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**Ein perfekter Business-Deal führt zu unvorhergesehenen Gefühlen** Als erfolgreicher Scheidungsanwalt weiß Rey genau, wie das schmutzige Ende einer jeden Liebe aussehen kann. Echte Gefühle sind für ihn eine Illusion. High-Class-Escort Shane versteht sich hingegen perfekt darauf, diese Illusion der Liebe für viel Geld zu verkaufen. Als sich die beiden auf einer Firmen-Weihnachtsparty begegnen, prallen zwei Welten aufeinander. Trotz ihrer Unterschiede fällt es ihnen schwer, die Finger voneinander zu lassen. Shane engagiert Rey, um die Scheidung von seinem toxischen Ex-Mann Greg zu regeln. Zwischen Geschäftstreffen und Verhandlungen entwickelt sich aus körperlicher Anziehung schnell mehr. Doch Rey reicht die Illusion von Liebe nicht. Er will den echten Shane. Winter in New York und ein knisterndes Feuerwerk an Gefühlen zwischen einem erfolgreichen Scheidungsanwalt und einem High-Class-Escort. //»How to Hire Mr. Perfect« ist ein in sich abgeschlossener Einzelband.// Textauszug Shane sieht mich mit gerunzelter Stirn an. "Greg war ein Fehler, aber das bedeutet nicht, dass ich deshalb aufgebe", erwidert er. "Der Richtige kommt noch." Der Richtige? Ich kann mir ein ungläubiges Lachen nicht verkneifen. Ich würde auch gern daran glauben, dass es irgendwo einen Mr. Perfect gibt, der auf mich wartet. Doch dieser Zahn wurde mir gezogen. "Was?", fragt Shane. "Sag bloß, du glaubst nicht an die große Liebe. So hübsch, wie du das Nest hier hergerichtet hast." "Du Arsch", entgegne ich mit einem breiten Grinsen. "Hör auf, das Appartement zu beleidigen."
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
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Josi Copper
How to Hire Mr. Perfect
Ein perfekter Business-Deal führt zu unvorhergesehenen Gefühlen
Als erfolgreicher Scheidungsanwalt weiß Rey genau, wie das schmutzige Ende einer jeden Liebe aussehen kann. Echte Gefühle sind für ihn eine Illusion. High-Class-Escort Shane versteht sich hingegen perfekt darauf, diese Illusion der Liebe für viel Geld zu verkaufen. Als sich die beiden auf einer Firmen-Weihnachtsparty begegnen, prallen zwei Welten aufeinander. Trotz ihrer Unterschiede fällt es ihnen schwer, die Finger voneinander zu lassen.Shane engagiert Rey, um die Scheidung von seinem toxischen Ex-Mann Greg zu regeln. Zwischen Geschäftstreffen und Verhandlungen entwickelt sich aus körperlicher Anziehung schnell mehr. Doch Rey reicht die Illusion von Liebe nicht. Er will den echten Shane.
Buch lesen
Vita
© privat
Josi Copper wurde 1985 in Sachsen geboren. Sie lebt mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann in der Elbflorenz und schreibt queere Romane. Das Lesen brachte sie dazu, ihre eigenen Geschichten erzählen zu wollen. Mit Herz und Humor schreibt sie über Themen, die sie bewegen und erschafft dabei Figuren, von denen sie sich am Ende selbst nicht trennen kann.
Für meinen größten kleinen Fan
Shane
Für was bin ich in diesem Jahr dankbar? Das fragt man sich doch zu Thanksgiving, oder? Nun, mal überlegen …
Ich liege im Bett eines erfolgreichen, heißen Popstars, der mir just in diesem Augenblick im Westflügel seines Schlosses Frühstück zubereitet. Wir hatten die ganze Nacht hervorragenden Sex. Und das Beste: Er bezahlt mich sogar dafür.
Das mit dem Westflügel war natürlich ein Witz. Aber das Appartement von Zac Briston ist, im Vergleich zu meinem, tatsächlich ein Palast. Er hat mindestens vier Schlafzimmer. In drei davon sollte er nach unserer kleinen Thanksgivingparty unbedingt frische Bettwäsche aufziehen. Denn das Tischfeuerwerk hat nicht nur um Mitternacht gezündet.
Zac ist ultraheiß. Wäre er nicht mein Kunde, wäre ich sein Groupie. Die Musik, die er macht, ist eher so lala. Mainstream-Pop. Aber seine Blowjobs – alter Falter. Die sind alles andere als Mainstream. Der Mann ist ein Meister. Ich würde Bettlaken mit Sprüchen bekritzeln und alberne Fanshirts tragen, nur um seine Lippen ein weiteres Mal um meinen Schwanz zu fühlen. Aber das muss ich gar nicht. Denn wie gesagt: Die Realität ist spitze.
Zac bittet mich darum, vor mir auf die Knie gehen zu dürfen, nachdem er mir einen fetten Umschlag mit jeder Menge toter Präsidenten in die Hand gedrückt hat. Das Leben ist das Paradies und ich habe einen Platz in der ersten Reihe. Dafür bin ich wahnsinnig dankbar.
»Willst du Speck zu deinen Eiern?«, ruft Zac aus dem Westflügel.
»Ich will dich zu meinen Eiern.« Ich grinse in die Kissen, für deren Bezug sicher irgendein ganz seltenes Tier sterben musste. Ein ägyptisches Nerz-Chinchilla-Kamel wahrscheinlich. Wie kann Stoff nur so weich sein?
Als Zac seinen Kopf durch die Schlafzimmertür steckt, hält er zwei dampfende Kaffeebecher in den Händen. Sein Shirt hängt lässig über einer Jogginghose, die seinen Hintern ziemlich gut in Szene setzt. »Sag mal, wurdest du von meiner Konkurrenz engagiert, um mich vor den MTV Awards ins Koma zu vögeln?«, fragt er und schmunzelt. Doch sein Gesicht verrät die Gedankengänge, die sich hinter seiner Stirn abspielen. Er fragt sich, ob er mit dieser Vermutung nicht doch ins Schwarze getroffen hat.
»Keine Angst«, antworte ich und nehme ihm beide Tassen aus den Händen, um sie neben mir auf den Nachttisch zu stellen. »Du wirst heute Abend auf der Bühne stehen und alle Preise abräumen.« Ich ziehe ihn an seinem Shirtkragen zu mir und küsse seine vollen Lippen. »Und dabei wirst du völlig entspannt sein«, flüstere ich. Seine grünen Augen mustern mich und ich zucke verheißungsvoll mit den Brauen.
Meine Aufgabe liegt nicht nur in der sexuellen Befriedigung meiner Kunden. Ich bin keine Nutte. Ich bin ein Escort. Man gibt keine vierstelligen Beträge für ein Übernachtungsdate aus, nur um zu vögeln. Das könnten die Männer, die mich buchen, günstiger haben. Es geht um viel mehr. Ich sorge dafür, dass sich meine Kunden rundum wohl fühlen. Dass sie für ein paar Stunden aus ihrer Welt ausbrechen können. Dafür muss ich mehr sehen als ihre Bedürfnisse im Bett. Ich muss sie verstehen. Empathie ist die wichtigste Eigenschaft in meinem Beruf.
So selbstbewusst Zac im Bett auch ist und so sicher er auf den Bühnen dieser Welt Millionen Fans unterhält, so unsicher wird er, wenn es um sein Image geht. Ihm fällt es schwer, etwas von sich preiszugeben. Zu vertrauen. Nicht ohne Grund bucht er seit über einem Jahr ausschließlich mich. Kein anderes Escort. Keinen anderen Mann. Ich musste eine ellenlange Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnen und es hat mehrere Treffen gebraucht, bis er sich endlich fallen lassen konnte.
Zac hat keine abgefahrenen Kinks oder irgendeinen Fetisch, daher habe ich mich anfänglich schon gefragt, warum jemand wie er überhaupt für Dates bezahlt. Ich meine, er sieht aus wie der junge Zac Efron und hat Geld wie Dagobert Duck. Ich wette, jeder schwule Mann von hier bis L.A. hat sein Bild in der Spank-Bank. Dieser Schwiegermutterliebling mit Waschbrettbauch bräuchte nur in die Hände zu klatschen und schon würden ihm die schönsten Männer der Stadt zu Füßen liegen. Aber er hat sich zu oft die Finger verbrannt. An Groupies. Lovern.
Er hat mir die Geschichte seiner ersten Liebe erzählt und wie sich die Medien auf ihn gestürzt haben, als sein Herz gebrochen war. Ich kann verstehen, warum er so schwer Vertrauen fasst und ich wünsche ihm, dass er denjenigen trifft, der seine Welt auf den Kopf stellt und ihn die Zweifel vergessen lässt. Seine Paranoia macht Zac einsam und es ist meine Aufgabe, die Einsamkeit für ein paar Stunden zu vertreiben. Er soll nicht darüber nachdenken, was alles passieren könnte. Ob jemand im Hintergrund die Fäden zieht. Er soll sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob morgen etwas über seine geheimen Wünsche und Fantasien in der Zeitung steht. Er soll sie ausleben. Sich sicher fühlen. Genießen.
Zac kauft sich keinen Sex – er kauft sich einen Partner. Mich, Shane, der für ein paar Stunden für ihn zu Adam wird.
In der Zeit, die wir zusammen verbringen, bin ich da. Höre zu. Kuschle. Wenn er will, philosophiere ich mit ihm stundenlang über die Bedeutung des Lebens. Ich bin der Mann, der seine Hand hält, wenn ihn ein Shitstorm in den sozialen Medien aus der Bahn wirft und der Typ, der ihn auf dem Edelstahltresen seiner Küche fickt, wenn ihm der Sinn danach steht.
»Du bist unersättlich, Adam«, flüstert er gegen meine Lippen. »Was soll ich nur mit dir anstellen?«
Mit einem Ruck ziehe ich ihn ganz zu mir und ehe er sich versieht, liegt Zac auf dem Rücken. Ich pinne seine Handgelenke über dem Kopf auf das Laken. Seine grünen Augen mustern mich und die Bedenken, die ich gerade noch darin gesehen habe, werden von aufflammender Lust verschluckt.
Gut so. Schalt dein Hirn aus.
»Du stellst gar nichts mit mir an«, sage ich mit dunkler Stimme. »Aber ich werde gleich etwas mit dir anstellen.« Ich beiße in die weiche Haut an seinem Hals und Zac wimmert und windet sich unter mir. »Etwas, woran du dich ganz sicher erinnerst, wenn du den ersten Award in den Händen hältst.«
Ich weiß, wie sehr er es liebt, wenn ich die Führung übernehme. Wenn er mir nicht sagen muss, was er braucht, weil ich es längst weiß. Wenn er Lust sein kann und nicht Verstand sein muss.
Zac will Kontrolle abgeben – genau wie die meisten meiner Kunden. Er muss in seinem Job jeden Tag präsent sein. Zweihundert Prozent geben. Immer vorn dabei. Mitdenken. Managen. Bei mir will er das Gegenteil.
Loslassen.
Und es gibt nichts, das ich gerade lieber täte, als sein Hirn in einen Zuckerwatteball zu verwandeln, der unter meinen Berührungen langsam zerschmilzt. An diesem wunderbaren Morgen nach Thanksgiving, der in keinem Universum besser sein könnte.
Ich werde Zac zeigen, wie dankbar ich bin.
Rey
»Hat er wirklich gesagt, dass unsere Ehe futsch ist, weil ich zu fett bin?«
Gut, dass der Boden im Flur des Gerichtsgebäudes aus harten Marmorplatten besteht, denn ansonsten würden Avas Absätze in regelmäßigen Abständen kleine Kerben darauf hinterlassen. Und das nicht etwa, weil sie zu fett wäre, wie ihr frisierter Pimmel von einem Noch-Ehemann es durch seinen Anwalt verkünden ließ. Ava hat Kleidergröße M, wie mega. Sie sieht fantastisch aus und ich verehre sie zutiefst für ihre schizophrene Persönlichkeit aus Glücksbärchie und Höllenhund. Von ihrem Temperament würde ich mir gern eine Scheibe abschneiden und sie dem Wichser, mit dem sie die letzten sieben Jahre vergeudet hat, so tief in den Rachen schieben, dass er zusammen mit seinem aufgeblasenen Ego daran erstickt.
Aber vor Gericht muss ich der Erwachsene sein. Schließlich geht es nicht nur um Geld, sondern auch um ihre Tochter Harper. Ava will das alleinige Sorgerecht und Harpers Erzeuger hält dagegen. Ihm ist kein Trick zu billig, um sie in ein schlechtes Licht zu rücken, und ich habe Mühe, mich im Gerichtssaal zusammenzureißen, um ihn nicht an seiner Tausend-Dollar-Krawatte über den Verhandlungstisch zu zerren. Vielleicht habe ich in der Sitzung ein, zwei Mal zu lange gezögert, bis ich meine Mandantin ermahnt habe, als sie ihn beleidigt hat. Die kleinen Anekdoten von Ava über Steves Erektionsprobleme waren einfach zu unterhaltsam, um sie zu unterbrechen. Außerdem schöpfe ich mit beiden Händen aus dem unendlichen Pool an Schimpfwörtern, die sie ihm staccatoartig an den Kopf wirft. Hodenkobold kannte ich noch nicht.
Für heute ist die Verhandlung vorbei, also verwandelt sich Ava von meiner Mandantin zurück in meine Freundin. Eine wütende Freundin, auf dem Weg in die nächstgelegene Bar, in der sie den ganzen Bullshit der letzten halben Stunde mit einem Glas Bourbon runterspülen kann. Das Klackern ihrer Pumps hallt durch die große Eingangshalle mit den steinernen Treppen und ich habe Mühe, ihr Tempo mitzuhalten. Aber ich bleibe dran. Denn so ein Gläschen brauner Hirnzellen-Tod kann mir heute auch nicht schaden.
»Und dann hat er mich auch noch als Hure bezeichnet.«
»Süße, sein Hirn passt zweimal in seinen Hodensack.« Ich renne ein paar Schritte, um wieder mit ihr auf selber Höhe zu sein. »Trotzdem darfst du bei so was nicht einfach Einspruch rufen. So funktioniert das nicht.«
»Warum nicht?«, fragt sie und funkelt mich von der Seite an.
»Weil nur Anwälte Einspruch erheben können.«
»Und warum hast du das nicht?«
»Weil es eine zulässige Frage zu deinem Beruf war.«
»ICH BIN KEINE HURE.«
»Ich weiß«, versuche ich sie zu beruhigen. »Aber du leitest eine Agentur für Escorts. Hure hat er nicht gesagt, sonst hätte ich Einspruch erhoben und ihm anschließend seine schiefe Visage zurechtgezimmert. Aber du kannst nicht leugnen, dass du die Chefin diverser Sexarbeiter bist.«
»Ich bin Managerin. Für den Richter klang es so, als wäre ich eine Puffmutter, die im rosa Satin-Mantel Freier in verrauchte Hinterzimmer lotst.« Ava reißt die Hände in die Luft, verliert aber nicht ein einziges PS auf dem Weg hinaus aus dem Gebäude. »Meine Kunden sind Millionäre. Die Top-Elite. Sie leiten Imperien und selbst du würdest mit ihnen schlafen, wenn sie das wollten. Glaub mir.«
Das bezweifle ich zwar sehr, aber mir ist klar, worauf sie hinauswill. Ava ist Gründerin und Inhaberin der Agentur Savvy Seductions. Sie vermittelt exklusive Kontakte an die Upper East und West und South und Everywhere. Die jährlichen Umsätze im siebenstelligen Bereich beweisen, dass sie ganz oben in Manhattan mitmischt. Ava kennt wahrscheinlich die Vorlieben aller CEOs, die sich auf den einschlägigen Forbes-Listen finden. Trotzdem hat sie noch nie ein einziges Wort über einen ihrer Kunden verloren. Egal, wie gern wir zusammen über andere lästern – egal, wie oft wir zusammen durch den Boden diverser Schnapsflaschen geschaut haben – über die prickelnden Details ihres Business verliert sie kein Sterbenswörtchen. Ich weiß nur eins: Selbst wenn ich mit einem der reichen Säcke in ihrem Adressbuch vögeln wollte, würde sie mir ein automatisch generiertes Absageschreiben per Mail schicken, Freundschaft hin oder her. All ihre Angestellten sind handverlesen. Smarte, wortgewandte Genlotteriegewinner, die sich in der High-Society bewegen, als würden sie den Knigge auswendig kennen. Ava veranstaltet ganze Assessment-Wochen für Neulinge, nach denen nur die Crème de la Crème übrig bleibt. Und auch darüber, was in diesen Wochen genau passiert, schweigt sie.
»Ist doch egal«, sage ich. »Dein Unternehmen hattest du schon, als ihr euch kennengelernt habt. Er soll also nicht so überrascht tun. Ohne dich wäre er immer noch Vertreter für Leasing-Drucker. Hast du ihm nicht die erste Yacht gekauft?«
Ava schnaubt. »Auf der er direkt die Stewardess gevögelt hat. Die erste von vielen, die er zwischen seinen schwitzigen Fingern hatte.« Sie verzieht das Gesicht. »Bäh, diese Finger. Will gar nicht wissen, wo die schon überall drin waren. Aber ich bin die Hure. Schon klar.«
Sie stößt die schwere Eingangstür des Gerichtsgebäudes auf, als wäre sie aus Pressspan und nicht aus massiver Eiche. Kalte Luft schlägt mir entgegen, doch es bleibt keine Zeit zum Verschnaufen. Ava ist schon auf halber Treppe nach unten zum Vorplatz. Mann, ist die schnell.
»Du bist keine Hure«, antworte ich, als wir im Laufschritt die Straße überqueren. »Du bist toll und er ist ein Arschloch, das niemanden mehr auf einer Yacht vögelt, wenn ich mit ihm fertig bin.«
»Ach, soll er doch auf seiner Yacht an Tripper verrecken. Ist mir egal. Mir geht es um Harper.«
Ich weiß, wie sehr Ava an ihrer Tochter hängt, und ich werde alles daransetzen, dass sie das Sorgerecht erhält. Aber zuerst einmal brauchen wir einen guten Drink, um ihr Stimmungsthermostat herunterzuregeln.
Die Bar ist dunkel, als die Tür hinter uns zu schwingt. Das Ambientelicht des Tresens taucht den Raum in ein warmes dezentes Gelb. Dunkle Möbel und Hängeleuchten. Man fühlt sich gar nicht mehr schlecht, nachmittags um drei schon zu trinken, denn die Farne und Moose an der Wand vermitteln das Gefühl, man wäre in einem Spa. Als würde man sich hier etwas Gutes tun, statt der Leber zu schaden.
»Bourbon?«, frage ich Ava und sie nickt. Dabei schwingt sie sich elegant auf den Barhocker neben mir. Ich gebe dem Typ hinter der Bar ein Zeichen. Keine Ahnung, ob er der Barkeeper ist oder mich gleich für die Ganzkörpermassage nach hinten bittet. Mit seiner mintgrünen Uniform und dem gezwirbelten Bart könnte es auch passieren, dass er mir die Karten legt. Na ja, zumindest nickt er bei der Bestellung, also bin ich guter Dinge.
»Setz ich zusammen mit meinem auf die Spesenrechnung. Ist dir klar, oder?«
Zum ersten Mal an diesem Nachmittag sehe ich ein Schmunzeln auf ihrem Gesicht.
»Klar.« Dann seufzt sie. »Wir beide wissen, warum ich heute so früh trinke. Was ist deine Ausrede?«
»Weihnachtsfeier«, antworte ich.
»Ugh.« Ava verzieht das Gesicht. »Jenkins und Cowen?«
»Und Grant.« Ich stütze meinen Kopf auf die Hände.
»Du Armer. Bestell dir lieber einen Doppelten.«
Ich lache gequält. »Als ob das die Sache besser machen würde.«
»Ist die Party in der Kanzlei?«, fragt sie.
»Nein. Das ist das Schlimmste an der Sache«, jammere ich. »In diesem Jahr haben diese aufgeblasenen Idioten den Rainbow Room im Rockefeller Center gemietet.«
Ich nehme den Bourbon vom Barkeeper entgegen und kippe ihn in einem Schwung hinunter. Eine Brandspur zieht sich durch meine Kehle und ich schüttle mich.
»Ganz schick. Mit Begleitung. Sie wollen ja ihre zwanzigjährigen Tiffanys und Stephanies vorführen. Da ist wahre Liebe im Spiel«, sage ich in einem Ton, der nur so vor Sarkasmus trieft. »Und ich sitze am Single-Loser-Tisch. Höchstwahrscheinlich stürze ich mich von der Dachterrasse, bevor Jenkins wieder damit anfängt, seine dämlichen Witze darüber zu machen, dass ich allein aufkreuze.«
»Geh doch einfach nicht hin«, sagt Ava und dreht ihr Glas in der Hand. »Durchfall? Herpes?«
»Ich habe mich schon die letzten beiden Male krankgemeldet«, erwidere ich. »Diesmal kann ich nicht kneifen. Wenn ich je Partner werden will, muss ich Ärsche küssen und über Jenkins’ Jokes lachen.«
Ava nippt an ihrem Bourbon und denkt nach. »Und wenn du in Begleitung erscheinst? Dann hat er keinen Grund, dich zu verarschen.«
»Ja, genau«, antworte ich und drehe mich in den fast leeren Raum der Bar. »Männer von New York, wer von euch will einen langweiligen Abend mit einem Anwalt für Familienrecht verbringen, der Durchfall und/oder Herpes hat?«
Ava packt mich am Arm und dreht mich zurück. »Du bist bescheuert«, faucht sie, muss dabei aber schmunzeln. »Kennst du niemanden, der mit dir zu so was gehen würde?«
»Du bist meine beste Freundin und selbst du kannst dich nicht durchringen, mitzukommen. Oder?« Ich blicke sie flehend an, kenne ihre Antwort aber bereits.
Sie verzieht das Gesicht. »Langweilige Anwaltsbonzen, die sich für die Retter der Welt halten, während sie armen Hausfrauen den letzten Dollar aus der Tasche ziehen? Danke. Kein Bedarf.«
»Hey«, protestiere ich. »Nur weil ich auf deine Rechnung trinke, musst du nicht gleich fies werden.«
Shane
»Hey Adam, warte kurz«, stoppt Ava mich, als ich an ihrem Büro vorbeigehe. Ich bin heute nur in der Agentur, um die Ergebnisse meines monatlichen Gesundheitstests abzugeben. Außerdem hatte Klara vom Marketing ein paar Fragen bezüglich des aktuellen Katalogs.
»Was gibt’s denn?«, frage ich und bleibe vor der Tür stehen. Ich habe immer noch ein Problem damit, mit meinen New-York-Straßenschuhen über ihren hellgrauen Angora-Teppich zu laufen.
»Jetzt komm schon rein«, sagt meine Chefin.
Kurz denke ich darüber nach, die Schuhe auszuziehen, entscheide mich aber dagegen. Das wäre albern. Ich laufe über den weichen Samt und setze mich in einen der hellen Ledersessel vor ihren Schreibtisch. Der Ausblick aus Avas Büro ist einmalig. Wer kann in Manhattan schon von sich behaupten, einen See vor dem Büro zu haben? Doch Savvy Seductions liegt direkt am Central Park. Nah an der Kundschaft.
»John Davis hat angerufen«, sagt sie unvermittelt und lässt eine lange Pause, in der sie mich ausgiebig mustert.
»Hat er sich beschwert?«, frage ich mit einem Stirnrunzeln. Mein Hirn rattert. Die Verabredung mit John letzte Woche lief super. Wir waren Essen, hatten Sex. Er ist drei Mal gekommen, was ich für einen Mann Mitte vierzig bemerkenswert finde. Zum Abschied hat er mir mehrfach versichert, dass wir uns bald wiedersehen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, woran er sich gestört haben könnte.
»Hat er nicht«, erlöst Ava mich. »Im Gegenteil. Er will, dass ich dir einen Bonus gebe.« Sie schmunzelt. »Fünftausend. Bekommst du mit dem nächsten Scheck.«
Wow. Nicht schlecht.
»Ernsthaft, Adam. John hat mir zehn Minuten das Ohr abgekaut, was für ein Juwel du bist«, fährt sie fort. »Und er ist nicht der Einzige. Edwards, Anderson, Green«, zählt sie meine Stammkunden auf. »Du verwandelst sie alle in liebeskranke Idioten. Ich könnte dich wahrscheinlich jeden Abend des Jahres verbuchen.« Ava schnipst mit den Fingern. »Hat dein kleiner Freund Zauberkräfte oder warum verknallen sich die CEOs dieser Stadt so schnell in dich?«
Ich schmunzle und zucke mit den Schultern. Welcher Mann hört es nicht gern, dass er der Knaller im Bett ist?
»Nein, wirklich«, drängt sie. »Was ist dein Geheimnis?«
»Kein Geheimnis«, antworte ich. »Ich gebe ihnen, was sie wollen.«
Ava runzelt die Stirn. »Sex?«
»Aufmerksamkeit«, korrigiere ich sie. »Ich höre zu. Manchmal reicht das, um liebeskranke Idioten hervorzubringen.«
Sie nickt.
»Und die Sache mit dem Zauber-Schwanz hilft auch«, scherze ich und zwinkere.
Ava lächelt, bevor sie die Ellbogen auf die Tischplatte stellt und sich mit den Fingern an die Lippen tippt, als würde sie über etwas nachdenken. »Sag mal, was machst du heute Abend?«
»MasterChef bingen und dazu Cookie-Dough löffeln. Wieso?«
»Adam, darf ich dich um einen … sozusagen privaten Gefallen bitten?«
»Du weißt, dass der Zauber-Schwanz nur bei Männern funktioniert, oder?«, sage ich mit einem verschmitzten Grinsen.
»Ach, sei still«, erwidert sie und verdreht die Augen. »Nicht für mich. Es geht um einen Freund.«
»Geht es das nicht immer?« Ich wackle mit den Augenbrauen, doch sie ignoriert meinen Kommentar und fährt fort.
»Ich hätte ein Date für dich im Rockefeller.«
»Auf dem Dach?«, frage ich, denn obwohl ich schon seit ein paar Jahren in Manhattan wohne, habe ich es noch nie weiter als in die Eingangshalle des Rockefeller Centers geschafft.
»Fast.« Ava lächelt. »Vierundsechzigster Stock. Rainbow Room.«
»Rainbow Room. Hochzeit?«
»Weihnachtsfeier.«
»Und wer ist dein Freund?«, frage ich.
»Reynard ist Anwalt. Sein Chef ist ein Arschloch und er hat ungefähr so viel Lust auf die Veranstaltung wie ich auf das monatliche Intim-Waxing – nur dass das zumindest schnell vorbei ist.«
»Warum geht er dann hin?«, frage ich.
»Er will Partner werden. Da gehört so was dazu.«
»Und ich soll …« Ich sehe Ava erwartungsvoll an, weil ich noch nicht verstehe, worin der Gefallen genau besteht.
»Du sollst ihn ein bisschen glänzen lassen.« Sie seufzt. »Hör zu. Rey ist ein brillanter Anwalt, aber er hat Schwierigkeiten mit dem ganzen Small-Talk und Get-together-Bullshit.« Sie sieht mich an und ihr Blick hat etwas Verletzliches. Eine Sache, die ich noch nie bei ihr gesehen habe. »Rey hilft mir gerade mit meiner Scheidung von Steve und … na ja, ich würde ihm gern etwas Gutes tun.«
»Weiß er, dass du ihm etwas Gutes tun willst?«, frage ich skeptisch, denn Überraschungsdates sind mein persönlicher Albtraum. Ich springe schließlich nicht auf einem Junggesellenabschied aus einer Torte, sondern bewege mich in elitären Kreisen.
»Nicht so richtig«, antwortet sie und kneift dabei die Augen zusammen.
»Ach komm schon, Ava.«
»Ich weiß, ich weiß.« Sie hält ihre Hände gefaltet vor der Brust. Der weiße Lack auf ihren Nägeln bildet einen schönen Kontrast zu ihrer dunklen Haut. »Aber es wäre mir wirklich wichtig.« Ihre braunen Augen flehen mich förmlich an. Was soll ich da schon machen?
Ich mag Ava. Sie ist eine Powerfrau. Wir Escorts sind angehalten, bei Dates teure Marken zu tragen – doch niemand schafft es, Chanel, Prada und Louis so zu kombinieren, dass man glaubt, die Modehäuser hätten sich zusammengetan, nur um allein sie glänzen zu lassen. Sie schafft es, selbst in Haute Couture lässig zu wirken. Ava ist fair, professionell und immer auf der Seite ihrer Angestellten. Verhält sich einer der Kunden nicht korrekt, schmeißt sie ihn ohne zu zögern aus der Kartei. Und wenn es der Präsident höchstpersönlich wäre – behandelt er die Escorts nicht mit Respekt, braucht er nie wieder bei Ava anzurufen. Sie hat mich bisher kein einziges Mal um einen Gefallen gebeten, war aber im Gegenzug immer verständnisvoll, wenn ich ein Date verschieben musste, weil mir zu Hause alles über den Kopf gewachsen ist.
Also seufze ich. »Werde ich wenigstens bezahlt?«
»Natürlich. Du bekommst deinen üblichen Tarif plus Trinkgeld.«
Sie kramt in der Schublade ihres Schreibtischs herum und drückt mir dann mehrere Scheine in die Hand.
»Also das volle Programm?«
»Nein. Ja.« Sie lässt sich gegen die Lehne ihres Stuhls fallen. »Keine Ahnung. Sorg einfach dafür, dass er einen schönen Abend hat. Okay?«
»Muss ich noch irgendetwas wissen?«, frage ich. »Dresscode? Vorlieben? Gibt es eine Geschichte?«
»Erzähl einfach, dass ihr euch seit Kurzem kennt.«
»Ich weiß nicht mal, wie er aussieht.«
»Großer, schlanker Typ jenseits der dreißig«, sagt sie. »Sieht aus, als würde er den nächsten Ausgang suchen und ist allergisch auf Krawatten.«
Ich reibe mir die Augen, weil ich bereits jetzt weiß, dass es ein Desaster werden wird. Dafür schuldet Ava mir mehr als meinen üblichen Tarif.
»Ich hab einen gut bei dir«, sage ich und stehe auf.
»Hast du«, antwortet sie, während ich ihr Büro verlasse. »Ach, und Adam …«
Ich drehe mich ein letztes Mal zu ihr um.
»Er ist eigentlich ein ganz lieber Kerl.«
Toll, das hat man von Ted Bundy auch behauptet und am Ende hatte er einen ganzen Haufen Leute auf dem Gewissen.
Rey
Ich schlängle mich zwischen den weiß gedeckten Tischen des Rainbow Rooms hindurch in Richtung Bar. Die Aussicht ist wirklich einmalig, aber das ist auch das Einzige, das an diesem Abend auf der Positivseite landen wird. Auf den Tischdecken wurden lila Hortensien drapiert. Ich dachte, das hier ist eine Weihnachtsfeier und keine Verlobung. Mich würde es nicht wundern, wenn Grant gleich vor Jenkins auf die Knie geht. Entweder um ihm einen Antrag zu machen oder um seinen faltigen Schwanz zu lutschen. Tyler Grant steckt so tief im Hintern des Chefs, dass jeder im Büro seine Schuhgröße kennt.
Als eine Kellnerin an mir vorbeieilt, schnappe ich mir ein Glas Weißwein von ihrem Tablett. Sie stoppt und sieht mich entrüstet an, bevor sie zur Bar zurückkehrt, um ein neues Glas zu ordern. Was denn? Ist das hier etwa mit Bestellung? Na ja, auch egal.
Ich leere das Glas in großen Schlucken. Die Wirkung des Drinks mit Ava heute Nachmittag ist längst verflogen und die Krawatte um meinen Hals juckt wie verrückt. Wer hat diesen Scheiß erfunden? Warum muss ich mir ein übertrieben teures Stoffband um den Hals wickeln, um bei der High-Chi-Chi dazuzugehören? Derjenige, der sich das hat einfallen lassen, hatte hundertprozentig einen Kink. Mir ist schon klar, dass Frauen deutlich mehr zu leiden haben, um den gesellschaftlichen Standards zu entsprechen, aber ich würde mir lieber die Beine rasieren, als mich den ganzen Abend mit Seide zu strangulieren. Auf solchen Scheiß stehe ich nicht.
»Hunt, schön, dass Sie es einrichten konnten.« Jenkins steht mit einem selbstgefälligen Grinsen neben mir, als ich den letzten Schluck des Weißweins hinterkippe. Die Geheimratsecken hat er sich in einer einzigartigen Technik mit den verbliebenen Haaren überkämmt. Anscheinend hat ihm noch nie jemand gesagt, wie bescheuert das aussieht. Ich muss mir heftig auf die Lippen beißen. Seine Hand klopft mir einmal auf die Schulter, bevor sich seine knochigen Finger einen Zacken zu fest in den Stoff des Jacketts bohren. »Sie sind allein gekommen? Schämen Sie sich für uns, oder warum bringen Sie nie jemanden zu Firmenfeiern mit?«, fragt er. »Im Memo stand mit Begleitung. Das ist ja fast schon ein Abmahnungsgrund, oder Tyler?«
Grant lacht, als hätte Jenkins den Brüller des Jahres gerissen. Er ist Jenkins’ Mini-Me. Eine kleinere, dickere Version von ihm, nur dass er keine Haare zum Überkämmen mehr auf dem Kopf hat. Dafür ist er genauso blasiert. Ich wünschte, in dem Weißwein wären K.O.-Tropfen gewesen. Dann müsste ich mir den Schwachsinn der beiden nicht geben. Denn ich bin mir sicher, das hier ist nur das Warm-Up für einen Abend voller dummer Sprüche.
»Darf ich Ihnen meine bezaubernde Begleitung Denise vorstellen?«, fragt Jenkins und scheint sich innerlich für die Blonde mit dem perlweißen Lächeln zu beglückwünschen, die mir ihre Hand entgegenstreckt. Ich bin mir nicht sicher, ob Denise schon Autofahren darf, aber anscheinend ist sie alt genug, um einige ihrer Attribute chirurgisch optimieren zu lassen. Den Kniefall kann Grant sich sparen. Gegen Denise’ Schlauchbootlippen hat er keine Chance. Bei diesem Gedanken muss ich lachen, was Jenkins mit einem finsteren Blick quittiert.
»Reynard Hunt«, begrüße ich sie und versuche, mich ab jetzt ernsthaft zusammenzureißen.
»Denise macht gerade ein Praktikum bei TOMS«, verkündet ihr mindestens doppelt so alter Begleiter.
»Oh, ein Schülerpraktikum?« Mist. Ich ernte einen weiteren finsteren Blick. Warum kann ich nicht ein Mal die Klappe halten? Die Vorlage war aber auch zu gut. Den konnte ich nicht liegen lassen. Mich über Jenkins’ Freundin lustig zu machen, wird mich meinem Ziel, Partner zu werden, aber kein Stück näherbringen. Also halt die Klappe, Rey.
»Die Jungs dort leisten wirklich gute Arbeit, Hunt. Da könnten Sie sich sicher eine Scheibe abschneiden.«
Wieder klopft mir Jenkins schmerzhaft auf die Schulter. Wieder lacht Grant und ich will mich am liebsten verbuddeln. Ich lockere meine Krawatte mit den Fingern, denn die Seide schneidet wie Stahlwolle in meine Haut.
»TOMS ist doch diese Impact-Schuhfirma, oder?«, höre ich eine unbekannte Stimme hinter mir. Ein junger Typ tritt zwischen Jenkins und mich. Er trägt einen Anzug, den ihm kleine Kobolde im Schlaf auf die Haut geschneidert haben müssen. Der dunkelgraue leicht glänzende Stoff betont jeden Muskel in seinem Körper. Wie ein Neopren-Anzug – nur aus Schurwolle. »Ich habe einige Sneakers von denen«, fährt er fort. »Sehen super aus, sind nachhaltig und gleichzeitig leistet man einen kleinen Beitrag gegen Armut und für sauberes Trinkwasser.«
Keine Ahnung, was er da erzählt – und warum – aber meine Augen können sich keine Sekunde von ihm lösen. Diese Grübchen. Dieses Lächeln. Seine braunen Haare sind an den Seiten kurz und oben leicht verstrubbelt. Trotzdem wirkt es nicht unordentlich. Wenn dieses männliche Supermodel zu einem dieser Lackaffen gehört, kündige ich auf der Stelle. Doch statt zu Grant dreht er sich plötzlich zu mir.
»Sorry, Darling.« Er lächelt und das Wort Darling hallt unnatürlich lange in meinem Kopf nach. »Ich musste noch einen wichtigen Anruf beenden, aber jetzt gehöre ich ganz dir.«
Was? Wie bitte?
Er beugt sich zu mir und drückt mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
Was war in diesem Weißwein? Ich brauche unbedingt mehr davon.
Während ich noch überlege, ob der Typ vielleicht blind ist und mich einfach nur verwechselt, dreht er sich zu Denise.
»Jetzt da ich weiß, wie bezaubernd die Mitarbeiter von TOMS sind, werde ich meine Schuhe noch viel lieber tragen.« Er zwinkert ihr zu und ihre Wangen färben sich augenblicklich rot.
»Denise«, stellt sie sich vor und reicht ihm die Hand.
»Hallo Denise. Sie müssen mir später alles über Ihre Aufgaben bei TOMS erzählen.«
Sein offensichtliches Geschleime scheint ihr zu gefallen und sie kichert. Wem die Sache gar nicht zu schmecken scheint, ist Jenkins. Sein Gesicht verfärbt sich ebenfalls rot, aber wohl eher, weil ziemlich klar wird, dass Denise nicht auf seinen überreifen Schrumpel-Body abfährt, sondern nur auf sein gut gefülltes Bankkonto.
»Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?« Jenkins drängt sich zwischen ihn und seine Begleitung, bevor Denise beim Anschmachten noch Sabberspuren auf dem Teppich hinterlässt.
»Adam Jordan.« Der heiße Typ im Schurwolle-Neopren gibt Jenkins die Hand. »Freut mich sehr. Ich vermute, Ihnen verdanke ich die Einladung in diese einmalige Location. Danke, dass ich hier sein darf, Sir.«
Mit seinen Worten scheint er Jenkins Alphamännchen-Sender wieder auf die richtige Frequenz einzustellen. Der streckt die Brust raus und wirft Denise, die wahrscheinlich zum letzten Mal an seiner Seite gewesen ist, einen Siehste-Blick zu.
»Rey hat schon viel von Ihnen und der Kanzlei erzählt«, sagt Prinz Charming mit einem Lächeln in meine Richtung. Mein Blick sagt: Wer zur Hölle bist du? Doch Adam dreht sich bereits zurück zu Grant. »Tyler Grant, nicht wahr?« Er gibt auch ihm die Hand. »Ich freue mich, Sie endlich persönlich kennenzulernen. Rey meinte, es wäre Ihnen zu verdanken, dass Jenkins & Cowen für den Chambers Award nominiert wurden. Glückwunsch, Sir.«
Wow, der Junge ist gut. Er bestreicht das Gemüt dieser Idioten ganz dick mit Ego-Butter.
»Nennen Sie mich bitte Tyler.«
Was? Welche Folge der kleinen Telenovela, die sich vor meinen Augen abspielt, habe ich verpasst? Selbst nach fünf Jahren in der Kanzlei nenne ich Grant noch Grant. Und das liegt nicht nur daran, dass Tyler ein bescheuerter Name ist.
»Hunt, wo haben Sie Adam die ganze Zeit versteckt?«, fragt Jenkins.
Tja, gute Frage.
»Rey und ich kennen uns erst seit ein paar Monaten und ich reise beruflich viel«, antwortet Adam an meiner Stelle und legt dabei seine Hand auf meinen Rücken. Ich muss wie ein Fisch an Land aussehen. Mein Mund öffnet und schließt sich immer wieder, doch mein Hirn schafft es nicht, auch nur einen einzigen Satz hervorzubringen.
»Seien Sie ehrlich, Adam. Wie viel zahlt Ihnen Hunt, damit Sie es mit ihm aushalten?«
Und da fällt der Groschen. Ich werde Ava töten.
»Ich weiß nicht«, entgegnet Adam beschwingt. »Was zahlen Sie ihm denn?«
Jenkins Gesicht verzieht sich kurz, denn er ist sich nicht sicher, ob diese Antwort in die Kategorie Beleidigung oder Scherz fällt. Aber dann klopft er Adam auf die Schulter. »Ich mag Sie, mein Junge. Kommen Sie. Cowen verspätet sich sowieso. Sie sitzen bei uns.«
Und wie durch ein Wunder rutsche ich plötzlich vom Single-Loser-Tisch an den der Partner.
Shane
Jenkins ist ein aufgeblasener Wichser. Mann, hört der Typ sich gern reden. Und seine Entourage hängt ihm an den Lippen, als wäre er der Messias höchstpersönlich. Dabei spricht er nur von Golf – das Spiel der Impotenten.
Denise hingegen schafft es kaum, einen Halbsatz lang nicht in meine Richtung zu blicken. Ich bräuchte nur mit den Fingern zu schnippen und ihr Slip würde mit einem Knall zu Boden fallen.
Der Einzige, der mir an diesem Tisch noch nicht aus der Hand frisst, ist Rey. Seit ich vor einer guten Stunde im Rainbow Room aufgekreuzt bin, hat er kaum ein Wort gesagt. Wenn ich raten müsste, würde ich darauf tippen, dass er nicht sonderlich auf Überraschungen steht. Während die anderen völlig verzaubert an meinen Lippen hängen, sieht er mich an wie ein Serienkiller, der sein nächstes Opfer ausgemacht hat.
»Wie hat Hunt Sie um den Finger gewickelt, Adam?«, fragt Tyler süffisant. »Er ist ja nicht gerade … ein Charmebolzen.«
Ich lege meine Hand auf die von Rey und lächle ihn kurz an. Sein Blick verrät mir, dass er sich nur noch die Antwort anhört, bevor er mich killt. Toll.
»Wir sind uns zum ersten Mal in der Feinkostabteilung des Queens Center begegnet, kurz vorm vierten Juli. Damals haben wir beide gleichzeitig nach dem letzten Netz Miesmuscheln gegriffen.«
»Oh«, lacht Tyler. »Wer kennt es nicht?«
»Es war Feiertagschaos. Eindeutig eine Situation, in der Leute für ein Netz Muscheln töten würden und auch von uns beiden wollte keiner loslassen.«
Ein kollektives Lachen ertönt und wieder werfe ich Rey einen kurzen Blick zu. Zum ersten Mal an diesem Abend zucken seine Mundwinkel nach oben. Wahrscheinlich ist er gespannt, wie die Muschelgeschichte ausgeht – genau wie ich – denn wenn ich ehrlich bin, habe ich keinen blassen Schimmer.
»Also standen wir da – im Feiertagsgewusel, inmitten hunderter Kunden. Wir haben uns nichts geschenkt. Innerlich habe ich gekocht. Was wollte dieser Typ?«
Wieder ein Lachen. Jenkins beugt sich gespannt nach vorn.
»Rey hat mich genauso angesehen wie jetzt gerade.« Ich deute mit dem Daumen auf ihn. In seinem Blick liegt ein Funkeln. Die anderen am Tisch könnten es als Verliebtheit deuten, aber ich weiß, dass ich mich auf sehr dünnem Eis bewege. »Das hat mich noch rasender gemacht. Sozusagen unser erster Streit. Nicht wahr, Darling?«, frage ich.
Rey schüttelt belustigt den Kopf.
»Wer hat gewonnen?« Tyler blickt mich an, als würde ich gerade den siebten Teil der Indiana Jones Reihe erzählen.
»Nun«, antworte ich. »Sie wissen ja, was für ein hervorragender Verhandler Rey ist.« Sanft drücke ich seine Hand. »Ich bin mir nicht mehr sicher, wie genau er mich überzeugen konnte, aber als das Feuerwerk am Unabhängigkeitstag den Himmel erleuchtete, saß ich an seinem Küchentisch und habe die beste Muschel-Pasta meines Lebens gegessen.«
»Gut gemacht, Hunt.« Jenkins prostet uns zu und Tylers Lächeln breitet sich von einem Segelohr zum anderen aus. Rey zuckt nur mit den Schultern und zieht wie in Zeitlupe seine Hand unter meiner hervor. Ich kann seinen Blick nicht genau deuten, aber wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass ich in Schwierigkeiten stecke.
Danach plätschert der Abend weiter vor sich hin. Rey schweigt, während die Partner ihm immer wieder Spitzen geben. Von Ava weiß ich zwar, dass er schon länger versucht, Partner bei Jenkins & Cowen zu werden, doch je länger ich hier sitze und mir den Tanz der aufgeblasenen Affen ansehe, umso weniger habe ich das Gefühl, dass Rey dazu passen würde. Er wirkt nicht … glücklich. Eher das Gegenteil.
»Kommen Sie noch mit an die Bar, Adam?«, fragt Tyler. Die Zigarrenstunde wurde eingeläutet. Ein geschlechterdiskriminierendes Ritual, das nur noch von weißen Männern über fünfzig als zeitgemäß empfunden wird. Denn es ist ausschließlich den Herren der Schöpfung vorbehalten, an ihren rauchenden braunen Phallussymbolen herumzunuckeln und dabei über sich und die Probleme der Welt zu schwadronieren.
Lieber jage ich mir einen Nagel ins Knie.
»Ich stoße später dazu«, antworte ich mit einem breiten Lächeln. »Halten Sie mir einen Platz frei.«
Der Rest des Tisches erhebt sich. Nachdem sie außer Hörweite sind, drehe ich mich zu Rey. Niemand hat ihn gefragt, ob er mit zur Bar kommen will. Doch es scheint ihm nicht das Geringste auszumachen. Er starrt mich einfach nur an, mit diesem Blick, den ich nicht deuten kann. Dann breitet sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Es verwandelt sich in ein Lachen und Rey klatscht in die Hände. »Chapeau«, sagt er. »Tolle Geschichte, Sweetheart.«
Geht’s noch lauter? Ich blicke mich nervös um, doch Jenkins und die anderen stehen vor dem großen Panoramafenster mit dem Rücken zu uns.
»Ich bin übrigens allergisch gegen Schalentiere.« Rey grinst mich übertrieben an. Dann wirft einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr, die wahrscheinlich weniger gekostet hat als die Batterie von der seines Chefs. »Komm!« Sein Blick ist immer noch schwer zu deuten. Eine Mischung aus genervt und wütend.
Ich folge ihm quer durch den Saal. Entweder wirft er mich jetzt raus oder wir haben Wut-Sex auf der Herrentoilette. Ein anderes Szenario kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Denn er weiß längst, dass ich einer von Avas Jungs bin und er wirkt nicht gerade begeistert davon. Gegen das Toiletten-Szenario hätte ich nicht mal etwas einzuwenden. Rey sieht besser aus, als Ava ihn mir beschrieben hat. Statt des Philip-Seymour-Hoffman-Verschnitts, den sich meine Vorstellungskraft zusammengepuzzelt hatte, ist er eine ziemlich heiße Version von David Duchovny. Ich wurde von Californication aufgeklärt und kann nicht leugnen, im Laufe des Abends die eine oder andere Fantasie gehabt zu haben, wie das Ganze heute enden könnte.
Rey läuft weder zum Ausgang noch zu den Toiletten. Er steuert die Bar in der Nähe des Dessertbuffets an. Kurz flüstert er einer Kellnerin etwas ins Ohr, bevor er am Buffet verschiedene Teilchen in eine Serviette wickelt.
Immer wieder huscht mein Blick zu Jenkins und Grant. Sehen sie uns? Haben sie etwas bemerkt? Doch sie fühlen sich viel zu wohl in ihrer Wolke aus blauem Dunst und Selbstgefälligkeit. Keiner von ihnen sieht, wie die Kellnerin Rey zwei Flaschen Bier in die Hand drückt. Er wirft mir einen kurzen Blick zu und geht in Richtung der Ausgänge. Wieder folge ich ihm. Am Aufzug drückt er den Knopf nach oben. Nach oben? Ich sehe ihn von der Seite an. Sein Blick klebt förmlich an der Anzeige, die von 25 langsam hochzählt.
»Rey, ich …«, fange ich an.
Er schüttelt den Kopf. »Nicht hier.«
Als sich der Aufzug öffnet, gehen wir beide hinein. Er drückt den Knopf für das Dach. Sein Ernst? Das funktioniert niemals. Um auf die Aussichtsplattform zu gelangen, braucht man eine Spezialkarte oder einen goldenen Schlüssel. Zu meiner Überraschung schließen die Türen und der Aufzug setzt sich in Bewegung.
Mein Puls hämmert. Wie cool ist das denn? Ich werde ganz oben auf dem Rockefeller Center stehen. Oder davon hinunterstürzen. Reys Killer-Blick kommt mir wieder in den Sinn. Wie sauer ist er, dass ich hier einfach aufgekreuzt bin?
»Was wollen wir da oben?«, frage ich.
Rey zeigt keine Reaktion.
»Rey … Ava weiß, dass ich heute hier bin, also …«
Mit einem Ping öffnen sich die Aufzugtüren und augenblicklich bleiben mir die Worte, die ich gerade noch sagen wollte, im Hals stecken. Das Lichtermeer, das sich vor uns auftut, raubt mir buchstäblich den Atem. Ich trete hinaus auf die Plattform und laufe zum Glasgeländer. Manhattan bei Nacht ist immer der Hammer, aber in der Weihnachtszeit sieht es von hier oben aus, als hätten sich Elfen eine völlig unrealistische Kitschwelt gebaut. Alles funkelt und glitzert und die bunten Lichter, die sich in den Fensterscheiben der Stahlbetonkolosse spiegeln, lassen die Straßen wie eine fröhliche Parade wirken.
»Das ist …« Ich starre mit offenem Mund auf die Stadt hinunter. »Das ist …« Mir fehlen die Worte.
»Das ist Folter«, sagt Rey.
Ich drehe mich um und sehe, wie er mit dem Daumen unter den Knoten seiner Krawatte fährt. Er lockert sie, bis sie nur noch lose um seinen Hals hängt.
»Diese Dinger haben null Funktion. Sadistisches Teufelszeug«, murmelt er. Die Bierflaschen hat er auf einen Mauervorsprung gestellt. Er lehnt sich gegen die Wand neben dem Geländer und packt Kuchen aus der Serviette aus. »Ich brauchte nach diesem ganzen Horsd’œuvre-Müll etwas Richtiges«, erklärt er, ohne dass ich gefragt habe. »Mag ja sein, dass der Champagner extra aus irgendeinem Kacknest in Frankreich eingeflogen wurde, aber mir schmeckt die Reiche-Leute-Limo trotzdem nicht.« Er greift die zwei Bierflaschen am Hals und hält sie mir entgegen. »Auch eins?«
Etwas perplex nehme ich die Flasche. Ich hatte mit so ziemlich allem gerechnet, aber nicht mit einem Picknick auf dem Dach des Rockefeller Centers.
»Seht ihr eigentlich alle so aus?« Rey deutet an mir auf und ab. »Da würde ich auch gern mal auf eurer Weihnachtsfeier reinplatzen.«
Ich schmunzle, denn obwohl er alles dafür tut, cool zu wirken, merkt man, dass ihn die ganze Situation überfordert.
»Was schulde ich dir eigentlich für die Ego-Massage da unten?«, fragt Rey und nimmt einen Schluck.
»Nichts«, antworte ich. »Ava hat mich schon bezahlt.«
Er nickt. »Und was schulde ich Ava?«
»Soweit ich sie verstanden habe, ist das hier ein Gefallen.«
Er mustert mich und nimmt einen weiteren Schluck.
»Ein teurer Gefallen«, sage ich. »Du musst ihr wichtig sein.«
