Im Bann des griechischen Millionärs - Sharon Kendrick - E-Book

Im Bann des griechischen Millionärs E-Book

Sharon Kendrick

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Beschreibung

Entsetzt erfährt Jessica, dass der Milliardär Loukas Sarantos sie zu einem Fotoshooting nach Venedig begleiten wird! Angeblich, um sich zu überzeugen, dass sie als Model für seine Firma perfekte Arbeit leistet. Aber Jessica ahnt, dass Loukas etwas ganz anderes mit ihr vorhat …

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Seitenzahl: 173

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IMPRESSUM

Im Bann des griechischen Millionärs erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Sharon Kendrick Originaltitel: „The Ruthless Greek’s Return“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 409 Übersetzung: SAS

Umschlagsmotive: Ivanko_Brnjakovic, bluejayphoto / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 1/2022

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751513500

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Irgendetwas war anders. Jessica merkte es, als sie das Gebäude betrat. Erwartungsvolle Aufregung hing in der Luft, die Vorboten von Veränderung. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Die meisten Menschen mochten keine Veränderungen, und sie gehörte definitiv dazu.

Oberflächlich betrachtet war in der Zentrale der Ladenkette von exklusiven Juweliergeschäften alles wie immer. Dieselben tiefen Sofas, dieselben funkelnden Kristalllüster, dieselben Hochglanzfotos von erlesenen Schmuckstücken auf dunklem Samt. Poster von schönen Frauen, die verträumt auf Verlobungsringe schauten, ihre sündhaft attraktiven Bräutigame lächelnd hinter ihnen. Es gab sogar ein Poster mit ihr, auf dem sie eine elegante Platinuhr am Handgelenk trug. Jeder, der dieses Poster sah, würde sofort annehmen, dass die dort abgebildete Frau mit der sportlichen Bluse und dem Pferdeschwanz ihr Leben unter Kontrolle hatte.

Ironisch verzog sie die Lippen. Wer immer behauptete, die Kamera log nicht, irrte gewaltig.

Ein prüfender Blick auf ihre hellen Lederstiefel, die die Reise von Cornwall bis hierher tatsächlich unbeschadet ohne Schnee- oder Schmutzränder überstanden hatten, dann trat sie an den Empfang.

Jessica blinzelte verblüfft. Die Rezeptionistin trug eine Bluse, die großzügig Dekolleté zeigte. Auch meinte sie, Möbelpolitur zu riechen, und selbst das Rosenbouquet auf dem blitzblanken Glastisch kam ihr heute irgendwie besonders frisch vor.

„Hi, Suzy.“ Jessica schnupperte an einer der Blüten. So schön die Rosen waren, sie rochen nach nichts. „Ich habe um drei einen Termin.“

Suzy sah auf ihren Bildschirm. „Richtig. Schön, dich mal wieder hier zu sehen, Jessica.“

„Schön, wieder hier zu sein.“ Nun, so ganz stimmte das nicht. Das Landleben hatte sie völlig eingenommen, sie kam nur nach London, wenn es absolut nötig war. Und heute war das wohl der Fall. Man hatte sie herzitiert – per E-Mail, die rätselhaft und eher verwirrend denn klärend gewesen war. Daher hatte sie also Jeans und Wollpullover gegen elegante Garderobe ausgetauscht und stand nun hier an der Rezeption, das kühle Lächeln auf dem Gesicht, das allgemein von ihr erwartet wurde. Und wenn sie bedrückt war, weil Hannah abgereist war … nun, sie würde damit umgehen müssen. Sie war schon mit viel Schlimmerem fertiggeworden.

Sie schnippte einen Regentropfen von ihrem Mantel und senkte die Stimme. „Du weißt nicht zufälligerweise, was los ist? Wieso man mich hergeholt, obwohl ich erst im Frühsommer für das nächste Shooting gebucht bin?“

Suzy sah sich verschwörerisch um, ob auch niemand mithörte. „Um genau zu sein … zufälligerweise weiß ich es.“ Sie machte eine dramatische Pause. „Wir haben einen neuen Chef.“

Jessicas Lächeln saß fest an seinem Platz. „Wirklich? Davon weiß ich ja gar nichts.“

„Oh, es sollte auch niemand davon erfahren. Große Übernahme, aber alles ganz still und heimlich. Der neue Eigentümer ist Grieche. Sehr griechisch – ein Playboy, wie er im Buche steht.“ Suzys Augen verdunkelten sich ein wenig. „Sehr gefährlich.“

Jessica fröstelte. Albern. Nur weil die Worte „Grieche“ und „griechisch“ gefallen waren. Geradezu erbärmlich. „Du meinst, kühn und verwegen?“

Suzy schüttelte die kurzen roten Locken. „Nein, ich meine strotzend vor Sexappeal – und das weiß er auch.“ Ein Lämpchen an der Sprechanlage begann zu blinken, Suzy drückte mit einem perfekt manikürten Fingernagel auf einen Knopf. „Aber das kannst du jetzt selbst herausfinden.“

Im Lift auf der Fahrt nach oben zum Penthouse-Büro dachte Jessica, dass sie Suzy gern ihren Platz überlassen hätte. Denn bei ihr war der neue Chef völlig verschwendet. Ganz gleich, wie sexy er auch sein mochte. Sie hatte Männer getroffen, denen das Testosteron aus jeder Pore troff. Sie hatte sich auch bereits die Finger verbrannt …

Nachdenklich starrte sie auf ihr Konterfei in dem getönten Spiegel der Aufzugskabine. Eigentlich war es nur ein Mann gewesen, und verbrannt hatte sie sich überall, Herz und Seele mit eingeschlossen. Als Konsequenz hielt sie sich heute fern von gefährlichen Männern und allem, was dazugehörte.

Der Aufzug hielt, die Türen glitten auf. Sofort fiel Jessica auf, dass die Atmosphäre hier oben auch anders war. Mehr frische Blumen, dafür absolute Stille. Eigentlich hätte sie eine Art Begrüßungskomitee erwartet, zumindest den Vorzimmerdrachen, der das Allerheiligste bewachte, doch nichts dergleichen.

Sie sah sich um. Die Tür zum Chefzimmer stand offen. Ein Blick auf ihre Uhr sagte ihr, dass es Punkt drei war. Und jetzt? Ging sie einfach hinein und kündigte sich selbst an? Oder wartete sie hier, bis sie hereingebeten wurde? Unsicher blieb sie stehen … Und dann ertönte eine Stimme, die ihr rau und samten zugleich über die Haut strich.

„Steh da nicht so herum, Jess. Komm herein, ich habe bereits auf dich gewartet.“

Ihr Magen krampfte sich zusammen. Zuerst glaubte sie, ihre Fantasie würde ihr einen Streich spielen. Nein, unmöglich, er konnte es nicht sein. Sie sagte sich, dass alle mediterranen Stimmen ähnlich klangen, dass sie unmöglich eine Stimme erkennen konnte, die sie seit Jahren nicht gehört hatte. Doch sobald sie das geräumige Büro betrat, blieb sie wie vom Donner gerührt stehen, als sie den Mann hinter dem großen Schreibtisch erblickte.

Er war es. Loukas Sarantos. Die Londoner Skyline in seinem Rücken, die langen Beine unter dem Schreibtisch ausgestreckt, ein spöttisches Lächeln auf den Lippen, wirkte er wie der Herrscher der Welt. Verwundert bemerkte sie seinen teuren Maßanzug, und ihre Verwirrung wuchs. Loukas war Leibwächter. Einer der besten. Aber Leibwächter blieben im Hintergrund, durften nicht auffallen. Was hatte er hier zu suchen? Noch dazu in diesem Aufzug?

Der Mann konnte andere mit einem Blick aus seinen glühenden schwarzen Augen einschüchtern. Einen Mann wie ihn hatte sie nie zuvor getroffen, und wahrscheinlich würde sie so jemanden auch nie wieder treffen. Er hatte sie sich Dinge wünschen lassen, von denen sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie sie wollte. Und dann hatte er ihr diese Wünsche erfüllt und sie dazu gebracht, sich nach mehr davon zu sehnen. Der Mann war der personifizierte Ärger, das wusste sie. Sie nahm sich vor, bei seinem Anblick völlig ungerührt zu bleiben …

Reines Wunschdenken.

Er lehnte sich in den schwarzen Ledersessel zurück. Sein dichtes Haar hatte genau dieselbe Farbe. In dem schmalen Lächeln, das um seine Lippen spielte, war keine Spur von Humor zu entdecken. Kühl musterte er sie von oben bis unten, und für einen Augenblick fürchtete Jessica tatsächlich, sie würde in Ohnmacht fallen. Vielleicht wäre das sogar der perfekte Ausweg, dann kämen andere Menschen in den Raum, Sanitäter, um ihr zu helfen, und damit wäre seine Präsenz zumindest ein wenig abgeschwächt.

Aber sie hatte lange Erfahrung damit, ihre Gefühle nicht zu zeigen, und von ein bisschen Schwindel würde sie sich diese Fähigkeit nicht rauben lassen. Scheinbar gleichgültig sah sie sich um. „Wo ist denn die Assistentin, die normalerweise im Vorzimmer sitzt?“

Ärger huschte flüchtig über seine Züge. „Acht Jahre“, er lehnte sich vor, „acht Jahren haben wir uns nicht gesehen, und alles, was dir einfällt, ist eine banale Frage nach dem Personal?“

Seine Selbstsicherheit regte sie ebenso auf wie seine unerwartete Anwesenheit hier. Die frühere Dreistigkeit schien er abgelegt zu haben, zusammen mit speckiger Lederjacke und Jeans. Trotzdem … auch der Maßanzug konnte die sinnliche Sexualität, die er ausstrahlte, nicht schmälern, und ihr Unterleib schien zu pulsieren. Sie erinnerte sich an seine heißen Lippen auf ihrem Mund, an seine Ungeduld, wenn er ihr den knappen Tennisrock noch höher geschoben hatte und …

„Was machst du hier?“ Sie klang lange nicht so gelassen, wie sie es sich wünschte, und fragte sich, ob es ihm aufgefallen war.

„Warum legst du nicht den Mantel ab und nimmst Platz? Du bist blass.“

Zu gern hätte sie dankend abgelehnt, aber der Schock des Wiedersehens hatte sie wirklich mitgenommen. Inzwischen glaubte sie auch nicht mehr, dass eine Ohnmacht eine so gute Idee wäre, läge sie dann doch in der Horizontalen, und Loukas würde sich über sie beugen.

So ließ sie sich auf dem Stuhl nieder, auf den er zeigte. „Es ist ja auch eine Überraschung“, sagte sie leichthin.

„Das kann ich nachvollziehen. Sag, Jess, was war das für ein Gefühl, in den Raum zu kommen und mich hier zu sehen?“

Elegant hob sie eine Schulter. „Nun, es wird wohl eine Erklärung geben.“

„Eine Erklärung für was?“

„Dass du da sitzt, als ob …“

Das schmale Lächeln erschien wieder auf seinem Gesicht. „Als ob mir hier alles gehört?“

Sie schluckte. Wie arrogant er klang. „Genau.“

„Dem ist so, weil mir hier alles gehört.“ Plötzlich flammte Ungeduld in ihm auf. „Ich habe die Firma gekauft, Jess. Ich habe gedacht, das wäre offensichtlich. Mir gehört jetzt jeder Lulu-Laden, in sämtlichen Städten, an jedem Flughafen und auf jedem Kreuzfahrtschiff auf der Welt.“

Sie versuchte, unbeteiligt zu klingen „Ich wusste nicht …“

„Dass ich reich genug dafür bin?“

„Nun, das auch.“ Sie lächelte, und es fühlte sich an, als würde ihr Gesicht zerreißen. „Oder dass du Interesse an Schmuck und Uhren hast.“

Die Fingerspitzen aneinandergelegt, sah er ihr in die aquamarinblauen Augen. Wie immer saß bei ihr jedes blonde Haar perfekt an seinem Platz. Er erinnerte sich, dass schon damals, selbst nach dem wildesten Sex, ihr Haar immer in einen schimmernden Vorhang zurückgefallen war. Etwas Dunkles, Mysteriöses rann ihm über die Haut. Jessica Cartwright. Die eine Frau, die er nie hatte vergessen können. Die Frau, die ihn halb in den Wahnsinn getrieben hatte.

Er musterte sie von oben bis unten, so wie er alles Schöne, das er erstand, genau studierte.

Klassisch-kühl, das war ihr Stil, und offensichtlich hatte sich daran nichts geändert. Ihre schlanke Figur verriet, dass sie viel Sport trieb. Sie hatte nie etwas für freizügige Kleidung oder viel Make-up übrig gehabt, hatte immer natürlich ausgesehen. Von Anfang an hatte er sich zu ihr hingezogen gefühlt. Bis heute verstand er nicht, wieso. Mit der weißen Bluse, dem strengen Pferdeschwanz und den Perlenohrringen wirkte sie distanziert. Unnahbar. Aber das war alles nur Fassade. Dahinter verbarg sich eine Frau wie jede andere. Eine Frau, die sich selbstsüchtig nahm, was sie wollte, und einen dann wie einen zappelnden Fisch auf dem Trockenen zurückließ.

„Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt.“ Und vieles, was sie über ihn erfahren würde.

Sie zuckte mit den Schultern. „Als wir uns zuletzt trafen, hast du als Bodyguard für einen russischen Oligarchen gearbeitet. Wie hieß er noch? Dimitri Makarov, richtig?“

„Richtig, so hieß er.“ Loukas nickte. „Ich war der Mann mit der Waffe unter dem Jackett. Das Muskelpaket.“ Er erinnerte sich gut an die genüsslichen kleinen Laute, die sie von sich gegeben hatte, wenn sie mit den Fingern über seine Muskeln gestrichen hatte. „Allerdings beschloss ich eines Tages, dass ich lieber meinen Kopf benutzen wollte. Das Leben anderer zu beschützen ist meist Garant dafür, dass das eigene drastisch verkürzt wird, ich musste mich um meine Zukunft kümmern. Außerdem sind solche Männer für manche Frauen wenig mehr als Wilde, nicht wahr, Jess?“

Er konnte sehen, wie die Fingerknöchel ihrer Hände, die sie im Schoß hielt, weiß hervortraten. Eine Reaktion, die ihn zutiefst befriedigte. Er wollte, dass sie reagierte, wollte zusehen, wie ihre Distanziertheit schwand und sie sich wand und krümmte.

„Das habe ich nie gesagt.“

„Nein“, stimmte er grimmig zu. „Aber dein Vater hat es gesagt, und du hast einfach nur still und stumm dagestanden. Dein Schweigen war ein lautes Einverständnis. Die kleine Prinzessin, die Daddy immer zustimmt, nicht wahr? Soll ich dir noch ein paar von den anderen Dingen in Erinnerung rufen, die er gesagt hat?“

„Das ist nicht nötig.“ Unwillkürlich griff sie sich an den Hals, spürte ihren rasenden Puls.

„Er nannte mich einen Strolch und Gangster, meinte, ich würde dich mit in die Gosse ziehen, wo ich ja herkomme. Erinnerst du dich nicht, Jess?“

Sie schüttelte den Kopf. „Was nützt es, die Vergangenheit jetzt wieder ans Licht zu zerren? Als Teenager war ich mit dir zusammen, und ja, mein Vater war alles andere als begeistert, als er herausfand, dass wir …“

„Ein Liebespaar waren?“, ergänzte er.

„Ein Liebespaar“, wiederholte sie, als würde das Wort ihr körperliche Schmerzen bereiten. „Aber das ist lange her, es ist nicht mehr wichtig. Ich … nun, ich habe mein Leben weitergeführt, und ich nehme an, du auch.“

Loukas hätte gelacht, würde da nicht kalte Rage in ihm aufschießen. Sie hatte ihn erniedrigt, wie keine andere es je gewagt hatte. Sie hat seine Träume – wenn auch alberne – mit Füßen getreten. Und sie behauptete, es wäre nicht mehr wichtig? Er würde ihr das Gegenteil beweisen, würde ihr zeigen, dass es einen immer einholte, wenn man einen anderen Menschen betrog.

Er nahm den goldenen Füller auf, ließ ihn zwischen den Fingern wandern. „Du hast recht, statt über die Vergangenheit nachzudenken, sollten wir uns auf die Gegenwart konzentrieren … die Zukunft. Besser gesagt, auf deine Zukunft.“

So unmerklich es auch war, er konnte sehen, wie sie zusammenzuckte. Ahnte sie, was kam? Ihr musste klar sein, dass jeder in seiner Position ihr leicht kündigen konnte. „Wie lange arbeitest du jetzt schon für die Firma, Jess?“

„Ich bin sicher, das weißt du.“

„Natürlich, du hast recht. Du bist gleich nach Beendigung deiner Tenniskarriere zu Lulu gekommen, nicht wahr?“

Jessica antwortete nicht gleich, weil sie befürchtete, sie würde sich verraten. Sie durfte diesem einschüchternden Loukas keine Schwäche zeigen. Beendigung ihrer Tenniskarriere? Bei ihm hörte sich das an, als hätte sie beschlossen, auf Zucker im Kaffee zu verzichten! Tennis hatte ihr alles bedeutet, der Sport, dem sie sich, seit sie aus den Windeln heraus war, mit Haut und Haaren verschrieben hatte. Und das war ihr im wahrsten Sinne des Wortes entrissen worden. Das hatte ein riesiges Loch hinterlassen. Da es fast gleichzeitig mit dem Bruch mit ihm erfolgt war, hatte sie einen zweifachen Schlag zu verarbeiten gehabt. Es war schwierig gewesen, aus diesem Tal wieder herauszukommen. Aber sie hatte es geschafft. Hatte es schaffen müssen, denn da hatte es ja auch noch Hannah gegeben, um die sie sich hatte kümmern müssen. Aufgeben war also nie eine Option gewesen. „Richtig“, antwortete sie endlich.

„Kannst du mir erklären, wie du an den Job gekommen bist? Ich weiß, wie überrascht alle in der Branche waren, schließlich hattest du keinerlei Erfahrung als Model.“ Er zog eine Augenbraue in die Höhe. „Hast du mit dem Boss geschlafen?“

„Mach dich nicht lächerlich“, fauchte sie, bevor sie sich zurückhalten konnte. „Der Mann war weit über sechzig.“

„Aber sonst wärst du versucht gewesen?“ Lächelnd lehnte er sich zurück. Er hatte ihr also die nächste Reaktion entlockt. „Ich weiß aus Erfahrung, dass sportliche Frauen einen überdurchschnittlichen Appetit auf Sex haben. Gerade du warst absolut spektakulär im Bett, Jess. Und außerhalb. Du konntest nicht genug von mir bekommen.“

Sie würde den Teufel tun und sich von ihm provozieren lassen! Ihr blieb auch gar keine andere Wahl, wenn die Machtverhältnisse so ungleich verteilt waren. Hier ging es nicht nur ums berufliche Überleben, sondern auch um Stolz. Ja, der Job mochte ihr mehr oder weniger in den Schoß gefallen sein, aber sie war stolz auf das, was sie erreicht und aus sich gemacht hatte, und das würde sie sich nicht in der Hitze des Gefechts ruinieren, nur weil der Mann, der sie provozierte, zufällig auch der Mann war, den sie nie hatte vergessen können. „Möchtest du eine Antwort hören, oder willst du einfach nur dasitzen und mich weiter beleidigen?“

Kurz zuckte ein Lächeln in seinen Mundwinkeln, verschwand sofort wieder. „Natürlich, fahre fort.“

Sie holte tief Luft, so wie früher auf dem Platz vor dem Aufschlag. „Du weißt, dass ein Bänderriss meine Profikarriere beendet hat, oder?“ Mehr als ein knappes Nicken erhielt sie nicht von ihm. „Der damalige Presserummel war enorm. Ich …“

„Du standest vor dem internationalen Durchbruch, ich weiß“, warf er leise ein. „Du hättest den Grand Slam gewonnen, trotz deines jungen Alters.“

„Richtig.“ Dieses Mal gelang es ihr nicht, die Emotionen aus der Stimme zu halten. Auch wenn sie sich hundertmal vorgebetet hatte, dass es Schlimmeres gab als das Ende einer großartigen Karriere, die noch gar nicht richtig begonnen hatte. „Ein Foto von mir ging durch die Presse, nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war und eine Pressekonferenz gegeben hatte.“ Es war in allen Zeitungen veröffentlicht worden – sie, blass und von Schmerzen gezeichnet, der blonde Zopf, ihr Markenzeichen, über den schmalen Schultern, auf denen die Hoffnungen der ganzen Nation gelegen hatten. „Lulu sah dieses Foto natürlich auch, auf dem ich eine Plastikarmbanduhr trug, und da sie gerade eine neue sportliche Linie für junge Leute auf den Markt bringen wollten, schien ich ihnen wohl das ideale Vorzeigegesicht zu sein.“

„Obwohl du nicht im konventionellen Sinne schön bist“, merkte er an.

Sie hielt seinem dunklen Blick stand, fest entschlossen, nicht zu zeigen, wie verletzt sie war. Man konnte schließlich nicht auf jemanden wütend sein, nur weil er die Wahrheit aussprach. „Das weiß ich selbst. Aber ich bin fotogen. Bisher hat mir jeder Fotograf gesagt, dass ich jene Kombination aus hohen Wangenknochen und weit auseinanderstehenden Augen habe, die eine Kamera scheinbar besonders liebt. Mir war immer klar, dass ich auf Fotos besser aussehe als in natura. Wie auch immer … Im Zuge des Medienrummels wurde ich bei Lulu unter Vertrag genommen, und erstaunlicherweise war das Echo extrem positiv. Als dann auch noch mein Vater und meine Stiefmutter von der Lawine verschüttet wurden, hat die Firma dies natürlich auch als Publicity ausgenutzt.“

„Mein Beileid wegen deiner Eltern“, sagte Loukas. „So etwas kommt leider vor.“

„Ich weiß.“ Es wurde schwierig, seinem kalten Blick standzuhalten. „Aber Lulu hätte meinen Vertrag nicht immer wieder verlängert, wenn sie ihr Produkt nicht gut verkaufen könnten.“

„Nun, die Verkaufszahlen gehen zurück, und du bist schließlich kein Teenager mehr, um die Zielgruppe anzusprechen“, meinte er nüchtern.

Sie bekam ein mulmiges Gefühl. Sie bemühte sich zu vergessen, dass sie früher einmal zusammengewesen waren und es hässlich zu Ende gegangen war. Sie musste mit ihm umgehen, wie sie mit jedem anderen in einer solchen Schlüsselposition umgehen würde, egal, ob männlich oder weiblich. Sei nett. Schmeichle ihm. Er sitzt am längeren Hebel. „Ich bin jetzt sechsundzwanzig. Selbst bei dem heutigen Jugendwahn lässt sich da wohl kaum schon sagen, meine besten Tage wären vorbei.“ Sie brachte sogar ein Lächeln zustande.

Doch sie sah das Zucken an seiner Schläfe, als hätte er ihre Charmeoffensive durchschaut. Als hielte er nicht viel davon. Aber sie kämpfte hier um den Erhalt ihrer Verdienstmöglichkeiten, um ihren Lebensunterhalt. Und Hannahs auch.

„Ich glaube, du verstehst nicht ganz, was ich sagen will, Jess.“

Ihr Magen zog sich zusammen. Jetzt war ihr klar, weshalb sie herbeordert worden war. Die Firma gehörte Loukas, er konnte ganz nach Belieben schalten und walten. Jetzt würde er ihr sagen, dass ihr Vertrag nicht erneuert werden würde. Und was sollte sie dann tun – eine ausgebrannte Tennisspielerin ohne Ausbildung? Sie dachte an Hannah und die College-Gebühren. An das kleine Haus, das sie gekauft hatte, nachdem sie die Schulden ihres Vaters getilgt hatte, das Haus, das ihre einzige Sicherheit war. An all die Schwierigkeiten und Probleme, die sie hatte überwinden müssen, um zu der herzlichen Beziehung zu gelangen, die sie und ihre Halbschwester heute hatten. „Wie sollte ich auch verstehen können, wenn du in Rätseln sprichst? Wenn du die ganze Zeit über mit dieser abfälligen Miene dort sitzt?“

„Vielleicht muss ich deutlicher werden.“ Mit den Fingerspitzen trommelte er auf ihren Vertrag, den er vor sich auf dem Schreibtisch liegen hatte. „Wenn du möchtest, dass das hier verlängert wird, solltest du dir überlegen, ob du nicht etwas netter zu deinem neuen Chef sein möchtest.“

„Nett zu dir, meinst du? Das ist wirklich gut. Seit ich den Fuß in dieses Büro gesetzt habe, bist du mir gegenüber total feindselig. Und gesagt hast du mir noch immer nichts.“

Mit seinem Stuhl drehte Loukas sich zum Fenster, betrachtete das London Eye am Ufer der Themse statt ihr Gesicht mit den feinen Zügen. Für dieses Panorama zahlte er einen horrenden Preis, aber es war der Beweis, wie weit er es gebracht hatte. Wer hätte gedacht, dass der Junge, der in den Hinterhöfen der Restaurants nach Essensresten gestöbert hatte, je ein solches Vermögen anhäufen würde?