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Der Hovawart wurde Anfang des 20. Jahrhunderts nach dem Vorbild der bereits im Mittelalter bekannten "Hofewarte" ("Wächter des Hofes") gezüchtet. Das Bewachen von Hab und Gut seines Besitzers zählt heute allerdings nicht mehr zu seinen primären Aufgaben. Vielmehr ist er wegen seines freundlichen Wesens und ausgeglichenen Temperaments ein beliebter Familienhund. Als anerkannter Gebrauchshund unterstützt er aber auch Polizei, Grenzschutz und Rettungsdienste. Hier schätzt man vor allem seine gute Nase und seine Leistungsbereitschaft. Dieses Buch richtet sich an alle, die den Hovawart kennenlernen und verstehen möchten, auch vor dem Hintergrund seiner Entwicklungsgeschichte vom Hofhund ohne Ansprüche zum Gebrauchs- und Familienhund der heutigen Zeit, und die bereit sind, mit einem Hund zusammenzuleben, der sie einerseits fordert, aber andererseits ihr Leben auch ungeheuer bereichert.
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Seitenzahl: 94
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Für Elisabeth Nägle, die mich in die Welt der Hovawarte eingeführt hat
Impressum:Copyright © 2011 by Cadmos Verlag, SchwarzenbekGestaltung: Ravenstein und Partner, VerdenSatz: Grafikdesign Weber, BremenLektorat der Originalausgabe: Maren Müller
Coverfoto: Dr. Richard MaurerFotos im Innenteil: Heike Bittner, Dr. Aliki Busse, Jorge Caruso,Harald Hohmann, Josef Leimkuhle, Justyna Minot, Dr. RichardMaurer, Neddens-Tierfoto, Barbara Nägle, Dr. Olaf Pokorny, RZV,Rosemarie Teubl, tierfotoagentur.de/Starick, Monika Zarski
Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services
Deutsche Nationalbibliothek – CIP-EinheitsaufnahmeDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten.
Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.
eISBN: 978-3-8404-6418-8
INHALT
Einleitung
Die Geschichte des Hovawarts
Die Neuzüchtung
Anerkennung als Rasse
Anerkennung als Gebrauchshunderasse und Verbreitung im Ausland
Der Hovawart heute
Das heutige Zuchtziel
Farben und Abzeichen
Der Rassestandard des Hovawarts
Ein Hovi soll es sein!
Aufzucht bei einem verantwortungsvollen Züchter
So erkennen Sie einen guten Züchter
Die Qual der Wahl
Rüde oder Hündin?
Ein guter Hund hat keine Farbe
Kaufvertrag
Hund aus zweiter Hand
Das entscheidende erste Jahr
Die Grundausstattung
Erste Aufgaben
Eingewöhnung und Welpenspielstunden
Erste Erfahrungen
Allein zu Hause
Zahnwechsel
Vom Welpen zum Junghund
Die jungen Wilden
Vom Mini zum Maxi
Glücklich leben mit dem Hovawart
Die Grundbedürfnisse
Erziehung gehört dazu
Der Wächter des Hofes
Über Tierfreundschaften
Der tägliche Spaziergang
Mit dem Hovawart unterwegs
Urlaub
Der Zweithund
Zuchtverwendung
Ein Hund für alle Fälle
Ausstellungen
Zuchtvorstellungen
Sport mit dem Hovawart
Erste Prüfungen
VPG und IPO
Fährtensuche und Stöberprüfung
Obedience
Turnierhundesport
Agility
Weitere sportliche Aktivitäten
Rettungshundeausbildung
Therapie- und Therapiebegleitarbeit
Servicehunde
Arbeit im Dienst der Polizei und des Grenzschutzes
Gesundheit
Gesundheit ist Pflicht für Zuchttiere
Gesundheitsvorsorge im ersten Lebensjahr
Kastration – ja oder nein?
Fit und gesund durchs Hovi-Leben
Vorsorge muss sein
Gesundheitstipps für ältere Hovawarte
Ernährung und Pflege
Ernährung
Pflege für Haut und Haar
Anhang
Danke
Interessante Adressen im Internet
Einleitung
Hovawart ist ein ausdrucksstarker Name, der aus dem hochmittelalterlichen Sprachgebrauch stammt. Er ist die Rassebezeichnung für einen ebenso ausdrucksstarken Hund.
Wohl jeder Hovawartbesitzer kennt die Frage: „Ein Hova-was?“ Mitunter werden diese Hunde von Laien sogar mit einem „schönen Mischling“ verwechselt. Das liegt daran, dass diese Rasse durch strenge Zuchtbestimmungen, die die Zuchteinsätze sowohl von Rüden als auch von Hündinnen konsequent reglementieren, nie zu einem Modehund geworden ist. Das soll auch in Zukunft so bleiben, um Wesen, Leistungsbereitschaft und Aussehen dieser Hunde zu erhalten.
Doch wer die Rasse einmal kennengelernt hat, kommt schwer wieder von den vielseitigen Hunden los. So erging es auch meiner Familie und mir, als 1987 unsere erste Hovawarthündin einzog. Sie hat uns mit Charme, Temperament, Lernbegier und Einfühlungsvermögen, aber auch mit ihrem Dickkopf in ihren Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Ihre Tochter und später ihre Enkelin, die uns weiter begleiteten, taten es ihr nach, und doch war jede auf ihre Art etwas anders und wird uns als eigenständige Persönlichkeit in Erinnerung bleiben. Dieses Buch richtet sich an alle, die den Hovawart kennenlernen und verstehen möchten, auch vor dem Hintergrund seiner Entwicklungsgeschichte vom Hofhund ohne Ansprüche zum Hovawart der heutigen Zeit, und die bereit sind, mit einem Hund zusammenzuleben, der sie einerseits fordert, aber andererseits ihr Leben auch ungeheuer bereichert.
Elisabeth Nägle mit einem Welpen aus ihrer Zucht. (Foto: Nägle)
Als Betreuerin der Welpenvermittlung erreichen mich sehr häufig die Fragen: Hovawarte sind so schön, aber sind sie wirklich so schwer zu erziehen und darum für Anfänger ungeeignet? Sind es denn familientaugliche Hunde? Die Antwort ist dann immer: Sie entwickeln sich so, wie ihr Mensch es ihnen vorgibt, und lernen auch in diesem Maße. Deshalb ist nichts wichtiger als eine gute Aufzucht und eine stabil aufgebaute Bindung. Dann geht Ihr Hovawart mit Ihnen durch dick und dünn, egal ob es der erste oder der x-te Hund in Ihrem Leben ist.
Worauf man bei der Aufzucht, der Erziehung und im Alltag achten muss, damit der Hovawart und seine Familie zusammen glücklich werden, wird in diesem Buch ausführlich erklärt. Und ganz sicher werden schon bald auch diejenigen, die sich zum ersten Mal für einen dieser Hunde entschieden haben, wie alle Hovawartleute auf dem Standpunkt stehen: „Einmal Hovi, immer Hovi!“
Die Geschichte desHovawarts
Hunde vom Typ des Hovawarts gab es bereits im Mittelalter. Als Rasse im heutigen Sinn haben diese Hunde jedoch eine recht junge Geschichte.
(Foto: Maurer)
Der altertümliche Name Hovawart scheint auf den ersten Blick für eine alte Rasse mit bedeutender Geschichte zu stehen. Doch wenn man genauer recherchiert, stellt man fest, dass es sich bei den Hunden, die im Mittelalter Hofewart, Hofe-wart oder Hofwart – also Wächter des Hofes – genannt wurden, nicht um Rassehunde handelte, sondern um typähnliche Hunde mit gleichen Veranlagungen.
Erst Anfang des 20. Jahrhunderts begann man damit, gezielt Hunde nach dem Vorbild dieses alten Typs zu züchten. Von einer gefestigten Rasse dürfen wir erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts sprechen, nachdem keine Einkreuzungen mehr vorgenommen wurden und der Genpool somit geschlossen war.
Schon Germanenstämme sollen Hunde, deren Aussehen und Wesen dem des heutigen Hovawarts ähnelten, in ihre Siedlungen integriert haben, und bereits im 13. Jahrhundert wurde der „Hofewart“ in den Gesetzeswerken „Sachsenspiegel“ und „Schwabenspiegel“ erwähnt. Hier wird für seine Entwendung oder Tötung eine Strafe verhängt, die einen gleichwertigen Ersatz und eine Buße von drei Schillingen verlangt. Auch der deutsche Gelehrte und Bischof Albertus Magnus beschreibt zu dieser Zeit die „großen hofwarten, zotthaarig und hängeohrig zum ußspüren der dieb und der bösewicht“. Vom „fahrenden Volk“ wurden sie als „Bauernrekel“ oder „Petzen“ beschimpft, aber sicher erst, nachdem sie die Eindringlinge vom Hof gejagt hatten.
Die Hunde von Curt F. König beim Spaziergang. (Foto: C. F. König, zur Verfügung gestellt vom RZV für Hovawarthunde)
Wie bereits erwähnt, ähnelten sich diese Hunde zwar alle, waren aber Mischlinge, die sich auf den Bauernhöfen oder auch in den Städten unkontrolliert vermehrten und sich für die Arbeit mit dem Menschen bewährt hatten. Der hängeohrige Hund mit dem halblangen Haarkleid musste sich durch ein ausgeglichenes Wesen, Arbeitswillen und Ausdauer für seine Besitzer als geeignet erweisen, egal wer seine Vorfahren waren. Er war revierbeständig, bewachte das Eigentum, die Menschen und das Vieh. Er war derb, wetterresistent und hatte einen souveränen Charakter. Vor einen kleinen Wagen gespannt, transportierte er Milch oder wurde zum Drehen der Buttermaschine eingesetzt.
Aus heutiger Sicht waren die frühen Hovawarte bereits Gebrauchshunde, da sie dem Menschen in vielfacher Hinsicht nutzten. Hunde, die diesen Vorgaben nicht entsprachen, wurden damals mit Sicherheit ausgemerzt und bestimmt nicht bewusst zur Nachzucht eingesetzt.
Der zweite Hundetyp, der im Mittelalter in unseren Regionen existierte, war der „Wind“ oder „Winte“. Es handelte sich hierbei um einen schlanken Jagdhund, der dem hohen Adel vorbehalten war. Er begleitete die Damen und Herren zur Jagd und lebte in ihren Schlössern. Wehe, ein Bauern- oder Bürgerhund wäre beim Jagen erwischt worden! Das wäre nicht nur für den Hund, sondern auch für seinen Halter schlimm ausgegangen.
Die damaligen „Hofewarte“ waren im Gegensatz zu den „Winten“ mit Sicherheit keine verwöhnten Tiere, denn ihre Besitzer waren einfache Leute, die immer um ihr Überleben zu kämpfen hatten. Doch sie wurden geschätzt und lebten so gut, dass ein unbekannter Dichter des 13. Jahrhunderts schrieb: „Ich waere ungerne dâ ein wint, dâ die stumpfen hovewart werder danne de winde sint.“
Im 21. Jahrhundert würde er schreiben: „Ich würde nicht gern da ein Windhund sein, wo die stumpfen (bodenständigen) Hovawarte wertvoller als die Windhunde erachtet werden.“
Hunde vom Typ des „Hofewart“ existierten weiter über die Jahrhunderte und wurden vor allem von Bauern auf ihren Höfen gehalten. In den Städten dominierten beim Bürgertum und auch beim Adel nun unterschiedliche Rassehunde aller Größen. Der „Hofewart“ trat dort lange Zeit nicht mehr in Erscheinung.
Drei Generationen Hündinnen vom Trollhof, eine der bekanntesten Zuchtstätten der frühen Jahre. (Foto zur Verfügung gestellt vom RZV für Hovawarthunde)
Die Neuzüchtung
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Deutschland von nationalem Denken geprägt. Was lag hier näher, als einen „urdeutschen“ Hund zu züchten und ihn mit glorreichen Geschichten einer langen Vergangenheit zu belegen? Es sollte ein Hund sein, der „Unbestechlichkeit, selbstlosen Mut, Zuverlässigkeit, Standhaftigkeit und Gefolgschaftstreue“ bewies. Diese Beschreibungen wurden über Jahrzehnte – und werden teilweise noch heute – weitergegeben, aber sie entsprechen nicht ganz der Realität, denn diesem Idealbild wird wohl kein Hund je genügen können. Zwar hatte und hat der Hovawart alle diese guten Anlagen, doch ist er nun mal ein Tier, das im Ernstfall instinktiv handeln wird.
Ab dem Jahr 1908 begannen Bertram König und später auch sein Sohn Curt F. König, diese Rasse nach dem Vorbild der Hunde vom Typ des „Hofewarts“ zu züchten. Vor allem Curt F. König ist nicht unumstritten, da er teilweise sehr eigene und fragwürdige Ansichten hatte und sich auch dem Gedankengut des Nationalsozialismus nicht verweigerte. Inspiriert wurde er unter anderem von Rittmeister von Stephanitz, der die Schäferhundezucht sehr stark beeinflusste und den ursprünglichen Hovawart, also den Typhund, als Vorfahr des Schäferhundes beschreibt.
Es soll hier nochmals ausdrücklich erwähnt werden, dass es sich beim modernen Hovawart nicht um eine Rück-, sondern um eine Neuzüchtung handelt. Die ersten Rassemerkmale waren die Hängeohren und die hoch getragene Rute, die als Domestikationsmerkmal gesehen werden. Größe und Körperbau entsprechen dem ursprünglichen Typ des Wolfes.
Die Anfänge des Neuaufbaus dieser Rasse liegen im Dunkeln. Unumstritten ist aber, dass zu Beginn Hunde, die dem gewünschten Typ entsprachen, also Mischlinge, die auf Bauernhöfen im Harz, im Odenwald und im Schwarzwald gefunden wurden, mit altdeutschen Schäferhunden, Kuvasz, Leonbergern, Neufundländern in ihrer kleineren Form und langhaarigen Hirtenhunden gekreuzt wurden. Andere Quellen erwähnen auch Einkreuzungen von Gordon Settern, Landseern und Schweizer Sennenhunden. Tessa, eine afrikanische Wild- oder auch Windhündin, Genaueres ist nicht bekannt, wird ebenfalls in jeder Veröffentlichung über die frühe Hovawartzucht genannt, wurde aber erst während des Zweiten Weltkrieges eingekreuzt.
Verbunden mit der Gründung eines Vereins wurden die ersten offiziellen Zuchtbucheintragungen 1924 gemacht. Außer Curt F. König gab es noch viele andere Züchter der ersten Stunde, deren Namen aber leider immer mehr in Vergessenheit geraten und auch hier nicht alle aufgezählt werden können. Diese Züchter konnten nicht alle Einkreuzungen der verschiedenen vorab genannten Rassen zum gleichen Prozentsatz vornehmen, sodass sich zunächst unterschiedliche Typen des Hovawarts entwickelten.
Ein mit Sicherheit unvergessener Rüde und Stempelhund ist Castor Meyer-Busch, Zuchtbuchnummer 230, geboren am 20.03.1932, der bereits 1933 zum ersten Mal Vater wurde und in den Ahnentafeln aller Hovawarte vertreten ist.
Anerkennung als Rasse
1937 wurde der Hovawart bei der „Grünen Woche des Reichsnährstandes“ in Berlin als Rasse anerkannt. 1939 übernahm das Oberkommando des Heeres die Zuchtaufsicht und setzte Hovawarte später teilweise als Botengänger im Kriegsdienst ein.
Trotzdem war der Hovawart zu diesem Zeitpunkt noch keine gefestigte Rasse. Auf alten Bildern sind die teilweise exotisch anmutenden Färbungen auch für den Laien deutlich zu erkennen. Die letzten anerkannten Einkreuzungen wurden 1944 vorgenommen. Erst danach war der Genpool endgültig geschlossen.