I love Rock´n Roll - Peter Kraus - E-Book

I love Rock´n Roll E-Book

Peter Kraus

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Beschreibung

50 Jahre Rock`n`Roll und sein persönliches 50-jähriges Bühnenjubiläum - dies ist für Peter Kraus Anlass, in zahlreichen Interviews mit Edition-Mensch-Herausgeber Erich Lejeune einen Rückblick auf sein Leben zu geben: Von der ersten Liebe, der ersten Autogrammkarte mit 13 Jahren, den ersten männlichen BRAVO Starschnitt bis hin zu seinen Zukunftsplänen zum 70. Geburtstag. Amüsant und spannend zugleich erzählt der smarte Star über sein Leben als international bekannter Musiker, Schauspieler, Entertainer und Produzent und verrät sein Geheimnis, erfolgreich, glücklich und zufrieden zu sein und vor allem - jung zu bleiben.

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Peter Kraus

I loveRock ’n’ Roll

Keine Zeitzum alt werden

Peter Kraus

I loveRock ’n’ Roll

Keine Zeitzum alt werden

Peter Krausim Gespräch mit Erich Lejeune

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

© 2007 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlaggestaltung: Eberhard Wolf, Süddeutsche Zeitung

Umschlagfoto: Alexander Sell

Autorenfoto Umschlagrückseite: Edition Lejeune

Satz: M. Zech, Redline GmbH

Druck: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Printed in Germany

ISBN Print 978-3-86882-458-2

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86415-492-8ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86415-881-0

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unterwww.muenchner-verlagsgruppe.de

eBook by ePubMATIC.com

Ich danke Erich Lejeune, der mich endlose Tage und Nächte lang interviewt – ja, in intensive Gespräche verwickelt und mich motiviert hat, mein ganzes Leben zurückschauend noch einmal zu reflektieren. Ich danke ihm besonders dafür, dass er die Quintessenz dieser Gespräche in einem sehr ehrlichen Buch zusammengefasst hat.

Ich widme unser Buch den Heroen des Rock ’n’ Roll – Künstlern wie Chuck Berry, Little Richard, Buddy Holly, Jerry Lee Lewis. Und natürlich dem „Erfinder des Rock ’n’ Roll“ Bill Haley und meinen Freunden, den Comets. Und vor allem widme ich es dem Mann, der mit vollem Recht den Titel des „King of Rock ’n’ Roll“ trägt – dem einmaligen und unvergessenen

Elvis Presley

Peter Kraus

INHALTSVERZEICHNIS

Hommage an Peter Krausvon Erich Lejeune

Tutti Frutti

Wenn die Conny mit dem Peter

Rock ’n’ Roll als Spitzensport

Abends nach Fünf in der „Rumba-Bar“

Sugar Baby – nur gegen Vorbestellung!

Ein Gebrauchtwagen als Musikbox

Kulturschock vom Plattenteller

„Bravo-Starschnitt“ – Peter Kraus als Tauschobjekt

Rock ’n’ Roll – Lebensgefühl einer aufregenden Zeit

Zeitsprung-Salto rückwärts – Rock ’n’ Roll als Zeitmaschine

Rock ’n’ Roll und Liebe – die Anti-Aging-Mittel der besonderen Art

Ein Rockstar als Vorbild – ist das möglich?

Jung im Herzen

Peter Kraus und das Wunder der Motivation

Begegnungen

Der Vollblutkünstler

Vom Kinderstar zum Entertainer

Heute singt er nur für uns!

Rock ’n’ Roll forever!

Mr. Rock ’n’ Roll

Die Bühne ist sein Leben!

Der Rock ’n’ Roll betritt die Bühne

Wie ich zur amerikanischen Musik kam

Rawabzibab, Rawabzibab … Wien, Wien, nur du allein

Das Fliegende Klassenzimmer

Mein Leben als Star beginnt – mit einem Rückschlag

Casting exklusiv

Opas Geige

Flohwalzer

Mr. Sandman, give me a dream

Nicht nur wollen, sondern tun!

Du schaffst, was du willst!

Lass doch den Gitarren-Heini!

A merican F orces N etwork

Der deutsche Elvis lebt!

Paul Anka, „Diana“ u. a.

Im Sprungtuch der Presse

Peter Kraus – von „Frankreisch“ bis Memphis

Original oder Abklatsch

Wie der Rock ’n’ Roll nach Deutschland kam

Eine ver-rückte Familie

Rock ’n’ Roll unter den Brücken

Freddie mit dem Jazzbesen

Ein Rückruf, der nie kam

Klarinetten-Hugo

You gotta dance, to be alive!

Lampenfieber

Rock ’n’ Roll stürmt die Bühne

What a difference …!

Hugos echt bayerische Motivation

Das Ende der Anonymität

Zugabe, Zugabe, Zugabe!

Glückshormon Rock ’n’ Roll

Hohn und Spott für „Rock a beatin’ Boogie“

Rock ’n’ Roll – mehr als nur ein Hüftschwung

Der „Apothekerschrank“ wird gefüllt

Die Peter-Kraus-Fans von heute

Sugar Baby in Zürich

Ami, go home?

Die Kleinen Vier

Fifty Years of Rock ’n’ Roll

Siebenundsechzig und kein bisschen leise

Gala mit Gewichtsproblemen

Fitnessprogramm für „Oldtimer“

Schlank sein beginnt im Kopf

Mein persönliches Fitnessprogramm

Von Butterfly bis Gran Turismo

Stunts ohne Double und die Erfindung des Peter-Kraus-Limbo

Der Limbo der Versöhnung

Was ich meinen Fans schuldig bin

A Rolling Stone gathers no moss!

Signale an das Publikum

Mein Leben als Idol

Die Geburt eines Sterns

Schon als Kind ein Star

Leben auf einem anderen Planeten

„Der nette Junge von nebenan“

Überflieger

Erwachsene Lausbuben

Pension Medenwald

Nischt jeloofen, wa?

Ob die Conny mit dem Peter …?

Nach 50 Jahren kommt es an den Tag!

Neue Maßstäbe im Starkult

Inszenierte Skandale

Von Promis, Kakerlaken und langjährigen Freundschaften

Stille Nacht, heilige Nacht

Vom „Lonely Boy“ zum Autofreak

„Rennsemmel“ mit sechzehn

Muss ein Idol immer Vorbild sein?

Vermummt und doch erkannt

Leben am Limit der eigenen Erwartung

Im ‚Weißen Rauchfangkehrer‘

Die Masche der Schlagerstars

Rock Around the Clock

Tourneen 50 plus

Star oder nicht Star – das ist hier die Frage

Todesangst im Mövenpick

Abseits der Fan-Meile

Mit Diplomatie und Wiener Charme

Kompromiss oder Ehrlichkeit?

Brüderlein und Schwesterlein

Lebensinhalt Lernen

Der Beginn des Unausweichlichen

Kunstfehler

Abschied vom Leben, Abschied vom Selbst

Geburt und Tod – im selben Haus

Wenn die Bestimmung sich erfüllt

Wenn nur noch der Glaube hilft

Leben mit einem Menschen, der fehlt

Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit

Ein Vogel, der uns glücklich macht?

Trost der Erinnerung

Oldtimer

Flucht in die Werkstatt

Das Kind im Mann

Ferngesteuert aufgelaufen

Goggomobil oder Thunderball

Basteln oder Fahren?

Begegnungen mit meinem Idol

Tessin oder Bühne auf den Weltmeeren?

Einverständnis

Verstehen Sie Spaß?

Kaktusblüten

Die Kaktusblüte öffnet sich!

Jedesmal

Miky

Mike – leben zwischen Film und Musik

Eltern – Vorbild oder Konkurrenz

I love Rock ’n’ Roll

Zurück zu den Anfängen

Epilog

Peter Kraus – Mein selbstverfasster Lebenslauf

Discografie

Filmografie 1954 – 2002

Bildverweis

HOMMAGE AN PETER KRAUS

von Erich Lejeune

Peter Kraus – was für ein gigantischer Name in der Geschichte des Rock ’n’ Roll und der Schlagermusik. Als Peter Kraus mit siebzehn Jahren im November 1956 unter dem frenetischen Jubel begeisterter Jugendlicher von der Bühne des Kongresssaales im Deutschen Museum in München steigt, ist der erste Mega-Superstar der deutschen Nachkriegsgeschichte geboren!

Was war geschehen? – Peter Kraus hatte bei diesem legendären ersten Auftritt nur drei Songs vorgetragen – „My Blue Suede Shoes“, „Heartbreak Hotel“ und „Rock a beatin’ Boogie“. Die musste er unter nicht enden wollendem, tobendem Beifall mehrfach wiederholen. Am darauf folgenden Tag stand in der Münchner Abendzeitung, die diese erste „Teenagerparty Deutschlands“ veranstaltet hatte, in großen Lettern zu lesen:

„Münchens Rock-’n’-Roll-Idolheißt seit gestern Peter Kraus!“

Dann folgte ein visionärer Blick in die Zukunft, versetzt mit der berufstypischen, journalistischen Skepsis: „Mal sehen, ob Peter Kraus ein deutscher Elvis Presley wird!“

Ist dieser Beginn einer sensationellen Karriere nicht unglaublich? Da steht ein Siebzehnjähriger zum ersten Mal als Sänger auf einer Bühne, singt drei amerikanische Rock ’n’ Roll-Songs und bringt damit nicht nur einen riesigen Saal voller junger Menschen zur Ekstase, sondern wird augenblicklich verglichen mit dem Idol, der Ikone und Identifikationsfigur der gesamten amerikanischen Jugend, ja einer ganzen Generation weltweit – mit „The King of Rock ’n’ Roll“, mit Mr. Elvis Presley!

Peter Kraus 1956

Tutti Frutti

Leonard Bernstein, der große Dirigent und Komponist erklärte Ende der 90er Jahre – sehr zur mehr als skeptischen Verwunderung vieler angesehener Kulturkritiker – Elvis Presley „zur größten kulturellen Kraft des 20. Jahrhunderts“. Und ich füge voller Überzeugung hinzu: „Peter Kraus war sein deutsches Pendant!“ Wir als Jugendliche vergötterten beide! Elvis und Peter! Mit einem Unterschied – Peter Kraus war unser Idol und für uns zum Greifen nahe.

Dieser Jubel, diese Faszination, diese Begeisterung, diese ungeheure Zuneigung „zu einem von uns“ steigerte sich ins Unermessliche, als im Januar 1957 Peters erste Single „Tutti Frutti“ – damals noch auf Schellack – herauskam. Mit einem Schlag war Peter Kraus weit über die Grenzen Münchens, ja über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt und wurde zum populärsten deutschsprachigen Rocksänger und zum größten Teenageridol dieser „Roaring Fifties and Sixties“.

Die Zuneigung, vor allem der Mädchen, zu Peter, dem Jungen mit dem ungemein sympathischen Lächeln, kannte keine Grenzen mehr als 1959 ein weiterer sehr erfolgreicher Film herauskam – mit dem bezeichnenden Titel „Alle lieben Peter“. Wir alle, eine ganze Teenagergeneration, liebten Peter und wollten so sein wie er. Abertausende junger Menschen fingen an Gitarre zu lernen. Die Instrumentenbauer hatten Hochkonjunktur. Auch ich begann in dieser Zeit Gitarre zu spielen – nachdem meine Großmutter mir meinen großen Herzenswunsch erfüllt und mir eine Gitarre gekauft hatte. – Wie so viele Gleichaltrige lernte auch ich die Griffe nach Vorlage – ohne Lehrer – und war wirklich happy, als es mir zum ersten Mal gelang, mit ein paar Akkorden im „Backbeat zu rocken“.

1958 – Die James Brothers – Peter Kraus und Jörg Maria Berg.

Dabei übte ich vor dem Spiegel den Hüftschwung und den Limbo, den Peter Kraus als ausdruckstänzerische Untermalung für die Höhepunkte seiner Rock-’n’-Roll-Songs erfunden hatte und bis heute so meisterhaft beherrscht. Peter war mein Idol. Rockbands schossen wie Pilze aus dem Boden. Klar, dass alle davon träumten, einmal so berühmt zu werden wie Peter Kraus. Tja, wenn Teenager träumen …

Wenn die Conny mit dem Peter

Als der „nette Junge von nebenan“ trat Peter Kraus mit dem weiblichen Teenageridol Nr. 1 Conny Froboess in zwei legendären Schlagerfilmen auf – 1958 in „Wenn die Conny mit dem Peter“ und 1960 in „Conny und Peter machen Musik“. Beide avancierten bei Deutschlands Teenagern zu den meistgeliebten und bewunderten Leinwandstars der späten Fünfziger – nur singen durfte das „jugendliche Traumpaar“ nicht gemeinsam. Das verhinderten ihre jeweiligen Verträge mit zwei verschiedenen Plattenfirmen, die mit Argusaugen über die penibel genaue Einhaltung jedes einzelnen Paragrafen wachten. Trotzdem gewannen die beiden unwahrscheinlich gut aussehenden Jungstars mit diesen Filmen treue Fans quer durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten.

Peters außergewöhnliche Musikalität, sein großartiges Gefühl für Rhythmus und sein jungenhafter Charme sprangen unmittelbar auf sein Publikum über und rissen es zu Begeisterungsstürmen hin. Zugegeben – wer sich diese Filme heute ansieht – fast 50 Jahre nachdem sie alle Zuschauerrekorde brachen – mag über die brave, gelegentlich vorhersehbare Handlung und den Witz ihrer Dialoge lächeln. Das haben sie mit Filmen wie „Blue Hawaii“, „Black Leather Jacket“, „Café Europa“ oder „Sommer in Florida“ durchaus gemeinsam. Auch diese Filme schauen sich Rock-’n’-Roll-Fans heute nur noch wegen der Elvis-Presley-Songs an, um die sie herumgebaut wurden. Eines steht jedoch fest – die Gesangs- und Tanznummern von Peter Kraus sind in ihrer Musikalität absolut überzeugend und bis heute sehenswert. In der mitreißend umgesetzten Choreografie der Schlussszene von „Alle lieben Peter“ ist Peter Kraus unerreicht.

Diese Tanzpassage ist von einer unglaublichen Faszination – bis heute! Was für eine Stimme, was für eine ausdrucksstarke Körpersprache und was für ein mitreißender Rhythmus in diesen akrobatischen Tanz- und Schlagernummern!

Rock ’n’ Roll als Spitzensport

Seinen Tanzeinlagen sieht man auf einen Blick an, dass Peter Kraus nicht nur den Rock ’n’ Roll liebte, Elvis Presley verehrte und sportlich für Höchstleistungen durchtrainiert war. Seine Idole neben „Elvis the Pelvis“ waren: Fred Astaire, dessen Eleganz und gazellenartige Bewegungen ihn zum größten Tänzer aller Zeiten machen; Gene Kelly, der mit Klassikern wie „Ein Amerikaner in Paris“, „Singin’ in The Rain“ und „Einladung zum Tanz“ das Filmmusical bzw. den Tanzfilm revolutioniert hatte; dazu der unvergleichliche Schauspieler und Tänzer Donald O’Connor, der ebenfalls in „Singin’ in The Rain“ brillierte und in Robin Williams’ Film „Toys“ seinen letzten Auftritt hatte.

Rock ’n’ Roll als Spitzensport.

Peter Kraus wäre nicht der Peter Kraus, den wir alle als absoluten „Vollblutprofi“ kennen, wenn er es bei dieser Bewunderung belassen hätte. Einer seiner Lebensgrundsätze lautet: „Du musst nicht nur wollen, sondern tun!“ Peter nahm Tanzunterricht, lernte Steppen und legte bei seinen Konzertauftritten und in seinen Filmen rasante Schrittkombinationen hin – nicht zu vergessen seinen berühmten „Limbo“, bei dem er mit dem Rücken fast bis zum Boden ging und dabei weiter Rock-Rhythmen in die Klaviertasten hämmerte. Diese olympiareife Leistung konnte wirklich von keinem anderen Rock-’n’-Roll-Sänger kopiert werden – es sei denn, dieser hätte alle die Sportarten mit Ausdauer trainiert, die für Peter Kraus das ganz normale Ausgleichsprogramm zu seinen Film- und Plattenaufnahmen darstellten. Schon damals fragten sich seine Fans verwundert: „Wie macht Peter das bloß?“

Abends nach Fünf in der „Rumba-Bar“

Das schlaksig-lässige Auftreten – den Ausdruck „cool“ gab es noch nicht – und die geradezu explosiven Tanzeinlagen des jungen Peter Kraus kamen bei uns Teenies unwahrscheinlich an. Seine erste Plattenveröffentlichung Ende 1956, die deutsche Version von Little Richards „Tutti Frutti“ war im Nu vergriffen. Mitte 1957 eroberte „Susi Rock“ Platz 8 der Hitliste. Von da ab stand Peter Kraus bis 1964 regelmäßig in allen deutschen Charts. In der Bravo-Hitliste war er über Jahre eine feste Größe. 1958 nahm er die Titel „Wenn Teenager träumen“, „Hula Baby“ und das legendäre „Sugar Baby“ auf. 1959 folgte seine deutsche Version von „Tiger“.

Auch ich ließ mich von dieser Welle der Begeisterung mitreißen. Damals war ich noch der kleine Kaufmannslehrling in einer Elektrowarenhandlung in der Münchner Schwanthalerstraße – im grauen Kittel – und mein Arbeitsalltag sah ebenfalls ziemlich grau aus. Als Stift im ersten Lehrjahr musste ich morgens Punkt acht Uhr als erstes den schweren eisernen Fahrradständer vor die Tür schleppen und tagsüber im Eiltempo Besorgungen erledigen. Dabei sang und pfiff ich Peters „Tutti Frutti“ und Elvis’ „Love me tender!“ Das wirkliche Leben begann für meine Freunde und mich erst nach Fünf in der benachbarten Goethe-Straße. Dort war der Rock ’n’ Roll zu Hause! Da jazzten die irrsten Indonesierbands im „Palais“ auf ihren Fender-Gitarren und die „Tielman Brothers“ versetzen heimwehgeplagte GIs und lebenshungrige Teenies wie mich in wahre Rauschzustände.

Wie mir Peter kürzlich erzählte, stand auch er regelmäßig voller Begeisterung als Zuhörer in der „Rumba-Bar“, wo Paul Würges, der großartige Gitarrist und deutsche Bill Haley seine Riffs von der Gibson-Gitarre perlen ließ, die er heute noch spielt. Paul Würges war zudem ein beachtlicher Sänger. Seinen „Red River Rock“, sein „Geisha Baby“ und „Waaah-Wah-O-Watussi“ haben Peter und ich noch heute im Ohr.

Sugar Baby – nur gegen Vorbestellung!

Meine Freunde und ich waren wirklich total crazy auf Peter Kraus und warteten sehnsüchtig auf jede seiner neuen Platten. Die zu bekommen, war gar nicht so einfach. Im größten Plattenladen Münchens, der Firma Lindberg, standen die Menschen in Schlangen bis auf die Straße, wenn es hieß: „Der neueste Hit von Peter Kraus – jetzt im Handel!“ Um „Sugar Baby“ zu bekommen, musste ich eine Anzahlung leisten. Dafür gab es dann eine Zuteilungsnummer und endlich – aus der zweiten, dritten oder vierten Lieferung erhielt ich mein „Sugar Baby“. Dabei kostete eine Single damals knapp fünf Mark. Nicht wenig, wenn man bedenkt, dass ich als Lehrling seinerzeit knapp 50 Pfennige pro Stunde verdiente. Ein ganzer Arbeitstag für eine „Zweieinhalb-Minuten-Single“ – das war schon heftig. Und Peter Kraus war enorm fleißig. Allein in den ersten vier Jahren nach seinem Debüt brachte er 36 Schlager-Singles heraus und verkaufte davon über 12 Millionen Stück.

Ein Gebrauchtwagen als Musikbox

Als ich dann schon ein wenig älter war und mir mein erstes eigenes Auto, einen alten dunkelblauen Opel Kapitän, zusammengespart hatte, baute ich noch am selben Tag den sagenhaften Philips-Plattenspieler mit den Gummipuffern ein. Dann holte ich meine Freundin Inge von der Arbeit ab und spielte ihr während der Fahrt eine Peter Kraus-Platte nach der anderen vor. Sie flippte vor Begeisterung fast aus. Es störte sie nicht im Geringsten, dass andere Reparaturen wie Kupplung erneuern in dieser nahezu schrottreifen „Rostlaube“ viel wichtiger gewesen wären, denn unter anderem funktionierte der zweite Gang nicht. Ich musste den ersten Gang gewaltig hochjubeln und dann gleich in den dritten Gang schalten. Aber ein Plattenspieler für die Rock-’n’-Roll-Singles von Elvis Presley und Peter Kraus war absolut unverzichtbar!

Ein braver Rock ’n’ Roller in Schlips und Anzug.

Kulturschock vom Plattenteller

Was war das für eine tolle Zeit? Der Rock ’n’ Roll ergriff Besitz von uns! Little Richard, Chuck Berry, Bill Haley und allen voran natürlich „Elvis the Pelvis“ revolutionierten mit ihrem Rock ’n’ Roll die Lebens- und Denkweise einer ganzen Generation – nicht nur in Amerika. Wenn unsere Eltern über den Rock ’n’ Roll abfällig von „amerikanischer Negermusik“ sprachen, so hatten sie in einem Recht: es gabkeinen deutschen Rock ’n’ Roller, der diese Musik in einem öffentlichen Konzert oder auch im Radio gespielt hätte – bis zu dem legendären Auftritt von Peter Kraus im Kongresssaal des Deutschen Museums in München. Peter Kraus entfachte damals tatsächlich eine Art Kulturrevolution!

Mit einem Schlag war das ganze Lebensgefühl unserer jungen Generation verändert – die Musik, die Sprache, die Kleidung und unsere Träume. So etwas hatten die meisten Jugendlichen vor Peter Kraus noch nicht gehört – sofern sie nicht AFN hörten. Die meisten Eltern reagierten gemeinsam mit einem Großteil der Presse schockiert, verstört, aggressiv ablehnend und bestenfalls mit ungläubigem Kopfschütteln. Im Rückblick vielleicht verständlich, denn die überaus harten Aufbaujahre erlaubten einfach keine solch katastrophalen Verunsicherungen durch Zeitungsmeldungen, in denen Bill Haley, der „Vater des Rock ’n’ Roll“ als Jugendverderber“ gebrandmarkt wurde. Ein völlig entfesseltes Publikum hatte nämlich während der Rock-Konzerte von Bill Haley in Frankfurt und Berlin die Konzertsäle buchstäblich zerlegt – was die Verehrung bei vielen seiner jugendlichen Fans nur weiter steigerte. Noch konnte niemand ahnen, dass der Rock ’n’ Roll ein sehr guter Katalysator für die gesellschaftlichen Spannungen gewesen wäre, die sich dann in den 68ern explosionsartig entluden.

Peter Kraus, der zusammen mit Bill Haley und den Comets aufgetreten war, wurde mit diesen „Rowdys und Halbstarken“ in einen Topf geworfen. Er polarisierte – ohne es selbst zu wollen. Ja, Peter Kraus hat in seinem Leben auch viel Ablehnung erfahren. Diese Ablehnung wurde zum Teil in geradezu widerwärtiger Weise von der Presse bedient. Als der junge Peter Kraus den amerikanischen Schlagerstar Conny Francis vom Flughafen abholte und ihr „mit einer Hand in der Hosentasche“ einen Begrüßungskuss gab, wurde das zu einem „Skandal“ hochstilisiert. Es wurden sogar Dinge erfunden, die der Peter Kraus nie im Traum getan hätte.

Sugar Baby, wo bleibst du?

Um dieses Negativ-Image zu illustrieren, erfand ein Journalist der Yellow Press eine wirklich haarsträubende Geschichte, die in manchen Köpfen bis heute herumspukt, wenn der Name Peter Kraus fällt. So stand in einer Zeitung zu lesen, Peter habe sich auf der Straße eine Zigarette mit einem Fünfzigmarkschein angezündet – andere Versionen besagten, es war in einer Bar und mit einem Hundertmarkschein.

Wer Peter Kraus persönlich kennt, weiß, dass er derartige Verrücktheiten und Geschmacklosigkeiten nie im Leben angestellt hätte – auch nicht als „junger Wilder“. Eine wirklich böswillige Erfindung, denn Peter Kraus war bekennender Nichtraucher, der sich nur in einigen Filmszenen laut Drehbuch einen Glimmstängel anstecken musste.

„Bravo-Starschnitt“ –Peter Kraus als Tauschobjekt

Eine Jugendkultur im heutigen Sinn gab es in den 50er Jahren nicht. Aber eines steht fest – der Rock ’n’ Roll beendete die Zeit der braven Dorfmusik. Eine ziemlich spießbürgerliche, gelegentlich autoritäre und vor allem unerhört prüde Erwachsenenwelt wurde ganz hübsch aufgemischt. Auch wenn wir damals nicht wussten, dass der Begriff „Rock ’n’ Roll“ im amerikanischen Slang der Schwarzen für Sex stand, empfanden wir doch intuitiv, dass der Beat des Rock ’n’ Roll etwas mit einer Befreiung auch in dieser Richtung zu tun hatte. Gleichzeitig befreiten wir uns vom elitären Bildungsanspruch des gehobenen Bürgertums. Was interessierte uns damals Haydn und Mozart? – „Roll over Beethoven“ lautete unsere „verrockte“ Devise!

Es ist vermutlich kein Zufall, dass mein Freund, der großartige und leider viel zu früh verstorbene Visionär und Journalist Peter Boenisch, der einen untrüglichen Sinn für Zeitströmungen hatte, im selben Jahr, als Peter Kraus zum ersten Mal die Bühne betrat und die Charts stürmte, die erste Jugendzeitschrift mit dem genialen Titel Bravo aus der Taufe hob.

Ist das nicht mehr als ein unglaublicher Zufall – die Bravo feiert zur selben Zeit wie Peter Kraus, im Jahre 2006, ihr „50-jähriges Jubiläum“. Sie war die erste Zeitschrift, die die Jugend und ihre Bedürfnisse ernst nahm. In der Bravo wurden nicht nur unverschlüsselt und unverkrampft die Fragen zur Sexualität besprochen, die Jugendliche brennend interessierten. In der Bravo konnte man seitenweise und mit jeder Nummer ein Stück mehr die Bilder seiner Stars sammeln. Peter Kraus war der erste männliche „Starschnitt“ – unmittelbar nach dem französischen Sexidol, der jungen und äußerst kurvenreichen „BB“ Brigitte Bardot. Woche für Woche mit klopfendem Herzen herausgetrennt und fein säuberlich zusammengestückelt zierte Peter Kraus Tausende von Jugendzimmern – nahezu in Lebensgröße.

Mir war dieses „Objekt der Verehrung“ wegen der ärmlichen Wohnverhältnisse meiner Eltern leider verwehrt. Ich hatte nicht das Glück, ein eigenes Jugendzimmer zu besitzen. Ich erfuhr davon durch meine Frau Irène, einer gebürtigen Schweizerin. Sie berichtete Peter Kraus voll Stolz, als er kürzlich bei uns zu Besuch war, dass sie sich in ihrem schweizerischen Heimatort Biel/Bienne gegen den heftigen Protest ihrer Eltern – Bravo durfte sie nicht lesen – Stück für Stück, in endlosen Tauschgeschäften mit ihren Freundinnen dieses Poster ihres Jugendidols zusammengesammelt und an ihrer Zimmertür aufgehängt hatte.

Das zeigt mehr als deutlich, die Begeisterung der Teenager für Peter Kraus war international und keineswegs auf die alte Bundesrepublik beschränkt. Wenn man Peter Kraus, der seine Kindheit in Salzburg und Wien verbrachte, der seine Film-, Schlager- und Rock-’n’-Roll-Karriere in München begann und der heute im Tessin lebt, nach seiner landsmannschaftlichen Zugehörigkeit fragt, antwortet er mit einem Schmunzeln: „Ich bin ein bayerisch-österreichischer Deutsch-Schweizer!“

Rock ’n’ Roll –Lebensgefühl einer aufregenden Zeit

Wir Jugendliche liebten Peter Kraus über alles und alles, was er mit seinem Rock ’n’ Roll für uns verkörperte. Es gab noch keine Diskotheken, aber wenn wir die Lokale aufsuchten, in denen unsere Lieblingsmusik Rock ’n’ Roll gespielt wurde, trugen wir Jeans, weißes Hemd und Espadrillos. Das gehörte einfach zu unserer Grundausstattung. Für die Mädchen waren – sehr züchtig – Petticoat, Rock-’n’-Roll-Klammern und Pumps angesagt. Die heute übliche Nabelfreiheit war undenkbar. Dafür wäre man in den Sechzigern vermutlich wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses auf offener Straße verhaftet worden.

Im Vergleich zu den Diskoexzessen von heute mit Alkohol und Extasy benahmen wir uns ausgesprochen gesittet. Es wurde getanzt, getanzt, getanzt. Jitterbug, den Achterschritt, Überschlag, alles hatten wir drauf, wenn wir den „Red River Rock“ mit übermütiger Freude aus Parkett legten. Das war wirklich eine aufregende Zeit, traumhaft, einfach göttlich!! – Zumindest für uns Jugendliche. Unsere Eltern verabscheuten Rock ’n’ Roll, aber wir empfanden „Rock around the Clock“ als ungeheuer fetzig. Und schlürften in kleinen Schlucken das Modegetränk der Zeit – Coca Cola! Eine Flasche pro Abend, denn die kostete damals fünf Mark! Ein horrender Preis, aber schließlich war das das Eintrittsgeld für die Musiker. Wenn meine Freunde und ich uns diese teure Flasche Cola mit Livemusik nicht leisten konnten, gingen wir in ein Lokal, in dem eine Wurlitzer Musikbox stand. Dort konnte man ein Fünfzig-Pfennig-Stück einwerfen und dann drei Mal hintereinander das „Conny und Peter-Stück“ anhören „Ich möchte mit dir träumen!“ Und für die „Schwarze Rose Rosemarie“ lernten wir eigens den Walzerschritt!

Conny und Peter machen Musik.

Zeitsprung-Salto rückwärts –Rock ’n’ Roll als Zeitmaschine

Diese Melodien wecken Erinnerungen ganz besonderer Art, denn wir haben sie eng umschlungen Wange an Wange mit unseren Freundinnen im Kino verfolgt. „Conny und Peter“ waren die ersten Filme, die speziell für unsere Altersstufe gedreht wurden. Nicht zuletzt deshalb war Peter Kraus das Idol einer ganzen Jugend-Generation! Wenn er heute, im Jahre 2006 mit seiner Tournee „I love Rock ’n’ Roll“ das 50-jährige Jubiläum seines ersten Auftritts veranstaltet, steht er vor dem Beginn seines größten Karrieresprungs, denn jetzt lieben ihn wirklich alle – Jung, Alt, Reich, Arm, und auch die, die ihn vor zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren noch entrüstet abgelehnt haben. Peter Kraus hat heute eine Millionen Fan-Gemeinde!

Warum? – Die Antwort darauf gab mir eine große Verehrerin, die Frau seines Schulfreundes Helmut Stiehl, die fast genauso alt ist wie Peter Kraus. Ich fragte sie: „Frau Stiehl was passiert mit Ihnen, wenn Sie Peter Kraus auf der Bühne sehen und seine alten Songs hören?“ Ohne eine Sekunde nachdenken zu müssen, antwortete sie mir: „Herr Lejeune, ich fühle mich sofort um dreißig Jahre jünger – mindestens! Die Musik, für die Mr. Rock ’n’ Roll steht, verwischt nicht nur in Peter Kraus die Altersunterschiede. Nicht nur er kann von sich sagen: „Keine Zeit zum alt werden!“ Auch in uns macht die Zeitmaschine dank Rock ’n’ Roll einen Salto rückwärts. Das zeigt jedes Livekonzert von Peter Kraus aufs Neue, wenn sich während der letzten Nummern das Publikum zu Peters Füßen vor der Bühne versammelt und fröhlich tanzt. Darunter mögen etliche Menschen mit grauen Haaren oder gar keinen Haaren sein, aber sie fühlen sich um keinen Deut älter als die Jungen, die mit unglaublicher Begeisterung zu den Songs des heute 67-jährigen „King of Rock ’n’ Roll“ hingebungsvoll und zeitvergessen ihre Hüften schwingen.

Rock ’n’ Roll und Liebe –die Anti-Aging-Mittel der besonderen Art

Die Faszination, die Peter Kraus mit seiner Stimme auf uns Jugendliche ausübte, trug ihn von Erfolg zu Erfolg – und sie hält bis heute an. Fragt man heute jemand aus der Generation der „Jungen Alten“, also der 60- oder 70-jährigen nach einem deutschen Rock-’n’-Roll-Sänger, so gibt es unweigerlich nur eine Antwort: „Peter Kraus!“

Wenn Peter Kraus heute fit wie ein Turnschuh auf die Bühne stürmt, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Er rockt und swingt wie eh und je und marschiert im „Chuck-Berry-Duckwalk“ über die Bretter, die seine Welt bedeuten. Er wiegt sich im Rock-’n’-Roll-Rhythmus, lässt seine Hüften kreisen, legt sich in die Limbo-Position zurück und spielt dabei immer noch seine weiße Gitarre. Seine explosive Lebenskraft überträgt sich ganz unmittelbar auf sein Publikum.

Es ist nicht nur der immer rockiger werdende Sound seiner Stimme und einer der besten Rock-’n’-Roll-Bands, die je auf einer Bühne standen. Es ist auch sein Äußeres, um das er von vielen seiner rundlich gewordenen Fans aus den Fünfzigern bewundert und beneidet wird. Peter ist schlank wie eh und je. Wenn er rockt, drückt sich in seinen Bewegungen eine Spannkraft aus, auf die auch ein Achtzehnjähriger stolz sein könnte, der gerade aus dem Fitnessstudio kommt.

Um diese Kraft ständig präsent zu haben, hält Peter Kraus sich mit großer Disziplin fit. Täglich trainiert er mindestens eine seiner Sportarten. Im Sommer geht er Schwimmen und Tauchen, fährt Wasserski oder radelt um den Luganer See. Das ganze Jahr über springt er am Morgen als erstes auf dem Trampolin und im Winter geht er Skifahren oder er frönt seinem größten Hobby und lenkt einen seiner rassigen Oldtimer bei Minusgraden über Schweizer Alpenpässe oder durch die Dolomiten – aber bitte mit offenem Verdeck!

Ein Rockstar als Vorbild –ist das möglich?

Vor allem aber ernährt sich Peter Kraus sehr bewusst, besser gesagt: er wird von seiner bildhübschen Frau Ingrid, mit der er – völlig ungewöhnlich für einen umschwärmten Sänger und Rock-Star – seit fast vier Jahrzehnten glücklich verheiratet ist, mit großer Zuneigung und einer kalorienbewussten Küche in einer gesunden Geist-Körper-Seele-Balance gehalten.

Damit spreche ich einen Punkt an, den die Menschen an Peter Kraus vor allem deshalb lieben, weil er im Showgeschäft so selten ist: Peter Kraus ist nicht nur in seinem Auftreten äußerst bescheiden, er ist auch ein Star ohne Skandale. Bei vielen Prominenten, nicht nur bei Künstlern des Showgeschäfts, bekommt man allmählich die Vorstellung, dass sie bei einem drohenden Verlust an Aufmerksamkeit versuchen sich mit einer weiteren Scheidung, mit einem weiteren medienwirksam inszenierten Seitensprung wieder in die Schlagzeilen zu hieven. Dieter Bohlens „Bäumchen-wechsel-dich- und Wanderharem mit Naddel, Verona, Estefania und, und, und … lässt grüßen! Dieter „Wer-wird-nächster-Superstar“ mit dem eingestanzten Nussknackerlächeln versucht offenbar krampfhaft, den Text von „Sugar Baby“ in der Realität umzusetzen.

Peter Kraus dagegen hält sein Familienleben völlig intakt und aus den Schlagzeilen. Die wunderbare Harmonie seines Familienlebens, mit Ingrid, seinem Sohn Mike, die ich während einiger Tage miterleben durfte, trägt ihm die Sympathie von Millionen Fans ein. Der Schicksalsschlag, der ihn und seine Familie mit dem Tod der geliebten Tochter Gabi schwer getroffen hat, ist allgegenwärtig. Aber Gabi lebt in der Familie Kraus – nicht zuletzt in der süßen kleinen Enkelin Mona.

Jung im Herzen

Peter Kraus hat sich auch sein jugendliches Gesicht bis heute bewahrt – und im Gegensatz zu den meisten Weltstars seiner Altersgruppe – ohne Facelift. Zu Beginn seiner Filmkarriere bereitete ihm dieses jugendliche Aussehen Kummer, weil er nicht mit Mitte Zwanzig immer noch den groß gewordenen Jungen spielen wollte. Er sehnte sich nach den Rollen, die Karl-Heinz Böhm, Horst Buchholz und allen voran Alain Delon angeboten wurden.

Heute kann er sich über sein jugendliches Aussehen nur freuen. Peter Kraus ist jung geblieben, mit seinem sportlich durchtrainierten Körper, mit seinem wachen Denken und mit seiner Musik, dem Rock ’n’ Roll. Sein spitzbübisches Lachen klingt immer noch, wie wenn er im „Fliegenden Klassenzimmer“ seinen Freunden über einen gelungenen Streich berichtet. Und manches was er in diesen wahnsinnig aufregenden Jahren beim Filmen mit Leinwandgrößen wie Heinz Rühmann, Hans Albers, Heinz Erhardt, Gustav Knuth, Curd Jürgens oder Loni Heuser erlebt und auch angestellt hat, erzählt er heute noch mit einer geradezu lausbubenhaften Freude. Ja, Peter Kraus ist vor allem im Herzen jung geblieben!

Peter Kraus und das Wunder der Motivation

Mein großes Interesse gilt seit vielen Jahren den Fragen der Kommunikation, der Motivation und des Erfolgs. Mich interessieren Menschen und ihre Erfolgsgeschichten. Vor allem aber will ich die inneren Antriebskräfte ergründen, die zu ihrem Erfolg führen.

Obwohl ich Peter Kraus nach meiner jugendlichen Verehrung vor vielen Jahren auch persönlich kennenlernen konnte und seine fantastische Karriere im Showbiz in groben Zügen kannte, war ich doch überrascht, dass die BILD-Zeitung ihn zu den 100 einflussreichsten Deutschen der Gegenwart zählt? Ein Rock ’n’ Roller in Vorbildfunktion und als Identifikationsfigur? Wie sich die Zeiten ändern! Kannten die BILD-Redakteure vielleicht Leonard Bernsteins Aussage über die kulturelle Kraft des Rock ’n’ Roll? Diesen Fragen wollte ich nachgehen. Also lud ich Peter Kraus in meine Fernsehsendung „Lejeune“ bei münchen tv ein und führte ein ausführliches Interview mit ihm.

Wenn Teenager träumen.

Für dieses Interview spazierten Peter Kraus und ich mit dem Mikrofonanstecker im Knopfloch um den Kleinhesseloher See in München, wo er und seine Schulfreunde viele Stunden beim Ausprobieren ihrer Modellbauschiffe verbracht hatten. Bei diesem gemeinsamen Spaziergang konnte ich die Freude und Begeisterung erleben, die Peter Kraus bis heute bei Menschen jeden Alters auslöst. Es gab kaum jemanden, dem wir begegneten, der Peter Kraus nicht auf Anhieb erkannt und dies mit einem freundlich erstaunten Lächeln gezeigt hätte.

Viele ältere Menschen waren glücklich, ihrem Jugendidol Peter Kraus einmal persönlich zu begegnen und ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Diese Begegnungen waren mit ein Grund, warum ich Peter Kraus im Anschluss an dieses Interview fragte: „Peter, wie erklärst du dir und anderen Menschen das Geheimnis deines Erfolges?“ Darauf folgte ein sehr langes und nachdenkliches Schweigen und dann kam eine Antwort, die für ihn sehr typisch ist: „Lieber Erich, das kann man nicht mit einem Satz erklären. Darüber müsste man wahrscheinlich ein ganzes Buch schreiben!“ Was mir Peter Kraus in unserem Fernsehinterview und in den Gesprächen darum herum erzählt hatte, weckte in mir eine ganz große Neugier. Ich spürte: Hinter dem Peter Kraus, wie ihn die Öffentlichkeit kennt bzw. wie er in den Medien erscheint, steckt noch ein ganz anderer Peter Kraus – eine Persönlichkeit, die ich ergründen wollte.

Da ich vor einiger Zeit zusammen mit dem Verlag der Süddeutschen Zeitung die Edition Mensch gestartet hatte, war ich von Peters Idee begeistert und sagte spontan: „Ja, Peter, erzähl mir dein Leben lass uns daraus gemeinsam ein Buch für deine Millionen Fans schreiben!“

Begegnungen

Was macht diese ungeheure Popularität von Peter Kraus aus, die ich hautnah miterleben konnte? Diese Peter Kraus-Fan-Begegnungen wiederholten sich, als wir am Luganer See anfingen, zusammen an diesem Buch zu arbeiten. Peter brachte mich nach unserem ersten Arbeitstag am Abend in mein Hotel in Morcote zurück. Da kam freudestrahlend ein älteres Züricher Ehepaar auf ihn zu und wollte ihm nur die Hand schütteln und ihm sagen, dass sie beide seit ihrer Jugend große Fans von ihm sind und sich bereits Karten für seinen nächsten Tourneeauftritt besorgt haben. Ich hatte den Eindruck, dass diese Begegnung mit dem Idol ihrer Jugend ihren ganzen Urlaub in ein unvergessliches Traumerlebnis verwandelt hatte.

Am letzten Abend dieser intensiven Arbeitswoche saßen wir in einem herrlichen „Grotto“ über dem Luganer See beim Abendessen. Da kam ein junger deutscher Urlauber aus dem Ruhrgebiet an unseren Tisch, verbeugte sich scheu, fast ein wenig verlegen und sagte: „Herr Kraus, entschuldigen Sie vielmals, dass ich Sie beim Abendessen störe, aber wenn ich meiner Schwiegermutter erzähle, ich habe Peter Kraus gesehen, und ihr kein Autogramm von Ihnen mitbringe – ich sage Ihnen, die enterbt mich auf der Stelle!“ Selbstverständlich war Peter Kraus sofort bereit, diesen jungen Mann vor einer so herben Konsequenz zu bewahren. Da er jedoch keine Autogrammkarten bei sich hatte, musste eine Speisekarte herhalten.

Der Vollblutkünstler

Die Frage, was den besonderen Erfolg von Peter Kraus ausmacht, stellte ich auch meinem Freund Joachim Fuchsberger, weil ich wusste, dass sich die beiden seit vielen, vielen Jahren kennen. Blacky, der eine ähnlich lange Erfolgsgeschichte wie Peter Kraus vorweisen kann, schickte zwar voraus: „Erich, frag’ mich nicht zu speziell. Ich war nämlich nie ein Rock ’n’ Roller!“ Aber gleichzeitig beteuerte er: „Peter ist ein äußerst liebenswürdiger Kollege, zuverlässig, offen, ohne Hintergedanken – was in unserer Branche gar nicht so häufig anzutreffen ist!“ und dann fuhr er fort: „Peter ist ein absoluter Vollprofi. Deshalb hat er auch so eine riesige Fangemeinde!“ Ganz ähnlich äußerte sich voll Respekt die große Caterina Valente, als ich sie in Lugano anrief, um sie über ihren Kollegen Peter Kraus zu befragen. Sie sagte in sehr schlichter Weise einen großen Satz: „Peter war immer Profi und ehrlich zu seinem Publikum!“

Peter Kraus liebt sein Publikum und er lebt die Perfektion, um immer ehrlich zu seinem Publikum sein zu können. Aber aus welchen Quellen speist sich diese hohe Professionalität? – Schon als Kind wurde er von seinem Vater, dem Sänger, Schauspieler, Kabarettisten und erfolgreichen Fernsehregisseur Fred Kraus auf die Bühne geholt, um mit ihm zu singen. Durch ihn lernte er früh das Leben vor, auf und vor allem hinter der Bühne kennen.

Seinem Vater verdankt Peter Kraus eine wunderbare Einsicht, wie ich sie schöner, besser und bildhafter noch in keinem Karriereratgeber gefunden habe. Dieser riet ihm, als sich nach dem fabelhaften Erfolg der ersten Schallplatten, Konzerte und Filmrollen eine Karriere in dieser Richtung abzeichnete: „Peter, je mehr Erfolg du hast, desto mehr musst du dazulernen! Du musst sein wie ein alter Apothekerschrank. In jeder der vielen kleinen Schubladen, die man aufzieht, muss etwas versteckt sein, was du kannst!“ Diesen wunderbaren Rat nahm sich Peter Kraus offensichtlich zu Herzen. Denn auch er hat in seiner Karriere viele, viele randvoll gefüllte Schubladen aufgemacht und er hätte vielseitiger nicht sein können.

Vom Kinderstarzum Entertainer

Peter Kraus ist ein Vollblutkünstler, der seine Karriere mit ungeheurem und nie nachlassendem Fleiß aufgebaut hat und bis heute daran weiterarbeitet. Neben den Konzerten, Schallplattenaufnahmen und Filmaufnahmen kam der Einstieg ins Fernsehen, wo Peter Kraus bereits mit 21 Jahren als Regisseur arbeitete. Dann wechselte er das Fach und wurde mit großem Erfolg Entertainer. Dazu lud er internationale Stars der Musikszene in seine Sendung „Herzlichst Ihr Peter Kraus“ ein, die er auf seinen Reisen in den USA in Nashville und Memphis, in New York und Las Vergas oder bei Konzertauftritten in London, Paris, San Remo und Stockholm kennengelernt hatte.

Peters Leben weist die unterschiedlichsten Karrieren auf. Er war Sänger, Bühnen- und Filmschauspieler, Film- und Fernsehregisseur, Entertainer und auch Produzent – vor allem aber war er immer Peter Kraus. Als ich Peter fragte, in welcher Weise dieser Starruhm sein Leben verändert hat, antwortete er mir sehr nachdenklich und zugleich bescheiden: „Erich, das weiß ich nicht. Ich hatte nie ein anderes!“

Im Alter von 13 Jahren bekam Peter seine erste Autogrammkarte – als „Johnny“ in der Verfilmung von Erich Kästners „Das Fliegende Klassenzimmer“. Und seit seinem Auftritt im Deutschen Museum wurde diese Karriere nicht mehr unterbrochen! Fünfzig Jahre Bühnenpräsenz und kein Ende – wer kann das schon vorweisen?

Heute singt ernur für uns!

Durch seinen Vater und dessen berühmte Kollegen vom Kabarett – Dr. Gunther Philipp war einer von ihnen – erlebte er hautnah mit, wie viel Fleiß, wie viel Ernsthaftigkeit und wie viel Professionalität hinter einer gelungenen Aufführung gerade auch in dem vielfach verkannten Bereich der sogenannten „leichten Muse“ stecken. Auch wenn Peter Kraus oft Monate auf Tournee war und jeden Abend an einem anderen Veranstaltungsort sein Programm vortrug, durfte er nie in Routine verfallen. Bei Peter Kraus hat „sein“ Publikum jeden Abend das intensive Gefühl: „Heute singt er nur für uns!“