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Der Halbling-Hütchenspieler Wommel wird, sehr zu seinem Leidwesen, in Gnomendienste gepreßt und gezwungen als "Beschaffer" zu arbeiten. Zu Beschaffen gilt es aber nichts Geringeres als möglichst Wertvolles aus einem waschechten Drachenhort. Die Reise zum Hort wird ein ganz spezielles Abenteuer für die Gruppe, in dem Auseinandersetzungen mit Waldsitzern und Gestrüppelfen noch das kleinste Problem bilden. Die andere Seite des Autors - erfrischend respektlos und spritzig-humorvoll. Eine Parodie der besonderen Art auf berühmte Fantasy-Literatur.
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Seitenzahl: 103
Veröffentlichungsjahr: 2012
Titelbild: © Claus Carl Jakob 2008
Über den Autor:
Claus Carl Jakob wurde 1974 geboren. Nach seinem Abitur studierte er zuerst Germanistik, mit Schwerpunkt Germanistische Mediävistik, und Geschichtswissenschaften, dann Pädagogik, Neuere und Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Er hat den Magistergrad (Magister Artium, M.A.) erlangt. Seit 1996 schreibt er Gedichte, Erzählungen und Romane, wobei er sich besonders der phantastischen Literatur im weitesten Sinne verschrieben hat. Im tredition-Verlag sind bereits seine zwei Erzählungen „Das Reich der Nekromanten“ und „Krieg im Feenwald“ als print-book in einem Band erschienen; beide sind dem Genre Dark Fantasy zuzurechnen. „Hortraub auf Gnomisch“ ist ebenfalls als print-book erhältlich. Claus Carl Jakob hat seinen aktuellen Lebensmittelpunkt in Franken und Thüringen.
Meinen Eltern gewidmet.
Claus Carl Jakob
Hortraub auf Gnomisch
Eine Fantasy-Parodie
www.tredition.de
© 2012 Claus Carl Jakob
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN: 978-3-86850-091-2
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Inhaltsverzeichnis
• Ein Halbling namens Wommel
• In Gnomendienste gepreßt
• Die elfischen Beutelschneider
• Beute satt
• Eine weg, ein Neuer da
• Waldidylle
• Heiß auf den Hort
• Epilog
• Glossar
Ein Halbling namens Wommel
Wommel gehörte zu den Leuten, denen man anbot, sie würden Berge von Gold erwerben können, wenn sie sich aufrafften und mit den Anwerbern kommen würden, und die dann „Nö“ sagten. Wommel war nicht direkt faul und erst recht nicht lust- und interessenlos, geschweige denn unfähig in dem, was er so tat, aber er war schlau genug zu wissen, daß neun von zehn Burschen, die mit obengenannten Leuten mitgingen, kurz darauf in irgendeinem gottverlassenen Nest vermoderten – oder Schlimmeres! Das lag meist nicht an dem Burschen, sondern an der Unfähigkeit oder der Bosheit und Gier der Anwerber. Und der zehnte Bursche? Nun, der kam auch nicht zurück, aber von dem hieß es, er wäre nun so reich, daß er woanders als in diesem Bauernkaff, das Wommel seine Heimat nannte, zu leben vermochte. Ja, man konnte keinem mehr trauen. Wommel wußte das nur zu gut.
Wer aber war Wommel eigentlich und wo lag dieses „Bauernkaff“? Wommel war – und darauf war er irgendwie stolz, klang das doch ein bißchen nach „Abenteuer“ - ein Halbling in der Diaspora; sein ganzes Dorf bestand aus Halblingen in der Diaspora, zumindest aus Sicht der seßhaften Halblinge im Ursprungsland, dem Feldland, wobei die allerdings nichts von ihren Vettern wußten. Es bestand nämlich kein Informationsfluß zwischen der einen und der anderen Partei. Das Dorf, in dem Wommel lebte, hieß Bombelroff und lag weit weg im Norden Samrocs, wie die Welt genannt wurde, im südlichen Teil der „Wîgheide“. Zwischen diesem Teil der Welt und dem Feldland lagen das scheußliche Land „Nôrfaruth“, in dem das Böse schlechthin hauste, und ein Sumpfland – zwei gute Gründe dafür, daß man keinen Kontakt miteinander hätte halten wollen, wenn man voneinander gewußt hätte. Gut, die Halblinge in der Diaspora wußten von ihren Verwandten im sonnigen, fruchtbaren Süden. Doch man hatte sich eingerichtet, war stolz darauf, ein Auskommen in dieser unwirklichen Region zu haben; und auf den einen oder anderen Anführer der Diaspora-Halblinge war im Feldland ein Kopfgeld ausgesetzt. Es war also sehr gut, daß die im Süden nichts von diesem Dorf wußten. Man hätte sich nicht auch noch mit Kopfgeldjägern herumschlagen mögen, die sich nicht davor scheuten, gefährliche Reisen zu unternehmen, um Kopfgelder einzustreichen. Für so was gab es einen deftigen Gefahrenzuschlag und natürlich ein üppiges Spesenkonto.
Auf Wommel war kein Kopfgeld ausgesetzt, er war in dem Dorf auch geboren und kannte das Feldland gar nicht. Er war zwar das eine oder andere Mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten, aber das kam von der behördlichen Willkür der ansässigen Büttel. Eindeutig! Ihn des Betrügens beim Hütchenspiel zu bezichtigen! Ausgerechnet ihn, den Ehrlichsten aller Hütchenspieler. Man hatte ihm doch noch nie Falschspiel nachweisen können; trotzdem war er mehrfach von der Wache verprügelt worden. Wenn die auch so dumm war, bei ihm Geld zu setzen. Wußte doch jeder, daß er der Geschickteste im Ort war. Aber Nein, alle waren sie so arrogant zu glauben, daß ihre Augen schneller wären als seine Hände. Selber Schuld, konnte er nur immer wieder betonen. Solche Sprüche wollten den Verlierern freilich nicht gefallen. Ja, Wommel war geschickt mit den Händen und ungeschickt mit dem Mund. Im Moment lag er deshalb gerade in seinem Wohnloch und kühlte ein blaues Auge mit einem Eisbeutel. Und da klopfte es an seiner Haustüre.
Wommel murrte „Ja, ja, ich komm schon!“, als das Klopfen heftiger wurde. Er raffte sich fluchend von seinem abgewetzten Sofa auf und wankte zur Tür, sich prompt den Schädel an einer an einer Schnur herabhängenden Gußeisenpfanne stoßend. Da hatte er sie also hingetan. Er hatte sie nicht gesehen, weil er die Augen zusammenkniff; durch das runde Fenster in der Südseite des Raums flutete grelles Sonnenlicht und Wommel hatte nicht nur ein blaues Auge, sondern auch noch einen schlimmen Kater. Nach der „Befragung“ durch die Wache – das Übliche: „Wie hast Du das gemacht?“, „Wie konntest Du gewinnen?“, „Wie hast Du uns beschissen?“, „Gib uns unser Geld zurück!“, „Was hast Du Dich nachts bei meiner Schwester rumgetrieben?“ - hatte er sich mit Kumpels in der Dorfspelunke besoffen, um den Frust über die Ungerechtigkeit der Welt wegzuspülen. Er hatte zahlen können, denn er hatte ein paar der Münzen, die er redlich gewonnen hatte, vor der Behandlung durch die Wache runtergeschluckt. Dem Wirt hatte er selbstredend nichts davon gesagt, warum er zu Beginn des Zechabends so lange auf dem Klo gesessen war.
Wommel entfernte mürrisch die vier Riegel, die seine innen mit Schmiedeeisen verstärkte Haustür fest verschlossen hielten, und besann sich dann doch und spähte erst einmal durch das kleine Guckloch auf Augenhöhe. Er wischte sich über die Augen und spähte noch mal; aber es blieb dabei, er sah nur Grau, Grau, wohin das Auge blickte. Hatten die Schelme ein Tuch über das Guckloch gehängt, um ihn überwältigen zu können? Er ließ die Riegel rasch wieder einrasten und überlegte fieberhaft. Noch einmal die Wache? Unwahrscheinlich. Die Nachtwache, um die es sich gehandelt hatte, pennte nun sicher gerade in ihren, oder fremden Betten. Und mit der Tagwache hatte er momentan keine Scherereien. Der fette Umbel vielleicht? Dem schuldete er noch drei Silberbatzen. Doch der hätte nur geklopft, ohne weiteres Gedöns. Maximal noch unwillig gebrüllt und gegen die Tür getreten. Hinter der Tür war es aber gespenstisch still. Geradezu unheimlich! Die Halblinge von Bombelroff waren nicht dafür bekannt, daß sie leise waren – außer sie führten gerade irgendeine Dieberei durch. Die Hintertür! Wommel kam es blitzartig: Das mußte es sein, man lenkte ihn hier vorne ab und stieg dann durch die Hintertür ein! Aber nicht mit ihm. Er hastete zu seinem Kleiderschrank, wobei er sich das linke Knie an einem Schemel anstieß, riß die Schranktür auf, wich dem herauspolternden Zinngeschirr aus und packte seinen an der Innenseite der Schranktür hängenden Stoßdolch. Den besaß er für genau solche Fälle.
Die Enttäuschung war groß, als an der Hintertür alles ruhig war; dafür wurde das Klopfen an der Vordertür noch stürmischer. Nun erschallte auch eine Stimme: „Hallo? Hallo, verdammt, ich weiß, daß Du da bist!“ Der Halbling horchte auf. Es war eine Frauenstimme! Wommel phantasierte sich diverse schmutzige Einzelheiten zusammen. So herrisch, so stark, die stand sicher auf Fesselspiele! Seine Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Aber kannte er die Stimme? „Machst Du jetzt auf, Knülch? Muß ich hier stundenlang in der Mittagshitze herumstehen?“ „Nein, Schätzchen!“ grinste er innerlich. „Und wenn Dir heiß ist, kannst Du innen gleich ablegen.“ Er rammte den Dolch in die Schranktür und huschte diesmal ohne anzustoßen zur Vordertüre zurück. Die Riegel waren rasch geöffnet und die Haustür aufgerissen und – er prallte zurück. „Holla, welch Weib!“ Er starrte auf einen in einer grauen Robe steckenden Unterleib und mußte den praktisch halslosen Kopf in den Nacken drücken, um an ihr hinaufblicken zu können. „Netter Bu..., äh, Hallo!“ stotterte er; und schämte sich sogleich ob seiner mangelnden Contenance.
Vor seiner Erdhöhle stand eine hochgewachsene Menschenfrau undefinierbaren Alters – vom Aussehen nach wohl Mitte der Dreißig einzuordnen – mit wallendem weißblondem Haar, welches teilweise aber von einem mausgrauen Schlapphut verdeckt war. In ihrer Rechten hielt sie einen komisch gezwirbelten Holzstab, an dessen oberem Ende ein milchig-weißer Stein eingearbeitet war. „Nicht viel wert.“ taxierte Wommel ihn automatisch. „Was hast Du gesagt?“ fragte die fremde Grauberobte, mit hochgezogener Augenbraue. „Ach nichts.“ säuselte er. „Herzlich willkommen.“
Kurz darauf saß sie, mit eingezogenem Kopf, auf besagtem Schemel, über den Wommel sonst zu stolpern pflegte, in der rechten Hand nunmehr anstelle des Stabes einen Zinnbecher voll bitter riechender Flüssigkeit, welche der Halbling als „Bumbelmost“ angepriesen hatte. Am Rande bemerkt sein bester Stoff, aber das wollte nichts heißen. Wommel war im Ort nicht als Feinschmecker bekannt. „Und?“ sprach er als Erster, nachdem die Frau beharrlich schwieg und ihn und seine Bude nur mit komischem Blick musterte. „Was läuft jetzt? Ich mein“, fügte er hinzu, als sie noch immer nichts sagte, „Du willst doch was, das ist klar. Und was will man vom alten Wommel?“ Er zwinkerte eindeutig; ihre graublauen Augen weiteten sich. „Außerdem bin ich ein Kenner der hiesigen Gastronomie und kann auch als Führer zu den angesagtesten Wettbüros dienen.“ ergänzte er vorsichtig. Ihr Unwillen war ihm nicht verborgen geblieben. „Hast Du Deinen Rest Verstand versoffen?“ Oh ja, sie war wirklich unwillig. „Du kennst mich! Ich bin Ganêra, Freundin Deines Volkes und gerngesehener Gast. Wir haben schon mehrfach zusammen gefeiert.“ Verflucht, ja. Wie hatte er das vergessen können? Er schob das auf seinen latent immer noch vorhandenen Kater und die Schläge gegen den Kopf, die er vor wenigen Stunden erhalten hatte. „Ja, äh, Ganêra, die, äh, Zauberin!“ Sie nickte. Es hätte gebieterischer gewirkt, wenn sie dazu aufrecht gestanden oder auch nur so gesessen hätte. Dem Halbling war nun freilich bewußt, mit wem er es zu tun hatte. „Ich schulde Dir doch nicht noch Geld?“ flüsterte Wommel dementsprechend nervös. Sie verneinte trocken. „Ich will gleich zur Sache kommen.“ meinte sie, den Krug dabei auf den gestampften Lehmboden stellend, ohne zuvor auch nur einen Schluck getrunken zu haben. Der Halbling war gespannt. „Ich weiß, daß das Wort Arbeit für Dich unschön ist.“ sagte sie, was Wommels Gesichtszüge absacken ließ. „Dennoch habe ich für Dich ein Angebot, bei dem es um Reichtum und großartige Erfahrungen geht.“ „Na toll.“ lachte Wommel hohl auf. „Ein Sarg aus purem Silber und die Erfahrung, zuvor ermordet worden zu sein.“ „Ich kenne Dich und mir war klar, daß Dich das niemals reizen wird.“ Sie wollte sich zurücklehnen, unterließ das jedoch sofort, als sie sich den Kopf anzustoßen drohte. „Daher habe ich auch so meine Vorkehrungen getroffen.“ Ganêra drehte leicht den Kopf. „Freunde? Jetzt!“
Wommel hatte noch nie zuvor so viele Gnome am Stück gesehen – in seinem Wohnzimmer. Er war in der Tat noch nicht nüchtern, sonst hätte er frühzeitig gemerkt, daß sich eine Bande Gnome außerhalb seiner Wohnhöhle versteckt hatte. Diese Bande war überraschend überfallartig und koordiniert in sein Haus gestürmt, kaum, daß das Wort „jetzt“ verklungen war; er hatte vor lauter Erregtheit über den weiblichen Gast doch glatt vergessen, die Haustür wieder abzusperren. Schon wollte ihm der erste Gnom seine Faust gegen den Schädel schmettern, aber nicht mit Wommel! Egal, wieviel Alkohol er im Blut hatte, eine Schlägerei konnte er jederzeit führen, erst recht, wenn die Gegner kleiner waren als er, und das waren die Eindringlinge. Er wich dem Hieb aus und donnerte dem Angreifer seinerseits die Faust gegen das bebartete Kinn, daß der Gnom rückwärts torkelte. Nun nahm Wommel Boxerstellung ein, das linke Bein vorgestellt und die Fäuste angehoben. „Kommt nur, Ihr Pimpfe!“