Im Sog des Lichts - Reinhard Füchtenschneider - E-Book

Im Sog des Lichts E-Book

Reinhard Füchtenschneider

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Beschreibung

Im Sog des Lichts ist ein Roman, in dem zusammenhängende Ereignisse in zwei verschiedenen Welten geschildert werden. Die Geschichte beginnt in Ostwestfalen und geht unvermittelt auf Cedan, einem Planeten in einer visionären, jenseitigen Welt, weiter. Im Verlauf der Ereignisse wird deutlich, wie stark diese Welten miteinander verbunden sind. So wie auf der Erde die Naturgesetze auf alles Bestehende Einfluss haben, wird auch die jenseitige Sphäre von Gesetzmäßigkeiten bestimmt, die nicht zu beeinflussen sind. Dieses ungewöhnliche Abenteuer ist vorstellbar. Nicht in Bezug auf Realität, sondern hinsichtlich einer geträumten Episode, die den Rahmen sprengt. Ähnlich eines Malers, der über den Rand hinaus gemalt hat. Das Bild bleibt trotzdem nur ein Bild und die Geschichte auch nur eine Erzählung von Ereignissen, die vielleicht jeder gern miterlebt hätte. In diesem Roman geht das Geschehen, nach Überschreiten der Lebensgrenze, einfach weiter. Es öffnet sich eine neue Welt voller Mysterien und unglaublichen Möglichkeiten.......

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Seitenzahl: 361

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Wahrheit ist nicht teilbar.

Sie ist ein fundamentaler Bestandteil unserer Existenz.

Im Sog des Lichts

ist ein Roman, in dem zusammenhängende Ereignisse in zwei verschiedenen Welten geschildert werden. Die Geschichte beginnt in Ostwestfalen und geht unvermittelt auf Cedan, einem Planeten in einer visionären, jenseitigen Welt, weiter. Im Verlauf der Ereignisse wird deutlich, wie stark diese Welten miteinander verbunden sind. So wie auf der Erde die Naturgesetze auf alles Bestehende Einfluss haben, wird auch die jenseitige Sphäre von Gesetzmäßigkeiten bestimmt, die nicht zu beeinflussen sind. Dieses ungewöhnliche Abenteuer ist vorstellbar. Nicht in Bezug auf Realität, sondern hinsichtlich einer geträumten Episode, die den Rahmen sprengt. Ähnlich eines Malers, der über den Rand hinaus gemalt hat. Das Bild bleibt trotzdem nur ein Bild und die Geschichte auch nur eine Erzählung von Ereignissen, die vielleicht jeder gern miterlebt hätte. In diesem Roman geht das Geschehen, nach Überschreiten der Lebensgrenze, einfach weiter. Es öffnet sich eine neue Welt voller Mysterien und unglaublichen Möglichkeiten.......

Reinhard Füchtenschneider

Im Sog des Lichts

Roman

Kein Ding dieser Welt trägt den Grund seiner Existenz in sich selbst. Der Grund

für die Existenz aller Dinge liegt nicht in ihnen, sondern immer außerhalb!

Wenn also alle Details des riesigen Alls

den Grund ihrer eigenen Existenz nicht

in sich haben, kann der Grund für die

Existenz des gesamten Universums auch

nicht in ihm sein, sondern muss sich

zwangsläufig außerhalb, also jenseits

dieser Welt befinden!

sinngemäß aus:

Der unsterbliche Mensch

von

Alfred Döblin

1

Rick

Erst hatten sie nur Blicke ausgetauscht. Abschätzend und lauernd. Ein Spiel, das immer mehr Substanz bekam. Rick wollte es eigentlich nicht. Doch bei jeder Gelegenheit, da er sie sah, konnte er sich ihrem Reiz nicht verschließen. Die vielen Kleinigkeiten von zufälligen Berührungen, zweideutigen Bemerkungen, oder auch stillschweigender Übereinstimmung wurden zur Summe. Sie hatten ein Gewicht bekommen, das er mit sich trug. Überall hin. Vieles an ihr verstand er nicht. Es gab da etwas an ihr, das ihm noch immer verborgen blieb. Etwas Geheimnisvolles. Es weckte seine Neugierde und machte sie interessant. Ihr Name war Anna.

Anna hatte eine sportliche Figur, kurze, schwarze Haare und dunkle, unergründliche Augen, die nie müde wurden. Ihre ebenmäßigen Gesichtszüge waren meistens ernst. Selten lachte sie ungezwungen. Ihr Bauch lachte nie. Das Lachen kam bei ihr aus dem Kopf. Annas ganze Erscheinung spiegelte Kontrolle und Eitelkeit wider. Sie kontrollierte sich selbst, kontrollierte Kevins Meinungen und Ansichten. Sein Bruder Kevin schien es nicht zu bemerken. Er konnte oder wollte nicht sehen, wie sie ihn manipulierte. Es waren immer nur Kleinigkeiten. Die aber bewirkten, dass sie ihren Willen durchsetzte. Und sie war jetzt dabei, auch ihn zu kontrollieren. Langsam hatte sie sich in sein Denken eingeschlichen. Rick spürte, dass auch er schleichend manipuliert wurde. Sie übte Druck auf ihn aus. Liebe war es nicht. Das wusste er. Anna hatte ihn nie mit verliebten Augen heimlich angesehen. Ihr Blick war eher prüfend, manchmal neugierig oder auch provozierend gewesen, jedoch nie eindeutig. Sie hatte ihn gelockt, mit ihrer Körpersprache, wenn sie durch den Raum ging, mit ihrer Art sich zu setzten, mit ihrer Tonlage, wenn sie ihn ansprach. Und es hatte zugenommen. Mit jeder neuen Begegnung wurden ihre Anspielungen heftiger. Ihre Präsenz massiver. Nie aber waren sie eindeutig. Immer häufiger hatte er Anna begehrlich angestarrt. Deutlich nahm er wahr, dass sie es bemerkte und genoss. Verflucht, er wollte seinem Bruder nicht die Freundin stehlen. Aber besaß Kevin sie überhaupt? War es nicht eher so, dass Anna seinen Bruder in Besitz genommen hatte? Ob Anna Kevin liebte, konnte Rick nicht sagen. Sicher war, dass sein Bruder diese Frau vergötterte, und sie ließ es zu. Kevin war seit einem halben Jahr mit ihr zusammen. Sie studierten Architektur an der Fachhochschule in Detmold. Dort hatte er sie auch kennen gelernt. Kevin war ein Sonnyboy. Als Kind war er schon unbekümmert gewesen. Selbst wenn er ihn drangsaliert hatte, war das Ergebnis oft nur ein kurzer aber heftiger Wutausbruch gewesen. Anschließend hatte sein sonniges Gemüt wieder sein Wesen bestimmt. Auch heute noch ging er sorglos mit seinem Leben um. Ihm schien alles leicht zu fallen. Das Leben schien in Kevins Vorstellung eine Aufreihung von Annehmlichkeiten zu sein. Deshalb hatte er meistens gute Laune, die er nach allen Seiten hin versprühte. Dabei war er auffallend agil. Er erledigte alles im Laufschritt. Seine zwanglose Art überspielte die Ernsthaftigkeit, die er bei seiner Arbeit an den Tag legte. Er war gut, sogar sehr gut, doch es kümmerte ihn nicht. Kevin machte alles aus dem Bauch heraus, mit unerschöpflicher Energie plante und konstruierte er. Seine Entwürfe waren bemerkenswert kraftvoll. Er ließ sich durch nichts beeinflussen. Nur Anna übte Einfluss auf ihn aus. In Bezug auf Kreativität, konnte sie ihm nicht das Wasser reichen. Sie verstand es aber, Einfluss auf die alltäglichen Dinge zu nehmen, die Kevin nicht so ernst nahm.

Rick und Kevin bewohnten gemeinsam das elterliche Haus in Oerlinghausen. Rick hatte im Erdgeschoss seine Wohnung und das Maklerbüro eingerichtet. Er war unverheiratet und im Moment mal wieder Single. Seine Geschäftstüchtigkeit hatte er von der Mutter geerbt, die seit einiger Zeit in einer neuen Beziehung lebte. Seitdem stand die obere Wohnung leer. Kevin, der zuvor beim Vater gelebt hatte, war in die Wohnung gezogen, als er sein Studium aufnahm. Rick hatte das zähneknirschend akzeptiert, denn sein Verhältnis zu seinem Bruder war schon immer für ihn ein Problem gewesen.

Anna sah Rick erst immer nur zufällig. An der Haustür, oder im Flur, wenn sie Kevin besuchte. In der letzten Zeit jedoch, waren beide immer öfter bei ihm aufgetaucht. Als Immobilienmakler hatte Rick interessante Projekte, die für ihr Studium von Wert waren. Praktische Anschauungsprojekte, die unter dem Aspekt < gute Architektur > diskutiert wurden. Das hatte ganze Abende ausgefüllt. Und so hatte es begonnen. Zuerst war Rick nur Annas athletische Erscheinung aufgefallen. Ihr federnder Gang und ihre Art sich zu bewegen, hatten ihn fasziniert. Doch das waren nur Momentaufnahmen gewesen, denen er keine Bedeutung beigemessen hatte. Mit jeder weiteren Begegnung nahm jedoch seine Wahrnehmung zu. Ihm fiel auf, dass sie mit ihrem Aussehen kokettierte. Ihr Äußeres war ihr besonders wichtig. Sie provozierte geradezu mit ihrem Aussehen. Um ihre straffe Figur zu behalten, joggte Anna regelmäßig. Es war ein Bestandteil ihres Lebens. Kevin war einige Male mitgelaufen, fand jedoch keine rechte Freude daran. Ballsportarten lagen ihm mehr. Rick hatte keine sportlichen Ambitionen. Hatte sie eigentlich nie gehabt. Die Natur war aber gnädig zu ihm und er war mit einem schlanken, drahtigen Köper ausgestattet, der zumindest die Vermutung aufkommen ließ, er würde Sport treiben. Anna hatte seinen Körper schon öfters taxiert. Ihr eigentliches Interesse an ihm blieb aber unergründlich. Rick nahm an, es wäre sexueller Natur. Einen anderen Grund konnte er sich nicht vorstellen, da alle Zeichen in diese Richtung deuteten. Er dachte über ein geschäftliches Projekt nach, das er in der nächsten Woche unter Vertrag nehmen wollte, als sein Bruder ins Büro gestürmt kam.

»Hast du gleich mal ne’ Stunde Zeit?«, fragte er gehetzt. Seine langen, blonden Haare, die er oft einfach wachsen ließ, umwehten seinen Kopf. Rick mochte es nicht, wenn man ihn so überfiel.

»Kannst du nicht wie jeder normale Mensch anklopfen?«

Kevin ging auf den Vorwurf gar nicht ein. Er flegelte sich in den ledernen Besuchersessel, schnappte sich eine Wohnzeitschrift vom Tisch und durchblätterte sie oberflächlich.

»Brauche deinen Rat, großer Bruder!«

Kevin war mit einem kurzärmligen, schwarzen T-Shirt und einer verwaschenen, blauen Jeans bekleidet. Schuhe hatte er nicht an. Seine nackten Füße lugten aus den Hosenbeinen heraus. Rick betrachtete seinen Bruder immer noch verärgert. Sein Aufzug passte einfach nicht hierher. Er wirkte wie ein Fremdkörper in dieser durchstylten Umgebung. Das Büro war mit anthrazitfarbenen Teppichboden ausgelegt. Die Möbel hellgrau und hochglänzend. Einige moderne Bilder, in grellen Farbtönen, betonten die mausgrauen Wände. Die vornehme Atmosphäre erhellte strahlendes Sonnenlicht, das durch ein breites, raumhohes Fenster den Raum durchflutete. Rick musste jedoch schmunzeln, als ihm einfiel, dass sein Bruder seine Wohnung und auch diesen Raum eingerichtet hatte.

»Was gibt es denn so Dringendes?«, fragte er versöhnlich.

»Will oben einige Wände einreißen. Du hast doch bestimmt noch die alten Baupläne?«

Kevin sah über die Zeitschrift seinen Bruder erwartungsvoll an.

»Die sind in der Ablage, unten im Keller«, antwortete Rick nach kurzer Überlegung.

Im Gegensatz zu Kevin hatte Rick dunkelbraunes Haar und einen dunklen, schmalen Oberlippenbart. Seine gepflegte Er-scheinung war ein weiterer, auffallender Unterschied zwischen ihnen. Ähnlichkeit war jedoch zweifelsfrei an den blauen Augen abzulesen. Man konnte an ihnen und auch am schlaksigen Körperbau ihren Verwandtschaftsgrad ablesen.

Kevin war aufgestanden.

»Kannst du mir nicht gleich ein paar Arbeitskopien der alten Pläne machen? Du weißt schon, Grundrisse, Schnitte...Bin fürchterlich im Druck, großer Bruder, muss noch einen Plan zeichnen, bevor Anna kommt!«

Im Hinausgehen wedelte Kevin mit der Zeitschrift.

»Bring ich dir gleich wieder, wenn ich die Pläne hole!« und weg war er.

Rick hörte nur noch seine Schritte auf der Treppe, auf der Kevin gewöhnlich drei Stufen auf einmal nahm. Er seufzte, stand auf und begab sich in den Keller. Kevin hatte Glück, dass er zufällig Zeit hatte. Sonst wäre der Überfall wieder ein Grund für eine Streiterei gewesen. Als er jetzt die alten Akten aufschlug und nach den Plänen sah, erinnerte er sich an die vielen Auseinandersetzungen in ihre Kindheit. Rick war sich bewusst, dass er selbst der Auslöser endloser Konfrontationen gewesen war. Er hatte keine Gelegenheit ausgelassen, seinem jüngeren Bruder seinen Willen aufzuzwingen. Den Frust über die ständigen Belehrungen und Ermahnungen des Vaters hatte er stets an Kevin weitergereicht. Doch das war Vergangenheit und Rick dachte nur ungern daran. Er verdrängte die Erinnerung, da sie ein schlechtes Gewissen in ihm hervorrief. Ihr Vater war schon vor Jahren ausgezogen und dass Kevin mit ihm gegangen war, hatte er gut verstanden. Sein eigenes Verhältnis zum Vater war immer zwiespältig gewesen. Dessen Bevormundung hatte er nur schwer ertragen. Obwohl Kevin zwei Jahre jünger war als er, wurde er vom Vater ständig als Vorbild dargestellt. Kevin brachte bessere Noten nach Hause. Kevin war zuverlässiger. Kevin war aufmerksamer. Kevin... Kevin... Gott sei Dank war das Vergangenheit. Inzwischen waren neun Jahre vergangen. Als Rick jetzt die Pläne unter den Kopierer legte, dachte er daran, dass heute das Verhältnis zu seinem Bruder besser war. Doch das war nicht sein Verdienst. Kevin schien ihm sein früheres Verhalten nicht nachzutragen. Er stellte auch keine Bedrohung mehr dar. Als sie Kinder waren hatte er das anders gesehen. Kevin hatte ihm die Aufmerk-samkeit und Liebe seiner Eltern entzogen. Rick empfand das heute noch so. Es hatte ihn verstockt und hinterhältig werden lassen...

Das konnte nur Anna sein. Er hörte oben im Flur den Türsummer und die Haustür aufspringen. Dann vernahm er ihre Schritte auf der Treppe, deren Rhythmus er inzwischen genau kannte. Nachdenklich ordnete er die Zeichnungen wieder in die Akte, nahm die Kopien und wandte sich der Kellertreppe zu. Im Büro ließ er sich in seinen Schreibtischstuhl fallen. Wieso dachte er über Anna soviel nach? Machte sie ihn wirklich an, oder bildete er sich das nur ein? Weshalb beschäftigte ihn diese Frau so stark? Er stand jetzt auf und öffnete die große Terrassentür. Um sich ablenken, trat er in den Garten hinaus. Beim Anblick des Grüns fiel ihm ein, dass es Zeit wurde, den Rasen zu mähen. Es war Freitag Nachmittag und das gute Wetter würde sich halten. Es waren noch einige Anrufe zu erledigen, dann würde er sich an die Arbeit machen. Jetzt freute er sich darauf.

Als er wieder das Büro betrat, stand Anna in der Tür. Sie hatte ihn wohl beobachtet, denn sie stand reglos im Türrahmen und sah ihn aufmerksam an. Ihre dunklen Augen taxierten ihn jetzt noch ernst. Aus Verlegenheit verzog Rick den Mund zu einem Grinsen, als er sie ansprach:

»Hallo Anna, habe dich eigentlich nicht erwartet.«

Anna löste sich aus dem Türrahmen und kam jetzt lächelnd auf ihn zu.

»Ich muss dich um Asyl bitten. Kevin hat mich für eine halbe Stunde rausgeschmissen. Er will seinen Plan unbedingt fertig stellen und er war der Meinung, dass ich ihn nur ablenke.«

»Das würde mir auch so gehen«, grinste Rick.

Anna war nur mit einer kurzen Sporthose und einem weiten Oberhemd bekleidet. Ihre Füße steckten in einfachen Gummilatschen. Sie trat dicht an Rick heran und küsste ihn auf die Wange. Ohne den Kopf zurückzunehmen sagte sie:

»Lenke ich dich etwa auch ab?«

Rick hatte ihren Atem auf seiner Haut gespürt. Er holte tief Luft, ehe er stockend und ausweichend antwortete:

»Ich will in den Garten, Rasen mähen. Muss mich nur noch umziehen. Du kannst mir aber helfen, wenn du willst.«

»Helfen? Beim Umziehen?«, fragte sie burschikos und sah ihn unverwandt an. Rick lachte verlegen auf:

»Anna! Bring einen alten Mann nicht durcheinander. Du kannst schon mal den Mäher aus dem Schuppen holen. Ich komme gleich nach.«

Um Fassung bemüht kamen Ricks Worte gepresst aus seinem Mund. Ihre Augen trafen sich für einen kurzen Moment, dann brach Rick den Blickkontakt ab. Er flüchtete buchstäblich aus dem Raum, da er nicht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. Den spöttischen Blick Annas in seinem Rücken sah er nicht mehr. Er hörte nur ihre Stimme, die hinter ihm herrief:

»Beeil dich bitte!«

In seiner Wohnung angekommen, blieb Rick unschlüssig stehen. Er spürte wie aufgewühlt er war. War es hier so heiß, oder bildete er sich das nur ein? Mechanisch zog er sich aus. Das weiße Baumwollhemd und die helle Hose hing er sorgfältig im Schlafzimmer auf einen Bügel. Es fiel ihm schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Annas Anwesenheit hatte ihn gefreut, gleichzeitig aber total verunsichert. Er ging ins Bad und hielt seinen Kopf unter einen kalten Wasserstrahl. Wie wohl das tat. Er würde Annas Anspielungen einfach ignorieren. Das musste doch möglich sein. Mit diesem Vorsatz zog er eine alte Hose und ein T-Shirt über und verließ seine Wohnung. Auf der Terrasse angekommen, sah er sich nach Anna um. Doch sie war nirgends zu sehen. War sie im Geräteschuppen? Plötzlich hörte er ihre Stimme. Sie schien im Vorgarten zu telefonieren. Rick ging auf die Hausecke zu, blieb dann aber abrupt stehen, als er ihre Worte verstehen konnte.

»Franco, jetzt werde nicht komisch. Ich hab dir doch gesagt, dass ich übers Wochenende in Oerlinghausen bin....Nein.... ich kann jetzt nicht nach Detmold kommen....Montag....Du wirst doch bis Montag warten können....Ja, wenn ich es dir sage, Montag bring ich dir das Geld....natürlich,....kannst dich drauf verlassen....Ich kann jetzt nicht weiterreden....ja....Montag. «

Anna hatte ihre Stimme bei den letzten Sätzen gesenkt, als wären sie für fremde Ohren nicht bestimmt. Rick gewann den Eindruck, dass ihr das Gespräch unangenehm gewesen war, denn sie hatte nervös und genervt geklungen. Irritiert stieg er in die Holzsandalen, die auf der Terrasse standen. Wer war Franco? Der Name war ihm fremd. Nie hatte Anna irgendeinen Franco erwähnt. Als sie an der Hausecke auftauchte und ihn auf der Terrasse stehen sah, konnte Rick den Schreck in ihren Augen ablesen. Sie fing sich aber sofort wieder und ein verlegenes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

»Musste noch ein Telefonat annehmen«, sagte sie und deutete auf ihr Handy. »Werde das Ding aber jetzt abstellen, damit wir Ruhe haben.«

Sie fingerte an der Tastatur des Handys herum, als Rick sie fragte:

»Sag mal, wer ist denn dieser Franco? Ich hab den Namen eben unfreiwillig gehört. Du hast nie von ihm gesprochen.«

»Franco? – Der ist in meiner Laufgruppe in Detmold. Der Kerl nervt mich ständig. Fragt mich andauernd ob ich mit ihm laufe.«

Sie hatte ihn bei der Antwort nicht angesehen, war auf die Gartenmöbel zugegangen und hatte ihr Handy auf den Tisch abgelegt. Jetzt drehte sie sich zu Rick um, grinste ihn frech an und fragte:

»Sag mal, hast < du > denn keine Lust mal mit mir zu laufen?«, während ihr Blick prüfend an ihm herunterglitt.

»Laufen?«, echote Rick irritiert.

»Ja, nur wir beide, wäre doch schön.«

Anna hatte sich lässig an die Tischkante gelehnt und ihre langen Beine übereinander geschlagen. Rick registrierte, dass er sie anstarrte.

»Du weißt doch, dass ich nicht trainiert bin. Ich hätte doch keine Chance mitzuhalten«, antwortete er zögernd.

»Du sollst ja nicht gegen mich laufen, sondern mit mir«, grinste sie. »Die Strecke oben am Steinbruch ist meistens menschenleer, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen, dass dich jemand sieht, wenn dir die Puste ausgeht. - Dort wären wir bestimmt allein - .«

Anna sah Rick vielsagend an und der Tonfall ihrer Stimme ging Rick unter die Haut. Der Gedanke mit ihr allein zu sein, beflügelte intuitiv seine Phantasie. Er hatte große Mühe sein Befinden zu verbergen und versuchte möglichst gelassen zu antworten:

»Na ja, es wäre bestimmt gut, wenn ich etwas für meine Kondition tun würde.«

Seine eigene Stimme kam ihm plötzlich fremd vor.

»Heißt das, du kommst mit?«

»Wenn du mir versprichst, dein Tempo meinen Fähigkeiten anzupassen – ja.«

»Da mach dir mal keine Sorgen, deinen Wünschen komme ich bestimmt entgegen«, lachte Anna ungeniert.

Verdammt, ihre Art sich auszudrücken, konnte man nur missverstehen. Oder war alles nur Einbildung? Rick versuchte in ihren Augen eine Antwort zu finden. Wie immer blieben sie unergründlich.

»Wann sollen wir denn los?«, fragte er, um nicht auf ihre Doppeldeutigkeit einzugehen.

»Passt es dir morgenfrüh?«

»So gegen elf würde gehen, ich habe vorher noch einen Be-sichtigungstermin«, antwortete Rick.

Sein Puls überschlug sich inzwischen.

»Okay, sagen wir elf Uhr am Parkplatz oben im Wald.« Anna löste sich mit einem Lächeln auf ihren Lippen vom Tisch und kam auf ihn zu. Doch dann sah sie an ihm vorbei und ihr Lächeln erstarb.

»Ihr wollt euch im Wald treffen?«, hörte Rick plötzlich Kevins Stimme hinter sich. »Was soll ich denn davon halten!?«

Kevin stand in der offenen Bürotür und starrte sie an. Eine Schrecksekunde lang gefror das Blut in Ricks Adern. Dann nahm er wahr, wie Anna in ein helles, unbekümmertes Lachen verfiel, auf Kevin zusteuerte, ihn in den Arm nahm und mit ihren Händen sein langes Haar durchwühlte.

»Mein Lieber, da bist du ja endlich. Ich hab schon gedacht du hast nur noch dein Studium im Kopf. Dein Schatz geht morgen mit dem alten Mann da laufen, damit er nicht ganz verrostet.«

Ohne sich umzudrehen, deutete sie mit dem Daumen über ihre Schulter, küsste Kevin leidenschaftlich auf den Mund und kicherte dann belustigt auf. Rick konnte jedoch an Kevins Miene ablesen, dass er die Sache nicht so lustig fand, denn er sah ihn skeptisch mit hochgezogenen Brauen an.

»Bist du mit der Planung fertig? Ich bin schon ganz gespannt, welche Grundrisslösung du erarbeitet hast«,

hörte Rick Anna mit kindlicher Neugierde sagen.

Sie will ihn ablenken, schoss es Rick durch den Kopf. Ohne jedoch auf Annas Frage zu antworten, löste Kevin sich von ihr und sagte vorwurfsvoll an Rick gewandt:

»Wie bist du nur auf die verrückte Idee gekommen, mit Anna laufen zu wollen?«

»Das war meine Idee«, schaltete sich Anna ein. »Ich hab ihm versprochen, mein Tempo seinen Möglichkeiten anzupassen. Ich will ja nicht, dass er mir unterwegs zusammenbricht.«

»Komm doch mit, ein bisschen Bewegung würde dir bestimmt nicht schaden«, sagte Rick mit belegter Stimme.

Ihm war nicht wohl in seiner Haut. Das Misstrauen seines Bruders war allzu deutlich. Kevin schien über den Vorschlag nachzudenken. Er stand barfuss auf der Terrasse, seine Hände in den Gesäßtaschen seiner Jeans vergraben und sah abwechselnd Rick und Anna an.

»Lasst mich mal da raus. Ihr wisst, dass ich dazu keine Lust habe. Außerdem möchte ich an dem Projekt weiter arbeiten.«

»Jetzt zeig mir erst mal den Grundriss!« Anna zog Kevin ins Haus, doch an der Tür drehte er sich noch mal zu Rick um:

»Hast du mir die Kopien gemacht? – du weißt, wegen meiner Umbauabsichten.«

»Sie liegen auf meinem Schreibtisch«, antwortete Rick, froh darüber, dass man vom Thema Laufen abgekommen war.

»Ich will jetzt erst mal den Rasen mähen, danach komme ich vielleicht noch rauf.«

»Wir können auch morgen über die Sache sprechen«, sagte Kevin bestimmt. Er sah Rick ernst an und ging an Anna vorbei ins Haus. Einen kurzen Moment schaute Anna Rick ver-schwörerisch an, dann verschwand auch sie.

Rick hatte Kevins Blick aufgefangen. Er kannte diesen Ausdruck genau. Eine Mischung aus vorwurfsvollem Nichtverstehen, Trotz und Traurigkeit. Er hatte seinen Bruder getäuscht. Soviel war klar. Den gleichen Ausdruck in den Augen hatte Kevin als Kind gehabt, wenn er ihn angelogen oder hintergangen hatte. Ahnte Kevin, dass er nicht am Laufen, sondern mehr an Anna interessiert war? Sicher, sonst hätte er ihn nicht so angesehen. Verflucht, warum hatte er sich auf Annas Spiel eingelassen? Wie war es überhaupt dazu gekommen? Jetzt fiel ihm dieser Franco wieder ein. Schuldete Anna ihm nicht Geld, dass sie ihm am Montag bringen wollte? Welches Geld? Langsam kam ihm der Verdacht, dass sie ihn nur von Franco ablenken wollte, als sie den Vorschlag machte, mit ihm zu laufen. So wie sie eben Kevin abgelenkt hatte. Aber das war nur eine Vermutung. Sicher war nur, dass Kevin sauer war. Er wird es verkraften, sann Rick nach. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem gehässigen Grinsen. Die Chance, mit Anna allein zu sein, war zu verführerisch.

Beim Rasenmähen überlegte Rick, wie er den Rest des Abends verbringen sollte. Er hatte mehrmals verstohlen zum Haus hinüber gesehen, um von Anna einen Blick zu erhaschen. Sie war aber weder am Fenster, noch auf der Terrasse des Garagendaches aufgetaucht. Nur Kevin hatte ihn beim Schließen des Fensters kurz beobachtet, sich aber sofort abgewandt, als er zu ihm hinauf sah. Den Abend würde er mit den Beiden nicht verbringen können. Er beschloss ins Dorf zu gehen und ein Bier im Movie zu trinken. In der Kneipe war immer was los. Inzwischen hatte die Dämmerung eingesetzt. Rick sah mit gewissem Stolz über das Anwesen. Nachdem er mit einem Rechen die dicht bewachsenen Randzonen gesäubert hatte, machte der Garten wieder einen gepflegten Eindruck. Das Elternhaus, ein einfacher Bau mit einem roten Satteldach, war im letzten Herbst neu gestrichen worden. Um dem schlichten Haus mehr Charakter zu verleihen, hatte Rick weiße Fensterläden anbringen lassen, die sich vom hellgelben Anstrich wohltuend absetzten. Kevin hatte das als Zuckerbäcker-Architektur bezeichnet, aber ihm gefiel es. Zufrieden ging Rick ins Haus zurück. Der elterliche Besitz gab ihm ein Gefühl der Sicherheit und ein Stück Selbstvertrauen.

Der Abend verlief anders, als Rick es sich vorgestellt hatte. Eine innere Unruhe hatte ihn ergriffen, die auch nicht weichen wollte, als er im Movie Bekannte traf. Er hatte Mühe, sich auf die Gespräche zu konzentrieren. Das Bier schmeckte nicht und die gelöste Stimmung an der Theke nervte. Eigentlich hatte er auch eine Kleinigkeit essen wollen, aber sein Magen schien wie zugeschnürt zu sein. Schließlich verließ er das Lokal, in der Hoffnung an der frischen Luft Ruhe zu finden.

Ziellos schlenderte er durch den Ort. Ihm war bewusst, dass er dem Treffen mit Anna entgegenfieberte. Auch die Disharmonie zu Kevin machte ihm jetzt zu schaffen. Doch dieser ruhelose Zustand war ihm nicht fremd. Er hatte immer irgendwelchen Dingen nachgejagt. Die Rastlosigkeit war ein Teil von ihm geworden. Ständig hatte er Abwechselung in flüchtigen Bekanntschaften gesucht. Auch beruflich jagte er dem Erfolg hinterher. Er fühlte sich ständig herausgefordert, war immer auf dem Sprung. Obwohl er sich heute für einen erfolgreichen Geschäftsmann hielt, denn sein Maklerbüro warf inzwischen gute Gewinne ab, war er trotzdem oft unzufrieden. Sein mangelndes Selbstbewusstsein suchte fortwährend Bestätigung. Wichtig waren für ihn Äußerlichkeiten. An ihnen richtete er sich aus. Statussymbole bestimmten den Wert der Dinge. Sie waren für Rick von entscheidender Bedeutung. Ein schönes Haus in bester Wohnlage, oder auch eine besondere gesellschaftliche Stellung waren Dinge, die aus seiner Sicht Selbstwertgefühle vermitteln konnten. Kevins Selbstsicherheit verstand er nicht. Woher sein Bruder die Kraft für seine unerschütterliche Ruhe, das Vertrauen in sich selbst und die Zufriedenheit mit seinem Dasein nahm, wusste er nicht. Wie oft hatte er versucht, das Selbstvertrauen Kevins zu erschüttern. Ohne Erfolg.

Rick hatte unbewusst den Heimweg eingeschlagen. Seine Unruhe hielt an und er war so in Gedanken vertieft, dass er die Schönheit der lauen Sommernacht nicht registrierte. Das fahle Licht der wenigen Straßenlaternen begrenzte seine Wahrnehmung auf eine kleine, menschenleere Welt, in der er sich verloren vorkam. Plötzlich fühlte er sich einsam. Das Haus lag im Dunkeln, als er das Grundstück betrat. Annas Wagen war verschwunden und Rick nahm an, dass sie mit Kevin unterwegs war. Frustriert betrat er seine Wohnung. Er sah auf seine Armbanduhr. Es war kurz vor Mitternacht.

Die Stille im Haus umgab ihn wie ein undurchdringlicher Nebel. Sie isolierte ihn, legte seine überreizten Nerven offen und machte ihm gleichzeitig seine aufkommendeMüdigkeit bewusst. Benommen begab er sich ins Schlafzimmer, zog sich aus und legte sich ungewaschen ins Bett. Mit geschlossenen Augen sah er Annas Bild auftauchen. Sie grinste ihn unverschämt an und forderte ihn auf näher zu kommen. Er musste sich zugestehen, dass er der Verlockung kaum noch standhalten konnte. Der Gedanke, sie zu berühren, löste alle Dämme in ihm auf. Mehrmals wurde er in dieser Nacht von wirren Träumen wach. Im halbwachen Zustand hasste er sich, hasste seine eigene Schwäche, hasste Kevins unbekümmerte Sicherheit und Freude am Leben. Später beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Er konnte es nicht benennen, doch es beunruhigte und ängstigte ihn. Die Vorahnung eines schrecklichen Ereignisses legte sich wie ein dunkles Tuch über ihn und drohte ihn zu ersticken.

Am anderen Morgen war alles anders. Helles Sonnenlicht weckte ihn. Es war Wochenende und der strahlende Sommertag ließ ihn seine düsteren Gedanken vergessen. Er ging zur Terrasse hinaus und sog begierig die frische Morgenluft ein. Der Duft des gemähten Grases hing noch in der Luft. Rick liebte diesen Geruch. Entspannt begab er sich ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Das Sonnenlicht zauberte einen kleinen Regenbogen in den sich ausbreitenden Wasserstrahl. Seine Hand mit Duschgel nahm jeden Muskel und jede Rundung seines Körpers wahr, als er sich einseifte. Er spürte, wie angespannt und empfindlich er reagierte. Bei dem Gedanken an Anna stellte sich spontan eine Erektion ein. Sofort verwarf er den Gedanken und ließ jetzt eiskaltes Wasser über sich laufen. Die Kälte spülte seine Erregung und Empfindlichkeit in den Abfluss. Er verharrte so lange unter dem Wasserstrahl, bis seine Haut taub war. Beim Anziehen fühlte er sich frisch und ausgeruht. Alles versprach, dass es ein schöner Tag werden würde. Ein Besichtigungstermin stand noch an, dann würde er mit Anna laufen. Was war schon dabei. Jetzt freute er sich darauf, sie zu sehen.

Da die Besichtigung des Objektes kürzer ausfiel, als geplant, war Rick schon früher an der verabredeten Stelle. Ein Parkplatz, der ringsum von dichtem Wald umgeben war. Er zog sich um und beobachtete gespannt die Auffahrt. Ob Anna wirklich kommen würde? Jetzt zweifelte er daran. Als er am Morgen das Haus verlassen hatte, stand ihr Wagen wieder vor der Garage. Weder sie noch Kevin waren ihm begegnet. Das Warten machte ihn nervös. Ungeduldig lief er hin und her. Ein kühler Luftzug ließ ihn für einen Moment frösteln, denn der Platz lag noch im Schatten. Er überlegte, dass die leichte Brise fürs Laufen ideal war, denn es machte die Hitze erträglich. Jetzt nahm er ein Motorengeräusch wahr. Es näherte sich und wurde immer lauter. Dann sah er sie. Anna bog mit ihrem offenen VW-Käfer in den Parkplatz ein. Rick registrierte wie hinreißend sie aussah. Als sie ihren Wagen neben seinem anhielt und ausstieg, konnte er nur schwer seinen Blick von ihrer schlanken Figur nehmen. Sie winkte zu ihm herüber und rief: »Ich muss nur noch meine Laufschuhe anziehen, dann bin ich soweit.«

Er beobachtete, wie sie ihre Schuhe zuband. Diese Frau bringt mich noch um den Verstand, durchfuhr es ihn. Leichtfüßig kam sie jetzt auf ihn zu. Sie trug eine hautenge, knielange Hose, die nichts verdeckte, sondern eher alles betonte. Darüber fiel locker ein weit ausgeschnittenes T-Shirt. Anna sah ihn übermütig an und sagte lachend:

»Hallo Rick, bist du sicher, dass du nur mit mir laufen willst?«

Das < nur > hatte sie besonders betont.

Ihr loses Mundwerk und ihre freche, herausfordernde Art machte ihn stumm. Verzweifelt suchte er nach Worten und nahm gleichzeitig wahr, wie sie seine Unsicherheit registrierte.

Spöttisch verzog sie ihren Mund zu einem Grinsen.

»Ist Kevin sauer, weil wir uns hier treffen?«, antwortete Rick, um auf ihre Frage nicht eingehen zu müssen.

»Dein lieber Bruder ist momentan nicht an mir, sondern mehr am Studium interessiert«, antwortete sie bedeutungsvoll.

Rick nahm sie kurz in den Arm und küsste sie leicht auf die Wange. Ihr Duft war betörend.

»Es ist jedenfalls schön dich zu sehen. Ich hatte gestern nur den Eindruck, dass Kevin mit unserem Vorhaben nicht einverstanden war.«

»Was sollte er dagegen haben? Wir laufen doch nur durch den Wald. Oder hast du dir etwas anderes vorgestellt?«

Anna sah ihn gespielt unschuldig an.

»Vorstellen kann ich mir alles. Du brauchst da aber keine Bedenken haben. Ich werde ganz artig hinter dir her laufen«, antwortete Rick und versuchte seiner Stimme einen möglichst gelassenen Unterton zu geben, um seine Anspannung zu verbergen. Gleichzeitig wusste er, dass diese Bemühung umsonst war. Sie hatte längst seinen Zustand erraten.

»Wenn du so gut laufen kannst, wie Sprüche klopfen, werde ich Mühe haben dir zu folgen«, lachte sie und lief los, den Waldweg hoch. Die Laufstrecke war ein Rundkurs und der Weg führte durch hügeliges, stark bewaldetes Gelände.

Rick folgte ihr so gut es ging. Anna war zweiundzwanzig und damit sechs Jahre jünger als er. Da er hinter ihr herlief, konnte er sie beim Laufen beobachten. Der Wunsch sie zu besitzen wurde immer stärker. Er mochte es, wie sie sich bewegte. Sie lief leichtfüßig und das Spiel ihrer Muskeln war durch die eng anliegende Hose sichtbar. Als sie das Tempo leicht erhöhte, kam Rick erstmals der Gedanke, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, Anna zuzusagen, aber der Wunsch, mit ihr allein zu sein, hatte alle anderen Gedanken in weite Ferne gerückt. Würde er sich blamieren? Aber genau das würde passieren, wenn das Tempo so weiterging. Er musste sich etwas einfallen lassen. Die Strecke ging weiter bergauf und sein Atem kam jetzt stoßweise aus seinen Lungen. Annas Laufschritt war gleichmäßig und ruhig. Sie hatten den alten Steinbruch erreicht, an dessen Kante sich jetzt der Waldweg noch steiler nach oben wand. Auf diesem Steilstück fiel er immer weiter zurück. Rick kam der Gedanke, einen verstauchten Knöchel vorzutäuschen und schrie einmal kurz auf. Dann humpelte er ein paar Schritte und blieb stehen.

Als Anna den Schrei vernahm, war sie ebenfalls stehen geblieben. Neugierig kam sie auf ihn zu.

»Hast du dich verletzt?«

»Mein.... Knöchel«, stieß er hervor und versuchte sich bei ihr abzustützen, indem er seinen Arm um ihre Schulter legte. Ihre Haut war schweißnass und elektrisierte ihn förmlich. Sie hatten beide auf seinen Fuß gestarrt. Er hob aber jetzt den Kopf und legte seinen Mund an ihren Hals. Der Kuss rief starkes Verlangen in ihm hervor und er zog sie näher an sich heran. Sie kam ihm entgegen und berührte mit ihrer Hüfte scheinbar unabsichtlich sein Glied. Rick schmeckte die salzige Feuchtigkeit auf ihrer Haut, erwiderte den Druck und küsste leidenschaftlich ihre geöffneten Lippen. Sie erwiderte den Kuss, schob beide Hände unter sein T-Shirt und drückte ihn an sich. Er tastete jetzt mit seiner rechten Hand nach ihrer Brust. Doch als er sie berührte, stieß sie ihn urplötzlich von sich.

»Bist du verrückt geworden?«, platzte es aus ihr heraus.

Rick keuchte erregt und er machte erneut den Versuch, sie an sich zu klammern. Er konnte die neue Situation nicht verstehen, wollte in ihren Augen ablesen, was sie dachte. Irritiert sah er das verlangende Glitzern in ihren Augen. Ihr leicht geöffneter Mund sprach die gleiche Botschaft. Er reagierte jetzt nur noch, konnte seinem Verlangen nur ohnmächtig nachgeben. Seine Hand hatte ihr T-Shirt gefasst.

»Warum so stürmisch? Kannst du es nicht erwarten?«

Ihre Stimme lockte, doch ihre Arme stießen ihn erneut in ein Vakuum hinein. Kaum nahm er wahr, wie ihr T-Shirt zerriss. Wie von Sinnen starrte er auf ihren nackten Busen. Abermals versuchte er sie an sich zu reißen. Sie sah ihn jetzt spöttisch an, genoss sein unbändiges Verlangen, umfasste mit beiden Händen ihre Brust und hielt sie ihm entgegen. Gleichzeitig bewegte sie sich lauernd rückwärts, von ihm weg, ohne zu merken, dass sie sich gefährlich der Abbruchkante des Steinbruchs genähert hatte. Ihren verlangenden Blick auf Ricks ausgebeulte Hose gerichtet, ging ihr nächster Schritt ins Leere. Rick sah nur noch ihre weit aufgerissenen, erstaunten Augen, dann war sie weg, einfach weg. Er hörte mit zunehmenden Entsetzen ihren langgezogenen Schrei und den dumpfen Aufschlag ihres Körpers im Abgrund. Dann war es still. Unheimlich still. Er brauchte einige Zeit in die Wirklichkeit zurück. Wie benommen stand er da und versuchte, das Geschehene zu begreifen. Die Sonne schien nicht mehr, der Wald hatte aufgehört zu existieren. Es gab nur noch diesen verfluchten Abgrund. Sein lähmendes Entsetzen verstärkte sich mit jedem Herzschlag. Es schlug zum Hals heraus, als wolle es sich übergeben. Sein stierer Blick suchte nach einem Halt, etwas Festem, an das man sich klammern konnte. Langsam nahmen die Dinge wieder ihre Form an. Der blutrote Wald wurde wieder grün, und die absolute Stille wurde vom Gezwitscher der Vögel verdrängt. Vorsichtig näherte Rick sich dem Abgrund. Ängstlich sah er über die Kante in den Steinbruch hinunter. Anna lag dort unten, eigenartig verkrümmt, neben einem Busch. War sie in das Strauchwerk gefallen? Es befand sich in der direkten Falllinie. Anna jedoch lag daneben, auf blankem Felsen.

Mein Gott, wie war das nur passiert. Ricks Gehirn fing wieder an zu arbeiten. Aus dem Stand lief es jetzt auf Hochtouren. Fieberhaft überlegte er, was zu tun sei. Er musste Hilfe holen. Jetzt sofort. Nach Anna zu sehen, hatte keinen Zweck, wertvolle Zeit würde verloren gehen, da der Weg in den Steinbruch zu weit war. Ob sie wohl noch lebte? fragte er sich. Hoffnung stieg in ihm auf und wurde zum Motor. Er rannte los, den Waldweg zurück. Seine Geschwindigkeit musste er zügeln, da es in Windungen bergab ging. Hatte er sein Handy im Auto? Hatte er es überhaupt mitgenommen? Er versuchte sich zu erinnern. Als er jetzt den Parkplatz erreichte, standen ihre Autos wie verwaist im Schatten der Bäume. Seine Hoffnung, dort jemanden anzutreffen, zerstob in tausend Stücke. Sein Autoschlüssel, wo war sein Autoschlüssel? Gehetzt durchsuchte er seine Hosentaschen. Ja, da waren sie. Mit zitternden Händen schloss er seinen Wagen auf. Wo war das Handy? Nein, er musste es zu Hause liegen gelassen haben. Verflucht, hatte Anna ihr Handy mitgenommen? Er sprang zu ihrem offenen Wagen hinüber und durchsuchte ihn. Auch das Handschuhfach war leer. Scheiße, verdammte Scheiße, er musste zu einem Telefon. Wo war hier ein Telefon? Seine Gedanken fuhren bereits die Landstraße hinunter, bis in den Ort hinein. Ja, an der ersten Kreuzung stand eine Telefonzelle. Er sah sie deutlich vor sich. Überhastet stieg er in seinen Wagen und raste ohne sich anzuschnallen los. Hoffentlich lebte sie noch, hoffentlich! Wie von Sinnen beschleunigte er den Wagen bis an das Machbare. Mit quietschenden Reifen nahm er die Kurven der sich windenden Landstraße. Zu spät sah er den Trecker mit dem voll beladenen Anhänger, der vom Feld auf die Straße fuhr.

Ausweichen konnte er nicht mehr. Die Landstraße war auf beiden Seiten mit dicht stehenden Bäumen flankiert. Der Schreck war fürchterlich. Mit aller Kraft stieg er auf die Bremse. Doch in der nächsten Sekunde war ihm bewusst, dass er in den Anhänger rasen würde. Mit weit aufgerissenen Augen sah er das Hindernis auf sich zukommen. Es gab kein Entrinnen. Mit dumpfen Knall brach sein Wagen in die hintere, linke Seite des Anhängers.

Seine letzten Sekunden dehnten sich ins Unermessliche. Er sah sich als Kind mit seiner Mutter im Garten, sah den Drachen, den er mit seinem Vater gebaut hatte, sah seinen Bruder im Sandkasten spielen. Im Zeitraffer lief sein Leben vor ihm ab. Als er den Sturz Annas in den Steinbruch noch mal durchlebte, jede Kleinigkeit wie in Zeitlupe, an sich vorbeilaufen sah, packte ihn eine fürchterliche Angst. Dann war es soweit. Die Lenksäule drang tief in seinen Brustkorb ein. Es tat eigentlich gar nicht so weh, dachte er noch, als sein Kopf auf dem Armaturenbrett aufschlug. Jäh wurde es dunkel.

Doch dann geschah etwas Unglaubliches. Wie aus einem tiefen Schlaf erwachend nahm er seine Umgebung wieder wahr. Wieso lebte er noch? Er sah sich selbst total verkrümmt und blutüberströmt im Auto sitzen. Eine eigenartige Leichtigkeit nahm ihn gefangen. Langsam, ganz langsam löste er sich aus der Betrachtung. Jetzt sah er das Auto, das nur noch ein Haufen zusammengedrücktes Blech war, unter sich. Sah den jungen Mann, der in einer viel zu großen Latzhose steckte, erschrocken vom Trecker springen. Er entfernte sich weiter, immer weiter. Die Straße, die sich wie ein Bandwurm durch die Landschaft schlängelte, verschwand. Ein eigenartiges Licht umgab ihn jetzt. Die Sonne war es nicht, dachte er. Ruhe trat ein. Eine absolute Ruhe in Verbindung mit einer erstaunlichen Geborgenheit. Wie wohl das tat.

Dann war da noch etwas. Er konnte es erst nicht benennen. Es war nur angenehm und es wurde immer stärker. So etwas wie Liebe umgab ihn. Er spürte es jetzt deutlich. Dieses Gefühl durchdrang ihn immer mehr. Es erhält mich am Leben, dachte er. Eine Energie, die völlig Besitz vom ihm nahm, verbunden mit diesem eigenartigen Licht. Das Licht nahm jetzt langsam ab. Er hatte das Gefühl zu schweben. Erste Umrisse wurden wieder deutlich. Grenzenloses Erstaunen erfasste ihn, als er die Erde als Kugel sah. Wie ein riesiger blau schillernder Ball bewegte sie sich durchs All. Und er entfernte sich weiter, mit zunehmender Geschwindigkeit. Eine Energie hatte ihn erfasst, die ihn immer schneller von der Erde wegzog. Die strahlend blaue Erdkugel wurde kleiner, bis sie schließlich mit ihrem Mond nur noch kleine, helle Punkte waren. Die absolute Ruhe und das Gefühl von Geborgenheit blieb. Er versuchte an sich herunterzusehen, doch da war nichts. Eigenartig, trotzdem existierte er. War das alles ein Traum? Das konnte doch nicht sein. Er fühlte doch seine Arme und Beine, sah sie aber nicht. Er spürte auch die Beschleunigung, die immer noch anhielt. Gleichzeitig hatte er das Gefühl, die Zeit würde langsamer vergehen, je schneller er wurde. Gab es überhaupt noch irgendeine Zeit, die verging? Nein, eigentlich nicht. Zumindest spürte er sie nicht mehr, oder nur noch ganz gering. Er wusste es nicht genau.

Das All um ihn herum war inzwischen ein glitzerndes Sternen-meer. Doch sie standen nicht still. Mit ungeheurer Geschwindigkeit zogen sie an ihm vorbei, immer noch schneller werdend. Jetzt konnte er schon gar keine einzelnen Lichtpunkte mehr erkennen. Wie Millionen Leuchtspurgeschosse sahen sie aus. Dann wurde es schlagartig dunkel. Eine wohltuende Müdigkeit erfasste ihn und er verlor langsam das Bewusstsein.

Rick...Rick...Als er wieder zu sich kam, hörte er seinen Namen. Erst aus weiter Ferne, dann immer lauter. Rick .... Sonst war alles wie vorher. Dieses wohlige Gefühl zu schweben, die Energie voller Liebe und Kraft. Die Geschwindigkeit schien abgenommen zu haben. War er zum Stillstand gekommen? Oder hörte jetzt der Traum auf?

Rick.....Hallo, Rick. Jetzt war die Stimme ganz nah. Er versuchte die Augen zu öffnen. Hell war es. Einfach nur hell. Schemenhaft bewegte sich etwas. Er konnte es nicht genau erkennen. Augenscheinlich regte es sich. Von dort kam auch die Stimme: »Hallo Rick«, war wieder zu hören. In der Helligkeit, die langsam abnahm, waren Konturen zu erkennen, die einer Person ähnelten. Aber irgendwie sah sie merk-würdig aus - anders. Durchsichtig war sie. Nein auch nicht. Mehr so wie ein Glas voller Rauch. Nun konnte er das Wesen erkennen. Es war bekleidet mit einer Art Mantel, der in vielen Farben schimmerte. Der Kopf war weiß. Auch das Gesicht, ja selbst die Haare. Ein Augenpaar sah ihn interessiert an. »Hallo Rick«, sagte jetzt wieder das Wesen, doch der Mund hatte sich nicht bewegt. »Rick Bender, willkommen«, war jetzt zu hören.

»Wo bin ich?«

»Du hast eine lange Reise hinter dir und musst dich noch ein wenig schonen. Aber gleich wird es dir besser gehen.«

Wieder hatte sich der Mund nicht bewegt.

»Mir geht es gut, aber wo bin ich hier?«

»Cedan heißt der Ort, aber das wird dir jetzt noch nicht viel sagen«, war die Antwort. Die Helligkeit hatte soweit nachgelassen, dass er jetzt die Umgebung wahrnehmen konnte, die einer leicht hügeligen, wüstenartigen Landschaft ähnelte. Ein Meer von wellenartigen, leichten Erhebungen breitete sich vor ihm aus. Erstaunt stellte er fest, dass es kein Sand war. Teilweise sahen die Hügel transparent aus, so als hätten sie keine feste Substanz. Ihre Farbe war wie heller Sand und ging in der Ferne in ein leichtes Blau über. Einen Horizont gab es nicht. Das leichte Blau in der Ferne wurde nach oben hin dunkler, so dass sich über ihm ein dunkelblauer Himmel ausdehnte. Die Szenerie war von erhabener Schönheit. Licht schien von allen Seiten gleichzeitig zu kommen, aber nicht gleichmäßig, so dass es wie Licht und Schatten aussah. Eine Sonne sah er nicht.

»Gefällt es dir?«, hörte er jetzt.

Sein Gegenüber stand auf einer leichten Erhebung und blickte auf ihn herab. Rick lag rücklings auf einer Ebene. Verblüfft stellte er fest, dass er wieder einen Körper besaß. Nur er schien schwerelos zu sein und auf eine eigenartige Weise durchsichtig. Er versuchte mit seiner Hand seinen Oberschenkel zu berühren. Doch der Griff ging ins Leere. Er konnte sich selbst nicht spüren. Auch den Griff nach unten auf den Boden spürte er nicht. Alles um ihn herum war nicht fest, er selbst auch nicht. Dass er total nackt war, nahm er gelassen hin. So etwas wie Schamgefühl kam nicht auf.

»Du wirst dich daran gewöhnen«, sagte der Andere.

»Versuch mal aufzustehen. Du brauchst nur daran zu denken, aber bitte langsam und vorsichtig.«

Rick versuchte sich abzustützen, um aufzustehen. Aber der Griff ging abermals ins Leere. Dann besann er sich und stellte sich konzentriert vor aufzustehen und im gleichen Moment stand er aufrecht da. Seinen Körper hatte er für den Bewegungsablauf nicht gebraucht. Der Gedanke daran hatte genügt. Unvermittelt erfasste ihn ein Schwindelgefühl und Angst stieg in ihm hoch. Es gab nichts Festes, an dem er sich hätte anlehnen können. Er schwebte über der sandartigen Fläche und hatte das Gefühl gleich abzustürzen. Doch nichts dergleichen geschah. Er registrierte, dass er schwebend an der Stelle verweilen konnte, da er augenscheinlich kein Eigengewicht besaß.

»Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte das Wesen.

Rick musterte jetzt seinen Gegenüber genau. Überraschend wurde ihm klar, dass er die Gedanken des Anderen lesen konnte. Deshalb hatte sich wohl auch der Mund nicht bewegt, als das Wesen ihn angesprochen hatte. Aufmerksam betrachtete er ihn. Sein weißes Haar war bürstenartig kurz geschnitten. Die schlitzartigen, dunklen Augen sahen ihn neugierig an. Sie schienen das einzige, wirklich Lebendige an ihm zu sein. Der weit geschnittene Mantel verdeckte den größten Teil seines Körpers. Nur die unbekleideten Füße schauten unten heraus. Er ist ein Mensch, ein normaler Mensch, kein Überwesen, war ihm jetzt klar. Ein verstorbener Typ aus Japan. Sein Name ist Misaki, Misaki Tendoo stellte er fest. Auch konnte er in die Lebensgeschichte dieses Mannes hineinsehen, je mehr er sich mit ihm befasste. Polizist war er gewesen und hatte eine Frau zurückgelassen, als er gestorben war. Bei einem Banküberfall hatte ihn eine verirrte Kugel getroffen. Seine Ordnungsliebe, seinen Hang zur Perfektion, seine starke Disziplin und Selbstbeherrschung traten offen hervor. Weder Zuneigung, noch Ablehnung konnte Rick herauslesen. Es war eher gleichgültige Freundlichkeit, die ihm entgegengebracht wurde.

Doch dann wurde ihm bewusst, dass der Andere ja auch in ihn und in sein Leben hineinsehen konnte. Er schämte sich seiner Begierde, die zu einer Katastrophe geführt hatte. Sofort musste er wieder an Anna denken.

»Hat sie überlebt?«, fragte er mit seinen Gedanken.

»Das weiß ich nicht, dazu kommen wir später«, sagte Misaki. »Folge mir bitte und versuche einfach mit Hilfe deiner Gedanken, dich zu bewegen. Erst mal musst du wieder laufen lernen.«

»Wohin gehen wir?«, wollte Rick wissen.