Ich bin - Milena Michiko Flasar - E-Book

Ich bin E-Book

Milena Michiko Flasar

4,5

Beschreibung

Der Geliebte, der Bruder, der Freund - drei intensive Beziehungen, drei Abschiede. Abschiede, die Befreiung und zugleich Neubeginn bedeuten. WAS BLEIBT VON EINER GROSSEN LIEBE? Wie begeht man ihr Ende? Drei Umzugskisten markieren den Punkt, an dem zwei Menschen jäh auseinander driften. Ein Zugticket entfernt den einen vom anderen. So wie die Ich-Erzählerin einst begonnen hat, Srecko zu lieben, so hört sie - wenigstens vorläufig - damit auch auf. Oder: Wie schaut man ohne tiefere Verletztheit auf eine schwierige Vergangenheit zurück? Beograd, die weiße Stadt, gewährt Zuflucht und führt in einen erinnerungslosen Raum, in dem die Puppenspielerin ihre eigene Geschichte neu erfinden kann. Vor den Einschusslöchern einer vergesslichen Stadt. Oder: Was scheidet die Liebe von der Freundschaft? Rita ist auf dem Weg nach Amerika und Paul blickt eine Nacht lang über den Ozean, der sie beide voneinander trennt. Am nächsten Morgen wird er Maria anrufen und - vielleicht - in eine neue Gegenwart finden. Tiefgründig und ernst erzählt Milena Michiko Flasar von engen Beziehungen und der Suche nach sich selbst. Ihre Prosa zeichnet sich durch eine soghafte Sprache aus. Sie führt uns in eine magische Welt, die voller sichtbarer und unsichtbarer Zeichen ist. Ein aufregendes Debüt.

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Milena Michiko Flašar

[Ich bin]

Milena Michiko Flašar

[Ich bin]

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

www.residenzverlag.at

© 2008 Residenz Verlagim Niederösterreichischen PressehausDruck- und Verlagsgesellschaft mbHSt. Pölten – Salzburg

Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.Keine unerlaubte Vervielfältigung!

Covergestaltung: Franz Riebenbauer

ISBN ePub:978-3-7017-4216-5

ISBN Printausgabe:978-3-7017-1504-6

Im Zeichen des Feuers

Ein Stück lyrische Prosa in zwei asymmetrischen Teilen

Für […]. Du hast mich lebendig gemacht.Und für die kommenden Liebenden einer Nacht.

Teil 1

Yo no naka wamikka mi-nu ma nosakura kana

(Ôshima Ryôta)

Ich träume jetzt oft, es käme die Sintflut bei den Fenstern herein. Und alles steht grün unter Wasser und wird sonderbar trüb und – – – ver/schwimmt. Dass ich glaube, es gäbe kein Anhalten mehr: endlich! Die Stühle, die Tische – sie kreisen. Und irgendwo treibt ein Bild. Aber wie schön, rufe ich, es ist eine herrliche Ordnung! Ich atme. Ich reiße die Türen auf. Tatsächlich atme ich! Bis alles in mir nur mehr Wasser ist. [Mein Kopf, mein Herz.] Und ich falte ganz selig die Hände dazu. Denn ich bin – in meiner Haut – bereit: für einen neuen NAMEN.

Seit Tagen brennen die Wörter. Wenn ich die Augen schließe, kann ich sie sehen. Sie leuchten in meiner Finsternis und rufen nach ihrer Erlösung. [Immer stück-weise treten sie an meinen Rand, und ich kann nicht sagen, was sie im Ganzen bedeuten. Aber wirklich: Das ist höllisch egal.]

Ein Jahr schon liegen die Wörter auf meinem Seelengrund. Haben gewartet. Oder sich verweigert, und so gibt es auch jetzt noch ein Misstrauen zwischen ihnen und mir. Denn so oft habe ich gebetet, sie mögen sich zeigen. So oft habe ich vor ihnen auf den Knien gelegen. Aber erst jetzt, da sie wiedergekommen sind, erkenne ich: Nicht sie waren stumm, nicht sie waren ohne Begehren. – – – Immer ging es dabei um mich.

1.

Ich habe aufgeräumt: 3 Kisten Vergangenheit. Und gar nichts, gar nichts sagt mir mehr zu. Als ob ich außerhalb meiner Geschichte stünde. Staunend: Wie viel davon ist Liebe? Wie viel davon ist Angst? Und schaudernd: Wie viel davon bin ich? – Und was davon lässt sich jetzt noch behaupten? Oder hat seine Gültigkeit? [Die Namen, die wir uns gaben. Die Briefe, die wir uns schrieben. – – – Es war ein ganzer Kosmos aus Seligkeit, und nichts daran war falsch.]

Aber: Du sollst nicht anhaften! Genau dies waren meine Worte. Und: Du sollst ohne Erinnerung sein. Denn erst dann begänne das Leben. Wenn alles, was war, kein Gesicht mehr hat. Vergiss mich! Vergiss mich schnell!

Es war aber nicht schwer. Ganz selten denke ich noch seinen Namen (in nachtschwarzen Buchstaben). Und ich begreife so vieles, was früher nur eine Ahnung war, und kann es endlich be-schreiben und im Innersten tanzen dazu.

Die Kisten habe ich in den Keller gestellt. Sie zu verbrennen habe ich – trotz allem – nicht gewagt. Aus Angst, sie würden sich – unheimlich – verkrümmen [verformen] oder die Asche ließe ein Zeichen zurück. Aber es ist auch nicht notwendig. Sie zu verschließen genügt. So wie man einen Raum verlässt, in dem man zu lange geatmet hat. Und die Luft hat sich schnell verbraucht.

2.

Ich weiß noch meinen ersten Gedanken, als unser beider Leben sich gespaltet hat. Ich habe ihn in mir getragen, ihn halb verstanden und halb geliebt und aber niemals sichtbar gemacht. Erst gestern fiel er mir wieder zu. Erst gestern habe ich ihn entlassen und geradeaus in die Mitte gestellt. Es ist ein guter Gedanke. Ich habe lange an ihm gekaut:

Wenn so plötzlich ein Mensch von einem abfällt, mit demman bis dahin so fest und so gläubig gerechnet hat, dann ist es,als sei man seltsam halbiert wie ein lahm geschossener Hund:fröstelnd und mit einem blutendem Hinkebein, das nur langsamverheilt und noch Jahre danach von unsichtbaren Schmerzenzuckt.Oder man ist plötzlich ganz klein. Und feige.Oder befreit.Je nachdem, wofür man sich entscheidet. Denn ich glaubedaran: Die Wirklichkeit lässt sich erwählen. Die Wirklichkeitist nicht fest. Sie ist weich wie ein Stück Blech. Man kann sieverbiegen. Zu jeder Form, die man sich wünscht. Und am Endehat jeder die seine in der Hand (wenigstens vorläufig):Bis man gar nicht mehr sagen kann: So und nicht anders istes gewesen.1000 Stück Wirklichkeit! Und alle haben Recht!Zum Beispiel ich!

3.

Ich habe ihn Srećko genannt. Weil sein anderer Name zu wenig verworfen war.

Srećko! Ich rufe dich!

– Mein blaues Mädchen. Ich bin ja schon da!

Aber ich glaube, das war unser Unglück. Wir hätten – alle beide – bei unseren Namen bleiben sollen. Wir hätten – alle beide – mit uns zufrieden sein sollen. Aber wir waren es nicht oder wir haben es uns verboten. So sehr trotzig war unsere Jugend: Die Zufriedenheit kommt zuletzt. Die Zufriedenheit ist nicht für uns. Ich weiß noch, es war ein ganz unseliger Zorn um seinen Mund, um dessen willen ich ihn liebte und der von Anbeginn an meine Neugierde weckte. Wer zornig ist, kann die Welt verändern. Mit zwanzig ist alles verkehrt. Wir waren hochmütig – – – und weise. Wie Prinzen, die ihre Paläste zerschlagen, um sie Stück um Stück neu aufzubauen: mit dem Untersten zuoberst.

Dabei hätte alles ganz anders kommen können. Ich hätte an jenem Abend zu Hause bleiben können. Ich hätte vorschieben können: Einen Kopfschmerz. Eine Müdigkeit. Aber ich tat es nicht. Schon damals fiel es mir schwer, irgendjemandem etwas abzuschlagen.

Und schon damals hielt ich auf Zeichen, und dass wir beide an demselben Tag geboren waren, war genau von der Art, wie ich mir ein Zeichen vorstellte. Wir waren beide an einem Tag geboren: als Mann und als Frau. Waren aufgewachsen, ohne voneinander zu wissen, er: hier und ich: dort. Haben Erfahrungen gemacht, gute wie schlechte, er: die seinen und ich: die meinen. Haben Leben geprobt (zur Genüge!), Männer und Frauen geküsst, Länder und Städte gesehen. Und eines Tages im Herbst begegnen wir einander. Er ist um einiges älter als ich. Er gefällt mir nicht. Aber ich gefalle ihm. Und er lädt mich zu seiner Feier ein. Mit Entzücken stelle ich fest, dass wir beide im Zeichen des Feuers geboren sind: Er gefällt mir auf einmal sehr!

Ich war pünktlich. Denn ich hatte keine Ahnung: Man sollte niemals der erste sein, der kommt. Oder der letzte, der geht. Man sollte immer erst dann auf einem Fest erscheinen, wenn alle anderen schon betrunken sind. Man hat dann den Vorteil der Nüchternheit. Man sieht klar, wo man steht, und bewegt sich auf einer Geraden … aber wer will das schon? Wer will nüchtern sein, wenn die Erde sich dreht?

»Komm, setz dich! Wir wollen trinken!«

Schon trinke ich und werde weit. Wir kennen uns kaum. Ich sitze fremd unter Fremden. Aber das macht mir nichts aus. Ich habe Masken (tausende!) und an jenem Abend trug ich die der Verruchten. Ich bin zwanzig Jahre alt geworden! Die ganze Welt liegt mir zu Füßen. Ich kann sein, wer ich mag, und kann sein, wer ich nicht mag. Ich bin das Mädchen, die Schwester, die Nacht.

Und auch Srećko verwandelt sich. Er ist gar nicht mehr der, der er vorher war. Er ist ein Mann. Ich kann es sehen. Der Alkohol macht ihn schön und frei.

»Wer bist du, Laura, wer bist du?«, fragte er plötzlich und nahm meine Hand.

– – –

Von da an war alles entschieden. Die anderen rutschten weit fort. Irgendwo war Musik. Unsere Gläser standen verliebt nebeneinander, und es kam sehr mutig aus mir heraus: »Finde mich! Wer immer ich auch bin.« Ich war selbst ganz erstaunt über meine Weiblichkeit. Drei Gläser und schon wollte ich gefallen! Es gab gar keine Frage mehr: »Ich bin alles, was du willst.« Und nach dem vierten setzte ich mich auf seinen Schoß.

4.

Wie schlecht ich mich aber erinnern kann!

Nach all den Jahren ist es nicht anders als am nächsten Tag. Ich male Bilder, von denen ich nicht weiß, ob ihre Farben stimmen. Ob wir betrunken waren oder nicht: eigentlich hat es gar keine Bedeutung. Wir hatten uns aus freien Stücken gegen unsere Gewöhnlichkeit entschieden und dass aus einer Nacht eine Ewigkeit werden kann, das hatten wir – in jedem Fall – nicht abgeschätzt. Keiner hat uns gesagt, dass es traurig werden würde.

Ich weiß noch, dass Srećko mich fortführte in einen anderen Raum. Er war wunderbar schlampig und voll der unbrauchbarsten Gegenstände. So lebt er also, dachte ich und fand es verwegen. Überall hingen Bilder von schönen Mädchen und traurigen Frauen und sie alle schienen zu bluten: Sichtbar. Oder unsichtbar. Dass ich meinte, ich könnte ihre Körper riechen. Ihre junge und alte Haut. Ihre Wunden. Und ihre Blumen. – – – Ich war eine von ihnen.

»Wer hat diese Bilder gemalt?«, fragte ich.

»Ich … ich bin Maler. Gefallen sie dir?«

»Ja«, sagte ich und log. Denn sie gefielen mir gar nicht. Sie verletzten mich. Sie rührten mich an. Sie waren kalt und hatten – auf seltsame Art – mit mir zu tun, wie ich da stand – immer noch die Verruchte.

Aber ich log nicht aus einer Falschheit heraus. Ich log, weil ich Not empfand. Ich log, weil er mir gefiel und ich ihm gefallen wollte.

»Hör mal, Laura«, sagte er nach einer Weile. »Dort draußen in der Küche sitzt ein Mädchen. Sie heißt Anja. Sie ist meine Geliebte. Und ich bitte dich: Wir wollen vorsichtig sein.« Und wieder nahm er meine Hand und küsste sie.

Ich wusste: Das war falsch. Unsere Betrunkenheit. Die Bilder. Das Mädchen. Aber meine Rolle war festgelegt. Ich hatte sie selbst gewählt.

5.

Ich weiß nicht, warum ich damals nicht gegangen bin und wie ich das ausgehalten habe. Mit Srećko zurück in die Küche zu gehen. Dorthin, wo Anja saß. Zu warten – die langelange Zeit der Trunkenheit – bis noch der letzte gegangen war.

Erst dann waren wir alleine. Selbst Anja war vor mir gegangen. Sie hatte kein Recht auf irgendwelchen Einspruch, war Geliebte (auch sie in ihrer Rolle) und hatte wie ich kein Gefühl für Moral.

»Wirst du jetzt Ärger mit ihr bekommen?«, fragte ich.

»Nein. Sie kennt mich und weiß, dass ich keine Versprechungen mache.«

Aber ich wusste es besser. Ich wusste, dass ihr Bild in dem Zimmer hing. Ich wusste, dass sie verblutete. Und genau in diesem Moment hätte ich gehen sollen. Fallen lassen die Maske. Gestehen meine Angst. Doch um seiner Frage (Wer bist du?) und meiner Antwort (Finde mich!) willen bin ich geblieben. Es war ein Lieben ohne Ende: mit Beißen und Kratzen. Dass ich am nächsten Tag nicht mehr wusste: Ist das seine oder meine Hand? Ist das seine oder meine Schuld?

Zum zweiten Mal hatte ich – gründlich – meine Unschuld verloren.

6.

Auf einmal werde ich feige. Was, wenn er – durch ein zufälliges Wunder – diese Zeilen läse? Was würde er denken? Was würde er richtig stellen wollen? – – – Vielleicht meinen Konjunktiv! Meine Sucht nach den Möglichkeiten!

Ich höre ihn sagen: »Es gibt nur eine Wirklichkeit. Und die ist brutal.«

»Aber Srećko! Es gibt tausende! Und meine ist nur eine davon!«

Was liegt [mir] an meiner Geschichte?

Ich kann es unmöglich verschweigen: Ich habe mich verliebt. Und auch das ist ein Grund, aufzuräumen. Auch das ist ein Grund, Vergangenes aufzuschreiben und es noch einmal zu wiederholen, um – am Ende – ganz frei zu sein. Und ehrlich!

Ich möchte rufen (auf Englisch): BE TRUE TO YOURSELF! Weil man – in Wirklichkeit – Leben nicht proben kann und es trotzdem immer wieder versucht, in einer Welt, die keinen Ausgang kennt. Ich möchte rufen (auf Französisch): JE ME PERDS DANS SES YEUX! Weil ich wieder dort stehe, wo ich mit Srećko stand: Am Anfang aller Dinge! Und ich möchte rufen (auf Spanisch): AMOR! Weil die Liebe alles ist, was mich lebendig hält und weil nichts – außer ihr – zählt.

In diesem Punkt bin ich immer noch zwanzig.

7.

Am nächsten Tag war es gar keine Peinlichkeit. Wir lagen noch lange und haben uns Namen gegeben. Srećko, das ist dein Name. Dein unaussprechlicher Name, den ich mir in die Haut brennen mag. – Mein blaues Mädchen! Ich möchte dich malen! – Ja! Ich schenke dir mein Gesicht!

»Ich muss Anja anrufen«, sagte er und sprang auf.

»Anja? Wer ist Anja?« Ich hatte sie tatsächlich aus meinem Gewissen gedrängt. Und erst da wurde mir klar: Wir hatten beide gegen ein Gesetz verstoßen. Wir hatten beide vergessen, woher wir uns kannten (die Universität, natürlich, die Institutionen!). Und endlich fasste ich mich und ging – – – beinah ohne Zärtlichkeit. Aber nicht ohne ihm meine Nummer zu geben: »Ruf mich an! Es war schön mit dir!«

»Wir sehen uns!«

8.

Ich trinke, während ich schreibe, einen Prosecco Veneto. So habe ich es gelernt: Eine klingende Oper zu hören und hernach zu schreiben. Mit einem Glas billigen Wein in der Hand.

Aber warum ist das so? Warum stellt man sich Künstler immer betrunken vor? Warum glaubt man, sie seien einsam? Warum dichtet man ihnen solche Wildheit an?

Auf eine Art waren wir immer betrunken – Srećko und ich. Auch ohne den Sekt und den Wein. Auf eine Art waren wir immer wie Kinder. Auf dem Spielfeld oder schon halb außerhalb. Wir warfen Murmeln und glaubten daran! Oder versteckten uns – ohne uns jemals zu finden – hinter diesem oder jenem Baum.

Aber Raoul muss mich erretten! Ich weiß, dass er es kann. Ich weiß, er kann mich finden. Und es wird eine neue Geschichte sein.

[Gerade jetzt will ich ihm schreiben! Oder wie viele Meilen sind es bis nach Donostia?]

My dear precious Basque man,

let me be very true and straight by saying: I love you. For every single thing I am, is reduced (or expanded) to a thing called love (or Liebe or amor).

If ever one should ask, if my life was worthy, I would tell him it is. Because of you.

You are giving me back my senses. And I will never breathe without your name again. It is everywhere I go (in my mind as well as in my very soul).

I will never forget the peace you mean – – – to every inch of my being. But you’re barbarous!

I would jerk out my heart for you. Just to show how much it is filled by the bliss you give. And truly!: I am totally out of my shadows. That’s what you do to me! You crazy man!

But no words can tell. There is no language, where love is.

Sincerely yours,

Laura

Um festzustellen: Es ist gar kein Unterschied! Es ist dieselbe unglückliche Ergebenheit! Nur eben auf Englisch und nicht auf Deutsch.

Aber ich werde es besser machen. Dies ist mein Glaube! Ich werde – – – [aber das gehört nicht mehr hierher.]

9.

Ich stelle mir vor, Srećko hätte mich nicht angerufen. Ich stelle mir vor, wir hätten uns nicht wieder getroffen. Ich frage mich mit allem Ernst, ob der Lauf der Welt anders gewesen wäre. Vielleicht hätte es den einen oder anderen Krieg nicht gegeben. Vielleicht wäre der eine oder andere Frieden nicht zustande gekommen.

Aber er hat mich angerufen. Schon am dritten Tag. Und immer noch war er Srećko und ich war das blaue Mädchen. Es gab nichts, was uns behinderte, und gar nichts stand uns im Weg.

Es war schwierig, für dieses zweite Treffen eine passende Maske zu finden. Immerhin war er nicht mehr nur ein Freund. Er war ein Mann, mit dem ich geschlafen hatte. Ein Mann, der mir seine Bilder gezeigt und dem ich einen Namen gegeben hatte.

In den drei Tagen, in denen ich nichts von ihm gehört hatte, gefiel mir der Gedanke, trotz alledem frei zu sein. Mit seinem Anruf hatte ich gar nicht mehr gerechnet, obwohl ich kaum eine Stunde das Haus verließ, um ihn nicht zu versäumen. Denn ich wünschte im Grunde nichts sehnlicher als eine Wiederholung: Es war eine solche Rohheit um ihn! Er war der ANTI-PRINZ! Jemand, der ungehörige Bilder malt. Jemand, der plötzlich über Hände fällt und sie küsst. Jemand, der ungeheuer viel trinken kann! Dessen Geliebte nicht sichtbar ist. Und der mich finden würde!

Halb fühlte ich es schon: Ich war verliebt! Ohne Hoffnung auf irgendwelche Dauer.

– – –

Aber an meinen Armen trug ich die Male unserer Liebesnacht. Das war mir Versprechen genug!

10.

Wenn ich nur mutig gewesen wäre. Wenn ich ihm – gleich bei diesem zweiten Mal – gesagt hätte, dass ich ihn liebte. Aber das wäre eine gefährliche Preisgabe gewesen. Stattdessen verbarg ich mein Gesicht.

Einem Mann wie Srećko läuft man nicht nach. Als ob MAN irgendeine Gültigkeit hätte.

Doch die Stimmen unserer Mütter sind tief in unser Herzfleisch gegraben: Gib Obacht! Hab Acht! Er wird dich zerreißen. Oder schlimmer: Er wird dir den Rücken kehren! Nicht zeigen, wie sehr du ihm schon verfallen bist. Nicht offenlegen deine Hingegebenheit. Was immer geschieht: Behalte die Oberhand!

Ach, ich habe ihm solches Unrecht getan! Er hätte alle Ehrlichkeit verdient.

Ich trug aber die Maske der Kühlen.

Und habe zugelassen: jeden Schmerz, den er mir zufügte.

»Warum hast du mich angerufen, Srećko?«, fragte ich und wünschte, er möge mich berühren.

»Weil es heute ein schöner Abend ist!«

Damit hatte ich mich zu begnügen. Wir tranken sehr viel und sehr schnell (um ein Gefühl füreinander zu bekommen). Er erzählte von seinen Bildern, und je mehr er davon sprach, desto größer wurde meine Verzweiflung.

»Ich glaube, du verstehst mich, Laura. In den Bildern kann ich wütend sein. Ich möchte die ganze Welt zerschlagen! In allem dagegen sein! Gläubig Nein sagen! Zu den Märchen, die man uns gezwungen hat zu glauben. Als ob es irgendwo ein Glück gäbe! Am allerwenigsten zwischen Mann und Frau! – Wir sind Körper! Und Lust! Und zuallererst Körper! Ich weiß, du hast es verstanden. Du musst gar nichts mehr sagen.«

(Lieber Srećko, ich sage dir aber: Ich habe gar nichts verstanden. Ich war betrunken und sonst gar nichts. Und ich wünschte so sehr, dass du mich berührst!)

»Und die Liebe?« Ich war gar nicht mehr feige.

»Die Liebe kann mit fünfzig kommen! So wie die Hausschuhe und Zahnbürsten!«

»Und ich? Was bin ich für dich?«

»Meine schöne Geliebte!«

11.

Keinesfalls wollte ich jemandes Geliebte sein. Keinesfalls wollte ich eine Anja mimen. Keinesfalls wollte ich zu einem Bild werden. Und trotzdem gab ich mich einverstanden (immer noch, um ihm oder mir zu gefallen). Denn er roch so sehr wunderbar nach einem Abenteuer. Oder nach einer barbarischen Leichtigkeit.

Ich weiß, es liegt keine Logik darin. Ich teilte seine Meinung nicht. Ganz und gar war ich Seele und Geist und ganz und gar war ich für Hausschuhe und Zahnbürsten! Aber irgendetwas an ihm machte mich weich. Auch wenn ich es jetzt erst begreife: Er war Sex und teilte mich ein (in eine Ordnung, die jenseits meines Verstandes lag).

Mir fällt ein: Er hat mich entworfen (noch ehe er mich später malte). Es war eine Festlegung – von allem Anbeginn an. Er war der Neinsager und ich seine Jasagerin. Er war der Redner und ich sein Applaus. Er war der Maler und ich war sein Bild. – Solcherart waren unsere (un)bewussten Entscheidungen.

Während wir sprachen, zeichnete er. Ich musste dann – instinktiv – stillhalten, denn um ihn war die Aura eines Verrückten, der keinen Anstand und keine Umsicht kennt, und wenn er aufsah, nickte ich ihm zu! Seine Augen waren schwarz und schuldlos, und seinen Bleistift hielt er wie ein sehr junger Mensch voller Fieber und Gläubigkeit und aus der festen Überzeugung heraus, dass das, was er tat, von einer beinah tödlichen Bedeutsamkeit sei.

»Mein blaues Mädchen! Du bist wunderbar! Jemand anderer wäre beleidigt! Du aber verstehst mich. Denn du bist so wie ich. Du verstehst, dass ich dir jetzt nicht zuhören kann. Du verstehst, dass ich zeichnen muss! Ich glaube, wir werden eine schöne Zeit zusammen haben.«

Wie süchtig war ich nach seinem Lob! Ja, ich bin die Frau, die alles versteht! Ich bin alles, wozu du mich machst. Bloß küss mich! Küss mich sanft!

12.

Ich verstehe es, mich zu verschwenden.

Ich möchte mich schenken (einem Mann! einem Mann!).

Ich möchte Liebesbriefe schreiben, immerzu!

Ich möchte sinnlos auf Betten liegen.

Ich möchte geweiht sein durch seinen gefährlichen Blick.

Ich möchte Blumen streuen.

Ich möchte mich schämen.

Und ich möchte eine Sprache erfinden! Alle Wörter dieser Welt möchte ich um mich versammeln, um ihn zu preisen und ihm einen Namen zu geben, ihn aus.zu.drücken in alle Ewigkeit … auf dass meine Sprache, meine Sprachmächtigkeit nichts anderes sei als ein Werkzeug, ihm meine Lieder zu singen. Nutzlos für alles sonst und unfruchtbar, wenn er sie nicht hört. [Ich lege dir meine Sprache zu Füßen.]