In Amerika - Friedrich Gerstäcker - E-Book

In Amerika E-Book

Friedrich Gerstäcker

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Beschreibung

Friedrich Gerstäcker hat sich zeitlebens für die Belange der deutschen Auswanderer eingesetzt. In dem vorliegenden Roman setzt er die Erlebnisse der Auswanderer aus dem zweibändigen Roman "Nach Amerika!" fort und fügt einige weitere, spannende Abenteuer dazu. Mit seinen Werken wurde auf unterhaltsame Weise der auswanderungswllige Leser unterhalten und belehrt - eine Mischung, die seine Werke zu echten 'Volksbüchern' machte.

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In Amerika.

Amerikanisches Lebensbild aus neuerer Zeit.

Im Anschluss an „Nach Amerika!“

von

Friedrich Gerstäcker

Gesammelte Schriften

Zweite Serie. 19. Band

Volks- und Familien-Ausgabe

H. Costenoble, Jena

Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V., Braunschweig

Ungekürzte Ausgabe nach der von Friedrich Gerstäcker für die Gesammelten Schriften, H. Costenoble Verlag, Jena, eingerichteten Ausgabe „letzter Hand“ herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Thomas Ostwald und Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck.

Ausgabe letzter Hand, ungekürzt, mit den Seitenzahlen der Vorlage

Gefördert durch die Richard-Borek-Stiftung und

Stiftung Braunschweigischer Kuilturbesitz

Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V., u. Edition Corsar 2020

Geschäftsstelle Am Uhlenbusch 17, 38108 Braunschweig

Alle Rechte vorbehalten © 2020

ERSTES KAPITEL

Eine Menschenjagd.

„Hupih! Hu! Meine Hunde – huh! Huh! Fass’! fass’. So recht, Bull! Such’, mein Tier – so recht, Nigger! Such’, mein Hund! Lass’ ihn nicht aus. Die Kanaille kann nicht mehr weit sein, Gentlemen – er scheint hier Kreuz- und Quersprünge gemacht zu haben, um uns irre zu führen. Das ist immer ein gutes Zeichen. In einer Stunde haben wir ihn.“

„Glaubt Ihr, Sherard?“, rief ein junger Mann in einem breitrandigen Panamahut, eine riesige Peitsche in der Hand, und zwei Revolver mit Elfenbeingriffen in seinem Gürtel steckend, indem er seinen braunen Hengst unmittelbar neben jenem einzügelte. „Zehn Dollar leg’ ich Euch noch zu, wenn Ihr wahr sprecht!“

„Habt keine Angst, Mr. Harper“, lachte der erste der Reiter, der aber eigentlich gar nicht einem südlichen Pflanzer glich, sondern eher, im Aussehen wie seinem Dialekt nach, den Yankeestaaten entstammt schien. „I guess we’ll tree him directly1. – Da geht Nigger wieder. By God, er ist rechts abgesprungen.“

„Aber die Hunde haben die Spur schon wieder verloren!“ rief der junge Harper, indem er den Boden überall mit den Blicken absuchte, als ob er selber da im Stande wäre, eine Fährte zu erkennen.

„Halt, Gentlemen, halt!“, rief da der Yankee, indem er den Arm empor hob und vier oder fünf Reiter, die jetzt angesprengt kamen und augenscheinlich zu dem Zug gehörten, zurückzuhalten suchte. „Wir dürfen nicht weiter reiten oder wir machen die Hunde irre. Nur einen Augenblick Geduld, sie werden die Spur gleich wieder haben.“

Waren es Jäger? Keiner von ihnen trug eine Büchse oder ein sonstiges Gewehr; auch die Hunde waren keine eigentlichen Bracken, wie man sie sonst so häufig zur Hetzjagd in diesen Wäldern benutzt, sondern ein paar, übrigens prachtvolle, Rüden, mit einer Form, ähnlich wie unsere deutschen glatthaarigen Hühnerhunde, nur von schwererem Behäng und etwas höheren Läufen, wie mehr eingedrückter Nase und fast „Bulldog“-artigem Gebiß.

Der eine von ihnen, ,Nigger’, mit dem Schimpfwort der Neger genannt, war rabenschwarz, nur mit einem kleinen weißen Stern vorn an der Stirn, wie einem weißen Vorderfuß; Bull, der zweite, rotbraun und schwarz gefleckt, hatte merkwürdigerweise ebenfalls das Abzeichen am linken Vorderfuß. Es schienen ein paar wilde Bestien, das sah man ihnen auf den ersten Blick an; die rotfunkelnden Augen blitzten ordentlich in Hass gegeneinander, wenn sie sich auf der jetzt wirren Suche einmal in Haß und Gier kreuzten, und schärfer als ein Wolfsgebiß kamen dann die weißen langen Fänge zum Vorschein.

Die Hunde schweiften eine Strecke rechts ab, aber keineswegs auf der Spur, die da jedenfalls wieder verlief, als der eine der alten Ansiedler, der die Hetze begleitete, einer der reichsten Plantagenbesitzer hier in der ganzen Nachbarschaft, ausrief:

„Hallo, Mr. Sherard – sehen Sie einmal hier die niederhängende Rebe. Ist der Schuft dort hinüber gelaufen und hat die Rebe ein Stück mitgenommen, so kann er sich recht gut einen Schwung nach d e r Richtung gegeben haben. Die Kanaillen sind mit allen Teufeln gehetzt.“

„By God! Das ist möglich!“, rief der Yankee, indem er näher an die Stelle hinanritt.

„Dann ruft Eure Hunde zurück und bringt sie dort hinüber, denn wir vertrödeln zuviel Zeit, und gewinnt er das Wasser, so können wir nur ruhig nach Hause zurückreiten.“

Die Hunde kamen schon von selber; sie hatten in einem Kreis dort doppelt abgesucht und sich vollständig überzeugt, dass nach jener Seite hin keine Fährte weiter lag: kaum aber mochten sie zwanzig Schritt über den Kreis, nach der anderen Richtung hinaus sein, an dem sie vorhin irre geworden, als der eine von ihnen, Nigger, ein kurzes Brummen ausstieß und mit der Nase dicht am Boden hinfuhr.

„Hupih! Fass’ ihn, mein Hund! Hupih!“, schrie der Yankee, sich hoch im Sattel aufrichtend. „Huh! Huh!“, setzte er mit seiner gellenden und weithin durch den Wald schallenden Stimme hinzu. „Hupih! J e t z t haben wir ihn, Gentlemen – vorwärts – hupih! Meine Hunde....“. Und seinem Tier den nur am linken Hacken angeschnallten Sporen einsetzend, flog er, von den Gefährten dicht gefolgt, jetzt wieder in voller Hetze hinter den flüchtig davongehenden Hunden her.

Der Wald von Georgia, einem der südlichen, damals mit der Union noch im Kampf befindlichen Staaten von Nordamerika2, lag in der vollen Pracht seiner herbstlichen Färbung, und so still und scheinbar unberührt, als ob jetzt nicht da droben im Norden, in dem ganzen weiten Land die Kriegsfurie wütete, und die blutgetränkten Berge das Echo donnernder Feuerschlünde wiedergäben.

Es war der leise zum Savannafluß abdachende Hang, der sich nach Südost und dem Meer zu, später zu weiten, ausgedehnten Mooren und Sümpfen breitete, hier aber noch, bei trockenerem Boden, in aller Pracht einer schon halbtropischen Welt lag und trotz der vorgerückten Jahreszeit (Dezember des Jahres 18633) dem Wald durch seine immergrünen Magnolien den Glanz und die Zier des Frühlings lieh.

Weite Strecken füllte hier dieser prachtvolle Baum mit seinen silbergrauen Stämmen, und wenn er auch jetzt gerade nicht mit den herrlichen weißen und duftenden Blumen in Blüte stand, sondern nur die tannzapfartigen Fruchtkolben mit ihren herausquellenden purpurroten Kernen von den Zweigen niederhingen, so boten doch die dickfleischigen, glänzend grünen Blätter einen gar so freundlichen Anblick, und dazwischen wehte dann in zierlichen Festons4 das silbergraue Moos, der sogenannte „Spanische Bart“, und füllte manche von den Wipfeln so vollkommen aus, dass auch kein Sonnenstrahl zwischen den Zweigen durch zur Erde fallen konnte.

Gewaltige Schlingpflanzen zogen sich dabei in die Wipfel hinein und rankten oft in weiten Schwingungen von einem Stamm zum anderen, und den Boden deckte leichtes Unterholz mit hie und da an den niederen Stellen emporwuchernden und fächerartigen Palmito-Blättern.

Und stille Ruhe herrschte in dem herrlichen Wald; hie und da huschte wohl dann und wann einmal ein kleines graues Eichhörnchen durch das trockene, über den Boden gestreute Laub, oder ein blauer Häher spottete den Ruf des Falken nach, der hoch in der Luft über die Hänge strich.

Da – schwere, sprungartige Schritte im Laub, die näher und näher kommen; und aus dem Dickicht bricht, Angst und Entsetzen in den braunen, jetzt aber fast aschgrauen Zügen, ein Mensch, ein gehetzter Mensch hervor, der wohl kein weiteres Verbrechen begangen hatte, als dass er eine schwarze statt einer weißen Haut im Leben trug. Es war ein Mann vielleicht in den vierziger Jahren, kein echter Vollblutneger mit breit gedrückter Nase und wulstigen Lippen, sondern ein Mulatte, von ziemlich dunkler Färbung allerdings, aber mit einem sonst ganz intelligenten, jetzt freilich von Angst und Todesfurcht entstellten Gesicht.

Steckbrief eines gesuchten Sklaven

Es schien eine kräftige, muskulöse Gestalt, die aber wohl fast Übermenschliches geleistet hatte, denn jetzt hielt der Unglückliche und stützte sich mit der Hand an einen der Magnolienstämme, wie um einen Moment zu rasten und nur erst wieder einmal frischen Atem zu schöpfen. So lange seine Muskeln und Sehnen in Bewegung geblieben waren, mochte ihn die Aufregung mit fast unnatürlicher Anstrengung in Gang gehalten und die Sehnen gewissermaßen gezwungen haben, ihren Dienst zu leisten. Jetzt dagegen, wo ihnen, wenn auch nur auf kurze Frist, Ruhe gegönnt wurde, erschlafften sie, und halb bewusstlos sank der Verfolgte in sich am Fuß des Stammes, an dem er lehnte, zusammen.

Wohl eine Viertelstunde mochte er so gelegen haben; die abgearbeitete Brust begann etwas ruhiger zu atmen, und aus einem neben ihm liegenden Rindenstück, in dem der letzte Regen etwas Wasser zurückgelassen, schlürften die trockenen Lippen die Feuchtigkeit auf. Da fuhr er plötzlich jäh und scheu empor – die blutunterlaufenen Augen wandten sich angstvoll der Gegend zu, von der er gekommen, und sekundenlang horchte er mit peinlicher Spannung dem geringsten Geräusch und wandte nur einmal rasch und erschreckt den Kopf, als dicht neben ihm, im nächsten Busch, eine kleine Eidechse blitzschnell über die Wurzel des Baumes hinglitt und unter dieser verschwand.

Da – wieder der lang gezogene, wenn auch noch weit entfernte Laut.

„Oh Du großer Gott!“ stöhnte der unglückliche Mulatte und barg sein Antlitz für kurze Sekunden in den Händen – aber auch nur für Sekunden, denn wieder klang der Ton durch den Wald, der ihm das innere Herzblut erstarren machte, und sich vom Boden emporraffend, floh er noch einmal in wilder Hast in das Dickicht hinein.

Momentan lag der Wald jetzt wieder so still als vorher – die Grillen zirpten in den Bäumen, der Häher kreischte, und oben aus dem Wipfel eines Pecannußbaumes5 fielen die Schalen der Früchte in das dürre Laub nieder, die sich ein Eichhorn dort oben gepflückt und aufgeknackt hatte. Aber deutlicher schallten jetzt die Menschenstimmen durch die Wildnis – das laut ausgestoßene „Hupih!“ der Verfolgenden ließ sich schon bis hierher vernehmen, ja bald sogar das gierige Winseln der auf der Fährte heranhetzenden Bluthunde unterscheiden.

Und nun brachen und knackten die Büsche – der Häher strich kreischend ab und ließ seinen ängstlichen Warnungsruf erschallen: das Eichhörnchen hielt mitten im Knacken ein und horchte erstaunt nach den fremdartigen Lauten nieder, und aus dem Dickicht hervor sprangen die Hunde, die stumpfen Nasen dicht am Boden, bis zu dem Baum, unter welchem der Mulatte gelegen. Hier aber hielten sie plötzlich; die Spur wurde zu frisch und warm, und ordentlich gierig bohrten sie ihr Gefänge in das Laub hinein, als ob sie darunter hervor das Opfer wühlen könnten.

Dicht hinter ihnen kamen die Reiter.

„Hallo!“, rief Harper, indem er sich hoch im Sattel emporrichtete. „Hat der Schuft da aufgebaumt?“ Der Yankee schüttelte mit dem Kopf.

„Nein“, sagte er. „Nur hier im Laub gelegen; ich denke, er wird matt und ist auch wohl nur frisch aufgesprungen, als er uns in der Ferne hörte. Jetzt haben wir ihn bald, Gentlemen – ich garantiere Ihnen, dass es keine Viertelstunde mehr dauert; und nun ist er auch nicht mehr imstande, den Fluss zu erreichen, ehe wir ihm auf den Hacken sitzen. Hupih! Meine Hunde! Vorwärts! Huh! Huh!“

Bull hatte schon, während Nigger noch mit augenscheinlicher Gier den warmen Geruch des Feindes einschnüffelte, den Kreis um den Baum abgesucht, aber auch rasch wieder die Fährte gefunden, und wie er nur den ersten Laut gab, war auch Nigger an seiner Seite. Dorthin schossen sie, und hinter ihnen her mit jauchzendem und gellendem Jubelruf, die berittenen Truppen der – Henker.

Die Jagd dauerte in der Tat nicht mehr lange. Das abgehetzte menschliche Wild konnte seinen schnellfüßigen Verfolgern nicht mehr lange ausweichen, so oft es auch noch versucht zu haben schien, an passenden Plätzen seitab zu springen und dadurch jene entsetzlichen blood hounds – wenigstens auf eine Zeit lang – irre zu führen. Nach ein paar Kreuz- und Quersprüngen trafen sie immer gleich wieder den richtigen Punkt und brachen, je wärmer die Fährte wurde, nur so viel wütender hinterdrein.

„Wenn die Hunde mit ihm aufkommen“, sagte der junge Harper, der mit dem alten Mr. Taylgrove an Sherards Seite galoppierte, „so werden wir doch nichts von ihm haben, denn sie reißen ihn jedenfalls in Stücke.“

„Tot oder lebendig war der Contract, Gentlemen“, sagte der Yankee, der sich hier in den südlichen Staaten anfangs mit Sklavenhandel, d.h. mit dem Detailgeschäft6, befasst hatte und jetzt, da es damit nicht mehr so gut ging wie früher, ein halb Dutzend echte Bloodhounds hielt.7 Es war auf die Neger kein rechter Verlass mehr, und deshalb ratsam, etwaigen Fluchtgelüsten derselben stets so rasch als möglich zu begegnen.

„Tot oder lebendig?“, rief Harper lachend. „Ei gewiss, Sherard, das war der Contract und soll so bleiben; glaubt Ihr, dass ich mich um dessen braune Haut sorge?“

„Es ist auch nur ein freier Neger“, warf Taylgrove ein, „der überhaupt in diesen Distrikten gar nichts zu suchen hat – es geschieht deshalb keinem Menschen ein Schaden, als ihm selber. Aber was haben die Hunde? – Doch nicht wieder die Spur verloren?“

„Sie sind unsicher geworden“, erwiderte Sherard, der zu den Bloodhounds jetzt hinangaloppierte. „Was gibt’s, Nigger? – Was habt ihr Bestien? – Komm, Bull, such’ hübsch, huß, fass’, mein Hund – Du sollst Dir auch ein richtiges Maul voll aus ihm herausnehmen dürfen.“

Die Hunde schienen aber wirklich die Fährte wieder verloren zu haben, und Sherard winkte seinen Begleitern, die vorher zurückgeblieben, mit aufgehobenem Arm, damit sie die hier unsicher gewordenen Spuren nicht zerstörten. Da richtete sich Nigger plötzlich mit beiden Vorderfüßen an dem nächsten Baume empor und zog die Luft ein; in demselben Moment schrie auch einer der jetzt herankommenden Reiter:

„Dort ist er! Da oben sitzt er – hip hip hip Hurra! Wir haben die Kanaille!“

Im Nu warfen die Reiter ihre Pferde herum und ritten ein Stück zurück, um einen besseren Überblick über den bezeichneten Baum zu gewinnen. Es dauerte denn auch nur sehr kurze Zeit, bis sie in dem Wipfel eines wilden Maulbeerbaumes die dunkle, zusammengekauerte Gestalt des Mulatten erkannten. Der Stamm des Maulbeers war allerdings ziemlich stark, und es würde selbst einem jungen und unerschöpften Menschen schwer geworden sein, soweit daran hinaufzuklettern, um die ersten, unten auszweigenden Äste zu erreichen. Dicht darunter stand aber ein niedriger Dogwoodbaum , der sich ziemlich leicht ersteigen ließ, während der eine Ast des Maulbeers unmittelbar über dessen Wipfel hinlag und von dort nicht allein sehr leicht erreicht werden konnte, sondern auch noch durch eine niederhängende Rebe die beste und sicherste Hilfe bot, sich hinauf zu schwingen.

Diese Hilfsmittel musste der zum Tod Erschöpfte benutzt haben, um einen Platz zu erreichen, der ihn wenigstens außer den unmittelbaren Bereich der gefürchteten Hunde brachte, denn dass er den Verfolgern damit nicht entrinnen konnte, wusste er gut genug. Er war seinem Geschick verfallen – und Gerechtigkeit? – Du großer Gott, er hatte als N e g e r die Meute der W e i ß e n hinter sich, die durch den Krieg mit den Nordstaaten und durch die Proklamierung der Negerfreiheit kurz vorher , an ihrem sämtlichen Vermögen und ,Eigentum’ bedroht und wütend und erbittert waren, und dass er von denen kein Erbarmen hoffen durfte, lag auf der Hand. Wie er da oben, zum Tode ermattet, und mit kaum noch Kräften genug, sich nur an den Zweigen festzuhalten, in dem Baume hing, kam ihm auch wohl der Gedanke, ob es nicht besser sei, rasch unter den scharfen Fängen der mordgierigen Bestien zu verbluten, als sich erst noch langsam zum Galgen schleppen zu lassen; aber es war das wenigstens a u g e n b l i c k l i c h e Rettung, und wer hinge nicht so am Leben, dass er die Stunde seines Todes, so lange es in seinen Kräften steht, nicht hinauszögerte!

Ein nordamerikanischer Sklave mit den Narben von Peitschenhieben

„Haha, mein Bursch!“, rief da Taylgrove, indem er einen seiner Revolver rasch aus dem Halfter riss und mit der gespannten Waffe nach dem also Gestellten zielte. „Soll ich Dich von droben wie einen wilden Truthahn herunter schießen, oder willst du gutwillig herabsteigen und Dich in Dein Schicksal ergeben? Du siehst, Du kannst nicht mehr fort, und Widerstand ist eben so nutzlos.“

Sklavenauktionshaus in Atlanta, Georgia

„Oh Massa, Massa!“, bat der Unglückliche, oben im Baume mit matter, flehender Stimme. „ W a s habe ich denn getan, dass Ihr mich hier durch den Wald mit den schrecklichen Hunden hetzt, als ob ich einen Menschen totgeschlagen hätte – was habe ich denn getan, was verbrochen?“

„Was Du verbrochen hast, mein Bursche?“, rief der junge Harper, indem er jetzt ebenfalls mit seinem Revolver unter dem Baume Posto fasste. „Hast Du nicht den Aufruhr unter unseren Negern in Belleville gepredigt; hast Du ihnen nicht erzählt, dass sie frei wären und machen könnten, was sie wollten, also auch ihre bisherigen Herren totschlagen und ihre Pflanzungen plündern?“

„Oh no, no, no, Massa!“, rief der Mulatte entsetzt aus. „Gepredigt habe ich zu ihnen gestern, am heiligen Sonntag, aber nur gute Worte. Ich habe ihnen gesagt, dass die weißen Männer im Norden erklärt hätten, sie sollten frei sein.“

„Nun siehst Du, Schuft!“, schrie Taylgrove voller Wut. „Und Du fragst noch, was Du getan hast?“

„Aber ich habe sie ermahnt, Massa, dass sie ruhig ausharren und gehorsam ihre Arbeit tun sollten, bis das Gesetz im Land geregelt ist.“

„Das lügst Du, Schuft!“, rief da der junge Harper. „Du hast ihnen gesagt, es könnte sie Niemand mehr z w i n g e n zu unbezahlter Arbeit.“

„Aber trotzdem sollten sie sie verrichten, Massa, habe ich ihnen gesagt“, rief der arme Teufel in Todesangst, „um keine Ursache zur Klage zu geben und in Frieden mit ihrem bisherigen Herrn zu leben.“

„Und brauchen wir D i c h dazu, Lump!“, rief einer der anderen Pflanzer. „Um unsere Leute gegen uns aufzuhetzen und ihnen Albernheiten und Lügen vorzuerzählen? Kümmert u n s das, was die schuftigen Yankees droben im Norden befehlen? Verdammt der Neger, der seinen Gehorsam weigert – an dem nächsten Baum hängt sein Strick, und gerade solche Kanaillen, wie Du eine bist, sind es, die unsere Leute zu Rebellen machen wollen.“

„Oh, Massa, Massa“, bat der Unglückliche, „ich habe es ja nicht so bös’ gemeint und gerade geglaubt, dass ich Gutes damit stifte. Ich sprach ja doch auch zu ihnen vom lieben Gott, wie der so lange die Sklaverei geduldet habe, und dass sie nicht mit eigener, frevelnder Hand seinem Willen und Endziel vorgreifen sollten.“

„Herunter mit Dir, Schuft!“, schrie Taylgrove, den Revolver wieder gegen ihn hebend. „Oder ich schieße Dich dort herunter wie ein faules Coon.“8

Die Hunde hatten, wie der Mulatte nur den ersten Laut von sich gab, in wilder Wut, wenn auch nur vergebliche Versuche gemacht, an dem Baum hinauf zu springen; jetzt kratzten sie die Rinde, bissen vor Ingrimm in die Wurzeln und verrieten deutlich genug, wie sie den Verfolgten behandeln würden, wenn er in ihren Bereich käme.

„Oh, Massa“, bat da der Mulatte, „ich will ja herunter kommen; ich weigere mich ja nicht, aber nehmt nur erst die schrecklichen Hunde fort.“

Über Taylgroves Züge zuckte ein verächtliches Lächeln, und seinen Revolver wieder in den Holfter zurückschiebend, sagte er:

„Wir müssen den Burschen lebendig mit nach Belleville hineinbringen; so nehmt Eure Hunde an die Leine, Sherard, oder sie reißen ihn in Stücke und wir haben nachher nicht den Spaß, ihn hängen zu sehen.“

„Und sollen wir uns mit der Bestie noch lange herumschleppen?“, rief Urguard, einer der anderen Pflanzer.

„Schon des Beispiels für unsere Leute wegen“, erwiderte Taylgrove, „wenn er vor ihren Augen gehangen wird, macht das einen viel besseren Eindruck auf sie, als wenn wir ihn hier am Wald abfertigen, so dass sie ihn nicht mehr sehen und es am Ende nicht einmal glauben.“

„Es wird schwer sein, die Hunde jetzt zurückzuhalten“, meine Sherard. „Wir haben sie gehetzt und angefeuert, und wenn man ihnen dann einmal ihren freien Willen lässt, gehen sie das nächste Mal auch um so viel feuriger auf eine frische Fährte.“

„Das geht uns aber nichts an, Mr. Sherard“, sagte Taylgrove finster; „wir sind nicht hier herausgekommen und zahlen Euch nicht dafür, um Eure Hunde zu dressieren, sondern wir wollen so handeln, wie es unseren Interessen am besten zusagt, und die erfordern diesmal, dass wir den Burschen lebendig nach Belleville hineinschaffen. Hätten sie ihn im offenen Walde erwischt und niedergerissen, nun gut, dann ließ’ sich eben an der Sache nichts mehr ändern, und wir würden uns mit dem Kadaver begnügt haben, jetzt aber ist’s besser so, und ich bitte Euch deshalb, die Hunde festzunehmen.“

Die Bitte war mit einem so befehlenden Ausdruck gegeben, dass sie keinen Widerspruch duldete. Sherard, der nur ärgerlich die Zähne zusammenbiss, wusste recht gut, dass die hochmütigen Pflanzer mit Verachtung auf ihn herabsahen, und es wäre z.B. keinem von ihnen allen eingefallen, ihn je in ihr Haus einzuladen und an ihren Tisch zu ziehen. Er wurde nur benutzt, wenn man ihn brauchte – aber gleiches Interesse leitete ja auch ihn. Was kümmerte ihn das stolze, eingebildete Aristokratenpack, wie er es nannte; stak denn auch nur für einen Cent Wert republikanischer Geist in ihnen? Gott bewahre, die hätten am liebsten einen Kaiser oder König für das ganze Reich gehabt, wenn sie nur den richtigen Mann gefunden, der sie in ihren Privilegien schützte – aber auch er brauchte und benutzte sie zu seinem Zweck: Geld zu verdienen, und die Gelegenheit dafür war jetzt überhaupt nicht mehr so günstig, als dass er ihnen gerade in dieser Zeit hätte den Stuhl vor die Tür setzen dürfen.

Einen Moment zögerte er allerdings noch, aber er sah auch keinen anderen Ausweg; und endlich langsam von seinem, mit weißem Schaum bedeckten, Tier absteigend, warf er dessen Zügel um einen Busch, knüpfte dann von seinem Sattel die darangeschnürten Leinen los und suchte jetzt die Hunde wieder fest zu bekommen, was sich aber als eben kein so leichtes Stück Arbeit zeigte. Die Bestien waren in voller Aufregung und Wut; sie witterten ihre Beute da oben in den Zweigen und sie wussten, dass er von da oben herunter musste, denn wie viele unglückliche Opfer hatten sie schon so gestellt. Die bereitgehaltenen Leinen kannten sie aber eben so genau, und als sich Sherard dem ersten, Nigger, näherte, wandte sich dieser gegen ihn, fletschte die Zähne und nahm eine entschieden drohende Haltung ein – und wie ingrimmig die blutunterlaufenen, tückischen Augen dabei den eigenen Herrn anblitzten!

Sherard wandte sich jetzt zu dem anderen und es gelang ihm endlich den etwas mehr phlegmatischen Bull fest und an die Leine zu bekommen. Nigger wollte sich aber trotzdem noch nicht fügen, und der Yankee musste zuletzt wirklich erst in den Sattel steigen und Bull mit fortführen, wonach dann endlich dessen Gefährte, wenn er auch noch verlangende Blicke nach dem Baum hinaufwarf, folgte und später, eine Strecke weit drinnen im Wald und aus der Sicht seines Opfers, ebenfalls angelegt werden konnte. Es war ein gefährliches Hantieren mit diesen Bloodhounds.

Der Mulatte getraute sich indessen noch immer nicht herunter, denn der Hund konnte noch zurückkehren; Taylgrove hatte aber die Geduld verloren und auf seine erneute Drohung ließ sich denn endlich der unglückliche Neger, der sich rettungslos in der Gewalt seiner erbarmungslosen Feinde sah, an einer der an dem Baum niederhängenden Reben zu Boden nieder, wo er ohne Weiteres von Zweien der Abgesessenen gefasst und gebunden wurde und jetzt mit auf den Rücken geschnürten Armen seinen Heimweg zwischen zweien der Pferde antreten musste.

Allerdings rissen die Hunde, als sie von ihm die Witterung bekamen, wieder heftig an der Leine und Sherard selber wäre im Sattel wohl kaum imstande gewesen, die starken Tiere, die mit vereinter Kraft anzogen, zurückzuhalten, hätte er nicht schon gleich von vornherein die Vorsicht gebraucht, das Ende der Leine in dem großen Ring seines spanischen Sattelgurts zu befestigen. Jetzt lehnte sich das Pferd selber gegen den Druck, und die beiden Tiere waren nicht mehr imstande, auch nur einen Fuß breit Raum zu gewinnen.

Für den Augenblick war der gefangene Mulatte der Gefahr entgangen – aber auch nur für den Augenblick, denn was ihn in Belleville erwartete, wenn er dort eingebracht und von einer Jury der Sklavenhalter abgeurteilt wurde, wusste er gut genug. Was lag diesen Herren des Südens an einem Menschenleben, wo in der Sklavenfrage ihre ganze Existenz, ihr ganzes Eigentum auf dem Spiele stand – und nun erst gar das Leben eines Schwarzen oder von Negerblut Abstammenden. Es war nicht der Rede, kaum eines Gedankens wert, da nicht einmal ein bestimmter Eigentümer des Burschen pekuniären Verlust durch seinen Tod erlitt – er trug ja seinen Freipass und das Zeugnis, dass er sich durch fleißige Extraarbeit losgekauft, bei sich.

* * *

ZWEITES KAPITEL

In Belleville.

Belleville war ein reizendes kleines Binnenstädtchen im Süden des Staates Georgia, und wenn man sich ihm aus der Ferne näherte, so hätte man es sogar, der Anzahl von Gebäuden nach, für eine größere Stadt halten können. Und doch bestand es nur aus sehr wenig Wohnungen w e i ß e r Insassen, um die sich dann aber freilich größere Komplexe von Negerhütten reihten, so dass es mit diesen, wie mit den Zuckerfabriken und Baumwollenmaschinen, mit Rathaus, Hotel, Apotheke und einigen Privathäusern, einen ziemlich bedeutenden Flächenraum einnahm.

Das Rat- oder sogenannte Courthouse bildete den Mittelpunkt – dicht daran schloss sich das Gefängnis, und ein breiter grüner, aber nicht gepflegter Rasenplatz dehnte sich davor aus und wurde von einzelnen Büschen der Wunderblume oder des Rizinusbusches9, der auch hier zu hohen Sträuchern emporwuchs, mehr überwuchert als geziert.

Das Hotel war ein sehr anständiges und natürlich nur von Weißen besuchtes und benutztes Gebäude; ja eigentlich diente es nur der Aristokratie des Landes zum Verkehr, denn die wenigen weißen Ansiedler hier, die teils aus dem Norden hergezogen waren, nahmen nur eine sehr untergeordnete Stellung neben den stolzen Pflanzern ein und wurden an solchen Stellen, wo diese ihre Zusammenkünfte hielten, nicht einmal gern gesehen und stets zurückgesetzt. Verachteten jene südlichen „Herren“ doch grundsätzlich die arbeitende Klasse, welcher Farbe sie auch angehörte, und kannten n u r den Unterschied zwischen schwarzen und weißen Sklaven, dass die ersteren als „Eigentum“ betrachtet wurden, die letzteren aber – leider – nicht.

Unmittelbar um Belleville her reihten sich drei sehr bedeutende Pflanzungen und umschlossen mir ihren Baumwoll- und Zuckerfeldern, in denen dann wieder zahlreiche Fabriken und Maschinen standen, die ganze Stadt, während die Wohngebäude oder vielmehr „Herrenhäuser“ derselben sämtlich so gebaut waren, dass sie nur noch durch ihren großen, prächtigen Garten von den Außengebäuden der Stadt selber getrennt blieben und dadurch förmlich im Grünen und mit der Aussicht auf ihre Negerhütten und Felder lagen.

Man errichtet diese Gebäude in den südlichen Teilen der Vereinigten Staaten fast alle nach einem einzigen, aber sehr freundlichen Muster und selten übermäßig groß, so dass sie nur der Familie selber vollgenügenden Raum bieten und noch ein paar Fremdenzimmer umfassen, denn Gastfreundschaft – aber selbstverständlich nur unter ihresgleichen – herrscht überall.

Ein Arbeiter, ja selbst ein Farmer, wenn auch ein Weißer, würde nie dort Aufnahme gefunden haben, so lange er selber die Hand an seinen Pflug legte. – Hielt er sich Sklaven, so war das schon etwas Anderes; aber eine gewisse Quantität Ballen Baumwolle für die Ernte gehörte immer dazu, um ihn als gleichberechtigt in die Gesellschaft einzuführen. Die Herren n a n n t e n sich allerdings Republikaner, aber es gibt deren doch nur sehr wenige in Wirklichkeit.

Das Haus Mr. Taylgroves – eines der reichsten Pflanzer in der ganzen Gegend – lag hier am Eingang des Orts, wenn man ihn von Nordosten kommend berührte. Zuerst führte eine breite Straße, die nur von den Umzäunungen der Zucker- und Baumwollenfelder eingefasst wurde und weit über eine englische Meile auch nicht den geringsten Schatten bot, direkt auf Belleville zu, und das erste Laub, was man traf, war eine mächtige Orangenhecke, die nach Norden zu das ganze Negerdorf einfasste. Dann kamen diese Hütten, kleine, von außen ziemlich wohnlich aussehende Gebäude, jedes mit einem Miniaturgarten daran, die aber gut gepflegt wurden und nicht allein Gemüse und Früchte, sondern auch Blumen trugen und – etwa zwanzig an der Zahl – in einem regelrechten Viereck gebaut und von drei ordentlichen Straßen durchschnitten wurden.

Südlich an die Negerhütten schloss sich dann wieder ein schmaler Streifen Garten an, der noch zum Herrenhaus gehörte und kleine Bosquets10 von niedrig gehaltenen Orangen, Granatbäumen und Pfirsichen enthielt – und jetzt kam die Wohnung selber, die fast unmittelbar an der Hauptstraße lag und von dieser eigentlich nur durch vier weitastige Chinabäume, die aber Raum genug zum Durchsehen gaben, getrennt wurde. Im Sommer trugen diese Bäume nun allerdings ein dichtes Laub und prachtvolle lila Blüten, die, einen wonnigen Duft verbreitend, in Trauben niederhingen. Jetzt hatte der Spätherbst die Blätter von den Bäumen geschüttelt, die Äste standen kahl, und nur dicke Bündel runder gelblicher Beeren hingen noch daran und erhöhten das wunderliche Aussehen der Wipfel, durch welche man jetzt auch deutlich die Form des Hauses selber erkennen konnte.

Es war, wie alle diese Häuser, ein einstöckiges hölzernes Gebäude, freundlich angemalt und durchweg mit grünen Jalousien versehen. Rechts und links befanden sich die beiden Schornsteine zu den Kaminen im Innern, und vorn hin lief vor dem unteren Geschoss eine Piazza oder Galerie, auf der dann die durch das vorspringende Dach des Hauses geschützte Veranda der oberen Räume lag.

Hier befanden sich die Wohnzimmer der Damen, und einen reizenderen Aufenthalt konnte man sich kaum denken.

Trotz der vorgerückten Jahreszeit brannte die Sonne in dieser südlichen Breite doch noch heiß genug auf die Erde nieder, aber dort oben bot eine förmliche Hecke der prachtvollsten Topfgewächse hinlänglichen Schatten, und buschige Lianen rankten noch außerdem an den Pfeilern hinauf. Dort oben waren zwei Hängematten geschlungen, und in der einen lag ein bildschönes junges Mädchen von vielleicht siebzehn Jahren, in der anderen ihre Mutter – eine Dame, die wirklich kaum viel älter als die Tochter aussah und auch in der Tat kaum dreiunddreißig Jahre zählte. Neben jeder aber stand ein junges Negermädchen, fast noch Kinder beide, mit einem breiten Pfauenfächer in der Hand, und fächelten den Damen Kühlung zu. Es war Herbst, ja, aber die Sonne brannte doch noch recht heiß auf den Boden nieder, und der Schwarm von Negern, der noch draußen in den Baumwollfeldern eine etwas verspätete Nachlese hielt, schaffte mit tropfender Stirne die schweren Körbe der Reinigungsmaschine zu.

Die Freiheit aller Sklaven war in Washington proklamiert worden, die Sklaverei aufgehoben; und das schöne Wort in der Constitution11: „Wir halten folgende Wahrheiten für klar und keines Beweises bedürfend, nämlich: dass alle Menschen gleich geboren, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt sind; dass zu diesen: Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit gehören usw.“, es war endlich zu einer wirklichen Wahrheit, auch den Gesetzen nach, geworden. Aber hier im Inneren der Rebellenstaaten, deren Territorium trotz dem schon dreiundeinhalb Jahr dauernden Krieg noch kein Unions-Soldat, außer als Gefangener, betreten hatte, verhöhnte man das im Norden gegebene Gesetz und trotzte noch immer auf die freilich schon arg bedrängte und ringsum abgeschlossene Armee der Südstaaten, die unter General Lee bald da, bald dort die immer enger gezogenen Bande zu durchbrechen suchte.

Unterliegen? Der Süden konnte nicht unterliegen, wie die Herren meinten; und wo sie schon so oft die nördlichen Armeen geschlagen und sogar die Hauptstadt der Union, Washington, ein paar Mal ernstlich bedroht hatten, hofften sie auch diesmal wieder auf einen Umschlag zu ihren Gunsten, der dann, weil so und so oft eingetreten, die Ausdauer des Feindes brechen und den Krieg dadurch beenden sollte: dass man ihre Rechte anerkannte und sie selber als souveräne Macht betrachtete12.

In der oberen Piazza des Hauses, im Schatten duftender Blütenbüsche, schaukelten die Damen in ihrer Hängematte, und drunten in dem Baumwollfelde, auf das die Sonne ihre sengenden Strahlen niedersandte, keuchten eben so zarte Wesen wie sie, nur mit schwarzer oder gelber Haut, von Reihe zu Reihe, und die Peitsche des Negeraufsehers oder Negertreibers, wie er ganz richtig genannt wurde, zog breite Striemen über ihre Schultern, wenn sie einen Moment ermattet in ihrer endlosen Arbeit einhielten.

Da hob sich eine Staubwolke in der Allee, die zwischen den Feldern, an dem Haus vorüber, in die Stadt führte, und lautes Lachen und Pferdegestampfe wurde von dort her gehört. Scheu aber blickten die Sklaven von ihrer Arbeit auf, denn sie wussten nur zu gut, was der Lärm bedeute; sie wussten, weshalb die „Herren“ heute Morgen ausgeritten waren und den bösen Buckra13 mit seinen schrecklichen Hunden zu ihrer Begleitung genommen hatten. Der „Farbige“ (denn die Neger nennen sich untereinander nur coloured people oder farbige Menschen), der am letzten Sonntag zu ihnen gepredigt und ihnen nur „gute Worte“ gesagt hatte, war von irgendeinem Verräter unter ihnen bei den Weißen verklagt worden und dann nur durch rasche Flucht jener Verhaftung entgangen. Was aber half dem Unglücklichen Flucht, wo sie die furchtbaren Hunde auf seine Fährte hetzen konnten. Menschliche Kräfte reichten da nicht aus, um den flüchtigen Verfolgern zu entgehen, und schon das Lachen, das aus der Staubwolke tönte, verkündete nur zu deutlich den gelungenen Fang.

Aber bald sollten sie sich auch mit eigenen Augen von der entsetzlichen Tatsache überzeugen, denn selbst der „Negertreiber“ war neugierig geworden und nach der Fenz14 zu geeilt, während die Sklaven sämtlich ihre Arbeiten einstellten und nach der nicht fernen Straße hinüberstarrten. Und dort kam der kleine Zug, voran ihr eigener Herr, Mr. Taylgrove, mit seinem Nachbar, dem wegen seiner Grausamkeit gegen seine Sklaven berüchtigten Urguard; neben diesem aber lief mit bloßen Kopf und triefender Stirn, die Arme auf den Rücken geschnürt, die Kleider nur in Fetzen an seinem Leib hängend, der unglückliche Gefangene – dann kamen die übrigen „Herren“, die sich der Jagd wie einem Vergnügen angeschlossen, unter ihnen auch der Doktor von Belleville, eine lange, hagere Gestalt mit einem bösen Gesicht und zum Überfluss auch einem schielenden Auge. Hinter diesen erst und ein Stück zurück kam der Yankee Sherard mit seinen beiden Bluthunden, diese aber fest an der Leine, so dass sie nicht selbst jetzt noch über die ihnen entzogene Beute herfielen. Sie hatten ihre Schuldigkeit getan, ihrem Herrn an dem Morgen etwa fünfunddreißig Dollar Silber, wie vorher ausbedungen, verdient, und ein Menschenleben war jetzt der Willkür dieser übermütigen Baumwoll-Barone verfallen.

Eine typische Fenz aus roh behauenen Stangen

Taylgrove sah allerdings, dass seine Neger feierten, und zu jeder anderen Zeit würde er es streng gerügt haben; unter diesen Umständen aber war es ihm vollkommen recht, denn sie gerade sollten sehen, wie die Weißen in allem, was ihr „Eigentum“ betraf, keinen Spaß verstanden und irgendeinem auch nur gemachten Versuch, sie in dessen Besitz zu stören, die Strafe auf dem Fuße folgen ließen.

Jetzt näherte sich der Zug dem Hause, auf dessen Balkon die Damen schon aufmerksam geworden. Sie waren aufgestanden und an die Rampe des Balkons getreten, und es gab kaum einen lieblicheren Anblick als diese drei reizenden Frauengestalten, wie sie dort, von Blütenbüschen und geschwungenen Ranken umgeben, herausschauten.

„Habt Ihr ihn?“, rief Mrs. Taylgrove ihrem Manne entgegen, wie sie ihn nur in Hörweite wusste.

„Ei gewiss!“, lautete der fröhliche Ruf zurück. „Die Hunde waren vortrefflich!“

„Bravo, bravo!“, riefen die beiden jungen Damen und klatschten vor Freuden in die Hände. „Und was geschieht mit ihm, Mama?“

„Was mit ihm geschieht?“, sagte die Dame verwundert, als ob darüber auch gar kein Zweifel mehr obwalten könne. „Nun, versteht sich, wird er gehangen. In jetziger Zeit müssen abschreckende Beispiele gegeben werden oder die Herren Nigger wachsen uns über den Kopf.“

„Ach, wenn wir das nur auch mit ansehen könnten“, rief Lucie, die Älteste der Töchter, „darf ich mir mein Pferd satteln lassen, Mama?“

„Dann gehe ich mit!“, rief Jenny, die Jüngste.

„Wir wissen ja noch gar nicht, wann und wo das geschieht, Kinder“, sagte aber die Mutter, „jedenfalls stecken sie den Menschen jetzt erst ins Gefängnis, sie hätten ihn sonst gar nicht mit herein gebracht und bis dahin kommt dann auch der Vater nach Hause. Hören wir nachher etwas Bestimmtes, so lasse ich anspannen und wir fahren alle zusammen.“

Die Damen folgten dem Zug mit den Augen, so lange sie den unglücklichen Mulatten in Sicht behalten konnten.

Indessen hatte der herbeigerufene Vice-Sheriff von Belleville, ein heruntergekommener Franzose, der früher ebenfalls Sklaven gehalten, dann aber Bankrott machte und durch den Trunk so tief sank, dass er zuletzt froh war, diesen Posten als quasi Gefängniswärter zu bekommen, den gebundenen Gefangenen übernommen und in seine Zelle abgeführt, und die Reiter zügelten natürlich vor dem Hotel ihre Pferde an, um dort einmal einen frischen Trunk – Claret mit Eis15 – zu tun und dabei nachher das Schicksal des Unglücklichen, oder doch wenigstens die Form, zu beraten; denn was mit ihm überhaupt geschehen müsse, darüber herrschte nicht die geringste Meinungsverschiedenheit unter ihnen. Es verstand sich von selbst, dass er gehangen wurde, aber es war trotzdem nötig, ein gewisses Verfahren dabei zu beachten, dass sich die Betreffenden nicht später den Vorwurf verübten Mordes zuzogen. Lag doch eigentlich noch nicht einmal eine Anklage gegen den Gefangenen, sondern nur eine Denunziation, noch dazu eines Negers, vor, und gerade deshalb war es nötig, die weiße Bevölkerung des Ortes zu dem Urteil heranzuziehen.

Einer Unregelmäßigkeit gegen die Gesetze machte man sich bei alle dem schuldig, denn das eigentliche Gericht saß jetzt nicht, und dem regelmäßigen Gang der Geschäfte nach hätte der Gefangene für die gesetzlichen Assisen16 aufgehoben werden müssen, aber wer kümmerte sich um die genaue Befolgung solcher Vorschriften im Krieg. Jetzt herrschte ein Ausnahmezustand, und dass sich die Pflanzer, überdies gereizt und erbittert, eine solche Gelegenheit nicht entgehen ließen, verstand sich doch von selbst.

Das Hotel de Belleville hatte früher das Sternenbanner im Schild gehabt und sich lange Jahre wohl darunter befunden. Gleich aber nach Ausbruch der Revolution, und nachdem die Rebellen bei der Einnahme von Fort Sumter17 die „Sterne und Streifen“ in den Staub geworfen und ihre eigene Flagge gehisst hatten, fand es der Wirt für unumgänglich nötig, auch sein Schild zu wechseln und vertauschte es natürlich mit der neugewählten Flagge der Sezessionisten.

Es war überhaupt das Verkehrteste gewesen, was die Rebellen hätten tun können, dass sie nämlich das Sternenbanner, für das ihre Vorfahren eben so gut gekämpft als der Norden, da selbst Georgien zu den ersten dreizehn Staaten gehörte, welche England den Krieg erklärten18 – dass sie also das Sternenbanner fallen ließen und zu einer neuen und den Staaten fremden Flagge schwuren. Tausende wären unsicher geblieben, auf welcher Seite sie kämpfen sollten, wenn beide das nämliche Banner beibehalten hätten; die alten Sterne und Streifen übten aber doch die größte Anziehungskraft, und von dem Moment an blieb auch schon das Schicksal der Rebellion – ob es sich auch noch Jahre hinaus zögerte – entschieden.

Die amerikanische „Betsy-Ross-Flagge“, der Legende nach 1776 entstanden

Die Flagge der Union mit 35 Sternen zu Beginn des amerikanischen

Bürgerkrieges

Flagge der CSA, der Konföderierten Staaten Amerikas von 1864/65

Das Hotel war, wie die meisten dieser südlichen Staaten, dem Klima angemessen eingerichtet. Vorne und gleich am Eingang befand sich ein fast das ganze Haus einnehmender Salon, der allerdings auch einen Kamin hatte, weil es im Januar und Februar doch manchmal kalte Tage gab, und die frostigen Südländer dann ein Feuer liebten – der sonst aber hohe Fenster und weite Türen zeigte, so dass in der heißen Jahreszeit der Luftzug durch das ganze Gebäude strich.

Hinter dem Frontsalon lag der Speisesaal, rechts davon das Comptoir19, links die Wohnung für den Wirt und seine Familie, während die oberen Räume allein zu Logier- oder Fremdenzimmern bestimmt schienen. Die „Bar“ oder der Schenkstand befand sich im Speisesaal und konnte Nachts durch eine Doppeltür verschlossen werden, während das dazugehörige Fenster nach außen hin ein eisernes Gitter zeigte. Spirituosen sind nämlich in Negerdistrikten ein sehr verlockender Gegenstand und mussten besonders gegen Einbruch oder Veruntreuungen geschützt werden.

Die ganze Gesellschaft begab sich in den Speisesaal, wo die Bar lag, um dort den gegenwärtigen Fall zu beraten; und wenn sich Sherard, der seine Hunde einem in seinen Diensten stehenden Irländer übergeben hatte, um sie zu Hause zu füttern und abzuwaschen, auch den „Gentlemen“ anschloss, so war das diesen allerdings nicht angenehm, aber auch ein unvermeidlicher Übelstand. Man brauchte ihn eben zu Zeiten und konnte ihn deshalb nicht vor den Kopf stoßen, und wenn man ihn auch, so weit das höflicherweise anging, fühlen ließ, dass er in diesem Kreis entbehrt werden könne, so merkte das der Yankee nicht, oder – wollte es vielleicht nicht merken. Was die „stuck up folks“ zu sein glaubten, dünkte er sich auch: ein freier Amerikaner, und denen musste er deshalb erst recht zeigen, dass er ihnen nicht gestattete, „über ihn weg zu gucken.“

Vor allen Dingen wurde an der Bar ein glass all around – d.h. für alle getrunken, an dem Sherard jedenfalls teilnahm, dann aber sprach Taylgrove ein paar Worte mit dem Wirt, ließ sich von ihm Geld geben, das er gerade nicht bei sich führte, und nahm den Yankee auf die Seite, um ihn „auszuzahlen.“

„Mr. Sherard“, sagte der alte vornehme Herr, „ich möchte Ihre kostbare Zeit nicht gern länger als nötig in Anspruch nehmen und Ihnen gleich hier unsere Schuld abtragen. Hier sind die zehn Dollars für Ihre Tiere – denn dass sie es in kürzerer Zeit als einen Tag beendet haben, ist ja doch nun unser Vorteil – hier die fünfzehn Dollar Prämie für den Fang, und hier die zehn Dollar, die Ihnen Mr. Harper extra zugesichert hat; ich berechne mich nachher mit ihm.“

„Sehr schön, Mr. Taylgrove“, nickte der Yankee, indem er das Geld, in guten mexikanischen Dollar20, zusammen in sein seidenes Taschentuch strich und es dann darin fest zusammenknotete, „all right und stimmt wie eine Kirchenrechnung – die Hunde stehen Ihnen allzeit zu Diensten.“

„Hoffentlich haben wir nicht so bald wieder Gebrauch dafür.“

„Wäre mir nicht lieb“, lachte Sherard, „denn mit dem Handel ist es jetzt eine verteufelte Geschichte. Der Henker traue den Schurken im Norden. Sie gehen mit dem Kopf vorwärts drauf los, und wenn ihnen Lee nicht tüchtig auf den Hacken sitzt...“

„Wird es schon besorgen“, nickte ihm Taylgrove zu, der sich mit dem Mann nicht in ein langes Gespräch einlassen wollte, und schritt dann zu seinen Freunden zurück, um mit diesen das Weitere zu beraten. Der Yankee war aber nicht sobald abgeschüttelt. Seinen Geldballen in der linken Hand, schlenderte er langsam hinter ihm her, rückte sich einen Stuhl heran und nahm ruhig zwischen den Übrigen seinen Platz. Er hatte hier dasselbe Recht wie sie und gedachte Gebrauch davon zu machen.

Die Pflanzer sahen ihn allerdings von der Seite an, aber es mochte und konnte ihn keiner fortweisen, und der gegenwärtige Fall interessierte sie auch alle zu sehr, um ihn länger zu beachten. Er hatte seine Schuldigkeit getan und war dafür bezahlt worden, weiter wünschte aber keiner von ihnen einen näheren Verkehr mit ihm.

Taylgrove, Harper, Urguard, Doktor Simms, der Apotheker, Mr. Bool, und drei andere Pflanzer aus der Umgebung, ebenso wie zwei hier ansässige Advokaten, Lesley und Johns, mit dem Richter Rodgers, hatten sich auf das Gerücht der Verfolgung hier eingefunden. Es waren das auch alle die „weißen Männer“, die in der Nachbarschaft aufgetrieben werden konnten, denn Bool war zugleich Postmeister, und sie bildeten solcher Art zugleich die Jury, wenn sie zusammenkamen, denn dass niemand Negerblut in den Adern, oder selbst nur die weißen Aufseher, die aber „in Diensten“ standen, dazu genommen werden durften, verstand sich von selbst.

„Well, Gentlemen“, sagte Urguard, der die Verhandlung eröffnete, „den gelben Schuft haben wir jetzt, und ich glaube, es bedarf kaum einer Frage, was mit ihm geschehen soll. Er hat versucht, unsere Sklaven zur Empörung aufzureizen, und unserer eigenen Sicherheit sind wir es schon schuldig, dass wir kurzen Prozess mit ihm machen. – Eine lange Verhandlung wird da keinesfalls nötig sein.“

„Wir selber können nur“, bemerkte Lesley, „keinen Beschluss darüber fassen, ohne uns förmlich konstituiert zu haben, und dazu wäre hier nicht der passende Platz; wir müssen hinüber ins Gerichtshaus gehen. Meinen Sie nicht, Mr. Rodgers?“

„Ja, allerdings“, nickte dieser etwas verlegen, denn Mr. Rodgers liebte seine Bequemlichkeit, und er hätte den Platz, wo er sich gerade vollkommen wohl befand, nicht gern gleich wieder verlassen. „Übrigens leben wir jetzt in einem Ausnahmezustand, wir sind mitten im Krieg, und wo es das Beste des eigenen Landes gilt, weiß ich nicht, ob da nicht eben jeder Platz auch dieselbe Berechtigung hat, um eine so wichtige Sache zu behandeln.“

„Mr. Rodgers“, sagte Lesley, „man könnte uns nachher den Vorwurf machen, dass wir die Sache im Wege der ,Lynch-Justiz’ beseitigt hätten, und ich weiß nicht, ob wir wohl daran täten – möchte mich selber wenigstens dagegen verwahren.“

Der Richter schüttelte etwas ungeduldig mit dem Kopf, erwiderte aber nichts darauf, denn er wusste, dass der Advokat allerdings Recht hatte, und überlegte sich gerade, wie die Sache am besten und einfachsten zu betreiben sei, als in die schon offene Tür der obere Sheriff, Mr. Bolling, eintrat und dem Gespräch rasch eine andere Wendung gab.

„Gentlemen“, sagte er, wie er nur die Gesellschaft begrüßt hatte und dann ohne weiteres an die Bar ging, um sich ein Glas Brandy und Wasser geben zu lassen, „es ist etwas im Wind. Ich habe eben einen alten Bekannten aus den oberen Ansiedlungen gesprochen, und der behauptet, dass Sherman, von dem wir so lange nichts gehört, direkt auf Charleston losrücke und den Hafen bedrohe.“

„Unsinn, Mann“, lachte Urguard, „Sherman, der Popanz, mit dem sie hier schon seit Wochen die Kinder zu fürchten gemacht haben, wird froh sein, wenn er ungepflückt aus dem Norden von Georgia wieder hinauskommt, und denkt gar nicht daran, seinen Hals in eine solche Schlinge zu stecken. Wer hat Euch das Märchen aufgebunden?“

„Mr. Urguard“, sagte Bolling, indem er den Rest in seinem Glas schwenkte, um den Zucker los zu bekommen, und es dann hinterschlüfte, „General Sherman ist einer der gefährlichsten Gegner, die wir haben, und noch frisch bei der Stange. Ja, wenn es McClellan wäre, dann wollte ich nichts sagen, und das Ganze hätte keine besondere Gefahr, aber der Teufel traue d e m Burschen, und die Besatzung von Charleston mag nur auf ihrer Hut sein, bis unsere Truppen nachrücken können, oder sie bekommen einmal eines Nachts unwillkommenen Besuch.“

„Bah! So viel für Sherman“, sagte auch Taylgrove, „er wird sich hüten, sich ohne Reserve so weit nach Süden zu wagen.“

„Und wenn er es doch täte?“, meinte der Sheriff. „Haben wir hier etwa Truppen, die wir ihm entgegenstellen könnten? Hol’s der Henker! Die ganze Geschichte hier kommt mir beinah so vor wie so ein Laden in den Städten drunten, wo sie auch ihre sämtlichen Waren in den Schaufenstern liegen und keinen Vorrat haben, aus dem sie das Verkaufte ergänzen können. Hier bei uns könnte er mit der größten Ruhe durchmarschieren, und wir wären wahrhaftig nicht imstande, ihn zu hindern.“

Links: General William Tecumseh Sherman , rechts General
George Brinton McClellan

„Bah, Unsinn“, sagte Bool, der Apotheker, „aller Wahrscheinlichkeit nach existiert Sherman mit seiner ganzen Bande gar nicht mehr, denn sonst müssten sie doch wenigstens im Norden wissen, wo er geblieben ist. Die letzten neuen Zeitungen, die wir von dort bekommen haben, zerbrechen sich aber selber den Kopf, wo er möglicherweise stecken könne, und suchen sich einander über sein Schicksal zu beruhigen. Zehn gegen eins will ich wetten, dass wir in den nächsten Tagen Nachricht bekommen, wie er von dem Volk unterwegs gefasst und aufgerieben ist, und wenn wir etwas hier von ihm zu sehen bekommen, so werden es Gefangene sein, die unsere Truppen vielleicht nach Savannah durchtransportieren.“

„Ich will’s wünschen“, meinte Lesley, „aber recht trauen tue ich ihm auch nicht. Es soll ein zäher, rücksichtsloser Gesell sein, der sein eigenes Leben keinen Pfifferling wert achtet, und ein Kunststück wär’s wahrhaftig nicht, hier durch das Land zu ziehen, wenn einer nur den richtigen Mut dazu mitbringt.“

„Ach, lasst den Unsinn“, sagte Taylgrove, „was kümmern uns die albernen Gerüchte, die schon seit Wochen im Staat umlaufen und nur von solchen Leuten geglaubt werden, die vielleicht ein Interesse an der Sache haben. Den N e g e r n wäre es vielleicht erwünscht, das glaub’ ich, aber denen müssen wir jetzt dafür auch desto fester den Daumen aufs Auge drücken, dass sie nicht wagen, sich zu mucksen oder zu rühren, denn ihre Zahl schon ist uns hier gefährlich, und unser einziger Schutz nur ist bis jetzt gewesen, dass sie selber nicht an den Sieg des Nordens geglaubt haben. Helfen wir selber aber noch solche Gerüchte verbreiten, dann sind wir natürlich keinen Augenblick mehr sicher und dürfen uns auf das Schlimmste gefasst machen.“

„Bah“, sagte der Sheriff verächtlich, indem er ein Streichholz an seinen Beinkleidern abstrich und dann seine Zigarre damit entzündete, „was wir von denen zu fürchten hätten! Haben sie denn Waffen? Zehn oder zwölf entschlossene Männer schießen die ganze Bande zusammen.“

„Ich danke Ihnen“, lachte Taylgrove, „aber damit wäre uns verwünscht wenig gedient, denn ich habe Neger, die ihre 12-1400 Dollar wert sind, und wer trägt den Schaden, wenn wir sie zusammenschießen müssen? – Wer anders als die Eigentümer? Nein, da ist es besser, dass wir ein mögliches Übel gleich im Keim ersticken, und deshalb bin ich auch dafür, diesen Hills, wie sich der schuftige Mulatte nennt – ich glaube, sogar Reverend Hills, hol’ der Teufel Se. Ehrwürden – ohne weiteres an dem nächsten besten Baum aufzuhängen. Dann wissen die Kanaillen nachher, was sie zu erwarten haben, wenn sie nur eine irgend verdächtige Stellung einnehmen und fremde Vagabunden werden sich in Zukunft zweimal besinnen, ehe sie sich in solche Gefahr begeben. Muss es sein und verlangt es die Form, so lasst uns hinüber in das Gerichtshaus gehen um dort die Sache zu erledigen; meiner Meinung nach könnten wir es aber hier, bei einem Glas Sherry, ebenso gültig fertig bringen und hätten die Umstände nicht nötig.“

„Ja, Mr. Taylgrove“, sagte jetzt der andere Advokat, Johns, ein Creole,21 aber von englischen Eltern im Lande geboren, „das ist alles recht schön und gut, aber was ich bis jetzt über den Fall habe erfahren können, so liegen eigentlich gar keine weiteren Beweise von Schuld gegen den Mulatten vor, als was der Neger Benjamin gegen ihn ausgesagt hat, und das ist eine so nichtswürdig durchtriebene und boshafte Kanaille, wie nur je eine den Boden von Georgia ihre Fährten eingedrückt hat. Der Schuft war früher mein Eigentum und kein schlechter, sogar ein recht geschickter Arbeiter; ich habe ihn nur deshalb verkauft, weil er auf meiner Plantage nichts als Stänkereien machte, bald den, bald jenen verdächtigte und zahllose Male dabei überführt und gepeitscht wurde. Ich selber möchte kein Wort von dem glauben, was der Schuft aussagt.“

„Darauf kommt es hier aber gar nicht an“, rief Urguard heftig. „Haben wir dem Nigger Erlaubnis gegeben, hier auf offenem Platz zu predigen und eine Ansprache an unsere Sklaven zu halten, und sollen wir verpflichtet sein, solche Versuche, die Leute abtrünnig zu machen, zu überwachen oder uns der Gefahr eines solchen frevelhaften Erfolgs aussetzen?“

„Das ist alles wohl wahr“, bemerkte Lesley, „aber ein gewisses Verfahren muss doch jedenfalls stattfinden und irgendeine Klage muss gegen ihn vorgebracht und – bewiesen werden, denn wir dürfen einen Menschen nicht allein deshalb hängen, weil er eine gelbe Haut und keinen Eigentümer hat.“

„Mr. Lesley“, bemerkte Urguard ziemlich scharf, „Sie haben jetzt schon ein paar Mal, auch neulich bei einer ähnlichen Veranlassung, Äußerungen getan, die in dem Munde eines südlichen Gentleman – und dafür gelten Sie doch – das Wenigste zu sagen, wunderlich klingen.“

„Mr. Urguard“, sagte Lesley ruhig, „ich bin Advokat und gehe allein vom Rechtsstandpunkt aus. Hat sich der Gefangene gegen unsere Gesetze versündigt, dann wäre ich der Letzte, der ihm das Wort reden würde; wollen Sie aber, ohne genügenden Grund, einfach ein Exempel an ihm statuieren nur der anderen Sklaven wegen, dann würde ich seine Verteidigung übernehmen und Ihnen keine Gelegenheit geben, ihn, ohne offenes Lynchgericht, an seinem Leben zu schädigen. Ich glaube, Judge Rogers ist darin gewiss ebenfalls meiner Meinung.“

„Oh, sicher – sicher“, sagte der Richter doch etwas verlegen, denn da er selber einen sehr bedeutenden Sklavenstand besaß, lag ihm am wenigsten daran, große Umstände mit dem Mulatten zu machen; Lesley gegenüber, der volle Aussicht hatte, in nächster Zeit zum Staatsanwalt ernannt zu werden, mochte er sich aber auch keine Blöße geben. „Und wenn es ein Nigger ist, so muss seine Schuld erst bewiesen werden.“

„Und indessen haben Sie den Burschen mit Bluthunden gehetzt“, lachte Johns.

„Wenn er sich nicht schuldig fühlte, so hätte er auch nicht die Flucht ergriffen“, rief Taylgrove, dem die Ironie in den Worten nicht entging, heftig. „Sollten wir erst hier lange untersuchen und ihm Zeit lassen, seine Haut in Sicherheit zu bringen? Verdammt, nein. Übrigens glaube ich fast“, setzte er finster und drohend hinzu, „dass ihm eine Verteidigung verwünscht wenig Nutzen bringen würde. Wenn w i r, die wir unsere Pflanzungen hier haben, seine Schuld einsehen und ihn verurteilen, dann könnten sämtliche Advokaten östlich vom Mississippi zusammenkommen und würden seinen Hals doch nicht aus der Schlinge retten.“

„Sie sind jetzt aufgeregt, Mr. Taylgrove“, sagte Lesley ruhig, „und glauben deshalb selber, was Sie behaupten; aber ich denke, die eigene Klugheit müsste Sie schon davor bewahren, gerade in jetziger Zeit die überdies beunruhigten Schwarzen durch eine entschiedene Ungerechtigkeit vielleicht gar selber zu Gewalttätigkeiten zu reizen, die für uns alle verderblich werden könnten.“

„Dann dürfen S i e aber auch nicht davon reden, einen Nigger zu verteidigen“, rief Taylgrove, der sich augenscheinlich Gewalt antun musste, um sich nicht stärker und beleidigender auszudrücken, „denn dadurch würden die schwarzen Kanaillen nur noch in ihrem Übermute bestärkt. Es ist jetzt kaum noch, ausgenommen mit unerbittlicher Strenge, mit ihnen auszukommen; lasst sie aber erst einmal merken, das sie selbst Weiße auf ihrer Seite haben, und sie brechen in offene und blutige Revolution aus.“

„Lass ihn doch, Taylgrove“, flüsterte Urguard mit einem spöttischen Lächeln dem Freund zu, „es ist einmal sein Beruf, sich auf die Hinterbeine zu setzen und mit Gesetz und Recht zu drohen. Ihm macht es Spaß und uns schadet es nicht; sollte er sich aber ernstlich widersetzen, dann bringen wir ihn auch zahm, darauf gebe ich Dir mein Wort. – Und nun, Gentlemen“, setzte er laut hinzu, „dächte ich, verlören wir unsere kostbare Zeit nicht mit nutzlosen Redensarten. Wir haben einen Nigger eingefangen, der den Versuch gemacht hat, unsere Sklaven zu verführen. Ich habe nichts dagegen, dass wir ihn vorher einem Verhör unterwerfen, aber wir wollen auch keine lange Gerichtspflege dabei einschlagen. Wir befinden uns hier tatsächlich im Kriegszustand. Die frechen Yankees haben gewagt, unsere Neger, unser wohlerworbenes Eigentum für frei zu erklären und damit – weil sie uns nicht in offener Feldschlacht besiegen konnten, versucht, eine ganz barbarische Nation über uns und unsere Familien loszulassen. Jeder Bürger hat aber das Recht, sich selbst und seinen eigenen Herd zu schützen, und ich schlage deshalb vor, dass wir uns, ohne faule Bedenken, ob wir damit ein Gesetz verletzen, das in den uns feindlichen und von uns ausgestoßenen nördlichen Staaten gilt, gleich hier an Ort und Stelle als Gericht konstituieren. Ich glaube nicht, dass irgendeiner von Ihnen etwas dagegen wird einzuwenden haben.“

„Bitte um Verzeihung, Mr. Urguard“, rief Lesley, „ich selber müsste dagegen auf das Entschiedenste...“

„Bitte, Sir“, unterbrach ihn Urguard scharf, „Sie selber haben hier keine Besitzung und kommen deshalb gar nicht in Betracht. Wenn unsere Gesetze erst einmal geregelt sein werden, führen wir auch wohl wieder advokatische Spitzfindigkeiten ein und machen Prozesse von der Zungengeläufigkeit der verschiedenen Herren abhängig. Unter den gegenwärtigen Umständen ziehen wir es aber vor, unser eigenes Recht zu sprechen und – wer sich dem widersetzen will, tut es nur auf seine eigene Gefahr.“

Lesley biss sich auf die Lippen, aber er wusste auch gut genug, in welchen Kreisen er sich hier befand, und trat jetzt nur zu dem Richter hinüber, um diesem Vorstellungen zu machen, damit er um Gottes Willen nicht der Gewalt seinen Namen lieh. Rodgers aber zuckte wieder mit den Achseln und behauptete jetzt selber, dass sie sich gegenwärtig in einem Ausnahmezustand befänden, in welchen sie sich allerdings nicht an die in den nördlichen und jetzt feindlichen Staaten geltenden Gesetze binden könnten. Der Fall solle allerdings untersucht werden, aber auf die Form brauchten sie, wie er selber meinte, nicht so genau zu sehen, und er schlüge deshalb vor, den Gefangenen wie seinen Ankläger hierher zu bringen. Ein Schwarzer könne allerdings nicht – den Gesetzen des Südens nach – gegen einen Weißen Zeugnis ablegen, aber mit jeder Berechtigung gegen einen Genossen seines eigenen Stammes, gegen einen Mulatten, und je eher deshalb die Sache zu einem Ende geführt würde, desto besser.

Urguard hatte indessen aber auch nicht einmal den Ausspruch des Richters abgewartet, sondern durch Bolling, der auch nicht die geringsten Schwierigkeiten machte, einen Boten an den Vize- oder, wie er dort genannt wurde, Deputy-Sheriff abgesandt, den Gefangenen und seinen Ankläger herzuliefern. Die Sache konnte dann rasch und ohne Schwierigkeit erledigt werden.

Während der Bote seinen Auftrag ausführte, waren die Herren noch einmal an den Schenkstand getreten, um ein frisches Glas zu trinken. Mr. Urguard traktierte diesmal22, und über den Fall selber wurde jetzt nicht weiter gesprochen. Die Sache war vor der Hand erledigt, und erst, wenn die Sitzung begann, konnte man sich wieder damit beschäftigen.

Noch standen die Herren so plaudernd in dem großen Saal herum, und selbst Sherard hatte sich ihnen, ohne indessen direkt aufgefordert zu sein, wieder angeschlossen, als Mr. Taylgroves weißer Aufseher oder Verwalter, seine Reitpeitsche in der Hand, den Hut auf dem Kopf und augenscheinlich in außergewöhnlicher Aufregung, das Gemach betrat, den Blick darin einen Moment umherwarf und dann ohne weiteres auf seinem Employer, wie diese Leute ihren Dienstherren nennen, zueilte.

„Hallo, Mr. Hall!“, rief Taylgrove, der ihn schon gleich bei seinem Eintritt erkannt und mit Erstaunen das wunderliche und „unschickliche“ Benehmen des Mannes bemerkt hatte. „What is the matter? Was haben Sie? Sie sehen so verstört aus, dass Sie selbst Ihren Hut vergessen haben.“

„Bitte um Verzeihung, Mr. Taylgrove“, sagte Hall, eben nicht erfreut über diese Zurechtweisung, indem er aber doch seinen Hut abnahm und in der Hand hielt, „ich wollte Ihnen nur melden, dass die Yankees eingetroffen sind.“

„Die Yankees?“, fragte Taylgrove und sah seinen Aufseher verwundert an. „Von was faseln Sie jetzt? Was gibt es? Wer ist eingetroffen?“

„Die Yankees“, sagte der Aufseher trocken, „oder wenn Sie wollen, die nordischen Soldaten – General Shermans Vortrab.“

„Unsinn, Mann!“, rief Taylgrove unwillig aus. „Was schwatzen Sie da ins Blaue hinein? Haben Sie vielleicht einen flüchtigen Soldaten gesehen und schließen daraus, dass die ganze Armee anrückt?“

„Ich schließe gar nichts, Mr. Taylgrove“, erwiderte aber der Aufseher weit schärfer, als er sonst zu seinem „Herrn“ zu sprechen wagte, denn eine unbestimmte Ahnung mochte ihm wohl sagen, dass seine Stellung hier nun doch so gut als aufgehoben sei, „vor Ihrer Plantage halten aber einige sechzig Reiter der Unionsarmee, und ich habe mich nur ohne Zögern auf mein glücklicherweise schon gesatteltes Pferd geworfen, um Ihnen die Meldung zu machen.“

„Die Unionsarmee?“, rief Taylgrove und wurde dabei totenbleich – aber schon hatten sich die Übrigen um den Berichterstatter gesammelt und drängten mit ängstlichen Fragen in ihn, während nur Urguard lachend ausrief:

„Torheit, Mann! Es werden unsere Reiter sein, die das Land von dem Feind rein fegen, und Ihr, in lauter Angst und Schrecken, habt sie für Unionstruppen gehalten. – Hahahaha! Wo sollten die hier herkommen?“

„Jawohl, Mr. Urguard“, sagte Hall, ein baumlanger Kentuckier mit einem fast fußlangen Bart, indem er den Pflanzer trotzig ansah, „ich bin auch gerade so ängstlich, dass ich mich in blindem Schrecken davonjagen lasse. Was ich aber mit meinen eigenen Augen sehe und mit meinen eigenen Ohren höre, weiß ich. Es ist Shermans Vortrab – die Flagge kenne ich gut genug.“

„Und w o habt Ihr sie gesehen, Hall?“, rief Taylgrove, dessen Gesicht leichenfahl geworden war.

„Vor Ihrem Haus, Mr. Taylgrove, zügelten sie ihre Tiere ein“, erwiderte der Aufseher, „als ich davonsprengte, unterhielten sie sich gerade mit den Damen, und die ganze Negerbande drängte aus dem Feld herein.“

D a s Wort zündete, denn wie sich bisher der Stolz und Trotz dieser übermütigen Baumwoll-Barone dagegen gesträubt hatte, auch nur die Möglichkeit eines endlichen Sieges der Nordstaaten zuzugeben, so trafen sie jetzt die Wirklichkeit und die daraus unfehlbar entspringenden Folgen nur so viel empfindlicher, und mitten aus ihrem Sicherheitsgefühl heraus wurden sie in Furcht und Entsetzen hineingeschleudert.

Die Neger! Wenn die Unionstruppen wirklich diesen entfernten und vom Kriegsschauplatz abgelegenen Teil der Staaten erreicht hatten, dann war auch das ganze übrige Land schon von ihnen überschwemmt, und erhoben sich dann die plötzlich frei gewordenen Neger gegen ihre bisherigen Herren, so waren die entsetzlichen Folgen gar nicht abzusehen.

Der aber, der am meisten bei der Nachricht erschrak, obgleich er keinen direkten Verlust zu fürchten brauchte, war Jim Sherard, der Eigentümer der Bloodhounds, denn wie ihn die Neger liebten, wusste er. Aber beruhte das Ganze nicht doch noch vielleicht auf einem Irrtum? – Es blieb ihm freilich keine Zeit, sich darüber mit den Pflanzern und sonstigen Herren auszusprechen, denn in diesem Augenblick drängte es jeden, seine eigene Heimat aufzusuchen und zu sehen, wie es dort stand. Erst mussten sie Gewissheit haben und dann galt es, zu beraten, wie sie sich selber schützen und das drohende Unheil von sich abwenden konnten.

DRITTES KAPITEL

Die Überraschung.

Die Zeit des Mittagsessens war herangerückt, und Mrs. Taylgrove mit ihren Töchtern schon unten in den Speisesaal hinabgestiegen, um dort ihren Gatten zu erwarten; hielt er die Stunde doch sonst immer auf das Pünktlichste und nur der besondere Fall mit dem gefangenen Mulatten konnte ihn heute etwas über seine Zeit zurückgehalten haben.

Die Tafel stand gedeckt und hinter den Stühlen schon an jeder Seite eines der jungen Negerkinder in schneeweißen Kleidern und mit dem Pfauenwedel in der Hand, um den Damen, sobald sie sich setzten, Kühlung zuzufächeln. So munter die jungen Dinger aber sonst auch waren und so sorg- und gedankenlos sie in23 den Tag hineinlebten, heute standen sie scheu und furchtsam auf ihren Plätzen, denn sie hatten den unglücklichen „farbigen Mann“ vorhin einbringen sehen und wussten nur zu gut, was ihn erwartete.