Ich bin die Zukunft - Erwin Uhrmann - E-Book

Ich bin die Zukunft E-Book

Erwin Uhrmann

4,8

Beschreibung

Ein Mann flüchtet in ein hoch gelegenes Berghaus in den Alpen. Niemand weiß, wohin Sebastian Leitner geht, als er nach einem Termin mit seinem Kreditsachbearbeiter den Entschluss fasst zu gehen. In dem Haus hoch in den Alpen quartiert er sich für einen Monat ein. Für die alte Bergwirtin ist er der einzige Gast. Aus dem einen Monat werden mehrere Jahre. Als die Hausbesitzerin stirbt, bricht der Kontakt zur Außenwelt ab. Während die karge Berglandschaft allmählich von Wiesen und Wäldern überwuchert wird und die Jahreszeiten sich in Sonnen- und Nasszeit ändern, breiten sich unten Wüsten aus und die Menschen verlieren Sicherheit und Schutz - die Welt geht zugrunde. Das Hochtal, in dem Leitner lebt, ist ein kleiner Garten Eden. Um zu überleben, züchtet er Tiere und baut Pflanzen an. Eines Tages taucht Mali, die Enkelin der alten Frau, mit ihrem edlen Freund Ludovigo im Berghaus auf.

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Erwin Uhrmann

Ich bin die Zukunft

Roman

Que sera, sera,

Whatever will be, will be

The future’s not ours to see

Que sera, sera

What will be, will be.

Ray Evans, Jay Livingston,Que Sera, Sera

Ich wusste nichts, und so verharrte ich im

unerschütterlichen Glauben, die Zeit

der grausamen Wunder sei noch nicht um.

Stanislaw Lem,Solaris

I went to the woods because I wished to live

deliberately, to front only the essential facts of life, and

see if I could not learn what it had to teach, and not,

when I came to die, discover that I had not lived.

Henry David Thoreau,Walden

Prolog

Es ist heiß in Europas Hauptstädten. Auf den Dächern der Häuser flirrt die Hitze, macht Wellen in die Luft und schafft Trugbilder. Heiße Wüstenwinde aus dem Süden fegen durch die Täler, reißen den Staub und den metallischen Geruch der Straße mit und tragen dieses Gemisch in Lungen und Wohnungen von Menschen, und die Menschen husten und spüren ein raues Gefühl im Hals. Gar nicht erträglich ist es am Wasser, weil die Gewässer unter solcher Hitze kippen, und wer ins tote Wasser geht, beginnt nach Schlamm und Schlick zu riechen, ein Geruch, der nicht mehr von der Haut zu waschen ist, sondern in ihr bleibt, sich wie ein Parasit einnistet, den Teint verändert, ehe er ins Fleisch geht und in die Knochen sickert. Unter dieser Hitze, ist sie schon in den Knochen, im Mark, vor der es kaum mehr einen Schutz gibt, keinen Keller, keinen Verschlag, kein Loch, nichts, verfärbt und verwittert die Landschaft, vergilbt und verkohlt. In den Gebirgen, den Hochtälern, den Falte an Falte liegenden Bergrücken, gibt es kühle Stellen, gibt es Schutz, nahe an Schneefeldern, an Wasserlöchern, in zwischen den Wänden gelegenen Schattenkäfigen, unter Überhängen und in Höhlen. Es ist die Kälte des Steins, lange gelagert, unter Gletschern bewahrt, die aus dem Inneren der Berge kommt. Wenn die Sonne untergeht, wird es in den Bergen angenehm, und diese Kälte von innen tritt wieder an die Oberfläche bis zum Sonnenaufgang.

1

An einem Sonntagabend im Juli begann Sebastian Leitner zu schweigen. Es geschah unvermittelt und sofort, nachdem er bei einem Streit mit seiner Frau Hanna geschrien und sein Kehlkopf, der schon seit Wochen entzündet gewesen war, ihn stechend geschmerzt hatte. Der Wind schlug in Böen gegen die Wände. Die Zweige der alten Ulme im Garten griffen ans Fenster. Es roch nach Regen.

Leitner setzte sich auf das sechsteilige Sofa, dessen Fußteil immer wegrutschte, wenn er sich eine Dokumentation ansah und die Beine im Liegen ausstreckte. Er richtete seinen Blick auf die Fotografie eines Waldes an der Wand. Hanna räumte im Schlafzimmer laut Gegenstände von einer Ecke in die andere, ließ Kisten und Deckel absichtlich fallen, donnerte Schuhe gegen die Wand.

Leitner hörte davon nichts, er vertiefte sich in den Wald. Was er sah, waren nicht Bäume, Gräser und Himmel, sondern längliche, runde, dünne, dicke, schmale und breite Formen. Es verging eine halbe Stunde, das Bild verformte sich, zwischen den länglichen Baumstämmen, Stielen, Gitterstäben, Büscheln und Flechten hindurch kam er in die dunkleren Regionen, die nicht mehr scharf wahrnehmbar sind. Jede zu offensichtliche Form rutschte eine Ebene hervor und er glitt eine weitere Ebene im Bild nach hinten. Der Wald öffnete sich und etwas, das ganz hinten im Bild war und üblicherweise für den Betrachter nicht sichtbar, übte eine soghafte Anziehung auf Leitner aus. Seine Augen wurden schmal, klein und fokussierten den hintersten Winkel des Bildes, alle sichtbaren Formen im Raum verschwammen, dann kam die Dunkelheit, die sich ins Nichts auflöste. Leitner blieb vor dem Bild sitzen, er versuchte seine Augen wieder auf jenen Punkt im Bild zu konzentrieren, wo ihm alles ins Nichts entglitten war. Seine Augen schmerzten und er griff sich an den Kopf. Als Hanna ihn rief, weil sie genug vom Schmollen hatte und wieder zur Tagesordnung übergehen wollte, gab Leitner keine Antwort. Er blieb sitzen und vielleicht hätte jemand, der ihn vom Boden aus betrachtete, sagen können, er lächle. Es war aber kein Lächeln, sondern nur der starre Blick auf die Fotografie eines Waldes.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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