Orc - moderne Zwergenkunst und andere Verbrechen - Claus Carl Jakob - E-Book

Orc - moderne Zwergenkunst und andere Verbrechen E-Book

Claus Carl Jakob

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Beschreibung

Kultur und Meuchelmord - ein Ork im Urlaub muss viel ertragen. Erst recht, wenn seine Frau von der Kultur fasziniert ist und man auch noch die pubertierende Tochter an der Backe hat. Ein brutaler Mord in der Oper ist erst der Beginn eines Urlaubs, der rasch in gewaltsame Erlebnisse abdriftet. Das wenigstens findet beim Ork Gefallen. Eine ungewöhnliche und amüsante Kriminalerzählung in der höchstkultivierten Zwergenstadt Hammer.

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Über den Autor:

Jahrgang 1974, Gebürtiger Bamberger, doch mittlerweile langjähriger Wahl-Thüringer. Pädagoge, Historiker und augenscheinlich auch als Autor unterwegs.

Mit besonderem Dank an meine Frau, meine konstruktiv-kritische Erstleserin.

Claus Carl Jakob

Orc –moderneZwergenkunst undandereVerbrechen

© 2018 Claus Carl Jakob (Autor)

Titelbild und Foto, © 2018 Claus Carl Jakob

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

978-3-7469-4749-5 (Paperback)

978-3-7469-4750-1 (Hardcover)

978-3-7469-4751-8 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Orc – moderne Zwergenkunst und andere Verbrechen

I.

Urlaub. Entspannen mit einem Bier in der Hand, in einer Kellerkneipe, vor sich ein fein blutiges Steak, gute Mucke, hausgemacht, ohne magischen, überkandidelten Schnickschnack. Das war Urlaub. Orc lächelte kurz. Dann riss ihn ein, für sein dafür, schrilles Quieken aus dem schönen Traum. Ein schrilles Quieken, gefolgt von einer hektischen Abfolge von hohem, sehr hohem Kreischen. Oper. Die grausame Realität. Orcs kräftige Hände krallten sich in den plüschigen Sitz, in dem er kauerte.

Ja, er war noch da. Im Urlaub. In der hohen Oper von Hammer, der höchstkultivierten Zwergenstadt, rechts neben sich seine verzückt selig lächelnde Gattin, links daneben seine ähnlich wie er grimmig dreinblickende Tochter, was bei ihr jedoch an ihrem Alter lag. In der Pubertät wollte man alles, nur nicht mit den peinlichen Eltern in der Öffentlichkeit gesehen werden. Peinlich mussten sie wirken, Orc jedenfalls fand seinen Aufzug ziemlich peinlich. Ein weites, lindgrünes Gewand mit viel Püschel und

Gewuschel, der letzte Schrei in der Modebranche. Was in seinem Ohr so klang, als wäre sie im nächsten Atemzug tot. Wann tat man den letzten Schrei? Eben. Wahrscheinlich war das sogar so. Die Mode wechselte hierzulande schneller, als man seinen, zugegebenermaßen knappen Namen „Orc“ auszusprechen in der Lage war. „Du ziehst Dich standesgemäß an!“ hatte seine Frau Brakk unmissverständlich klargestellt. Jetzt saß er hier, wie so ein Zwergenkavalier. Dass jeder, aber so wirklich jeder in diesem musikalischen Abgrund der Hölle solches trug, machte es nicht weniger peinlich.

Wieder Kreischen, dem infernalisches Heulen folgte. Es gab in dem großen, üppig vergoldeten kuppelartigen Saal magische Verstärker, doch er bekam auch ohne diese alles „perfekt“ mit. Saß er doch direkt vor der Bühne; es war einer der billigsten Plätze – das hohe Volk hockte entspannt in seinen Logen –, aber zumindest hier hatte er sich durchsetzen können. Das Urlaubsgeld eines Wachweibels aus Drolf sollte schließlich noch für ein paar andere „Vergnügungen“ reichen. Na, seine Frau hatte es überraschend positiv aufgenommen. „So sehen wir wenigstens alles im kleinsten Detail.“ Details wie den schwabbeligen Bauch des „Opernstars“, einem fetten, wirklich fetten Halbling in weibischen, altrosafarbenen Klamotten. Er stellte irgend so einen Fürsten aus grauer Vorzeit dar. Der irgendwelche dämlichen Geschäfte mit seinem Onkel und zwei seiner Neffen am Laufen hatte, welche von genauso fetten, allerdings Zwergen in – natürlich – Schlabberklamotten in Altrosa dargestellt wurden. Eben stritten sie wimmernd und kreischend über irgendwelche Vertragsklauseln. Das Publikum war aufs Äußerste gespannt, sieht man von Orc und seiner Tochter Gronk ab. Es nahte wohl ein Höhepunkt im Stück. Geigen jaulten und Trommeln – na immerhin, fast militärisch – knatterten. Orc sehnte sich nach seinem Hotelbett.

Plötzlich Stille. Orc erhob sich schon ein Stück, erleichtert die Hände erhoben, um, wie es wohl nötig war, ein wenig stilvoll zu klatschen. Seine Frau belehrte ihn eines Besseren, ihn wuchtig nach hinten in den Sitz zurückreißend. Kraft hatte sie, böse Zungen behaupteten, mehr als er. Der Halbling hob an, ernsten Blickes sein Solo zu lärmen, als es mit einem Mal einen dröhnenden Schlag gab und der Kopf des „Künstlers“ in Tausend Stücke zersprang, Gehirnmasse, Blut und Knochensplitter in alle Richtung verteilend. Da gab es kein Halten mehr; Orc erhob sich und klatschte endlich echt begeistert zu diesem grandiosen Finale wild in die Hände. Bis er realisierte, dass er der einzige war. Und dass sich Panik um ihn herum breitmachte. Das Volk begann zu Kreischen, das nicht zum Ensemble gehörte, geschminkte Zwerge schubsten sich und zogen sich an den gegelten Bärten, die Bühnensänger stoben winselnd auseinander, jegliche Würde vergessend. Einzig seine Frau blickte streng zu ihm auf und gleich darauf herab; sie war zwei Kopf größer als er. Als dann noch seine Tochter – jawohl seine, hier vermochte Papa ein wenig stolz auf sie zu sein – lachte und sagte „Endlich vorbei“, wäre der Abend gerettet gewesen. Wäre. Selbstredend fing damit die Unbill erst so richtig an.

II.

„Ich heiße Orc, nicht Ork. Das ist die Volksbezeichnung. Also Ork. Mit k. Ich schreibe mich mit c.“ Orc war es gewohnt, diese Erklärung abzugeben. Seine Eltern waren bei der Namensfindung nicht sehr kreativ gewesen. Der lila Papagei wiederholte es krächzend. Meine Güte, die Stadtbüttel hatten einen Papagei zum Diktieren. Wie lächerlich war das denn. Er kniete fast, um dem befehlshabenden Büttel ins verkniffene Antlitz blicken zu können. Ein Zwerg mit vielfach geflochtenem braunen Vollbart, auf dessen linker Schulter dieses Federvieh saß. Toralf Donnerstein hatte er sich vorgestellt. Wenigstens etwas – seine Unterbüttel, zwei spindeldürre, pickelige Elbenvisagen, hatten dazu keinen Anstand besessen. Hatten nur was von „kulturloser Ork“ gemurmelt. Ja, zum Glück. In Drolf gab es keine Oper, keine Galerie der freien Künste, kein Synchronschwimmen der Halblinge. Alles Zeug, zu dem seine Frau ihn schon geschleppt hatte, mit komischem Glänzen in den gelblichen, aufreizend geschlitzten Augen. Einer der Gründe, warum er sie genommen hatte. Wegen der lasziven Augen, nicht wegen der Vorlieben; die waren zu der Zeit kein Thema gewesen. Na ja, sie ihn. Sie hatte ihn genommen. Am Schlafittchen gepackt und ins Bett gezerrt. So lief das eben, wenn man sich nicht mit lindgrünen Gewändern, Operngejammer und ähnlichen nutzlosen Geschichten abgab. So, wie es richtig lief.

„Was also haben Sie beobachtet?“ wollte Toralf Donnerstein wissen. „So von Wache zu Wache“, begann Orc, der diesmal die strengen Blicke seiner Frau ignorierte, „eine Menge.“ Er holte tief Luft, um seine Gedanken zu sammeln. „Der Zwerg zwei Sitze weiter, hatte an jedem seiner Wurstfinger einen protzigen Ring aus billigem Silber, und definitiv ein Toupet.“ Das Wort Toupet hatte er hier im Urlaub gelernt; seine Frau hatte ihn auf dieses unnütze Stück Haar hingewiesen. Und er hatte es sich artig gemerkt, sollte sie ihn nochmal auf so etwas ansprechen. Gesünder war das. „Der Zwerg schräg hinter mir, ein besonders fetter, dem selbst das grüne Schlabbergewand schwer um den Bauch gespannt hat, hat heimlich eine Stulle gegessen. Und dann war da noch ein grimmiger Alter mit schlohweißem Bart, vier Sitze hinter mir, mit einem Gehstock, dessen Knauf ein urig Rot leuchtender Stein war…“ „Zum Mord. Was haben Sie zum Mord beobachtet.“ unterbrach ihn der Büttelzwerg vergleichsweise höflich. Die Stadt lebte unter anderem vom Tourismus. Und der grobschlächtige Ork mit seiner Bagage war sichtlich Tourist. Dass er behauptete, selbst eine Art Büttel zu sein, war dem Zwerg so was von egal. Diese Orks konnten einfach nichts von Wert hervorbringen, in seinen Augen. Doch, wie gesagt, Touristen sollten mit Höflichkeit behandelt werden. Und es war wenigstens kein Waldschrat oder Oger.

„Nun sag schon.“ drängte Orcs Frau unwirsch. Das alles fing sie zu langweilen an. Und ihre Tochter verdrehte auch bereits die Augen, die übrigens nach der Großmutter mütterlicherseits schlugen und hübsch blutunterlaufen glänzten. Was für ein Glück, dass sie nicht die des Vaters hatte, dieses geradezu klischeehafte Schwarz. Orc gehorchte und ärgerte sich insgeheim, dass er das wie auf Kommando tat. So stand er ziemlich blöd da. Viel wusste er freilich nicht beizutragen. Stille, ein lauter Rums, ein platzender Halbling-Kopf. Mehr war da nicht. Der Papagei nahm auch diese Aussage auf. Und Toralf nickte und meinte: „In Ordnung. Ihr Hotel haben Sie uns ja vorhin benannt, ich komme auf Sie zu, wenn es noch Fragen gibt. Sie bleiben ja noch ein paar Tage in der Stadt.“ Er wandte sich zu seinen Elbenschleimern und sagte halblaut: „Die anderen sind alle erst mal weggerannt. Wird etwas Arbeit machen, die alle zu finden und zu befragen.“ „Das heißt, wir können gehen?“ fragte Brakk herrisch. Ein weiteres Nicken. „Gut.“ Die Orkin packte Orc mit Rechts und Gronk mit Links und zerrte sie strebsam gen Ausgang.

III.

Eine nervtötende Fahrt später, mit einem überfüllten und nach Parfüm miefenden „Für alle“, einer überlangen Kutsche, die von sechs struppigen Ponys gezogen wurde, welcher das billigste Verkehrsmittel in der Stadt war, saßen sie alle Drei in der Hotelbar und Orc war erlaubt worden, endlich sein lang ersehntes Bier zu bestellen. Leider ein dünnes, leeres Gesöff mit wenig Alkoholgehalt. Und Orc wusste, dass es bei dem einen bleiben würde. Seine Frau Brakk hatte da so ihre Konsequenz. Sie selbst trank einen Obstsaft – einen Obstsaft! –, der dreimal so teuer war wie sein einfaches Bierchen, und Gronk verlustierte sich an einer Schokomilch, für ihr Alter o.k., hatte Brakk befunden. Die Meinung der Tochter zählte hier nichts. Der Mund wurde ihr jedoch nicht verboten. So reflektierte sie in ihrem ganz eigenen Ton den Tag.