Ihr Körper glaubt, was Sie ihm sagen - Serge Kahili King - E-Book

Ihr Körper glaubt, was Sie ihm sagen E-Book

Serge Kahili King

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Beschreibung

Heilung durch Gedankenkraft Unser Körper reagiert auf Botschaften, die unser Gehirn ihm übermittelt - auf unsere Gedanken und Gefühle. Was in unseren Köpfen vorgeht, hat körperliche Folgen. Wenn wir beispielsweise gestresst, überfordert und verzweifelt sind, ist gleichzeitig auch unser Immunsystem geschwächt,und wir sind anfälliger für Krankheiten. Sind wir hingegen froh, glücklich und vielleicht sogar verliebt, so stärkt das unser Immunsystem, und wir werden gesund oder weniger anfällig für Krankheiten. Gesundheit ist Willenssache. Das ist die Kernaussage dieses Buches. Wir selbst entscheiden darüber, ob wir gesund oder krank sind, indem wir unsere Gedanken auf das eine oder das andere richten. Und haben wir uns für Gesundheit entschieden, dann ist alles andere eine Sache der Übung. Es erfordert keine besonderen Voraussetzungen, "gesund" zu denken. Jeder kann es lernen. In diesem Buch erfahren Sie, was Sie tun können, um die Sprache Ihrer Organe richtig zu deuten und ihre Gedankenkraft gezielt zur Selbstheilung einzusetzen.

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Serge King

IHR KÖRPER GLAUBT,WAS SIE IHM SAGEN

Das amerikanische Original erschien unter dem Titel

»Imagineering For Health« bei The Theosophical Publishing House, Wheaton, III.

Ins Deutsche übersetzt von Annemarie Endeveld.

Titelfoto: »Woman Abstract« von Mitchell Funk/The Image Bank

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

www.weltinnenraum.de

ISBN Print 978-3-89901-967-4

ISBN eBook 978-3-89901-262-0

© 1981 Serge King

© der deutschen Ausgabe 2003 Aurum in J. Kamphausen Mediengruppe GmbH, Bielefeld

eBook Gesamtherstellung: Bookwire GmbH, Frankfurt a. M.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

Inhalt

Vorwort

TEIL I

1Die Welt entspricht unseren Erwartungen

Der Ursprung unserer Anschauungen – Unser Leben als Spiegel unserer Anschauungen – Ursache aller Probleme sind Gedankenkonflikte – Die Gegenwart zählt – Wir setzen unsere Grenzen selbst – Ändern Sie Ihre Ansichten und damit Ihre Erfahrungen

2Imagination als Werkzeug

Spontane und willentliche Imagination – Bildhafte und pantomimische Imagination – Multisensorische Imagination

3Motivation als Werkzeug

Energieströme und Botschaften – Emotionen und Spannungen – Spannung und Entspannung – Unangenehme Empfindungen – Äußere Faktoren und Emotionen – Macht über unsere Emotionen

4Konzentration als Werkzeug

Was die Konzentration erschwert – Veränderte Bewußtseinszustände – Der Informationsfluß – Der Reproduktionseffekt

5Suggestive Affirmation als Werkzeug

Verbale Affirmation – Affirmative Haltung

6Eine kurze Rundreise durch den menschlichen Geist

Das Kreative Selbst – Das Bestimmende Selbst – Das Aktive Selbst

TEIL II

7Der Körper als Spiegel

Die Grenzen der Psychosomatik – Die Überlebensstrategie – Somographie und Krankheit – Die Rechts/Links-Teilung – Was wir nicht aus den Augen verlieren sollten

8Region I – Das Kommunikationszentrum

Der Kopf – Das Gesicht – Die Augen – Die Ohren – Der Mund – Die Nase – Der Hals – Der Nacken – Die Schultern – Die Arme – Die Hände

9Region II – Das Identitätszentrum

Die Brust – Die Brüste – Die Lunge – Herz und Blutkreislauf – Die obere Rückenpartie – Das Zwerchfell

10Region III – Das Sicherheitszentrum

Der Magen – Nahrung – Die Gallenblase – Der Darm – Die Leber – Nieren und Blase – Bauchspeicheldrüse und Milz – Die untere Rückenpartie – Die Geschlechtsorgane

11Region IV – Das Entwicklungszentrum

Die Oberschenkel – Die Knie – Die Unterschenkel – Die Fußgelenke – Die Füße

TEIL III – TECHNIKEN

12Gedankentherapie

Konfliktlösung – Neuinterpretation – Entschlossenheit – Verzeihen – Inspiration durch Lesen – Unmittelbare Umprogrammierung

13Visuelle Therapie

Unmittelbare Substitution durch bildhafte Vorstellungen – Symbolische Handlung – Traumänderung – Der innere Garten – Die beiden Kreise – Die herabsteigende Sonne – Farbimagination – Heilende Engel

14Verbale Therapie

Direkter Befehl – Autosuggestion – Reime und »Umfunktionieren« von Liedern – Der Fünf-Minuten-Fokus – Klangwiederholung

15Emotivationstherapie

Therapeutische Berührung – Meridianmassage – Konzentration auf den Schmerz – Aktivierung

16Kooperatives Heilen

Wir brauchen Helfer – »Zusammenarbeit« mit Ernährung, Medikamenten, Körperübungen und so weiter – Zusammenarbeit mit Ärzten – Zusammenarbeit mit psychischen Heilern – Zusammenarbeit mit einem Freund – Gründung einer Selbsthilfegruppe – Organisation der Selbsthilfegruppe – Aktivitäten bei Gruppentreffen – Sonstige Aktivitäten

Vorwort

Dieses Buch soll Ihnen zeigen, wie Sie mit eigenen spirituellen, mentalen und emotionalen Mitteln Gesundheit erreichen können. Ich spreche von »Aufbauen«, denn es ist tatsächlich ein Prozeß geistigen Aufbauens. Im Grunde genommen sind dem, was wir auf diese Weise bewirken können, keine Grenzen gesetzt, doch wir wollen uns hier auf den Prozeß des Heilens konzentrieren.

Was Sie lesen werden, ist eine Art Destillat aus dreißig Jahren, die ich der Erforschung des Wesens menschlichen Geistes und menschlicher Emotionen gewidmet habe. Als Student der Metaphysik, Paraphysiker, Amateuranthropologe, Sozialingenieur, Unternehmensberater, psychologisch geschulter kirchlicher Berater und Psychologe hatte ich einzigartige Gelegenheit, die positiven wie negativen Auswirkungen menschlichen Denkens zu beobachten. Im Laufe dieser Jahre kam ich zu der absoluten Überzeugung, daß wir selbst Schöpfer unserer Lebenserfahrung und ausschließlich Opfer unserer selbst sind, und daß es in unserer Macht liegt, diese unsere Erfahrung in nahezu jeder beliebigen Art und Weise zu ändern.

Das hervorstechendste Beispiel dieses Vermögens ist unser eigener Gesundheitszustand. Während der sieben Jahre, die ich in Afrika verbrachte, hatte ich hin und wieder mit verschiedenen »Medizinmännern« zu tun und war Zeuge von zahlreichen Heilungen, die die meisten Amerikaner wohl als Wunderheilungen bezeichnen würden. In meinem eigenen Land habe ich in Gesellschaft von spirituellen und psychischen Heilern dieselbe Art von »Wundern« erlebt. Ich habe Gebrauch gemacht von dem, was ich hierbei lernte, und auch selbst ziemlich Bemerkenswertes zustande gebracht. Überdies ist mir während meines Psychologiestudiums mehr und mehr klar geworden, daß die Fähigkeit des Heilens nicht einigen wenigen, besonders ausgebildeten Fachleuten oder »außergewöhnlichen« Menschen vorbehalten, sondern vielmehr eine natürliche, schöpferische Fähigkeit ist, die jedes menschliche Wesen besitzt. Wir schaffen unsere Krankheit wie auch unsere Gesundheit selbst, und letzten Endes können auch nur wir selbst uns heilen. Was die Menschen von dieser Erkenntnis trennt, sind ganz einfach ihre Überzeugungen in bezug auf das Wesen von Krankheit und Heilen.

Und so will ich denn zu Beginn meines Buches darlegen, was Vorstellungen und Überzeugungen sind, und wie sie unsere Erfahrungen bestimmen. Dann möchte ich Sie bekanntmachen mit verschiedenen Fähigkeiten und Eigenschaften des menschlichen Geistes, die Ihnen vielleicht noch nicht ganz deutlich sind. In Teil II soll besprochen werden, wie wir auf mannigfaltige Weise Krankheit verursachen, und in Teil III will ich Ihnen zeigen, wie Sie beginnen können, Ihre Gesundheit aufzubauen.

Ich gebe offen zu: Dies ist ein Buch voll unorthodoxer Gedanken. Es kann sehr wohl sein, daß sich die orthodoxe Schulmedizin über einige davon ereifern wird. Doch es ist ein ehrliches Buch. Jede der darin vorgebrachten Ideen ist bereits mit Erfolg in die Praxis umgesetzt worden. Mein Ziel ist, die Macht zu heilen in die Hände zurückzulegen, in die sie gehört – in ihre eigenen. Ich plädiere keineswegs dafür, unser gegenwärtiges Gesundheitswesen völlig umzuwerfen, das unendlich viel wertvolle Arbeit leisten kann und dies auch tut. Doch hätte ich nichts gegen eine kleine Revolution, die die Dinge wieder in die richtige Perspektive rücken würde. Dies ist ein Buch über Sie und für Sie. Lesen Sie es. Setzen Sie es um. Werden Sie gesund.

TEIL I

KAPITEL 1

Die Welt entspricht unseren Erwartungen

Ideen regieren die Welt. Wir haben es jedoch mit zwei verschiedenen Kategorien von Ideen zu tun, die die Welt regieren – mit Gegebenheiten und mit Anschauungen. Und jede dieser Kategorien hat ihre eigene Art zu wirken. Eine Gegebenheit, wie ich sie definiere, wirkt sich auf jedes menschliche Wesen auf der Erde aus, unabhängig von Rasse, Glaube, Kultur oder Ort. Es gibt relativ wenige Gegebenheiten. Das Leben ist eine Gegebenheit. Gegeben sind auch Geburt und Tod, Schwerkraft und Elektromagnetismus; gegeben sind die Erde und die Sonne, Luft, Hitze, Kälte und so weiter. Gegebenheiten sind. Sie selbst und ihre Auswirkungen berühren jeden. Und man kann sie praktisch nicht verändern. Man kann Gegebenheiten eliminieren (wie die Menschen den Dodo eliminiert haben) und man kann sie verwenden (um Kühlschränke herzustellen oder elektrisches Licht zu erzeugen), doch die Gegebenheiten selbst sind unveränderlich.

Um die Sache so deutlich wie möglich zu machen, möchte ich erläutern, daß für mich die Kategorie der Gegebenheiten sowohl Materielles als auch Ideelles umfaßt. Wenn man den Dodo, die Dinosaurier und die Wandertaube als Gegebenheiten annimmt, so ist deutlich, daß diese »Gegebenheiten« aufgehört haben zu existieren. Die Tatsache, daß sie irgendwann in vergangenen Zeiten existiert haben, ist unveränderlich, doch durch ihre Ausrottung sind sie als Gegebenheiten aus unserer gegenwärtigen Realität eliminiert. Wenn wir eine Gegebenheit definieren als »das, was ist«, dann ist der Dodo keine Gegebenheit, denn er ist nicht mehr. Das, was ist, im Falle des armen Dodo, ist der Bericht über den Vogel. Der Bericht ist eine Gegebenheit, nicht der Vogel. Aus diesem Grunde sage ich, daß Gegebenheiten wohl eliminiert oder verwendet, nicht aber verändert werden können.

Die umfangreichste Kategorie von Ideen, die unser Leben beeinflussen, sind unsere Anschauungen, die ich in diesem Buch mit Glaubenssätzen gleichstellen will. Anschauungen sind Vorstellungen von Gegebenheiten, und sie betreffen nur einen Teil der Menschheit und auch diesen nur zeitweise. Dennoch kommt ihnen große Macht zu, denn unsere Anschauungen über das Leben sind ausschlaggebend dafür, wie wir uns fühlen, was wir tun, wie sich unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und all unsere sonstigen persönlichen Erfahrungen gestalten. Anschauungen unterscheiden sich insofern deutlich von den Gegebenheiten, als sie veränderbar sind. Wandeln sich unsere Anschauungen, so wandelt sich mit ihnen unsere Erfahrung der Gegebenheiten.

Viele Menschen geraten dadurch in Schwierigkeiten, daß sie dazu neigen, ihre Anschauungen mit den Gegebenheiten zu verwechseln. Mit anderen Worten, sie behandeln ihre Anschauungen als Gegebenheiten ihres Lebens, anstatt sie als Vorstellungen von diesen Gegebenheiten zu sehen. Hier einige typische Beispiele von Anschauungen, die manche Leute als unabänderliche Gegebenheiten bezeichnen:

»Das Leben ist ein Kampf.«

»Erfolg ist Glückssache.«

»Was auch geschehen mag, es ist Schicksal.«

»Ich bin machtlos gegenüber den Kräften, die mich umgeben.«

»Ich bin unfähig und wertlos.«

»Die Welt ist ein Ort der Liebe und der Anregung.«

»Ich kann handeln wie immer mir der Sinn steht.«

»Unsere Erfahrungen sind berechenbar (oder unberechenbar).«

Um zu verdeutlichen, was ich sagen möchte, schäle ich aus diesen Anschauungen heraus, was tatsächlich gegeben ist:

»Das Leben ist.«

»Erfolg ist.«

»Was immer geschehen mag, ist.«

»Ich bin.«

»Die Welt ist.«

»Ich kann handeln.«

»Unsere Erfahrungen sind.«

Soviel ist gegeben. Alles, was wir hinzufügen, ist Sache der Anschauung. Wie wir sehen, können Anschauungen sowohl positiv als auch negativ sein. Ausschlaggebend ist, daß sie in jedem Fall unsere Erfahrungen bestimmen. Unsere Anschauungen über das Leben sind vergleichbar mit einer Spezialbrille mit Filterwirkung, durch die wir die Welt betrachten. Diese Brille ist so speziell, daß wir die Dinge nur auf eine ganz bestimmte Art sehen können. Mit dieser »Anschauungsbrille« ist alles, was unser Filter nicht durchläßt, von unserer Erkenntnis ausgeschlossen, und so scheint das Leben unseren festliegenden Anschauungen zu entsprechen. Anstatt frei und ungehindert auf das zu reagieren, was ist, reagieren wir auf das, was unsere Anschauungen uns weismachen. Wirkt sich dies in Ihrem Fall zu Ihrem Vorteil aus, macht es Sie gesünder, glücklicher, stärker, erfolgreicher, dann ist es hervorragend. Doch betrachten Sie sich selbst und die Menschen um Sie herum, so erkennen Sie vielleicht, daß Ihre Brille – das heißt Ihre Anschauungen – nur allzuoft gegen Sie arbeiten. Verzweifeln Sie nicht daran. Anschauungen sind nichts Festliegendes. Sie haben die Ihrigen (auf einer bestimmten Bewußtseinsebene) gewählt und Sie sind nicht gezwungen, an ihnen festzuhalten, wenn Sie es nicht wollen.

Der Ursprung unserer Anschauungen

Sie fragen sich nun vielleicht: »Wenn meine Überzeugungen in bezug auf das Leben einfach nur Anschauungen sind, wie bin ich dann überhaupt zu diesen Anschauungen gekommen?« Nun, ich will es Ihnen sagen.

Von dem Augenblick an, in dem Sie den Mutterleib verließen, erfuhren Sie das Leben uneingeschränkt und versuchten zu verstehen, was um Sie herum vorging. Als Baby ist man nicht einfach ein Stück zappelnden menschlichen Fleisches. Man erkennt viel mehr und reagiert in viel stärkerem Maße auf seine Umwelt als die meisten Leute annehmen. Kürzlich las ich in einem Artikel, daß das Neugeborene bereits nach sechzig Sekunden imstande ist, den Gesichtsausdruck von Erwachsenen zu imitieren und auf ihn anzusprechen. Dieses Reagieren wird begleitet von den ersten Versuchen, die Erfahrungen zu interpretieren. Wächst es heran, so muß das Kind versuchen, aus dieser neuen Welt klug zu werden. Und so wählt es oder entscheidet, was seine Erfahrungen zu bedeuten haben. Hat es versuchsweise ein Urteil gefällt, so sucht es automatisch in seiner Umgebung nach der Bestätigung, daß es einen Sinn ergibt, daß es »korrekt« ist.

Eltern sind sehr hilfreich in dieser Beziehung. Das Kind beobachtet ihre Reaktion auf verschiedene Ereignisse, hört ihre Worte, nimmt auf, was sie ihm telepathisch übermitteln und verwendet diese Daten, um seine Entscheidungen zu treffen und zu bestätigen. Manches von dem, was die Eltern tun, sagen und denken, wird übernommen, anderes verworfen. Ein zur Zeit laufendes psychologisches Forschungsprojekt befaßt sich mit Kindern, die als »unverletzlich« bezeichnet werden. Es handelt sich ganz einfach um solche Kinder, die in Haushalten mit chaotischen, schizophrenen, neurotischen und/oder psychopathischen Eltern und Geschwistern aufwachsen und dabei anscheinend unberührt bleiben vom Denken und Verhalten der restlichen Familie. Sie sind weder genetisch noch in anderer Hinsicht den Kindern überlegen, die diesen Einflüssen wohl unterliegen. Sie haben nur in bezug auf das Leben und sich selbst anders geurteilt und entschieden. Sie sehen, Sie waren nicht einfach ein hilflos ausgeliefertes unbeschriebenes Blatt, auf das Ihre Eltern ihre sämtlichen Meinungen schreiben konnten. Sie trafen von Anfang an Ihre Wahl. Wird das Kind ein bißchen älter, so beobachtet und hört es Verwandte, Spielkameraden und Autoritätspersonen und es fährt fort, für sich selbst zu urteilen und zu entscheiden. Schon die Tatsache, daß Kinder aus ein und derselben Familie zu so verschiedenen Persönlichkeiten heranwachsen, zeigt, daß die Entscheidungen individuell getroffen wurden.

Haben wir einmal beschlossen, daß eine bestimmte Interpretation einer Erfahrung, für die wir uns entschieden haben, richtig ist, so haben wir damit eine Anschauung ins Leben gerufen. Von diesem Augenblick an werden wir dazu tendieren, alle vergleichbaren Erfahrungen durch dieselbe Anschauung zu filtern, wobei wir dann nur den Anteilen dieser Erfahrungen Beachtung schenken, die unser Urteil bestätigen, während wir den Rest ignorieren. Die meisten großen Entscheidungen in bezug auf das Leben werden in der Kindheit getroffen und wirken in unserem Erwachsenendasein als Leitlinien fort, es sei denn wir ändern sie.

Sehen wir uns zwei kleine Kinder an, die einen Eimer Wasser und Erde ins Haus geschleppt haben und damit auf dem Eßtisch Kuchen backen. Ihre Mutter kommt herein und ist entsetzt. Sie tobt und schimpft, sagt ihnen, sie seien böse und gibt ihnen eine ordentliche Tracht Prügel. Das ist dann die Erfahrung im Rohzustand. Doch nun entscheidet sich eines der Kinder dafür, sich auf den Gedanken zu konzentrieren, daß es böse ist, daß es seine Mutter irgendwie verletzt hat, und daß es sehr dumm sein muß, wenn es nicht erkannt hat, daß es etwas Unrechtes tat. Dies bestätigt dann, was es früher bereits versuchsweise beurteilt und entschieden hat, nämlich daß die Umwelt unberechenbar und es selbst ziemlich unfähig ist, mit ihr zurechtzukommen. Das zweite Kind dagegen entscheidet, sich auf den Gedanken zu konzentrieren, daß Eltern keinen Schmutz mögen, daß es Gefahr läuft, Prügel zu beziehen, wenn es Dinge tut, die ihnen nicht gefallen, und daß es eine Menge anderer Plätze gibt, wo man Matschkuchen backen kann. Dies bestätigt dann, was es bei früheren Gelegenheiten versuchsweise entschieden hatte, nämlich daß die Umwelt unberechenbar und es selbst durchaus imstande ist, sich mit ihr auseinanderzusetzen. So entstehen aus ein und derselben Erfahrung durch zwei verschiedene Filtersätze ganz individuelle und verschiedene Leitlinien.

Sie selbst sind der Ursprung Ihrer Erfahrungen, denn Ihre Beurteilung des Lebens färbt Ihre Gedanken, Ihre Imagination, Ihre Emotionen und Ihre Handlungen. Und all dies wirkt wie ein Magnet auf damit assoziierte Ereignisse, Umstände und Menschen, die Sie anziehen und von denen Sie angezogen werden. Es wimmelt von Leben draußen in der Welt. Welchen Teil davon Sie erfahren, hängt von Ihren Anschauungen ab.

Unser Leben als Spiegel unserer Anschauungen

Mit dem Verstand zu erfassen, daß unsere Erfahrungen ihren Ursprung in uns selbst haben, ist eine Sache. Eine ganz andere aber ist es, sein Leben unter die Lupe zu nehmen und sich zu sagen: »O je, schau dir an, was du da angerichtet hast!« Dieser Gedanke ist ziemlich schwer zu akzeptieren, besonders in einer Gesellschaft, die zu der Ansicht neigt, daß das Leben etwas ist, was uns geschieht. Doch die Menschen, die Erfolg im Leben haben, sind diejenigen, die wohl bereit sind, zu akzeptieren, daß – umgekehrt – unser Erleben von uns ausgeht, anstatt uns auferlegt zu werden.

Bevor wir beginnen können, uns für bessere Anschauungen zu entscheiden, müssen wir erkennen, welche unserer jetzigen versagt haben. Eine Möglichkeit besteht darin, unsere gegenwärtigen Erfahrungen genau anzusehen und zu erkennen, daß alles, was sie kennzeichnet, sei es nun wünschenswert oder nicht, Folge unseres eigenen Denkens ist. Der augenblickliche Stand unseres Lebens verrät rückhaltlos den Stand unserer Überzeugungen. Was haben sich darüber schon viele Leute mit mir herumgestritten! Sie beharrten darauf, daß ihre Lebensanschauungen überaus rein und positiv wären, während ihre Erfahrungen einem Trümmerhaufen glichen. Erst als sie ihre Furcht überwinden und ihre Geistesverfassung wirklich ansehen konnten, war es uns möglich, Fortschritte zu erzielen und ihre Erfahrungen zu wandeln. Es führt kein Weg daran vorbei: Leben Sie in Armut, so haben Sie Ansichten, die Sie davon abhalten, zu Geld zu kommen; haben Sie eine schwache Gesundheit, so haben Sie Ansichten, die Sie daran hindern, gesund zu werden; kommen Sie nicht mit Menschen zurecht, so haben Sie Ansichten, die das unmöglich machen. Der Inhalt Ihres Lebens spiegelt den Inhalt Ihres Geistes wider.

Ihr Leben ist der Spiegel Ihrer Überzeugungen in bezug auf das Leben, doch zeigt Ihnen die Betrachtung Ihres Lebens nur, in welchen Lebensbereichen Ihre Überzeugungen nicht in Ihrem Interesse wirken. Sie erhalten keine genaue Auskunft darüber, worin diese Überzeugungen bestehen. Das erfordert etwas eingehendere Selbstprüfung. Hierfür werde ich Ihnen am Ende des Buches eine Übung nennen. Für den Augenblick möchte ich Ihnen nur an einigen Beispielen zeigen, welche Art von Überzeugungen bestimmte Erfahrungen zur Folge haben können.

Der folgende Ausschnitt aus einem Glaubenssystem stammt von einer Frau, mit der ich gearbeitet habe. Sie hatte erkannt, daß in ihrem Leben der finanzielle Aspekt einfach nicht in Ordnung kommen wollte. Durch einen Prozeß der Selbstbefragung fanden wir ihre Grundanschauung zum Thema Geld heraus. Sie lautete:

»Zeit ist Geld.«

Nun mußten wir selbstverständlich auch ihre Grundanschauung zum Thema Zeit erforschen. Sie war:

»Zeit ist begrenzt.«

Diese beiden Anschauungen ergaben in ihrem Biocomputer die folgende logische Sequenz:

»Zeit ist begrenzt

und Geld ist Zeit;

also ist Geld begrenzt;

daher werde ich niemals genügend Geld haben, wieviel ich auch arbeite oder verdiene.«

Da wir nur unseren Grundanschauungen entsprechend handeln können, schuf die Frau durch ihr Verhalten ständig Bedingungen, die ihre Erfahrungen in Übereinstimmung mit ihren Überzeugungen in bezug auf Geld bringen mußten.

Um zu zeigen, wie unterschiedliche Ansichten zum selben Ergebnis führen können, gebe ich Ihnen ein weiteres Beispiel. In diesem Fall handelte es sich um einen Mann mit den folgenden drei Grundanschauungen:

»Man bekommt immer, was man verdient.«

»Ich bin ein guter Mensch.«

»Geld ist schlecht.«

Dies führte unausweichlich zu der Schlußfolgerung:

»Ich verdiene Gutes, und deshalb verdiene ich kein Geld.«

Die Sache wäre zum Lachen, hätte sie nicht solche Verheerungen im Leben dieses Mannes angerichtet. Übersehen Sie nicht, daß wir wiederum dasselbe Ergebnis bekommen, das heißt Geldmangel, wenn die beiden letzten Anschauungen »Ich bin ein schlechter Mensch« und »Geld ist gut« lauten. Wenn ich an dieser Stelle eine weitere populäre Lebensanschauung aussprechen darf: Es führen viele Wege nach Rom.

Ursache aller Probleme sind Gedankenkonflikte

Geistige, emotionale, soziale und körperliche Erfahrung von Schmerz, Leiden und Mangel hat ihre Wurzeln in Konflikten widersprüchlicher Anschauungen oder Gedanken. Von den verschiedenen Arten von Konflikten verursacht diejenige die meisten Probleme, die auf »Sollte«-Ansichten basiert. Hierunter verstehe ich den Gedanken, daß etwas anders sein »sollte«, als es anscheinend ist. Nehmen Sie an, Sie sind eine Mutter mit der ganz schön tief verwurzelten Überzeugung, daß Hausarbeit minderwertig ist. Auf verschiedene und subtile Weise haben Sie diesen Gedanken Ihren Kindern vermittelt, die ihn begierig angenommen haben. Nun sind Sie andrerseits auch der Ansicht, daß Kinder ihr Zimmer sauber und ordentlich halten sollten (nicht daß sie es tun, sondern daß sie es tun sollten). Die wahrscheinliche Folge ist, daß das Kinderzimmer für gewöhnlich katastrophal aussehen wird, und Sie sich in Frustration, Nörgelsucht und vielleicht Kopf- oder Magenschmerzen hineinsteigern, weil es nicht so aussieht wie es aussehen »sollte«. Kinder sollten ordentlich sein, aber sie sind es nicht, sie sollten aber doch eigentlich … – kreisen Ihre Gedanken.

»Sollte«-Gedanken können in jedem Lebensbereich auftauchen, und zwar mit potentiell verheerenden Auswirkungen auf Gesundheit und Leistungsvermögen. Das Schlimme an ihnen ist, daß sie Sie zum Verlierer machen, was immer Sie tun. Sie schaffen bereits Konflikte durch das, was sie voraussetzen. Impliziert doch der Gebrauch des Wortes »sollte« in diesem Sinne von vornherein, daß die Wirklichkeit nicht dem entspricht, was sie sein »sollte« (abgesehen davon, daß das »was ist« nur Ihre Vorstellung von dem ist, was ist). So fahren Sie fort, Ihre Erfahrungen mit dem zu vergleichen, was sie sein »sollten«, und geraten schließlich in einen dauernden Kampf mit sich selbst.

Eine der verbreitetsten »Sollte«-Überlegungen wird repräsentiert durch den Ausruf »Das ist ungerecht!«. Er besagt natürlich, daß alles, was ungerecht ist, gerecht sein sollte. Menschen, die diesen Ausruf häufig gebrauchen, neigen auch dazu, häufig unglücklich zu sein. Der Grundgedanke dahinter ist »Das Leben sollte gerecht sein«. Um auf die Grundlage dieses Anspruchs zu stoßen, müssen wir zunächst herausfinden, was unter »gerecht« zu verstehen ist. Wenn Sie tief graben, werden Sie finden, daß es sich übersetzen läßt durch »Das Leben sollte so sein, wie ich es haben möchte«. Haben Sie diese Bedeutung einmal erkannt, so wird Ihre Wahl, mit einer solchen Anschauung weiterzuleben oder sie zu ändern, deutlicher. Beachten Sie, daß ein großer Unterschied besteht zwischen »Das Leben sollte so sein, wie ich es haben möchte« und »Das Leben kann so sein, wie ich es haben möchte«. Die erste Aussage erstickt jede wirkliche Bemühung, die zweite fördert sie. Seien Sie also auf der Hut vor den »Sollte-Sein« in Ihrem Leben. Schaffen Sie es, sich von ihnen zu befreien, so werden Sie sehr viel glücklicher und leistungsfähiger sein, und Ihr Vertrauen wie Ihr Selbstwertgefühl werden wachsen.

Eine andere Art von Konflikt entsteht dann, wenn verallgemeinernde Vorstellungen in krassen Widerspruch zu spezifischen geraten. Ein Unteroffizier, den ich in der Marine kannte, kam eines Tages zu mir, um sein Herz auszuschütten. Er stammte aus den Südstaaten, und sein Problem hing damit zusammen, daß unser Zug rassisch gemischt war. Mit den Schwarzen in unserer Kaserne individuell kam er gut aus, denn sie waren durchweg freundlich, arbeitsam und trugen zu unserem Teamgeist bei. Dachte er an sie als Menschen und reagierte auf sie als Menschen, so hatte er kein Problem. Doch sobald er an sie als Schwarze dachte, kamen all die alten Gefühle, mit denen er aufgewachsen war, an die Oberfläche und er war verstört. Die Vorurteile, die er als Kind übernommen hatte, wirkten in ihm als Grundanschauungen noch fort. Sie hielten jedoch nicht stand, wenn er mit einzelnen Menschen zu tun hatte. Die Aussage »Einige meiner besten Freunde sind schwarz« wird oft als scheinheiliges Klischee angesehen, doch vielleicht ist sie das gar nicht. Es könnte auch das unbeholfene Eingeständnis einer ehrlichen verallgemeinernden Überzeugung und der spezifischen Meinung über bestimmte Menschen sein. Doch solche Konflikte verursachen noch immer unnötig Angst, Schranken und soziale Konflikte. Vielleicht entdecken Sie auch bei sich selbst solche Konflikte zwischen verallgemeinernden und spezifischen Ansichten auf dem Gebiet von Rasse, Religion, Politik, Kultur, Erziehung, Ruhm und Glück. Prüfen Sie sie gründlich. Machen die Verallgemeinerungen Sie nicht glücklicher, gesunder, liebevoller und leistungsfähiger, dann sind sie nicht wert, daß Sie an ihnen festhalten.

Innere Konflikte mit ihren äußeren Auswirkungen entstehen auch, wenn eine alte Anschauung durch eine neue in Frage gestellt wird. Unsere Ansichten in bezug auf unsere Umwelt stehen in engem Zusammenhang mit unserem Sicherheitsbedürfnis. So seltsam es scheinen mag, selbst frühere Ansichten, die keine Gültigkeit mehr haben oder die uns Schwierigkeiten aller Art bereiten, bieten dennoch irgendwie Sicherheit, da wir an sie gewöhnt sind. Wenn wir uns entscheiden oder »durch die Umstände gezwungen werden«, unsere Realität neu zu interpretieren, so machen wir unweigerlich eine Periode der Unsicherheit durch, bis sich die neue Interpretation durchgesetzt hat und zur Gewohnheit geworden ist. Je fundamentaler die Überzeugung, die in Frage gestellt wird, umso stärker ist das Gefühl der Unsicherheit. Manchmal scheint unsere Welt buchstäblich in Stücke zu fallen, und das trifft in einem solchen Fall auch zu. Unsere alte Welt zerbricht, denn unsere Erfahrungen sind die Folge unserer Überzeugungen. Doch werden Sie keine positiven Wandlungen in Ihrem Leben bewirken, solange der Wunsch, die Umstände zu ändern, nicht stärker ist als die Bequemlichkeit der vertrauten Qual.

Die Gegenwart zählt

Nur das Jetzt existiert. Obwohl wir in einer zeitorientierten Welt leben, ist das einzige, was unserer Erfahrung je zugänglich ist, der gegenwärtige Augenblick. Was wir als Vergangenheit bezeichnen, sind nur weitere uns gegenwärtige Augenblicke, an die wir uns erinnern oder die wir gespeichert haben, und die wir in unserem Jetzt aus unserer Erfahrung schöpfen. Und auch die Zukunft besteht nur aus uns gegenwärtigen, noch zu erlebenden Augenblicken, an die wir in unserem Jetzt denken können.

Viele Menschen denken, daß die Ursachen ihrer gegenwärtigen Schwierigkeiten in der Vergangenheit liegen. Es trifft wohl zu, daß Sie sich in der Vergangenheit für eine bestimmte Beurteilung des Lebens entschieden haben, und daß das, was Sie jetzt erleben, die Folgen dieser Entscheidungen sind, doch erleben Sie diese Folgen jetzt, weil Ihr Denken noch immer in Übereinstimmung mit diesen Entscheidungen funktioniert. Entscheidungen in bezug auf die Beurteilung des Lebens sind wie Samen mit ihrem inneren Drang, ihr Potential zu verwirklichen. Äpfel entstehen aus Apfelsamen, doch die Samen verursachen die Äpfel nicht. Was die Äpfel verursacht, ist der fortwirkende Drang zur Erfüllung. Es macht keinen Unterschied, ob die Entscheidungen nun glückliche oder unglückliche Erlebnisse, Äpfel oder Unkraut hervorgebracht haben. Der Drang zu Erfüllung ist da und wirkt fort, bis Sie die unerwünschten Pflanzen ausreißen.

Auch wurde vielen Menschen der Gedanke vermittelt, daß gegenwärtige Probleme auf Erinnerungen an vergangene Erlebnisse zurückzuführen sind, die tief in irgendeinem unbewußten Teil ihres Selbst vergraben liegen. Das Bild des Psychiaters, der Monate oder Jahre braucht, um irgendein traumatisches Erlebnis in der Vergangenheit aufzudecken, das insgeheim das Verhalten des Patienten beeinflußt, ist allgemein bekannt. Meine Annäherungsweise unterscheidet sich hiervon in dreierlei Weise gründlich.

Erstens ist die Vergangenheit praktisch nicht mehr existent. Was existiert, ist unsere Erinnerung. Doch unsere Erinnerung existiert in der Gegenwart, und sehr oft weicht sie ab von der Erinnerung anderer an dieselben Ereignisse. Haben Sie je mit einem Freund oder Verwandten über alte Zeiten gesprochen, nur um festzustellen, daß seine Erinnerung an das, was zu einem bestimmten Zeitpunkt geschah, keineswegs mit Ihrer eigenen Erinnerung übereinstimmt? Es geht hier nicht darum, wer recht hat, sondern wie jeder für sich die Erfahrung interpretiert und abgewandelt hat, so daß sie seinen Überzeugungen entspricht. Ihre Erinnerungen werden bestimmt durch Ihre gegenwärtigen Anschauungen. Ändern sich diese, so ändern sich mit ihnen auch Ihre Erinnerungen und Ihre Reaktionen auf diese Erinnerungen. Einer Frau, mit der ich gearbeitet habe, war es zunächst unmöglich, sich an irgendwelche glücklichen Erlebnisse aus ihrer Kindheit zu erinnern. Was sie anbelangte, war es eine dunkle und bittere Zeit. Nach einigen Sitzungen jedoch, die der Änderung ihrer Anschauungen gewidmet waren, begann sie plötzlich, sich an viele glückliche Erlebnisse zu erinnern. Die Erinnerung daran war nicht irgendwo vergraben. Sie war die ganze Zeit verfügbar. Nur hatte die Frau sie nicht beachtet. Darüber hinaus fing sie an, die bitteren Erfahrungen in einem anderen Licht zu sehen und zu erkennen, daß sie eigentlich gar nicht so schlimm waren. Vorher hätte sie alle heiligen Eide geschworen, daß ihre Erinnerung an die Vergangenheit die einzige wahrheitsgetreue war.

Zweitens sind vergangene Ereignisse relativ unwichtig. Es ist nicht schwierig, Jahre daran zu wenden, Erinnerungen an Vergangenes zu erörtern und zu zerpflücken, dem man die Schuld für gegenwärtige Situationen zuschieben kann, aber es ist langwierig, langweilig, unnötig und oft unproduktiv. Es ist, als würde man die Steine einer großen Mauer einzeln aus dem Mörtel lösen. Viel einfacher, schneller und effizienter ist es, das Fundament freizulegen und auszugraben, denn dann stürzt die ganze Mauer ein. Ändert sich eine grundlegende Lebensanschauung, so ändert sich damit auch jede Begebenheit und die damit verbundenen Ansichten. Die Erinnerung an die Begebenheit bleibt, doch ihre Interpretation – und damit ihre Wirkung auf uns – ist eine völlig andere geworden. Eine Frau, die ich behandelte, hatte ernste Lernschwierigkeiten, die sie darauf zurückführte, daß ihr als Kind gesagt worden war, sie sei geistig zurückgeblieben. Sie hatte einen Psychiater zu Rate gezogen, doch das einzige, was ihr dies gebracht hatte, waren einige Aufhänger für Schuldzuweisungen. Ich habe ihr lediglich deutlich gemacht, daß sie noch immer an der Überzeugung festhielt, sie könne schwierigen Lernstoff nicht bewältigen. Mit einiger Ermutigung war sie in vergleichsweise kurzer Zeit imstande, diese Ansicht zu ändern, und heute nimmt sie mit Erfolg Unterricht in Astronomie, Physik und Biochemie. Übrigens, ich möchte hier keine Kritik an der Psychiatrie üben, sondern lediglich bemerken, daß manche ihrer Methoden nicht sehr effektiv sind.

Drittens behaupte ich, daß all unsere Anschauungen dem Bewußtsein jederzeit zugänglich sind. Sie werden nicht in irgendeinem dunklen Verlies unseres Unbewußten unter Verschluß gehalten und eifersüchtig gegen unsere Wahrnehmung abgeschirmt. Wir kennen – bewußt – unsere Ansichten ganz genau. Wir vergessen nur zuweilen, daß sie vorhanden sind, oder wollen sie nicht ansehen. Unser Bewußtsein verfügt über ein Unmenge Informationen, die wir als gegeben ansehen oder gar nicht beachten. Da ist beispielsweise Afghanistan. Nun kenne ich Ihre Ansichten über Afghanistan nicht, doch Sie kennen sie wohl und können sich ihrer auf Wunsch bewußt werden. Hätte ich Afghanistan jetzt nicht erwähnt, so wäre es natürlich gut möglich, daß Sie wochenlang nicht an dieses Land gedacht hätten, doch die Information ist vorhanden und verfügbar. Dasselbe gilt für all Ihre sonstigen, relevanteren Ansichten. Der Hauptgrund dafür, daß manche von ihnen Ihrer unmittelbaren Aufmerksamkeit nur schwer nahezubringen sind, liegt darin, daß wahrscheinlich starke »Sollte-nicht«-Anschauungen dazwischenstehen. Nehmen Sie an, Sie hegten die Ansicht »Meine Mutter ist wirklich ein Biest«. Sie können auf der anderen Seite der Meinung sein, »daß man solche Gefühle seiner Mutter gegenüber nicht haben sollte«. Ist die zweite Meinung die stärkere, so kann sie Sie davon abhalten, die erste zur Kenntnis zu nehmen, und Sie können es schaffen, sich weiszumachen, daß Sie nicht wissen, warum Sie nicht mit Ihrer Mutter auskommen können. Der springende Punkt ist, daß die Tatsache, daß Sie es vorziehen, bestimmte Ansichten zu ignorieren, nicht bedeutet, daß Sie nichts von ihrer Existenz wissen. Im übrigen sind Sie von ihren Auswirkungen umgeben.