Hype - Felix Zeltner - E-Book

Hype E-Book

Felix Zeltner

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Beschreibung

Für die Technologie-Wirtschaft sind Hypes unverzichtbar: simple Narrative kündigen Umwälzungen biblischen Ausmaßes an und bieten gleich die passende technische Lösung dazu. Ob Internet der Dinge, Krypto, Metaverse, Künstliche Intelligenz oder Quantencomputing: Solche Hypes machen viele Menschen zu Milliardären und räumen anderen das Konto leer. Mit jeder Million Dollar, die in dieses Versprechen fließt, gibt es mehr Menschen, die daran interessiert sind. Ein erster Schritt wäre, anzuerkennen, dass es diese Wellen von übersteigerten Trends gibt und dass die Wahrheit womöglich ganz anders aussieht. Ist das Versprechen wirklich technisch umsetzbar? Fachleute dafür gibt es – es sind allerdings nicht die Leute, die am lautesten schreien. Dieses Buch tut genau das – die Informationen derjenigen Menschen einholen, die wirklich einen Einblick in das Entstehen und Widerstehen von Technology-Hypes haben. Es stellt deren wirtschaftliche Folgen dar und macht die Leser resilient gegen den nächsten Hype.

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Seitenzahl: 92

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Felix Zeltner • Christina Horsten

Hype

Der geheime Motor hinter der technischen Revolution

 

 

 

Über dieses Buch

Für die Technologie-Wirtschaft sind Hypes unverzichtbar: Simple Narrative kündigen Umwälzungen biblischen Ausmaßes an und bieten gleich die passende technische Lösung dazu. Ob Internet der Dinge, Krypto, Metaverse, künstliche Intelligenz oder Quantencomputing: Solche Hypes machen viele Menschen zu Milliardären und räumen anderen das Konto leer. Mit jeder Million Dollar, die in dieses Versprechen fließt, gibt es mehr Menschen, die daran interessiert sind.

Ein erster Schritt wäre anzuerkennen, dass es diese Wellen von übersteigerten Trends gibt und dass die Wahrheit womöglich ganz anders aussieht. Ist das Versprechen wirklich technisch umsetzbar? Fachleute dafür gibt es – es sind allerdings nicht die Leute, die am lautesten schreien.

Dieses Buch tut genau das – die Informationen derjenigen Menschen einholen, die wirklich einen Einblick in das Entstehen und Widerstehen von Technology-Hypes haben. Es stellt deren wirtschaftliche Folgen dar und macht die Leser resilient gegen den nächsten Hype.

Vita

Christina Horsten ist New-York-Korrespondentin der Deutschen Presse-Agentur dpa. Sie wuchs in Bonn, Prag und in Berlin auf, wo sie an der Freien Universität promovierte. Für die dpa kehrte sie 2012 zurück in ihre Geburtsstadt New York und lebt dort heute mit Felix und ihren drei gemeinsamen Kindern.

 

Felix Zeltner ist Journalist und Gründer der Medienfirma Remote Daily. Er stammt aus Nürnberg und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Für seine Arbeit als Journalist (Arte, ARD, Der Spiegel) wurde er mehrfach ausgezeichnet. Gemeinsam mit Christina schrieb er den Bestseller «Stadtnomaden».

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Dezember 2024

Copyright © 2024 by brand eins Verlag Verwaltungs GmbH, Hamburg

Lektorat Gabriele Fischer, Holger Volland

Faktencheck Victoria Strathon

Projektmanagement Hendrik Hellige

Die Nutzung unserer Werke für Text- und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG behalten wir uns explizit vor.

Covergestaltung Mike Meiré / Meiré und Meiré

ISBN 978-3-644-02212-6

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

 

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Hinweise des Verlags

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Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

 

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Dieses eBook entspricht den Vorgaben des W3C-Standards EPUB Accessibility 1.1 (neueste Version des Barrierefreiheitsstandards für EPUB) und den darin enthaltenen Regeln von WCAG, Level AA (hohes Niveau an Barrierefreiheit). Die Publikation ist durch Features wie Table of Contents (Inhaltsverzeichnis), Navigationspunkte und semantische Content-Struktur zugänglich aufgebaut.

 

 

www.rowohlt.de

1.Blut, Raketen und 3-D

Felix

Juli 2017, Omni Shoreham Hotel, Washington, D.C., Forschungskonferenz zu Themen rund um die Internationale Raumstation ISS. Um mich herum sitzen Hunderte Wissenschaftler, NASA-Mitarbeiter, Astronauten und Astronautinnen an runden Tischen. Meine Sitznachbarin steht auf und tritt ans Mikrofon. Sie blickt zur Bühne, wo Elon Musk sitzt und gegen das Scheinwerferlicht anblinzelt.

Ihr Name sei Tracy Luckow, sagt sie, und sie habe überhaupt keine Ahnung vom Weltraum. «Ich bin die coole, leicht überengagierte Mutter meiner 10-jährigen Tochter Harper und meines 14-jährigen Sohns Ben.» Ein Raunen geht durch den Saal.

Bislang ging es hier um Raketenantriebe, Module und Labortests im All. Dass Elon Musk hier ist, hat vor allem einen Grund, den sein Outfit – anthrazitfarbener Anzug, fein gemusterte graue Krawatte, gestärktes weißes Hemd, handgenähte Lederschuhe – noch unterstreicht: Die NASA ist ein wichtiger Kunde, die Verträge mit Musks Raketenfirma SpaceX sind milliardenschwer.

«Für meine Kinder», sagt Tracy Luckow ins Mikrofon, «sind Sie das, was Madonna in dem Alter für mich war.» Das Raunen wird zum Johlen, die Weltraum-Community applaudiert. Musk dreht den Kopf weg vom Publikum, verbirgt ein Schmunzeln. «Ganz schön hohes Lob», murmelt er. «Sie sollten mich mal tanzen sehen.» Luckow lässt sich nicht beirren. Sie ist mit ihren Kindern aus New York angereist, hat Schilder gebastelt: «I think I need some SPACE» und «Can’t we all just get Elon-g?» steht darauf. Und sie hat eine Frage: «Was ist Ihr Rat an meine Kinder?»

Musk richtet sich auf. «Ich würde empfehlen, Physik, Ingenieurwissenschaften oder Biowissenschaften zu studieren», sagt er in seinem leicht stockenden, gedämpften Tonfall. «Geben Sie Ihren Kindern eine Menge Probleme zu lösen.» Tracy Luckow nickt. «Bauen und Probleme lösen, darum geht’s auf dem Weg zum Mars.»

Luckow geht zurück an ihren Platz und strahlt. «Er weckt Neugier in meinen Kindern, und er steht dafür, das Unmögliche zu schaffen», sagt sie. Unser Tischnachbar, ein pensionierter japanischer Astronaut, nickt zustimmend. Elon – alle hier nennen ihn nur beim Vornamen – ist das Highlight unter den Rednern, die sonst vor allem mit Behördensprech und bunt gemusterten Socken auffallen. Ein Quereinsteiger, ein Staubaufwirbler, ein Prophet des neuen Jahrtausends. Einer, der Bilder in den Kopf setzt. «Wenn ihr mal so richtig Dampf machen wollt, dann sagt, dass ihr eine Basis auf dem Mond baut und von dort den Mars besiedelt», rät er der NASA. Das sei doch Wahnsinn, wirft ein Fragesteller ein, schließlich dauere die Reise zum Mars drei Jahre. Musk schiebt den Unterkiefer nach vorn. «Drei Jahre? Das geht schneller.»

Wie das denn mit den selbstfahrenden Autos laufe, will ein anderer wissen. «Ende 2017 wird ein selbstfahrendes Auto quer durch die USA fahren, vom Santa Monica Pier in Los Angeles bis auf einen Parkplatz in Brooklyn», kündigt Musk an. Wieder geht ein Raunen durch den Raum. Es ist seine beste Eigenschaft: ankündigen, was unmöglich scheint. Andere dafür begeistern. Und es dann mit viel Hilfe und viel Geld irgendwie vielleicht doch schaffen. Als ich an diesem Tag selbst erlebe, was Musk in Menschen auslöst, verfalle ich dem Zustand, den er so gut beherrscht wie kaum ein Zweiter: Hype.

In unserer digitalen Aufmerksamkeitsökonomie kommt Hype heute meist als Musk-haftes Versprechen daher: ein simples Narrativ, das Umwälzungen biblischen Ausmaßes ankündigt – mit der passenden Lösung dazu. Meine unmittelbare Reaktion ist häufig: Ich höre erst mal weg, aber nicht lange. Neugier und FOMO siegen. Ich will es nicht verpassen. Ich will Teil von diesem großen neuen Etwas sein. Ich will mich den Pionieren anschließen, vielleicht ein Risiko eingehen, aber Nutzen ziehen.

Ich verlasse aufgeregt das Hotel, verschlinge seine Biografie, kopfschüttele mich durch seine Tweets, schreibe einen Artikel über den Thomas Edison unserer Tage. Elektrisiert zeichne ich nach, wie große Ideen – jemandem Geld per E-Mail schicken; einen vollelektrischen Sportwagen fahren; mit einer wiederverwendbaren Rakete in den Weltraum fliegen – als Unfug verspottet werden und dann unter Musk zu PayPal, Tesla oder SpaceX heranwachsen.

Google Trends zeigt, dass Elon Musk von 2017 an immer häufiger im deutschsprachigen Internet gesucht wird, parallel zur Berichterstattung. Die Schlagzeilen über ihn bleiben über die Jahre hinweg süffisant bis naserümpfend, aber feuern das Interesse an:

«Von keinem anderen Wettbewerber sind Deutschlands Autobosse so genervt wie von Elon Musk» (Manager Magazin, 2017)

 

«Elon Musk ist für seine Verrücktheit bekannt» (Zeit Online, 2020)

 

«Musk darf machen, was er will» (SZ.de, 2024)

Am 18. Juni 2024, dem Internationalen Tag gegen Hatespeech, deaktivieren 47 deutsche Organisationen, darunter Vereine und Verbände wie Ärzte der Welt, Bioland, Fairtrade Deutschland und Terre des Hommes, ihre Konten auf X, vormals Twitter, inzwischen im Besitz von Musk, dank Tesla reichster Aktieninhaber der Welt. Es ist der Versuch, sich loszusagen vom Hype. Einen Menschen, von dem es kaum mehr ein Entkommen gibt, mit weniger Aufmerksamkeit zu bestrafen. Es ist auch der Versuch, so zu tun, als sei man nicht Teil der Welle.

Mein Beruf als selbstständiger Journalist und Unternehmer hat mich immer wieder in die Nähe von Hype gebracht: 2013 schaue ich staunend zu, wie MakerBot-CEO Bre Pettis seine würfelförmigen 3-D-Drucker in einem kleinen Laden in Brooklyn vorführt und meinen Kopf als rote Miniatur ausdruckt. Ich denke, dass so ein Druckerwürfel bald in jedem Haushalt stehen wird. 2015 lasse ich mir in einem nagelneuen Theranos-Labor in Pennsylvania zwei winzige Tropfen Blut abnehmen, die in einen anderthalb Zentimeter langen, doppelzylindrigen «Nanotainer» fließen, und schreibe darüber, wie Elizabeth Holmes die Blutindustrie revolutionieren will und dabei Selfmade-Milliardärin wird. 2023 sehe ich in einem Ballsaal der «South by Southwest»-Konferenz im texanischen Austin, wie OpenAI-Mitgründer Greg Brockman den Einfluss künstlicher Intelligenz auf kreative Arbeit erklärt, und staune über seine Vorhersage, dass wir uns alle bald selbst mit ein paar Prompts in unsere Lieblings-Hollywoodfilme einbauen können. Als ich danach einen Kollegen frage, ob ihn der Talk beeindruckt hat, sagt der: «Hast du gesehen, wie der Typ seine Finger geknetet hat? Der war ganz schön nervös.» Na und, denke ich, wäre ich auch vor Tausenden von Leuten.

Wenig später kündigt Brockman. Auch Pettis hat MakerBot längst verlassen. Ich kenne niemanden, der einen 3-D-Drucker zu Hause stehen hat, und mein rot ausgedruckter Miniaturkopf liegt inzwischen in der Spielzeugkiste unserer Kinder. Holmes sitzt im Gefängnis, nachdem klar geworden ist, dass ihre Bluttests nie wirklich funktioniert haben. Bin ich zu begeisterungsfähig? Bin ich ein leichtes Opfer von Hype?

2.Papier, Klapphandy und eine Audienz beim Hype-Papst

Christina

Bis 2012 hing ich an einem alten, silbernen Klapphandy mit einer knubbeligen Antenne. Nur telefonieren und SMS schreiben konnte ich damit, mit dem Internet ließ es sich nicht verbinden. Dafür machte es immer so ein schönes «Klack!»-Geräusch, wenn ich es zum Auflegen wieder zusammenklappte. Als es kaputtging, kaufte ich mir online das gleiche Modell noch mal – gebraucht, denn neu gab es das schon gar nicht mehr.

Aber dann zogen Felix und ich 2012 nach New York, meine Geburtsstadt, in die mich nach dem Aufwachsen in Europa ein Job als Korrespondentin für die Deutsche Presse-Agentur nun wieder zurückbrachte. Fünf Jahre war es da schon her, dass Steve Jobs auf der Bühne in San Francisco ein schwarzes Rechteck aus seiner Hosentasche geholt und die Welt in Staunen versetzt hatte, rund 250 Millionen iPhones waren weltweit bereits in Betrieb.

Ich war nun als Journalistin ständig unterwegs – und meine Kolleginnen und Kollegen führten mir täglich vor Augen, warum ich ein mobiles Upgrade brauchte, von Google Maps über WhatsApp und E-Mails bis hin zu Push Notifications. Schließlich akzeptierte ich ein iPhone als Diensthandy, eher grummelnd als begeistert. Meine Kopfhörer haben bis heute Kabel, mein aktuelles Telefon erkennt weder meinen Fingerabdruck noch mein Gesicht, und zum Bezahlen benutze ich es auch nicht.

Ich bin ein absoluter Late Adopter und Anti-Hyper, das Gegenteil von Felix. Meine Bücher lese ich immer noch am liebsten auf Papier, und auch die New York Times kommt jeden Tag auf die Treppen des Sandsteinhauses auf der Upper West Side, in dem unsere Wohnung liegt. Außer mir haben im ganzen Haus nur noch die zwei älteren Damen in der Wohnung gegenüber die Papierzeitung abonniert – und die auch nur die Wochenendausgabe.