Ich will dich | Erotische Geschichten - Trinity Taylor - E-Book

Ich will dich | Erotische Geschichten E-Book

Trinity Taylor

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 220 Taschenbuchseiten ... Leidenschaftliche Geschichten voller Lust und Begierde Trinity TaylorsIch will dich | Erotische Geschichten berühren alle Sinne: Auf einem Kostümfest in der Liebesschaukel, als Köchin mit dem Chef unter freiem Himmel oder im Schuppen mit einem Vampir ... Abwechslungsreich, rasant und erotisch ziehen die Geschichten den Leser dauerhaft in einen Bann der Leidenschaft. Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Impressum:

Ich will dich | Erotische Geschichten

von Trinity Taylor

 

Schon früh hat Trinity Taylor, eine Hamburger Autorin, ihre Passion zum Schreiben entdeckt. Ihre ersten Romane schrieb sie für sich, 2007 startete sie dann mit erotischen Kurzgeschichten durch. Insgesamt hat sie zehn Bücher veröffentlicht, darunter drei Romane und sieben Bücher mit Kurzgeschichten. Momentan arbeitet sie an ihrem elften Buch.

 

Lektorat: Nicola Heubach

 

 

Originalausgabe

© 2009 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © Getty Images

Umschlaggestaltung: Matthias Heubach

 

ISBN 9783940505828

www.blue-panther-books.de

Die heiße Köchin

»Koch/Köchin für exklusive Abendveranstaltung gesucht«, las Caroline laut vor. Sie kaute an einem Kugelschreiber und nahm ihn zum Ankreuzen der Anzeige aus dem Mund.

Sie saß an ihrem Schreibtisch in der Event-Marketing-Agentur, wo sie als Projektbetreuerin arbeitete. Haufenweise Arbeit starrte sie an, doch es war drei Uhr nachmittags und sie hatte sich eine Pause verdient. Nach einer Weile schüttelte sie den Kopf und faltete die Zeitung zusammen. Sie hatte einen Job, einen guten noch dazu, warum sollte sie ausgerechnet an einem Wochenende arbeiten gehen? Andererseits hatte sie Lust, mal wieder mit anderen Menschen in Kotakt zu treten. Nicht nur ihre Wohnung war leer, sondern auch ihr Sexualleben. Seit Mike sie vor acht Monaten verlassen hatte, gab es keinen Mann mehr in ihrem Leben. Doch wer weiß, vielleicht traf sie ja an diesem Wochenende auf den einen oder anderen Mann, der ihr den Kopf verdrehte.

Doch so ganz wohl war Caroline nicht dabei, ihr Privatleben als Begründung für einen neuen Nebenjob anzuführen. Sie besann sich auf den süßen Chrysler Neon, den sie sich schon so lange wünschte. Genau, es war der erste Schritt in die richtige Richtung, das Geld für ihr Traumauto zu verdienen.

Sie schlug also die Seite mit der Annonce wieder auf und las sie sich noch einmal durch:

»Koch/Köchin für exklusive Abendveranstaltung gesucht – Termin: Samstag, den 21. August – Arbeitszeit ca. neun Stunden ab Nachmittag – incl. Spesen – Vergütung auf Verhandlungsbasis – Bei Interesse: rufen Sie uns an ...« Kurz und knapp, aber es reichte, stellte Caroline fest. Sie kaute wieder an ihrem Kugelschreiber, dachte an ihre Kochzeit vor fünf Jahren in einer Hotelküche mit gehobenem Anspruch. Eineinhalb Jahre hatte sie dort gearbeitet.

Caroline sah kurz zur Tür, vergewisserte sich, dass niemand in ihrer Nähe war, und tippte die Telefonnummer ein.

Eine Dame mit einer sympathischen Stimme meldete sich. »Schön, dass wir sie für den Job begeistern können. Es handelt sich um eine Hochzeitsfeier mit etwa 500 geladenen Gästen und großem Buffet. Um sechzehn Uhr beginnen für Sie die Vorbereitungen, allerdings werden schon Köche vor Ort sein. Es ist eine große Scheune, die sich auf dem Gut Ballmore befindet.«

»Oh, das kenne ich!«, rief Caroline.

»Sehr schön, dann brauche ich Ihnen den Weg ja nicht mehr zu beschreiben. Ach, bevor wir zum Honorar kommen, bitte denken Sie daran, Ihr Messer mitzunehmen. Brendan Neely, der Küchenchef, legt großen Wert darauf.«

Caroline handelte eine mehr als faire Kondition aus. Kaum hatte Caroline aufgelegt, ballte sie die Fäuste aus Freude und jubelte. Am Samstag würde sie nicht einsam vor dem Fernseher sitzen und traurige Liebesfilme mit der berühmt-berüchtigten Chipstüte auf dem Schoß sehen. Sie würde in ihrem alten Beruf arbeiten, eine Menge Spaß haben und den auch noch bezahlt bekommen.

Den Rest des Tages fiel es Caroline schwer, sich auf ihre Projekte zu konzentrieren. Sie freute sich auf das Wochenende und hoffte, nicht enttäuscht zu werden.

***

Caroline parkte ihren roten Honda auf dem für die Gäste vorgesehenen Parkplatz, der fast genauso groß war, wie das Anwesen, das sie nun betrat. Sie ging eine kleine schmale Allee entlang, die von alten Bäumen gesäumt wurde. Ganz am Ende erstreckte sich die riesige Scheune, in der die Hochzeitsfeier stattfinden sollte.

Nervös schritt sie auf das Scheunentor zu, das weit offen stand. Ihre Augen gewöhnten sich nur langsam an das schummrige Licht im Inneren. Der Anblick, der sich ihr bot, ließ ihr vor Bewunderung den Mund offen stehen. Die Tische standen einer neben dem anderen, alle liebevoll geschmückt mit weißen Tischdecken und lachsfarbenen Rosengestecken. Ringsrum an den Wänden der Scheune standen lange Tischreihen für das Buffet, an der linken Seite war eine Bühne aufgebaut, auf der Tontechniker und zwei Sängerinnen eine Mikrofonprobe machten.

Caroline ging auf einen der Kellner zu, die die Tische ordentlich mit Silberbesteck eindeckten. Sie fragte ihn nach dem Küchenchef Brendan Neely. Der Kellner schaute kaum auf, wies dann auf eine Tür an der hinteren Seite der Scheune. Caroline bedankte sich. Vor der Tür stieß sie mit einem Koch zusammen, der diese gerade schwungvoll öffnete, als sie davor stand.

»Hoppla.« Fast wäre ihm der Kürbis aus der Hand gefallen, doch er lächelte sie an. Erschrocken blickte Caroline den Rothaarigen an.

»Kann ich ihnen helfen, Madam? Wenn sie zu der Feier wollen ... die fängt erst in etwa drei Stunden an.«

»Nein, oh, tut mir auch leid. Ich, äh ... suche Brendan Neely.«

»Gehen sie einfach durch diese Tür. Dahinter befindet sich ein Zelt – er müsste eigentlich dort sein.«

»Danke, Sir.« Caroline ging mit Herzklopfen durch die Tür und ärgerte sich. Das fing ja gut an! Ein riesiges Zelt öffnete sich. Männer in ihren unverwechselbaren weißen Jacken liefen herum, hantierten vor zwei großen Gaskochern mit entsprechend mächtigen Pfannen darauf, schnitten Obst auf großen Holzbrettern oder verteilten verschiedene Lebensmittel auf einem Rollwagen. Einer der Köche sah aus seinem Gespräch mit einem anderen hoch und hielt für kurze Zeit Carolines Blick gefangen. Ihr Herz machte einen Hüpfer. Er war ein gut aussehender Mann, den sie auf etwa fünfunddreißig schätzte, seine Schläfen waren leicht angeraut, was seinem markanten Gesicht das gewisse Etwas verlieh. Er war groß und sein Blick wirkte ruhig. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt, ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Noch ehe Caroline entscheiden konnte, ob sie ihn fragen sollte, wurde sie angesprochen.

»Kann ich ihnen helfen?«, fragte ein älterer Mann mit Vollbart, Brille und angespanntem Gesichtsausdruck.

»Ja, ich suche Brendan Neely.«

»Das bin ich.«

»Guten Tag, Mr Neely, ich bin Caroline Wood, die Köchin für heute Abend.«

»Sehr schön. Ich habe Sie auf Posten drei eingeteilt. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo das ist. Haben Sie ein Messer dabei?«

»Ja, aber im Auto.«

»Gut, holen Sie es, Messer sind hier Mangelware. Dort drüben wird ihr Posten sein. Wenden Sie sich an Chris Lukas. Er weiß Bescheid. Das ist ihr Postenchef. Er kommt gerade.«

»Okay. Ach, wo kann ich mich denn umziehen?«

Neely kratzte sich am Kopf. »Das ist ein Problem. Da wir nur Männer sind, ziehen wir uns alle hinter dem Transporter um, ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.«

Caroline schluckte. Es machte ihr etwas aus ...

»Kein Problem«, schwindelte sie und lächelte.

»Gut.« Neely ging weiter.

Chris Lukas winkte ihr kurz zu.

»Hi, du bist Chris?«, fragte Caroline als sie zu ihm herangetreten war.

»Genau. Wir kennen uns vom Kürbiszusammenstoß.«

Caroline lachte dem Rothaarigen zu. »Stimmt. Ich bin Caroline und soll dir zur Hand gehen. Bin nämlich auf deinem Posten eingeteilt.«

Chris’ Gesicht strahlte und seine ohnehin schon geröteten Wangen, nahmen eine noch rotere Färbung an. »Großartig. Zieh dich um und komm gleich zu mir, es gibt einiges zu tun.«

»Okay.«

Auf dem Weg zu ihrem Wagen überlegte sich Caroline, dass sie sich ja auch gleich dort umziehen könnte, da würde sie ungestört sein. Erleichtert über diese Idee, wurde ihr Gang schwungvoller.

Sie setzte sich in den Wagen und zog das Messer unter ihrem Sitz hervor und legte es auf den Beifahrersitz. Sie blickte sich um, doch weit und breit war niemand zu sehen. Sie knöpfte sich die dunkelblaue Bluse auf und bekam einen Schreck – ihr schwarzer BH! Sie musste ihn dringend gegen den weißen tauschen, sonst würde ihr jeder auf die Brüste starren. Schwarzer BH und weiße Kochjacke – das ging gar nicht! Rasch zog sie die Bluse aus und hakte den BH auf, als sie auch schon hörte, wie sich ein Auto näherte. Es bremste bei rasanter Geschwindigkeit direkt neben ihrem und wirbelte eine Menge Kies und Staub auf. Musik dröhnte aus den Boxen. Mit freien Brüsten saß Caroline da und war einer Panik nahe, denn sie fand ihren weißen BH nicht.

Die Musik ging aus, eine Autotür klappte. Caroline stieß einen Schrei aus. Ein junger Mann stand direkt an ihrer Scheibe und sah ihr beim Umziehen zu. In ihrer Verzweiflung zog sie kurzerhand den schwarzen BH wieder an. Sie hörte sein jungenhaftes Lachen. Er dürfte kaum älter als zwanzig sein, schätzte sie, ein smarter, gut aussehender Junge, der ein überlegenes Grinsen aufsetzte. Er klopfte an. Sie öffnete widerwillig.

»Was ist denn? Siehst du nicht, dass ich mich hier umziehe?«

»Oh, ja, das sehe ich. Ganz schon heiß!«

»Ganz schön heiß?«

»Ja, du, Baby. Geile Titten. Kann ich die noch mal sehen?« Caroline traute ihren Ohren nicht. »Verschwinde!«

Der Junge lachte. »Hey, warum so kratzbürstig? Ich bin Ray. Und du?«

Sie zögerte. »Caroline. Und jetzt verschwinde.«

»Warum sollte ich, wo ich doch hier einen unbezahlbaren Logenplatz habe.« Er grinste unverschämt und rührte sich nicht von der Stelle. Caroline hielt sich noch immer die Hände vor den Oberkörper. Sie hatte den BH zwar übergezogen, jedoch nicht eingehakt. Einen kurzen Moment zögerte sie, dann hatte sie sich entschieden. Mit einem Ruck stieß sie ihre Tür auf ... und traf Ray.

»Hey ... was soll das?«

Caroline antwortete nicht. Sie baute sich vor ihm auf, und obwohl Ray sicherlich zehn Jahre jünger war als sie, überragte er sie doch um einen Kopf. Caroline reckte ihr Kinn. Sie langte mit den Händen auf den Rücken und hakte den Verschluss zu. Ray starrte grinsend auf ihren Busen.

»Wow, du bist ja erregt, Baby.«

Caroline versuchte sich zu beherrschen, doch sie spürte, wie dieser Typ und die Situation sie scharf machten. Sollte sie doch noch ihren BH wechseln? Sie merkte, wie ihre Brustwarzen sich durch die Spitze drückten. Ray zögerte keine Sekunde und legte einfach seine Hände um ihre Brüste. Sofort reckten die Nippel sich ihm entgegen. Ray leckte sich unbewusst über die trockenen Lippen. Caroline, erschrocken über die so offensichtliche Reaktion ihres Körpers, nahm ihre Bluse vom Sitz, zog sie über und knöpfte sie augenblicklich zu. Dann bückte sie sich nach ihrem Messer. Schon spürte sie Rays Hand von hinten in ihrem Schritt. Sie stieß einen kaum unterdrückten Schrei aus, drehte sie sich rasch um und schlug ihm ins Gesicht.

Entsetzt starrte er sie an, die Hand auf der Stelle, wo es brannte. »Hey, spinnst du?«

Caroline zog an ihrem Rock, doch es brachte nichts bei dem Minirock. »Du hast wohl gar keine Manieren, was?! Verschwinde endlich! Ich bin kein Freiwild.«

Er lachte wieder, doch ihre Ohrfeige zeigte Wirkung. Er wandte sich seinem Auto zu, schloss die Beifahrertür auf und holte ein Bündel Klamotten heraus. Caroline ging zur Scheune zurück, wo sie sich sicherer und wesentlich wohler fühlte.

Als sie das Tor aufstieß, kam ihr der Mann mit den angegrauten Schläfen entgegen, doch er schien in Gedanken zu sein und nahm von ihr keine Notiz. Carolines Herzschlag beschleunigte sich. Als er aufblickte und sie sah, nickte er kurz und ging wortlos an ihr vorbei. Fast hätte sie sich nach ihm umgesehen.

Caroline ging zu ihrem Posten. Chris schob gerade fünf kleine Bleche, auf denen Baguette-Stangen lagen, in den Convectomaten – ein Gerät, mit dem man backen, braten, grillen und dämpfen konnte, ein absolutes Allround-Gerät.

»Hi, Caroline, du bist ja noch gar nicht umgezogen.«

»Nein, ich habe eben ...« Sie überlegte, ob es Chris überhaupt interessieren würde, was sie gerade erlebt hatte. Wahrscheinlich nicht. »Ich ziehe mich jetzt um, wollte nur mein Messer hier ablegen. Bin gleich wieder da.«

»Okay.«

Sie durchquerte nochmals die große Scheune und sah zur Musik-Band, die gerade einen Song probte. Einer der Köche begegnete ihr, sie grüßten sich kurz. Caroline fragte sich, wie viele neue Gesichter sie sich für heute Abend noch merken musste.

Sie trat wieder ins Freie, die Sonne schien ihr so sehr ins Gesicht, dass sie eine Hand schützend vor die Augen legte. Ein kurzer Blick zum Kochzelt sagte ihr, dass alle Köche hektisch beschäftig waren und sich kaum darum scheren würden, was sie hinter den Transportern trieb. Trotzdem ging sie auf Zehenspitzen. Die Wagen standen parallel zum Kochzelt. Dort, wo sie jetzt war, konnte sie niemand sehen. So knöpfte sie wieder ihre Bluse auf, ließ sie herabgleiten und öffnete den BH. In der warmen Luft stellten sich ihre Brustwarzen auf, kirschrot leuchteten sie in der Nachmittagssonne. Am liebsten hätte sie sich hier nackt hingelegt und sich in der herrlichen Sonne geaalt. Sie schloss die Augen und berührte ihre Spitzen. Wärme durchströmte ihren Schoß. Dann besann sie sich, dass sie nicht zum Sonnenbaden hier war und öffnete die Augen. Sogleich zog sie den weißen BH aus der Tasche hervor, ließ ihren Rock fallen und streifte die Hose über. Hatte sie eben ein Geräusch gehört? Sie blickte hoch, sah aber niemanden.

Caroline knöpfte die Kochjacke zu und band sich den Vorstecker – die Kochschürze – um. Sie öffnete ihre Haare, ließ den leichten Wind darin wehen und schlang das Band wieder um ihre Haarpracht. Als sie ihre Tasche nahm, hörte sie ein Klicken. Quietschend ging die Tür des Transporters auf und der Koch mit den grauen Schläfen stieg aus. Regungslos standen Caroline und der attraktive Mann sich gegenüber. Er musste alles von ihr gesehen haben. Diese Vorstellung ließ ihr das Herz bis zum Hals schlagen, denn damit, dass jemand im Wagen sitzen könnte, vor dem sie sich gerade umzog, hatte sie nicht im Traum gerechnet. Die Zeit schien zu stehen. Caroline sah die grünen Augen des Mannes in der Sonne leuchten, obwohl er sie zu Schlitzen zusammengedrückt hatte. Es zog in ihrem Unterleib und Feuchtigkeit breitete sich aus.

Dann kam Ray in Sicht. Er trug, was Caroline nicht glauben konnte, eine Kochjacke! Auch das noch! Sie stöhnte innerlich auf und wandte sich wortlos von ihrem heimlichen Zuschauer ab, der ihr leise zuflüsterte: »Sehr hübsch.«

Caroline tat so, als sei sie an Gelassenheit nicht zu übertreffen, erst recht nicht, als sie dann an Ray vorbeiging.

»Hi, Schätzchen«, flötete Ray, »du bist ja eine von meiner Mannschaft. Klasse! Hoffentlich sind wir auch am gleichen Posten.« Leise fügte er hinzu: »Dann kann ich dir zwischendurch ein bisschen deine Pussy streicheln.«

Caroline verdrehte genervt die Augen. Doch die Röte ihrer Wangen verriet sie.

»Oh, hallo, Sam …« Ein Koch kam ihr entgegen und steuerte auf ihren heimlichen Beobachter zu. »Ich habe dich gesucht. Wie sieht es eigentlich mit den Spare Ribs aus. Wann können wir …«

Sam, hallte es in Carolines Kopf. Ihr heimlicher Beobachter mit den angegrauten Schläfen hieß also Sam. Mit klopfendem Herzen setzte sie ihren Weg zum Posten fort und versuchte sich vorzustellen, was er alles von ihr gesehen haben mochte. Irgendwie gefiel ihr die Vorstellung …

***

»Hallo, Chris. So, da bin ich«, sagte Caroline, als sie ihren Posten erreicht hatte. »Was kann ich jetzt tun?«

Chris überlegte. Dann wandte er sich zu ihr um. »Du könntest Parmesan hobeln. Den brauchen wir für den Cesars Salad.«

»Okay. Was bekommen die Gäste denn sonst noch?«

»Wir haben ein buntes Buffet, wie du siehst. Als Vorspeisen gibt es Kürbissuppe im Kürbis, Cesars Salad, Melone mit Schinken und Nachos mit Guacomole. Als Hauptspeisen haben wir gebeizten Wildlachs, Wildreis, Spare Ribs, Baked Potatoes, gefüllte Putenbrust, Möhren-Weißkraut-Salat und Bohnen-Mais-Salat. Als Dessert gibt es Brownies, Apple Pie, Eisvariationen und frischen Obstsalat.«

»Wow, das hört sich toll an!«

»Hm.« Chris nickte. »Das Buffet wird wirklich groß und reichhaltig. So, hier hast du den Käsehobel. Wenn es dir zu schwer wird, sag Bescheid. Ich muss noch mal zu Neely, er wollte mit mir reden. Bin gleich wieder da. Wenn Ray kommt, kann er dir ja helfen.«

»RAY?«, fragte Caroline mit Entsetzen.

»Ach, der ist ganz okay, wenn man sich auf ihn einstellt. Bin gleich wieder da.«

Mit ungutem Gefühl blickte sie Chris hinterher. Nun gut, sie würde mit Ray zurechtkommen. Jetzt war sie aber erst mal in der Pflicht, ein bisschen was zu tun und so drückte sie den Hobel auf den Parmesankäse und schabte einen Streifen ab. »Gott, geht das schwer«, stöhnte sie. Schon nach wenigen Minuten tat ihr das Handgelenk weh. Sie blickte auf. Zwei Köche bahnten sich ihren Weg durch die Tische und Stühle, doch sie konnte nicht sofort erkennen, wer es war, denn das helle Sonnenlicht ließ nur die Silhouetten erscheinen. Als sie näher herankamen, erkannte Caroline, dass der Erste der beiden Männer war Sam war. Er blickte erst auf ihre Hände, dann in ihre Augen. Sein Blick wurde weich, die Mundwinkel zogen sich nach oben. Carolines Gesicht verfärbte sich purpurn. Ohne Kommentar ging Sam weiter zu den anderen Posten, während sie ihm wie ein verliebtes Mädchen hinterher blickte.

»Hey, Baby, wie sieht es aus? Noch fit?« Rays Stimme war wie eine kalte Dusche und riss sie aus ihren Träumen. Genervt hobelte sie weiter.

»So, dann wird Onkel Ray mal das Zepter in die Hand nehmen. Das mache ich am Liebsten, in allen Lebenslagen. Wenn du verstehst, was ich meine, Schätzchen.« Er stupste Caroline an. Doch sie biss die Zähne zusammen und wollte sich ihre aufkeimende Wut nicht anmerken lassen. So mit ihren Gedanken beschäftigt, bemerkte sie nicht, dass sie den Hobel zu tief ansetzte und dadurch ein kaum zu bewältigendes Stück zu fassen bekam. Mit einer Hand hielt Caroline den Käse fest, verzog das Gesicht und drückte ihren Körper mit voller Kraft dagegen. Sie würde sich lieber in die Hand hobeln, als ihn um Hilfe zu bitten. Gesagt – getan! Sie rutschte ab und jagte sich den Hobel in die Nähe der Pulsadern. Sofort schrie sie auf.

Der Käse fiel um, direkt auf den Kürbis, der mit Kürbissuppe gefüllt auf dem Boden stand. Der Kürbis rollte in den Guacomole-Dipp, während die Suppe sich auf dem Boden verteilte. Fassungslos folgte Caroline dieser Kettenreaktion.

»Oh mein Gott!« stieß sie hervor und hielt sich das Handgelenk.

»Tja, Schätzchen, der kann dir gerade nicht helfen. Was hast du da nur gemacht? Verdammter Mist!«

»Tut ... tut mir leid«, stammelte Caroline.

»Ja, ja, schon gut.« Ray beugte sich hinunter zum Parmesan und hob ihn auf. Die ganze Suppe lief über den Scheunenboden.

Ray sah zu ihr hoch. »Hey, Schätzchen, wie wäre es, wenn du mir ein bisschen helfen würdest, anstatt mir dabei zuzusehen, wie ich deinen Kram hier wegmache.«

»Ja, klar, Entschuldigung. Soll ich im Zelt etwas Neues holen?«

Ray zögerte. »Wenn du das tust, bist du deinen Job sofort los. Tollpatschige Leute wie dich können die hier gar nicht gebrauchen.« Er setzte sein unverkennbares Grinsen auf. »Ich organisiere uns am anderen Posten gleich etwas Suppe und Nachos und werde einfach sagen, wir hätten zu wenig davon gehabt.«

»Super, danke, Ray.«

»Bitte, bitte. Allerdings kostet dich das eine Kleinigkeit.«

Caroline sah ihn verwirrt an. »Das kostet etwas? Wie viel denn?«

»Nicht wie viel, sondern: was! Kein Geld. Deine Kröten kannst du dir sparen. Wenn ich mich an deine heißen Titten erinnere, dann fallen mir diverse Dinge ein, wie du das wieder gutmachen kannst.« Er blickte sie unverschämt an.

»Vergiss es!«, zischte sie.

»Na schön, ich geh dann gleich mal ins Zelt und sage Neely Bescheid. Dann werden wir ja sehen ...«

»Nein!«, rief Caroline.

»Gut, dann denk an die Bezahlung. Am besten kümmerst du dich erst mal um dein Handgelenk. Sieht nicht so toll aus.«

Mit weit aufgerissenen Augen sah Caroline auf ihren blutenden Unterarm. Im Laufschritt ging sie zum Zelt. Tränen standen ihr in den Augen. Mit wie viel Freude und Spaß habe ich hier angefangen ... und jetzt das! Sie überlegte sich eine Ausrede für ihre Wunde, die jetzt, wo sie darüber nachdachte, sehr weh tat.

»Was ist passiert?« Auf halber Strecke kam ihr Sam entgegen. Warum lief er nur ständig hier herum und war nicht auf seinem Posten? Diesmal ärgerte sie es, ihn zu sehen. Sie fühlte sich ertappt und geriet ins Stottern. »Ich bin ... ich habe ... der Hobel ... ich meine ...«

»Abgerutscht?«, kam er ihr zu Hilfe.

»Ja.«

Er nahm ihren gesunden Arm und führte sie zum Lastwagen, wo er einen Verbandskasten hervorzauberte. »Komm!«

»Wohin wollen Sie denn?«, fragte Caroline unsicher.

Doch er schwieg und lief mit ihr bis zu den Ställen, die ein gutes Stück von der Scheune entfernt lagen.

»Leider haben wir nur hier einen Wasseranschluss. Ich werde die Wunde säubern.« Er nahm ihre Hand, drehte sie um und hielt das Handgelenk unter das Wasser. Caroline zuckte, als sie mit der Kälte in Berührung kam.

»Ganz ruhig, es tut nicht weh.« Sein Druck auf ihrer Hand verstärkte sich. Ihre Atmung ging schneller, als er sie kurz anblickte. Sein Gesicht war der Sonne zugewandt. Sie fasste Vertrauen zu ihm und war fast ein bisschen erschrocken über den Wunsch, in seine Arme zu sinken, sich nackt an ihn zu schmiegen, seine Haut zu riechen und seine Zartheit zu ertasten. Das kalte Wasser holte sie zurück. Es brannte, doch sie schwieg. Ihre Brüste zogen, und das Verlangen, sich ihm zu nähern, diese Lippen zu küssen, seine forschende Zuge in ihrem Mund zu spüren und seine Hand an ihrem Geschlecht zu fühlen, wurde immer stärker – sie konnte nichts dagegen tun. Sie achtete nicht weiter darauf, was er tat, sondern sah nur ihn an.

Er ließ ihre Hand sinken und schnitt ein Pflaster zurecht, das er auf einen umgestülpten Eimer legte. Dann schüttelte er eine kleine Flasche.

»Was ist das?«

»Sprühpflaster. Das mache ich gerne unter das richtige Pflaster, es gibt einen besseren Schutz. Es kann etwas brennen. Du musst jetzt stark sein.«

»Okay, kein Problem.«

Er schüttelte die Flasche und hielt ihre Hand fest. Als die ersten Sprühtröpfchen ihr Handgelenk berührten, traf es sie wie ein Hammer, ein tiefer brennender Schmerz durchzuckte sie. Caroline schrie auf. Ein Schwindel erfasste sie und ließ sie gegen ihn taumeln. Er fing sie auf.

»Hey, ganz ruhig. Kennst du das Spray nicht?« Caroline schüttelte den Kopf, sie war nicht fähig zu sprechen. Der süße, Geruch der Medizin stieg ihr in die Nase und ließ Übelkeit in ihr aufsteigen. Als seine Arme sich um sie schlossen, nahm sie seinen Aftershave-Duft wahr. Ihr Körper entspannte sich und machte der Lust Platz, die sie in ihrem Inneren aufsteigen spürte. Der Schmerz war vergessen. Feuchtigkeit drang in ihr Höschen und ihr Körper schmiegte sich an seinen. Auch ihn schien es nicht kalt zu lassen, denn sie bemerkte seine Erregung. Ihre Hand fuhr in seinen Nacken. Doch er hielt sie von sich weg, sah sie an.

Caroline öffnete die Augen. Jetzt würde er ihr sagen, sie solle das lassen und an ihren Posten gehen. Doch er sah ihr nur schweigend in die Augen, jedoch war ihr nicht möglich, seinen Blick zu deuten. War es unterdrückte Wut oder eher Lust?

Sekunden später wusste sie es. Er presste seine Lippen auf ihre, bahnte sich einen Weg in ihren Mund, genau, wie sie es sich vorgestellt hatte. Seine Zunge war heiß und fordernd. Mit den Händen umschloss er ihre Brüste und liebkoste zärtlich ihre Nippel. Eine Welle der Erregung durchflutete Carolines Körper. Vergessen war ihre Wunde, vergessen war alles um sie herum. Es existierte nur Sam. Sie wollte sich treiben lassen, sich die Klamotten vom Leib reißen, alles für ihn öffnen.

»Ich will, dass du dich noch mal berührst ... so wie vorhin«, flüsterte er in ihr Ohr.

»Ist das eine Arbeitsanweisung?«, fragte Caroline verschmitzt.

»Ja«, brachte Sam heiser hervor. Sie fasste an ihre Kochjacke, um sie von den Knöpfen zu ziehen, gebannt beobachtete er sie dabei. Caroline konnte seine Lust spüren und sehen. Wieder presste er seine Lippen auf ihren Mund, verschlang sie förmlich.

»Sam!« Eine fremde Stimme.

Abrupt löste er sich von ihr, atmete tief ein, zog seine Kochjacke gerade und versuchte, nachdem er sich geräuspert hatte, einen möglichst normalen Ton anzuschlagen. »Ich bin hier ... beim Wasseranschluss.«

Was für ein blendender Schauspieler, dachte Caroline. Gut, dass er seinen Vorstecker noch nicht um hatte, sonst wäre seine ausgebeulte Hose aufgefallen.

Er ging dem Rufenden entgegen, der mit ein paar Zetteln um die Ecke bog. Caroline beobachtete die beiden eine Weile, dann griff sie nach dem Pflaster.

»Halt ... Das war doch meine Aufgabe, oder nicht?« Er nahm ihr das Pflaster aus der Hand und klebte es vorsichtig auf die Wunde. Sie blickte sich nach dem anderen Koch um, aber der war schon wieder verschwunden.

»Ich glaube, wir sollten das lieber vertagen, meinst du nicht auch?«, sagte er sachlich.

Vertagen? Was meinte er? Caroline tat sich schwer, der Schmerz schien ihr den letzen Funken Verstand geraubt zu haben.

Sam sah Carolines Verwirrung und küsste sie leicht. »Das meine ich.«

Sie nickte, unfähig, etwas zu sagen.

»Geh am besten wieder auf deinen Posten. Tut es noch weh?«

Sie schüttelte den Kopf. »Danke«, sagte sie leise.

Er lächelte und ging los, ohne sich noch einmal umzusehen.

***

Als Caroline zu ihrem Posten zurückkehrte, sah sie jemanden den Boden wischen. Die roten Haare verrieten ihr sofort, dass es Chris war.

»Tut mir leid, mir ist das beim Käsehobeln passiert«, entschuldigte Caroline sich.

Chris blickte hoch. »Ach, alles halb so wild. Der zweite Posten hat uns einiges zur Verfügung gestellt ... dank Ray.«

Ray lehnte, die Arme verschränkt, grinsend am Buffettisch.

Caroline bekam eine Gänsehaut. »Soll ich beim Käse weitermachen?«, versuchte sie abzulenken.

»Nein, das brauchst du nicht, das macht Ray. Es ist vielleicht doch ein bisschen zu schwer. Du könntest die Melonen in Schiffchen schneiden und später den Schinken darüberlegen.«

Caroline machte sich an die Arbeit. Chris half ihr mit geröteten Wangen. »Geht es deinem Handgelenk wieder etwas besser?«, fragte er leise.

»Ja, danke.«

»Na, Chris, ist ein geiles Gefühl, diese Melonen anzufassen und dann noch neben einer so hübschen Köchin zu stehen. Da möchte man doch glatt ihre Melonen anfassen, was?!«

Chris’ Gesichtsfarbe verdunkelte sich.

»Ray, was soll das?«, zischte Caroline ihn an.

»Wie niedlich, da ergreift jemand Partei für den armen Chris.«

»Wieso ärgerst du ihn immer? Lass ihn in Ruhe!«

»Das wird ja immer rührender. Chris, sei froh, dass sich mal jemand für dich interessiert.«

Caroline legte das Messer zur Seite und sah ihn mit blitzenden Augen an. »Du bist nicht im Bilde, mein Lieber. Ich habe das gute Recht dazu, denn Chris und ich waren zwei Jahre lang ein Paar«, phantasierte sie, um Chris zu helfen.

Dieser zuckte zusammen. Aus seinen Wangen wich das erste Mal, seit Caroline ihn kannte, die Farbe.

Ray blieb der Mund offen stehen, dann brach er in Gelächter aus. »Das kann doch nicht war sein! Du und ... dieses Würstchen? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen!« Er stützte sich vor Lachen am Buffettisch ab. »Das muss ich sehen!« Sein Gesicht heftete sich auf Caroline.

Sie blickte auf die Melonen und glitt mit der Schneide durch die Hälfte. Chris entkernte sie wortlos mit einem Löffel.

»Das muss ich echt sehen. Da hinten gibt es einen Stall. Das wäre echt scharf!«

»Wie bitte?«

Ray legte eine Hand an sein Kinn, einen Finger über seine Lippen und hielt den Kopf schräg. »Du schuldest mir noch einen Gefallen, Caroline. Ich hoffe, du hast das nicht vergessen?«

»Was hat das damit zu tun?«

»Was ist hier eigentlich los?«, fragte Chris.

»Ich möchte sehen, wie ihr beiden vögelt«, stieß Ray hervor.

»Was?« riefen Caroline und Chris zeitgleich.

Caroline traute ihren Ohren nicht. Chris blickte zu ihr, wurde feuerrot und wendete sich rasch seiner Melonenhälfte zu. Ray sah auf die Uhr.

»Na, los, wir haben noch Zeit. Die Gäste sind erst um neunzehn Uhr hier und bekommen ihr Essen eine Stunde später. Die Spare Ribs werden also frühestens um halb acht geschoben. Jetzt ist es halb sechs. Viel haben wir nicht mehr zu tun. Und ein kleines Päuschen steht jedem guten Koch zu.« Herausfordernd sah Ray sie an.

»Du spinnst!« Sie schnitt weiter die Melonen auf. Er trat näher an sie heran, sodass sie seinen männlichen Duft riechen konnte.

»Ich glaube, du hast mich nicht verstanden. Es geht hier um die kleine Dienstleistung, die du mir noch schuldest, sonst geht etwas für dich ganz Entscheidendes zu Neely, Süße.« Seine dunklen Augen wirkten fast schwarz.

»Was erwartest du?«

»Dass wir drei eine kleine Pause machen und uns zum Stall begeben, wo du und Chris mir zeigt, wie ihr es früher immer getrieben habt.«

»Ich bin mit ihm schon lange auseinander. Er ist mein Ex-Freund. Das geht nicht mal eben so.«

»Doch, gerade mit Ex-Beziehungen. Los, ich sag es nicht noch einmal. Messer weg und mitkommen! Chris!«

»Was habe ich damit zu tun?«, versuchte er einzuwenden.

»Hör schon auf, du freust dich doch darauf, nach so langer Zeit deinen Schwanz mal wieder in Caroline zu schieben.«

»Hör auf, Ray! Ein für alle Mal!«, rief sie erbost. »Und wenn du noch einmal mit dieser Sache anfängst, dann jage ich dir den Hobel ins Handgelenk!«

Beide blickten Caroline sprachlos an.

»Ich meine es verdammt ernst!«, zischte sie ungehalten.

Ray fand als erster die Sprache wieder. »Also schön, schon gut, schon gut! Beruhige dich, Caroline, sonst bekommst du womöglich noch einen Herzinfarkt!«

Caroline spürte, wie sehr sie in Rage gekommen war und ihr Herzschlag pochte. Und auch in ihrem Handgelenk fühlte sie den Schmerz noch pochen, doch sie versuchte, nicht daran zu denken.

Chris war schnell im Arbeiten, schneller, als sie gedachte hatte. Auch Ray legte sich ins Zeug. Er verteilte den Wildlachs auf die Anrichteplatten, während Caroline den Bohnen-Mais-Salat durchmischte. Schweigend wuchtete sie das Alusekko, in dem sich der Salat befand, vom Tisch und verteilte ihn in vier Schüsseln.

»Caroline-Schätzchen, pass auf, dass ...«, setzte Ray an, wurde aber jäh unterbrochen.

»Wer ist denn ›Caroline-Schätzchen‹?«

Carolines Nackenhaare stellten sich auf, als sie Sams weiche, ruhige Stimme erkannte.

»Unsere Posten-Queen. Kommt sich jedenfalls so vor.«

»Wieso, lässt sie dich nicht ran, Ray?«

Caroline stockte der Atem. Was würde Ray sagen? Sie befürchtete Schlimmes, und ihre Befürchtungen wurden bestätigt.

»Wird sie schon noch, Sam. Da bin ich mir ganz sicher!«

Sam räusperte sich und schwieg eine Weile. Ruhig sagte er:

»Kann ich mir nicht vorstellen.«

Caroline hörte, dass er es in ihre Richtung sagte. Sie hielt es für angebracht, wieder aus ihrer Salatschale aufzutauchen.

»Ray redet Unsinn«, bestätigte sie.

Sam nickte zufrieden. »Dachte ich mir. Der Junge hat eine blühende Fantasie. Schön, Köche brauchen das. Ist wirklich wichtig! Caroline, alles okay? Wie geht es deinem Handgelenk?«

Ray wollte sich nicht so schnell geschlagen geben und sagte: »Sie schuldet mir noch einen Gefallen, denn sie hat die Kürbissuppe umgeworfen und der Kürbis fiel auf ...«

»Ray!«, rief Caroline. »Was redest du denn da?«

Doch er ignorierte Carolines Bremsversuch und sprach aus, wie es war. »... fiel auf die Nachos und dann auf die Guacomole.«

Sam blickte erst Ray, dann Caroline an. Sie schluckte und hatte ein ungutes Gefühl. Sam blickte an ihr vorbei auf den Boden, wo der Kürbis stand. »Und warum befindet sich alles an Ort und Stelle, was wir für nachher brauchen?«

Ray wurde vor Wut weiß im Gesicht. Er hatte anscheinend das ungute Gefühl, dass Sam ihm nicht glaubte. »Weil ich alles von Posten zwei organisiert habe, verdammt noch mal!«

»Aha, und warum schuldete Caroline dir einen Gefallen?« Sam sah ernst aus, doch Caroline bemerkte ein belustigtes Zucken um seinen Mundwinkel.

»Weil ich ihr gesagt habe, dass ich es niemandem erzählen werde.«

»So? Jetzt hast du es aber doch erzählt. Nun schuldet Caroline dir keinen Gefallen mehr.«

Chris fing an zu kichern.

Rays Gesicht war wutverzerrt. Er beugte sich nach vorn, als wäre Sam schwerhörig, als er sagte: »Ich habe es ja auch nicht dem Küchenchef oder Souschef erzählt, sondern einem Koch, der den ganzen Tag herumläuft und wohl nichts Besseres zu tun hat, als sich die ganze Zeit die Eier zu schaukeln.«

Sams Gesichtszüge gefroren. »Wenn wir dich heute Abend nicht brauchen würden, dann wärst du längst weg vom Fenster, Freundchen.« Sam wandte sich ab und ging.

***

Die Gäste kamen pünktlich. Mit einem Hochzeitsmarsch und von den Kellnern bereitgehaltenen Sekttabletts wurde das Brautpaar begrüßt. Überrascht, wie schön alles geschmückt und arrangiert war, klatschten sie in die Hände und freuten sich darauf, hier den glücklichsten Tag ihres Lebens zu feiern zu können.

***

Caroline schreckte hoch. Fast hätte sie sich mit ihrem Messer geschnitten, so in Gedanken war sie. Sam war der Grund. Sie stand hinter einem dicken Holzbrett, auf dem angeschnittene Spare Ribs lagen, neben ihr ein kleines Silberblech mit noch dampfenden Rippchen darauf.

»Oh, Schatz, sieh mal, es gibt marinierte Spare Ribs. Das sieht ja lecker aus!« Und zu Caroline gewandt: »Davon möchte ich bitte eine Portion.«

»Gern.« Caroline zählte drei Rippenknochen ab und schnitt durchs zarte Fleisch. Sie hob die Portion mit ihrem Messer hoch und legte die Spare Ribs auf den Teller.

»Vielen Dank.«

»Möchten Sie auch, Sir?«, fragte Caroline den Mann.

»Ja, gern, vielleicht schneiden Sie mir eine Rippe mehr ab, ja?«

»Kein Problem.« Caroline sah den beiden hinterher. Sie waren das gute Beispiel für alle anwesenden Hochzeitsgäste: höflich, begeistert, voller Freude und Ausgelassenheit. Der große Schwung fürs Hauptessen war durch. Sie sah auf die Uhr. Es war zehn. Caroline wartete auf die nächsten Gäste und unterdrückte ein Gähnen.

»Na, Süße, wird Zeit, dass wir beide mal wieder was zu spielen bekommen, oder?«, flüsterte Ray ihr über die Schulter.

Caroline reagierte nicht. Sie blickte den nächsten Gast an. Doch das Gesicht kam ihr nur zu bekannt vor. Grüne Augen sahen sie an. Die Musik spielte laut und Caroline wollte sich schon nach vorn beugen, um besser verstehen zu können, falls er etwas sagte. Sam jedoch schwieg, musterte ihren Arbeitsplatz und dann sie. Unwillkürlich lächelte sie und kam sich albern dabei vor. Er zwinkerte und ging. Sie beobachtete, wie Chris sich mit ihm unterhielt. Sam blickte noch einmal kurz über das Buffet und machte sich auf den Weg.

»Caroline, du kannst deinen Posten zumachen und die Spare Ribs zu Ray stellen. Wir sollen dann schon mal das Dessert holen«, rief Chris ihr zu.

»Okay.« Sie schaltete die Warmhaltelampe aus, unter dem das Fleisch stand und reichte Ray das Blech.

»Hey, was soll das?«, fragte er.

»Chris hat gesagt, das Dessert soll geholt werden und ich soll meine Ribs bei dir hinstellen und ...«

»Mir ist egal, was er sagt. Die Anweisungen kommen bestimmt wieder von diesem Fatzke. Los, stell den Kram auf Chris Posten, wir beide holen das Dessert.« Seine Augen blitzten. Sie drehte sich nach Chris um, aber der war verschwunden.

»Wie redest du eigentlich von Sam!«

»Ach, den findest du wohl klasse, was?«

»Das spielt keine Rolle. Aber wir können nicht einfach den Posten allein lassen. Außerdem ist Chris der Postenchef.«

»Postenchef, pah! Dass ich nicht lache. Der Wurm und Postenchef! Los, mach, was ich sage.«

Verärgert verzog Caroline das Gesicht. Was konnte sie anderes tun, als ihm zu folgen. Sie hatte im Gegensatz zu ihm noch weniger zu sagen. Widerstrebend brachte sie das Blech auf Chris’ Seite.