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Es ist ein kalter Tag im März, genauer gesagt der 25. März. Die Sonne scheint in der Kleinstadt und im Dorf wird es mit der Zeit zunehmend dunkler. An diesem Tag verschwindet alle zwei Jahre ein Mensch. Ohne Abschiedsbrief. Spurlos. Als angehende Journalistin informiert sich Layla über die Vorfälle, die sich in ihrem Heimatdorf abspielen. Dabei stößt sie auf angsteinflößende Fakten. Es gibt so vieles, das unmöglich scheint. So vieles, das dagegen spricht. Wem kann sie vertrauen und wer ist die Gestalt, die sie immer wieder sehen kann? Ist sie in Gefahr? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
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Seitenzahl: 260
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Katrin Pichler, geboren 1997 in Brixen (Südtirol/Italien), ist gelernte Verkäuferin. Nach drei Jahren Berufserfahrung im Verkauf entschied sie sich, in eine neue Welt einzutauchen und eine Lehre zur Maschinenbauschlosserin zu starten. Seit sie 18 Jahre alt ist, engagiert sie sich freiwillig beim Weißen Kreuz und steht den Bürgern dabei jederzeit zur Hilfe.
Kapitel EINS: MONTAG MORGEN
Chapter # I
Kapitel ZWEI: MONTAGNACH MITTAG
Chapter # II
Kapitel DREI: MONTAGABEND
Kapitel VIER: DIENSTAG MORGEN
Kapitel FÜNF: SPÄTER DIENSTAGVORMITTAG
Chapter # III
Kapitel SECHS: DIENSTAG MITTAG
Chapter # IV
Kapitel SIEBEN: DIENSTAG NACHMITTAG
Kapitel ACHT: DIENSTAG ABEND
Chapter # V
Kapitel NEUN: MITTWOCH MORGEN
Chapter # VI
Kapitel ZEHN: MITTWOCH VORMITTAG
Chapter # VII
Kapitel ELF: MITTWOCH NACHMITTAG
Chapter # VIII
Kapitel ZWÖLF: MITTWOCH NACHMITTAG
Chapter # IX
Kapitel DREIZEHN: 14 : 39 UHR
Chapter # X
Kapitel VIERZEHN: 16 : 01 UHR
Kapitel FÜNFZEHN: 16 : 48 UHR
Chapter # XI
Kapitel SECHZEHN: 17 : 42 UHR
Chapter # XII
Kapitel SIEBZEHN: 18 : 58 UHR
Chapter # XIII
Kapitel ACHTZEHN: 20 : 18 UHR
Chapter # XIV
Kapitel NEUNZEHN: 21 : 15 UHR
Chapter # XV
Kapitel ZWANZIG: 21 : 59 UHR
Chapter # XVI
Kapitel EINUNDZWANZIG: 23 : 03 UHR
Chapter # XVII
Kapitel ZWEIUNDZWANZIG: 23 : 48 UHR
Chapter # XVIII
Kapitel DREIUNDZWANZIG: DONNERSTAGMORGEN
Chapter # XIX
Kapitel VIERUNDZWANZIG: EINE WOCHE SPÄTER
Ich spüre förmlich, wie mich die Blicke dieser Menschen durchlöchern – gar durchbohren. Ja, es schmerzt sogar schon fast ein kleines bisschen.
»Beruhige dich, Layla, beruhige dich!«, flüstere ich mir immer und immer wieder zu, um mich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Mit fixiertem Blick starre ich auf den Boden und setze einen Fuß vor den anderen – ein Atemzug folgt dem nächsten.
Es ist ein wunderschöner Montagmorgen im März. Die Bordsteine sind noch feucht vom Morgenregen und die Sonne erstreckt sich mittlerweile über die ganze Straßenseite. Als eine kalte Brise durch mein leicht gewelltes, blondes Haar weht, fällt mir auf, dass ich meine Mütze vergessen habe.
Ich atme die kalte Luft ein, halte inne und puste sie mit leichtem Druck wieder nach draußen. Plötzlich überkommt mich ein leichter Schauer und Gänsehaut macht sich auf meinem ganzen Körper breit.
Es fühlt sich fast so an, als würde mir jemand die Luft abschnüren.
Panisch bleibe ich ruckartig stehen und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. Was war das? Langsam, aber sicher fange ich an, verrückt zu werden. Ich schüttle den Kopf, starre in die Straße und nehme wieder mein Schritttempo von vorhin auf. Ich träume vor mich hin, als ich plötzlich eine bekannte Stimme hinter mir meinen Namen rufen höre.
»Layla!« Ich drehe mich schlagartig nach hinten um und erblicke Sara, meine beste Freundin.
Sara sieht wie immer super aus. Top gestylt, mit hohen Absätzen und einem Coffee-to-go in ihrer rechten Hand. Ich erkenne im ersten Augenblick gleich das rote, kurze Kleid, das wir letzte Woche gemeinsam gekauft haben.
Es steht ihr wie alles, das sie sonst immer trägt, perfekt. Das Kleid betont besonders ihre schmalen, endlosen Beine und trägt dabei dezent am Hintern auf. Dazu trägt sie ein passendes Jäckchen, das ich heute zum zweiten Mal sehe. Es ist schwarz – schwärzer als die Nacht – mit zwei unterschiedlich großen und andersfarbigen Knöpfen am Bund an der Hüfte. Der erste Knopf ist ein quietschgelber und der andere in der Farbe Kirschrot.
Vor zwei Jahren war es nur der gelbe Knopf. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern, denn er ist mir damals durch den starken Kontrast zum Schwarz sofort ins Auge gestochen.
Ihre schulterlangen, braunen Haare wehen im Wind, als sie mit kleinen, aber sicheren Schritten auf mich zukommt.
Je näher sie auf mich zugeht, desto breiter wird ihr Grinsen im Gesicht.
»Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen, Lay. Ist etwas passiert?«
Ich atme tief ein und wieder aus. Der Frage nach zu urteilen müsste mein Gesichtsausdruck Bände sprechen.
»Du weißt, dass ich diesen Namen hasse, nicht wahr?« Für mich hört er sich wie eine Lüge an. Dennoch liebt sie es, mich so zu nennen und mir somit auf die Nerven zu gehen.
Aus ihrem fröhlichen Grinsen wird in diesem Moment eine versteinerte Mimik.
»Ach komm, Süße, das ist doch nur ein Scherz und das weißt du auch, oder?« Während sie den Satz über ihre Lippen bringt, legt sie ihre Hände um meine Schultern und drückt mich ganz fest.
Dabei steigt mir eine süße Duftnote in die Nase. Es ist ein neues Parfum, das sie erst vor Kurzem gekauft haben musste, denn ich kenne es noch nicht.
»Ich weiß«, bekomme ich noch geradeso mit zusammengequetschten Backen heraus.
Nach einer gefühlten Minute lässt sie wieder von mir ab und kneift mir kurz, aber schmerzvoll in die rechte Backe. Gut gelaunt hängt sie sich in meinen Arm ein und lächelt mir ins Gesicht. Ihr Antlitz ist wie immer makellos geschminkt und mit dem kleinen Steinchen auf ihrem Eckzahn strahlt sie wie ein Sonnenschein.
Wir gehen in Schritttempo weiter, bis mich die Neugier überkommt. »Was gibt es Neues?«, frage ich verwundert, da sie auffällig gut gelaunt ist.
»Ich habe da jemanden kennengelernt. Sein Name ist Sebastian.«
»Uh, das hört sich interessant an. Erzähl mir mehr!«
»Ich kenne ihn noch nicht so lange und wir haben uns gestern das erste Mal gesehen. Ich habe ihn durch eine Internetplattform kennengelernt. Er ist Architekt und wir waren gestern essen im …« Sie hält kurz inne und ihre Augen funkeln dabei so stark, dass ich fast schon die Herzchen in ihren Pupillen entdecken kann.
»Le Amour«, rückt sie schlussendlich mit der Sprache heraus.
Le Amour. Ich kenne diesen Namen von irgendwoher, nur woher? Ich habe ihn schon einmal gehört. Vielleicht war ich dort mit Finn etwas essen.
»Das hört sich romantisch an, Sara. Wie ist er so?«
»Romantisch? Es war himmlisch!« Sie hört gar nicht mehr auf zu schwärmen und fährt dann nach einer Weile fort: »Es ist das Lokal am Anfang des Sees. Wir saßen am Fenster und hatten einen Ausblick, der bis ins Unendliche ging. Wir haben der Sonne dabei zugesehen, wie sie sich verabschiedet hat und die Nacht hereingebrochen ist. Sternenhimmel, romantische Musik. Kannst du dir das vorstellen, Lay? Es war traumhaft.«
»Das hört sich fantastisch an. Hat er denn auch das bekommen, was er wollte?« Ich zwinkere ihr zu und fange an zu grinsen.
Sie stößt mir mit ihrem Ellenbogen in meine linke Seite und lächelt dabei verlegen.
»Die Nacht war auch schön, ja«, sagt sie, ohne eine weitere Miene zu verziehen.
Mein Grinsen wird breiter. So glücklich habe ich sie seit dem Tod ihrer kleinen Tochter Maja lange nicht mehr gesehen. Es war ein tragischer und trauriger Unfall, der die kleine Familie entzweiriss.
Mittlerweile muss es jetzt schon fast sechseinhalb Jahre her sein. Kurz davor haben Sara und ich uns kennengelernt. Das war im März vor sieben Jahren. Dass wir uns auf Anhieb so gut verstanden haben, hat wohl damit zu tun gehabt, dass wir von Grund auf verschiedene Menschen sind.
Sie ist das klassische Stadtmädchen, wie es in Bilderbüchern so schön geschrieben steht. Ein gut erzogenes Einzelkind, das immer top gestylt ist und ein gutes Benehmen an den Tag legt. Sie stammt aus einer wohlhabenden Familie, in welcher der Vater das Geld nach Hause bringt und die Mutter nie arbeiten muss. Die Villa ihrer Eltern hat einen eigenen Pool, eine Sauna und ein Grundstück, das sich bis ins Unendliche hinauszieht. Sie wurde bis zur Mittelstufe zu Hause von einem Privatlehrer unterrichtet und studierte dann anschließend hier in Reimberg.
Ich hingegen bin in einem Dorf auf einem Bauernhof aufgewachsen. Mit Tieren, die von uns großgezogen und dann zur Schlachtbank geführt wurden, damit wir etwas zu essen hatten. Uns ging es nie schlecht. Mein Vater arbeitete viel. Er pflegte die Tiere und arbeitete noch nebenbei in seiner eigenen kleinen Firma als Dachdecker. Ich kann mich an die Tiere, die mein Vater hielt, noch ganz genau erinnern. Es waren immer fünf Ochsen und zwei Kühe. Die Ochsen wurden geschlachtet und von den Kühen bekamen wir immer frische Milch und Nachwuchs.
Meine Mutter hingegen war für das Geflügel zuständig. Dazu zählten neben den Hühnern auch Gänse und Enten, von denen wir dann frische Eier bekamen. Wurde dann mal ein Tier krank, dann hat mein Vater kurzen Prozess gemacht.
Es war schön, mit meinen drei Brüdern im Grünen aufwachsen und draußen spielen zu können, bis es dunkel wurde. Die Schrammen, die wir stolz als Kampfnarben bezeichneten, kennzeichneten uns.
»Wann seht ihr euch wieder? Und wann treffe ich den feinen Herren denn einmal persönlich?«, frage ich sie neugierig.
»Ich weiß es nicht«, antwortet sie verdutzt, »es war eine schöne Zeit, das gebe ich zu, aber seit das mit Maja passiert ist, habe ich geringe Erwartungen an die Menschheit.«
Ihr Lächeln, mit dem sie vorhin um die Wette gestrahlt hat, vergeht. Als ob sie es beeinflussen könnte, verschwindet die Sonne hinter einer Wolke und es wird zunehmend dunkler und kälter.
Maja war erst vier Jahre alt, als es passierte. Sie war der Sonnenschein der Familie. Sara und Leon versuchten lange schwanger zu werden, aber es hatte nie geklappt. Woran es gelegen hatte, wissen sie bis heute noch nicht oder Sara will es mir nur nicht sagen. Nach unzählig vielen Versuchen wurde Sara dann endlich schwanger von Leon und die Sonne brach wieder über die bald kleine Familie herein.
Mit dem Tod der Kleinen wurde es dunkel um die beiden. Schweigen machte sich breit und die Familie zerbrach schlussendlich. Es war so, als hätte jemand ein Glas fallen lassen und versucht, dieses wieder zu kleben. Es würde gelingen, jedoch würden die Risse immer da sein und Wunden hinterlassen.
Aus Respekt gegenüber den beiden habe ich über diesen Unfall nie wirklich nachgeforscht. Was passiert ist, weiß ich nicht und ich wollte Sara auch nie danach fragen.
Als ich Sara ins Gesicht sehe, kullert ihr dabei eine kleine Träne über ihre rechte Wange entlang herunter. Wir bleiben für einen Moment kurz stehen und ich hebe meine Hand, um ihr mit meinem Daumen die Träne aus dem Gesicht zu wischen. Anschließend drücke ich sie ganz fest.
»Ich weiß, Liebes. Du bist stark, vergiss das nie. Ich werde immer für dich da sein, in guten wie in schlechten Zeiten. Weißt du noch?«
Ich lasse von ihr ab und zeige auf meine rechte Hand, denn wir haben uns damals vor fünf Jahren ein Versprechen gegeben und uns jeweils einen Ring angesteckt, zwar nur im angetrunkenen Zustand, aber dieses Versprechen gilt bis heute.
»Danke«, sagt sie und ich kann fast schon wieder ein kleines Lächeln in ihrem makellosen Gesicht erkennen.
Ich drehe mich zu Sara um und drücke sie nochmals ganz fest.
»Ich kriege keine Luft mehr«, sagt sie mit gequälter Stimme.
»Ups!« Ich lasse von ihr ab. »Tut mir leid.«
»Sehen wir uns morgen früh wieder?«, fragt sie mich.
»Ja, gleiche Zeit, gleicher Ort?«
»In Ordnung, bis morgen.«
»Bis morgen«, bestätigt sie mir.
Vor der Redaktion, in der ich arbeite, wartet bereits Noah auf mich. Ich kann ihn schon von Weitem erkennen. In der linken Hand hat er einen Kaffee und in seiner rechten hält er eine Zigarette.
Noah dreht sich in meine Richtung und lächelt mir zu. Ich lächle zurück. Mit seinem dunkelbraunen Haar, seinem Ziegenbart, seinem schwarzen Pulli und seiner dunkelblauen Jeans steht er da und wartet auf mich.
»Hey Noah!«
»Layla«, sagt er kühl und nickt dabei.
Lange ernst bleiben kann er jedoch nicht und beginnt leicht zu schmunzeln.
»Ich weiß noch, als du heute vor genau sechs Jahren hier angefangen hast. Du warst neu in der Stadt und hast direkt auf Anhieb den Job ergattert. Wie hast du das bloß geschafft?« Das Schmunzeln in seinem Gesicht wird größer und er wartet gespannt meine Antwort ab.
»Tja Noah, eine gute Journalistin weiß eben, wie sie sich ausdrückt und verkauft«, sage ich spöttisch und zwinkere ihm dabei mit einem Lächeln im Gesicht zu.
Sein Schmunzeln wird jetzt zu einem Lachen und seine perfekten Zähne kommen zum Vorschein.
Bei der Arbeit ist heute alles anders als sonst. Ich sehe jedem Einzelnen die Anspannung in das Gesicht geschrieben und das nicht umsonst. Ich gehe an der Menge vorbei geradeaus in mein Büro, den Blick auf den Boden fixiert und in mich gekehrt. »Tief ein- und ausatmen, Layla, du schaffst das.« Dabei merke ich, dass ich immer schneller und unsicherer werde. Ich will in mein Büro!
Ich richte meinen Blick nach oben. Da sehe ich bereits einen Glaskäfig, meinen Glaskäfig. In ihm befinden sich mein Computer und meine bunten Post-its, die um meinen Monitor herum verteilt hängen, meine grauen und ausdruckslosen Ordner, die im Wandkasten verstaut sind und an der Wand meine Bilder mit Tieren, die ich selbst gezeichnet habe.
Zeichnen hilft mir, einen kühlen Kopf zu bewahren und vom Alltag abschalten zu können, doch in diesem Moment habe ich nicht mal die Kraft für das. Ich versuche ruhig zu bleiben, bis mich eine Hand an der Hüfte packt, die mich zusammenzucken lässt.
»Layla, warum so eilig?«, fragt ER dominant.
Jonas.
Ich erkenne ihn an seiner rauen, männlichen Stimme und seinem aggressiven Geruch, der mir schon vor zwei Schritten aufgefallen ist. Erst jetzt drehe ich mich zu ihm um und sehe ihm direkt ins Gesicht.
Mit seinem mittellangen, pechschwarzen Haar, mit seinen markant blauen Augen und seinem Anzug steht er vor mir. Seine Krawatte ist heute recht bunt ausgefallen, denn normalerweise trägt er immer dunkle Farben, aber heute ist sie kirschrot. Seine Sommersprosse auf der dunklen Lippe, die sich meistens sehr gut versteckt, ist heute besonders gut zu erkennen.
Ja, das ist er.
Jonas ist seit geraumer Zeit mein Vorgesetzter.
»Ich muss einen Beitrag über den Unfall von heute früh verfassen«, flüstere ich mit unsicherer Stimme.
»Könnten Sie bitte in mein Büro kommen? Wir haben noch etwas bezüglich dieses Unfalles zu besprechen.«
Mir stockt der Atem, denn ich weiß, was ER von mir will. Ich möchte schreien, aber ich kann nicht.
Er bittet mich vorauszugehen. Das lehne ich aber dankend ab, sodass er den ersten Schritt machen muss. Angespannt folge ich ihm in sein Büro. Meine Schritte werden schwerer, mein Atem wird tiefer und mein Puls schießt nach oben. Es fühlt sich so an, als würde ich an meiner eigenen Luft ersticken, aber das kann gar nicht passieren. Ich drehe durch. Ich werde verrückt.
Der Weg in sein Büro scheint heute niemals zu enden. Über die Treppen bis hin zu dem langen Flur, der sich in die Ewigkeit hinauszögert, gibt es kein Entkommen. So muss es sich also für die Tiere anfühlen, die zur Schlachtbank geführt werden.
Grausam. Kalt. Gefühllos.
Am Ende dieses langen Flures befindet sich die dunkelbraune, fast schon schwarze, große Tür aus Wengeholz. Mir kommt es so vor, als könnte ich das Holz noch riechen. Der Geruch von Freiheit, Frische und Härte, der sich in diesem Flur breitmacht.
Im Inneren des Büros bleibe ich in der Mitte des Raumes stehen, schließe meine Augen und bete, dass alles schnell vorübergeht. Als ich plötzlich einen lauten Knall hinter mir höre, zucke ich zusammen und drehe mich ruckartig nach hinten um. Es war die schwere Tür, die ins Schloss gefallen ist und diesen lauten Knall verursacht hat.
»Setzen Sie sich!«, befiehlt er mir mit einem recht schroffen, angsteinflößenden Ton.
Ohne große Worte setze ich mich hin und höre angespannt und voller Angst zu. Es wird nichts Neues sein, das weiß ich und ich weiß auch, warum ich hier bin. Wie kann so ein Mensch überhaupt Vorgesetzter sein? Alles, was er macht, grenzt an eine Straftat und das weiß er auch.
»Layla, kommen Sie schon. Greifen Sie nach meiner Hand, ich bringe Sie weiter.«
Jonas versucht schon seit geraumer Zeit an mich heranzukommen. Dabei habe ich kein Interesse an ihm, weder an der Beförderung noch an sonst etwas, das er mir anbieten will oder wollte. Ich weiß nicht, was er sich darauf einbildet, dass er tun und lassen kann, was er will, nur weil er über mir steht. Schwachsinn.
Ich liebe Finn über alles und will mit ihm eine eigene kleine Familie gründen.
Leider werden die Annäherungsversuche von Jonas immer stärker und intensiver, denn seit Kurzem versucht er mich sogar anzufassen, aber ich kann die Berührungen noch gut wegstecken und abwehren. Ich weiß leider nicht mehr für wie lange und kann nicht sagen, wie weit er gehen wird.
»Ich möchte nicht. Wie oft denn noch, Jonas«, sage ich mit einer Intensität, die ich vorher von mir noch gar nicht kannte.
Mein inneres Chaos hat wohl aus der Angst, die in mir herrscht, Stärke erzeugt und dabei nicht nur mich, sondern auch Jonas sichtlich überrascht.
»Was sagten Sie da?«
»Ja, Sie haben mich schon richtig verstanden, ich möchte nicht.«
Ich sehe, wie seine Blicke mich mustern. Von oben bis unten fixiert er mich und bekommt dabei dieses Grinsen, das ich ihm am liebsten aus dem Gesicht schlagen würde.
»Gefällt mir. Fahren Sie fort.«
»Womit?« Meine Wut müsste mir mittlerweile ins Gesicht geschrieben stehen, denn ich koche innerlich.
Wie kann er nur so dreist sein? Wäre er nicht mein Vorgesetzter, hätte ich ihm schon längst eine reingehauen. Aber ich kann nicht. Beruhig dich, Layla, ruhig, atme tief ein und aus, schließe deine Augen. Du brauchst diesen Job, du liebst diesen Job und du liebst Finn.
Langsam, aber sicher beruhigt sich alles wieder in mir und die Gefühle von Wut und Trauer mischen sich.
Klopf, klopf
Jemand ist an der Tür. Jemand kann mir helfen und mich aus dieser brenzligen Situation herausholen.
»Ich kann gerade nicht!«, schreit er schon beinahe und seine Worte hallen in meinem Kopf nach.
Die Tür öffnet sich vorsichtig und Noah streckt seinen Kopf zwischen Türrahmen und Flügel hervor.
»Entschuldigen Sie die Störung, Herr Schmidt, aber es ist wichtig. Sie wissen doch, was für ein Tag in zwei Tagen ist, oder?«
»Wovon reden Sie?«, zischt er vorlaut.
»Seit sechs Jahren – genau an diesem Tag – verschwinden Menschen oben im Dorf. Wir müssen Vorbereitungen treffen und wir brauchen Layla.«
Mit seiner dominanten Art gibt er mir mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich gehen darf und soll. Ich springe ruckartig auf und schreite zur Tür, wo Noah bereits auf mich wartet. Die schwere Tür fällt abermals hinter mir ins Schloss und dann überkommen mich alle Gefühle auf einmal. Ich schlage mir die Hände vor mein Gesicht und Tränen überkommen mich. Ich spüre, wie die Last in meinem Inneren mich erdrückt und mir die Luft zum Atmen wegnimmt.
Noah fährt mit seiner schützenden Hand durch mein Haar und lässt sie auf meiner Schulter liegen.
»Willst du diesen widerlichen Kerl nicht anzeigen?«, fragt er mich, ebenfalls von Jonas angeekelt.
»Ich kann nicht, ich brauche diesen Job. Du weißt doch, das Haus und … und Finn«, schluchze ich.
Noah ist kein Mensch der großen Worte, aber wenn ich ihn brauche, ist er für mich da und das schätze ich an ihm. Er reicht mir seine Hand und hilft mir hoch. Ich falle in seine trainierten Arme und fühle mich durch ihn gleich wieder geborgen und sicher.
»Danke Noah, du bist mein Schutzengel«, sage ich mit erleichterter Stimme.
»Wir haben noch viel zu tun, Layla. Wir sollten uns an die Arbeit machen.«
Layla? Kannst du mich sehen?
Ich sehe dich, aber du siehst mich nicht.
Guten Morgen, Layla. Wie geht es dir heute? Du scheinst irritiert zu sein, auch wenn nichts vorgefallen ist. Kann es sein, dass du dich fürchtest? Fürchtest du dich vor mir? Das musst du nicht, kleine Layla, du brauchst vor mir keine Angst zu haben. Noch nicht.
Durch den Wind, der immer stärker wird, ist es frisch geworden. Warum hast du deine schwarze Mütze nicht auf? Sie schützt deinen kleinen Lockenkopf vor der Kälte und ich will doch nicht, dass du krank wirst. Das wäre schade, weißt du das, Layla?
Ich werde für dich sorgen, Layla, du musst nur zu mir kommen und ich werde auf dich aufpassen. Aufpassen, dass dir nichts passiert und aufpassen, dass dir etwas passiert. Verwirrend, oder?
Was hast du eigentlich immer in deiner Umhängetasche mit dabei? Ein Buch, das du gerade liest oder nur ein paar Stifte und einen Block mit weißen Blättern?
Soll ich dir etwas verraten, Layla? Ich weiß, dass du gerne und viel zeichnest, aber was ist in der letzten Zeit nur mit dir los? Du nimmst seit geraumer Zeit nicht mehr das Federmäppchen aus der obersten Schublade deines Bürokastens.
Bist du so in deine Arbeit vertieft oder quält dich etwas oder jemand?
Willst du mir denn nicht verraten, was dich bedrückt? Hast du vor deinem Vorgesetzten Angst? Ist es ER, den du fürchtest? Seine Hand, die dich verletzt? Oder wird es am Ende doch nur irgendwer sein?
In zwei Tagen ist der Tag, vor dem alle in Baumhausen Angst haben. Es ist der Tag, an dem schon zweimal ein Mensch ohne einen Grund und ohne Vorankündigung verschwunden ist. Familien der Vermissten fragen sich, was mit ihnen geschieht oder ob sie jemals wieder auftauchen werden.
Es ist ein Ereignis, das sich schon einmal genau zwei Jahre nach dem ersten Vorfall wiederholt hat. Ob es Zufall ist oder doch gewollt, weiß die Polizei noch nicht.
Angefangen hat alles vor sechs Jahren, ein Jahr nachdem ich hier in Reimberg mit Finn eingezogen bin. Ohne jegliche Spur verschwinden Menschen einfach nur so, wie vom Erdboden verschluckt. Die Polizei hat keine Anhaltspunkte, keine Hinweise, keine Verdächtigen.
Verständlich. Wenn sie keine Leiche und keine Waffe hat, ist es schwierig, jemanden zu finden. Es könnte doch jede oder jeder gewesen sein, oder nicht? Sie tappt nun schon seit sechs Jahren im Dunkeln und die besorgten Bürger der Stadt und des Dorfes fragen nach dem Warum?
Baumhausen ist ein Dorf am Rande des Nichts. Es befindet sich etwa 30 Fahrminuten oberhalb dieser kleinen Stadt namens Reimberg mit etwa 10.000 Einwohnern. Ansonsten ist hier weit und breit nichts zu sehen. Die nächste große Stadt liegt etwa 50 Kilometer entfernt von hier. Sie ist nur mit dem Auto erreichbar, da kein Bus oder Zug in Richtung Großstadt fährt.
»Layla?«
Ich schwebe in Gedanken und versuche dabei einen klaren Kopf zu bewahren. Es muss doch irgendeinen Anhaltspunkt geben. Diese Menschen können doch nicht einfach so vom Erdboden verschluckt werden.
Ich starre auf meine Pinnwand, an der ich jeden Bericht, jeden einzelnen Eintrag der vermissten Personen notiert und abermals plakatiert habe. Das ergibt doch keinen Sinn. Alles an der Geschichte ergibt keinen Sinn. In Gedanken lese ich die Beiträge von damals laut in meinem Kopf.
John Wagner, wohnhaft in Baumhausen 102, geboren am 23.01.1981, gelernter Koch und Familienvater von zwei Kindern, geschieden, vermisst gemeldet am 25.03.2012 im Alter von 31 Jahren
Paul Schulz, wohnhaft in Baumhausen 57, geboren am 26.11.2004, Schulkind, vermisst gemeldet am 25.03.2014 im Alter von 9 Jahren
Wer ist als Nächstes dran und warum?
Wo?
Uhrzeit?
Wann? 25.03.2016
»Layla?«, fragt Noah mit erhobener Stimme und schnippt dabei mit seinen Fingern vor meiner Nase herum. »Alles okay?«, fragt er mich besorgt.
»Ja, tut mir leid, ich war wegen der Vermissten gerade in meinen Gedanken gefangen.«
Ich nippe an meinem Kaffee und schaue mir die Bilder der Vermissten, die ich neben den Texten befestigt habe, nochmals genauer an.
»Was haben beide gemeinsam, Noah? Es muss doch etwas geben, das sie verbindet. Es kann doch nicht grundlos passieren, oder?« Ich schaue Noah hilfesuchend an, trinke noch einen Schluck von meinem überzuckerten Kaffee und warte gespannt auf seine wahrscheinlich recht zickige Antwort.
»Warum hast du überhaupt alles hier? Du weißt, dass das Schnüffeln nicht unser Beruf ist, oder? Wir informieren nur. Der Rest ist Arbeit der Polizei, nicht unsere. Wenn am Mittwoch jemand verschwindet, informieren wir – nicht mehr und nicht weniger«, sagt er schnippisch.
»Bist du hier, um mir zu helfen oder um mir Steine in den Weg zu legen? Es handelt sich hier schließlich um mein Heimatdorf. Ich kann doch nicht einfach so tatenlos zusehen!«
»Ich meine es doch nicht böse, Layla. Ich mache mir nur Sorgen um dich. Was, wenn dir etwas zustößt, weil du in etwas reingerätst?«, fragt er besorgt.
»Mir wird schon nichts passieren, mach dir keine Sorgen.«
»Wie du meinst«, nuschelt Noah, bevor er durch meine Glastür geht und hinter der Ecke in seinem Büro verschwindet.
Am späten Montagnachmittag hole ich mir nochmals einen Kaffee. Dieser Kaffee schmeckt ziemlich bitter und er lässt mich mein Gesicht verziehen. Der Zucker, den ich vorher zu viel in meinen Kaffee getan habe, fehlt jetzt. Ich nehme noch einen Schluck Kaffee zu mir und starre wieder auf meine Pinnwand. Ich versuche einen Zusammenhang aus dieser Tragödie zu ziehen. Mein Kopf schmerzt und ich spüre meinen Herzschlag gegen die Schädeldecke pochen.
Ich sollte nach Hause gehen, denn es ist schon spät geworden. Die Zeit ist heute Nachmittag wie im Fluge vergangen und ich habe schon wieder nichts erreicht. An der Wanduhr klackt sich gerade eine neue Ziffer in das Ziffernblatt.
Klack
18:46 Uhr
Noah und die anderen sind schon seit einer gefühlten Stunde aus der Redaktion verschwunden. Alle Büros und der Flur sind dunkel und ich kann nur noch schwach das Licht der Kaffeemaschine in der Ferne erblicken. Die Atmosphäre hier ist schon annähernd gespenstisch. Würde mir jetzt etwas zustoßen, wäre ich allein, allein mit mir selbst. Gänsehaut macht sich an meinem Körper erkenntlich und ein eiskalter Schauer läuft mir den Rücken runter.
Im Büro sind 22 Grad.
Je länger ich in diese Finsternis blicke, desto ängstlicher werde ich. Mir scheint, als würde ich die Umrisse einer schwarzen Gestalt erblicken, die sich in Richtung Noahs Büro bewegt.
Ich kneife meine Augen zusammen und schüttle den Kopf.
»Da ist niemand, Layla, du bist einfach nur müde!«, rede ich mir ein, öffne vorsichtig meine Augen und starre wieder in die Leere.
Da ist niemand. Niemand. Ich bin allein hier. Langsam, aber sicher werde ich verrückt. Übermorgen ist es wieder soweit und wir können nichts dagegen tun. Vielleicht passiert einfach gar nichts. Das könnte doch auch eine Möglichkeit sein, oder nicht? Schon die Gedanken allein daran machen mich sichtlich nervös und versetzen mich in leichte Panik. Ich muss mich beruhigen und setze mich in meinen Bürostuhl. Er ist ganz weich und quietscht leicht, als ich mich nach hinten lehne und den Kopf in den Nacken lege.
Es wird wirklich Zeit, dass ich endlich nach Hause gehe. Als ich den Computer mithilfe der Maus herunterfahre, wird es zunehmend dunkler im Büro und die Panik in mir wächst. Hastig springe ich aus dem knarrenden Bürostuhl, schnappe meine Jacke, die an einem Wandhaken am Eingang hängt und flüchte nach draußen.
Es ist düster und kalt draußen. Ein dichter Nebelschleier, den jemand mit einem Messer durchschneiden könnte, umhüllt die gesamte Stadt. Die Straßenlaternen sind kaum mehr zu erkennen, nur noch ein schwaches Licht vermischt sich im Nebel.
Während ich einen Fuß vor den anderen setze, denke ich darüber nach, wer als Nächstes auf der Liste der Verschwundenen auftauchen wird. Vielleicht mein alter Mathelehrer, mein Musikprofessor oder gar meine Mutter?
Ich bin ratlos und ich erkenne kein Muster darin. Schon vor zwei Jahren versuchte ich jemandem die Schuld in die Schuhe zu schieben. Diese Vermutung ging nach hinten los und brachte mich nur in Schwierigkeiten. Meine gesamten Recherchen verliefen in eine Sackgasse und das brachte mich beinahe um den Verstand und um meinen Job.
Ich sollte mich dieses Jahr etwas zurückhalten, keine voreiligen Schlüsse ziehen und mehr beobachten als aktiv zu sein. Noah hat damit vollkommen recht und es wäre das Beste für alle.
Hinter mir höre ich, wie ein kleiner Stein über die Straße geschossen wird. Es ist nicht weit von mir entfernt, vielleicht nur etwa zehn Meter, denn ich konnte es klar und deutlich hören. Beim genaueren Hinhören bemerke ich Schritte von jemandem, der den Kieselstein gestoßen haben muss. – Er setzt einen Fuß vor den anderen, einen schweren Schritt nach dem nächsten.
Ich zucke zusammen, als ich plötzlich eine Stimme wahrnehme, die meinen Namen ruft. Die Stimme hört sich verstellt an, so als wollte jemand nur mit der Kehlkopfstimme sprechen, damit ich ihn nicht erkenne. Das gelingt ihm oder ihr auch, denn ich kann die Stimme nicht zuordnen.
Mein Adrenalinspiegel schießt rasant nach oben, als ich mich ruckartig nach hinten umdrehe. Niemand. Jedenfalls konnte ich niemanden erkennen und die Schritte sind auch verschwunden. Alles, was ich sehe, ist eine schwach beleuchtete Straße, die sich ewig weit ins Nichts des Nebels zieht.
Wie du dich ängstlich nach hinten gedreht hast, als ich deinen Namen gerufen habe oder als ich den kleinen Kieselstein über die Straße geschossen habe. Süß, wie viel Angst doch in so einem kleinen, zierlichen Mädchen stecken kann.
Wie deine Schritte immer schneller werden und dein Herzschlag wahrscheinlich gerade in diesem Moment nach oben schießt. Süß, wie du vor mir Angst hast.
Darf ich dir etwas verraten, Layla? Du siehst sogar nach einem langen Arbeitstag hübsch aus. Das will eine Menge heißen. Es geht nicht immer nur um das Äußere. Manchmal sind es exotische Züge oder große Brüste. Manchmal sogar lange Haare, ein hübsches Gesicht, das geschminkt ist, oder gar lange Beine.
Schönheit ist eine individuelle Sache und liegt im Auge des Betrachters, weißt du Layla? Für mich bist du immer schön.
Hast du heute eine maßgeschneiderte Jeans an? Sie steht dir gut. Dazu trägst du diese einfarbig schwarze Jacke, die du so gerne anhast. Warum gefällt sie dir so gut? Dir würde eher etwas Farbiges stehen, glaub mir.
Die Farbe deines roten, dezenten Lippenstiftes hat sich auf die unzähligen Tassen Kaffee übertragen.
Wie viele Tassen trinkst du eigentlich am Tag?
Spürst du mich näher kommen? Ich werde dir nichts tun, kleine, süße Layla. Ich kann nicht ohne dich leben, Layla.
An unserer Haustür angekommen, versuche ich in Ruhe das Türschloss zu öffnen. Dabei fällt mir der Schlüssel auf die Fußmatte mit der Aufschrift »Home Sweet Home«.
Finn und ich haben sie etwa einen Monat nach unserem Einzug gekauft, damit sie uns immer an die schönen Zeiten erinnert. Daran, dass wir immer einen Platz für uns zwei haben, ein kleines Haus und unsere eigenen vier Wände. Das war ein Geschenk Gottes und großes Glück, dass wir so ein nettes Nest gefunden haben.
Ich drehe mich nach hinten um, um mich zu vergewissern, dass mir niemand gefolgt ist, knie mich hin und hebe zitternd den kalten Schlüssel vom Boden auf, damit ich die Tür öffnen und in das warme Haus eintreten kann. Knirschend öffnet sich die Tür zu unserem Heim und fällt auch rasch wieder in das große, schwere Schloss.
Drinnen hänge ich meine schwarze Lieblingsjacke mit dem aufgestickten Muster und den kleinen Nieten an den Seiten auf und lasse mich erschöpft auf die Couch im Wohnzimmer fallen. Finn kommt heute etwas später, da er eine 12-Stunden-Schicht beim Rettungsdienst übernommen hat.
Sitzend sticht mir etwas ins Auge. Ein Zeitungsartikel vom Jahre 2014, den ich damals verfasst habe, als der kleine Paul verschwunden ist.