Ich kaufe mir ein Engadinerhaus - Jürg Arquint - E-Book

Ich kaufe mir ein Engadinerhaus E-Book

Jürg Arquint

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Beschreibung

Du hast Dich ins Unterengadin verliebt! Bei jeder sich bietenden Gelegenheit spazierst Du durch diese wunderbaren, historisch wertvollen Dorfkerne mit den gut erhaltenen Engadinerhäusern, die nach dem Dreißigjährigen Krieg, also vor fast vierhundert Jahren entstanden sind. Immer wieder hältst Du in Gedanken verloren vor einem solchen Gebäude inne und überlegst, wie es wohl damals gewesen sein musste, in diesen wuchtigen Behausungen die kalten Winter zu verbringen. Du ertappst Dich bei der Frage, ob dieses Engadinerhaus, vor welchem Du stehst, noch bewohnt sein mag. In Dir keimt der Wunsch, Dich vertiefter in diese Materie ein zudenken, vielleicht gar, ein solches Objekt zu erwerben. Das vorliegende Buch will Dir aufzeigen, worauf Du Dich einlassen würdest, solltest, ja müsstest, wenn Du diesen Gedanken weiterspinnen willst.

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Du hast Dich ins Unterengadin verliebt!

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit spazierst Du durch diese wunderbaren, historisch wertvollen Dorfkerne mit den gut erhaltenen Engadinerhäusern, die nach dem Dreissigjährigen Krieg, also vor fast vierhundert Jahren entstanden sind.

Immer wieder hältst Du in Gedanken verloren vor einem solchen Gebäude inne und überlegst, wie es wohl damals gewesen sein musste, in diesen wuchtigen Behausungen die kalten Winter zu verbringen. Du ertappst Dich bei der Frage, ob dieses Engadinerhaus, vor welchem Du stehst, noch bewohnt sein mag.

In Dir keimt der Wunsch, Dich vertiefter in diese Materie ein zudenken, vielleicht gar, ein solches Objekt zu erwerben.

Das vorliegende Buch will Dir aufzeigen, worauf Du Dich einlassen würdest, solltest, ja müsstest, wenn Du diesen Gedanken weiterspinnen willst.

PS: selbstverständlich dürfen auch Profis wie Architekten dieses Buch lesen. Es ist aber ganz klar auf Dich ausgerichtet, in einer Sprache, die möglichst auf Fachausdrücke verzichtet.

Jürg Arquint, Scuol, Frühling 2018

Inhaltsverzeichnis

Prolog

was gibt es zu beachten, wenn Du Dich für den Erwerb...

Welches Objekt?

Das Engadinerhaus

Neubau anstatt Umbau?

Das neue Zweitwohnungs-Gesetz

Soll ich?

Für mich?

was gibt es sonst noch zu beachten, bevor Du Dich

Der Kauf

Die lieben Nachbarn

Stockwerk-Eigentum

Mieter

Das neue Zweitwohnungs-Gesetz

Dein Projekt

Die Planung

Selber machen?

Die Bauleitung

Deine Baupartner

Die Finanzierung

Die Vereinbarung mit dem Partner

Die historische Bausubstanz erhalten

Die Arbeiten

Die Räumung

Dein Konzept

Die Statik

Auf der Baustelle, ganz allgemein

Perfektion

Die Arbeits-Gattungen

Die einzelnen Arbeits-Gattungen

Zu den einzelnen Arbeits-Gattungen

Die Baubehörde

Der Architekt

Der Ingenieur

Die Räumung

Der Baumeister

Der Zimmermann oder der Schreiner

Der Küchenbauer

Die Installateure

Der Bodenleger

Der Gipser und der Maler

Einige Spezialisten

Das General-Unternehmen oder die grosse Bau-Firma

Die Dokumentation

Epilog 1

Die Endreinigung

Epilog 2

Prolog

Die Gross-Familie aus Aachen hatte unser Ferienhaus über AirBnB gebucht – und bereits bezahlt. Auch ein grosser Hund sollte sie begleiten. Scuol lag unter einer frischen Schnee-Decke, was für diese Jahreszeit eher ungewöhnlich ist. In der Regel wird es kurz vor Weihnachten nochmals etwas wärmer, wie auch in den vergangenen zwei Jahren. Frau Holle hatte damals erst im Januar ihre Tätigkeit aufgenommen. Als die Aachener eintrafen, schien die Sonne, der Himmel zeigte sein schönstes Blau, welches nur in den Bergen so klar sein kann.

Wir führten sie durch das wiederbelebte, traditionelle Rundbogen-Portal hindurch in den vollständig restaurierten Piertan hinein. Bereits beim Öffnen der Türe hörte ich ein leises «Ohh, wie schön» hinter mir. «Das ist ja der Hammer!» meinte einer der Jungs und blieb beim Eingang stehen, sodass die anderen nicht eintreten konnten. Noch während wir uns gegenseitig vorstellten und erste Tipps für den Aufenthalt abgaben, überreichte uns der «Hammer-Junge» ein Willkommens-Geschenk, welches sie aus Aachen mitgebracht hatten: Aachener Printen. Wenn Du diese süsse, etwas nach Lebkuchen schmeckende Spezialität nicht kennen solltest sei gesagt: «sie sind der Hammer!».

Die Woche verging wie im Flug. Bei uns begann sich bereits wieder eine leichte Nervosität aufzubauen. Einerseits interessierte es uns, ob sich die Aachener bei uns wohl gefühlt hatten. Andererseits hatten sich bereits die nächsten Ferien-Gäste angekündigt, zwei Familien mit Kindern aus dem Unterland, wie wir die Leute nennen, die nicht in den Bergen leben. Unser Unbehagen war unbegründet. Die Aachener meinten beim Abschied, dass sie schon viele Ferienorte und Ferienhäuser besucht hätten, aber so etwas Tolles hätten sie noch nie erlebt. Der Bericht bei AirBnB, welchen man sich gegenseitig als Bewertung schreibt, war entsprechend überschwänglich positiv und sehr detailliert.

Ecke in einer Stüva eines einfachen Engadinerhauses, welches später vollständig restauriert wurde.

restauriertes Zimmer mit Tisch und zwei Stabellen. Die Wand wurde mit Altholz verkleidet, der Boden geschliffen.

Der Zufall wollte es, dass die nächsten Gäste Ferien-Profis waren, was wir erst bei deren Begrüssung feststellen durften. Der eine Gast arbeitete schon längere Zeit bei Schweiz-Tourismus. Würden diese das Haus kritischer beurteilen und wenn ja, was würden wir von ihnen lernen können? Auch diese Gäste, welche beim erstmaligen Eintreten mehrere «Aahs» und «Ohhs» ausgestossen hatten, verliessen das Haus mit viel Lob – und reservierten es erneut für die kommende Saison. Bei den dritten Gästen war die Frau Architektin, welche auf Umbauten von Fachwerk-Häusern in Deutschland spezialisiert war – also ein weiterer Profi. Bei ihr mussten wir schon gar nicht abwarten, bis ihre Ferien abgeschlossen waren. Schon bei ihrer Ankunft lief sie begeistert durch alle Räume und lobte unsere Arbeit in den höchsten Tönen. Unser Start schien geglückt.

Die «Chasa Arquint» am Rande der historischen Dorfkern-Zone von Scuol-Sot wurde nach dem Dreissig-Jährigen-Krieg um 1650 gebaut und ging Anfang 2017 in unseren Besitz über. Für uns war bereits bei Vertragsunterzeichnung klar, dass wir es vollständig restaurieren wollten. Engadinerhäuser verströmen seit jeher für Feriengäste einen Zauber, der sich vielleicht auch damit erklären lässt, dass man sich darunter «die gute, alte Zeit» vorstellt. Will man es aber ganzjährig bewohnen, zeigen sich für den modernen Menschen einige Nachteile, welche erst mit der Zeit zu Tage treten. Sie sind fast nicht ausreichend warm zu kriegen. Sie verfügen über kleine Fenster und sind daher im inneren eher dunkel. Sie wurden oft in engen Gassen nahe aneinandergebaut. Da sie damals als Bauernbetriebe erstellt wurden, legte man keinen Wert auf Parkplätze oder gar Garagen. Sie knarren und sind sehr ringhörig. Das damals eingesetzte Mobiliar ist heute zwar nett anzuschauen, aber für moderne Bedürfnisse nur für Abenteurer interessant. Wer will sich heute schon bei Minus-Graden auf ein Plumps-Klo setzen? Wer liebt es, mehr als zehn Minuten auf einer Stabelle, einem ungemütlichen Holzstuhl, an einen wackeligen Tisch setzen? Wer kann es sich vorstellen, in einem Bett mit den Ausmassen sechzig mal einssiebzig auf einer beinharten Matratze zu übernachten? Wer findet es echt lustig, auf einem mit Holz gefeuerten Herd mehr als eine Suppe aufzukochen?

Ehemalige Knechten-Kammer im Dachgeschoss eines Engadinerhauses. Das Zimmer wurde von aussen im kalten Estrich isoliert, sodass es von innen immer noch aussieht wie vor mehreren Generationen.

Wir hatten geplant, das Haus als Ferienhaus für Unter- und Ausländer zu konzipieren, weil wir aus Erfahrung und vielen Äusserungen wussten, wie begeistert diese Gäste ihre schönste Zeit im Jahr in einem «Schellenursli-Haus» (so nannte es ein Berliner-Gast) verbringen würden. Wir standen vor der Herausforderung, wie man diese Nachteile überwinden könnte, ohne den Charme der historischen Bausubstanz zu zerstören. Deshalb hatten wir uns folgende Ziele gesteckt:

Unsere Gäste sollten gut schlafen können. Die Qualität der Betten musste einwandfrei sein, speziell diejenige der Matratzen.

Sie würden es sich gemütlich machen wollen. Gemütlich kann man es sich nur machen, wenn man gemütlich sitzen kann. Daher sollten die Stühle und Sitzgelegenheiten qualitativ hochwertig sein.

Die heutigen Hygiene-Vorstellungen müssten erfüllt sein. Kompromisse bei den sanitären Installationen und der Küche einzugehen, war daher nicht vorgesehen.

Wir wollten Schränke so zur Verfügung stellen, dass man unbedenklich Kleider darin unterbringen kann.

Frieren sollten Gäste auf keinen Fall. Daher wollten wir nicht nur in den Wohnräumen, Nasszellen und in der Küche, sondern auch in den Schlafzimmern Heizungen installieren. Das gesamte Haus sollte so isoliert werden, dass viel weniger Wärme entweichen würde, als in nicht isolierten Engadinerhäusern.

Sie sollten da und dort ein Stück von «damals» erleben dürfen. Alles, was obigen Punkten nicht grundsätzlich widersprach, wollten wir auch traditionell zeigen.

Der Umbau wurde im Januar 2017 gestartet, im April und Mai für fünf Wochen unterbrochen und im August 2017 abgeschlossen. Das Einrichten des Hauses dauerte noch bis zum Start der Winter-Saison 2017/18, wobei auch diese Arbeiten für sechs Wochen im November unterbrochen wurden. Zur Geschichte der «Chasa Arquint in Scuol» und deren Renovation entstand ein Buch mit vielen Bildern, welches unter der ISBN Nr. 9 783744 882859 in allen Buchhandlungen und im Internet erhältlich ist.

Mein bester Freund war einer der ersten Leser des Buches. Als Fan des Unterengadins und dessen Kultur kannte er das Haus noch vor dessen Restauration. Auch während der Umbau-Arbeiten sah er immer wieder mal hinein. Bei der Besichtigung des End-Ergebnisses meinte er, nachdem auch er sich sehr positiv über das Resultat geäussert hatte:

«Du hast in den vergangenen zehn Jahren schon etliche Häuser im Unterengadin in ein Bijou verwandelt. In Deinem Buch beschreibst Du wunderbar, wie Du die «Chasa Arquint» restauriert hast. Ich denke aber, es könnte noch viele Menschen, vor allem Nicht-Architekten und Nicht-Bau-Spezialisten interessieren, wie Du eine solche Aufgabe angehst».

«Wie meinst Du das?» wollte ich von ihm wissen.

«Du weisst ja, dass auch ich mich sehr für alte Häuser, im Speziellen für Engadinerhäuser interessiere. Ich verfüge über etwas Flair für die Frage was-könnte-man-aus-diesem-Objekt-machen, bin aber Laie in der Umsetzung. Ich habe mich deshalb noch nie an ein solches Projekt herangewagt»

Ich überlegte kurz, ob ich ihn richtig verstanden hatte. Bevor ich zu einer Frage zur Klärung ansetzen konnte, ergänzte er noch:

«Ich habe schon überlegt, ob auch ich so ein Projekt ohne Architekt, ohne Bauleiter, ohne Ingenieur angehen könnte. Ist so etwas möglich und wenn nein, ab wann sollte man diese Spezialisten hinzuziehen? Worauf müsste man achten? Wie ist das mit den gesetzlichen Bestimmungen und so?» er räusperte sich und fuhr gleich wieder fort «all diese Dinge, Du weisst schon. Das wäre doch Stoff für ein Buch, oder etwa nicht?»

Das darauffolgende Wochenende verbrachte ich in unserem Wohnzimmer, weil es draussen schneite. Die gesamte vergangene Woche hatte ich immer wieder über seine Worte nachgedacht. Ich setzte mich in meinen gemütlichen Sessel, klappte meinen Laptop auf und begann das Konzept eines Fachbuches zu skizzieren. Erst als meine Frau mich liebevoll auf die Schulter tippte und mich fragte, ob ich weiter im Dunkeln sitzen wolle, bemerkte ich, dass viele Stunden verstrichen waren. Aber sie hatte sich einen idealen Zeitpunkt für ihre Frage ausgesucht: das Konzept für das vorliegende Buch stand.

1

Was gilt es zu beachten, wenn Du Dich für den Erwerb eines Engadinerhauses entscheidest?

Welche Objekte?

Umbau-Projekte geht man anders an als ein Neubau-Projekt. Es gelten je nach Bausubstanz und Standort völlig unterschiedliche Regeln, alleine schon für solche, welche sich in der Schweiz befinden. Im vorliegenden Buch gehe ich darauf ein, worauf man achten sollte, wenn man sich in ein Engadinerhaus verliebt und dieses renovieren möchte. Viele Angaben, Empfehlungen und Ratschläge in diesem Buch können auch für andere Umbau-Projekte angewendet werden. Wichtig dabei ist aber, dass man regionale oder lokale Eigenheiten und gesetzliche Vorgaben berücksichtigt. So existieren im Kanton Graubünden ebenso viele Baugesetze wie man Gemeinden zählt. In fusionierten Gemeinden wie aktuell Scuol, welche noch über kein harmonisiertes Baugesetz verfügen, gelten gar Bestimmungen für einzelne Dorf-Fraktionen.

Wir behandeln Umbau-Vorhaben von alten Häusern, die sich im Unterengadin befinden, wobei wir prioritär Engadinerhäuser näher beleuchten. Dabei sind nur solche für uns von Interesse, welche ein Potential für den Zweitwohnungs-Markt aufweisen

Im vorliegenden Buch sprechen wir also von Umbau-Vorhaben von alten Häusern, die sich im Engadin oder noch genauer gesagt in Scuol und näherer Umgebung im Unterengadin befinden. Den Begriff «alte Häuser» schränke ich ein, als diese Objekte vor mindestens etwa hundert Jahren erstellt worden sein sollten und mindestens subjektiv gesehen als «erhaltenswert» eingestuft werden könnten. Sie verfügen über viel Wohnraum, welcher sich eignen könnte, in mehrere Einheiten aufgeteilt zu werden. Dabei wird das Potential des Hauses für den Zweitwohnungs-Markt gesucht, was denjenigen, welche der Zweitwohnungs-Initiative im März 2012 zugestimmt haben, nicht so gefallen dürfte. Ähnliche Objekte und Bedingungen dürften aber auch im Oberengadin und im Val Müstair zu finden sein.

Das Engadinerhaus

Im vergangenen Jahrtausend wurde Scuol und das Unterengadin mindestens zwei Mal durch Kriege vollständig zerstört. Im Jahre 1499 wurde das Dorf während des Schwabenkrieges eingeäschert, im Jahre 1622 machten die Truppen des österreichischen Obersten Balduin während des Dreissigjährigen Krieges Scuol dem Erdboden gleich. Im darauffolgenden Jahr wurden die ersten Häuser wiederaufgebaut, teilweise auf den Ruinen der zerstörten Gebäude. Ab diesem Zeitpunkt entstand das heute noch existierende Engadinerhaus-Konzept, welches sich äusserlich von Haus zu Haus zum Teil stark unterscheidet.

Weshalb sind diese Häuser bis heute, also fast vierhundert Jahre später, noch in so grosser Anzahl im Unterengadin vorhanden, trotz der einleitend erwähnten Nachteile? Man kann das nicht wissenschaftlich erklären. Wenn man in ein solches Haus eintritt, versteht man es aber intuitiv. Engadinerhäuser verströmen einen nicht definierbaren Zauber. Man fühlt die Geschichte der Generationen, die darin gelebt haben. Obwohl äusserlich kein Haus wie das andere aussieht, sind sie im Innern nach einem sehr ähnlichen Muster aufgebaut. Dieses Konzept hat sich über die Jahrhunderte so gut bewährt, dass es sich bis in die Gegenwart gehalten hat. Jedes einzelne Engadinerhaus verfügt über einen eigenen Charakter, was unter anderem durch die individuellen Sgraffiti, den «Tatoos» der historischen Häuser verstärkt wird. Dieser Fassaden-Schmuck wurde oft durch die damaligen Ersteller auf einfachste Weise angebracht und gibt dem Haus ein eigenes Gesicht, eine eigene Identität. Anscheinend hatte es sich auch bewährt, dass man diese Häuser eng zusammenbaute und rund um einen Dorf-Brunnen ansiedelte. Der Dorf-Brunnen war nicht nur Quelle für Trinkwasser, sondern auch die zentrale Wäsche-Stelle und Tränke für die Tiere. Da die Engadinerhäuser mit Bruchsteinen erstellt wurden, sind ihre Grundmauern meist fast einen Meter dick, also sehr widerstandsfähig.

Rundbogen-Portal mit allen Elementen, welche diese Türe traditionell enthalten sollte: Ganz zu öffnen, in der Mitte der Personen-Eingang, welcher quer auf Hüfthöhe unterteilt ist und so als Fenster geöffnet werden kann

Betritt man ein solches Haus durch das Haupt-Portal, hat man bereits ein Highlight hinter sich gebracht. Die wunderbaren, kunstvoll gefertigten Rundbogen-Türen wurden so konzipiert, dass man mit einem voll beladenen Heu-Fuder in den Piertan, also in den Vorraum des Wohnbereiches hineinfahren konnte. Da dies nur wenige Tage im Jahr nötig war, hatte man in der Mitte dieser Tore einen Personen-Eingang angebracht, damit man nicht jedes Mal beim Eintreten die gesamte Konstruktion öffnen musste. Aber auch diese Türe unterscheidet sich von heutigen Türen, indem man sie oft waagrecht auf hüfthöhe separat öffnen kann. So entsteht ein Fenster, wenn man den unteren Teil nicht öffnet. Der Piertan wiederum ist eine weitere Besonderheit, welche man kaum je in anderen Häusern findet. Er diente als Durchfahrt durch das gesamte Wohnhaus und wird am anderen Ende durch eine weitere Rundbogen -Türe abgeschlossen. Diese führt zum Tablà, zur Scheune, welche das Heu beherbergte und wo im Kellergeschoss die Tiere untergebracht waren. Da das Heu damals nicht mit Belüftungen getrocknet werden konnte, hatte man die Tablàs nach Süden, zur Sonne ausgerichtet. So sieht man heute oft Engadinerhäuser, welche mit dem Wohnteil nach Norden ausgerichtet sind, weil der sonnigere Süd-Teil durch den Tablà dominiert wird. Der Miststock hingegen war oft im Wohnteil im Cuort, im Kellergeschoss untergebracht. Auch das hatte einen besonderen Grund. Mist, aber auch die Körperwärme der Tiere, temperierten von unten her den Wohntrakt des Gebäudes. Geruchs-Immissionen schienen die Bewohner weniger zu stören als die winterliche Kälte. Vom Piertan aus gelangt man in den einzigen, damals geheizten Wohnraum, in die Stüva. Da diese oft mit Arven-Holz ausgekleidet ist, musste man den wuchtigen Engadinerofen aus Sicherheitsgründen aus der im Nebenraum befindlichen Chadafö, der Küche einheizen. Es wäre viel zu gefährlich gewesen, Feuer in einem mit Holz ausgestalteten Raum anzufachen. Die Chadafö, das romanische Wort für «Haus des Feuers», ist oft als einziger Raum vollständig gemauert. Da man damals noch keinen anderen statischen Trick kannte, um eine Decke ohne Holzbalken abzustützen, verfügen die Original-Chadafös über eine gemauerte Rund-Bogen-Decke. In grösseren Wohnhäusern befindet sich direkt daneben eine ebenfalls gemauerte Spensa oder Chaminada, ein Vorratsraum. Durch die dicken Mauern geschützt, ersetzte diese den heutigen Kühlschrank. Auf einem aus Holz gebauten Boden kann man keine Mauern von bis zu einem Meter Dicke aufbauen. Das würden auch starke Holzbalken nicht tragen können. Daher hatte man direkt unter der Chadafö und der Spensa oft nicht nur Stützmauern, sondern weitere, mit Rundbogen-Decken ausgestaltete Räume eingebaut. Diese wurden ebenfalls als Vorrats-Räume genutzt, da hier ein noch regelmässigeres, kühles Klima herrscht. In den oberen Stockwerken findet man oft mit Arven-Holz ausgekleidete Schlafräume. Bei eher reicheren Grossfamilien war es üblich, dass man eine Magd oder einen Knecht beschäftigte, welchen man im Dachgeschoss eine Kammer zuteilte. Man kann noch heute erahnen, dass dort fürchterliche klimatische Verhältnisse geherrscht haben mussten. Im Sommer wurde das Knechten-Zimmer durch die unisolierten Blech-Dächer auf über vierzig Grad aufgeheizt, im Winter herrschten dort Minus-Temperaturen.

Reich mit Sgraffito verziertes, kleines Fenster mit einer traditionellen, keilförmigen Leibung

Engadinerhäuser wurden damals gemeinsam in der Familie und mit Nachbarn Stein für Stein aufgebaut. Man legte den Grundstein auf die nackte Erde und hievte für die unteren Bereiche des Gebäudes auch schwerere Brocken heran. Je weiter nach oben man angelangte, desto kleinere Bruchsteine aus dem nahen Inn verwendete man. Das geschah ohne Anleitung eines Architekten oder Bau-Spezialisten. Es ist daher noch heute nicht ungewöhnlich, dass man sehr schiefe Mauern bestaunen kann, die auf einer Gesamt-Höhe von zehn Metern um über einen Meter ins Gebäude hinein zu kippen scheinen. Das ist nicht weiter tragisch. Sie hielten sich mehrere hundert Jahre aufrecht, also dürften sie auch noch eine Weile stehen bleiben. Fenster gestaltete man so klein wie möglich und nur so gross wie nötig. Grosse Fensteröffnungen würden viel Wärme entweichen lassen. Man achtete nicht darauf, wo genau man diese einbaute. Man erkennt auch als Laie heute sofort, ob über die vergangenen Jahrzehnte hinweg neue Fenster in ein Engadinerhaus eingebaut wurden. Wenn diese sauber auf einer waagrechten Linie ausgerichtet sind, müssen sie aus jüngerer Zeit stammen. Was man damals anscheinend nicht verstand, waren die Dämmwerte der Mauern. Eine Bruchsteinmauer von einem Meter Dicke verfügt über kaum mehr Dämmwert als ein Holz-Brett. Man dachte daher nicht ganz zu Unrecht, dass man mit kleinen Fensteröffnungen weniger Wärme aus dem Haus verlieren würde, obwohl ein grosser Teil der Wärme durch die Wände abhanden kam. Um mehr Licht ins Haus strömen zu lassen, wandte man den Trick mit der sich nach aussen öffnenden, keilförmigen Fensterleibung an. Der dadurch sich ergebende Effekt verleiht dem Engadinerhaus einen zusätzlichen Charme.

Im Innern des Hauses waren nur wenige Bereiche so beheizt, um sich in den kalten Wintern ohne zu frieren darin aufzuhalten. In den Schlafräumen war es üblich, dass man am Morgen schöne Eisblumen am Fenster bestaunen konnte. Den Nacht-Topf leerte man nicht aus, man klopfte ihn aus, weil der Inhalt darin gefroren war. Geheizt wurde oft nur die Stüva. Noch heute ist es faszinierend, mit wie wenig Holz man einen funktionierenden Engadiner-Ofen vierundzwanzig Stunden lang warmhalten kann. Die Stüvas wurden oft mit einer sehr niedrigen Decke ausgestattet. Einerseits waren die Menschen sichtbar kleiner als der moderne Mensch, andererseits konnte man in niedrigen Räumen mit weniger Energie eine einigermassen angenehme Raumtemperatur erreichen. In der Chadafö war es warm, weil man in Metall-Öfen über offenem Feuer kochte. Die Chadafö ist aber in der Regel viel zu klein um darin eine damals übliche Grossfamilie zu verköstigen. Es war nicht unüblich, in einer einzigen Familie eine zweistellige Kinderschar vorzufinden. An kalten Abenden versammelte man sich um den Tisch in der Stüva, ass gemeinsam ein kärgliches Mahl und wenn es Bett-Zeit wurde, stieg der Hausherr die schmale Treppe über dem Ofen hinauf, um die in die Decke eingelassenen Holzklappe zu öffnen. Damit stellte er die «Heizung» im Eltern-Schlafzimmer ein, indem die warme Luft aus der Stüva in den darüber liegenden Raum entwich. So genossen die Eltern gegenüber der Kinderschar das Privileg, ihren Schlaf bei Plus-Graden geniessen zu können.

Engadiner-Ofen in einer Stüva aus dem frühen 18. Jahrhundert. Der obere Bereich wurde in den 60ern des letzten Jahrhunderts mit Kacheln belegt. Traditionell ist ein solcher Ofen nur verputzt und weiss gekalkt.

Hinter dem Ofen führt eine schmale Treppe hinauf zu einer Decken-Klappe, welche den Zutritt ins Eltern-Zimmer erlaubt.

Engadinerhäuser verfügen über einen «kalten Estrich», in welchem manchmal auch das Knechten-Zimmer eingebaut wurde. Was für die damaligen Bewohner eher unangenehm war, erweist sich heute bautechnisch als Segen. Die Dachbalken konnten so über Jahrhunderte hinweg vollständig austrocknen und auch heute noch schwere Schneelasten tragen. Erwägt man hingegen, ein kaltes Dachgeschoss in Wohnraum umzugestalten, sind weniger amüsante Überraschungen vorprogrammiert. Wenn man die «wunderschönen» alten Dachbalken in diese Neu-Nutzung einbeziehen will, muss man sich nicht wundern, wenn diese wenige Jahre später in den frisch isolierten Räumen morsch werden und keine Lasten mehr tragen können.

Ein ähnlicher Effekt mit gegenteiliger Wirkung erlebt man in den Kellern der Engadinerhäuser. Da man keine Fundamente einbaute, steht man dort unten auf nackter Erde. Die Luftfeuchtigkeit in diesen Kellern ist so hoch, dass Wände feucht oder gar nass sein können. Ich würde davon abraten, im Keller eines Engadinerhauses Akten aus Papier zu lagern. Das scheint aber dem alten Gemäuer nicht negativ anzuhaben. Im Gegenteil. In diesen Kellern kann Gemüse wunderbar gelagert werden, über den ganzen Winter. Im Kloster San Jon in Val Müstair lebt eine betagte Nonne, welche das Geheimnis kennt, wie man Blatt-Salat in solchen Kellern überwintern kann. Wenn man die Idee verwirklichen will, einen solchen Keller als Wohnraum umzugestalten, wäre es nicht ungewöhnlich, wenn man damit ungewollt eine «Fleur du sel»-Kolonie züchten würde. Der in den Bruchsteinen gelagerte Salpeter tritt in flaumigen Figuren aus den Mauern, was schliesslich nichts anderes ist, als die erwähnte Salz-Spezialität. Damit man den Wohnraum später wirklich nutzen kann, sind umfangreiche Vorkehrungen zu treffen. Ein einfaches Fundament reicht dazu nicht aus. In den folgenden Kapiteln gehe ich auch auf solche Themen näher ein.

Innen-Ansicht eines Tablàs, der am Engadinerhaus angebauten Scheune

Eines aber bleibt. Egal wie man ein Engadinerhaus in der heutigen Zeit nutzen will. Man soll und darf den speziellen Charakter nicht mit den Anforderungen an moderne Bauten zerstören. Eine Aussenisolation zerstört das Gesicht des Hauses. Moderne Fenster aus Metall oder gar Kunststoff ebenfalls. Eine alte Stüva auszubauen und durch einen modernen Raum zu ersetzen, erachte ich ebenso als Tod-Sünde, wie die Begradigung einer Rundbogen-Decke einer Chadafö. Ebenso unnötig sind Begradigungen von krummen Wänden, Vergrösserungen von Tür-Durchgängen und das Verputzen von bestehenden Räumen. Engadinerhäuser haben in ihrem mehrhundertjährigen Bestehen viele Anpassungen und Eingriffe erfahren. Dort ein neuer Durchgang, hier ein weiteres Zimmer, da gar ein Anbau. Diese Änderungen darf man sichtbar lassen. Sie erzählen einen Teil der Geschichte des Hauses. Wenn man heute in einer mehrhundertjährigen Stüva sitzt und auf das Buffet mit einer Jahreszahl aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert blickt, man sich von der ungemütlichen Sitzbank am wackeligen Tisch erhebt und auf die abgetretene erste Stufe der kleinen Treppe beim wuchtigen Ofen sieht, dort an die kunstvoll geschnitzten Deckenbalken aus uralter Arve blickt, dann sollte man die Augen schliessen und in sich hören. Staune nicht, wenn Dir unvermittelt der Haus-Geist zulächelt. Du siehst in Deinen Gedanken Bazegner, Grossvater auf der Ofenbank hocken, wie er sich den Rücken wärmt und mit schwieligen Händen an einem Stück Holz herum schnitzt. Du nimmst Nona, also Grossmutter wahr, wie sie am Fenster sitzt, um ihre Häkel-Arbeit im schwindenden Tageslicht zu vollenden. Dir wird bewusst, dass es in diesem Raum anders riecht als in anderen Zimmern. Was genau ist es? Ist es der welkende Arven-Holz-Duft, der auch nach mehreren hundert Jahren noch wirkt? Du öffnest die Augen und denkst: «es ist irgendwie magisch»!

Neubau anstatt Umbau?

Die obigen Zeilen klingen romantisch, aber viele Punkte sprechen dafür, dass man sich auf der «grünen Wiese» sein neues Heim erstellen sollte. Eine der wichtigsten Argumente für einen Neubau sind die notwendigen Investitionen. Man gräbt eine Grube für das Fundament und die Kellerräumlichkeiten. Man verbaut die vorgesehene Wohnfläche und die Nebenräumlichkeiten und zum Schluss kommt noch ein Dach drauf. Das alles hat man in der Schweiz schon millionenfach getan, in unendlich vielen Varianten. Die Erfahrungswerte sind heute so exakt, dass man einen Bau auf zehntausend Franken genau planen und realisieren kann. Du legst Dein Budget fest und hältst Deine finanziellen Vorgaben ein. Das nennt man finanzielle Planungs-Sicherheit. Klar, so einfach ist es in der Praxis dann doch nicht. Es kann unendlich viel schiefgehen, vor allem, wenn Du selber während der Bauerei immer wieder mit neuen Ideen aufkreuzt oder Deine Baupartner nicht seriös arbeiten. Bei einem Neubau ist das Risiko eines finanziellen Fiaskos dennoch viel geringer als bei einem Umbau.

Neubau versus Umbau 1:0

Der Investitions-Bedarf für die Schaffung einer ähnlichen Wohn-Situation ist bei einem Neubau wesentlich tiefer

Nicht nur in diesem Punkt ist der Neubau einem Umbau grundsätzlich überlegen. Finanziell richtig toll wird der Vergleich, wenn man die Kosten pro Kubikmeter anschaut. Das ist der herkömmliche Vergleichs-Wert aus all den Erfahrungszahlen, wenn man erst einmal «Daumen hoch» abzuschätzen versucht, ob das eigene Budget reicht, um sein Traumhaus erstellen zu können. Ein guter Planer kann in kürzester Zeit eine erste, recht genaue Schätzung abgeben, wenn Du vorher gemeinsam mit ihm Deine Wohn– und Qualitäts-Wünsche ermittelt hast. Habt Ihr Euch auf einen m3-Preis von vielleicht tausend Franken geeinigt, lässt sich rasch ermitteln, wie viel man für den eigentlichen Bau des Hauses einsetzen müsste. In dieser Berechnung sind alle Elemente des Hauses einkalkuliert, also auch sanitäre Leitungen, die elektrische Installation, eine entsprechende Küche, Bodenbeläge und so weiter. Der errechnete Betrag entspricht nicht den Gesamt-Investitionen, weil noch Umgebungs-Arbeiten, Vorbereitungs-Arbeiten, Gebühren, Nebenkosten und weiteres dazu gerechnet werden müssen. Vergleichbar zum Umbau ist diese Zahl aber trotzdem. Und da wird sich sehr rasch zeigen, dass der Neubau dem Umbau auch in diesem Punkt weit überlegen ist. Der Umbau ist ganz einfach viel teurer, vor allem bei einem Engadinerhaus und erst recht, wenn auch noch der Tablà ausgebaut werden soll. Auch hier «Daumen hoch» gerechnet, muss man mit dem Faktor von mindestens zwei rechnen, um ein ähnliches Ergebnis wie beim Neubau erzielen zu können.

Neubau versus Umbau 2:0

Die finanzielle Planungs-Sicherheit ist beim Neubau mit viel weniger Risiken behaftet

Neubau versus Umbau 3:0

Die Einteilung der einzelnen Räume ist bei einem Neubau flexibel

Es sind aber nicht nur finanzielle Aspekte, welche den Neubau im Rennen gegen den Umbau in Front bringen. Betrachten wir doch mal die Raumeinteilung. In einem Engadinerhaus dominiert auf den ersten Blick der Piertan, der Eingangs-Bereich im Erdgeschoss. Bei einer Gebäude-Grundriss-Fläche von hundert Quadrat-Metern dürfte der Piertan etwa die Hälfte belegen. Das sind fünfzig wertvolle Wohn-Quadrat-Meter, bei welchen der moderne Mensch nicht richtig weiss, wie er diese nutzen soll. In der Regel ist der Piertan auf den Dorf-Brunnen ausgerichtet, verfügt damit kaum über eine andere Aussicht. Er wurde oft nur mit minimaler Fensterfläche ausgestattet, was den grossen Raum sehr dunkel wirken lässt. Der Piertan ist wegen seiner Ausmasse auch am schlechtesten warm zu kriegen. Wenden wir uns der Stüva zu. Sie ist oft nicht sehr gross. Befinden sich mehr als vier Personen darin, wird es für den modernen Menschen echt eng. In der Chadafö ist es noch schlimmer mit dem vorhandenen Raum. Durch die einleitend erzwungene Bauart mit Rund-Bogen-Decke sind die Chadafös recht schmal und lassen nur eine einfache Küchenkombination zu. Für einen vernünftig grossen Esstisch findet man keinen Platz. Noch schlimmer ist die Frage nach der potentiellen Nutzung der Spensa. Hier ein Schlafzimmer oder ein Büro einzurichten, dürfte dem Planer viel Kreativität abverlangen. Schmaler Raum, Rund-Bogen-Decke und bewusst nicht isoliert da als Kühlschrank-Ersatz konzipiert. Verlassen wir das Erdgeschoss und wenden uns den anderen Etagen zu. Alleine schon die Platzierung des Treppen-Auf- oder -Abgangs im Engadinerhaus lässt Planer leicht verzweifeln. Er befindet sich oft in der hintersten Ecke des Piertans, damit er die Durchfahrt des Heuwagens nicht störte. Will man ein riesiges Engadinerhaus in mehrere Wohneinheiten unterteilen, muss man gut überlegen, wie man das vorhandene Treppenhaus einbinden will.

Bevor wir noch näher auf die anderen Etagen eingehen, blicken wir auf die Möglichkeiten des Neubaus. Bei einem Neubau ist der Grundriss, ja auch die Anzahl Geschosse nicht vorbestimmt. Du kannst gemeinsam mit dem Planer Deinen idealen Grundriss, Deine idealen Wohn- und Nebenräume konzipieren und realisieren. Einschränkungen erfährst Du nur durch die Baugesetze, Dein verfügbares Budget und das vorgesehene Grundstück.

Neubau versus Umbau 4:0

Der Lichteinfall und die Lichtverhältnisse sind in einem Neubau viel besser

Wir stehen bei etwa drei zu Null zu Gunsten des Neubaus. Wir sind aber noch nicht fertig. Vergleiche mal ein modernes Terrassenhaus mit einem Engadinerhaus. Im Terrassenhaus dominieren Fensterfronten. Entsprechend toll sind die Lichtverhältnisse in den Räumen und natürlich auch die Aussicht. In Engadinerhäusern ist es besonders im Sommer nicht immer ideal, sich im Innern aufhalten zu müssen. Auch bei strahlendem Sonnenschein ist es für einen modernen Menschen unausweichlich, dass er das elektrische Licht einschalten muss. Einen weiteren Nachteil bezüglich Licht im Engadinerhaus haben wir einleitend schon angesprochen. Oft sind sie auf den Dorf-Brunnen ausgerichtet, was durchaus auch in Richtung Norden sein kann. Erschwerend kommt hinzu, dass der Lage des Tablàs damals mehr Gewicht zugemessen wurde, als dem eigentlichen Wohnhaus. Ein Tablà musste möglichst nach Süden ausgerichtet sein, damit das Heu besser trocknen konnte.

Einen weiteren Punkt zum fünf zu Null zu Lasten des Engadinerhauses gewinnen wir mit dem Neubau in Zeiten der Energie-Wende. Die in den vergangenen, wenigen Jahrzehnten gewonnenen Erkenntnisse zur Wärme-Erzeugung und erst recht zur Wärme-Dämmung fliessen schon aus gesetzlichen Gründen in die Planung von Neubauten ein. Stichworte wie «Minergie-Standard» oder «energieneutrale Gebäude» zeigen auf, wohin sich die Bauwirtschaft bewegen wird. Bei einem Neubau kann man all dies optimal vorsehen und entscheiden, wie man seine vier Wände gegen Wärmeverlust schützen und mit welchen Wärme-Quellen man heizen soll. Ein Engadinerhaus ist diesbezüglich katastrophal. Meter-Dicke Bruchsteinmauern mit miserablen Dämmwerten, keine Fundamente, kalte Dachgeschosse die kaum gegenüber den Wohnbereichen isoliert sind, wunderschöne aber undichte Fenster mit Einfachverglasung, schlechter Lichteinfall und dadurch kaum passive Wärme-Erzeugung durch einfallendes Sonnenlicht. Geheizt wurden sie durch Brennholz mit noch heute in den pittoresken Dörfern sichtbaren Rauch-Immissionen. In den Sechzigern und Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts baute man Elektroheizungen ein, um sie für den modernen Menschen auch im Winter bewohnbar zu machen. Sicher, man kann das teilweise korrigieren, zerstört dabei aber oft die vorhandene, sichtbare Bausubstanz.

Neubau versus Umbau 5:0

Die Energie-Bilanz eines Neubau dürfte derjenigen des Umbaus immer überlegen sein

Also, wenn Du bis hierher alle diese Vorteile eines Neubaus gelesen hast und Dich nun fragst, weshalb Du Dich jetzt noch für den Kauf eines Engadinerhaus entscheiden solltest, um es danach gar noch umzubauen, damit es modernen Ansprüchen genügt, dann bist Du genau dort angelangt, wo ich Dich haben wollte. Überlege Dir ganz genau, was Du Dir antust, wenn Du Dich für das Engadinerhaus entscheidest. Auf was legst Du besonders grossen Wert, wenn Du an Deinen Traum, ein Zweit-Domizil in den Bergen zu erwerben denkst? Ist es moderner Komfort ohne Wenn-und-Aber? Möchtest Du im Unterland nicht daran denken müssen, was alles noch im Ferienhaus erledigt werden muss, wenn Du das nächste Mal den Vereina-Tunnel durchqueren wirst. Willst Du gute Lichtverhältnisse in den Innenräumen? Sind Deine finanziellen Mittel so beschränkt, dass Du Dir keine Überraschungen erlauben darfst? Interessieren Dich die Geschichte, die Kultur, die Menschen am Ferienort oder willst Du dort vor allem abschalten, skifahren, biken, wandern?

Ich denke, dass es sehr wichtig ist, sich diese Fragen zu stellen und ehrlich zu beantworten. Zwischen den beiden vorgängig verglichenen Extremen «Kauf und Umbau eines Engadinerhauses» und «Neubau» gibt es etliche Zwischenlösungen. Man kann bereits Besitzer eines Engadinerhauses sein, vielleicht aus einer Erbschaft und vor der Frage stehen, ob man sich diese Umbauerei für eine spätere Nutzung antun will. Man kann bestehende Wohneinheiten erwerben, welche vom jetzigen Besitzer nicht mehr benötigt und veräussert werden. Auch dann stellt sich die Frage: «will ich möglichst fix-fertig übernehmen oder nach meinen Ideen umgestalten?»

Der Umbau eines Engadinerhauses dürfte in fast allen Fällen mit Überraschungen verbunden sein. Überraschungen müssen sich per se nicht negativ auswirken. Sie können, je nach persönlicher Einstellung und finanziellen Möglichkeiten auch sehr erfreulich sein. Im Gegensatz zu einem Neubau sollte man den Umbau eines Engadinerhauses mindestens sehr eng persönlich begleiten - vor Ort. Dazu muss man nicht zwingend über Spezial-Wissen zu Umbauten verfügen, wenn man mit Spezialisten zusammenarbeitet. Aber man sollte sich in die Geschichte eines solche Gebäudes hineindenken und fühlen können, sowie über ein gutes Vorstellungsvermögen verfügen, damit man den Spezialisten erklären kann, was man will. Der Umbau eines Engadinerhauses, vor allem des eigenen, ist ein Lebensprojekt, mit entsprechenden Anforderungen an Deinen persönlichen Einsatz. Wenn Du dazu bereit bist, dann solltest Du das Buch weiterlesen.

Das neue Zweitwohnungs-Gesetz

Seit dem 11. März 2012 ist es im Engadin nicht mehr so einfach, einen Neubau zu planen und zu realisieren. Damals hat das Schweizer Volk der Initiative «Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen» zugestimmt. Da politisch niemand ernsthaft daran geglaubt hatte, dass diese radikale Initiative vom Volk angenommen werden könnte, herrschte in den ersten Wochen nach dem Entscheid grosse Konfusion, ja Panik bei allen Betroffenen. Der Initiativ-Text besagte, dass man per 1.1. des Folgejahres damit loslegen sollte. Die verantwortliche Bundesrätin Doris Leuthard meinte aber am Abstimmungs-Sonntag, dass eine Verfassungs-Initiative immer sofort wirksam sei. Was nun? Konnten bestehende Projekte fertiggestellt werden? Durften noch nicht gestartete, aber bewilligte Projekte realisiert werden? Galt nun der 11. März 2012 oder der 1. Januar 2013 als Start-Datum? Nach wenigen Wochen musste auch der Bunderrat feststellen, dass man eine Übergangslösung präsentieren musste. Zu viel Geld stand auf dem Spiel, zu unklar waren allfällige Schadenersatz-Ansprüche an Gemeinden, Kantone, ja gar an den Bund. Man einigte sich auf eine Lösung, welche mit einem Start-Datum 1.1.2013 für das neue Gesetz gelten sollte. Der Gemeinderat von Scuol nutzte den vom Bund erteilten Freiraum und legte fest, dass dies für unsere Gemeinde bereits per 1. September 2012 gelten sollte. Trotzdem konnten damit insofern grössere finanzielle Schäden für Betroffene vermieden werden, indem viele Bauvorhaben bis zu diesem Datum bewilligt und später realisiert werden konnten. In der Folge entstand ein Überangebot an Zweitwohnungen, welches erst Jahre später einigermassen abgebaut wurde.

Das seit 1. Januar 2016 in Kraft getretene Bundesgesetz besagt aber klar und deutlich: auf der grünen Wiese dürfte es keine neuen Zweitwohnungen mehr geben. Für Scuol heisst das, wenn dieses Gesetz nicht irgendwann einmal angepasst werden sollte, dass für Jahrzehnte keine neuen Zweitwohnungen auf der grünen Wiese mehr entstehen werden. Wenn ich den Bedarf an Zweitwohnungen, aber auch die bestehenden Bausünden aus den letzten Jahrzehnten hier in Scuol betrachte, kann ich diesen Punkt des neuen Gesetzes nachvollziehen. In unserer überregulierten Schweiz ist es aber anscheinend nicht möglich, es bei einer einzigen, klaren Einschränkung zu belassen. Nein, man musste auch noch die gebeutelte Hotellerie im Engadin mit in dieses Gesetz einbeziehen, seit Jahrhunderten bestehende Gebäude neu durch regulieren, die Nutzung bestehender Gebäudehüllen einschränken.

Abstimmungs-Kampf im Jahre 2012 zur Initiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen“

Dazu ein paar Worte zur Hotellerie im Unterengadin. Sie besteht heute fast ausschliesslich aus kleineren und wenigen mittelgrossen Hotels. Oft sind sie familiengeführt, seit Generationen. Irgendwelche Politiker im fernen Bern haben irgendwann noch vor Annahme der Zweitwohnungs-Initiative beschlossen, dass Hotels mit weniger als 100 Betten nicht rentabel sein können. Die Banken freuten sich über diese Aussage, da sie damit die eher schwierig zu finanzierenden Hotels nicht mehr unterstützen mussten. Ins selbe Horn stiess auch die staatliche Schweizerische Gesellschaft für Hotel-Kredit, welche zu jedem Hotel-Bau- oder -Umbau-Projekt ihren Segen geben muss. Wenn die SGH mit Unterstützung der Politik bei einem eingereichten Hotel-Projekt den Daumen nach unten hält, wird der Projekt-Initiant in der ganzen Schweiz keine Bank finden, die ihm trotzdem helfen würde - auch im Engadin nicht. Die Folge? Niemand kauft mehr im Unterengadin ein kleines Hotel, weil der Betreiber in Pension gehen möchte und bisher noch keine Nachfolge-Lösung gefunden hat. Es gibt Menschen, die glauben diese politische Mähr nicht, nämlich das kleine Hotels nicht rentieren könnten. Wollen sie daher trotzdem ein solches Hotel im Unterengadin erwerben, wird ihnen keine Bank zur Seite stehen. Ich kenne persönlich mehrere Hoteliers hier in Scuol und naher Umgebung, die in dieser Falle sitzen. Der eine ist schon über fünfundsiebzig Jahre alt und kann nicht aufhören, weil er damals sein gesamtes Pensions-Kapital in sein Hotel gesteckt hatte. Die Politik will nur noch Hotels mit mehr als 100 Betten. Die Strukturbereinigung, wie sie das nennen, lässt die Hotel-Infrastruktur im Unterengadin auf die kommenden Jahrzehnte hinaus zu Grunde gehen. Aber vielleicht schaffen es ja unsere Tourismus-Verantwortlichen, all die Gäste, die seit Dekaden in unseren kleinen, persönlichen Hotels genächtigt haben, davon zu überzeugen, in Zukunft in einem unpersönlichen Riesen-Haus zu übernachten. Sofern ein solches je hier in Scuol erstellt wird.

Das ehemalige Hotel „Lischana“ am Dorfeingang von Scuol. An den Fenstern im Erdgeschoss warnen Tafeln vor herunterfallenden Fassaden-Teilen

Das ist die eine Seite der Medaille, aber was uns Umbau-Willige mehr interessieren dürfte, wäre die Möglichkeit, so ein Objekt anzupacken, neu zu gestalten und wieder zu beleben. Wieso also verkauft der Hotelier das vielleicht schon seit hundert Jahren bestehende Haus nicht an einen Immobilien-Spezialisten, damit dieser daraus Wohnraum schaffen könnte? Die «grüne Wiese» würde davon nicht betroffen, das bestehende Gebäude weiter genutzt. Denkste! Das neue Bundesgesetz sieht unter komplizierten Bedingungen vor, dass man eventuell die Hälfte des Gebäudes in Zweitwohnungen umnutzen darf. Ich gehe nicht näher auf diese unsinnigen, komplizierten Bedingungen ein, frage hier aber:

«…und was macht man mit der anderen Hälfte des leer stehenden Hotels?»

In Scuol wollen wir dieses Gesetz gar noch verschärfen und lassen nicht zu, dass ein leeres Hotel überhaupt in Wohnraum umgenutzt werden darf. Hast Du schon einmal das am Dorf-Eingang gelegene Hotel Lischana studiert? Wenn man auf dem Gehsteig auf der Seite zum Hotel steht, warnen Tafeln vor herunterfallenden Fassaden-Teilen.

Ein Tablà, eine Scheune mit dem typischen, aus Bruch-Stein gemauerten Eck-Pfeiler und einer Lobgia, einem Balkon.

Unten ist der direkte Zugang in die Stalla, den Stall ersichtlich

Eine ähnlich unsinnige Regelung haben unsere Parlamentarier für bestehende Wohnobjekte in dieses neue Gesetz hineingepackt. Bestehende Objekte, wie beispielsweise ein Engadinerhaus, stehen normalerweise schon seit hunderten von Jahren dort wo sie sind. Was sich darin abspielt, müsste eigentlich egal sein. Den damaligen Initianten stiess vor allem auf, dass man auf der «grünen Wiese» weiterhin Zweitwohnungen bauen wollte. Wenn man ein Engadinerhaus, bestehend aus Wohn-Teil und Tablà vor sich stehen hat, blickt man darauf, wie damals mein Ur-Ur-Ur-Ur-Grossvater. Ein grosser Unterschied besteht darin, dass der Tablà seit einigen Jahrzehnten nicht mehr vernünftig genutzt wird. Darin befindet sich bestenfalls Brennholz für den Wohn-Teil, im Normalfall steht dort unendlich viel Gerümpel herum, den man nicht der teuren Kehricht-Abfuhr überführen will. Also werden Tablàs in der Regel von ihren Besitzern nicht gerade toll unterhalten, viele drohen in den kommenden Jahrzehnten gar einzustürzen. Viele dieser alleine in Scuol stehenden Tablàs – es sollen über dreihundert sein - würden sich daher gut eignen, Wohnraum für unsere Gäste zu schaffen. Das neue Bundesgesetz und auch der Kanton Graubünden haben dazu eine Ausnahme geschaffen, die man «ortsbildprägende Bauten» nennt. Die Gemeinde Scuol aber will diese Vorgaben verschärfen, indem man weitere Einschränkungen ins Baugesetz einbauen soll. So dürfte beispielsweise in einem Tablà nur dann Zweitwohnungs-Raum entstehen, wenn mindestens eine Einheimischen-Wohnung darin erstellt wird. Wieso alle bestehenden Tablàs nicht schon vorher, also vor Annahme der Zweitwohnungs-Initiative von Einheimischen als Wohnraum ausgebaut worden waren, scheint sich unser Souverän nicht zu überlegen. Einheimische wollen ganz einfach nicht ganzjährig in einem Tablà untergebracht sein. Sie monieren genau diejenigen Punkte, welche im vorherigen Kapitel im Buch behandelt wurden.

Darf man wenigsten den Dachstock eines Engadinerhauses ausbauen? Jein. Ein Engadinerhaus wurde damals für Grossfamilien konzipiert. Es war durchaus üblich, dass darin eine zweistellige Anzahl Kinder herumtollte. Entsprechend viele Räume stehen heute zur Verfügung. In der Stadt Zürich leben heute zwei Drittel der Menschen in einem Zwei- oder gar Ein-Personen-Haushalt. Engadinerhäuser sind tendenziell viel zu gross für einen modernen Haushalt. Es liegt daher nahe, dass man solche Objekte in mehrere, kleinere Einheiten unterteilt. Will man dies tun, verbietet das neue Gesetz, allfälligen Leer-Raum auch noch in Wohnraum umzugestalten. Wenn man hingegen das gesamte Engadinerhaus so belässt, wie es ist, nämlich viel zu gross, dann darf man den Dach-Stock ebenfalls in Wohnraum umgestalten – als Zweitwohn-Raum! Die Logik dahinter verstehen wohl nur Politiker, die maximal ein verlängertes Wochenende pro drei Jahre in einem Ferienort in den Bergen verbracht haben.

Studiere das neue Zweitwohnungs-Gesetz so genau wie nur möglich.

Es bietet viele Fallstricke, die Dir auch noch nach Jahren oder Jahrzehnten vor die Füsse fallen können.

Das heisst also, wenn Du Dir einen neuen Zweitwohnsitz im Engadin erstellen willst, bist Du zu spät dran mit diesem Wunsch. Das neue Bundesgesetz sieht zwar die Möglichkeit vor, unter gewissen Umständen eine Ersatz-Liegenschaft erstellen zu dürfen, wenn man einen Altbau nicht mehr umbauen kann und abgerissen werden müsste. Die Bedingungen dafür sind aber von Gemeinde zu Gemeinde verschieden und sehr restriktiv, weil man alte Bausubstanz im Engadin möglichst erhalten will. Wenn man hingegen auf der grünen Wiese bauen möchte, müsstest Du Deinen Lebensmittel-Punkt hierher zu uns verlegen – was ich vor zehn Jahren getan habe und es noch keinen Tag bereute.

Soll ich?

Du hast Dich also entschieden, keinen Neubau zu planen, sondern tiefer in die Welt eines Umbaus eines Engadinerhauses einzutauchen. Entweder Du bist schon Besitzer eines solchen Kleinods oder Du beabsichtigst, eines zu erwerben. Für die folgenden Überlegungen spielt das keine Rolle. Vielleicht entscheidest Du als jetziger Besitzer eines solchen Hauses nach der Lektüre des Buches, Dein Objekt einem Makler zu übergeben, damit er es für Dich verkaufen soll. Dann aber würdest Du das mit gutem Gewissen tun, weil Du alle Aspekte rund um den Besitz eines solchen Gebäudes sauber durchdacht hast und zum Entscheid gelangtest:

«Das ist nichts für mich»

Wenn Du aber das Buch bis hierher gelesen hast, sehe ich wenig Gründe, dass Du Deinen Wunsch nicht realisieren solltest.

Wenn Du erst den Wunsch dafür hegen solltest, aber noch nicht Besitzer bist, stehst Du vor einem nicht ganz unwesentlichen Problem. Wie gelangst Du an Dein Traum-Objekt? Ohne zu tief in Statistiken wühlen zu müssen, würde ich meinen, dass kaum mehr als tausend solcher Objekte im Unterengadin zu finden sind. An der Öffentlichkeit sichtbar zum Verkauf ausgeschrieben dürften es pro Jahr vielleicht ein bis maximal zwei Dutzend sein. Oft werden diese gar nicht ausgeschrieben. Immer wieder darf ich feststellen, dass sich beispielsweise Erben ein wenig schämen, nur schon den Gedanken zu fassen, so ein Haus verkaufen zu wollen. Tritt man direkt an solche Menschen heran und erklärt ihnen, was man mit dem Haus beabsichtigen würde, kann man durchaus auf offene Ohren stossen und sich auf einen Kauf einigen. Wenn man sich vor Ort nicht mit diesen Gepflogenheiten auskennt, sollte man sich an einen seriösen Makler wenden. Dieser kann bei solchen potentiellen Verkäufern mit dem Hinweis vorsprechen:

«Ich hätte da vielleicht Jemanden…».

Ein seriöser Makler weiss auch Bescheid, wo bald einmal ein Objekt frei werden könnte. Oft wollen potentielle Verkäufer ihr Objekt gar nicht öffentlich ausschreiben und wenden sich deshalb diskret an den Makler. Der wiederum wird in seiner Kartei potentielle Käufer registriert haben, die genau so etwas suchen. Für seine Bemühungen stellt der Makler dem Verkäufer Rechnung, welche fast ausschliesslich auf einem tiefen Prozent-Satz im Verhältnis zum abgeschlossenen Kaufpreis basiert. Der Käufer zahlt dem Makler in der Regel nichts. Das ist beispielsweise in Italien nicht so. Dort verrechnen die Makler sowohl dem Verkäufer wie auch dem Käufer eine nicht zwingend identische Gebühr. Solange Du in der Schweiz als Käufer auftrittst, wird Dir ein Makler keine Rechnung stellen, auch wenn es mit einem Kauf klappen sollte. Daher spricht eigentlich nichts dafür, sich selber ohne Unterstützung eines Maklers um ein so spezielles Objekt zu bemühen.

Einen seriösen Makler zu beauftragen, Dir beim Kauf eines Engadinerhauses zu helfen, bringt nur Plus-Punkte und zudem kostet er Dich nichts.

Ich erwähnte einleitend, dass man in der Öffentlichkeit kaum mehr als ein oder zwei Dutzend Engadinerhäuser zum Verkauf ausgeschrieben sieht. Wieso ist es dann möglich, dass ich heute im Internet vielleicht gleich eine Handvoll solcher Objekte ausgeschrieben sehe? Nun, beim Erwerb eines Engadinerhauses ist es nicht anders, als mit anderen Objekten. Obwohl ich einleitend das Magische, das Faszinierende, das Spezielle eines Engadinerhauses beleuchtete, sind nicht alle a priori toll und gehen weg wie warme Semmeln. Ich gehe dazu auf einige Punkte ein.