Horst Skoff - Gernot Fleiss-Cianciabella - E-Book

Horst Skoff E-Book

Gernot Fleiss-Cianciabella

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Beschreibung

Er war das Enfant terrible der österreichischen Tennisszene seiner Zeit, vielversprechendes Nachwuchstalent und Weltklasseathlet, der selbst Größen wie Boris Becker, Andre Agassi und Mats Wilander geschlagen hat: Horst Skoff, Ausnahmesportler und Lebemensch, brillant, erfolgreich, charmant und – extrem. Gernot Fleiss-Cianciabella und Egon Theiner haben dem Kärntner, der auf der Welt zuhause war, ein Andenken gesetzt und ein Buch geschrieben. MEHR ALS EIN ROCKSTAR bietet spannende Einblicke in das Leben des viel zu früh verstorbenen Tennisstars, legt die vielen Facetten des Menschen und des Freundes Horst Skoff frei, berichtet über seine sportlichen Höchstleistungen und über sein Scheitern. Das Werk wirft zugleich einen Blick hinter die Kulissen des Tenniszirkus und erzählt auch von den Sternstunden des österreichischen Davis-Cup-Teams mit den Protagonisten Muster, Skoff, Antonitsch. Mit Interviews und Hintergrundinformationen von Günter Bresnik, Alexander Antonitsch, Gilbert Schaller, Stefan Koubek, Hans Kary, Dietmar Kühbauer, Ulla Weigerstorfer, Bernhard und Renate Boschitz und vielen anderen mehr.

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Anstelle einer Widmung

„Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern.

Tot ist nur, wer vergessen wird.“

Immanuel Kant

Impressum

1. Auflage

© egoth Verlag GmbH, 2023

Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Rechteinhabers.

ISBN: 978-3-903376-52-6

eISBN: 978-3-903376-73-1

Redaktion: Egon Theiner, Gernot Fleiss-Cianciabella

Lektorat: Dr. Rosemarie Konrad

Coverbild: R. Jäger / picturedesk.com

Bilder: Privatarchiv Bernhard Boschitz, APA picturedesk, gepa-pictures (auf den Seiten 82, 126, 134, 176, 192, 196), pixbay.com/41330, Dietmar Wajand (Seite 10)

Umschlag und grafische Gestaltung: DI (FH) Ing. Clemens Toscani

Printed in the EU

Gesamtherstellung:

egoth Verlag GmbH

Untere Weißgerberstr. 63/12

1030 Wien

Österreich

GERNOT FLEISS-CIANCIABELLAEGON THEINER

HORSTSKOFF

MEHR ALS EIN ROCKSTAR

INHALT

WARUM DIESES BUCH?

EIN BUCH ÜBER DAS LEBEN

TEIL 1: GEBURTSSTUNDEN

1968, ODER: ALS TENNIS ENTSCHIED, EIN MODERNER SPORT ZU WERDEN

DIE ANFÄNGE

DIE SÜDSTADT

TEIL 2: ON TOUR

„THE MORE YOU WHISTLE, THE BETTER I PLAY“

EIN KOPFBALL BEIM MATCHBALL

AUSZUG AUS DEM HAUSE BRESNIK

DIE DOPINGFALLE

SKOFF VS. MUSTER: EIN UNGLEICHES DUELL

TEIL 3: DER DAVIS CUP

„EINE MISCHUNG AUS SPORTLICHER HÖCHSTLEISTUNG UND BAUERNTHEATER“

6:04 STUNDEN GEGEN MATS WILANDER

CHANGS TRICKS GEGEN SKOFFS VORHAND

„DICH KRIEG ICH GLEICH DA DRAUSSEN“

RONNIE LEITGEB: „EIN MANN MIT COJONES“

TEIL 4: NICHT NUR TENNIS

MEHR ALS EIN ROCKSTAR

BELLA DONNA UND DOLCE VITA

LANDWIRT, HOSKA, HAMBURG

NACHWORT

HORST SKOFF – EINE KARRIERE, SPIEL FÜR SPIEL

Davis-Cup Österreich – Schweden: Horst Skoff besiegte am 7. 4. 1989 in einem Fünfsatz-Thriller den Schweden Mats Wilander.

WARUM DIESES BUCH?

EIN ÄLTERER BRUDER. EIN FREUND. EIN STAR.

Es ist nicht so, dass ich jeden Tag oder jede Woche auf Horst Skoff angeredet werde. Zum einen ist doch schon einige Zeit – eineinhalb Jahrzehnte, um genau zu sein –, vergangen, seit er gestorben ist. Zum anderen war ich nicht der Einzige, der ihn gekannt hat, und fast alle, die zu seiner Hoch-Zeit entweder sportinteressiert oder aus Kärnten waren oder einmal mit ihm zusammengetroffen sind, haben ihre eigenen Geschichten zu erzählen.

Und jede Story ist anders.

Meine beginnt damit, dass ich Horst Skoff zwar schon vom Tennisplatz her gekannt habe, er dann aber meiner Schwester Birgit den Hof machte.

Horst lädt Birgit oft zum Essen und Feiern ein, er stellt sie als seine Jugendliebe vor, und er hält auch ein Leben lang Kontakt zu ihr, erzählt ihr, dass es sein Traum sei, ein Leben als Bauer in Kühnsdorf zu verbringen, grundsätzlich: wie sehr er die Heimat vermisst, wenn er unterwegs ist.

Meine Schwester nimmt Horsti als einen Mann der vielen Facetten wahr, sie realisiert, dass es für ihn nicht leicht ist, mit seinen Extremen umzugehen und all dies vereinbaren zu müssen: hartes Training bis ans Limit, die Glitzer- und Glamourwelt, in der er sich bewegt, und gleichzeitig seine Herkunft, seine Wurzeln nicht zu verleugnen. Für sich Halt zu finden, befindet sie, ist wahrlich eine Herausforderung. In ihrer Gegenwart ist er jedenfalls immer sehr bodenständig und zuvorkommend.

Herausgeber und Mitautor Gernot Fleiss-Cianciabella mit einem Porträtbild von Horst Skoff.

Auf alle Fälle: Der Skoff geht mit meiner Schwester. Holt sie mit seinem weißen Porsche ab! Das allein wäre in der damaligen Zeit ein Extrablatt in unserem Heimatort wert gewesen. Jedenfalls war die Sympathie wechselseitig, wir freundeten uns an, und es endete damit, dass ich mehr Zeit mit dem doch um zwölf Jahre älteren Horsti verbrachte als mit anderen Personen. War am Tennisplatz, wenn er trainierte (aber dort waren ab einem gewissen Zeitpunkt ohnehin alle), war mehr in der Wohnung seiner Mutter, wenn er pausierte, als in jener meiner Eltern, war mit ihm unterwegs in seinen schnellen Autos, wenn er da- oder dorthin musste, beruflich wie privat. Traf er sich mit Freunden, Gönnern, Journalisten, dann hatte ich Alkoholverbot – ich war der Fahrer.

So lebte ich eine Zeit lang an der Seite eines Weltstars und auf seine Spesen.

„Weißt, Gernot“, sagte er einmal lachend zu mir, „jetzt zahle ich alles, aber wenn du einmal Generaldirektor von einer Bank bist oder eine wichtige Person, dann erwarte ich mir schon, dass du mich zumindest als Chauffeur anstellst.“

Ich war damals wie heute weit davon weg, eine „wichtige Person“ zu sein, und damals lachte ich mit. Wenn ich aber darüber reflektiere, dann steht dieser Satz so symbolisch für vieles, was Horst Skoff war – er steht für seine Großzügigkeit und Wärme, er steht für die Offenheit, die er anderen entgegenbrachte, er steht auch für diesen saloppen und nicht ganz ernst gemeinten Blick in die Zukunft. Skoff, mein Fahrer? Geht’s noch?!

Horst Skoff gehört zu den wichtigsten Menschen, die ich in meinem Leben kennenlernen durfte, und ich meine hier nicht ausschließlich den Tennisspieler, der erfolgreich um die Welt tingelte. Immer dann, wenn ich auf ein Bild von Horst Skoff blicke, scheint er mir zu sagen: „Ich bin immer noch da.“ Wenn ich schlafe, träume ich zuweilen von ihm und höre ihn so wie damals sagen: „Hast du daran gedacht, dieses und jenes mitzunehmen?“ oder „Vergiss nicht diese und jene Utensilien, die sind wichtig!“ Skoff war ein akribisch arbeitender Mensch, der (alles zu seiner Zeit) alles dem Erfolg unterordnete. Die Einstellung, den Fokus auf eine Sache zu legen und diese möglichst perfekt zu machen, habe ich von ihm übernommen. Er war ein Mensch, der immer ein Ziel hatte – und war es lediglich der Sieg am heutigen Tag.

Der Horsti, dachte ich mir schon vor Jahren, der würde eigentlich ein Buch verdienen, etwas Bleibendes. Und eigentlich, sinniere ich, hat Horst Skoff dieses Buch in Auftrag gegeben.

Eins ergibt das andere, heute freut es mich, dieses Werk, das Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser, gerade in den Händen halten, initiiert und umgesetzt zu haben.

Entstanden ist ein Buch, das weder beschönigt noch verdammt und das meinem Freund aus vergangenen Tagen gerecht werden soll.

Ich bin mir sicher, dass Horst Skoff über diese seine Biografie sagen würde: „Gut gemacht! Da fehlen zwar noch einige Geschichten – aber vielleicht ist es ohnehin besser, dass diese nicht zu Papier gebracht wurden …“

Gernot Fleiss-Cianciabella

EIN BUCH ÜBER DAS LEBEN

Seien wir ehrlich: Wenn der Name Horst Skoff fällt, dann gibt es verschiedene Reaktionen.

Es gibt jene, die zu jung sind und die nichts mit ihm anfangen können. Das ist vielleicht schade, aber okay – nicht jeder und jede kann jeden und jede kennen.

Bei all jenen, die seinen Namen kennen, setzt sich eine Gedankenspirale in Gang. Als eine der ersten Anmerkungen oder Fragen kommt dann: „Horst Skoff? Ist das nicht der, der irgendwo in Deutschland unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist?“ Oder: „Horst Skoff? Das war ja der Tennisspieler, der in Hamburg umgebracht wurde, nicht wahr?“ Oder auch folgende Aussage: „Ah ja, der Horsti. Viel zu jung gestorben.“ Das ist schade und nicht okay – denn Horst Skoff wird auf einen Ausflug nach Hamburg am 6. und 7. Juni 2008 reduziert, von dem er nicht mehr lebend zurück nach Österreich kam.

Wer sich eine Biografie erwartet, in der das Ableben Skoffs nochmals ausgebreitet wird, mit Interviews der beteiligten Personen, mit Polizeiakten und vielleicht noch nicht bekannten Details, der wird von Mehr als ein Rockstar enttäuscht sein. Auf den folgenden Seiten geht es nicht darum, einen Tod zu analysieren, sondern darum, das Leben zu zelebrieren.

Und gelebt hat Horst Skoff, soviel steht fest, in vollen Zügen.

Viel Spaß beim Lesen,

Egon Theiner

TEIL 1

GEBURTSSTUNDEN

1968, ODER: ALS TENNIS ENTSCHIED, EIN MODERNER SPORT ZU WERDEN

Es waren Bill Bowrey, Ken Rosewall und Rod Laver (alle Australien) sowie Arthur Ashe aus den USA, die die Grand-Slam-Turniere im Jahr 1968 bei den Herren gewannen, während bei den Frauen Billie Jean King (USA) in Australien und Wimbledon siegte, ihre Landsmännin Nancy Richey in Frankreich und Virginia Wade die US Open für sich entschied.

Und wer ein Grand-Slam-Turnier gewinnt – frag nach bei Thomas Muster oder Dominic Thiem –, gehört zu den Größten seiner Zunft, für alle Zeiten. Doch in diesem Jahr 1968 machte der Tennissport nicht nur auf den Courts, sondern auch abseits von diesen von sich reden.

In diesem Jahr begann die Open Era (Open Ära), und man könnte es wie der französische Tennisjournalist Jérémy Baudu formulieren: Es war der Moment, in dem Tennis beschloss, ein moderner Sport zu werden.

Der 30. März 1968 ist somit das wahrscheinlich wichtigste Datum in der Tennisgeschichte. Die Mitglieder des Internationalen Tennisverbands (damals noch International Lawn Tennis Federation, ILTF) versammelten sich im Hauptquartier des Automobile Club de France am Place de la Concorde im 8. Arrondissement von Paris, um die Geburtsurkunde der Open Ära zu unterzeichnen. Das war die Revolution. Die Modernität. Zum ersten Mal in der Geschichte des Tennissports gestatteten die Verbände Berufsspielern, zusammen mit Amateuren an den gleichen Turnieren teilzunehmen. Diese Änderung sollte sich schließlich als der erste Schritt erweisen, um Tennis zu dem zu machen, was es heute ist: enorm populär und mit den besten Spielern der Welt, die an den größten Turnieren teilnehmen, um eine noch größere Show zu bieten.

Aber es war nicht alles einfach. Weit gefehlt. Vor 1968 war der Tennissport in zwei Clans geteilt: die Amateure, die ohne Preisgeld Turniere spielten, und die Profis, die von Sponsoren für ihre Auftritte bezahlt wurden. Die Profis durften nicht an den Grand-Slam-Turnieren teilnehmen – damals und immer noch der Heilige Gral des Tennissports –, aber die Grand-Slam-Turniere boten keine Vergütung. Es war eine Zeit, in der der Edelmut im Sport wichtiger als alles andere war, und man war der Meinung, dass man kein Geld gewinnen musste, um als großer Champion zu gelten.

„Tatsächlich bezahlten die Verbände und nationalen Vereinigungen, die die größten Turniere der Welt organisierten, Amateurspieler diskret unter dem Tisch, um die Kontrolle über sie zu behalten“, erzählt der Journalist und Tennishistoriker Steve Flink. „Und diese Spieler wurden ‚Shamateure‘ genannt. Diese Amateure verdienten keine riesigen Summen, aber genug, um ihren Status zu halten und die prestigeträchtigsten Turniere wie Wimbledon und Forest Hills zu spielen.“

In seiner Autobiografie My Story: A Champions Memoirs, die 1948 veröffentlicht wurde, schrieb Bill Tilden, amerikanischer Spieler und zehnfacher Grand-Slam-Sieger von 1920 bis 1930: „Wenn der Tennissport sein volles Potenzial ausschöpfen will, muss er eine Lösung für das Profi-Amateur-Problem finden, das ihn seit vielen Jahren plagt. Nur durch eine solche Lösung kann es einen freien Wettbewerb nicht nur zwischen einigen wenigen der größten Spieler der Welt geben – sondern zwischen allen. Das Sportpublikum will die Besten sehen. Dabei ist es völlig egal, ob dieser Beste Amateur oder Profi ist.“

Tilden hatte die Situation seines Sports bereits 20 Jahre vor dem Beginn der Open Ära verstanden.

Trotz ihres Prestiges wurden die Amateurturniere – darunter Wimbledon, die French Open oder die US Open – in den 1960er-Jahren immer mehr vernachlässigt, da die Spieler zu Profis wurden und so viel mehr Geld verdienen konnten. Die Sponsoren organisierten Touren mit den besten Profispielern der Welt, an deren Ende ein großer Scheck stand. Die drei größten Profiturniere waren das Wembley Pro, das US Pro und das French Pro. Rod Laver, eine der Legenden des Sports, war von 1956 bis 1962 Amateur, bevor er im Dezember 1962 Profi wurde, was zur Folge hatte, dass er von 1963 bis 1967 an keinem der Grand Slams mehr teilnehmen konnte … Es kam zu einem Exodus der besten Amateurspieler, die nicht mehr von ihren Verbänden abhängig waren und so mehr Geld verdienen konnten. Sie verließen prestigeträchtige Turniere wie Wimbledon oder die French Open in der Hoffnung, einen Systemwechsel einzuleiten.

„Die Öffentlichkeit wollte sehen, wie die besten Spieler – Amateure und Profis – gegeneinander antraten“, erklärte Steve Flink. „Aber diejenigen, die Profis geworden waren, konnten nicht mehr an den prestigeträchtigsten Turnieren teilnehmen. Pancho Gonzales, Ken Rosewall, Rod Laver: Diese großen Namen und andere durften nicht bei den Grand-Slam-Turnieren dabei sein. Das war eine Ungerechtigkeit gegenüber den Fans.“

Die Open Ära hätte schon acht Jahre früher, 1960, beginnen können. Doch der Putschversuch der International Lawn Tennis Federation scheiterte. Im Sommer 1960 versammelte sich die ILTF in Paris, um darüber abzustimmen, ob die Turniere sowohl für Amateure als auch für Profis geöffnet werden sollten. Der Antrag wurde mit nur fünf Stimmen Unterschied – abgelehnt! Diese Niederlage war ein echter Schock für die Spieler, Amateure und Profis, die überzeugt gewesen waren, dass der Antrag angenommen werden würde.

„Die bekanntesten Veranstaltungen hatten nicht die besten Spieler“, schrieb Jack Kramer, einer der Gründerväter der Association of Tennis Professionals (ATP), in seiner Autobiografie The Game – My 40 Years In Tennis. Tennis war ein wundervoller Sport, aber mit Amateuren und Profis auf zwei verschiedenen Plätzen konnte er nicht den Bekanntheitsgrad erreichen, den er eigentlich verdient hätte. „Die Spieler warteten acht Jahre, bevor dies am 30. März 1968 mit der entscheidenden Unterschrift des Internationalen Rasentennisverbands endlich Realität wurde und damit die Geburt der Open Ära und die Vereinigung von Amateur- und Profispielern offiziell besiegelt wurde. In diesen acht Jahren hatten die Verbände ihre besten Spieler verloren, die zu Profis wurden und spürten, dass ein Wandel in der Luft lag. In dem Bestreben, die Dinge weiterzuentwickeln, beschloss die British Lawn Tennis Association Ende 1967 gegen die Meinung der ILTF eine Reform, die vorsah, in Großbritannien ab 1968 Turniere zu veranstalten, die sowohl für Profis als auch für Amateure offen waren, darunter auch Wimbledon. Diese mutige Entscheidung wurde von mehreren Verbänden unterstützt und veranlasste die ILTF am 30. März 1968, das Gesicht des Tennis zu verändern.“

Das erste offizielle Turnier dieser neuen Ära fand vom 22. bis zum 27. April 1968 in Bournemouth, England, statt. Ein Amateur stach heraus: der Brite Mark Cox. Er schlug zwei Profis: Roy Emerson und Pancho Gonzales. Cox gewann das Turnier nicht; ein anderer Star jener Zeit, Ken Rosewall, setzte sich im Finale gegen Rod Laver durch. Für die Organisatoren war es ein Erfolg. Der Kartenverkauf war sechsmal so hoch wie in den Vorjahren.

„Wenn jemand daran gezweifelt hat, dass Open Tennis über Nacht das Interesse der Öffentlichkeit wecken würde, dann war dies die Antwort“, schrieb die bekannte britische Journalistin Linda Timms am Tag nach dem Finale in World Tennis.

„Die Open Ära war ein großer Schritt nach vorn im Tennis“, sagte Steve Flink. „Sie hat immens zur Popularität dieses Sports beigetragen. Die Öffentlichkeit konnte endlich alle besten Spieler der Welt zusammen sehen. Ken Rosewall gewann 1968 das erste Grand-Slam-Turnier der Open Ära in Roland Garros in Paris. Im selben Jahr siegte Rod Laver in Wimbledon. Die Tennisfans jubelten, als sie sahen, wie diese großartigen Spieler erneut auf den wichtigsten Bühnen des Sports auftraten!“

Im ersten Jahr fanden bereits zwölf „offene“ Turniere statt.

Die Qualität des in der ganzen Welt gespielten Tennissports stieg rasch an. Das Interesse der Öffentlichkeit und der Sponsoren an diesen Turnieren wuchs. Die Einkommen und die Professionalität des Tennissports entwickelten sich ab den frühen 1970er-Jahren. Die Spieler sahen in dieser modernen Ära die Möglichkeit, ein echtes Geschäft aufzubauen und mehr Geld zu verdienen. Doch dieses Streben nach Macht und Anerkennung führte auch zu einer neuen Trennung zwischen Männern und Frauen. Die Männer dachten, sie seien die Beliebtesten und Profitabelsten, und entwarfen ihren eigenen Entwicklungsplan. Dies war der Ausgangspunkt für ein Machtgefälle und einen Kampf um Gleichbehandlung in Bezug auf Geld. Ein Thema, mit dem sich die Gesellschaft, und somit auch der Tennissport, noch immer und immer wieder auseinandersetzen müssen.

DIE ANFÄNGE

In Kühnsdorf am südlichsten Rand von Kärnten wird man vom Beginn der Open Ära im Tennis nur wenig mitbekommen haben. Hans Kary aus Spittal an der Drau und der Wiener Peter Feigl, die quasi den Einstieg Österreichs in den internationalen Tenniszirkus symbolisieren, feierten ihre Erfolge in den späten 1970er-Jahren. Tennis? Tennis spielte man ganz in Weiß, ein Elitesport und nichts für Arbeiterklasse oder Mittelstand.

Nebenbei, 1968! Da hatte die Welt andere Sorgen als eine Reglementsänderung im blasierten Tennis! Der Nahostkonflikt tobt, der Vietnamkrieg erreicht seinen Höhe- und Wendepunkt, am 21. August macht der Prager Frühling dem „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ ein jähes Ende: 500.000 Soldaten aus verschiedenen osteuropäischen Staaten marschieren in die Tschechoslowakei ein und sorgen wieder für wie von der UdSSR gewünschte Verhältnisse. Martin Luther King und Robert F. Kennedy werden ermordet, Richard Nixon wird zum 37. Präsidenten der USA gewählt, und in Kärnten regierte der SPÖ-Politiker Hans Sima – in dessen Amtszeit von 1965 bis 1974 wurde die Universität Klagenfurt gegründet. Geboren wurde auch im Jahre 1968, die Liste ist fast unendlich: begonnen bei Schauspielern wie Cuba Gooding Jr., Gregor Bloéb, Daniel Craig, Will Smith, Michael Herbig, bei Sängerinnen wie Céline Dion, Anastacia, Kylie Minogue, hin zu Fußballern wie Davor Šuker, Giuseppe Signori, Youri Djorkaeff, Thomas Strunz, Oliver Bierhoff, Paolo Maldini, Stefan Effenberg und Mario Basler, zu österreichischen Größen wie Michael Niavarani (Kabarett), Thomas Sykora (Ski Alpin), Markus Brier (Golf), Hans-Peter Steinacher (Segeln), Andreas Herzog (Fußball), Robert Palfrader („Kaiser“-Comedian und Schauspieler), Karl Wendlinger, bis hin zu Tennisstars wie Bernd Karbacher, Javier Sánchez, Jana Novotná, Michael Stich. Und der spanische König Felipe VI., die französische Politikerin Marine Le Pen, der österreichische Politiker Herbert Kickel. Alle 1968 geboren. Die Liste, wie gesagt, ist alles andere als vollständig.

Horst Skoff kommt am 22. August 1968 im Krankenhaus Klagenfurt auf die Welt, doch er wächst in Kühnsdorf in der Marktgemeinde Eberndorf (Bezirk Völkermarkt) auf. Der Ort hat damals wie heute um die 1500 Einwohner, er liegt im Einzugsbereich der rund 35 Kilometer entfernten Landeshauptstadt Klagenfurt. Turbolader und Faserplatten werden in der unmittelbaren Umgebung erzeugt und geben Hunderten Menschen Arbeit. Es gibt Volks- und Hauptschule und den Valentin-Leitgeb-Park, der zusammen mit dem Denkmal an den bedeutenden Unternehmer des Ortes erinnert – Leitgeb war der Besitzer der Faserplattenfabrik. Die Koralmbahn hält in Kühnsdorf, Halt gemacht hat hier sicher auch der italienische Skistar Alberto Tomba, weil seine Freundin aus diesem Ort kam. Eineinhalb Kilometer entfernt liegt ein prominentes Gewässer: Aus St. Kanzian am Klopeiner See kommt Model und Schauspielerin Larissa Marolt, die die erste Staffel von Austria’s Next Topmodel gewann. Ihr Vater machte übrigens einige Zeit lang aus seiner politischen Gesinnung keine Mördergrube (warum auch) – und fuhr einen Ferrari in der eher untypischen Farbe Blau. Karriere- und Mentalcoach Valentin Hobel (er arbeitete unter anderem mit Skifahrerin Kathrin Zettel und Fußballer Paul Scharner zusammen) ist gebürtiger Klopeiner. Geld wird auch im Umland des Sees ausgegeben, und so profitiert auch Kühnsdorf von diesem mit Pensionen und Hotels verbauten Hotspot. Jährlich gibt es über 730.000 Nächtigungen (2021) am Klopeiner See!

Junge Jahre, erste Schläge, große Ziele.

Horsts Eltern waren Norbert Wache und Maria Skoff, er war Friseur, sie Reinigungskraft. Später kehrte Maria wieder zum Vater ihrer beiden älteren Söhne zurück – und Horst bekam damit einen Stiefvater. Zu sagen, dass der Jüngste von den drei Burschen – seine Halbbrüder Lukas und Bernhard waren zwölf bzw. sieben Jahre älter als er – eine leichte Kindheit gehabt hätte, wäre wohl gelogen. Doch allzu schwer wurde sie ihm auch nicht gemacht. Die Mutter vergötterte ihren Nachzügler, und in Berndi hatte Horst zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Bezugsperson.

Während sich Lukas nicht sonderlich für den Sport interessierte und die Karriere seines Bruders aus der Distanz verfolgte, waren Berndi und Horsti eher wie Vater und Sohn als zwei Brüder. Die sehr gute Beziehung sollte das ganze Leben halten, die Familie Bernhards, mit seiner Frau Renate und Tochter Jasmin, wurde zur Familie von Horst. Besonders zu Jasmin entwickelte sich ein sehr gutes Verhältnis.

„Horst hat sie behandelt wie ein eigenes Kind“, sagt Bernhard heute und denkt daran, dass seine Tochter ein ganzes Jahr lang, 1992, mit Skoff auf (Turniertennis-)Reisen war. Als Jasmin mit einem Verehrer auftauchte, musste sich dieser dem Onkel stellen.

„Was willst du von meiner Nichte?!“

„Na ja, wir gehen miteinander, Herr Skoff.“

„Aha, aha. Warst du schon daheim, um dich ihren Eltern vorzustellen?“

Horst Skoff mit Patrick Boschitz (Sohn seines Halbbruders Lukas) und Hund Casanova.

Ehrensache ist, dass Hort Skoff für seine Nichten und Neffen die Weihnachtsgeschenke selbst aussucht und dem Ereignis angemessen verpackt. Nicht das Materielle hat für ihn Bedeutung, sondern das Emotionale. Und so ist es auch selbstverständlich, dass er seinem Bruder-Vater zur Seite steht, als dieser (ein Jahr vor dem eigenen Tod) an Krebs erkrankt.

Wenn seine Schwägerin verzweifelt, spornt er sie an: „Einmal bist oben und einmal unten. Hör auf zu jammern – mach einfach!“

Die Schule war nicht seine große Liebe, doch er meisterte Volks- und Hauptschule – unter anderem war Dieter Fleiss, der Vater von Mit-Autor Gernot Fleiss-Cianciabella, sein Lehrer – und tat dann das, was fast alle Kinder in den 1970ern taten: nach Hause kommen, den Ranzen in die Ecke pfeffern und nach draußen eilen, um seinen Lieblingsbeschäftigungen nachzukommen. Diese hießen: Fußball und Tennis. Hausaufgaben gäbe es zwar auch noch zu machen – doch die können bis zum nächsten Tag warten. Um halb sieben meldet sich Horst dann bei Bernhard: „Du, könntest du mir auch heute helfen?“

Horst macht in der Schule, was er machen muss, natürlich ist Turnen sein Lieblingsfach, auch in Mathematik und in den Sprachen fühlt er sich wohl, in anderen Fächern weniger. Oder aber er fingiert Unwohlsein, übergibt sich auch und darf zu Hause bleiben. Eine Stunde später steht er im Tennisclub und drischt den Filzball gegen die Trainingswand.

Vor rund 50 Jahren ist die Welt eine andere, als sie es heute ist. Es gab keine Mobiltelefone, kein Internet und keine sozialen Medien. Ort und Zeit für Treffpunkte wurden im Voraus vereinbart, weil nicht die Möglichkeit bestand, kurzfristig miteinander zu kommunizieren und sich „zu finden“. Der Fernseher lief bereits in Farbe (ab 1969), doch Videospiele waren noch lange nicht erfunden. Und soziale Medien? In einer Welt, in der es Twitter, Facebook, Instagram, TikTok und so weiter nicht gab, war man gezwungen, miteinander zu reden.

Horst und seine Mutter.