Ich liebe einen Dämon - Veronica Moonlight - E-Book

Ich liebe einen Dämon E-Book

Veronica Moonlight

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Beschreibung

Schockierende Morde halten die Stadt Oldenburg in Atem. Frauen werden auf offener Straße blutleer aufgefunden. Der sogenannte Vampirkiller geht um. Die Polizei steht vor einem Rätsel, da der Täter nie Spuren hinterlässt. Auch die 21 jährige Vanessa ist verängstigt. Als sie eines Abends dem Vampir Lukas begegnet, ist klar, dass Vampire existieren. Allerdings behauptet er nicht der Killer zu sein, sondern diesen zu verfolgen. Doch kann man einem Vampir wirklich trauen? Düster, melancholisch und romantisch. Egal, ob man auf Krimis, Liebesgeschichten oder Vampirgeschichten steht - Hier ist für jeden was dabei.

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Seitenzahl: 357

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Veronica Moonlight wurde 1992 in Wuppertal geboren. Als sie zwei Jahre alt war, zog sie mit ihren Eltern nach Oldenburg.

Ihre Eltern lasen ihr immer viel vor, wodurch sie auch selber sehr gerne und gut, anderen später vorlas. Schon in der Grundschule zeigte sie immer große Begeisterung, wenn es darum ging, Aufsätze und Geschichten zu schreiben.

Im Alter von zwölf Jahren begann sie ihre ersten Gedichte zu schreiben. Im Jahr 2014 fing sie mit ihrer ersten Geschichte „Immer wenn die Nacht kommt“ an, welche aber nie fertig gestellt wurde. Ein paar Jahre später schrieb sie die erste Kurzgeschichte (Der verliebte Nosferatu), der viele weitere Geschichten folgten. Ihren ersten Roman (Ich liebe einen Dämon) begann sie 2018.

Veronica Moonlight

Ich liebe einen Dämon

Roman

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

© 2023 Veronica Moonlight

ISBN Softcover: 978-3-384-07432-4

ISBN Hardcover: 978-3-347-96213-2

ISBN E-Book: 978-3-384-07433-1

Druck und Distribution im Auftrag :

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926

Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist Veronica Moonlight verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne Erlaubnis unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Danksagung

Bonus – Ursprüngliche Geschichte für Maddy

Ich liebe einen Dämon

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Titelblatt

Urheberrechte

Kapitel 1

Bonus – Ursprüngliche Geschichte für Maddy

Ich liebe einen Dämon

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Kapitel 1

„Ach, ist das herrlich“, sagte ich, als ich an mein geöffnetes Wohnzimmerfenster trat und die angenehm kühle Nachtluft einatmete. Gerade in den Sommermonaten waren die Nächte eine wahre Wohltat. Tagsüber war es ja hingegen manchmal schon eine schweißtreibende Aufgabe, auch nur den kleinen Finger zu heben. Ich überlegte kurz, konnte dann allerdings nicht mehr widerstehen, schloss das Fenster und zog mich um, um noch einen Abendspaziergang zu machen.

Auch wenn es in der Nacht kühler war, hieß das nicht, dass es wirklich kalt war, eher angenehm. Also zog ich mir keine Jacke an, sondern einfach nur ein schwarzes Shirt mit Spaghetti-Trägern, einem passenden, knielangen Rock, in den ein Blumenmuster eingearbeitet war, allerdings mit ebenfalls dunklen Farben und schwarzen Sandalen. Noch ein kurzer Blick in den Spiegel und fertig.

Mein Weg führte mich unter anderem durch offene Hinterhöfe und dunkle Gassen. Manche fanden so etwas gruselig und an manchen Orten mochte das auch zutreffen, aber diese dunklen Ecken gehörten ja quasi zu meinem Block. Den meisten Leuten, die hier wohnten, war ich schon öfter begegnet. Sowohl tagsüber als auch nachts, wenn noch jemand den Müll rausbrachte oder so.

Schienen alles ganz nette Menschen zu sein. Daher fürchtete ich mich kein bisschen.

Da klingelte auf einmal mein Handy. Ich holte es aus der Rocktasche, die es passenderweise gab und sah auf das Display. Es war meine beste Freundin. Mit einem Lächeln ging ich ran und sagte: „Hi Madlene!“

„Hi Vanessa. Du sag mal, hast du das in der Zeitung heute gelesen?“

„Ähm, ehrlich gesagt lese ich kaum noch Zeitung, also nein. Warum?“

„Naja, anscheinend geht ein seltsamer Killer in letzter Zeit um. Die Reporter nennen ihn den Vampir-Killer, weil die Opfer tatsächlich blutleer und mit zwei Löchern am Hals gefunden wurden.“

„Was? Welcher Verrückte macht denn so etwas Abscheuliches?“

„Keine Ahnung, die Polizei hat noch keine Verdächtigen gefunden. Aber bisher gibt es schon drei Opfer und alle in unserer Stadt. Zudem sind alle Opfer weiblich.“

„Scheiße.“

„Du sagst es. Da ich ja weiß, wie gerne du im Sommer Abendspaziergänge machst, dachte ich mir, ich informiere dich sicherheitshalber mal.“ „Ja, danke, aber da kommt deine Warnung leider etwas zu spät. Ich drehe nämlich gerade schon eine Runde um den Block.“

„Dann solltest du auf dem schnellsten Weg wieder nachhause gehen und auch in den nächsten Tagen nachts nicht mehr das Haus verlassen. Wer weiß, wo dieser Irre im Moment steckt.“

„Ja, du hast Recht. Ich hab nur schon die halbe Strecke hinter mir. Da kann ich meine Runde auch noch zu Ende drehen. Aber warum wurde im Fernsehen nichts darüber berichtet? Die Nachrichten habe ich nämlich heute gesehen.“

„Keine Ahnung. Vielleicht wollte man das vorher etwas vertuschen, um keine Panik auszulösen. In der Zeitung war bisher auch nur ein kleiner Artikel darüber. Vielleicht werden sie ja morgen etwas darüber ausstrahlen. Sei auf jeden Fall vorsichtig, ok?“

„Klar, bin ich doch immer. Ich denke nur nicht, dass sie es vertuschen wollten. Ich meine, warum sollten sie das tun? Sonst wird ja auch über jedes Opfer von allem Möglichen berichtet.“

„Naja, aber das hier ist schon etwas gruseliger. Ich meine, die Opfer waren blutleer. Vielleicht steckt ja wirklich ein Vampir dahinter.“

„Ach, sei doch nicht albern. Es gibt keine Vampire. Ich habe mal in einem Krimi gehört, dass Blutkonserven auf dem Schwarzmarkt eine Menge Geld einbringen. Vielleicht haben wir es ja hier mit jemandem zu tun, der genau das machen will. Also Blutkonserven auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Wer weiß.“

„Ja, du hast Recht. Vampire gibt es nicht. Ich habe halt nur so ein seltsames Bauchgefühl.“

„Mach dir keine Sorgen. Ich passe auf jeden Fall auf und gehe jetzt auf dem direkten Weg nachhause. Ich melde mich dann später noch mal bei dir, ok?“

„Ja, alles klar. Dann mach´s mal gut.“

„Mach´s besser. Bis dann.“

Wir legten auf.

Hm, ein Vampir-Killer. Heftig, auf was für Ideen manche Leute kamen. Wobei es natürlich schon echt krass wäre, wenn es Vampire wirklich geben würde. Wie würde so ein echter Vampir wohl sein? Auf jeden Fall war ich mir ziemlich sicher, dass er nichts gegen Knoblauch hätte. Das hatte ich schon immer albern gefunden. Aber es gab inzwischen auch so viele verschiedene Vampirgeschichten, dass man auf jeden Fall nicht wissen konnte, welche Eigenschaften nun auf einen echten Vampir zutreffen würden, wenn es sie denn gäbe. Falls überhaupt irgendetwas vom bisherigen Wissen zutreffen würde. Gedankenverloren ging ich weiter.

Als ich um eine Ecke, in eine relativ schmale Gasse einbog, wo nur wenige Straßenlaternen standen, stieß ich mit jemandem zusammen. „Whoa“, hörte ich eine männliche Stimme sagen. Ich taumelte zurück. Vor Schreck hatte ich die Augen zusammengekniffen. Ich stieß mit dem Rücken an die Mauer, an der ich eben noch vorbei gelaufen war und öffnete erst dann wieder meine Augen. Vor mir stand ein Mann um die 40, mit weißem T-Shirt, einer dunkelblauen Jeans und braunen Schuhen. Er hatte sich wohl gerade eine Zigarette anzünden wollen, da eine halb fertige Zigarette nun auf dem Boden lag und er die Tabakpackung noch in der einen Hand hielt. „Oh, tut mir leid“, sagte ich und guckte schuldbewusst auf die Zigarette am Boden.

„Ach, das macht nichts“, sagte der Mann, schaute allerdings dennoch verärgert drein.

Ein kurzes unangenehmes Schweigen entstand. Dann sagte ich schließlich: „Na gut, dann mal schönen Abend noch.“ Ich ging an ihm vorbei. Kaum hatte ich aber ungefähr drei Meter Abstand zwischen uns gebracht, rief er mir auf einmal hinterher: „Ach, warte doch noch mal kurz.“ Wir drehten uns gleichzeitig zueinander um.

„Ja?“, fragte ich verunsichert. Was wollte er denn jetzt noch?

„Wohnst du hier in der Nähe?“

„Was? Warum wollen Sie das denn wissen?“

Ich bekam Angst. Meine Hände fingen an zu schwitzen und mein Magen verkrampfte sich etwas.

Der Mann stöhnte genervt und sagte: „Gut, ich frage anders. Kennst du die Leute, die hier wohnen?“

„Joa, manche schon. Aber eher flüchtig“, antwortete ich, bemüht locker.

„Kennst du zufällig eine Nadine Stein?“ „Weiß nicht. Der Name sagt mir nichts.“ „Sie hat lange braune Haare, die sie meistens als Pferdeschwanz zusammengebunden trägt, eine Brille und ist eher so ein graues Mäuschen. Sie ist meine Freundin, weißt du. Ich wollte mich bei ihr für eine blöde Sache neulich entschuldigen, aber sie geht nicht ans Telefon und macht mir auch nicht die Tür auf.“

„Das tut mir Leid für Sie, aber ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht helfen.“

Ich beruhigte mich wieder.

„Naja gut, vielleicht ist es ja auch besser so und ich sollte mich eher nach jemand Neuem umsehen. Hey, wie wäre es denn mit dir?“

Ich hatte mich eigentlich schon zum Gehen gewendet und jetzt sagte er so was. Ich drehte mich ungläubig um.

„Wie bitte?“

Der Kerl hatte Beziehungsprobleme, war alt genug, um mein Vater zu sein und wollte mich jetzt anmachen? Ich hoffte inständig, mich verhört zu haben. Leider schien dem nicht so zu sein, denn er antwortete: „Ja, du siehst auch ziemlich gut aus. Willst du nicht mal was mit nem Älteren ausprobieren?“ Igitt! Mal davon abgesehen, dass ich ja einen Freund haben könnte, würde ich den Kerl nicht mal mit der Kneifzange anfassen. „Nein, danke. Kein Bedarf“, sagte ich rasch und ging einfach weiter. Da packte mich der Kerl auf einmal am Arm und hielt mich fest.

„Jetzt sei mal nicht so unfreundlich zu mir. Ich habe dir doch nur eine ganz normale Frage gestellt.“

„Und ich habe nur ganz normal darauf geantwortet“, sagte ich, wobei ich bemerkte, dass meine Stimme leicht zitterte. Aber nicht nur meine Stimme. Ich zitterte am ganzen Körper.

„Irgendwie glaube ich dir aber nicht so ganz. Jemand, der so rumläuft wie du, will doch angegraben werden. Du zitterst ja sogar schon vor Erregung.“

Mein Zittern wurde stärker. So eine Scheiße! „Lassen Sie jetzt meinen Arm los. Sie tun mir weh.“

Ich hatte es mit lauter, kraftvoller Stimme sagen wollen, doch mit jedem weiteren Wort, war sie schwächer geworden, sodass es letztendlich eher wie ein Flehen klang.

„Komm schon, Süße. Jetzt sei doch nicht so. Ich tu dir auch ganz sicher nicht weh.“

Als ob. Er tat mir ja schon weh. Er zog mich näher an sich heran.

„Nein, lassen Sie mich los verdammt! Lassen Sie mich!“

Die Panik ließ meine Stimme nun doch lauter und etwas kraftvoller werden.

„Hey! Lass sie los“, ertönte auf einmal eine herrische Stimme hinter uns.

Der Typ drehte sich, mit mir im Arm um und wir sahen einen jungen Mann. Er schien komplett in schwarz gekleidet zu sein und hatte zudem wohl auch noch schwarze Haare, die in alle Richtungen abzustehen schienen. Nicht so starr, wie die Stacheln eines Igels. Eher so, als er wäre er gerade erst aus dem Bett gekrochen. Irgendwie süß. Er funkelte den Typen, der mich immer noch festhielt, wütend an.

„Ey! Hast du ein Problem oder was?“

„Du bist mein Problem“, sagte der junge Mann in schwarz und schaute so bedrohlich drein, dass der andere Mann eigentlich eingeschüchtert sein müsste. Nur leider war er das nicht. Im Gegenteil. Er zog mit seiner freien Hand ein Messer aus der Hosentasche und hielt es vor sich. „Jetzt hör mal zu, Kleiner. Ich gebe dir jetzt noch die Chance einfach weiterzugehen. Wenn du das nicht machst, könnte das hier unschön enden.“

„Ach, dasselbe wollte ich auch gerade sagen.“

„Jetzt reicht´s mir aber!“, schrie der Typ und stieß mit dem Messer zu.

Der junge Mann wich geschickt aus, während mein Angreifer direkt einen zweiten Versuch unternahm. Bei dem Gerangel erwischte mich das Messer leicht an der Wange. Das machte den jungen Mann wohl so wütend, dass er kurz nicht richtig aufpasste und schon bohrte sich das Messer in seinen Arm. „Nein!“, schrie ich aus Angst um ihn. Er gab einen leisen Schmerzenslaut von sich und hielt sich den Arm.

„Ha! Das hast du jetzt davon. Lauf lieber schnell nachhause zu deiner Mami. Haha!“

Ich spürte wie sich der Griff dieses Widerlings lockerte und ich nutze sofort die Gelegenheit, mich loszureißen und kam tatsächlich frei.

„Hey, was…“ Er schaute mich verwirrt und wütend zugleich an. In diesem Augenblick, schlug der junge Mann ihm mitten ins Gesicht, sodass der Mistkerl zu Boden ging und sich nicht mehr rührte.

Wir starrten beide schweigend auf den Mann am Boden, bis mein Retter plötzlich fragte: „Bist du schwer verletzt worden?“

„Nein, ist nur ein Kratzer. Was ist mit deiner Schulter?“

„Auch nur ein Kratzer“, sagte er und ging an mir vorbei.

„Lüg doch nicht. Ich habe gesehen, wie sich das Messer in deinen Arm gebohrt hat. Das muss sicher genäht werden“, entgegnete ich und schaute ihm nach.

Er blieb stehen und sagte, ohne sich umzudrehen: „Nein, das wird schon wieder. Wenn du einen Krankenwagen rufen willst, dann eher für den Typen, wobei der sicher auch nur eine große Beule davontragen wird.“ „Aber…“

„Geh lieber nachhause. Wie du gesehen hast, kann es für eine junge Frau gefährlich sein, nachts noch alleine unterwegs zu sein. Also pass auf dich auf.“ Mit diesen Worten ging er einfach. Ich lief ihm hinterher. „Ich kann dich aber gerne ins nächste Krankenhaus bringen, wenn du willst. Das ist das Mindeste, was ich im Gegenzug tun kann.“

„Ich gehe aber in kein Krankenhaus. Warum kannst du es nicht einfach gut sein lassen?“ Er schaute mich kein einziges Mal an, während er mit mir sprach. Nicht gerade höflich, aber das war mir jetzt auch nicht so wichtig.

„Weil ich nicht will, dass mein Retter später eine eitrige Wunde haben wird, nur weil er jetzt zu cool ist, um sich behandeln zu lassen. Lass mich sonst wenigstens mal die Wunde sehen.“ Ohne Vorwarnung griff ich nach seinem Arm. Er machte ein erschrockenes Geräusch und ich suchte nach der Stichwunde. Nach nur wenigen Sekunden fand ich sie auch schon. Doch dann stutzte ich. Trotz der geringen Lichtverhältnisse, konnte ich sehen, dass es gar keine Fleischwunde zu geben schien. „Das ist doch nicht möglich. Sie ist bereits verheilt. Aber ich habe doch genau gesehen, wie sich die Klinge in deinen Arm gebohrt hat.“ Ich verstand die Welt nicht mehr. Es war ausgeschlossen, dass ich mich verguckt hatte. Seine Jacke war an der Stelle kaputt, sodass die Haut an der Stelle zu sehen war und an den Rändern des Lochs, klebte noch etwas Blut.

Fassungslos starrte ich auf die Stelle, wo er stark hätte bluten müssen. „Wie ist das mö…?“ Das letzte Wort blieb mir im Hals stecken, als ich meinen Blick hob und nun doch in seine Augen sehen konnte. Während ich seine Wunde untersucht hatte, hatte er wohl doch mal den Kopf in meine Richtung gedreht. Seine Augen waren rot und schienen dezent zu leuchten. Somit konnte ich sogar seine Pupillen sehen, die schmal waren, wie bei einer Katze. Zudem wurde die Pupille von einem gelb leuchtenden Kreis umgeben.

Erschrocken schlug ich mir beide Hände vor den Mund, taumelte zurück, stolperte über irgendetwas und fiel rücklings zu Boden. Ich versuchte, mich aufzurichten, was mir aber nur gelang, bis mein Blick wieder den seinen traf. Da erstarrte ich. Den Schmerz vom Aufprall spürte ich gar nicht. Alles, was ich wirklich wahrnahm, waren diese schrecklich gruseligen Augen, die mich ebenso anstarrten, wie ich sie anstarrte. Das war auch alles, wozu ich noch fähig war. Mein Körper war wie versteinert. Ich konnte mich nicht rühren. So lag ich also rücklings, auf die Ellenbogen gestützt da und konnte nichts tun, außer atmen. War das etwa ein Vampir? Gab es sie wirklich? Hatte ich hier den Mörder vor mir stehen? War ich jetzt als Nächste dran? Er seufzte und schloss kurz die Augen. In diesem Moment spürte ich, wie ein einzelner Blutstropfen langsam meine Wange hinunter lief. Schlagartig öffnete er seine Augen wieder und sein Blick veränderte sich. Seine Augen weiteten sich etwas und nur einen Wimpernschlag später, war er auf mir und leckte mit seiner Zunge den Blutstropfen von meiner Wange. Meine Augen waren weit aufgerissen vor Schreck. Aber mein Körper wollte sich immer noch nicht rühren. Hilflos lag ich da und mir war klar, dass ich nun sterben würde. Nachdem er den Blutstropfen aufgeleckt hatte, näherte er sich mit seinem Mund, meinem Hals. Ich spürte schon die Spitzen seiner Eckzähne an meiner Haut und kniff die Augen zusammen, bereitete mich auf den Schmerz vor. Doch der Schmerz blieb aus. Stattdessen spürte ich, wie er am ganzen Körper anfing zu zittern. Dabei gab er seltsam fauchende und keuchende Geräusche von sich. Dann legte er seinen Kopf auf meine Schulter und atmete mehrmals tief ein und aus.

„Tut mir leid“, sagte er krächzend.

Dann auf einmal spürte ich ihn nicht mehr auf mir und öffnete überrascht die Augen. Er starrte auf die Erde und biss die Zähne zusammen. Seine Hände hatte er zu Fäusten geballt. „Vergiss am besten alles wieder, was heute Nacht geschehen ist“, presste er hervor. Dann schaute er nach oben und sprang aus dem Stand heraus, auf das nächstgelegene Hausdach und verschwand.

Meine Ellbogen gaben nach und ich sank auf die Erde herab, wo ich auch erst einmal liegen blieb. Ich starrte in den dunklen Nachthimmel und atmete einfach nur. Nach ungefähr einer Minute, löste die Panik endlich meine Starre auf. Ich rappelte mich so schnell wie möglich auf und rannte nachhause. Dort verriegelte ich die Tür und zog alle Vorhänge zu. Zuerst wollte ich das Licht auslassen, hatte aber im Dunkeln dann doch zu viel Angst und schaltete somit das Licht wieder an. Im Wohnzimmer setzte ich mich aufs Sofa und wusste erst mal nicht, was ich tun sollte. Ich zitterte am ganzen Körper und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Was war eben passiert? Was hatte ich da nur gesehen? War das etwa wirklich ein Vampir gewesen? Aber wenn ja, warum hatte er mich verschont? Ich hatte geblutet und mich nicht einmal wehren können. Demnach wäre ich doch leichte Beute für ihn gewesen. Warum hatte er mich nicht gebissen und warum hatte er mich überhaupt vorher vor diesem Mann gerettet? Konnte das wirklich der Vampir-Killer gewesen sein? Aber seine vorherige Ritterlichkeit passte dazu absolut nicht ins Bild.

Mein Handy vibrierte. Ich erschreckte mich fast zu Tode, holte es hervor, wischte mir die Tränen aus den Augen und las eine Nachricht von Madlene, wobei meine Hand so stark zitterte, dass ich das Handy kaum halten konnte.

Hey, bist du inzwischen wieder zuhause?

Ja

Ich war nicht in der Lage mehr zu schreiben.

Gut, dann kann ich ja jetzt beruhigt schlafen gehen. Gute Nacht :*

Nacht

Da ich eh kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, beschloss ich ebenfalls ins Bett zu gehen. Zähne geputzt hatte ich bereits vor meinem Spaziergang, wobei es mir jetzt auch völlig egal war, ob sie geputzt waren oder nicht. Ich zog mich nur noch um und zog mir die Decke bis zum Kinn hoch. Allerdings starrte ich zunächst nur die Zimmerdecke an und versuchte nachzudenken. Konnte es vielleicht möglich sein, dass dieser Vampir gut war? Aber nein, was dachte ich hier? Vampire waren Dämonen. Ich hatte das Höllenfeuer ja quasi in seinen Augen lodern sehen. Aber warum um alles in der Welt, hatte er sich dann so verhalten, wie er sich verhalten hatte? Es machte alles keinen Sinn! Ich schloss meine Augen, öffnete sie doch sogleich wieder, da ich sofort vor meinem geistigen Auge, seine dämonischen Augen vor mir sah. Erneut sammelten sich Tränen in meinen Augen. Ich drehte mich auf die Seite und weinte mich in den Schlaf.

Kapitel 2

Als ich am nächsten Morgen die Augen öffnete, schien bereits die Sonne. Na gut, im Sommer ging sie ja auch schon um fünf Uhr morgens auf. Ich schaute auf meinen Radiowecker und erschrak. Es war bereits 14:00 Uhr. Zum Glück war Wochenende und ich hatte keine wichtigen Termine oder Verabredungen, aber trotzdem. Ich schwang die Beine über die Bettkante, wobei ich merkte, dass ich immer noch ziemlich müde war. Wann war ich denn im Bett gewesen? Eigentlich nicht allzu spät. Da kehrten auf einmal die Erinnerungen an meine Träume zurück. Ich hatte einfach nur schlecht geschlafen, weil ich im Traum die ganze Zeit von einem Monster gejagt worden war. Es hatte mich immer wieder eingeholt, egal wie schnell ich gerannt war. Dann hatte es innegehalten, aber sobald ich weiter gerannt war, kam es mir wieder hinterher.

So ein verrückter Traum!

Ich ging ins Bad, um mich frisch zu machen. Als mein Blick auf meinen Arm fiel, sah ich einen großen blauen Fleck und plötzlich kehrten auch die Erinnerungen an die letzte Nacht zurück. Der 40-Jährige, der mich am Arm festgehalten hatte. Daher hatte ich wahrscheinlich den blauen Fleck. Und dann war da noch dieser andere Mann gewesen, der… O Gott! Sofort begutachtete ich im Spiegel meinen Hals. Aber da war nichts. Auch von der Wunde auf meiner Wange war nichts mehr zu sehen. Seltsam.

Nach der Katzenwäsche machte ich mir schnell eine kleine Schüssel voll mit Müsli, setzte mich im Wohnzimmer auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Die Nachrichten liefen mal wieder. Ich wollte den Tag eigentlich nicht damit starten, zu erfahren, was alles wieder Schlechtes auf der Welt passiert war. Allerdings hielt ich inne, als ich folgende Worte hörte: „Eine neue Mordserie scheint in der Stadt Oldenburg umzugehen. Noch ist es unklar, ob es sich um einen Einzeltäter oder womöglich sogar eine Gruppe handelt. Die Anzahl der Opfer deutet allerdings eher auf einen Einzeltäter hin. In den letzten drei Tagen ist pro Nacht, eine Frau gestorben, die blutleer am Straßenrand gefunden wurde. In der letzten Nacht gab es sogar zwei Opfer. Bisher gibt es keine Augenzeugenberichte, die auf die Identität des Mörders hinweisen könnten. Es wurden auch keine DNA-Spuren oder sonstige Hinweise gefunden. Die Opfer wurden weder ausgeraubt, noch missbraucht. Aber nicht mehr ein einzelner Tropfen Blut ist in ihren Körpern zu finden. Der sogenannte Vampir-Killer scheint umzugehen. Daher werden die Einwohner von Oldenburg gebeten, nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr das Haus zu verlassen, sofern möglich.“

Fassungslos starrte ich auf den Fernseher. Der Killer hatte wieder zugeschlagen und diesmal waren es sogar zwei Frauen gewesen. War der unheimliche junge Mann, dem ich begegnet war, also wirklich nicht der Killer? Wenn er doch nachts Frauen umbrachte, hätte er mich wohl kaum am Leben gelassen. Aber wer verübte dann diese grausigen Morde? Gab es etwa mehrere Vampire in der Stadt? Bei dem Gedanken daran, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.

Da vibrierte mein Handy. Es war wieder Madlene.

Ich bin wirklich erleichtert, dass du gestern heil nachhause gekommen bist. Inzwischen haben sie sogar schon im Fernsehen davon berichtet.

Ich tippte mit zittrigen Fingern, eine Antwort.

Ja, ich weiß. Hab´s gerade gesehen.

Unheimlich, nicht?

Allerdings.

Jetzt gab es sogar schon zwei Opfer. Wo soll das alles nur hinführen? Wie hat der Kerl es überhaupt geschafft, keine Spuren zu hinterlassen?

Naja, als Vampir war das vermutlich relativ einfach, dachte ich, schrieb es ihr aber lieber nicht. Auch von dem gestrigen Vorfall wollte ich ihr nichts berichten. Sie würde sich sonst nur unnötig Sorgen machen. Sie tippte eine weitere Nachricht.

Hoffentlich wird jemand das Ganze mal vom Fenster oder so beobachten können, um der Polizei dann nützliche Tipps zu geben. Wir wissen ja nicht mal, wie er aussieht.

Ich schluckte. Ich hatte den Vampir ja gesehen. War es da nicht meine Pflicht, der Polizei sein Aussehen zu schildern? Andererseits hatte er mir ja nichts getan und auch niemanden vor meinen Augen umgebracht. Eigentlich hatte er mich eher gerettet und war dann einfach wieder verschwunden. Konnte er da wirklich der Killer sein? Nein, eigentlich nicht. Ohne einen eindeutigen Beweis, konnte ich nicht einfach irgendwen ans Messer liefern. Wobei, wie viele Beweise brauchte ich noch? Naja, den Beweis, dass er jemanden umbrachte, indem er denjenigen aussaugte. „Warum hast du nicht einfach zugebissen? Was hat dich davon abgehalten?“, flüsterte ich vor mich hin. Die Frage drehte sich wirklich endlos in meinem Kopf. Ich schrieb Madlene eine Antwort.

Vielleicht wird er auch eines Tages einfach weiterziehen.

Darauf würde ich nicht wetten, aber wer weiß. Wir können da wohl nur hoffen und beten. Aber vor allem hoffe ich, dass du jetzt keine nächtlichen Spaziergänge mehr machst.

Versprochen.

Der restliche Tag verlief ohne besondere Vorkommnisse. Ich versuchte mich von dem ganzen Vampirkram abzulenken, indem ich mich ausgiebig um den Haushalt kümmerte. Ich machte einen wahren Frühjahrsputz.

Als es dämmerte, war meine Wohnung blitzblank und ich schaute aus einem meiner Fenster auf die Straße. Ob der freundliche Vampir sich wohl häufiger in dieser Gasse aufhielt? Ich ohrfeigte mich, für diesen absurden Gedanken. Was dachte ich denn da? Noch gab es keine Beweise, dass er wirklich freundlich, gut oder nett war. Aber ich hätte mich wenigstens bei ihm bedanken sollen. Wer weiß, was dieser ältere Mann sonst alles mit mir angestellt hätte, wenn er nicht gekommen wäre. Er… Ich hatte nicht einmal seinen Namen erfahren. So oder so, schuldete ich ihm aber auf jeden Fall Dank. Ich überlegte kurz. Noch war es ja nicht ganz dunkel. So spät wie gestern rauszugehen, würde ich nicht wagen, aber jetzt noch schnell etwas zu erledigen, konnte doch kaum schaden, oder? Andererseits wollte ich dem 40-Jährigen nicht wieder begegnen. Wobei, bei der Abreibung, die er bekommen hatte, war es fraglich, ob er sich hier überhaupt jemals wieder blicken lassen würde. Ich atmete noch einmal tief durch. Dann straffte ich meine Schultern und eilte zur Haustür. Ich rannte in die Gasse zurück, in der ich ihm begegnet war. Währenddessen wurde es immer dunkler. Warum hatte ich nicht schon tagsüber diese Idee gehabt und umgesetzt? Ich sah mich um, was ich benutzen könnte und sah tatsächlich ein Stück Kreide, welches wohl ein Kind hier verloren hatte. Schnell suchte ich noch eine geeignete Stelle und schrieb: „Danke, für die Rettung.“ Dann ließ ich das Stück Kreide wieder fallen und eilte nachhause zurück.

Völlig verschwitzt, beschloss ich duschen zu gehen. Jetzt hatte ich mich wenigstens bedankt, sofern er es lesen würde. Aber irgendwie hatte ich im Gefühl, dass er es lesen würde.

Nach der Dusche war ich hundemüde. Ich hatte ja auch den ganzen Tag geschuftet und dann noch diese entspannende Dusche… Ich zog mir einen Bademantel an, ging in mein kleines Schlafzimmer und machte mich für das Bett fertig. Ich schüttelte das Kopfkissen aus und schaute auf den Radiowecker, der auf einem kleinen Nachttischchen links neben meinem Bett stand. Gerade mal 23:00 Uhr. Normalerweise ging ich nicht so früh schlafen, aber das machte ja nichts. Als ich nach meinem Pyjama griff, hielt ich mitten in der Bewegung inne und vergaß für einen Moment zu atmen. Ich sah einen seltsamen Schatten, der offenbar vom Mondlicht auf mein Bett geworfen wurde. Ich hatte den Vorhang vor meinem Schlafzimmerfenster noch nicht zugezogen. Ich drehte mich wie in Zeitlupe um und schrie vor Schreck. Ich hatte einen Kopf, falsch herum hängend, draußen vor dem Fenster gesehen, der sich bei meinem Schrei sofort wieder zurückzog.

Ich war wieder hellwach. Mit schnell klopfendem Herzen musste ich mich erst einmal auf mein Bett setzen und starrte dabei immer noch auf die Stelle, wo ich den Kopf gesehen hatte. Es war der Kopf des Vampirs gewesen. Aber das war doch unmöglich, oder? Woher sollte er wissen, wo ich wohnte und warum sollte er überhaupt vorbeikommen? Mal davon abgesehen, wohnte ich im vierten und damit im obersten Stock des Gebäudes.

Nach ein paar Minuten stand ich langsam und vorsichtig auf, machte dann zwei schnelle Schritte zum Fenster und zog den Vorhang zu. Wobei es mehr eine Glastür war, die auf die kleine Dachterrasse führte, die noch zu meiner Wohnung gehörte. Ich wich ein paar Schritte zurück. Dabei starrte ich den Vorhang unablässig an. Als könnte er jeden Moment von alleine zurückgezogen werden, um mir etwas Schreckliches zu offenbaren.

Ich überlegte, was ich nun tun sollte. Wie geplant, sofort schlafen zu gehen, würde jedenfalls nicht funktionieren. Also blieb ich erst einmal angespannt stehen und achtete auf jedes Geräusch. Doch das Einzige, was ich hörte, war mein eigener Atem. Ob er weg war? Ich trat wieder zögerlich auf den Vorhang zu. Sollte ich nachsehen? Aber nein, das wäre wie in einem Horrorfilm, wo einer der Protagonisten etwas ganz Dummes tut. Wobei, wie sollte ich sonst noch in dieser Nacht Schlaf finden, wenn ich die ganze Zeit dachte, dass ein Vampir auf meinem Dach wäre? Außerdem hatte er mir doch schließlich vorher nichts getan, als er es gekonnt hätte. Dann würde er mir doch jetzt auch nichts tun, oder?

Ich presste meine Lippen zusammen und zog vorsichtig den Vorhang zurück. Nichts. Auch wenn ich es selber dumm fand, konnte ich einfach nicht anders, öffnete die Glastür und betrat vorsichtig rückwärts die Terrasse. Ich schaute zum Dach hoch und meinte noch verschwommen eine Bewegung zu erkennen. Doch dann war da nichts mehr, bis auf das was eben immer da war. Die Dachziegel, der Schornstein… nichts

Ungewöhnliches. Ich schaute kurz nach links und rechts. Nichts. Hatte ich mir etwa alles nur eingebildet? Drehte ich langsam durch? „Hm“, machte ich und ging ins Schlafzimmer zurück. Als ich mich umdrehte, um die Glastür wieder zu schließen, traf mich jedoch der Schlag. Er saß auf dem Geländer der Terrasse und schaute mich an. Ich stolperte zurück, bis ich mit meinem Rücken gegen die Wand, neben der Schlafzimmertür, stieß. Er saß immer noch da, wie eine Statue. Nach ein paar zittrigen Atemzügen ging ich wieder zwei Schritte auf die Glastür zu, um sie zu schließen. Doch da setzte er sich auf einmal in Bewegung. Er sprang vom Geländer herunter und kam schnellen Schrittes auf mich zu. Er kam so schnell näher, dass es für mich unmöglich war, die Glastür rechtzeitig wieder zu schließen. Somit wich ich vor ihm zurück, nur leider zur falschen Seite. Ich hätte besser zur Schlafzimmertür zurückweichen sollen. Stattdessen wich ich in Richtung meines Bettes zurück. Sackgasse.

Verdammt! „Wie bist du…“ setzte ich ängstlich an, als er mir einen Finger an die Lippen legte. Vor Schreck war ich, während ich die Frage gestellt hatte, halb sitzend, halb liegend auf dem Bett gelandet. Jetzt war ich in fast der gleichen Position, wie zuvor in der Gasse. Ich verstummte und starrte nur in seine Augen, die zu meiner Verwunderung, nun ganz anders aussahen, als in der Nacht zuvor. Da, wo vorher alles rot gewesen war, waren seine Augen ganz normal weiß und das grelle Gelb, war einem dunklen Blau gewichen. Es kam mir so vor, als hätte ich eine ganz andere Person vor mir. Er schaute mir ebenfalls in die Augen und schien etwas in meinem Gesichtsausdruck zu suchen. Wahrscheinlich wollte er herausfinden, ob ich schreien würde, wenn er seinen Finger wieder von meinen Lippen nehmen würde. Seltsamerweise verlor ich in diesem Moment zunehmend meine Angst vor ihm. Als ob an seinem Finger ein Beruhigungsmittel haften und mir nun in den Mund tropfen würde. Das war natürlich Quatsch, aber seine Berührung beruhigte mich dennoch, aus welchen unlogischen Gründen auch immer. Sein Finger fühlte sich ein wenig kühl und… samtig an. Eigenartig. Aber auch der Ausdruck seiner Augen war so seltsam. Ich konnte keinerlei Mordlust oder Wildheit in ihnen erkennen. Seine Augen sahen eher… gütig aus. Ja tatsächlich. Er hatte gütige Augen. Das überraschte mich so sehr, dass meine Angst beinahe vollkommen verflog. Als er bemerkte, dass ich ihn eher verwundert, als ängstlich ansah, sah auch er mich kurz verwundert an. Dann sagte er plötzlich: „Du bist mir ein Rätsel.“ Er nahm den Finger wieder von meinen Lippen und ging ein paar Schritte von mir weg. Ich richtete mich etwas auf, sodass ich auf der Bettkante saß.

„Woher wusstest du, wo ich wohne?“, fragte ich mit schwacher Stimme.

Er lachte kurz auf: „Tz, soll das ein Witz sein? Ich bin einfach deinem Duft gefolgt, der immer noch in der Gasse hängt. Das war wirklich nicht schwer.“ Eine kurze Pause entstand. Dann fragte er: „Warum hast du dich bei mir bedankt?“

Ich schaute ihn verwundert an. Er schien darüber verärgert zu sein. Warum? „Naja, du hast mich doch schließlich gerettet.“ Meine Stimme war immer noch kaum mehr als ein Flüstern. Wegen seinem verärgerten Blick hatte ich meinen Blick, bei meiner Antwort, gesenkt.

„Ja und danach habe ich dich fast getötet.“ Seine Stimme brach gegen Ende seines Satzes ab.

Ich schaute ihn wieder vorsichtig an und sah, dass er seinen Kopf abgewandt hatte und die Wand neben sich anstarrte.

„Das hast du aber nicht getan.“

„Es hat aber nicht viel gefehlt. Du hattest mehr Glück als Verstand. Ich hoffe, das ist dir klar. Um ein Haar hätte ich dich gebissen.“ Er ballte seine Hände wieder zu Fäusten.

„Du bist also wirklich ein… ein Vampir?“

„Was denn sonst? Superman bin ich bestimmt nicht.“ Das hatte er jetzt mehr traurig, als wütend gesagt.

Ich musste kurz über diese Antwort schmunzeln. „Hast du auch anhand meines… Duftes gewusst, dass die Nachricht von mir ist?“

„Nicht nur. Ich meine, ich wüsste nicht wer sonst so eine Nachricht in diese Gasse schreiben würde und mal davon abgesehen habe ich dich gesehen, von einem der Dächer aus.“

„Du bist anscheinend gerne auf Dächern unterwegs, was?“ Er ignorierte die Frage.

Eine unangenehme Pause entstand. Dann fragte ich: „Warum hast du mich eigentlich gerettet?“ „Ich mag es einfach nicht, wenn man sich an Unschuldigen vergreift. Das ist alles.“

„Ach so… Ich hätte von einem Vampir so etwas nicht gedacht. Tötest du denn nicht auch Menschen, um ihr Blut zu trinken?“ Er schwieg.

Daher fuhr ich fort: „In den Nachrichten kam heute etwas über einen Vampir-Killer…“

„Das war ich nicht!“, unterbrach er mich wütend. Er hatte fast schon geschrien. Erschrocken verstummte ich.

„Hast du mein Aussehen der Polizei gemeldet?“, fragte er auf einmal.

„Was? Nein.“

„Warum nicht? Nachdem was du gesehen hast, hätte ich doch leicht der Killer sein können.“

Ich schüttelte den Kopf. „Wenn du der Killer wärst, hättest du mich umgebracht.“

„Das ist wohl wahr“, stimmte er zu. Dann fragte er: „Wirst du der Polizei denn noch von mir erzählen?“

„Nein, warum sollte ich?“

„Weil es nur logisch wäre.“

„Es wäre überhaupt nicht logisch. Du hast mich schließlich gerettet.“

„Jetzt hör doch mal auf, so darauf rumzureiten. Ich bin so ziemlich jede Nacht in irgendwelchen Gassen unterwegs und als ich euch gehört habe, da bin ich eben eingeschritten.“

„Warum bist du denn jede Nacht in irgendwelchen Gassen?“

„Um… zu jagen.“

Mir stockte kurz der Atem. Dann fragte ich nach: „Menschen?“

„Ratten.“

„Ratten?“

„Ja, Ratten. Das ist besser so.“

„Inwiefern?“ Er zögerte mit seiner Antwort. Dann sagte er leise: „Wenn ich erst einmal anfange Blut zu trinken, kann ich damit nicht mehr aufhören, bis das Opfer tot ist.“

„Das glaube ich nicht. Du hast doch schließlich letzte Nacht etwas Blut von meiner Wange… zu dir genommen und du hast mich nicht getötet.“

„Wie ich das geschafft habe, ist mir auch ein Rätsel.“ Eine kurze Pause entstand. Dann drehte er sich plötzlich um und wandte sich zum Gehen, mit den Worten: „Ich verschwinde dann mal wieder. Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe.“

„Warte.“

Er blieb stehen und drehte sich überrascht zu mir um.

„Nur damit ich das richtig verstehe. Wenn du nicht der Killer bist, heißt das dann, dass es mehrere Vampire in der Stadt gibt?“

„Es gibt in jeder Stadt der Welt mehrere von uns.“ „Was?“

Er lächelte mich an. „Keine Angst. Geh einfach nachts nicht mehr nach draußen und halte Fenster und Türen geschlossen. Dann passiert dir schon nichts.“

„Das wird nicht immer möglich sein, aber ich versuch´s. Und was hast du jetzt vor?“

„Ich werde den Killer weiter verfolgen.“

„Du verfolgst den Killer?“

„Allerdings. Unsere Existenz soll eigentlich vor den Menschen geheim gehalten werden. Der Vampir, der das getan hat, prahlt aber mit seinen Taten und macht auf uns aufmerksam. Das ist demnach schlecht. Wenn bekannt werden würde, dass wir existieren, würde die Regierung sehr schnell Jagd auf uns machen. Das will ich den anderen nicht antun.“

„Wäre dir das hingegen etwa egal?“

„Wir sind, was wir sind. Es ist egal, wie gut unsere Absichten auch sein mögen. Wir dürsten jede Nacht nach Blut. Welchen Sinn hat das Leben dann noch?“ Seine Worte klangen so traurig, dass ich richtig Mitleid mit ihm bekam.

Daher sagte ich: „Jedes Leben ist doch irgendwie wertvoll, oder nicht?“

Er sah mich einen Moment lang an. Dann lächelte er und sagte: „Pass auf dich auf. Leb wohl.“ Kaum hatte er das gesagt, sprang er von meiner Terrasse und war bald über die Dächer verschwunden. Verwirrt schaute ich ihm nach.

Gedankenverloren kehrte ich in mein Schlafzimmer zurück und schloss die Glastür. War er jetzt eigentlich nur vorbeigekommen, um nachzufragen, warum ich mich bei ihm bedankt hatte? Naja, vielleicht auch um herauszufinden, ob ich sein Aussehen der Polizei mitgeteilt hatte. Es wäre schließlich nicht schlecht zu wissen, ob man gerade von der Polizei gesucht wurde oder nicht. Es gab also mehrere Vampire, in jeder Stadt auf der Welt. Verrückt! Lebten sie etwa unerkannt unter uns? Er sagte, er hätte gesehen, wie ich die Nachricht an die Wand geschrieben hatte. Aber da hatte es gerade erst gedämmert. Waren Vampire vielleicht gar nicht so empfindlich, was Sonnenlicht anging, wie ich immer gedacht hatte? Genügte ihnen bereits Dämmerlicht oder vielleicht auch ein regnerischer Tag, wo der Himmel immer wolkenverhangen ist oder sind sie sogar tagsüber aktiv? Obwohl, welchen Sinn hatte es dann, nur nachts das Haus nicht mehr zu verlassen? Oder waren sie vielleicht nur nachts auf der Jagd und tagsüber friedlich? Ich seufzte. Viel schlauer war ich jetzt immer noch nicht. Er hatte mir immer noch nicht seinen Namen verraten oder nach meinem gefragt. Naja, wahrscheinlich war ihm das total egal. Aber er schien an sich wirklich kein schlechter Kerl zu sein. Klar, letzte Nacht war es ziemlich knapp gewesen, aber heute war er mir nicht einmal ansatzweise zu nah gekommen. Außer natürlich, als er mir den Finger an die Lippen gelegt hatte, damit ich den Mund hielt. Aber dann war er auch wirklich sofort wieder zurückgewichen und hatte den Abstand gehalten.

Ich zog mir meinen Pyjama an und schlüpfte unter meine Bettdecke. Als ich die Augen schloss, sah ich wieder seine Augen vor mir.

Allerdings waren es diesmal, seine menschlichen Augen, die ich in dieser Nacht zum ersten Mal so richtig gesehen hatte. In der Gasse war es zu dunkel gewesen, um seine normale Augenfarbe zu sehen. Diese Augen… In den Momenten, in denen seine Wut verflogen war, hatte ich so viel Schmerz darin erkennen können. So traurige Augen hatte ich noch nie zuvor gesehen. Wenn man seine menschlichen Augen kannte, war es kaum noch vorstellbar, dass er auch extrem gruselig aussehen konnte. Als hätte er zwei Persönlichkeiten in sich. Natürlich wusste ich,