In dein Herz - Susan Laine - E-Book

In dein Herz E-Book

Susan Laine

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Beschreibung

Oft sieht das Herz mehr, als dem Verstand lieb ist... Für Jack Waters ist es ein Neuanfang: der Umzug von L.A. nach Washington, D.C. zu seinem Bruder Jordan und die Freiheit einer neuen Stadt. Nicht einkalkuliert war dabei allerdings die Affäre mit Jordans stoischem Polizeikollegen Kevin Thompson, der Jack weit mehr unter die Haut geht, als er zugeben möchte. Als jedoch ein Brandunfall Jack schwer verletzt, wird Jacks Leben erneut auf den Kopf gestellt, und diesmal muss er sich endgültig entscheiden, wie nahe er Kevin an sich heranlassen will – und kann. Buch 3 der "Senses and Sensations"-Reihe. Entspricht 128 Romanseiten.

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Seitenzahl: 179

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Deutsche Erstausgabe (ePub) September 2016

Für die Originalausgabe:

© 2013 by Susan Laine

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»A Luminous Touch«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2016 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore NistorLektorat: Susanne Scholze

ISBN ePub: 978-3-95823-607-3

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Kathrin Weisenfels

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

Klappentext:

Oft sieht das Herz mehr, als dem Verstand lieb ist...

Für Jack Waters ist es ein Neuanfang: der Umzug von L.A. nach Washington, D.C. zu seinem Bruder Jordan und die Freiheit einer neuen Stadt. Nicht einkalkuliert war dabei allerdings die Affäre mit Jordans stoischem Polizeikollegen Kevin Thompson, der Jack weit mehr unter die Haut geht, als er zugeben möchte. Als jedoch ein Brandunfall Jack schwer verletzt, wird Jacks Leben erneut auf den Kopf gestellt, und diesmal muss er sich endgültig entscheiden, wie nahe er Kevin an sich heranlassen will – und kann.

Wie immer widme ich diese Geschichte

meiner Familie, meinen Freunden und Fans. Ohne euch hätte ich nichts von dem hier geschafft.

Danke.

Kapitel 1

»Hilfe!«

Jack Waters hustete, aber er konnte einfach nicht normal atmen. Seine Stimme war heiser und schwach und seine Kehle staubtrocken. Seine Augen brannten vom Rauch und die Flammen um ihn herum trieben heiße Luft auf ihn zu, bis er das Gefühl hatte, durch einen Ozean aus Feuer zu schwimmen. Seine blonden Haare waren versengt und sein FEMS-Shirt rußbedeckt.

Jack stolperte den Flur entlang und versuchte sich zu konzentrieren, doch er hörte nichts außer dem Brüllen des Feuers, das ihn einschloss, und das Flackern blendete ihn.

»Hilfe!«, versuchte er es erneut, aber selbst wenn ihm jemand vom anderen Ende des Gangs geantwortet hätte, hätte er es wahrscheinlich nicht hören können.

Plötzlich hörte er eine Art Explosion und ein furchtbares Knacken. Das ganze Gebäude erzitterte wie bei einem Erdbeben, dann kippte der Boden unter ihm weg und er rutschte in einem steilen Winkel hinab. Unter sich konnte er undeutlich einen Berg Trümmer ausmachen. Der überwiegende Teil des Gebäudes war zerstört.

Jack wusste, dass der Aufprall seinen Tod bedeuten würde. Dennoch konnte er seinen Schwung nicht abbremsen, als er nach unten glitt, als würde er sich auf einer bizarren Rutsche in einem Freizeitpark befinden.

Am Ende folgte ein kurzer Schmerz. Dann nichts als Dunkelheit.

***

»Hey. Schön, dass Sie wieder bei uns sind. Ganz ruhig. Versuchen Sie nicht, sich zu bewegen. Sie liegen auf einer Trage und haben eine Maske auf, die Ihnen beim Atmen hilft.«

Ja, als EMT wusste Jack vermutlich besser als der, der mit ihm sprach, was eine Sauerstoffmaske war. Aber er spürte die Kanten des Plastiks kaum und fragte sich flüchtig, warum. Andererseits brummte sein Kopf und sein Körper drehte sich – oder war es anders herum?

Jack versuchte, die Augen zu öffnen, aber seine Lider schienen eine Tonne zu wiegen. Sein Körper fühlte sich seltsam an, zugleich schwer und als würde er schweben. Was hatten sie ihm gegeben?

Obwohl seine Augen müde waren und nicht kooperieren wollten, fühlte Jack sich immer noch, als könnte er sofort wieder in die Schlacht ziehen. Wahrscheinlich war es nur das durch den Schock freigesetzte Adrenalin und Jack versuchte sich dazu zu überreden, still zu liegen.

Die Winterluft war kalt und obwohl eine Decke über ihm lag, fröstelte er.

Warum bin ich nicht tot?

Plötzlich war da eine schmerzhaft zärtliche Berührung an seiner rechten Wange. Sie fühlte sich kühl und feucht an.

»Ruhen Sie sich aus, Jack. Wir haben Sie. Der Krankenwagen ist gleich da. Sie kommen wieder in Ordnung. Sie hatten verdammt Glück, dass wir so nah bei Ihnen waren, sonst würden Sie noch schlimmer aussehen.« Belustigung und Unbeschwertheit schwang in der tiefen, männlichen Stimme mit und Jack hatte das Gefühl, dass er ihren Besitzer mögen würde.

Moment. Woher kennt er meinen Namen?

»Ihr Namensschild war in Ihrer Tasche«, sagte der Mann. »Wir haben es herausgefischt, als wir Ihr FEMS-Shirt gesehen haben.«

Washington, D.C. Fire and EMS Department, dachte Jack benebelt. Wo er arbeitete.

Konnte dieser Kerl Gedanken lesen?

Ein lautes Lachen drang an Jacks Ohren und ein kräftiger, nach Kaffee riechender Atemzug strich über seine Wange.

»Sie haben eine ziemlich ausdrucksstarke Mimik, sonst nichts. Ich kann auf Anhieb erkennen, was Sie denken. Und...« Seine Stimme kam näher und senkte sich zu einem verführerischen Flüstern. »... Sie sind verdammt sexy.«

Jack hätte geschnaubt, wenn er gekonnt hätte. Mit einem Verletzten am Unfallort zu flirten? Himmel. Aber den Mann zu tadeln, kam nicht infrage, wenn seine Kehle sich anfühlte, als hätte man trockene Stöckchen hineingestopft, und seine Lunge, als wäre sie auf die Größe seiner Hoden geschrumpft.

»Entspannen Sie sich.« Der Mann lachte leise. »Ich necke Sie nur.«

Die Sirenen eines herannahenden Krankenwagens drangen in sein Bewusstsein, ebenso wie die anderen Geräusche um ihn herum. Sie alle kehrten mit einem Schlag zurück, als seine Ohren sich mit einem Knacken öffneten.

»Der Bus ist da«, sagte der Mann und seine Stimme zog sich zurück. »Ich muss wieder an die Arbeit.« Jack ging davon aus, dass der Mann gegangen war – wohin konnte er nicht sagen –, aber dann war er zurück und flüsterte Jack ins Ohr: »Ich bin übrigens Luke. Wir sehen uns im Krankenhaus.« Schwere Schritte entfernten sich und dann war da zu viel Geräuschkulisse, als dass man eine Stimme heraushören hätte können.

Das war Jack jedoch vollkommen egal, da er immer wieder bewusstlos wurde. Menschen beugten sich über ihn, fassten ihn an und fummelten an seinem Körper herum. Er wurde angehoben und Maschinen piepten um ihn herum. Jemand sprach in einem überredenden, leisen, aber dennoch nur mäßig interessierten Tonfall mit ihm und Jack vermutete, dass er im Krankenwagen war, als die Fläche unter ihm sich bewegte, an Geschwindigkeit gewann und mal zur einen, mal zur anderen Seite schwankte. Das Echo des Verkehrs war weit entfernt, verschwand jedoch nie.

Jemand machte sich an seinem Arm zu schaffen und ein winziges Piksen ließ Rückschlüsse auf Nadeln und einen Tropf zu. Aber Jack fühlte sich wie in Watte gepackt und es war ihm egal. Sein Hirn war Brei und seine Empfindungen gedämpft. Einer nach dem anderen schalteten sich seine Sinne ab, als er in einen traumlosen Schlaf fiel.

***

»Halt die Klappe, Kev. Ich bin mir sicher, dass Jack alles erklären wird, wenn er aufwacht«, sagte eine vertraute Stimme, die danach zu einem tiefen Knurren wurde. »Zumindest sollte er das, sonst drehe ich ihm den Hals um.«

Jack atmete innerlich erleichtert auf.

Jordan ist hier. Mein großer Bruder ist da. Ich bin in Ordnung.

Dann zuckte er zusammen, als ihm bewusst wurde, was Jordan da gesagt hatte.

Kev. Kevin ist auch hier. Oh Gott, warum muss er mich so sehen?

Jack wurde ganz wach, als sein Körper ein System nach dem anderen hochfuhr. Seine Augen mussten noch immer geschlossen sein, da er nur Schwärze sah. Seine Umgebung wurde ihm jedoch deutlich bewusst: Die klumpige Matratze, die leicht aufgerichtete Position des Bettes, die ihn unbequem zusammensinken ließ, das grelle Licht, das auf sein Gesicht gerichtet war, das Piepen und Brummen der Maschinen, das Klicken von Schuhen auf einem Fliesenboden, das Rascheln von Kleidung, Laken und Vorhängen und der widerliche Geruch nach Desinfektionsmitteln. Ja, er war wirklich in einem Krankenhaus.

Jemand berührte ihn an der linken Schulter und drückte sie leicht. Ein trauriges, stockendes Seufzen folgte. »Gott, Kev. Er hätte sterben können. Was zum Teufel hat er sich dabei gedacht?«

»Das weißt du doch, Jordy. Er ist ein EMT. Er ist rein, um zu helfen –«

»Ohne Unterstützung? Wie konnte er nur so dumm sein?«

»Jordy. Jack ist nicht dumm. Nur ein bisschen zu impulsiv manchmal.«

Jack krümmte sich innerlich. Kevin Thompson war Jordans Partner in der Abteilung für Steuerdelikte und Betrug des MPDC – und zeitweise Jacks Liebhaber. Sehr zeitweise, um genau zu sein, da sie beide ihre sogenannte Beziehung abwechselnd begannen und beendeten.

Jack hatte nicht gewusst, wie sehr er Kevins Stimme vermisst hatte – das tiefe Grollen, wie Donner in einem herannahenden Sturm. Ihre beruhigende Wirkung breitete sich in Jack aus wie kleine Wellen in einem Teich. Wie dieser professionelle, beinahe unpersönliche Ton ihn so berühren konnte, würde Jack wohl nie wirklich verstehen.

Im Moment konnte Jack jedoch nur die unterschwellige Schuldzuweisung hören. Nicht dumm, nur impulsiv. Kevin hatte diese Gabe: Er konnte ein Kompliment und eine Zurechtweisung in ein und denselben Satz verpacken. Und das machte Jack wütend genug, dass er seine müden Augen zwang, sich ein wenig zu öffnen. Aber keiner der Männer sah ihn gerade an.

Jordan war Jacks Bruder, körperlich gesehen fünf Jahre älter als er und Jahrhunderte, wenn es um Voraussicht ging. Allein der Gedanke, dass Jack darin mal der Bessere gewesen war... oh, wie sich alles verändert hatte.

Jordan war ein großer, sonnengebräunter, muskulöser Kerl, hatte platinblonde Haare mit lavendelfarbenen Strähnen, smaragdgrüne Augen und zahlreiche Tattoos und Piercings am ganzen Körper, auch wenn sein formeller Anzug mit Krawatte diese gerade verdeckte.

Er war der Typ Mensch, der zu viel über alles nachdachte und analysierte, aber er war ausgeglichener geworden, seit er mit Sebastian Sumner zusammen war, seinem Freund, einem ehrenamtlichen Mitarbeiter des Polizeireviers. Sie waren so verliebt, dass Jack sie schon mehr als einmal unglaublich darum beneidet hatte.

Kevin Thompson dagegen, Jordans Partner, war wesentlich gemäßigter in seinem Auftreten. Ein Vollprofi, ein riesengroßer Kerl, der etwas von einem Grizzlybären hatte. Sein Gesicht war kantig, als wäre es aus grobem Stein geschlagen worden, ohne den Feinschliff. Sein schwarzes Haar war kurz geschnitten und sein dichter Bartschatten ließ ihn nach Militär aussehen, und obwohl sein schiefes Grinsen eine Statue dazu bringen könnte, zurückzulächeln, zeigte er es nicht oft. Jack wusste, dass Kevin bei den Special Forces gewesen war, bevor er Polizist wurde, aber darüber hinaus wusste er nur wenig über den Mann – obwohl sie schon mehr als einmal gevögelt hatten.

Ihre gegenseitige Anziehung war vom ersten Moment an da gewesen.

Sich besser kennenzulernen und dauerhaft zusammenzubleiben, hatte sich als unmöglich herausgestellt.

In diesem Moment jedoch standen Kevin und Jordan in ihr Gespräch vertieft neben Jacks Bett oder besser gesagt, in bedeutungsschwangeres Schweigen vertieft. Jordans Schultern waren nach unten gesackt und sein Gesichtsausdruck blieb müde und gequält. Kevins Gesicht war bewusst ausdruckslos. Beide sahen zu düster drein, dafür dass Jack am Leben und wach war. Auch wenn man zu ihrer Verteidigung sagen musste, dass sie sich Letzterem nicht bewusst waren, zumal Jacks schwere Lider sich nur einen Spaltbreit geöffnet hatten.

Dann drangen ihre Worte wieder zu ihm durch.

»Warum bist du nicht wütend auf ihn, dass er da einfach so reingerannt ist, Kev? Sieh ihn dir an, seinen Körper. Sieh dir um Himmels willen sein Gesicht an. Gott, wenn er aufwacht, wird er sich...«

Mein Gesicht? Jack wollte es berühren, aber er konnte sich nicht bewegen. Er konnte seine Arme spüren, die an seinen Seiten lagen, aber er hatte nicht die Kraft, sie zu bewegen. Er war so müde, erschöpft bis ins Mark. Er konnte noch nicht einmal die Augen mehr als ein paar Sekunden am Stück dieses winzige bisschen öffnen.

Schließlich schaffte es Jack, nach einer Anstrengung, die sich nach einer Stunde quälendem Dauerlauf wie damals im College anfühlte, seine Hand zu heben. Obwohl Schmerz in heißen Blitzen durch ihn schoss, als er sich bewegte, tastete er nach seinem Gesicht. Sein Körper zuckte permanent.

»Jack, nein!« Jordans erschrockene Stimme schien von weit her zu kommen, aber es war zu spät.

Jacks jungenhaft attraktives, glattes Gesicht war mit einer kühlen Kompresse bedeckt. Er wusste sofort, dass das nur eines bedeuten konnte.

Ich habe Verbrennungen.

Kapitel 2

Kevin hatte noch nie in seinem Leben einen so großen Widerwillen empfunden wie in diesem Moment. Er beobachtete Jack, der langsam zu sich kam – und zu der schmerzhaften Erkenntnis, dass sein Gesicht Verbrennungen aufwies. Jacks lange Finger strichen ungeschickter als gewöhnlich über die Gesichtskompresse, die dabei half, die verbrannte Haut zu kühlen und die Schmerzen zu reduzieren. Jacks Hände zitterten, seine grün-braunen Augen waren schockiert aufgerissen und sein Kinn und die Unterlippe bebten.

»J-Jordan...?«, sagte Jack und seine Stimme klang rau und heiser, ein Hustenanfall folgte.

»Ich bin hier, kleiner Bruder«, antwortete Jordan sofort, schnappte sich einen Stuhl und zog ihn nahe zum Krankenhausbett, so schnell, dass das Metall auf dem Bodenbelag ein ohrenbetäubendes Quietschen erzeugte.

Jacks Angst war greifbar und Kevin hasste es, das zu sehen. Von allen Menschen, die Kevin kannte, war Jack der belastbarste, lebensbejahendste, fröhlichste. Die schreckliche Erkenntnis, entstellt zu sein, ließ ihn so viel kleiner wirken, zerbrechlich und verletzlich. Kevin wollte ihn in den Arm nehmen, ihm versprechen, dass er für ihn da war, aber das Timing war falsch – und Jordan würde Kevin den Arsch aufreißen, wenn er sich jetzt einmischte.

Aus Jacks Zusammenzucken konnte Kevin schließen, dass der Mann Schmerzen hatte, als er seine Wunden berührte, trotz der Nadel in seinem Handrücken, die ihn intravenös mit Flüssigkeit und Schmerzmitteln versorgte.

»Was ist mit mir passiert?«

Jordan versuchte, seinen kleinen Bruder zu beruhigen, indem er über sein angesengtes, goldblondes Haar streichelte. »Du hattest einen Unfall. Ein brennendes Gebäude. Woran erinnerst du dich noch?«

Jack runzelte die Stirn und versuchte offensichtlich, sich zu erinnern, aber sein verwirrter Blick besagte, dass er Gedächtnislücken hatte. Das überraschte Kevin nicht.

»Ich... ich war auf dem Heimweg von meiner Schicht. Ich bin gelaufen, als ich den Anruf bekommen habe, wieder zurückzukommen. Ein Wohnhaus hat gebrannt. Ich wusste, dass ich mich in der Nähe befand, also bin ich losgerannt. Da war Rauch und das Flackern von Feuer... Aber ich war mir sicher, dass ich noch früh genug da war.«

»Früh genug?«, fragte Jordan verwirrt.

Jack hustete und krümmte sich vor Schmerzen zusammen. Seine Stimme war schwach und dünn. »Bevor das Gebäude in Flammen aufgegangen ist.«

Jordans Lippen pressten sich zu einer weißen Linie zusammen und Kevin kannte ihn gut genug, um zu sehen, dass er fuchsteufelswild war. Dennoch hielt er seine Wut zurück und ließ Jack zu Ende erzählen. »Und weiter?«

»Ich habe die Zentrale angefunkt, dort Bescheid gegeben, wo ich war. Sie haben mir gesagt, dass ich warten soll...«

»Aber?« Jordans Hand schloss sich fester um das Metall des Bettgestells.

»... aber ich habe Schreie aus dem Innern des Gebäudes gehört. Eine Frau... und ein Kind. Ich musste reingehen.« Jacks Gesichtsausdruck bettelte um Verständnis und Jordan war offensichtlich hin und her gerissen.

»Jack, da waren keine Leute in dem Gebäude. Niemand wurde in den Trümmern gefunden.«

Jack sah seinen Bruder vollkommen geschockt an, sein Mund stand offen, in seinen geweiteten Augen standen Tränen.

»A-aber... ich habe sie gehört... ich weiß, dass ich sie gehört habe...«

Kevin hielt es nicht länger aus. Er trat näher ans Bett und ließ eine Hand auf dem Bettgestell ruhen, vermied es aber bewusst, Jack zu berühren. »Das Rettungsteam ist immer noch vor Ort. Sie könnten immer noch jemanden finden.«

Der alte Funken Gereiztheit brannte in Jacks Augen. Kevin hatte damit schon enge Bekanntschaft geschlossen. Sie waren waldgrün, mit braunen Sprenkeln. Wenigstens hatte Jack sein Temperament nicht komplett verloren, dachte Kevin dankbar.

»Danke, Kev«, presste Jack zwischen wütend zusammengepressten Zähnen hervor. »Also habe ich mir entweder eingebildet, dass Leute um Hilfe gerufen haben, und ich bin einer Fata Morgana nachgerannt, hab mich damit in Gefahr gebracht und mir Verbrennungen eingehandelt. Oder ich habe versagt und Menschen sind wegen mir gestorben. Wow. Du weißt echt, wie man Leute aufmuntert.«

Die kalte Bitterkeit in Jacks Stimme war etwas, das Kevin verstand. Er bezweifelte, dass er sich unter ähnlichen Umständen anders verhalten hätte. »Wir kennen noch nicht alle Fakten und wir wissen nicht, wie die Situation entstanden ist. Das kommt wieder in Ordnung, Jack.«

Kevin behielt immer die Nerven und er war noch nie so dankbar für diesen Umstand gewesen wie in diesem Moment. Sich der frustrierten Empörung des Kerls zu stellen, von dem sich Kevin ziemlich sicher war, dass er in ihn verliebt war, stand nicht gerade oben auf seiner Liste der unbedingt zu machenden Erfahrungen. Nur seine Professionalität hielt die Emotionen aus seinem Tonfall fern.

Doch bei Jack drehte sich alles um Emotionen. Er bestand nur aus Gefühl. Das ließ ihn impulsiv und unüberlegt handeln, dafür war er jedoch auch gut in zwischenmenschlichen Dingen, umgänglich und locker. Gerade jedoch waren alle seine Gefühle dunkel und Kevin hatte, noch bevor er zu sprechen begonnen hatte, gewusst, dass seine Gelassenheit die ohnehin schon aufgeheizte Situation noch zusätzlich verschlimmern würde.

»Du redest so eine Scheiße! Wie soll das wieder in Ordnung kommen? Sag mir, wie, Detective Thompson.« Jack sah aus, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen, aber Kevin wusste es besser. Nicht hier, nicht in der Öffentlichkeit und ganz sicher nicht vor ihm. Der Ausbruch bescherte Jack einen unkontrollierten Hustenanfall, der seinen Körper durchschüttelte, und seine Stimme klang abgehackt und heiser.

»Morgen werden wir klarer sehen –«, begann Kevin.

»Du bist doch so gut da drin, warum erzählst du mir nicht eine schöne Geschichte, in der die Uhr magisch zurückgedreht wurde, damit nichts von allem passiert! Kannst du das? Hm?« Jacks Gesicht war knallrot, mehr dem Zorn geschuldet als den Verbrennungen. Nicht, dass Kevin unter der weißen Kompresse viel davon sehen konnte. Seine Stimme war nun kaum mehr als ein Pfeifen und Husten.

»Jack, das reicht«, mischte Jordan sich ein, der seine eigene Verärgerung nur mühsam unter Kontrolle hielt. »Du redest hier mit Kevin, und du weißt, dass er nur helfen will.« Jordan sprach weiter, bevor Kevin ihn daran hindern konnte. »Und du bist auch nicht gerade unschuldig an der ganzen Sache, Jack. Du hättest auf Verstärkung warten sollte. Auf die anderen EMTs und die Feuerwehr.«

Jack ehemals attraktives Gesicht verzerrte sich vor ihren Augen, wurde aschfahl und zu einer schmerzerfüllten Grimasse. Er versuchte zu sprechen, konnte aber nur pfeifend atmen und Tränen liefen ihm übers Gesicht, hinterließen weiße Linien in den Rußresten, die auf seiner Haut zurückgeblieben waren.

Ohne ein weiteres Wort umarmte Jordan seinen Bruder tröstend.

»Au!«, schrie Jack auf und Kevin fühlte mit ihm, legte seine Hand beruhigend auf die Decke über Jacks Bein. »Alles tut scheißweh.« Als Jordan sich schließlich wieder aufrichtete, begann Jacks verzweifelter Blick, seinen ganzen Körper abzutasten, nachdem er die Decke angehoben hatte und Kevin wünschte sich, dass er den brutalen Schlag in die Magengrube irgendwie abmildern könnte, den Jack gleich bekommen würde.

Stattdessen konnte Kevin nur mit wehem Herzen dastehen und Zeuge von Jacks grauenvoller Erkenntnis werden, dass sein Körper nicht länger wie vorher war. Ohne nachzudenken, folgte Kevin Jacks Blick, als sie beide das ganze Ausmaß von Jacks Verletzungen erfassten.

Neben den Brandwunden, die den Großteil seiner rechten Gesichtshälfte bedeckten, vom Scheitel bis zum Kiefer, war Jacks Hals rot und trocken durch die Verbrennungen ersten Grades. Diese waren nicht weiter schlimm und würden in einer Woche oder so verschwunden sein. Weiter unten war die rechte Seite seiner Brust jedoch vom Schlüsselbein bis knapp unterhalb seiner Rippen von Verbrennungen zweiten Grades betroffen. Sie waren an mehreren Stellen von biosynthetischen und sterilen Mullverbänden verdeckt. Einige der Wunden waren durch die transparenten Materialien zu sehen und die Verbrennungen waren rot, geschwollen und nässten. Sie erinnerten Kevin an etwas Außerirdisches, das mit Blut gefüllt war und pulsierte.

Jacks T-Shirt hatte ihn nicht im Geringsten geschützt, der Schutt jedoch schon, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Ebenso seine Jeans, weswegen er keine Verbrennungen unterhalb der Gürtellinie und an seinen Beinen hatte. Sein linker Knöchel, den er sich beim Fallen verstaucht hatte, steckte in einem weißen Stützverband, aber auch dieser würde schnell heilen, vermutlich innerhalb von Tagen. Bei dem Schutt, auf den Jack gefallen war, hatte es sich zum Teil um gepolsterte Möbelstücke gehandelt, die einen Teil seines Sturzes abgefangen und größere Verletzungen verhindert hatten, abgesehen von den Verbrennungen. Im Großen und Ganzen hatte Jack verdammtes Glück, noch am Leben zu sein.

Aber Jack schaute drein, als hätte er ein Körperteil verloren. »Ich denke, ich werde kein Schönheitskönig mehr sein.«

Jordan knurrte wütend. »Ich hoffe, du machst Witze, Brüderchen. Ist das alles, woran du gerade denken kannst? Clubs, Kerle und Sex?«

Jack sah tödlich verletzt aus, was er vermutlich auch irgendwie war. »Ich bin ein schwuler Kerl in der Blüte meiner Jahre. Natürlich denke ich an so was. Nur weil du nur einen einzigen Kerl fickst wie ein scheiß Mönch, heißt das nicht –«

»Halt den Mund, Jack, bevor du was sagst, was du später bereust«, warnte Jordan, dessen grüne Augen sich zu Schlitzen verengt hatten.

Zum Glück blieb Jack tatsächlich stumm. Kevin wusste, dass Jack Sebastian wirklich mochte, und diese heftige Reaktion gegenüber dem Partner seines Bruders sah ihm gar nicht ähnlich. Jack biss sich auf die Unterlippe. Er sah verlegen und verletzt aus und einfach nur verängstigt.

»Es tut mir leid, Jordan. Ich... ich hab's nicht so gemeint.«

»Ich weiß.« Jordan seufzte und strich Jack über die Haare.

»Du weißt, wie sehr ich Sebastian mag.«

»Ja, ich weiß das... Lass es gut sein. Wir konzentrieren uns jetzt darauf, dass du wieder auf die Beine kommst, okay?«

Jack schnaubte. »Wen interessieren die Beine? Ich will Sex haben!«