Glück - Eine Geschichte - Claus Carl Jakob - E-Book

Glück - Eine Geschichte E-Book

Claus Carl Jakob

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Beschreibung

Der Krieg ist praktisch zu Ende. Ein Bericht über eines der letzten Widerstandsnester der Verlierer bringt gute Einschaltquoten. Und mir eine Menge E-Cash. Hatte ich gedacht. Jetzt hocke ich hier in diesem verfluchten Drecksbunker, meine Seite schmerzt und ich sitze hier fest. Aber ich wäre kein Starreporter, würde ich nicht das Beste daraus machen...

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Bei tredition sind von Claus Carl Jakob bereits erschienen:

-Hortraub auf Gnomisch

Eine Parodie auf Tolkiens „Hobbit“

-Das Reich der Nekromanten / Krieg im Feenwald

Zwei Dark Fantasy Erzählungen

-Schwarze Künste

Eine phantastische Erzählung aus dem Mittelalter

Claus Carl Jakob

Glück – Eine Geschichte

Dark Sci-Fi

© 2017 Claus Carl Jakob (Autor)

Titelbild und Foto, © 2017 Claus Carl Jakob

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

Paperback: 978-3-7439-2898-5

E-Book: 978-3-7439-2900-5

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Glück – Eine Geschichte

Vier Tage. vier Tage Nichtstun, vier Tage Frust, vier Tage in der Einöde. Öde, ja. Einöde – nun ja. Ich bin nicht allein und ich schwanke zwischen einem gehaltvollen Glücklich sein darüber und gereizter Genervtheit. Ich, Reporter Zwei-Null-Sieben. Kein echter Name, der mich verraten würde, in den Papieren. Warum Zwei-Null-Sieben weiß ich nicht. Eine vorgegebene Bezeichnung, auf die ich keinen Einfluss hatte. Mein echter Name – tut nichts zur Sache. Ich bin irgendwer und jeder, jeder, der an die Wahrheit glaubt oder so, an die Macht der Presse – ja, ich weiß, Sie lachen –, an das Recht auf... Auf was? Ich habe es vergessen. Öde wirkt sich auf die Denkfähigkeit aus.

Meine Seite schmerzt. Nur eine üble Prellung, zu meinem Glück, keine ernsthafte Verletzung. Als einziger Überlebender kann einen das glücklich schätzen. Glück, immer wieder Glück. „Shit, haben Sie Glück gehabt!“ Und gleich darauf. „Ach, Sie sind Reporter? Und der Entsatz ist tot? Der Frachter SCHROTT?“

Tja.

Es war eine Odyssee, um hierhin zu kommen, ein Verwirrspiel für eventuelle Verfolger. Erfolgreich, in der Tat und dann – Peng. Ein Systemfehler, ein besch... Systemfehler! Eine Wahrscheinlichkeit von... Keine Ahnung, auf jeden Fall verschwindend gering, wirklich. Alarm, Rotlicht, Geschrei, hektischer Betrieb... Absturz. Wie konnte es kommen, dass ich als EINZIGER überlebt habe? Mann, das Ding hat einen Krater gerissen, der... Ich aber häng in meinem Sicherheitssitz und wach mit einer Prellung und Kopfschmerzen auf. Um mich herum Matsch, im wahrsten Sinne des Wortes. Menschlicher Matsch, in den sich meine explosionsartig hervorgewürgte Kotze mischt. Ich werde wieder ohnmächtig und wache dann hier auf. Im Bunker unter der Planetenoberfläche.

„Sie sind also Juliette Fox, Funkerin und...“ „Schieb in den Wind, Schwatzkopf, ich hab keinen Bock auf Deine dummen Fragen.“ Ich lasse nicht locker. Nach vier Tagen kennt man die Pappenheimer langsam, einfach nur aus der Beobachtung heraus. „Der Feldwebel hat gesagt, dass Sie...“ „Der Feld kann mich am...“ Aber sie hält abrupt inne. „Nun, warum nicht. Also, was wollen Sie wissen?“

Ich bin schon ein toller Reporter. Unabhängiger Schreiberling für ein großes, megaunabhängiges Forum mit Sitz auf einem der Neutralen. Jetzt sitz ich hier in so einem Mist-Bunker auf einem Planeten, der wahrscheinlich unter Quarantäne steht, und interviewe die „verwegene“ Bunkerbesatzung, beziehungsweise was nach dem Krieg und den Schweinereien danach noch übrig ist. Weil doch beide Seiten Gehör finden sollen. Die verwegene Besatzung – das sind Reste der heroischen Truppen der Blauen Kammer, Heimatsystem Erde, dem ehemaligen großen Konkurrenten der heute allmächtigen Roten Kammer. Obwohl – im All gar nicht so mächtig, wie es scheint. Sonst gäbe es doch diesen Bunker gar nicht mehr.

Herrgott, ich schweife ab. Die Funkerin visiert mich bereits mit ihrer Zieloptik an, die in ihr silbern glänzendes linkes Auge eingebaut ist. Zappelnd sucht der rote Punkt die Stelle unter der sich mein Herz befinden soll. Eine unmissverständliche Aufforderung endlich zu fragen, schätze ich. Es macht mich, ehrlich gesagt, nervös. So abgebrüht bin ich nun auch wieder nicht; das ist mein erster Einsatz, der auf der Krassheitsskala mit einer Acht oder Neun bewertet werden muss...

„Eine Zigarillo?“ Ich halte ihr eine hin, meine letzte, by the way, und sie greift wortlos zu und nickt. Der rote Punkt erlischt. „Wie lange gehören Sie schon zur Bunkerbesatzung?“ werfe ich in den Raum. Ich krame mein archaisches Notizblöckchen und einen ebenso alten Stift heraus. Moderne Technik wird doch eh bloß geklaut... Anstelle einer Antwort deutet sie auf eine Strichliste an der nackten Betonwand hinter ihr. Eine verdammt große und volle Strichliste. Keine Chance, das auf die Schnelle zu zählen, aber es werden wohl mehrere Hundert Striche sein, jeder für einen Tag. „Is ne Angewohnheit von mir.“ murmelt sie. „Und bevor Sie nachfragen, es sind zweitausendachthunderteinundfünfzig Striche.“ Ich schlucke. „Die ganze Zeit hier und...“ Sie lacht auf, trocken und bellend. „Urlaub gibt es hier keinen, das sollten Sie wissen, Armleuchter.“ Ja, ich weiß... Das macht die Lage ja so verflucht. Genauer das, was der Hintergrund dessen ist – mein Schiff war das Einzige, das diesen Planeten seit über drei Jahren angeflogen hat. Wegfliegen kann auch keins. Laut dem Leutnant gibt es kein funktionstüchtiges mehr. Sprich, wir sitzen hier fest. Auf unbestimmte Zeit!

„Weißt Du“, duzt sie mich plötzlich und beugt sich zu mir her, „dass wir Verdammte sind? Auf verlorenem Posten?“ Sie kommt noch näher, dass ich ihren Atem rieche; irgendeine Gewürznote liegt darin und die kommt nicht von dem Zigarillo. Thymian, genau. „Wer weiß, vielleicht sind wir die letzten Menschen im Universum? Ich meine, wir haben keinerlei Kontakt nach außen, überhaupt keinen, seit Jahren!“ „Als ich mit mehreren Menschen auf dem Weg hierher war, traf ich...“ werfe ich ein, werde aber rüde unterbrochen. „Du glaubst nur, dass Du auf dem Weg hierher warst! Bist Du Dir wirklich sicher, ich meine wirklich? Ist es nicht eher so, dass Du schon immer hier warst?“ Ich lasse meinen Stift sinken; was soll ich auch niederschreiben? Ich räuspere mich. „Ich, äh, doch, ich bin mir sicher, dass ich vor exakt vier Tagen hier angekommen, hm, ja, abgestürzt bin. Kein Zweifel. Wenn Sie möchten, können wir in den Aufzeichnungen des Leitsystems nachsehen.“ „Kleiner Idiot.“ lacht sie. „Bist Dir so sicher. Doch merk Dir eines – hier ist nichts sicher, gar nichts! Du glaubst zum Beispiel, dass ich existiere. Ich existiere aber nicht, ich bin nur ein Traum.“ Ich möchte protestieren, sie freilich lässt mich nicht zu Wort kommen und winkt ab. „Muss ich es also beweisen. Dann sieh her.“

Sekunden darauf torkele ich fluchend aus ihrer Kabine, entsetzt und angeekelt meine zuvor mausgraue, unverzierte Uniform wischend und schüttelnd, die von einem Moment auf den anderen rot und nass geworden war. Ich würge, als ich Teile ihres Gehirns entdecke, roten Brei, Nein, Matsch, schon wieder Matsch! Er verfolgt mich überall hin. Meine Ohren schmerzen entsetzlich und ich bete, dass ich nicht taub geworden bin; ich bin es nicht, und wieder Glück. Das Schreien der herbeirennenden Person vernehme ich deutlich, wenn auch wie durch Watte. Hätte mich Fox nicht warnen können, dass sie sich mit einem Revolver den Schädel wegpusten will? Oder – verflucht und zugenäht – hätte mich nicht einer warnen können, dass die Funkerin in andere Sphären abgetaucht ist? Vollkommen meschugge? Bei allen...

„Oh Mann, was zum Teufel hast Du mit ihr gemacht? WAS?