß: Alles ist gut geworden, so, wie es war. Ich wurde geführt. Es gibt einen Plan dafür, wie mein Leben laufen soll. Ich steuere das, ja, aber da ist noch jemand, der ein Auge auf mich hat und dafür sorgt, dass alles gut wird.

Das Wilde Heer

Sie sieht nach draußen, da, wo sie in manchen Sommernächten auf ihrer Loungeliege liegt. Sie hat im Sommer einen kleinen Brunnen im Betrieb, und an der Liege rankt eine gelbe Rose entlang einer Rankhilfe empor. Im Sommer baden die Vögel im Brunnen, es zwitschert und summt. Ein Liebesort, ein Locus amoenus. Nur, dass sie leider Single ist und dort also immer alleine liegt. Und sich ausmalt, wie es wäre, dort mit einem Mann zu liegen, bei Brunnengeplätscher, Vogelgezwitscher und Rosenduft. Jetzt ist ihr Garten tot – wobei, nicht ganz. Sie weiß, dass am Tag auch die Vögel aus den Büschen, in denen sie jetzt in der bitterkalten Januarnacht zusammengekauert sitzen, hervorflattern und ihr Vogelhaus besuchen. Aber auch die Vögel wissen, dass Winter ist, und sind leise, weniger fröhlich, zwitschern nur verhalten. Auch sie mag den Winter nicht. Obwohl der Garten so tiefverschneit, wie er gerade ist, schon eine gewisse Schönheit hat. Durchaus. Ihr Blick fällt auf die große Wachsschale, die sie auf der letzten Muswiese gekauft hat und die sie eigentlich für laue Liebessommernächte aufgestellt hat. Sie hat sie immer noch nicht benutzt. Aber heute sollte sie nicht rausgehen, nicht heute Nacht. Das hat ihre Oma ihr beigebracht. Nicht in einer der Raunächte. Denn das ist gefährlich. In den Raunächten, also den Nächten zwischen Weihnachten und Drei-König, ist nämlich das Wilde Heer draußen unterwegs, davon war ihre Oma überzeugt. Als Kind hatte sie richtig, richtig Angst vor dem Wilden Heer. Ein Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen. Was für ein Quatsch! Man darf keine Wäsche aufhängen in der Zeit zwischen den Jahren, schon gar keine weißen Bettlaken, weil sich das Wilde Heer darin verfangen könnte und daraus Leichentücher für die Hausbewohner macht. Wieder Quatsch. Denn wenn es stimmte, was Oma außerdem erzählt hat, nämlich, dass es sich beim Wilden Heer höchstwahrscheinlich um Odin, Wotan, Thor und andere germanische Götter handelte, dann wären die wohl kaum so doof, mit ihren geflügelten Pferden gegen ein aufgespanntes Bettlaken zu reiten, geschweige denn, sich darin zu verheddern. Außerdem müsse man sich als Jungfrau in Acht nehmen, hat die Oma immer erzählt, weil sonst könne es sein, dass man von einem aus dem Wilden Heer gepackt wird. Also nein! Das wäre ja schrecklich! Obwohl … wenn die ungefähr so ausschauten wie Liam Hemsworth im Hollywood-Streifen als Thor … uuuuuh! Aber das konnte man ja nicht wissen, womöglich waren die Kerle hässlich und ungewaschen. Und außerdem war sie eher der romantische Typ. Sie wollte ja nicht „gepackt“ werden. Und sie war auch keine Jungfrau mehr. Ein leichter Wind hatte wohl die Äste bewegt, denn ein Pulverschneegestöber glitzerte plötzlich auf ihrer Terrasse. Blauweiß gleißte der Schnee auf, fast wie im Schwarzlicht, vielleicht der Mond, der zwischen Wolken hervorgekommen war. Sie öffnete nun doch die Tür. Es war bitterkalt und still. Kein Lufthauch mehr. Der Kerzenständer lag unberührt da, schien sie aufzufordern. Zünde mich an! Gut, warum nicht. Sie ging zurück ins Haus und holte die edlen, langen Streichhölzer, die sie beim Weihnachtswichteln bekommen hatte. Genoss das Ratschen beim Anreißen des Hölzchens und den Schwefelduft, der ihr in die Nase stieg. Ging wieder zurück und holte sich ein Glas Wein mit ein paar Crackern, die sie auf eine weiße Stoffserviette auf das Beistelltischchen der Loungeliege ablegte. Gott, was für ein schöner Ort, auch im