Im Zeichen des Highlanders - Hannah Howell - E-Book
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Im Zeichen des Highlanders E-Book

Hannah Howell

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Beschreibung

Wird es ihr gelingen, diesen Krieger zu verführen? Der historische Liebesroman »Im Zeichen des Highlanders« von Hannah Howell als eBook bei dotbooks. Im Jahre 1870 ist Schottland ein Ort voller atemberaubender Schönheit – und abgründiger Gefahren … Für das Leben der Kinder, die sie bei sich aufgenommen hat, kämpft die schöne Kirstie MacIye wie eine Löwin. Doch nun droht ihren Schützlingen ein grausames Schicksal, von niemand anderem als dem kaltherzigen Mann, den Kirstie einst gegen ihren Willen heiraten musste. Ihre einzige Hoffnung ist der Highland-Lord Payton Murray, der dafür bekannt ist, jedem Schurken im Schwertkampf überlegen zu sein. Aber wie soll Kirstie seine Gunst erlangen – und darf sie dem stolzen Krieger, dessen tiefen Blicke zum ersten Mal seit langer Zeit die Hoffnung auf ein zartes Glück in ihr wecken, wirklich vertrauen? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Romance-Highlight »Im Zeichen des Highlanders« von New-York-Times-Bestsellerautorin Hannah Howell. Wer liest, hat mehr vom Leben! dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 501

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Über dieses Buch:

Im Jahre 1870 ist Schottland ein Ort voller atemberaubender Schönheit – und abgründiger Gefahren … Für das Leben der Kinder, die sie bei sich aufgenommen hat, kämpft die schöne Kirstie MacIye wie eine Löwin. Doch nun droht ihren Schützlingen ein grausames Schicksal, von niemand anderem als dem kaltherzigen Mann, den Kirstie einst gegen ihren Willen heiraten musste. Ihre einzige Hoffnung ist der Highland-Lord Payton Murray, der dafür bekannt ist, jedem Schurken im Schwertkampf überlegen zu sein. Aber wie soll Kirstie seine Gunst erlangen – und darf sie dem stolzen Krieger, dessen tiefen Blicke zum ersten Mal seit langer Zeit die Hoffnung auf ein zartes Glück in ihr wecken, wirklich vertrauen?

Über die Autorin:

Hannah Howell, geboren 1950 in Massachusetts, kann ihren amerikanischen Familienstammbaum bis in das frühe 17. Jahrhundert zurückverfolgen – liebt aber vor allem die Geschichte Englands und Schottlands; auf einer Reise dorthin lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen. Hannah Howell hat in ihrer schriftstellerischen Karriere über 60 Liebesromane veröffentlicht, darunter den großangelegten Zyklus über die Familie Murray, in dem sie mitreißend vom Schicksal mehrerer Generationen einer weitverzweigten schottischen Highlander-Dynastie erzählt. Hannah Howell wurde für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Golden Leaf Award und dem Preis des Romantic Times Bookclub Magazine.

Bei dotbooks erschienen die folgenden Romane von Hannah Howell:

HIGHLAND HEROES

Das Schicksal des Highlanders

Die Lust des Highlanders

Das Schwert des Highlanders

HIGHLAND DESIRE

Die Hoffnung des Highlanders

Der Wunsch des Highlanders

Das Herz des Highlanders

HIGHLAND ROSES

Im Zeichen des Highlanders

Die Spur des Highlanders

Die Sehnsucht des Highlanders

HIGHLAND LOVERS

Der Fürst der Highlander

Der ungezähmte Highlander

Der Held der Highlands

HIGHLAND DREAMS

Das Begehren des Highlanders

Das Sehnen des Highlanders

Der Stolz des Highlanders

Die Versuchung des Highlanders

Der Mut des Highlanders

Der Traum des Highlanders

Bei den folgenden beiden Romanen handelt es sich um Einzelbände:

Der Kuss des Schotten

Die Geliebte des Earls

***

eBook-Neuausgabe August 2022

Dieses Buch erschien bereits 2003 unter dem Titel »Highland Angel« bei Zebra Books/Kensington Publishing Corp., New York

Copyright © der Originalausgabe 2003 by Hannah Howell

Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., New York, NY, USA

Copyright © der deutschsprachigen Erstausgabe 2009 Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg

Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-98690-321-3

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Hannah Howell

Im Zeichen des Highlanders

Roman

Aus dem Englischen von Andrea Hahn

dotbooks.

Kapitel 1

»Seid Ihr Sir Payton Murray?«

Die Tatsache, dass die Stimme, die hinter ihm erklang, weiblich war, beschwichtigte Paytons anfängliche Angst, der Ehemann, dem er Hörner aufzusetzen gedachte, hätte ihn erwischt. Dann kam es ihm in den Sinn, dass ihn jeder in Schwierigkeiten bringen konnte, der ihn unter dem Fenster von Lady Frasers Schlafgemach auf der Lauer liegen sah. Er dämpfte das Verlangen, das er in Erwartung einiger Stunden in den Armen der vollbusigen Lady Fraser verspürte, und sagte sich, dass er immerhin einige Geschicklichkeit darin entwickelt hatte, sich herauszureden. Es war Zeit, sie anzuwenden.

Payton wandte sich um, bereit, diesem möglichen Schicksal entgegenzutreten. Schon öffnete er den Mund, um eine Erklärung abzugeben, doch angesichts der Erscheinung, die vor ihm stand, stockte ihm der Atem. Die Frau war sehr klein und sehr nass. Ihr volles Haar hing in langen, tropfenden Strähnen über ihr ebenfalls triefendes Kleid herab. Vermutlich war es nicht nur das Mondlicht, das ihr zartes, herzförmiges Gesicht so blass erscheinen ließ. Das dunkle Kleid klebte an einem fast zu schlanken Körper, allerdings gab es Anzeichen weiblicher Rundungen. Ob ihr wohl bewusst war, dass ihre kleinen Füße mehr im Dreck als in Schuhen steckten? Und wenn er sich nicht täuschte, dann schaute da Sumpfgras aus einem ihrer Ärmel.

»Seid Ihr Sir Payton Murray, der schöne Sir Payton?«

»Ja«, antwortete er, fragte sich aber sofort, ob das klug gewesen sei.

»Der ritterliche, mutige Sir Payton?«

»Ja, ich …« Er wünschte, sie würde die Lobhudelei bleiben lassen, da er sich dabei immer unbehaglich fühlte.

»Sir Payton, der Fluch aller Ehemänner? Der blitzschnelle und mit dem Schwert tödliche Sir Payton? Jener Sir Payton, der die Damen zum Seufzen bringt und die Minnesänger zum Jubilieren?«

Aus ihren Worten war deutlicher Spott zu vernehmen.

»Was wollt Ihr?«

»Ihr seid also Sir Payton?«

»Ja, der schöne Sir Payton.«

»Ehrlich gesagt, könntet Ihr von mir aus so hässlich wie der Hintern einer Kröte sein. Was mich interessiert, ist der ehrenwerte, ritterliche, mit dem Schwert tödliche Sir Payton, der immer bereit ist, Menschen in Not zu Hilfe zu eilen.«

»Die Minnesänger übertreiben maßlos«, fuhr er auf, fühlte sich aber schuldig, als die schlanken Schultern ein wenig zusammensackten.

»Ich verstehe. Ist Euch aufgefallen, dass ich ein bisschen nass bin?«, fragte sie, während sie eine Hand voll Röcke auswrang.

»Doch, das ist mir aufgefallen.« Er unterdrückte ein Lachen.

»Fragt Ihr Euch nicht warum? Es regnet nicht.«

»Ich gebe zu, dass ich ein wenig neugierig bin. Warum seid Ihr nass?«

»Mein Gatte versuchte, mich zu ertränken. Der Idiot vergaß, dass ich schwimmen kann.«

Obwohl Payton entsetzt war, zwang er sich dazu, misstrauisch zu bleiben. Er hatte viel zu oft schmerzlich erleben müssen, wie Frauen alle möglichen Schliche ausprobierten, um in seine Nähe zu kommen und ihn in Situationen zu bringen, die ihn zum Altar nötigen würden. Allerdings, Payton ließ seinen Blick über sie streifen, hatte bisher noch keine versucht, vorher in einem schmutzigen Fluss zu baden. Auch hatte noch keine einen solchen Kübel voller Sarkasmus über ihn entleert. Sollte sie ihn in eine Falle locken wollen, gebrauchte sie äußerst ungewöhnliche Köder.

»Warum versuchte Euer Gatte, Euch zu ertränken?« –»Payton, mein süßer Höfling, seid Ihr das?«

Payton stieß innerlich einen Fluch aus und sah zu Lady Fraser empor, deren reizendes Gesicht ihm zugewandt war. Ihr langes blondes Haar ergoss sich über die Fensterkante. Er blickte zu der anderen Frau zurück, musste aber feststellen, dass sie nicht mehr da war. Sie war ebenso lautlos entschwunden, wie sie gekommen war.

»Ja, ich bin es, meine Taube«, antwortete er, wobei er sich fragte, warum er über das Verschwinden des Mädchens so enttäuscht war.

»Kommt zu mir, mein schöner Ritter. Die Wärme meines Gemachs wartet sehnsüchtig auf Euch.«

»Welch holde Versuchung das ist, meine Schöne.«

Gerade als Payton einen Schritt in Richtung einer Reihe klug aufgestellter kleiner Fässer machte, hörte er einen leisen, erstickten Ton. In der Erwartung, das traurig verschmutzte Mädchen zu sehen, wandte er sich um, konnte aber nichts entdecken. Mit ungutem Gefühl drehte er sich wieder zu den Fässern um. Lady Fraser, dachte er bei sich, war eindeutig keine Novizin in Sachen Ehebruch. Vor ihm befand sich eine geschickt getarnte Treppe, bestehend aus den Fässern und mehreren dicken Brettern, die kunstvoll an der Wand des Hauses befestigt waren.

»Habt Ihr vor, mich einfach hier zurückzulassen?«

Die belegte Stimme überraschte ihn so sehr, dass er ein wenig taumelte, während er sich erneut nach dem Mädchen umdrehte. »Ich habe eine Verabredung«, flüsterte er in der Hoffnung, durch ihre Antwort ihren Standort ausmachen zu können.

Ein tiefer Seufzer drang aus dem Efeu, der die Wand zu seiner Linken bedeckte. Als er näher hinschaute, konnte er endlich ihre Gestalt erkennen, die sich eng und ohne jede Bewegung in den Schatten und ins Blattwerk des Hauses drückte. Es war beunruhigend, wie gut sie die Dunkelheit nutzte und wie schnell und lautlos sie es getan hatte. Payton wollte lieber nicht über die Gründe einer Frau nachdenken, solche Kunstgriffe zu erlernen.

»Dann geht«, erwiderte sie mit ebensolchem Flüstern. »Ich werde hier warten. Genießt Eure Eroberung. Hoffentlich hole ich mir keinen Schüttelfrost.«

»Das bezweifle ich.«

»Natürlich«, fuhr sie fort, »wird mein heftiges, zerstörerisches Husten Eure Schreie verbotener Leidenschaft übertönen. Ich bin immer bereit zu helfen. Soll ich mein schwaches, zitterndes Etwas ihrem Ehemann entgegenwerfen, falls er zurückkommt, um Euch Zeit zur Flucht zu verschaffen?«

»Ich fange allmählich an zu verstehen, warum Euch Euer Gatte zu ertränken wünschte«, knurrte Payton.

»Oh nein, das erratet Ihr niemals.«

»Payton, mein beau chevalier, kommt Ihr?«, rief Lady Fraser.

»Ich habe hart daran gearbeitet.« Payton sah zum Fenster hoch, wohl wissend, dass er diese Nacht nicht hindurchklettern würde.

»Ach, das bezweifle ich, obwohl sie sich gerne ziert«, sagte das Mädchen. »Nur zu. Ich werde mich hier zusammenkauern, allerdings glaube ich nicht, dass Ihr mir eine große Hilfe seid, wenn Ihr später wieder da herausklettert. Man sagt, sie sei unersättlich und würde einen Mann ziemlich auswringen.«

Das hatte Payton noch nicht gehört. Zwar hatte er nicht geglaubt, dass er der Erste wäre, der Lady Fraser dazu überredete, ihr Eheversprechen zu brechen, doch ihm war nicht bewusst gewesen, dass sie so bekannt dafür war. Unersättlich klang faszinierend, dachte er sich, seufzte aber. Payton hoffte, dass Lady Fraser nicht allzu gekränkt sein würde, wenn er sich dazu zwang zu gehen, ohne ihre Gunst anzunehmen.

»Sprecht Ihr mit jemandem, mein tapferes Herz?« Lady Fraser beugte sich ein wenig aus dem Fenster, um sich umzusehen.

»Nur mit meinem Knappen, meine Süße«, antwortete Payton. »Ich fürchte, ich muss gehen.«

»Gehen?« Die Stimme von Lady Fraser klang schrill. »Befehlt dem Jungen zu sagen, er habe Euch nicht gefunden.«

»Ich fürchte, der Knabe ist ein bodenlos schlechter Lügner. Die Wahrheit würde bald allen bekannt sein, und Ihr wollt doch nicht, dass Euer Gatte erfährt, wo der Junge mich gefunden hat, oder?«

»Nein. Vermutlich kommt Ihr später nicht zurück, oder?«

»Es bricht mir geradezu das Herz, meine kleine Taube, aber nein. Es könnte Stunden, ja sogar Tage dauern, dieses Problem zu lösen.«

»Ich verstehe. Nun vielleicht erlaube ich Euch, Wiedergutmachung zu leisten. Vielleicht. Später.«

Payton schrak zusammen, als sie die Klappläden vor ihrem Fenster zuschlug, dann wandte er sich der schattenhaften Gestalt an der Wand zu. »Lasst uns gehen und Euch trocknen und aufwärmen. Es wäre mir lieb, wenn Ihr so lange im Dunklen bleibt, bis wir außer ihrer Sichtweite sind.«

Es fiel ihm nicht leicht, aber Payton unterdrückte das Unbehagen, das er empfand, als er sich von Lady Fraser in dem Bewusstsein entfernte, dass das Mädchen bei ihm war, er sie aber weder sehen noch hören konnte. Gedanken über Gespenster und andere Wesen, die sich in der Nacht verbergen konnten, kamen ihm in den Sinn, aber er kämpfte sie nieder. Er versicherte sich, dass das Mädchen in Sachen Verbergen einfach nur äußerst geschickt war.

Sobald sie sich in der engen Straße befanden, die zum Haus seiner Familie führte, blieb er an einer Stelle stehen, die vom Licht eines Gebäudes erhellt wurde, was ihm erlaubte, sie zu sehen. Er schaute sich nach ihr um. »Ihr könnt jetzt herauskommen.«

Das Erste, was ihm auffiel, war, dass sie blass aussah und zitterte. Payton nahm schnell seinen Umhang ab und war erleichtert, als er ihn ihr umlegte. Es handelte sich um keine Erscheinung. Er konnte sie berühren. Indem er ihr den Arm um die schlanken Schultern legte, eilte er mit ihr zu seinem Haus. Sobald er sie in die Wärme gebracht hatte, würde er sie noch genau mustern können. Belustigt stellte er fest, dass sie seinen Umhang hochheben musste, um nicht darüber zu stolpern. Sie reichte ihm kaum bis zur Achselhöhle.

Als er sein Heim betrat, ignorierte Payton das Staunen auf dem narbigen Gesicht seines Dienstmannes, dem starken Ian. Der Zustand, in dem er die Frau anbrachte, war schon verblüffend genug, doch Payton vermutete, dass der Mann viel mehr davon überrascht war, dass er sie überhaupt in sein Haus brachte. Keine seiner Frauen durfte die Schwelle überschreiten, in keinem seiner Wohnsitze. Dies war ein altes Gesetz, eines, an das er sich treu und redlich hielt. Wurden ihm deswegen von Familienmitgliedern oder Freunden Fragen gestellt, rechtfertigte er sich schlagfertig damit, dass er nicht sein eigenes Nest beschmutzen wolle. Payton hegte den großen Verdacht, dass darin mehr Wahrheit lag, als er zugeben wollte.

»Aber ich muss mit Euch sprechen«, protestierte das Mädchen, als Payton dem starken Ian und seiner Frau Klein-Alice befahl, dafür zu sorgen, dass sein Gast ein Kaminfeuer, ein heißes Bad und trockene Sachen erhielt.

»Wenn Ihr sauber und aufgewärmt seid, könnt Ihr mich in der großen Halle treffen«, versicherte ihr Payton. »Wie lautet Euer Name?«

»Kirstie, aber meine Brüder nennen mich Schatten.«

Angesichts ihrer lautlosen Bewegungen und der Mühelosigkeit, mit der sie sich versteckte, wunderte Payton das nicht. Er schob sie auf Klein-Alice zu und ging, um sich mit Bier und Essen zu versorgen. Neugierde brandete in Payton auf, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Geschichte als auch hinsichtlich ihres Aussehens in sauberem und trockenem Zustand. Hoffentlich war sie dessen wert, was er aufgegeben hatte, denn mit Hilfe von Lady Fraser hätte er eine ziemlich lang anhaltende Epoche der Enthaltsamkeit beenden können.

***

Kirstie fuhr zusammen, während Klein-Alice ihre noch immer feuchten Haare entwirrte. Sauber, so gut wie trocken und gut durchwärmt von dem heißen Bad und dem Feuer, fühlte sie sich besser. Es fiel ihr leichter, die Blutergüsse und Schürfwunden, die ihr der Überlebenskampf eingebracht hatte, zu ignorieren; viele davon wurden durch das warme Bad und die wohlriechende Salbe, die ihr eine kopfschüttelnde Klein-Alice aufgetragen hatte, gelindert. Sie fragte sich, woher wohl das saubere und trockene Kleid stammen mochte, unterdrückte aber streng ihre Neugierde. Kirstie sah sogar vergleichsweise gelassen der vor ihr liegenden Konfrontation mit Sir Payton entgegen.

»So, Mädchen«, murmelte Klein-Alice, die Andeutung eines Lächelns erhellte den ansonsten mürrischen Ausdruck auf ihrem rundlichen Gesicht. »Ihr seid jetzt so weit, mit Sir Payton zu sprechen. Ich will nur sichergehen, dass man genug Essen aufgetischt hat.«

Der unterschwellige Hinweis, dass Kirstie es dringend nötig hatte zuzunehmen, war unmissverständlich, und Kirstie seufzte insgeheim, während sie Klein-Alice zur großen Halle folgte. Ihr war bewusst, dass sie inzwischen eher dünn als schlank war, denn ihr Gatte liebte es, sie zu isolieren und zu langem Fasten zu zwingen, um sie gefügig zu machen. Es verletzte allerdings die letzten Fetzen von Eitelkeit, an die sich Kirstie geklammert hatte, dass ihr trauriger Zustand nun öffentlich sichtbar wurde. Dass dies viel ändern würde, bezweifelte sie allerdings, stand ihr nun doch ein Kampf um ihr Leben bevor. Regelmäßige, sättigende Mahlzeiten mochten nicht nur eine Seltenheit sein, sondern durften auch keinen Vorrang vor ihrem eigenen Leben und dem Leben der Unschuldigen, die sie zu schützen suchte, haben.

Gerade als Kirstie sich straffte, um Sir Payton entgegenzutreten, führte Klein-Alice sie festen Schrittes in die große Halle und direkt auf Sir Payton zu. Er stand auf, verbeugte sich leicht, und unverzüglich wurde sie auf den Platz neben ihn gesetzt. Klein-Alice stellte eine große Menge Essen vor sie hin und entfernte sich. Angesichts des schnellen Übergangs von der Vorbereitung auf dieses Aufeinandertreffen zur Begegnung selbst fühlte sich Kirstie fast benommen.

Sie trank einen Schluck Bier und beobachtete Sir Payton vorsichtig. Gerede über ihn gab es in Hülle und Fülle, aber abgesehen von dem einen oder anderen flüchtigen Blick, den sie auf diesen Mann geworfen hatte, hatte sie ihn nie eingehend betrachten können. Daran hatte sich auch nichts geändert, als sie ihm durch die dunklen Gassen zu seinem Stelldichein gefolgt war. Jetzt aber, wo sie beobachten konnte, wie er sich elegant in einem schweren, geschnitzten Eichenstuhl räkelte, konnte sie verstehen, warum so viele Frauen seinetwegen seufzten.

Alles an ihm war anmutig und elegant, angefangen bei seinen schmalen, langgliedrigen Händen bis hinunter zu seinen teuren Stiefeln. Seine Kleidung war die eines Höflings, eines englischen oder französischen Edelmannes, besaß aber keine der üblichen Schnitte. Sein Wams war nicht zu kurz, die Spitzen seiner Stiefel waren nicht zu betont und die Farben, Tiefgrün und Schwarz, angenehm zurückhaltend. Diese Kleider wiederum umhüllten eine Gestalt, die das Herz eines Mädchens höher schlagen ließ, wobei Kirstie über diese Erkenntnis seltsam verärgert war. Er war nicht sonderlich groß, doch seine Figur wies die schlanke, anmutige Kraft eines Tieres aus edler Zucht auf. Oder eines Raubtieres, überlegte sie sich in Erinnerung an seinen liederlichen Ruf. Sein Gesicht war schön und dennoch unbestritten männlich – saubere, vollkommene und verführerische Züge. Insbesondere die Andeutung voller Lippen, fand sie, bemüht diese Lippen nicht anzustarren. Seine Augen, von einem faszinierenden Goldbraun mit belebenden smaragdgrünen Sprenkeln waren dazu geschaffen, den Blick einer Frau auf sich zu ziehen und festzuhalten. Unter sanft geschwungenen Brauen gelegen und umrahmt von dicken Wimpern waren sie eindeutig ein sehr fein geschliffenes Werkzeug der Verführungskunst. Seine vollen, rötlichen Haare, die ordentlich zurückgebunden waren, wirkten so weich, dass ihre Finger geradezu danach zuckten, sie zu berühren. Kirstie gestand sich kläglich ein, dass seine legendenhafte Zügellosigkeit gut und gerne daraus resultieren konnte, dass er annahm, was ihm offen angeboten wurde, und nicht aus herzloser Verführung.

»Nun, Mylady«, sagte Payton, »Ihr mögt mir jetzt vielleicht verraten, warum Ihr mich aufgesucht habt.«

Payton wartete, bis sie das Brot, an dem sie eben kaute, hinuntergeschluckt hatte. Ihr Aussehen brachte ihn auf den Gedanken, dass ihr Name Schatten nicht nur von ihrer verblüffenden Fähigkeit, sich in einen solchen zu verwandeln, herstammte. Ihr dichtes, glänzendes und rabenschwarzes Haar, das noch immer vom Bad feucht war, wurde in einem dicken, lockeren Zopf zusammengehalten, der ihr bis zu den schmalen Hüften reichte. Ihre Augen waren von einem Grau, das sich bei jedem Blick aufzuhellen oder zu verdunkeln schien. Es waren wunderschöne Augen, leicht schräg und doch groß, dank ihrer wechselnden Schattierung geheimnisvoll und eingerahmt von dichten schwarzen Wimpern, darüber dunkle Augenbrauen, die sich der Schrägstellung der Augen perfekt anpassten. Nichts schien ihre schimmernde milchweiße Haut zu beeinträchtigen. Die Formen ihres ein wenig herzförmigen Gesichts waren beinahe ätherisch, angefangen von ihrer leicht nach oben gebogenen, hübschen Nasenspitze bis zu ihrem schwach ausgeprägten Kinn. Unschuldig und elfenhaft waren die Worte, die ihren Gesichtsausdruck beschrieben, bis man einen Blick auf ihre sinnlichen vollen Lippen warf…

Er zwang sich, seinen Blick von einem Mund zu lösen, der danach bettelte, geküsst zu werden, und musterte den Rest. Ihr Nacken war anmutig lang und so schlank, dass er sich wunderte, wie er diese Fülle von Haaren tragen konnte, ohne umzuknicken. Sie war fast zu dünn, dennoch waren die Kurven ihrer kleinen Brüste und schmalen Taille verführerisch. Obwohl sie ein hervorragendes Benehmen an den Tag legte, konnte er den lange ertragenen Hunger, den sie zu stillen versuchte, geradezu körperlich spüren. Payton zweifelte daran, dass sie jemals mollig werden würde, nahm aber an, dass sie eher schlank als dünn sein sollte.

Er begehrte sie jetzt und er begehrte sie heftig. Vermutlich würde sein Verlangen nach solch einer dünnen, zerbrechlichen Frau seine Freunde überraschen. Früher hatte er die Hand immer nach dralleren Frauen ausgestreckt. Wahrscheinlich würde er nicht erklären können, was das brennende Verlangen weckte, sie in seine Arme zu schließen, aber er konnte nicht leugnen, dass er so empfand.

»Ihr sagtet, Euer Gatte hätte versucht, Euch zu ertränken?«, drängte er sie in der Hoffnung, dass ein Gespräch sein Blut abkühlen würde.

»Ja. Ich wurde vor fast fünf Jahren im Alter von fünfzehn Jahren mit Sir Roderick MacIye verheiratet. Ich versuchte meinen Vater von dieser Wahl abzubringen, denn auch wenn Sir Roderick einen angenehmen Anblick bietet, fühlte ich mich unbehaglich. Ich konnte aber keinen vernünftigen Grund für meine Abneigung gegen eine Ehe mit diesem Mann benennen, und so hörte mein Vater nicht auf mich. Schließlich kämpfte ich nicht mehr dagegen an, ich wusste, dass meine Familie das Geld, das Sir Roderick ihr gab, dringend brauchte. Missernten und andere Schicksalsschläge hatten uns in die schlimme Situation gebracht, im nächsten Winter Hunger leiden zu müssen. Also überredete ich mich, dass mein Clan dies brauchte, legte den Märtyrermantel um und heiratete diesen Idioten.«

»Doch die Verbindung entwickelte sich nicht gut?«

»Nein. Sie hatte niemals eine Chance.« Kirstie nahm sich etwas von der Fleischpastete. Sie war noch immer viel zu hungrig, um sich um die Ungeduld ihrer Zuhörer zu kümmern, die auf weitere Erklärungen warteten.

»Wegen Euch oder wegen ihm? Oder – seid Ihr unfruchtbar?«

Nachdem sie einen großen Schluck Bier getrunken hatte, antwortete sie: »Wegen ihm, und es bestand niemals die Aussicht auf Kinder.« Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Eigene Kinder waren die einzige Hoffnung, die ich hatte, um diese Ehe auszuhalten, wenn schon nicht mehr daraus werden konnte. Dieser Mann war zu meinen Verwandten und mir nicht ehrlich gewesen. Er wusste, dass kaum Aussicht darauf bestand, dass er mir Kinder schenken konnte oder würde. All das ist Teil seines Wunsches, mich zu töten.«

»Weil er impotent ist? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann jemanden tötet, um dieses Geheimnis gewahrt zu wissen, so beschämend es auch ist.«

»Oh, Roderick ist nicht impotent, wenigstens nicht immer. Ich dachte, er sei es nur bei mir.« Sie schnitt eine Grimasse und fing an, einen Apfel in Stücke zu schneiden. »Ich bin ein dünnes Ding, und mit Fünfzehn war ich es noch mehr. Jung wie ich war, meinte ich, dass er es einfach nur auf die Ländereien abgesehen hatte, die ich von meiner Mutter geerbt hatte. Es dauerte eine Zeit lang, bis ich genug erfahren hatte, um zu wissen, dass mein Aussehen nichts zur Sache tat. Jetzt begann ich, genauer auf das zu achten, was um mich her vorging. Ich schäme mich, wenn ich daran denke, dass ich fast drei Jahre lang die Augen zugemacht und nichts wahrgenommen habe und stattdessen wie ein verzogenes Kind über mein trauriges Schicksal schmollte.«

»Ihr seid sehr jung gewesen«, entgegnete Payton, doch sie tat seinen Trost mit einem Achselzucken ab. »Warum seid Ihr nicht zu Eurer Familie zurückgekehrt und habt um eine Annullierung eingegeben?«

»Um aller Welt zu erzählen, dass mein Mann es nicht ertragen konnte, mit mir zu schlafen? Es war dumm, aber mein Stolz knebelte mich. Allerdings dachte ich nach fast drei Jahren darüber nach, denn mein Gatte ist jung und gesund. Ich verstand langsam, dass ich zu dieser leeren Ehe verdammt sein konnte, bis ich zu alt war, um Kinder zu bekommen; dass ich fast mein ganzes Leben lang an einen Mann gefesselt sein konnte, der einzig daran interessiert zu sein schien, mich für jede tatsächliche oder eingebildete Kränkung zu bestrafen. Ehe ich die Idee einer Annullierung umsetzen konnte, entdeckte ich die Wahrheit.«

Er beobachtete, wie sie den Apfel zu Ende aß und nach einem weiteren Stück Brot griff. »Und wie sieht die Wahrheit aus? Mag er Männer?«

»Nein. Kinder.«

Payton setzte sich aufrecht hin, ein Schauder lief ihm den Rücken hinunter. Das wollte er nicht hören. Es weckte traurige, hässliche Erinnerungen. Er war ein hübsches Kind gewesen, und auch ein hübscher junger Mann. Obwohl er jedem Missbrauch entgangen war, war ihm diese dunkle Seite von Menschen schon viel zu jung schmerzlich bewusst geworden. Etwas in ihm wollte, dass Kirstie verschwand und ihn nicht gerade in diesen Schmutz hineinzog, aber etwas viel Stärkeres in ihm war bereit, eine solche Schlechtigkeit bis zum Tode zu bekämpfen.

»Kleine Jungen?«

»Und kleine Mädchen«, ergänzte sie. »Allerdings überwiegend Jungen. Selbst jetzt noch werde ich oft fälschlicherweise für ein Kind gehalten, und ich besitze nur wenige weibliche Formen. Inzwischen glaube ich, dass er dachte, er könnte sich mit mir vereinen und ein, zwei Kinder zeugen. Sobald ich diese Wahrheit erkannt hatte, verbrachte ich Stunden in der Kapelle und dankte Gott dafür, dass Roderick nicht mit mir schlafen konnte, denn gewiss hätte er seine Krankheit auf meine Kinder übertragen.« Kirstie merkte, wie angespannt Payton jetzt wirkte, und war sich plötzlich traurig der Tatsache bewusst, dass ein so gutaussehender Mann wahrscheinlich ein wunderhübsches Kind oder hübscher junger Kerl gewesen sein muss. »Um ehrlich zu sein, ich hätte es akzeptieren können, wenn er Männern den Vorzug gegeben hätte. Die Kirche und einige Gesetze verurteilen es zwar, aber wenn es zwei erwachsene Männer betrifft, finde ich, geht es mich nichts an. Ich war bereit, mit Roderick zu einer Form von Übereinkunft zu kommen, indem ich dieses Geheimnis bewahre, aber meine Freiheit zurückbekomme, um eine richtige Ehe eingehen zu können.«

»Ihr seid sicher, dass es Kinder sind, die er benutzt. Ganz sicher?«

»Ja, ganz sicher.« Kirstie nahm einen stärkenden Schluck. »Ich fing an, die Gerüchte, die über ihn herumschwirrten, zu verstehen, und war entschlossen, die Wahrheit herauszufinden. Ich hatte gedacht, das Stille, ja Traurige der Kinder auf der Burg, sei auf die Brutalität zurückzuführen, die so gedankenlos ausgeübt wurde. Doch dann fiel mir auf, dass Roderick die Kleinen sehr nah bei sich behält, dass alle Kinder hübsch sind und dass ein Kind für eine Weile da und dann verschwunden ist. Mir wurde bald klar, dass all die Berührungen, Liebkosungen, die er den Kleinen zukommen ließ, nicht väterlicher Natur waren. Ich versuchte ihn zu ertappen, wenn er sich unbeobachtet glaubte, und fand eine Möglichkeit, ihn in seinen Gemächern auszuspionieren.« Hastig trank sie noch einmal. »Ich glaube nicht, dass ich erzählen kann, was ich gesehen habe. Es verfolgt mich in meinen Träumen. Keine Ahnung, woher ich den Verstand nahm, an mich zu halten und mich nicht einfach hineinzustürzen und diesen Mistkerl umzubringen, aber ich hatte ihn. Es hätte schiefgehen können, und ich wäre schnell zum Schweigen gebracht worden. Nicht einem einzigen Kind wäre damit geholfen gewesen.«

»Ihr habt Euch richtig verhalten. Ihr konntet nicht sicher sein, dass Ihr ihn töten und Euch und das Kind in Sicherheit bringen könnt. Habt Ihr einen Beweis für seine Verbrechen?«

»Ich gebe mein Wort darauf und das von ein paar Kindern. Einige seiner Leute wissen alles, die meisten vermuten es. Sie alle stehen jedoch fest unter seiner Knute und haben viel zu große Angst um ihr Leben, um etwas zu unternehmen. Innerhalb seines Hauses gibt es zwei Leute, die mich etwas unterstützten, aber nur etwas, und nur, wenn das Leben der Kinder bedroht war. Ich versuchte unter dem gemeinen Volk Hilfe zu finden, denn er raubt deren Kinder oder kauft sie ihnen ab. Aber ich hatte nie die Freiheit, viel zu unternehmen. Die Wenigen, die sich für das Schicksal der Kinder interessierten, konnten kaum etwas tun. Ich versuchte dunkle Gerüchte über ihn zu verbreiten, damit weniger Leute ihre Jungen zur Ausbildung zu ihm schickten. Das schien Erfolg zu haben, aber es brachte ihn nur dazu, sich noch stärker an die Kinder der Armen auf seinen Ländereien oder aus den Städten, in denen der Königshof jeweils residierte, heranzumachen. Die Kinder der Armen müssen am meisten leiden. Roderick hat zum einen keine Angst vor Rache wegen der Behandlung, die er ihnen angedeihen lässt, zum anderen sind sie vergessen, sobald er sie in Händen hat, und so benutzt er sie, um seine zweite Krankheit zu nähren.«

»Wie kann er noch kränker sein?«

»Er freut sich daran, ja findet Lust daran, jemandem Schmerzen zuzufügen und den Tod beizubringen. Ab und zu ist er geradezu besessen von dem Drang zu töten.«

Payton trank sein Bier aus und füllte sich schnell noch einmal seinen Krug. Er konnte sich unschwer vorstellen, dass Sir Roderick Gefallen an Jungen fand, denn er hatte von so etwas schon vor langer Zeit erfahren. Aber was Kirstie ihm da sagte, überschritt die Grenzen jeglichen gesunden Vorstellungsvermögens. Es schien unmöglich, dass ein Mann unentwegt Kinder missbrauchte und umbrachte, ohne jemals entdeckt zu werden.

»Ihr zweifelt meine Erzählung an«, sagte Kirstie, nachdem sie die verschiedenen Empfindungen, die über sein Gesicht huschten, eine Weile beobachtet hatte.

»Es ist schwer zu glauben«, gab Payton zu. »Ich weiß nur zu gut, dass manche durch die Schönheit eines Kindes ungewöhnlich erregt werden. Das Gefühl der Kinder, eine unverdiente Beschämung erfahren zu haben, könnte Sir Rodericks dunklem Geheimnis dienlich sein. Aber wie lange? Und so voll und ganz, dass er jene Unschuldigen sogar ermorden kann? Und kann man glauben, dass keiner seiner Leute es bekannt macht und den Kindern zu helfen versucht?« Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Ihr bittet mich darum, das Unvorstellbare ohne jeglichen Beweis zu glauben.«

»Warum sollte ich solche Lügen erzählen?«

»Um einen unerwünschten Ehemann loszuwerden?«

»Dann kommt mit mir. Vielleicht müsst Ihr mehr als nur meine Stimme vernehmen.«

Payton nickte und nur Augenblicke später schlichen sie durch die Hintergassen der Stadt. Einmal mehr staunte er über ihre Fähigkeit, sich schnell, lautlos und verstohlen zu bewegen. Er musste sich anstrengen, mit ihr Schritt zu halten, und hatte das dunkle Gefühl, dass sie aus Rücksicht auf ihn nicht all ihr Können einsetzte.

Schließlich blieben sie vor einem heruntergekommenen kleinen Haus stehen, das gut verborgen inmitten des Gewirrs aus fauligen Hütten lag, in denen gezwungenermaßen die Armen lebten. Kirstie verschwand plötzlich. Payton spürte ein Zerren an seinem Fußknöchel und griff nach seinem Schwert. Als er nach unten schaute, entdeckte er sie in einem Loch des zerfallenden Fundaments des Hauses. Sie sah zu ihm hoch, und er folgte ihr, obwohl er sich durchquetschen musste. Sobald sie im Inneren waren, verdeckte Kirstie das Loch mit einem Regal und zündete eine Fackel an, die einen feuchten, seit Langem unbenutzten Lagerraum zu erkennen gab. Sie enthüllte auch die erschöpften Gesichter von fünf Kindern.

»Es ist alles in Ordnung, meine Süßen.« Kirstie zog unter ihrem Umhang einen kleinen Sack hervor, den Payton ihr geliehen hatte. »Ich habe etwas zu essen.«

Payton vermutete, dass Kirstie den Tisch abgeräumt hatte, während er für sie beide Umhänge und für sich Waffen geholt hatte. Trotz des kleinen Podests, das gemacht worden war, um die Kinder vom Boden fernzuhalten, trotz der Decken und anderer kleiner Behaglichkeiten, war es ein trauriger, ungesunder Ort. Die Tatsache, dass Kirstie sich um die Kinder kümmerte und diese sich nicht von dem trostlosen Ort entfernten, ließ ihre düstere Geschichte glaubhaft erscheinen.

Payton musterte die Kinder –vier Jungen und ein Mädchen. Alle waren auf eine Art, wie es nur Kinder sein konnten, schön. Trotz der Aufmerksamkeit für das Essen, das Kirstie ihnen austeilte, beobachteten sie ihn. Die Angst und die Vorsicht, die auf ihren Gesichtern lagen, trafen ihn ins Mark. Er trat einen Schritt auf sie zu, und sofort machte der größte Junge eine Bewegung, die ihn zwischen Payton und die anderen Kinder brachte. Sein Gesichtsausdruck wirkte beinahe wild. Das kleine Mädchen begann leise zu weinen.

»Nein, meine Lieblinge«, beruhigte Kirstie sie. »Er ist nicht der Feind.«

»Er ist ein Mann«, sagte der älteste Junge.

»Das ist Sir Payton Murray, und er stellt keine Gefahr für Euch dar, Callum. Ich schwöre es. Ihm fiel es schwer, meine Erzählung zu glauben. Ich brachte ihn her, damit er die Wahrheit selbst sehen kann. Dann wird er uns helfen.«

»Er ist bereit, das Ungeheuer umzubringen?«, fragte das kleine Mädchen. »Er wird den bösen Mann, der mir wehgetan hat, töten, damit ich wieder dort hinausgehen kann? Kann er meinen Bruder zurückbringen?«

»Ach nein, Moira. Dein Bruder ist im Himmel.«

»Ja, der Mistkerl schnitt ihm …«, zischte Callum.

»Klein-Robbie ist im Himmel«, unterbrach Kirstie den Jungen ruhig, aber bestimmt.

Callum sah zu Payton. »Ihr wollt, dass ich Euch alles erzähle, was das Schwein getan hat?«

In dem Jungen lauerten eine solche Wut und ein solcher Hass, dass es Payton überraschte, von deren Gewalt nicht in Stücke zu zerspringen. »Nein. Man sagt, ich sei ein sehr hübsches Kind gewesen.«

»Dann wisst Ihr, was ich zu erzählen habe.«

»Ja, obwohl ich dank Gottes Güte davor bewahrt blieb.«

»Rettet Ihr uns?«, fragte Moira. »Tötet Ihr den Schweinekerl?«, fragte Callum fordernd.

»Callum«, sagte Kirstie, »Sir Roderick ist ein Mann mit Macht und Vermögen. Ich habe euch doch gesagt, dass wir ihn nicht einfach töten können, egal, wie sehr er es verdient. Man braucht Beweise für seine Untaten, und es braucht Zeit und Geschicklichkeit, um solche Beweise zu sammeln.«

Callum hielt seinen Blick fest auf Payton gerichtet. »Nun, Sir?«

Payton hielt Callums Blick stand und spürte geradezu die Qualen und den Schmerz, die der Junge erlitten hatte. »Ja, ich werde ihn töten.«

»Sir Payton«, warf Kirstie sanft ein.

»Es mag Tage dauern«, fuhr Payton fort, ohne sie zu beachten, »Wochen, ja sogar Monate, aber ich werde jedes schmutzige Geheimnis ausgraben, das dieser Mann besitzt. Ich werde ihn seiner Verbündeten berauben, seiner Verstecke. Ich werde seine Schlechtigkeit vor den Augen der Welt aufdecken. Ich werde ihn ruinieren, ihn in die Enge treiben, ihn auf Schritt und Tritt verfolgen.«

»Und dann?«, fragte Callum.

»Dann werde ich ihn töten. Von diesem Augenblick an ist Roderick MacIye ein toter Mann.«

Kapitel 2

Klein-Alan zitterte in ihren Armen, während Kirstie sie alle durch die dunklen, übel riechenden Straßen zu Paytons Haus führte. Payton und die übrigen vier Kinder folgten dicht hinter ihr. Sie wünschte, mehr tun zu können, als ihn nur fest an sich zu drücken und ihm den Rücken zu streicheln, doch sie mussten unbedingt still sein. Außerdem wünschte sich Kirstie, sie hätte den Umzug der Kinder zuerst mit Payton besprechen können, aber ein dunkles Schlupfloch, in dem fünf verängstigte Kinder zuhörten, war kein Ort, um so etwas zu diskutieren. Um ihr Unbehagen zu beschwichtigen, sagte sie sich, dass sie, sollte es nötig sein, jederzeit ein anderes Versteck finden konnten.

Sie hatten eine Gegend erreicht, die Payton kannte, denn er übernahm wortlos die Führung. Kirstie überraschte es, wie bereitwillig Moira ihn akzeptiert hatte, ja, ihm sogar erlaubte, sie zu tragen. Die Jungen blieben nah bei ihr und offenbarten ihr mangelndes Vertrauen gegenüber jeglichem Mann. Callum beobachtete Payton auf eine Art und Weise, die seine Bereitschaft verriet, Moira bei dem geringsten Anzeichen eines Fehlverhaltens aus seinen Armen zu reißen. Als Payton sie durch den Hintereingang in sein Haus führte, wobei er Klein-Alice und den starken Ian bei ihrer Mahlzeit aufscheuchte, blieb Callum angespannt und finster in der Nähe der Tür stehen. Kirstie wusste, dass der Junge eine sanfte, geduldige Behandlung brauchte.

»Sir?«, fragte Klein-Alice, eben im Begriff, vom grob gezimmerten Tisch aufzustehen, um Wasserkessel über das Feuer zu hängen.

»Diese Kinder benötigen ein sicheres Versteck«, erklärte ihr Payton. »Das hübsche Mädchen hier ist Moira. Der Junge, der zähnefletschend an der Tür steht, Callum. Mylady trägt Alan, rechts neben ihr steht David und links William. Bäder, saubere Kleider, Essen und Betten. In dieser Reihenfolge.«

»In Ordnung«, pflichtete ihm der starke Ian bei. Er stand auf und bekam einen schmerzvollen Gesichtsausdruck, da alle Kinder einen Schritt zurücktraten. »Ich werde die Kleider zusammensuchen, danach die Betten richten. Alle zusammen in einem Gemach?«

»Ja«, antworteten alle Kinder.

»Das ist recht und billig«, murmelte er im Weggehen.

»Vermutlich möchte Callum einen Platz für sich haben, um allein zu baden.« Payton sah zu dem angespannten Kind, das höflich nickte, dann richtete er seinen Blick wieder auf die anderen. »Die Übrigen können bei ihm bleiben, oder mit einem von uns, der hilft.«

Nach vielem Hin und Her wurde entschieden, dass die Kinder mit Hilfe der Frauen und mit einem sehr großen Schwert in ihrer unmittelbaren Nähe in der Küche baden sollten. Sobald der starke Ian die Kleider gebracht hatte, führte Payton den Mann in die große Halle und schenkte ihnen beiden Bier ein. Langsam und mit großer Selbstbeherrschung, um seine Wut zu unterdrücken, erzählte Payton ihm alles, angefangen von dem Augenblick, in dem Kirstie sich ihm genähert hatte.

»Ihr glaubt das alles?«, erwiderte Ian nach langem, lastendem Schweigen.

»Mir war klar, dass ein Mann seine Lust an einem Kind befriedigen kann«, antwortete Payton. »Doch als die Erzählung immer ekelhafter wurde, geriet meine Überzeugung ins Wanken. Weiter nichts. Ich konnte die finstere Wahrheit in ihren Augen lesen.«

»Und deshalb werdet Ihr diesen Mann töten.«

»Das ist meine Absicht. Leider kann ich nicht einfach meinem Wunsch folgen und einfach hingehen, um diesem elenden Leben langsam und sehr schmerzvoll ein Ende zu bereiten.«

»Dies könnte ein paar Probleme verursachen.«

»Ein paar. Man braucht Beweise, mehr Beweise als die Erzählungen einer unbefriedigten Ehefrau und fünf armer Kinder.«

»Dienerschaft? Seine Männer?«

»Sie haben zu viel Angst, sind zu sehr Teil des Verbrechens oder vielleicht auch von seinem Schlag. Auf Hilfe von einigen dieser Leute kann man erst hoffen, wenn sie sicher sind, dass er fallen wird, wenn er zu schwach ist, sie zu bedrohen.«

Der starke Ian rieb mit einem Finger über die gezackte Narbe auf seiner linken Wange. »Wollt Ihr Hilfe von Eurer Familie holen?«

Payton seufzte und streckte sich auf seinem Sitz aus. »Noch nicht. Ich muss erst wissen, wie viele Fallstricke bei der Verfolgung dieses Schweins lauern. Einige MacIyes haben sehr gute Positionen und können beeindruckende Macht entfalten. Zudem sind sie durch Blutsverwandtschaft oder Einheirat mit anderen sehr mächtigen Leuten verbunden. Wir Murrays und unsere Verbündeten sind selbst nicht ohne Einfluss, aber ich sehe nicht, welchen Vorteil es bringen soll, diesen geltend zu machen, solange keine Beweise als Waffe vorliegen. Immerhin hat er schon einen Fehler gemacht.«

»Nicht sicherzustellen, dass das Mädchen tot ist.«

»Stimmt«, pflichtete ihm Payton mit flüchtigem Lächeln bei, »ich dachte allerdings daran, dass er seine Krankheit gegenüber Jungen aus guten Familien auslebt. Da es keinen Aufschrei gab und er noch immer am Leben ist, muss man davon ausgehen, dass Scham oder Angst die armen Kerle zum Schweigen bringt. Wir müssen versuchen, einen oder auch mehrere zu finden, deren Gerechtigkeitsgefühl oder Rachebedürfnis diese Gefühle überwinden kann. Ein paar Lügen und die eine oder andere List könnten notwendig sein, da die Angst vor der Entdeckung dieser Wahrheit die Opfer besserer Herkunft am Sprechen hindern könnte.«

»Vielleicht kann man die Wahrheit benutzen, um ihre Verwandten zum Handeln zu reizen, während man aller Welt vorspielt, sie würden handeln, weil sie entdeckt haben, was er den Armen antut.«

»Aha, das würde ihnen erlauben, ihr Bedürfnis nach Rache hinter dem Banner von Gerechtigkeit und moralischer Empörung zu verstecken. Gute Idee. Oh, willkommen, Mylady.« Payton begrüßte Kirstie, die vorsichtig die Halle betrat, und stand auf, um sie zu ihrem Platz zu geleiten. »Sind die Kinder im Bett?«, fragte er, während sie sich alle niederließen, wobei sich der starke Ian Kirstie gegenübersetzte.

»Ja. Da sie erst vor Kurzem das gegessen haben, was ich ihnen brachte, war ihre Mahlzeit schnell beendet. Auch das Baden machte sie schläfrig, und die Tatsache, dass sie wieder warm waren. Klein-Alice trug Essen und Trinken hinauf in ihr Gemach, weil sie dachte, dass das eine oder andere Kind in der Nacht erwachen und einen Hungeranfall erleiden könnte. Sie bestand darauf, sich in der Nähe der Tür eine Lagerstatt zu machen, was die Kinder zu trösten schien. Callum schläft am Fenster, ein langes Messer neben sich.« Sie nahm sich Brot und Käse, während Payton ihr Wein kredenzte.

»Wie alt ist Callum?«

»Elf. Er sollte getötet werden, da er schnell Rodericks Interesse entwuchs. Außerdem gewann er so rapide an Durchtriebenheit und Größe, dass seine Wut zu einer ernsthaften Gefahr wurde. In diesem Fall fing ich Worte über die Pläne mit dem Jungen auf, bevor sie ausgeführt werden konnten, und half ihm, sich zu verstecken. Ich denke, das war der Moment, der Roderick veranlasste, misstrauisch gegen mich zu werden. Indem ich Moira half und sie versteckte, war mein Schicksal besiegelt.«

»Wie lange habt Ihr das gemacht?«

»Mehr oder weniger zwei Jahre lang.«

»Und Ihr konntet nur fünf Kinder retten?« Er sah, wie sie zusammenzuckte, und fügte schnell hinzu: »Ich verurteile das nicht. Wenn Ihr auch nur eines gerettet hättet, wäre es wertvoll gewesen. Ich versuche nur eine Vorstellung davon zu bekommen, wie schwer es vielleicht ist, dem allen ein Ende zu setzen.«

»Sehr schwer. In etwas mehr als zwei Jahren habe ich nur zehn Kinder retten können. Zwei wurden wieder von ihren Familien aufgenommen, die sich ernsthaft um sie kümmerten und gedacht hatten, sie hätten ihren Kindern einen besseren Start ins Leben verschafft. Ich half Ihnen, auf die Ländereien meines Vaters zu fliehen. Mein Bruder Eudard half ihnen, ins Dorf zu schlüpfen, ohne großes Aufsehen zu erregen. Unsere Ländereien haben schon anderen Schutz geboten, und unsere Leute wissen um die Notwendigkeit, sich so zu benehmen, als wären die Neuen in ihrer Mitte nicht ganz so neu.«

»Ach, Eure Familie unterstützt Euch also?«

»Nur Eudard. Er stimmte mit mir überein, dass es im Moment besser sei, die anderen in Unwissenheit zu belassen.« Sie lächelte schwach. »Sie sind, nun ja, gefühlsbetont und würden, wenn man es ihnen sagt, diesem Kampf mit Schlachtrufen und geschwungenen Schwertern begegnen. Meine Familie, mein Clan wären schnell dezimiert, würden sie den Hass von Rodericks Verwandten auf sich ziehen. Eudard und meine Tante Grizel halfen den drei anderen Kindern, sich zu verstecken. Sie hatten auch vor, mich zu besuchen und diese Kinder mitzunehmen, aber Eudard brach sich das Bein. Als mir klar wurde, dass sich Roderick inzwischen sicher war, dass ich zu viel weiß, schickte ich den jungen Michael Campbell zu Eudard, um ihm ausrichten zu lassen, dass er wegbleiben sollte und ich ihm eine Nachricht schicken würde, wenn es mir möglich wäre. Außerdem befahl ich Michael, eine Möglichkeit zu finden, bei meinen Verwandten zu bleiben oder sich irgendwo zu verstecken. Er stand mir nahe und war häufig mein Bote, weshalb auch er in Gefahr ist, als Mitwisser zu gelten.«

»Aber er ist aus guter Familie«, sagte Payton. »Würde es Roderick riskieren, dass die Verwandten des Jungen zu viele Fragen stellen?«

»Es sterben ständig Jungen«, antwortete Kirstie mit trauriger Stimme. »Wie dem auch sei, da er wusste, dass er in Lebensgefahr schwebt, könnte er sich vielleicht an seine Familie gewandt haben. Ich verbrachte lange Monate damit, ihn dazu zu überreden, alles auszusprechen. Aber die Angst vor Rodericks Vergeltung, Zweifel, ob man ihm je Glauben schenken würde, und selbst die Angst davor, dass seine eigene Familie sich von ihm abwenden könnte, weil sie ihn als beschmutzt oder so ansehen würde, verschlossen ihm den Mund. Ich glaube, ich konnte dem Jungen seine Scham, seinen traurigen Glauben, dass all das irgendwie sein Fehler war, fast ausreden. Eudard wird damit fortfahren und ihn zu überreden versuchen, alles zu erzählen. Es ist nicht in Ordnung, aber Michaels Aussage wird von größerem Gewicht sein als die von Callum oder den anderen.«

Payton nickte und trank einen großen Schluck Wein. Er musste seinen Blick von ihr abwenden, um sich zu beherrschen und seine Begeisterung über die ständig wechselnden Schattierungen ihrer rauchgrauen Augen zu bemeistern. Doch auch der Anblick ihres viel zu verführerischen Mundes half ihm nicht, sich zu konzentrieren.

Schließlich fragte er: »Können von den Kindern welche Zuflucht bei ihren Verwandten nehmen?«

»Nein. Alan, David und William sind Waisen. Roderick wird von denen, die sich solcher heimatloser Kinder annehmen, als gütiger und großzügiger Wohltäter angesehen. Er betritt solche Orte wie seine eigenen privaten Stallungen. Falls jemand von denen, die ihm diese verlassenen Kinder überlassen, seine Schlechtigkeit kennt, bringt der schwere Geldbeutel, den er ihm in die Hände legt, alle Zweifel zum Schweigen. Moira und ihr Bruder Robbie wurden von ihrer Mutter verkauft. Der Mann, mit dem sie zusammenlebte, war von Rodericks Schlag, und sie glaubte, sie würde sie retten. Ich machte sie ausfindig, aber sie ist gestorben, von ihrem Liebhaber zu Tode geprügelt, als er herausfand, was sie getan hat. Callum ist ein Kind von der Gosse, ein fast wild lebendes Kind. Sollte er Verwandte haben, dann haben sie ihn vor so langer Zeit verlassen, dass er keine klare Erinnerung an sie hat.«

»Sah Callum, wie Klein-Robbie starb?«

»Nein. Er weiß nicht mehr als ich dass manchen Kindern, na ja, wehgetan wird und sie dann weg sind. Und wir wissen, wo vielleicht ein paar der Leichen begraben liegen. Klein-Robbie versuchte Roderick von Moira abzuhalten. Er wurde dafür heftig misshandelt. Ich fand ihn in einem winzigen, dunklen Raum, er war noch am Leben, doch ich musste ihn für kurze Zeit allein lassen, um die Flucht vorzubereiten. Als ich zurückkam, war der Junge weg.«

»Könnte er entkommen sein?«, fragte der starke Ian.

»Vielleicht«, erwiderte Kirstie, schüttelte dann aber den Kopf. »Ich wage nicht, es zu hoffen und Moira Hoffnung zu machen. Er war ein kleiner, unterernährter Junge von nur sieben Jahren und schlimm verletzt. Der einzige Weg hinaus führte durch den Tunnel, durch den ich zu ihm kam, doch ich wüsste nicht, woher er dessen Existenz kennen sollte. Und es sind fast vierzehn Tage vergangen, seit er verschwunden ist.« Sie bemühte sich vergeblich, ein Gähnen zu unterdrücken.

»Ihr schlaft schon beinahe im Stehen ein«, sagte Payton leise. »Geht zu Bett. Ruht Euch ein wenig aus.«

»Aber sollten wir nicht Pläne machen?«

»Das werden wir. Am Morgen.«

Kirstie nickte und stand auf. »Ja, ich glaube sowieso nicht, dass ich mich an viel erinnern könnte. Wo soll ich schlafen? Bei den Kindern?«

»Nein, in dem Gemach ihnen gegenüber. Ich nehme an, dass Klein-Alice Euch ein Nachthemd hingelegt hat.«

»Woher habt Ihr all diese Kleider? Ich verstehe, woher die für Frauen kommen, obwohl ich, wenn ich an die schöne Lady Fraser denke, erstaunt bin, dass Ihr welche habt, die klein genug sind, um mir wie angegossen zu passen. Aber woher kommen die vielen Kleider für die Kinder?«

Payton musste über den gereizten Ton, der bei der Erwähnung der Frauenkleider in ihrer Stimme lag, fast lachen. »Auch meine Familienangehörigen benützen dieses Haus. Sie haben all diese Kleider zurückgelassen, entweder absichtlich oder weil sie sie schlicht vergessen haben. Ich dachte schon daran, sie den Armen zu geben, bin aber froh, dass ich zögerte.«

»Oh.« Es war eine unhöfliche Frage gewesen, doch Kirstie sagte sich, dass sie einfach zu müde war, um deswegen verlegen zu sein. »Nur noch eins: Ich glaube, dass man es Euch nicht wirklich sagen muss, aber Ihr müsst die Kinder vorsichtig behandeln. Es wird wohl dauern, bis sie das Gefühl bekommen, einem Mann vertrauen zu können. Insbesondere Callum.«

»Ja«, stimmte ihr der starke Ian zu. »Der ist wie ein Tier, das man in die Enge getrieben hat. Und jetzt hat er ein Messer.«

»Ach herrje«, murmelte Kirstie. »Das tut mir leid. Ich dachte, er würde entspannter schlafen.«

»Das wird er. Es war gut, es ihm zu geben. Vielleicht lässt er zu, dass ich ihm zeige, wie man damit umgeht.«

»Haltet Ihr das für klug?«

»Ja. Ich kenne keinen Jungen, der es nötiger hätte zu wissen, wie er sich schützen kann.«

Kirstie knurrte wohlig, als sie sich unter den warmen Decken im Bett zusammenrollte und strich mit der Hand über das edle Leinennachthemd, das man ihr gegeben hatte. Es freute sie unendlich, dass die Kinder ähnliche Bequemlichkeiten genossen.

Sie entspannte sich und erlaubte dem Schlaf, sich ihrer zu bemächtigen, während sie darüber nachdachte, was der starke Ian zuletzt gesagt hatte. Es war kaum möglich, dass ein Kind in Callums Alter einen ausgewachsenen Mann besiegen konnte, und vermutlich besaß Callum den Verstand, dies einzusehen. Doch wenn er lernte zu kämpfen, würde ihm das die Hoffnung auf ein Entkommen geben. Dadurch würde er sich vielleicht weniger hilflos fühlen, und das wiederum würde nur zu seinem Besten sein. Als sie schließlich ihrer Erschöpfung nachgab, kam in Kirstie kurzzeitig der Wunsch auf, auch sie könnte das schaurige Gefühl von Machtlosigkeit loswerden.

***

»Das ist eine traurige Angelegenheit«, sagte der starke Ian, sobald Kirstie sie verlassen hatte.

»Ja, und ohne leichten oder schnellen Weg zur Gerechtigkeit«, antwortete Payton. »Es gibt viele Möglichkeiten, ihn einfach umzubringen, aber es gibt ebenso viele Möglichkeiten, dass mein Beitrag zu seinem Tod entdeckt wird. Ohne Beweise für seine Verbrechen, seine Schlechtigkeit könnte dann meine Familie in eine erbitterte Fehde verwickeln. Das kann ich nicht riskieren. Eine solche Handlung könnte auch Lady Kirstie in Gefahr bringen.«

»Ein tapferes Mädchen.«

»Das ist sie, und es ist offensichtlich, dass sie sich um die Kinder sorgt. Sie geht mit ihnen sehr sanft und liebevoll um.«

»Was heißt, dass sie den Kindern gegenüber Zärtlichkeit empfindet, allen Kindern gegenüber. Die Entdeckung einer solchen Niederträchtigkeit muss sie schwer bedrücken.«

Payton nickte und bekam einen nachdenklichen Gesichtsausdruck. »Das tut es. Glaubst du, dass man sie beobachten muss, dass man sie davon abhalten muss, auf eigene Faust zu handeln?«

Der starke Ian zuckte die Achseln. »Das ist möglich. Es wird eine Weile dauern, bevor wir es geschafft haben, dass es für Sir Roderick zu gefährlich wird, seinen üblen Gewohnheiten nachzugehen. Das Mädchen scheint klug zu handeln und den Verstand über das Herz zu stellen. Allerdings kann immer etwas geschehen, wodurch die Gefühle den gesunden Menschenverstand überwältigen.«

»Ein Problem, das ich restlos verstehe«, murmelte Payton. »Sie muss also sorgfältig beobachtet werden. Wenigstens ist sie im Moment in Sicherheit, denn ihr Gatte hält sie für tot. Man darf nicht zulassen, dass sie sich den Gefühlen hingibt, voreilig handelt und diesen Schutzschild vielleicht verliert.«

»Der Schutzschild könnte sich zu irgendeiner Zeit als hilfreich erweisen, um den Mistkerl der Gerechtigkeit zu überantworten.«

»Richtig, und diese Nützlichkeit muss sehr deutlich zutage treten, das Ergebnis in diesem Fall tödlich sein. Sie ist seine Frau. In der Sekunde, in der Sir Roderick erfährt, dass sie am Leben ist, kann er sie zurückholen und keiner könnte ihn aufhalten. Es wäre sehr einfach, andere davon zu überzeugen, dass sie eine unglückliche Ehefrau ist, und dann würde nichts, was sie sagt, Beachtung finden. Leider könnte die Tatsache, dass sie ausgerechnet mich ausgesucht hat, alles nur schlimmer machen. Es wäre ein Leichtes für Sir Roderick, den verletzten Ehemann zu spielen, dem von seiner untreuen Gattin Schande bereitet wurde – oder irgendeine solche Geschichte.«

»Natürlich.« Der starke Ian strich sich mit der Hand über die Stirn und gähnte. »Es war eine lange Nacht. Sagt mir einfach, was ihr als Erstes tun werdet, und danach gehe ich zu Bett.« Er legte die Stirn in Falten. »Ohne mein Mädchen. Ich weiß, dass die Kinder sie brauchen, aber hoffentlich hat das bald ein Ende.«

Payton lächelte matt. »Tut mir leid. Ich hoffe, dass es nicht lange dauert, bis sich die Kinder hier sicherer fühlen, so sicher, wie sie sich fühlen können, solange dieser Mistkerl am Leben ist. Mein erster Schachzug ist, den Namen dieses Mannes anzuschwärzen, was Kirstie auch versuchte. Hier ein Gerücht, dort eine Warnung. Ich werde zwar unverzüglich nach dem Beweis suchen, den ich benötige, um ihn zu Fall zu bringen, aber durch Gerüchte und das Wecken von Argwohn kann ich dafür sorgen, dass andere auf ihn aufmerksam werden. Ich kann anfangen, ihn seiner Opfer zu berauben und ihn die Last des Argwohns spüren zu lassen, vielleicht sogar auch der Verurteilung.«

Der starke Ian nickte, als er aufstand. »Und selbst Eure Feinde wissen, dass Euer Wort etwas gilt. Wenn Ihr gerüchteweise eine Warnung verbreitet, wird ihr Beachtung geschenkt. Das ist ein guter Anfang.«

Sobald Ian weg war, stöhnte Payton auf und ließ sich in seinem Stuhl zusammensinken. Er hatte die Wahrheit gesagt, als er über die Notwendigkeit gesprochen hatte, ein wachsames Auge auf Kirstie zu haben, um sicherzustellen, dass sie den Kampf des Verstandes über die Gefühle nicht verlor. Diesen Kampf würde er selbst jeden Tag führen müssen, bis Sir Roderick tot war. Payton konnte sich nicht daran erinnern, jemals einer solchen Herausforderung begegnet zu sein. Es würde ein schwerer Kampf sein, diesen Mann nicht sofort öffentlich zu brandmarken, und zwar laut und deutlich; und noch schwerer, nicht einfach dem brennenden Verlangen nachzugeben, ihn einfach niederzustrecken. Payton hoffte, dass ihm die Notwendigkeit, Kirstie vor ihren eigenen Gefühlen zu schützen, die Kraft geben würde, auch seine Gefühle unter Kontrolle zu halten.

Es würde außerdem schwer sein, seine Familie nicht darin zu verwickeln. Dies war ein Kreuzzug, dem sie sich begierig anschließen würden. Es war Payton bewusst, dass er viele lange Tage damit verbringen würde, den Ärger und die verletzten Gefühle seiner Verwandten zu beschwichtigen, wenn diese entdeckten, dass er sie ausgeschlossen hatte. Aber er würde sie ausschließen, bis ihm entweder keine andere Wahl blieb oder die Gefahr nicht mehr bestand, auf sie alle den Zorn des mächtigen MacIye-Clans zu lenken. Seine Familie mochte größer sein und mehr Macht besitzen als Kirsties, aber er hatte dieselbe Angst vor Vergeltung. MacIyes Verwandte mochten vielleicht nicht fähig sein, seinen Clan und dessen Verbündete zu dezimieren, aber sie konnten weitaus mehr Blut unter ihnen vergießen, als Payton sich vorzustellen wagte.

Er fuhr zusammen, als sich die Tür zur Halle öffnete, entspannte sich aber, als Moira schüchtern eintrat. Sie war ein bezauberndes kleines Mädchen mit ihren vollen dunklen Locken und ihren großen braunen Augen. Er lächelte ihr zu, als sie über den Fußboden huschte und rechts von ihm auf einen Stuhl kletterte, wobei ihr sauberes Nachthemd um sie wogte. Payton schob den Teller mit Brot und Käse näher zu ihr. Als sie ihn anlächelte, brach es ihm fast das Herz. Sie wollte noch immer Vertrauen empfinden. Sir Roderick hatte es ihr nicht rauben können.

»Du solltest im Bett sein, Mädchen«, sagte er, während er ihr einen Kelch mit klarem, kühlem Wasser füllte.

»Ich war ein kleines bisschen hungrig«, entgegnete sie.

»Mistress Alice hat Essen mit hinauf in euer Schlafgemach genommen.«

»Sie schläft.« Moira trank einen Schluck Wasser, dann fragte sie leise: »Wo ist Kirstie?«

»Sie schläft ebenfalls. Ich habe ihr das Schlafgemach gegeben, das genau gegenüber von eurem liegt.«

Payton war nicht überrascht, dass Callum unvermittelt die Halle betrat und an Moiras Seite marschierte. In dem Nachthemd, das er anhatte, sah er wie ein Kind aus, unterhalb des Hemds waren seine dünnen Waden zu sehen. Der feurige Blick voller Wut und Argwohn in seinen grünen Augen und das Messer raubten ihm allerdings jeglichen Anschein von jungenhafter Unschuld.

»Du musst dein Messer nicht mitbringen, Callum«, sagte Moira. »Sie haben bereits eines, um das Brot zu schneiden.«

»Ich bin nicht gekommen, um Brot zu schneiden, Mädchen«, fuhr Callum sie an. »Du solltest nicht hier unten sein bei diesem Mann.«

»Er ist kein schlechter Mann.«

»Quatsch, woher willst du das wissen?«

Moira schaute einen Moment lang Payton an, sah dann wieder zurück zu Callum und zuckte die Achseln. »An seinen Augen. Sie sehen nicht so aus wie die von dem Mann meiner Mutter oder die von Sir Roderick.« Sie warf erneut einen Blick auf Payton. »Meine Mutter ist bei den Engeln, mein Bruder auch. Die Engel werden mich nicht holen, oder?«

»Nein, Mädchen«, antwortete Payton. »Das lasse ich nicht zu. Und«, er nickte in Callums Richtung, der dem Essen nicht widerstehen konnte und auf einer dicken Brotscheibe herumkaute, »du hast in Callum einen guten Beschützer.«

»Ja.« Moira lächelte Callum zu. »Und er hat jetzt ein großes Messer.«

»Das hat er«, stimmte ihr Payton zu. »Vielleicht würde er gerne lernen, es zu benutzen.« Er richtete seinen Blick fest auf den Jungen.

»Ich weiß gut genug, wie man es benutzt«, schnappte Callum.

»Aha, dann brauchst du keine Übungsstunden beim starken Ian.« Payton trank einen Schluck, um sein Lächeln über das Interesse, das Callum nicht verbergen konnte, zu verstecken.

»Na gut, es gibt vielleicht den einen oder anderen Kniff, den der Mann mir zeigen kann.«

»Könnte sein.«

»Ich denke darüber nach.«

»Sehr klug.«

»Ich muss die Kleinen beschützen und so, wisst Ihr?«

»Das tust du, Junge, und um wach genug zu sein, dieser wichtigen Aufgabe gut nachzukommen, musst du schlafen.« Payton stand auf und half Moira aus ihrem Stuhl, ohne den Blick von dem argwöhnischen Callum zu lassen. »Ich habe vor, meinerseits auch ins Bett zu gehen.« Überrascht stellte er fest, wie sehr es ihn berührte, dass Moira ihre kleine Hand in seine legte. »Bevor ihr in eure Betten zurückschlüpft, zeige ich euch, wo Lady Kirstie schläft.«

Payton konnte Callums wachsamen Blick beinahe spüren, während der Junge ihm und Moira zum Schlafgemach hinauffolgte. Die Tatsache, dass Kirstie ihm ihr Vertrauen geschenkt hatte, reichte offensichtlich aus, um einen winzigen Funken Vertrauen in Callum zu entzünden. Es würde einer Menge Geduld bedürfen, aber Payton war entschlossen, diesen Funken am Leben zu erhalten und größer werden zu lassen. Ein Weg dazu führte über die Zustimmung zu der von ihm selbst gewählten Rolle eines Beschützers der Kleinen. Dass Callum eine Aufgabe und das offensichtliche Bedürfnis hatte, eine wichtige Rolle innerhalb dieser Bande kleiner Überlebender zu spielen, konnte dem Kind helfen, sich von allem, was es erlitten hatte, zu erholen. Narben würden immer bleiben, doch Payton war davon überzeugt, dass diese Stärke und wiederhergestellter Stolz auf sich selbst dem Jungen mehr als alles andere helfen würden. Callum war ein Überlebender, ein Kämpfer, und mit einem solchen Charakter wusste Payton umzugehen.

Er blieb vor Kirsties Schlafgemach stehen und öffnete die Tür, damit die beiden Kinder sehen konnten, dass ihre Herrin noch immer in ihrer Nähe war und noch immer in Sicherheit. Sie lag bäuchlings ausgestreckt auf dem Bett, ihr schlanker Körper zeichnete sich unter den dicken Decken, die sie umhüllten, kaum ab. Ihr Gesicht war ihnen zugewandt, eine kleine Faust lag dicht neben ihrem Mund. Payton hatte den Eindruck, ein Kind vor sich zu haben, und fragte sich, was sie an sich hatte, das Sir Roderick unfähig machte, sie tatsächlich als solches zu sehen. Im zarten Alter von Fünfzehn musste sie sogar noch mehr wie ein Kind ausgesehen haben, dennoch konnte sich dieser Mann trotz seiner Hoffnungen offensichtlich nicht dazu überreden, dass sie eines war, als es an der Zeit war, mit ihr zu schlafen. Die wenigen Mitglieder aus Sir Rodericks Familie, mit denen Payton das Pech hatte, Umgang zu haben, besaßen alle Frauen und Kinder und waren trotz des Dämons, der in ihnen lauerte, eindeutig in der Lage, sich wie Männer zu betragen. Vielleicht, so überlegte sich Payton, hatte Sir Rodericks Dämon ihn überwältigt. Während er insgeheim den Kopf über dieses Rätsel schüttelte, schloss er leise die Tür und begleitete die Kinder zu ihrem eigenen Gemach.

»Kämpft Ihr morgen gegen Sir Roderick?«, flüsterte Callum, der im Eingang stehen blieb, während Moira auf Zehenspitzen zu ihrem kleinen Bett eilte.

»Ich werde mit dem Kampf beginnen, ja«, antwortete Payton mit ebenso leiser Stimme. »Ich denke, es wird ein langer Kampf werden. Es muss ein langsamer, vorsichtiger Angriff sein.«

»Warum?« – »Weil ihr die Einzigen seid, die bereit sind, gegen ihn auszusagen. Das reicht nicht. Seine Familie ist mächtig.«

»Man würde uns töten.«

Froh darüber, dass der Junge den Verstand besaß, die Schwierigkeiten zu erkennen, nickte Payton. »Und meine Verwandten sowie die deiner Herrin könnten in Gefahr geraten, sogar in eine Fehde verwickelt werden. Ja, Sir Roderick muss sterben, aber wir wollen sichergehen, dass keine Unschuldigen mit ihm fallen. Wir wollen, dass er allein stirbt und sein Name nichts weiter als ein übler Fluch ist.«

Callum nickte. »Und das braucht Zeit.«

»Genau, Junge, zumal du, die Kinder und eure Herrin gut versteckt bleiben müsst. Dieser Mann wird den kalten Stahl der Gerechtigkeit zu spüren bekommen, aber ihr müsst Geduld haben.«

»Ich werde sie haben. Und ich werde wachsen und stark werden.« Er sah auf das Messer in seiner Hand. »Und ich werde lernen zu kämpfen.« Er schaute zu Payton. »Und wenn dieses Scheusal tot ist, werde ich noch weiter wachsen und noch stärker werden und ein geschickter und schlauer Mann werden.«

»Daran zweifle ich nicht.«

»Und dann bin ich fähig, die Kleinen vor allen solchen Männern zu beschützen. Dann bin ich in der Lage, all solche Schlechtigkeit zu verfolgen und ihr ein Ende zu machen. Das schwöre ich.« Er nickte kurz und marschierte zu seinem Bett.

Payton machte sich auf den Weg zu seinem eigenen Bett und dachte über das, was Callum gesagt hatte, nach. Der Junge hatte in seinem Herzen bereits den Eid geleistet, Kinder zu beschützen. Auch Payton leistete in seinem Herzen einen Eid. Er und sein Clan würden dem Jungen alles geben, was er brauchte, um seinen Eid zu erfüllen. Bis Callum das Mannesalter erreicht hatte, würde er alle Fähigkeiten, Unterweisungen und Waffen bekommen, die er brauchte, um der Beschützer der Unschuldigen zu sein, der er sein wollte. Payton wusste, dass es der Welt gegenüber ein Vermächtnis war, auf das er stolz sein konnte.

Kapitel 3

»Wo sind die Kinder?«, fragte Payton den starken Ian, als er den Mann vor dem leeren Gemach fand, in dem die Kinder geschlafen hatten.