Im Bann des sizilianischen Millionärs - Michelle Smart - E-Book

Im Bann des sizilianischen Millionärs E-Book

Michelle Smart

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Beschreibung

Damals floh Grace vor dem sizilianischen Millionär Luca Mastrangelo - jetzt hat er sie in Cornwall gefunden. Und diesmal scheint es keinen Ausweg für ihre gefährlichen Gefühle zu geben …

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IMPRESSUM

Im Bann des sizilianischen Millionärs erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2014 by Michelle Smart Originaltitel: „What a Sicilian Husband Wants“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 394 - 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Trixi de Vries

Umschlagsmotive: mauritius images / Hannah L | Lebendige Fotografie

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2021.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751513180

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Schlaftrunken kam Grace die Treppe hinunter und lief auf bloßen Füßen zur Alarmanlage an der Wand. Noch im Halbschlaf tippte sie den Code ein, um die Anlage zu entschärfen. Ein einziges Mal hatte sie das auf dem frühmorgendlichen Weg in die Küche vergessen. Das würde ihr nie wieder passieren, denn der Lärm war so ohrenbetäubend gewesen, dass er vermutlich Tote geweckt hätte.

Sie schaltete den Wasserkocher ein und gähnte herzhaft. Heißer Kaffee mit viel Zucker war genau das, was Grace jetzt brauchte.

Um sich die Wartezeit zu vertreiben, zog sie den schweren Vorhang vor dem Hinterausgang zurück und riskierte einen Blick durch die Scheibe. Grelle Morgensonne blendete sie. Schnell wandte Grace sich ab. Sie hatte genug gesehen. Der nächtliche Frost hatte den Garten mit einer eisigen weißen Schicht überzogen, bei deren Anblick sie sofort vor Kälte zitterte. Missvergnügt zog sie den Vorhang wieder zu.

Fröstelnd tapste sie zum Küchentisch und schaltete den Laptop an. Während der Rechner hochfuhr, bereitete sie sich den Kaffee zu, gab noch einen großzügigen Schuss Milch hinein, damit er schneller abkühlte und wollte gerade den ersten Schluck nehmen, als es an der Tür klingelte.

Zu Tode erschrocken zuckte sie so heftig zusammen, dass der heiße Kaffee über den Becherrand schwappte. Leise fluchend stellte Grace den Becher ab und wedelte zur Abkühlung ihre schmerzende Hand hin und her.

Immerhin war sie jetzt wach und konnte blitzschnell entscheiden, was zu tun war. Innerhalb von Sekunden hatte sie einen Weidenkorb aus dem Küchenschrank in der Ecke gezogen, tastete suchend unter den Geschirrtüchern und packte dann mit festem Griff die Pistole, die sie für den Fall der Fälle dort versteckt hatte.

Die Türglocke schrillte ein zweites Mal.

Auf dem inzwischen einsatzbereiten Laptop klickte sie auf das Programm, das die Videobilder der vier rund ums Haus installierten Überwachungskameras zeigte. Auf dem Video rechts oben entdeckte Grace eine zierliche Frau, die mit Winterparka, Wollmütze und Schal bekleidet war und zitternd eine große Tasche an ihren Bauch presste.

Was sucht die denn hier? Grace war sich unschlüssig, ob sie überhaupt die Tür öffnen sollte. Doch es wäre unmenschlich, die frierende Frau einfach da draußen stehen zu lassen. Also eilte Grace den schmalen Korridor entlang, schob den schweren Vorhang zurück, der die Kälte abhalten sollte, schob mit der linken Hand die drei Sicherheitsriegel an der Tür zurück – mit der rechten umklammerte sie die Pistole – und lockerte die Sicherheitskette. Erst dann schloss sie die Tür auf und öffnete sie einen Spaltbreit.

„Entschuldigen Sie die Störung.“ Vor Kälte klapperten der Frau die Zähne. „Ich habe keinen Empfang auf meinem Handy. Darf ich bei Ihnen telefonieren? Ich bin mit dem Auto liegengeblieben und will meinem Mann Bescheid sagen.“

Für Grace klang das glaubwürdig – in diesem kleinen Dorf in Cornwall gab es tatsächlich oft keinen Mobilnetzempfang. Das Festnetz hingegen funktionierte einwandfrei.

Nach eingehender Musterung der Frau, die fast einen Kopf kleiner war als sie selbst, gelangte Grace zu dem Schluss, dass von diesem kleinen verfrorenen Persönchen keine Gefahr ausging. Trotzdem hätte sie die Frau am liebsten abgewiesen und zum Bauernhaus am anderen Ende der Auffahrt geschickt. Doch einen Fußmarsch von weiteren zehn Minuten durch die Eiseskälte konnte sie der armen Frau wohl nicht zumuten.

„Einen Moment.“ Grace schloss die Tür, stopfte die Pistole in die Bademanteltasche, löste die Sicherheitskette und hielt der Frau die Tür auf. Wahrscheinlich leide ich schon unter Verfolgungswahn, wenn ich bei jedem Türklingeln einen Überfall vermute, dachte Grace verstimmt.

„Vielen Dank“, sagte die Frau, trat sich die Schuhe auf der Matte ab und kam ins Haus. „Ich hatte schon Angst, gar keine Menschenseele in dieser verlassenen Gegend zu finden. Die Straßen hier sind eine einzige Katastrophe.“

Grace rang sich ein höfliches Lächeln ab und schloss schnell die Tür, bevor noch mehr Kälte ins Haus dringen konnte. Wohl war es Grace nicht dabei, eine Fremde eingelassen zu haben. Nach dem Telefonat musste die Frau sofort wieder verschwinden!

„Sie können gleich hier telefonieren.“ Grace zeigte auf den Apparat, der auf einem Tischchen direkt neben der Haustür stand.

Die Frau nickte, griff nach dem Hörer und wählte. Dann kehrte sie Grace den Rücken zu und führte mit gedämpfter Stimme ihr Telefonat. Erst nach mehreren Minuten legte sie den Hörer zurück, schenkte Grace ein kühles Lächeln und sagte: „Danke, dass ich telefonieren durfte. Jetzt will ich Sie aber nicht länger belästigen.“

„Sie können gern hier auf Ihren Mann warten“, bot Grace angesichts des Wetters großzügig an.

„Nein, ich muss los. Er wird nicht lange brauchen.“

„Sind Sie sicher? Es ist eisig da draußen.“

„Ja, ganz sicher.“ Im nächsten Moment machte sie sich schon auf den Rückweg, ohne sich auch nur von Grace verabschiedet zu haben.

Konsterniert sah Grace ihr nach, schloss dann die Tür und verriegelte sie wieder sorgfältig.

Fröstelnd wandte sie sich um und blieb starr stehen. Ein ganz merkwürdiges Gefühl beschlich sie. Irgendetwas stimmte hier nicht. Lauschend hob sie den Kopf. Doch abgsehen von ihrem panisch klopfendem Herzen war alles ruhig.

Ich muss tatsächlich an Verfolgungswahn leiden, dachte sie frustriert.

Trotzdem kam ihr das Verhalten der Frau im Nachhinein äußerst verdächtig vor. Wieso hatte die Fremde sich so schnell aus dem Staub gemacht? Nachdenklich tapste sie zurück in die Küche. Der Schreck, den sie vorhin beim Klingeln der Türe erlebt hatte, war nichts im Vergleich zu dem Schock, den Grace jetzt erlitt. Mitten in der Küche, flankiert von zwei finster dreinblickenden Muskelprotzen, stand ein großer, teuflisch gutaussehender Mann.

„Wartet im Wagen auf mich“, zischte der Mann seinen Begleitern zu, ohne Grace aus den Augen zu lassen.

Wortlos verschwanden die Schlägertypen durch die Hintertür, die noch vor zehn Minuten verrammelt und verriegelt gewesen war!

„Guten Morgen, bella.“

Bella! Dieses eine Wort, so zärtlich wie eine Liebkosung ausgesprochen, wirkte wie Magie. Graces Herz klopfte zum Zerspringen. Diese samtweiche Stimme mit dem schweren sizilianischen Akzent rief eine Vielzahl zärtlicher Erinnerungen in ihr wach. Doch der Zauber war von kurzer Dauer. Der Verstand schaltete sich wieder ein. Den Blick wachsam auf den ungebetenen Gast gerichtet, zog Grace die Pistole heraus und zielte.

„Du hast genau fünf Sekunden, um mein Haus zu verlassen.“

Ein fast unmerkliches Zucken einer breiten schwarzen Augenbraue war Lucas einzige Reaktion darauf, dass plötzlich ein Revolver auf seine Brust gerichtet war. Lässig hob er nun die Hände. „Und wenn ich mich weigere? Erschießt du mich dann?“

„Keine Bewegung!“, zischte Grace, als er einen Schritt näher kam.

Es wirkte schon irgendwie komisch, dass der unbewaffnete Luca so cool blieb, während ihr der Angstschweiß ausbrach, obwohl sie eine tödliche Waffe in den Händen hielt. Dabei hatte Grace lange genug Zeit gehabt, sich auf diese Situation einzustellen. „Zurück!“ Verzweifelt versuchte sie, die Waffe stillzuhalten, trotz der vor Angst bebenden Hände.

„Begrüßt du alle deine Besucher so?“ Luca machte zwei weitere Schritte auf sie zu, den Blick seiner faszinierenden Augen unverwandt auf ihr Gesicht gerichtet.

Irgendwann hatte Grace vergessen, wie magnetisch diese dunklen, dicht bewimperten Augen waren, die auf den ersten Blick schwarz wirkten. Erst bei sehr genauem Hinsehen entpuppten sie sich als dunkelblau. Ein unvergessliches Blau. Nun erinnerte sie sich wieder an den Moment, als sie Luca zum ersten Mal tief in die Augen geschaut und sich sofort in ihn verliebt hatte.

Aber das war lange her. Jede Liebe, die Grace einmal für ihn verspürt haben mochte, war vor zehn Monaten gestorben – als sie Lucas wahres Gesicht erblickte.

„Nur die ungebetenen“, antwortete sie jetzt und entsicherte demonstrativ den Revolver. „Zum letzten Mal: Verschwinde aus meinem Haus!“

Er war ihr jetzt so nahe, dass sie den Puls an seiner Schläfe pochen sah.

„Leg die Waffe weg, Grace! Du hast doch keine Ahnung, wie man mit einem so gefährlichen Ding umgeht.“

Ihr Wiedersehen hatte Luca sich ganz anders vorgestellt. Er hielt es zwar für unwahrscheinlich, dass Grace auf ihn schießen würde, doch wenn sie in Panik geriet, konnte man nie wissen.

Noch hatte er nicht ganz verinnerlicht, dass er sie nun endlich gefunden hatte. Sowie er sie auf dem Foto erkannt hatte, war er zum Flughafen geeilt, und war mit seinem Privatjet direkt nach England geflogen.

„Du traust mir wohl gar nichts zu“, bemerkte sie ausdruckslos. „Wie hast du mich gefunden?“

Ist sie wirklich so gefühlskalt? überlegte Luca verdutzt. „Leicht war es nicht“, gab er knapp zu. „Nun nimm endlich das Ding runter, Grace! Ich will doch nur mit dir reden.“

„All diese Umstände, nur um mit mir zu reden?“ Sie musterte ihn ungläubig. „Warum hast du dann nicht einfach geklingelt, statt eine Komplizin vorzuschicken, um mich abzulenken, während du dir durch die Hintertür Zugang verschaffst?“

„Weil mir nach der Schnitzeljagd, auf die du mich durch halb Europa geführt hast, klar geworden ist, dass du mich nicht mit offenen Armen empfangen wirst, meine kleine gerissene Grace.“ Wie oft war sie ihm in den vergangenen zehn Monaten nur um Haaresbreite entwischt? Nachdem seine Männer sie hier aufgespürt hatten, waren sie instruiert worden, Grace keine Sekunde aus den Augen zu lassen, falls sie wieder das Weite suchen sollte. Dieses Mal durfte sie ihm nicht entkommen, das hatte Luca sich geschworen.

„Ich habe dich nirgendwohin geführt.“ Sie hielt den Revolver nun in einer Hand, während sie sich die andere am Bademantel trocknete. Dabei lockerte sich der Gürtel und gab den Blick frei auf ihren Schlafanzug.

Wie gebannt betrachtete Luca die einstmals fast knabenhafte Figur, die inzwischen deutlich weiblichere Formen angenommen hatte. Nervös befeuchtete Luca sich die Lippen und begegnete dem eisigen Blick aus Graces haselnussbraunen Augen. Sie hat sich wirklich sehr verändert, dachte er. Vermutlich hätte er sie bei einer zufälligen Begegnung zuerst gar nicht erkannt.

Auch die Fotos, die seine Männer geschossen hatten, als Grace den Briefkasten am Ende der Auffahrt geleert hatte, hätte er fast achtlos wieder von seinem Handy gelöscht. Erst auf einer Profilaufnahme hatte er Grace erkannt. Die unverwechselbare Kopfhaltung hatte sie entlarvt. Das war Grace, wenn sie nachdachte, wenn sie vor der Staffelei stand und überlegte, wie sie den ersten Pinselstrich auf die Leinwand bringen sollte. Damals hatte langes blondes Haar Graces bildhübsches Gesicht umrahmt. Eigentlich verabscheute er Kurzhaarfrisuren bei Frauen. Aber bei Grace wirkte dieser freche rote Bubikopf unglaublich sexy.

„Wieso hast du dich überhaupt aus dem Staub gemacht? Nicht einmal eine Nachricht hast du hinterlassen“, raunzte er barsch.

„Ich dachte, das sagt mehr als tausend Worte.“

Da hatte sie natürlich recht. Aber Luca hätte sie bis ans Ende seiner Tage gesucht. Schließlich hatte Grace ihm ewige Liebe und Treue geschworen – bis zum Tod, nicht bis …

Genau das war der Punkt. Bis heute hatte Luca keine Ahnung, warum Grace von einem Tag auf den anderen aus seinem Leben verschwunden war.

Noch immer konnte er kaum fassen, dass er nun keine drei Meter von ihr entfernt stand.

„Nicht einmal deine Kleidung hast du mitgenommen.“ Unter dem Vorwand, einen Spaziergang durch die Weinberge zu machen, hatte sie sich damals einfach aus dem Staub gemacht.

„Selbst deine minderbemittelten Muskelprotze hätten wohl Verdacht geschöpft, wenn ich mit einem großen Koffer durch die Gegend spaziert wäre.“

So sarkastisch kannte er Grace gar nicht.

„Mir war klar, dass du mich irgendwann finden würdest, Luca. Deshalb habe ich mir eine Waffe besorgt. Niemand wird mich zwingen, zu dir zurückzukehren. Ich werde nie wieder einen Fuß auf Sizilien setzen. Wenn du nicht am eigenen Leib spüren willst, wie gut ich mit dieser Waffe hier umgehen kann, dann solltest du jetzt auf der Stelle verschwinden. Und nimm gefälligst die Hände wieder hoch!“

Sprachlos starrte Luca sie an. Was war nur aus der fröhlichen, unbekümmerten Künstlerin geworden, in die er sich Hals über Kopf verliebt hatte? „Was in aller Welt ist denn nur mit dir geschehen, Grace?“, fragte er schließlich ratlos. Diese Frau, die ihn voller Verachtung musterte, konnte doch nicht seine Ehefrau sein, die ihn so unendlich glücklich gemacht hatte!

Mit eisiger Stimme sagte sie: „Du kennst vielleicht das Sprichwort ‚Früh gefreit, nie gereut!‘ Ich kann dir nur sagen, dass ich unsere Heirat noch immer bereue.“

Luca war erschüttert. Wieso hatte sie ihm dann immer wieder versichert, ihn über alles zu lieben? Wir sind füreinander geschaffen, Luca. Diese verliebten Worte klangen ihm noch in den Ohren. Und nun wollte Grace das alles nicht mehr wahrhaben? Übelkeit stieg in ihm auf.

Das hier konnte unmöglich die Frau sein, die er geheiratet hatte!

Am liebsten hätte er auf dem Absatz kehrtgemacht. Doch zuerst musste er wissen, was vor zehn Monaten plötzlich in Grace gefahren war.

„Zum letzten Mal, Luca: Wie hast du mich gefunden?“, stieß sie ungeduldig hervor.

„Durch das Handy deiner Freundin.“

Damit hatte sie nicht gerechnet. „Sprichst du von Cara?“

„Ja.“

„Ich glaube dir kein Wort. Cara würde mich niemals hintergehen.“

„Das hat sie auch nicht getan. Ihr Handy hat dich verraten. Kurz nachdem du mich verlassen hattest, hast du sie auf dem Handy angerufen.“

Grace wurde bleich. „Sie hätte dir niemals ihr Handy überlassen.“

„Stimmt. Ich musste es mir beschaffen. Der Rest war ganz einfach. Sowie ich deine Nummer hatte, konnte ich dich orten.“ Sie musste ja nicht wissen, dass er einen Mitarbeiter ihres Providers bestochen hatte, um Bescheid zu sagen, wenn die Nummer wieder aktiv war. Offensichtlich war das Handy nämlich monatelang ausgeschaltet gewesen. Doch Luca hatte auf ein Wunder gehofft. Genau das war dann tatsächlich geschehen.

„Weiß Cara, was du getan hast?“

„Keine Ahnung.“ Es war ihm auch egal. Weniger egal waren ihm Graces bebende Hände, mit denen sie die Waffe auf ihn gerichtet hielt. „Gib mir das Ding, oder leg es auf den Boden!“

„Nein! Nicht bevor du mein Haus verlassen hast.“

„Darauf kannst du lange warten.“ Beschwörend sah er sie an und kam noch einen Schritt näher.

Sofort wich Grace zurück. „Bleib stehen, Luca!“, rief sie schrill. „Das ist die allerletzte Warnung.“

„Du würdest niemals auf mich schießen.“ Er streckte einen Arm aus und griff nach dem Revolverlauf.

„Verschwinde!“, schrie sie ihn panisch an und erschrak, als plötzlich sein Handy in der Tasche klingelte.

In der nächsten Sekunde krachte ein Schuss.

Luca spürte einen stechenden Schmerz in der Schulter.

Völlig entgeistert starrten Luca und Grace einander an. Dann schluchzte Grace entsetzt auf und ließ den Revolver polternd auf den Steinfußboden fallen.

Sie war kreidebleich geworden und sah schockiert auf seine Schulter. Luca folgte ihrem Blick. Erst jetzt sah er das Blut, nahm den Schmerz wahr, wurde blass. Schockiert zog er das Jackett zur Seite. Das weiße Oberhemd war bereits blutverschmiert. Und noch etwas nahm er wahr: Das Weinen eines Babys.

Grace hat mich angeschossen, dachte er fassungslos.

Lilys Weinen klang wie aus weiter, weiter Ferne. Ich habe Luca angeschossen, dachte Grace entsetzt und schlug die Hände vor den Mund. Es dauerte noch einige Schrecksekunden, bevor sie wieder rational handeln konnte. Mit wenigen Schritten war sie bei ihm. Die Wunde sah grässlich aus.

„Es tut mir unendlich leid“, stammelte sie. „Moment, ich hole was, um die Blutung zu stillen.“ Sie lief zum Schrank, zerrte einen Stapel Geschirrtücher aus dem Weidenkorb und presste sie auf Lucas rechte Schulter, begleitet von Lilys immer lauter werdendem Gebrüll.

Was soll ich nur tun? überlegte Grace verzweifelt.

Vielleicht stand Luca ja so unter Schock, dass er das Weinen gar nicht wahrnahm.

Luca hatte sich an den Küchentisch gesetzt und presste die Tücher auf die Wunde. Wie verletzlich er aussieht, dachte Grace, beugte sich vor und drückte ein weiteres sauberes Tuch auf die anderen.

Luca zuckte vor Schmerz zusammen und umklammerte mit der anderen Hand Graces Handgelenk. „Spinnst du?“

„Ich will doch nur die Blutung stillen“, flüsterte sie.

Luca biss die Zähne zusammen und stieß wütend hervor: „Das schaffe ich schon allein. Kümmere dich lieber um das Baby, das du da oben versteckt hast!“

2. KAPITEL

Lucas wütender Blick ließ Grace das Blut in den Adern gefrieren. Doch dann riss sie sich zusammen und richtete sich auf. „Bist du okay?“, fragte sie besorgt. Der Griff um ihr Handgelenk verstärkte sich.

„Ich komm schon klar, bella.“

„Dann lass mich los!“

Einem ferngesteuerten Roboter gleich zog er ruckartig die Hand zurück.

Leicht benommen stieg Grace die Treppe hinauf und betrat das Schlafzimmer, das sie sich mit ihrer drei Monate alten Tochter teilte.

Die Arme weit von sich gestreckt, lag Lily in ihrem Stubenwagen auf dem Rücken und strampelte heftig. Ihr niedliches Gesicht war krebsrot vom Weinen.

Schuldbewusst hob Grace das Baby hoch und drückte es zärtlich an sich, bevor sie begann, Lily beruhigend in den Armen zu wiegen. „Es tut mir so leid, meine kleine Lily. Deine Mummy hat etwas ganz Schreckliches getan.“

Erst jetzt wurde ihr schlagartig das ganze Ausmaß ihrer unüberlegten Handlung bewusst. Sie hatte einen Menschen angeschossen! Noch dazu den Mann, den sie einmal geliebt hatte – und der nun wusste, dass sie Mutter geworden war.

Als sie Lilys ganz eigenen Duft einatmete, beruhigte Grace sich langsam wieder. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren. Sonst geriet ihr Leben womöglich vollends außer Kontrolle. Falls das nicht schon passiert war.

Sie durfte sich nichts vormachen. Luca würde wohl kaum tatenlos darüber hinweggehen, dass sie ihn angeschossen und ihm die Existenz seines Kindes verheimlicht hatte.

Dabei wäre ihr schöner Plan fast aufgegangen!

Die Waffe hatte sie sich erst vor zwei Monaten besorgt, als sie vor Sorge, Lucas Männer könnten sie aufspüren und ihr das Baby wegnehmen, nicht mehr schlafen konnte. Sie hatte ja mit eigenen Augen ansehen müssen, wozu ihr Ehemann imstande war.

Natürlich wusste sie, dass sie wegen illegalen Waffenbesitzes ins Gefängnis wandern konnte. Trotzdem hatte sie den Sohn ihres Vermieters gebeten, ihr einen Revolver zu besorgen. Eine der zwielichtigen Gestalten, mit denen der Junge verkehrte, hatte das Ding beschafft. Danach hatte Grace wieder ruhig schlafen können. Jedenfalls manchmal.

Lucas Männer waren immer bewaffnet und schreckten vor nichts zurück. Allerdings waren sie auch nicht die Hellsten. Bei ihrer Flucht aus Italien hatte sie die Muskelprotze schon einmal ausgetrickst. Warum sollte ihr das nicht ein zweites Mal gelingen? Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass Luca höchstpersönlich hier auftauchen würde. Sie hatte ihn sich immer vorgestellt wie einen König, der hinter dem sicheren Gemäuer seiner Burg wartet, bis seine Schergen ihm die flüchtige Königin zurückbringen … Die dann bis ans Ende ihrer Tage im Turmzimmer eingesperrt wird.

Doch nun war Luca hier. Und er würde sich nicht so leicht austricksen lassen wie seine Lakaien.

Warum hatte sie nicht auf ihren sechsten Sinn gehört? Seit Wochen spürte Grace, dass es höchste Zeit für einen Ortswechsel war.

Jetzt war es zu spät. Sie war gefangen.

Lily hatte endlich aufgehört zu weinen und schaute ihre Mummy vertrauensvoll an.

Erneut fiel Grace das Versprechen ein, das sie ihrer kleinen Tochter gegeben hatte: Sie würde Lily niemals in die Hände ihres verbrecherischen Vaters fallen lassen.

Eine gute Stunde vertrödelte sie damit, sich umzuziehen, Lilys Windeln zu wechseln und sich mit ihr zu beschäftigen, bis die Kleine vor Hunger ungnädig wurde. Dann war Grace gezwungen, mit Lily nach unten zu gehen und in der Küche ein Fläschchen zu bereiten.

Luca saß mit nacktem Oberkörper am Tisch und musterte sie vorwurfsvoll. „Du hast dir aber lange Zeit gelassen.“

Ein untersetzter Mann versorgte die Schusswunde. Das ist ja Giancarlo Brescia, der Arzt, dachte Grace verdutzt. Dann fiel ihr wieder ein, was für ein Sicherheitsfanatiker Luca war. Er hatte sich auch früher oft von einem Arzt auf Reisen begleiten lassen.

Verstört wandte Grace sich ab. Der Anblick des blutverschmierten nackten Oberkörpers setzte ihr zu. Wie oft hatte sie nach einem erregenden Liebesspiel erschöpft, aber überglücklich an Lucas Brust geruht. Und nun das! Was hatte sie nur angerichtet?

„Ach, Grace?“

Zögernd sah sie auf. „Ja?“

„Untersteh dich, je wieder vor mir fortzulaufen!“, stieß Luca in schneidendem Tonfall hervor. „Ich lasse mir doch nicht mein Kind vorenthalten.“

„Woher willst du wissen, dass sie deine Tochter ist?“

Ein wilder Blick huschte über Lucas Gesicht. Doch da der Arzt ihm gerade eine Spritze gab, musste Luca gezwungenermaßen stillhalten. „Glaubst du wirklich, ich würde mein eigen Fleisch und Blut nicht erkennen?“