In den Händen des Wüstenprinzen - Patricia Grasso - E-Book
SONDERANGEBOT

In den Händen des Wüstenprinzen E-Book

Patricia Grasso

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Fesselnde Leidenschaft im Orient: Der historische Liebesroman »In den Händen des Wüstenprinzen« von Patricia Grasso jetzt als eBook bei venusbooks. Sie ist ihm hilflos ausgeliefert… Die gefährlichen Weiten des Mittelmeers im 16. Jahrhundert: Das Leben von Heather Devereux wird jäh erschüttert, als sie auf der Schiffsreise zu ihrem Verlobten von osmanischen Piraten überfallen wird. Sie verschleppen die junge Engländerin zu ihrem Prinzen, der Heather zu seiner Sklavin macht. Heather aber ist fest entschlossen, sich nicht kampflos ihrem Schicksal zu fügen. Doch sie kann sich nicht dagegen wehren, dass Prinz Khalids dunkle Blicke sie immer mehr in Bann schlagen. Schon bald ist Heather zerrissen zwischen ihrem brennenden Freiheitswunsch und der Leidenschaft, die Khalid in ihr entfacht… »Ein wunderbarer Roman, der mit glühender Sinnlichkeit fesselt. Sie werden ihn nicht aus der Hand legen können!« Romantic Times Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der gefühlvolle Exotik-Roman »In den Händen des Wüstenprinzen« von Patricia Grasso; der dritte Band ihrer Devereux-MacArthur-Reihe, in der alle Romane unabhängig voneinander gelesen werden können. Für alle Fans von Lynsay Sands und Tara Haigh. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 494

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Über dieses Buch:

Sie ist ihm hilflos ausgeliefert… Die gefährlichen Weiten des Mittelmeers im 16. Jahrhundert: Das Leben von Heather Devereux wird jäh erschüttert, als sie auf der Schiffsreise zu ihrem Verlobten von osmanischen Piraten überfallen wird. Sie verschleppen die junge Engländerin zu ihrem Prinzen, der Heather zu seiner Sklavin macht. Heather aber ist fest entschlossen, sich nicht kampflos ihrem Schicksal zu fügen. Doch sie kann sich nicht dagegen wehren, dass Prinz Khalids dunkle Blicke sie immer mehr in Bann schlagen. Schon bald ist Heather zerrissen zwischen ihrem brennenden Freiheitswunsch und der Leidenschaft, die Khalid in ihr entfacht…

Über die Autorin:

Als Schülerin las Patricia Grasso »Vom Winde verweht« – und war enttäuscht von dem unglücklichen Ende. Schließlich glaubt sie an die große Liebe und das Happy End! Deswegen schreibt sie nun selbst Liebesromane mit glücklichem Ausgang. Zunächst war das Schreiben für sie nur ein Ausgleich zum alltäglichen Arbeitsstress, inzwischen ist sie eine erfolgreiche Bestsellerautorin: Ihre Romane sind preisgekrönt, wurden in fünfzehn Sprachen übersetzt und in zwanzig Ländern veröffentlicht. Patricia Grasso lebt in der Nähe von Boston, Massachusetts.

Die Autorin im Internet: www.patriciagrasso.com

Bei venusbooks veröffentlichte Patricia Grasso ihre Dukes-Trilogie, die auch als Sammelband unter dem Titel »Kissing the Duke« erhältlich ist:»In den Armen des Herzogs«»Die Liebe des Marquis«»Die Gefangene des Herzogs«

Sowie ihre Devereux-MacArthur-Reihe mit den Bänden:»Die Schöne der Highlands«

»Die Lady und der Highlander«

»In den Händen des Wüstenprinzen«

»Das Verlangen des Lords«

»Lord meiner Träume«

»Ein Rebell zum Verlieben«

Außerdem veröffentlichte sie bei venusbooks den Roman: »Das Herz des Prinzen«.

***

eBook-Neuausgabe Mai 2016, November 2023

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 1997 unter dem Titel »Rose der Wüste« bei Heyne.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe unter dem Titel »Desert Eden« 1993 by Patricia Grasso

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1997 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2016, 2023 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Werk wurde vermittelt durch Interpill Media GmbH, Hambug. By arrangement with Books Crossing Borders, Inc. / Lachesis Publishing, Inc.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Fedor Selivanov, conrado

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96898-275-5

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit gemäß § 31 des Urheberrechtsgesetzes ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

***

Liebe Leserin, lieber Leser, in diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.

***

Wenn Ihnen dieses eBook gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »In den Händen des Wüstenprinzen« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.venusbooks.de

www.facebook.com/venusbooks

www.instagram.com/venusbooks

Patricia Grasso

In den Händen des Wüstenprinzen

Die Devereux-MacArthur-Reihe, Band 3

Aus dem Amerikanischen von Gabriele-Sabine Gugetzer

venusbooks

Kapitel 1

Southend-on-Sea, England, Oktober 1566

Glänzende Sonnenstrahlen tanzten über sanfte Wellen, die bedächtig an den Strand rollten.

Die siebzehnjährige Heather Elizabeth Devereux stand an der Reling des Schiffes und blickte auf die kleiner werdenden Gestalten am Strand. Bewacht von der Garde der Devereuxs stand dort die Witwe des Grafen von Basildon neben Sir Henry Bagenal, den Königin Elizabeth nach dem Tode des Grafen vor sieben Jahren zum königlichen Abgesandten der Devereuxs bestimmt hatte. Sir Henry, ein liebenswürdiger Mann, war Heather ein zweiter Vater geworden, und sie würde ihn fast so vermissen wie ihre Mutter.

Heather wußte, daß ihre Mutter ihr nachblicken würde, bis das Schiff am Horizont verschwunden war. Denn als die Königin ihre älteren Schwestern außerhalb Englands verheiratet hatte, war es Heather gewesen, die dort neben ihrer Mutter gestanden und den Schwestern zum Abschied gewinkt hatte. Und nun würde Heather, die jüngste, die letzte von ihnen sein.

Obwohl sie zögerte, England und alles, was ihr lieb war, zu verlassen, wußte Heather auch, was ihre Pflicht war. Ihrer Mutter zuliebe, die in dieser Angelegenheit keinen Einfluß nehmen konnte, hatte sie ein fröhliches Gesicht aufgesetzt. Und sie dachte an Kathryn und Brigette. Auch sie waren nur schweren Herzens der königlichen Weisung gefolgt, doch beide waren mit ihren Ehemännern glücklich geworden.

Ob sie selbst so viel Glück haben würde, bezweifelte Heather allerdings. Das Miniaturbild des Grafen deutete schon darauf hin, daß er es mit ihren gutaussehenden Schwägern kaum auf nehmen konnte. Ein Mündel der Krone zu sein, hatte eben seine Schattenseiten.

»Noch ist es nicht zu spät.«

»Zu spät für was?«

»Zu spät dafür, deine Meinung zu ändern und dich mit mir ins Exil zu begeben«, sagte Heather zu April, ihrer Cousine und Zofe.

»Einen französischen Adeligen zu heiraten, bedeutet doch nicht, ins Exil zu gehen«, erwiderte diese. »Außerdem war ich bei allen deinen Abenteuern dabei.«

»Aber Cousine«, sagte Heather mit einem verschmitzten Grinsen, »ich dachte, du haßt Abenteuer.«

»In Frankreich zu leben ist die Art von Abenteuer, die ich genieße«, antwortete April. »Ein sicheres Abenteuer.«

»Vor uns liegt eine lange Reise«, neckte sie Heather. »Da könnten ganz andere Abenteuer auf uns warten. Gefährliche Abenteuer.«

»Zum Beispiel?«

»Nun, vielleicht Piraten.«

»Der Himmel steh uns bei«, sagte April und bekreuzigte sich schnell. »Obwohl ich mir sicher bin, du würdest eine Begegnung mit Piraten genießen.«

Obgleich England in der Ferne noch zu sehen war, fühlten beide schon Heimweh. Wie sie dort an der Reling standen und einen allerletzten Blick zurück auf ihre Heimat warfen, waren Lady und Zofe ein bezauberndes Bild.

Heather war eine kleine, zierliche und wohlgerundete Person und von einer ungewöhnlichen und atemberaubenden Schönheit, derer sie sich selbst nicht bewußt war. In dem zartgemeißelten, ovalen Gesicht glänzten riesige smaragdgrüne Augen, die Haut glich elfenbeinfarbener Seide. Eine üppige Mähne kupferfarbenen Haares floß ihr in weichen Locken fast bis zur schmalen Taille. Auf der kleinen Stupsnase befand sich die einzige Unvollkommenheit, eine Prise hingestreuter kecker Sommersprossen.

April war um einiges größer als ihre Cousine, eher von normaler Statur, mit blauen Augen und braunen Haaren. Sie war hübsch, angenehm hübsch, nicht atemberaubend. Zu Heathers stiller Schmach verschandelte keine einzige Sommersprosse Aprils zartgeschnittene Nase. Sie war das Ebenbild ihrer Mutter, der zweiten Cousine des verstorbenen Earls.

»Mademoiselle!« rief Kapitän Armande in einem unangenehmen Befehlston. Die beiden jungen Damen wandten sich ihm zu. Ein Ekel von einem Mann, dachte Heather. Kapitän Armande war klein und untersetzt. Sein schwarzes ungepflegtes Haar glänzte fettig, und der riesige Schnurrbart sah an dem kleinen Mann lächerlich aus.

»Ich werde Euch nun in Eure Kabine bringen«, erklärte Kapitän Armande. »Folgt mir.«

»Nein«, sagte Heather. »Wir wollen noch einen letzten Blick auf England werfen.«

Kapitän Armande machte auf dem Absatz kehrt und murmelte etwas von mangelhaften Umgangsformen dieser Engländer. Der Comte de Beaulieu, ein harter, unnachgiebiger Mann, würde diesem dummen Ding schnell Manieren beibringen.

Sie warfen einen letzten Blick auf die kleine Gruppe am Strand, die sich langsam in Bewegung setzte. Heather seufzte. Offensichtlich würde ihre Mutter nicht warten, bis das Schiff am Horizont verschwunden war.

»Ob wir wohl herunterfallen werden?« fragte Heather. Es hob immer ihre Stimmung, wenn sie ihre Cousine necken konnte.

»Über Bord?« fragte April verblüfft.

»Nein, richtig herunterfallen.«

»Von was denn herunterfallen?«

»Vom Ende der Welt.« Heathers Antwort wurde von einem würdevoll-nachdenklichen Gesichtsausdruck begleitet. »Kannst du schwimmen?«

»Nein, du?«

Heather schüttelte den Kopf. »Das bedeutet wohl, daß wir das Schiff nicht verlassen können, bevor es von der Kante stürzt.«

April wurde blaß und ihre Stimme vor Schreck ganz hoch. »Dann glaubst du also wirklich, es bestünde die Gefahr …«

Heather lachte ihr liebliches, melodisches Lachen, das sofort die Aufmerksamkeit der französischen Mannschaft auf sich zog. »Sei doch keine Närrin, April. Die Erde ist rund, nicht flach. Außerdem stammt meine Mutter aus Frankreich.«

»Die Gräfin überquerte den Ärmelkanal, aber wir segeln außen herum in dieses Meer.«

»Du meinst das Mittelmeer«, half Heather nach. »Vertrau mir, es gibt keinen Rand, von dem wir fallen könnten.«

»Woher willst du das wissen?« April klang zwar erleichtert, doch noch nicht ganz überzeugt.

»Richards Lehrer hat es uns erklärt.«

April war etwas beruhigt. Doch dann hakte sie nach: »Aber woher weiß er das denn so genau?«

Bevor Heather darauf antworten konnte, war Kapitän Armande wieder hinter ihnen. »Ich bestehe darauf, daß sich Mademoiselle sofort in ihre Kabine zurückzieht. Eure Anwesenheit an Deck lenkt die Matrosen von ihrer Arbeit ab.«

»Mein werter Kapitän Armande«, antwortete Heather mit gespieltem Hochmut. »Ich bin Lady Heather, keine Mademoiselle. Und meine Zofe und ich werden uns zurückziehen, wenn ich es für richtig halte. Sie sprechen mit der zukünftigen Comtesse de Beaulieu. Und Sie, das verstehe ich doch richtig, stehen im Dienst meines mir versprochenen Mannes, des Comte de Beaulieu. Sie werden von derartigen Befehlen absehen und Ihrer zukünftigen Herrin gegenüber einen anderen Ton anschlagen.«

Kapitän Armande unterdrückte nur mühsam sein plötzliches Bedürfnis, Heather zu schlagen. Sein Gesicht verfinsterte sich, und er zog sich ohne ein weiteres Wort zurück. Heather zwinkerte April zu, die sich ein Kichern verkniff.

»Bitte verzeih, daß ich von dir als meiner Zofe gesprochen habe«, entschuldigte sich Heather. »Gott, wie ich sie verabscheue, diese Franzosen. Außer meiner Mutter natürlich.«

»Und bis heute kanntest du außer deiner Mutter auch keinen einzigen Franzosen«, erinnerte April sie sanft.

Heather lächelte. »Das mag wohl sein. Aber es war Abneigung auf den ersten Blick.«

»Du solltest zu der Dienerschaft deines zukünftigen Ehemannes höflich sein. Denn bald werden sie auch deine Diener sein«, sagte April. »Unsere Königin hat dir ein gutes Schicksal zugedacht. Sie hätte dich in ein wildes Land schicken können, so wie deine Schwestern.«

Heather dachte an Kathryn, die in Irland lebte und an Brigette, die in Schottland verheiratet war. Achselzuckend antwortete sie: »Meine Schwestern besitzen etwas, das das zivilisierte Frankreich nicht bieten kann.«

»Und das wäre?«

»Abenteuer.«

April rollte in stummer Verzweiflung die Augen.

»Wer wäre für Abenteuer besser geeignet als ich?« fragte Heather. »Du weißt doch, daß ich zusammen mit meinem Bruder in der Fechtkunst unterwiesen wurde. Ich habe gelernt, zu kämpfen und mich zu verteidigen. Aber wofür? Die Königin schickt mich in dieses langweilige Frankreich, wo mein einziger Lebenszweck darin bestehen wird, diesem häßlichen Comte Erben zu gebären.«

»Ich für meinen Teil bin dankbar, in einem zivilisierten Land zu leben«, beharrte April. »Und der Comte de Beaulieu ist durchaus ein gutaussehender Mann. Zeig mir doch noch einmal die Miniatur.«

Heather griff unter ihren Reiseumhang aus dunklem Tuch und zog das Bild aus ihrer Brusttasche. Lady und Zofe beugten sich über das gemalte Antlitz des französischen Adeligen.

Und entgegen blickte ihnen der dreißigjährige Savon Fougere, Comte de Beaulieu. Die Farbe seines rötlichbraunen Haares deckte sich mit der des Schnurrbartes unter der dünnen, spitzen Nase. Sein Gesicht war schmal, fast dünn, die Augen dunkel, fast schwarz. Und sein Gesichtsausdruck … Nun, als fühle er unsagbaren Schmerz. Als hätte man ihm eine Pike in den …

»Der Comte ist bestimmt ein attraktiver Mann«, sagte April und versuchte, ihre Abscheu vor seinem Äußeren zu verbergen. »Mit Sicherheit hat der Künstler sein wahres Gesicht nicht einfangen können. Es ist unmöglich, das Wesen eines Menschen mit Pinsel und Leinwand wiederzugeben.«

»Fougere ähnelt einem Wiesel«, kam Heathers knappe Antwort. »Und diese kalten Schlangenaugen werde ich nie lieben können. Er wirkt wie ein Mann ohne Gefühle und Zärtlichkeit.«

»Schließ nie vom Äußeren auf den Charakter eines Mannes«, ermahnte sie April.

»Wenn er mir nicht gefällt, werde ich ihm einfach davonlaufen – so wie Brigette!«

»Lady Heather«, beharrte Kapitän Armande. »Als Kapitän dieses Schiffes erkläre ich, daß Ihr Euch hiermit unter Deck verfügt.«

Er hätte es sich nicht träumen lassen, einmal Gouvernante zweier englischer Jungfern spielen zu müssen. Und wer hätte gedacht, daß ihm solche Dämchen derart auf die Nerven gehen könnten.

Heather warf einen letzten Blick zur Küste. England gab es nicht mehr. Einen kurzen Moment wallte Furcht in ihr auf, doch dann sagte sie kühl: »Gut, gehen wir also unter Deck.«

Sie folgten dem Kapitän. »Meinst du, wir werden England je Wiedersehen?« flüsterte April. Hoffnung schwang in ihrer Stimme.

Heather blickte ihre Cousine kurz aus den Augenwinkeln an. Ihre Lippen zuckten vor Vorfreude. »Oh, sollte der Comte meinen Erwartungen nicht genügen, bestimmt.« Sie seufzte tief und theatralisch. »Doch ich fürchte, der Fußmarsch zurück nach England wird lang und beschwerlich!«

Kapitän Armande öffnete die Tür und ließ sie in die Kabine eintreten. »Das wird in den nächsten zwei Wochen Euer Zuhause sein.«

Ihr neues Zuhause war kaum größer als eine Pferdebox, dunkel und düster. Nur ein einziges Bullauge ließ kärgliches Tageslicht in den Raum. Unter dem runden Fenster war eine klapprige Koje, gegenüber ein wackeliger Tisch, jedoch keine Stühle. Die Truhen mit ihrer persönlichen Habe waren an der einen Seite der Kajüte sorgfältig übereinandergestapelt. Im rechten Winkel zur Koje hing ein großes Stück Stoff, das an beiden Enden mit Seilen zusammengezurrt und in die Wand verhakt war.

»Was ist denn das hier?« fragte Heather und hüpfte ungezwungen hinein. Zu ihrem Erstaunen schwang die Vorrichtung vor und zurück.

Kapitän Armands Gesichtsausdruck entspannte sich leicht, man hätte fast sagen können, er lächelte. »Man nennt das eine Hängematte. Eure Zofe kann darin schlafen.«

»Ach, ich glaube, ich werde es selbst benutzen«, antwortete Heather, nachdem sie den entsetzten Gesichtsausdruck ihrer Cousine gesehen hatte. »Es sieht bequemer aus als diese klapprige Koje.«

»Während unserer Überfahrt könnt Ihr Euch mit Eurer Zofe nachmittags zwischen zwei und vier Uhr an Deck aufhalten«, informierte sie Kapitän Armande knapp. »Die Unterkünfte der Männer liegen weiter unten. Der Zugang ist Euch strikt untersagt. Die Mahlzeiten wird man Euch hier servieren. Noch Fragen?«

»Und wo sollen wir essen?« fragte Heather. Ihre schimmernden Augen hatten sich zu kleinen Schlitzen verengt.

Voller Abscheu starrte sie auf den Franzosen. »Ich sehe hier keine Stühle.«

»Der Tisch kann an die Koje herangezogen werden.« Kapitän Armande hatte seinen strengsten Gesichtsausdruck aufgesetzt in der Hoffnung, daß sich der rebellische Zug dieser jungen Frau dadurch zähmen ließe. »Eine Nichtbeachtung dieser Anordnungen käme einer Meuterei gleich.«

»Sind wir Gäste oder Gefangene des Comte?« stichelte ihn Heather.

»Lady Heather, diese Regeln sind zu Eurem persönlichen Schutz gedacht.« Mit dieser einsilbigen Antwort wollte der Kapitän grußlos die Kabine verlassen.

»Kapitän Armande!« Heather ließ nicht locker. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, setzte sie ihr gewinnendstes Lächeln auf. »Beaulieu liegt am Mittelmeer, und das Wetter ist dort das ganze Jahr über schön. Aber das ist leider alles, was ich über mein neues Zuhause weiß. Könnt Ihr mir nicht etwas mehr erzählen?«

»Ich werde an Deck gebraucht. Für derlei Dinge fehlt mir die Zeit«, antwortete Armande und stand schon an der Tür.

»Warum ist der Comte nicht selbst nach England gereist, um seine zukünftige Frau zu holen?«

Kapitän Armande drehte sich ein letztes Mal zu ihr um. »Der Comte gibt mir Anweisungen und Befehle. Er teilt mir nicht seine Gedanken und Beweggründe mit. Und für einen so mächtigen Mann wäre ein Seegang viel zu gefährlich. Seine Feinde brennen darauf, ihm eine Falle zu stellen.«

»Fougere ist ein Feigling?« platzte Heather heraus.

April hielt vor Entsetzen die Luft an. Kapitän Armande verließ die Kajüte ohne ein weiteres Wort. Die Tür fiel hinter ihm krachend ins Schloß.

»Wie kannst du einen so abscheulichen Gedanken hegen, geschweige denn aussprechen?« tadelte die besonnene April ihre Cousine.

Heather warf einen Blick auf April, die ganz durcheinander wirkte. Sie lächelte. »Was wie ein Wiesel aussieht und sich wie ein Wiesel verhält, das ist ein Wiesel!«

***

Günstige Winde brachten die Belle Beaulieu auf schnellstem Wege durch die Straße von Dover und den Ärmelkanal. Sie waren bereits auf dem offenen Meer angelangt. Doch nun segelte das Schiff geradewegs in einen Sturm. Heather hüpfte trotzdem fröhlich aus ihrer Hängematte – es war Zeit, an Deck zu gehen.

»Komm, laß uns etwas Luft schnappen«, forderte sie ihre Cousine auf.

»An Deck?« fragte April besorgt. Sie blinzelte durch das Bullauge. »Der Himmel ist ganz dunkel.«

»Ein bißchen Wasser hat noch niemandem geschadet.« Heather warf sich schon ihren wollenen Umhang über. »Kommst du nun?«

Zögernd griff April nach ihrem Umhang.

»Zurück in die Kabine«, rief Kapitän Armand, sobald sie ihren Fuß an Deck gesetzt hatten.

Heather drehte sich langsam zu diesem Ekel. »Euren Anweisungen zufolge können wir jeden Nachmittag zwischen zwei und vier Uhr an Deck sein.«

»Das Wetter ist zu rauh«, rief der Kapitän. Der Wind peitschte die Regentropfen an der Reling entlang.

»In der Hölle sollst du …«. Heather stieß einen Fluch aus und rannte ihrer Cousine nach in die Kabine.

Am nächsten Morgen weckten sie Sonnenstrahlen, die durch das winzige Fenster brachen. Ihren heutigen Ausflug würde kein rauhes Wetter stören.

Punkt zwei Uhr tauchten Heather und April an Deck auf. Doch anstatt sich in der strahlenden Sonne zu wärmen, marschierte Heather wie ein angreifender Soldat auf den unglückseligen Kapitän zu.

»Sich mit Meerwasser zu waschen, ist ekelhaft und unerträglich. Ich wünsche, daß Ihr für mich und meine Zofe für angenehmere Bedingungen sorgt.«

Kapitän Armande mißachtete die Beschwerde und ging einfach davon.

Auch am dritten Tag ihrer Reise war ihnen das Wetter wohlgesonnen. Und auch dieses Mal beschwerte sich Heather. »Zu den Mahlzeiten sitze ich eingekrümmt in der Koje, vor mir der wackelige Holztisch. Das raubt mir den Appetit.«

Und auch heute ignorierte sie der Kapitän.

Zwei Tage später durchglitt die Belle Beaulieu die Straße von Gibraltar. Vor ihnen lag das Mittelmeer. Erst ging es eine Weile südlich, dann wurde der Kurs auf Nordnordost in Richtung südfranzösische Küste geändert. Ein warmer Wind umspielte Heather und April, sanft wie die Liebkosungen eines kunstfertigen Liebhabers. Die Sonne erwärmte ihre Gesichter, tanzte über das Meer und färbte die Wellen in allen Schattierungen von Grün und Blau.

»Vielleicht ist er ja ein fröhlicher Mensch«, sagte April, die sich mit Heather ein weiteres Mal dem Studium des Comte widmete und nachdenklich auf das Medaillon blickte.

»Sieht so ein fröhlicher oder gutmütiger Mensch aus?« Heather zog altklug eine perfekt geschwungene kupferfarbene Augenbraue hoch. Sie warf ihrer Cousine einen warnenden Blick zu. »Wenn Gott in seiner Gnade etwas für mich tun will, dann möge er schleunigst eingreifen!«

»Du hast ihn noch nicht einmal kennengelernt«, erwiderte April. »Du mußt deinem zukünftigen Ehemann Zumindest eine Chance geben, Heather.«

Heather stöhnte auf, als hätte sie plötzlich Schmerzen.

»Ist dir nicht wohl?« fragte April besorgt.

»Den Comte zu heiraten bedeutet auch, jede Nacht neben ihm zu liegen und seinen Wünschen gefügig zu sein! Und dieser Gedanke ist ekelerregend. Warum nur hat mir die Königin nicht befohlen, einen gutaussehenden Mann zu heiraten?«

»O Heather! Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht«, sagte April und verzog das Gesicht.

Doch Heather lächelte schon wieder keck. »Bevor wir dieses Beaulieu erreicht haben, wird mir etwas eingefallen sein. Wie kann ich es nur einrichten, daß der Comte mich unattraktiv findet? Vielleicht findet er ja meine Sommersprossen abstoßend!«

April schaute ihre Cousine prüfend an. Auch mit Sommersprossen war Heather eine Schönheit. Der Comte würde von ihr fasziniert sein. Heather mußte sich mit der Situation abfinden. Es sei denn … »Vielleicht hat Gott ein Einsehen«, sagte April laut. »Vielleicht zieht der Comte die Gesellschaft von Männern vor.«

»Wie meinst du das?«

»Manche Männer schätzen die Gesellschaft von Männern. Ich habe das gehört. Die Leibgarde Eures Bruders …«

Heather brach in ungläubiges Gelächter aus.

Am nächsten Morgen kletterte sie mißstimmig aus ihrer Hängematte. Selbst die Sonne konnte ihre Laune nicht heben.

»In dieser teuflischen Konstruktion ist an Schlaf nicht zu denken. Die Matte schwingt hin und her!« Diese Ansprache an den Kapitän verlief ergebnislos. Armande ignorierte sie, wie üblich.

Am folgenden Tag schritt Heather um Punkt zwei Uhr mit April im Schlepptau nach oben an Deck. »Was zuviel ist, ist zuviel« stand auf ihrer Stirn geschrieben. Sie suchte das Deck nach Kapitän Armande ab. Noch ein einziger Tag unter solchen Bedingungen war nicht zumutbar. Vielleicht würden ja ein paar Tränen das Herz des Franzosen erweichen.

Aber der Kapitän war nirgends zu sehen. Heather sprach einen Matrosen auf Französisch an, dann einen zweiten. Doch außer Stirnrunzeln und Achselzucken war aus der Mannschaft nichts herauszubekommen.

Als sie zwei Stunden später wieder in ihre Kabine gingen, entdeckte April den Kapitän unter Deck, doch sie behielt es für sich. Offenbar waren dem Kapitän Heathers Beschwerden und Nörgeleien zuviel geworden und er hatte einfach beschlossen, sich dem nicht länger auszusetzen.

Heather hingegen sah sich als mißhandelte Gefangene. Die Gedanken an ihren zukünftigen Ehemann waren weder zärtlich noch liebevoll. Monsieur Savon Fougere würde sich einiges anhören müssen, wenn man endlich in Beaulieu angekommen war.

Am achten Tag der Reise und ihrer Gefangenschaft war es mit Heathers Geduld zu Ende. Sie war doch die zukünftige Comtesse de Beaulieu! Also konnte sie sehr wohl tun und lassen, was ihr beliebt, konnte kommen und gehen, wann sie wollte.

Sie erhob sich aus der Hängematte, in die sie sich seit dem Frühstück grübelnd zurückgezogen hatte. Entschlossenheit stand nun in ihrem Gesicht geschrieben. Sie ging Richtung Tür.

»Wohin willst du?« April blickte von ihrer Stickarbeit auf.

»An Deck!«

»Heather! Der Kapitän hat es uns verboten. Es ist doch noch gar nicht Nachmittag.«

Heather warf ihrer Cousine einen entschlossenen Blick zu. »Nein? Na, du wirst gleich sehen, was ich darf!« Mit diesen Worten griff sie nach der Tür.

»Oh!«

Etwas hatte die Seite des Schiffes so hart gerammt, daß Heather durch die Wucht des Aufpralls quer durch die Kabine gegen die Koje geworfen wurde. Sie schrie auf, als sie dabei fast ihre Cousine unter sich begrub.

Doch sofort hatte sich Heather in der Gewalt. Sie hielt April den Mund zu und flüsterte nur: »Hörst du denn nichts?«

Oben an Deck wurde Alarm geläutet. Man hörte Schreie und Flüche, das Rasseln von Säbeln, das Aufeinandertreffen blitzender Klingen.

»Was ist das?« fragte April zitternd.

»April!« verkündete Heather strahlend. «Das ist unser Abenteuer!«

»W-Was meinst du denn damit?« Jetzt klang Angst aus Aprils Stimme.

»Du stotterst ja! Es klingt, als würden wir angegriffen. Obwohl es bestimmt keinen Grund zur Sorge gibt«, antwortete Heather.

»Angegriffen?« schrie April in Panik auf.

»Psst.«

Heather legte ihr einen Finger auf die Lippen und bedeutete April, leise zu sein. Dann sprang sie von der Koje herab und durchwühlte die Truhen in der Ecke. Nach einigen Minuten zog sie einen prächtigen, juwelenbesetzten Dolch hervor, das Abschiedsgeschenk ihres Bruders. Oh, hätte ihr doch die Mutter nicht verboten, auch ihren Degen mitzunehmen!

»Wohin geht du?« fragte April zitternd, doch mit Nachdruck in der Stimme.

»Nach oben. Ich will sehen, was dort oben los ist.«

»Heather, bitte! Bitte, laß mich hier nicht allein. Ich sterbe vor Angst!«

»Gut, du kannst mitkommen. Doch was auch immer passiert, halte dich nicht an meinem Arm fest! Hast du das verstanden?«

April nickte zitternd.

Heather öffnete die Tür einen Spaltbreit und blickte den Gang hinunter. Niemand war zu sehen, An die Wand gepreßt, schlichen sie langsam zur Treppe, die an Deck führte. Plötzlich hörte man von oben einen gellenden Schrei. Und dann Stille.

April wimmerte.

»Ssshh!«

Heather ging als erste die Treppe hinauf, April folgte ihr zögernd. Oben angekommen, blieben beide wie angewurzelt stehen.

Ein wahrer Riese versperrte ihnen den Weg. Beide hatten noch nie einen furchteinflößenderen Menschen gesehen. Er trug schwarze, weitgeschnittene Hosen, deren Enden in schwarzledernen Stiefeln steckten. Der dunkle Haarschopf hing ihm wild in den Nacken und floß herab auf die nackte Brust. In seiner Riesenpranke hielt er ein gebogenes Schwert, eine Waffe, die Heather in all ihren Unterrichtsstunden noch nie zu Gesicht bekommen hatte.

»Bleib, wo du bist«, warnte Heather den Piraten und fuchtelte dabei mit ihrem lächerlich kleinen und eleganten Dolch vor seinem Gesicht herum. »Wenn dir dein Leben lieb ist, dann wage es nicht, dich uns zu nähern.«

Der Hüne grinste und hob eine Hand hoch, als wolle er sich ergeben. Dann drehte er sich etwas zur Seite und rief über die Schulter: »Kaptan!«

Heather versuchte, die Lage an Bord mit einem kurzen Blick zu erfassen. Überall an Deck lagen französische Seeleute, bereits tot oder im Sterben. Kapitän Armande wurde von zwei grimmigen Piraten bewacht. Er stand etwas abseits und mußte zusehen, wie seine Fracht auf das feindliche Schiff geladen wurde.

Die dunkle Gestalt wollte Heathers Unachtsamkeit ausnützen und näherte sich ihnen. Doch schon knurrte sie so überzeugend, wie sie nur konnte, und richtete den Dolch auf seinen Hals.

»Kaptan!« rief er ein zweites Mal. Und dieses Mal grinste er nicht mehr.

Der junge Anführer des Piratenhaufens fand den Anblick des zerbrechlichen Wesens, das seinen Ersten Offizier zu bedrohen suchte, fast erheiternd. Er war erst Mitte Zwanzig, doch bereits Kapitän, ein großer, gutgebauter, breitschultriger Mann, dessen Gesicht von der Sonne gegerbt war.

»Was haben wir denn hier?« fragte er auf französisch. Aus seinem hübschen Gesicht und den glänzenden schwarzen Augen sprach Verblüffung über diese unerwartete Wendung ihres Raubzuges.

»Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten«, fauchte Heather auf französisch zurück.

»Seid Ihr Französin?« wollte der Kapitän wissen. »Nein!« erklärte Heather entrüstet.

»Was dann?«

»Das geht dich gar nichts an«, gab Heather zurück.

Er lächelte, fasziniert von ihrer wilden und ungezähmten Schönheit, über diese unglaubliche Kühnheit. Das feurige Haar dieses Weibes entsprach dem feurigen Wesen und ihrem Mut. Welch wunderbare und seltene Bereicherung seines Harems!

»Ich bin Malik ed-din. Meine Feinde nennen mich Laich des Hais. Ich bin der Enkel des berühmten Khair ed-din, auch Barbarossa genannt.«

»Baba wer?« Heather schien herzlich wenig beeindruckt.

Der Kapitän und sein Erster Offizier wechselten bedeutungsvolle Blicke. Augenscheinlich belustigte sie dieser Wortwechsel.

»Und mit wem habe ich die Ehre?«

Heather richtete sich auf, mochte der Hüne sie auch um Haupteslänge überragen. Auf englisch antwortete sie: »Ich bin Heather Elizabeth Devereux, Cousine von Elizabeth, Königin von England.«

»Und eine seltene und schöne Blüte, die gepflückt werden muß«, antwortete Malik zu Heathers Überraschung auf englisch. Er hielt ihr seine Hand entgegen: »Kommt mit mir. Ich werde Euch sicher auf mein Schiff geleiten.«

»Eine Blüte? Ich bin eine englische Rose. Und Rosen haben Dornen.« Heather fuchtelte wieder mit ihrem Dolch herum. »Bleib, wo du bist.«

»Heather, treib es nicht zu weit! Verärgere ihn nicht. Diese Türken sind als gefährlich verschrien«, flüsterte April hinter ihrem Rücken.

»Wer versteckt sich da hinter Euch?« fragte Malik. »Meine Cousine April.«

»Guten Tag, wie geht es Euch«, kam etwas zaghaft Aprils Antwort. Sicherheitshalber hielt sie sich noch immer hinter ihrer mutigeren Cousine versteckt. »Es ist mir eine Freude, Eure Bekanntschaft zu machen.« Beinahe hätte sie noch einen Hofknicks gemacht.

»April! Dieser werte Herr hier stattet uns keinen Höflichkeitsbesuch ab!«

Nicht eine, sondern zwei wahre Schönheiten für seinen Harem, dachte Malik und rieb sich in gedanklicher Vorfreude die Hände. Er kam einen Schritt näher.

»Halt!« schrie Heather auf und richtete ihren Dolch nun direkt auf den Piraten. »Ich habe gelernt, mit Waffen umzu …«

Mit einer blitzschnellen Handbewegung hatte ihr Malik den Dolch aus der Hand geschlagen. »Und nun, mein schönes Wesen?« Er kam noch näher. »Was werdet Ihr nun tun?«

»Dieses Schiff gehört meinem zukünftigen Ehemann«, antwortete ihm Heather stolz. »Und die Rache des Comte de Beaulieu wird furchtbar sein.«

Das Lächeln verschwand aus Maliks Gesicht. Jetzt war es an Heather zu lächeln und im Stillen zu triumphieren.

»Rashid!« Malik nickte dem Hünen zu. Er zerrte April hinter Heather hervor und hielt sie in seinem stählernen Griff.

Lässig musterte Malik seine feurige kleine Gefangene von allen Seiten. Heather fühlte sich plötzlich wie ein Pferd, das zur Versteigerung angeboten wird. Malik genoß den Anblick sehr. Doch leider durchkreuzte die Identität dieser Ungläubigen seine Pläne. Denn nun gab es jemanden, der ein noch größeres Interesse an ihr hatte. Aber Malik tröstete sich schnell. Diese Cousine war ein reizendes, süßes Vögelchen.

»Ihr seid wahrhaftig dem Wiesel versprochen?« Vielleicht hatte sich Malik ja auch nur verhört.

»Der Comte de Beaulieu ist kein Wiesel«, entgegnete Heather empört.

»Also habt Ihr ihn noch nicht kennengelernt«, antwortete Malik grinsend. Und mit erhobener Stimme setzte er nach: »Heather Elizabeth Devereux, hiermit erkläre ich Sie zum Eigentum des Khalid Beg, des kaiserlichen osmanischen Prinzen.«

»Menschen sind nicht das Eigentum anderer Menschen«, antwortete Heather kühl.

»Natürlich sind sie das. Herren besitzen doch ihre Sklaven, oder?«

Heather reckte stolz die kleine Stupsnase in die Höhe. »Nicht in England. Unsere Diener sind keine Leibeigenen, sondern freie Menschen.«

»Aber Ihr seid nicht mehr in England, mein kleines Mädchen«, entgegnete Malik kühl. Ohne noch auf ihre Antwort zu warten, rief er seiner Mannschaft zu: »Entladet weiter!« Dann drehte er sich wieder Heather zu und gab den knappen Befehl: »Ihr kommt mit mir.«

»Nein!«

»Das Schicksal dieser Barbaren ist für eine so zarte Lady wie Euch kein angenehmes Schauspiel.« Im Umgang mit Frauen zog es Malik immer vor, Vernunft statt roher Gewalt einzusetzen. »Ich werde Euch und Eure Cousine auf mein Schiff bringen lassen. Dort seid Ihr in Sicherheit.«

»Nein.« Heather weigerte sich noch immer, denn sie ahnte nicht, was sie nun gleich zu sehen bekommen würde.

»Ihr wollt also Zeuge der Rechtsprechung der kaiserlichen Flotte werden?« fragte Malik.

»Ha! Kaiserliche Freibeuter würde es wohl eher treffen!« fauchte Heather.

Malik zuckte mit den Schultern. Die Hinrichtung eines einzigen Ungläubigen sollte genügen, um diesen Wildfang zu zähmen. Er drehte sich zu den Männern, die den französischen Kapitän bewachten.

Einer trat ein paar Schritte zurück, der andere hob sein Krummschwert in die Luft. Mit einer einzigen raschen Bewegung trennte er den Kopf des Kapitäns vom Rumpf.

Zuerst spürte Heather nur Entsetzen. Dann starrte sie auf den abgeschlagenen Kopf. »Vater«, hauchte sie noch leise und brach dann zusammen. Malik hatte eine solche Reaktion erwartet und fing das junge Mädchen auf.

Ohne Vorwarnung trat April ihren Bewacher zwischen die Beine und entwand sich seinem Griff, als der Hüne sich vor Schmerzen nach vorne bog. Sie rannte zu ihrer bewußtlosen Cousine.

Ihre ganze Wut richtete sich gegen den Piratenkapitän. »Das habt Ihr damit angerichtet. Nun werden mich ihre Alpträume wieder wochenlang wachhalten.«

Malik warf Rashid einen warnenden Blick zu. »Laß das Grinsen, Rashid. Ich nehme die Lady, du trägst dieses Vögelchen.«

Malik hob Heather behutsam hoch. Vorsichtig ging er mit seiner Beute auf der Schulter die Gangway hinunter. Rashid griff nach April, warf sie sich rüde über die Schulter und ging seinem Kapitän nach.

Als sie wieder zu sich kam, blickte Heather in Aprils besorgte Augen.

»Wie geht es dir?« fragte April.

»Sicherlich besser als Kapitän Armande.«

April lächelte erleichtert. Wenn Heather ihre typischen morbiden Witze machen konnte, mußte es ihr schon wieder besser gehen.

Ohne sich zu bewegen, musterte Heather die neue Umgebung. Die Kabine wurde von Lampen und Licht, das durch zwei große Bullaugen fiel, sanft beleuchtet. Sie war groß genug für ein richtiges und bequemes Bett lind einen solide gebauten Tisch mit zwei schön verzierten Stühlen. Kuschelige Kissen in kostbaren Bezügen lagen verstreut in der einen Ecke der Kabine. Mehr konnte Heather nicht sehen, ohne sich zu bewegen.

»Als Gefangene der Türken lebt man luxuriöser denn als Gast von Fougere!«

April nickte und deutete auf die Kisten in der Ecke. »Schau mal. Sie haben uns sogar unsere persönliche Habe gebracht.«

»Sei doch nicht so ein Dummerchen! Das gehört nicht mehr uns. Diese habgierigen Lumpen werden nicht das kleinste Fitzelchen zurücklassen.«

Plötzlich schwang die Tür auf. Malik verharrte für einen kurzen Moment im Türrahmen und schlenderte dann betont lässig herein.

»Wie ich sehe, geht es Euch schon wieder besser«, sprach er sie auf französisch an, einer Sprache, in der er sich eindeutig wohler zu fühlen schien als im Englischen.

»Was ist mit dem Schiff des Comte und seiner Besatzung?«

»Gewalt verstört Euch. Und ich begehe den gleichen Fehler nie zweimal. Also laßt uns von etwas anderem sprechen. Von angenehmen Dingen, wie die Eurer Schönheit …«

»Ich sagte doch schon, ich bin nicht Eure Schönheit!«

»Und ich sagte schon, Ihr gehört mir. Ihr seid mein Eigentum. Ich habe Euch erobert.«

Heather schnaubte abschätzig. »Mein Verlobter wird eine große Summe Lösegeld zahlen, wenn ich ihm sicher …«

»Es wird kein Lösegeld geben«, sagte Malik.

»Aber …«

»Egal, welchen Preis man für Euch bieten würde, er würde nie Eurem wahren Wert entsprechen.«

»Was soll das heißen?« fauchte Heather ihn an.

»Seid still! Jetzt ist es genug!« Malik verlor fast die Beherrschung. Dieses zarte Persönchen war einfach hinreißend – und konnte einen gleichzeitig um den Verstand bringen. Falls Khalid sie nicht sofort tötete, dann würde sie mit einem gezielten Stich in sein Herz treffen.

»Ihr befindet Euch in meiner Kabine. Ich stelle sie Euch für den Rest der Fahrt zur Verfügung. Versucht nicht zu fliehen. Ihr könnt nicht entkommen. Die Tür werde ich bewachen lassen.«

»Aber dafür besteht doch gar kein Grund.« Heather schnurrte plötzlich mit der Stimme eines sanften Kätzchens. »Wir würden doch nie auf die Idee kommen, dieses dreckige und verachtungswürdige Leben, das du führst, mit unserer Flucht noch zusätzlich zu erschweren!«

Malik erkannte das Spiel, das diese kleine Engländerin spielte. Sie war gefangen und wußte, daß es keinen Ausweg gab. Was blieb ihr sonst, als ihn mit ihrer scharfen Zunge zu verletzen! Er lächelte.

»Können englische Ladies Schach spielen?« fragte er. »Wir könnten heute abend eine Partie spielen.«

»Oh, mein werter Herr Kapitän!« begann Heather. Sie war wütend, da ihm ihre Beleidigungen so gar nichts auszumachen schienen. »Ich danke für Ihre überaus großzügige Einladung. Noch lieber würde ich allerdings mit einer Giftschlange spielen.«

»Khalid wird Euch schon Benehmen beibringen.« Mit diesen Worten ging Malik zur Tür.

»Wer ist Khalid?«

Malik hielt inne. Er drehte sich zu Heather. Seine Stimme klang verändert, tief, bedrohlich, ernst. »Khalid ist das Schwert Allahs.« Damit schloß er die Tür.

»O Herr!« stöhnte April leise auf. »Was, in Gottes Namen, ist das Schwert Allahs?«

»Ach, mach dir darüber jetzt keine Gedanken, April.« Heather versuchte, sich ihre Angst und Aufregung nicht anmerken zu lassen. »Wir sollten jetzt lieber an unsere Flucht denken.«

»An unsere Flucht?« rief April aus. »Wir sind auf einem türkischen Schiff, bewacht von Piraten. Wir sind im Mittelmeer. Mitten im Mittelmeer. Wir können nicht fliehen.«

»Aber, April. Du bist doch sonst nicht so unbeherrscht! Und außerdem schreit eine Zofe ihre Lady nicht an.«

»Im Notfall schon.« April war selbst verwundert über ihren Temperamentsausbruch. »Du spielst immer mit dem Feuer.«

Heather hatte ihre Cousine noch nie so gesehen. Immerhin … auch April konnte die Krallen zeigen.

»Und es ist alles deine Schuld!« fügte sie vorwurfsvoll hinzu.

»Meine Schuld?«

»Du hast dir doch ein Abenteuer gewünscht! Ich nicht! Die ganze Überfahrt hast du davon geträumt, solange, bis dein Wunsch auch in Erfüllung ging!«

»Beruhige dich, April. Sobald wir an Land sind, wohin auch immer dieser Mensch uns bringt, werden wir fliehen. Und ich verspreche dir, daß ich dich sicher nach Hause bringen werde.«

»Nach Hause? Du meinst nach England?«

»Ja. Ich habe gerade beschlossen, daß ich dieses Wiesel nicht heiraten werde!«

»Aber was wird die Königin …«

»Ach, April! An die Königin denke ich jetzt wirklich nicht.«

»Heather, du träumst doch«, sagte April und setzte sich neben Heather auf das Bett. »Wir können doch gar nicht entkommen. Wie kannst du in einer solchen Situation nur so ruhig sein?«

»Ich bin erleichtert, nicht ruhig. Daß ich mich dem Wiesel nicht hingeben muß.«

»Heather, es gibt Schlimmeres im Leben, als einen häßlichen Mann zu heiraten.«

Heather warf April einen Blick zu. »Also gibst du zu, daß der Comte ein Wiesel ist.«

»Sich von einem häßlichen Mann begatten zu lassen, ist immer noch besser, als die Sklavin eines Heiden zu sein, sein kleines Spielzeug aus dem Abendland.« Und nun schwang nicht nur Furcht, sondern Trauer in Aprils Stimme: »Wir werden England nie mehr Wiedersehen.«

Heather machte sich an ihren Kisten zu schaffen. Sie wühlte einige Minuten in kostbaren Stoffen und Gewändern und zog dann einen anderen Dolch hervor, den sie unter ihrem Kopfkissen versteckte.

»Warte nur ab. Wir werden den nächsten Türken, der hier durch die Tür tritt, als Geisel nehmen. Wir müssen nur Geduld haben.«

Mit diesen Worten legte sich Heather auf das Bett, um nachzudenken. Sie spürte Unsicherheit und Angst, doch auch Erleichterung. Es mußte einen Ausweg geben! Bald schlief Heather tief. April hingegen konnte vor lauter Angst kein Auge zutun.

Sie schaute lange durch eines der Bullaugen nach draußen. Um sie herum war nichts als Wasser. Sie waren verloren.

»Vater«, murmelte Heather im Schlaf.

Auf leisen Sohlen lief April sofort zu ihr.

»Vater!« Noch tief schlafend rollte sich Heather zusammen und weinte.

April schüttelte sie sanft. »Wach auf, Heather, du hast nur wieder schlecht geträumt.«

Heather schlug die Augen auf, doch richtig wach war sie noch nicht. »Mein Vater ist tot. Und das ist alles meine Schuld«, flüsterte sie.

»Ach Heather!« April litt selbst unter dem Schmerz, den Heather immer noch so stark fühlte. Sie strich ihr sanft über das kupferfarbene Haar. »Du weißt doch, daß das nicht stimmt.«

»Wenn ich damals nur …»

»Das ist alles lange her, und du kannst es nicht ungeschehen machen«, unterbrach April diese dunklen Gedanken. »Konzentriere dich lieber auf unsere Befreiung aus den Händen dieser Wilden!«

Heather nickte. Doch sie konnte die Gedanken an die Ereignisse von damals nicht abschütteln. Dieser furchtbare Tag. Der Mord, das Blut ihres Vaters, seine Leiche auf dem Boden … Deshalb hatte sie Fechtstunden genommen, hatte gelernt, mit dem Degen umzugehen und im Zweikampf zu bestehen. So etwas durfte nicht noch einmal geschehen.

»Da kommt jemand«, flüsterte April.

Heather griff nach dem Dolch und preßte sich eng an die Wand. Die Tür ging auf, und ein türkischer Matrose kam mit einem Tablett herein, auf dem eine Mahlzeit angerichtet war. Lautlos wie eine Katze folgte ihm Heather bis in die Mitte der Kabine und drückte ihm dann den Dolch in den Rücken.

»Gib das Tablett meiner Cousine«, befahl ihm Heather. »Und dann dreh dich ganz ruhig und langsam um. Ich will deinen Kapitän sprechen.«

»Zu Ihren Diensten, Mylady!« Malik stand lässig im Türrahmen gelehnt. Zusammen mit seinem Ersten Offizier, dem Hünen, der April wie einen Sack Mehl von Bord getragen hatte, genoß er dieses Schauspiel sehr. Allerdings war sein Degen auf Heather gerichtet.

»Laß sofort die Waffe fallen«, befahl ihm Heather. »Sonst ist dieser Mann tot.«

»Ich habe so viele Männer an Bord, daß ich den Verlust eines einzelnen leicht verschmerzen kann«, antwortete Malik geringschätzig.

»Heather, um Gottes Willen, halte dich zurück! Wir dürfen diesen Türken nicht verärgern. Er wird uns sonst sicherlich töten.«

»Dreht Euch vorsichtig um und gebt mir den Dolch«, befahl Malik.

Heather tat wie geheißen. Malik sagte etwas auf türkisch, und der Hüne durchsuchte die Truhen erfolglos nach weiteren Waffen.

»Bon appetit, Mademoiselles!« Der Kapitän konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, schloß aber trotzdem beim Hinausgehen die Tür sorgfältig ab. Ein Weinglas verfehlte ihn nur knapp. »Mieser Wicht«, zischte Heather ihm hinterher.

»Und nun?« wimmerte April.

»Dich verläßt immer so schnell der Mut, April. Wir werden uns eben etwas anderes ausdenken.«

Die Saddam segelte, von guten Winden begünstigt, durch die Dardanellen nach Gallipoli. Dort lag das Haus des Kapitäns. Während der ganzen Fahrt durften Heather und April ihre Kabine nicht verlassen; ihre einzigen Besucher waren Malik und sein Erster Offizier Rashid. Die entwürdigende Aufgabe, heidnischen Frauen das Essen zu servieren und sich um ihre wenigen Bedürfnisse zu kümmern, fiel Rashid zu. Seine bloße Größe, vom Krummschwert an seiner Seite ganz abgesehen, verwandelten Heather und April für ein paar Tage notgedrungen in sanfte Schäfchen.

»Schau mal, dort!« Heather stand am Bullauge.

April hatte sich in ihre Stickerei vertieft, um auf andere Gedanken zu kommen. Jetzt kam sie zu ihr ans Fenster. »Land!« rief sie begeistert aus.

In der Ferne erhob sich hinter einem strahlend hellen Strand eine hügelige Küstenlandschaft. Der Strand war übersät von weißen Zelten. In den Hügeln konnte man ein prächtiges Anwesen ausmachen.

»Wo sind wir hier?« fragte April.

»Tja, das wüßte ich auch gerne.« Heather rüttelte an der Tür. Verschlossen. »Wir werden es wohl bald erfahren.«

»Vielleicht ist es besser, wir wissen es nicht.« April versuchte, sich wieder auf ihre Stickerei zu konzentrieren.

Zur gewohnten Stunde ließ sich kein Rashid blicken, um ihnen das Mittagessen zu bringen. Das Schiff wurde ausgeladen. Eine quälende Unruhe erfaßte sie. Plötzlich wurde die Tür aufgeschlossen.

Malik trat mit einem Tablett in der Hand herein und lächelte. Daß der Kapitän selbst sie jetzt bedienen würde, machte sie nur noch unruhiger.

»Willst du uns verhungern lassen?« fauchte Heather gereizt.

»Nein, natürlich nicht.« Malik zeigte auf das Tablett. Darauf standen zwei kostbare Kristallgläser, eines mit einer hellen Flüssigkeit gefüllt, das andere enthielt ein rosenfarbenes Getränk. »Diese Erfrischung nennen wir Sorbet. Es wird aus dem Saft von Früchten gewonnen und mit Eis vermischt.«

Malik reichte April das Glas mit Rosenblütensorbet. »Trinkt das jetzt! Sobald wir an Land sind, wird Euch ein Abendessen gereicht.«

Heather nippte an dem anderen Glas und verzog ihre Miene: »Ah, ist das sauer!«

»Habt Ihr noch niemals Zitronen probiert?« Malik schaute aus dem Bullauge auf den Strand.

Heather setzte ihr mit Mühe geleertes Glas wieder auf das Tablett und stellte sich neben ihn ans Fenster. »Was wird nun mit uns geschehen?«

»Die Villa, die Ihr dort seht, ist mein. Die Zelte dort weiter unten gehören Khalid. Manchmal gefällt es ihm, für eine Weile so zu leben wie seine Vorfahren.«

»Dann wäre eine Höhle wohl angebrachter«, knurrte Heather frech.

Malik schaute verächtlich an ihr herab. »Dummes kleines Ding! Einen Mann wie Khalid habt Ihr noch nie kennengelernt.«

»Und was hat dieser Khalid mit mir und April zu tun?« Trotz dieser respektlosen Frage konnte Heather ein kleines Gähnen nicht unterdrücken.

»Mit April nichts. Mit Euch jedoch sehr viel.« Malik beobachtete Heather. Sie streckte sich wohlig und ging dann unsicheren Schrittes in Richtung Bett.

Plötzlich fühlte sie sich wunderbar. Entspannt, beruhigt, etwas schläfrig. Die Konturen der Gegenstände in der Kabine verschwammen leicht. Auch die Gesichter Aprils und Maliks konnte sie nicht mehr scharf sehen. »Also, was habe ich mit diesem Khalid zu schaffen?«

»Ich werde Euch Khalid zum Geschenk machen«. Sagte Malik. »April behalte ich für mich.«

»Oh.« Zu einem größeren Gefühlsausbruch war Heather nicht mehr in der Lage. Sie ließ sich mit Vergnügen aufs Bett fallen.

»Heather, hast du gehört? Er will uns trennen! Das dürft, das könnt Ihr nicht.«

April geriet ganz außer sich und blickte Malik vorwurfsvoll an.

Als Heather auf diesen Gefühlsausbruch nur mit einem gleichgültigen Achselzucken reagierte, wußte April, daß etwas mit ihr nicht stimmte. Was ging hier vor? In hilflosem Entsetzen rannte sie zum Bett und versuchte, Heather wachzurütteln. »Hast du nicht verstanden, was er gesagt hat? Wir sollen getrennt werden!«

»Ach, beruhige dich doch. Und schrei nicht so. Ich bin doch nicht taub.« Und mit diesen Worten schlummerte Heather schon wie ein kleines Kätzchen.

»Beruhige dich. Ich habe deiner Herrin ein Beruhigungsmittel gegeben.« Bei diesen Worten lächelte Malik.

April rannte auf den Piraten zu und hätte ihn beinahe an seinen Schultern geschüttelt. »Was habt Ihr getan?« schrie sie.

»Sei ruhig. Und sei mir dankbar dafür, daß ich es deiner Herrin so leicht gemacht habe. Sie wird die nächsten Stunden schlafen und erst wieder zu sich kommen, wenn du schon in meinem Haus bist.« Und mit dieser knappen Antwort ließ er die beiden allein.

Kapitel 2

Die letzten Sonnenstrahlen zeichneten ein zartes rosafarbenes Muster in den Abendhimmel. Das Schwert Allahs trat aus seinem luxuriösen Zelt und erwartete seine Gäste.

Khalid Beg, der kaiserliche osmanische Prinz, war eine beeindruckende Erscheinung. Er war Soldat aus Leidenschaft und Pflichtgefühl, und sein Körper hatte sich diesem harten und gefährlichen Leben angepaßt. Er war sehr groß, muskulös, mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Das gepflegte schwarze Haar trug er lang und offen. Strahlend hellblaue Augen, das Vermächtnis seiner Urgroßmutter, verliehen dem sonnengebräunten und von Natur aus dunkleren Gesicht einen reizvollen Kontrast. Das ebenmäßig und fein geschnittene Gesicht mit sinnlichen, aufgeworfenen Lippen wurde an der rechten Seite von einer tiefen Narbe entstellt, die von der Schläfe fast bis zum Mund reichte. Khalid Beg war sehr attraktiv. Und wirkte gleichzeitig äußerst gefährlich.

Da ihn die weitgeschnittene Landestracht aus schwerem Tuch behinderte, kleidete sich Khalid Beg nach seinem eigenen Geschmack. Heute trug er weitgeschnittene weiße Hosen, deren Enden er in Stiefel aus glattem Leder gesteckt hatte. Das weiße Hemd aus feiner Baumwolle wurde an den Handgelenken durch Bänder zusammengehalten. An der Seite hing ein Dolch, dessen Knauf und Scheide mit Edelsteinen besetzt waren.

»Allah zum Gruß!« hörte er eine vertraute Stimme rufen. »Khalid!«

Khalid drehte sich zu Malik und Rashid, und die drei Männer begrüßten sich herzlich. Malik folgte Khalid in sein Zelt; Rashid und einige seiner Männer blieben respektvoll im Vorzeit zurück. Khalid und Malik ließen sich auf Kissen neben dem kunstvoll verzierten, niedrigen Tisch nieder.

Ein Diener des Prinzen servierte das Abendessen aus Hammelfleischstücken an Spießen, duftendem Safranreis, süß schmeckenden hellen Paprikaschoten, eingelegten kleinen Gurken, gefüllten Weinblättern, Pfirsichen und Feigen. Er schenkte den Freunden aus einer mit Rosenwasser gefüllten Karaffe ein und verließ dann unter Verbeugungen das Zelt.

Malik warf seinem Freund einen verschmitzten Blick zu und zog aus einer Innentasche seines prächtigen Gewandes eine Hasche Wein. Er füllte sein Kristallglas mit dem rubinrot schimmernden Getränk, hob es gen Himmel, als wolle er Allah dafür danken und …

Khalid schüttelte mißbilligend den Kopf. »Du weißt, daß der Koran uns den Genuß von Alkohol verbietet.«

»Ach, Khalid! Du klingst wie ein Heiliger. Dabei ist dein Onkel Sultan Selim diesem Saft genauso zugetan wie ich. Angeblich plant er sogar die Eroberung Zyperns, um die legendären Weinberge der Insel zu erbeuten.«

»Behalte es bitte für dich, aber ich frage mich manchmal, ob mein Onkel wirklich von meinem Großvater abstammt!«

Malik lachte leise in sich hinein. »Und Murad ist auch nicht viel besser!«

»Cousin Murad ist so süchtig nach den Frauen und nach Gold wie sein Vater nach Wein«, mußte Khalid seufzend zugeben.

»Du wärst ein guter Sultan geworden«, sagte Malik.

»Achte auf deine Worte! So etwas auszusprechen, kommt einem Hochverrat gleich.« Khalid war manchmal in Sorge um seinen Freund, der seine Gedanken so freimütig aussprach. »Außerdem entstamme ich der weiblichen Linie und werde dem Sultan gegenüber immer loyal sein, trotz seiner Schwächen.«

»Verzeih mir, wenn du meine Äußerungen falsch aufgefaßt hast. Sie waren in keinster Weise abfällig gemeint. Ich weiß, wie loyal du bist. Aber … Du besitzt eben viele der Tugenden deines Großvaters.«

»Eine nicht!« erwiderte Khalid stolz. Murad lächelte, denn er wußte, was nun folgen würde. »Frauen werden mich nie so faszinieren können wie ihn. Sie sind von Natur aus falsch. Sie sind in der Tat das schwache Geschlecht und brauchen die starke Hand eines Mannes. Ich werde es nie zulassen, daß mich eine von ihnen behext.«

»Sogar Khurrem und Mihrimah?«

»Meine Großmutter und meine Mutter? Ich wüßte kaum Weiber, auf die das mehr zutreffen würde! Onkel Mustafa hätte als Sultan ein starker Führer werden können, aber er verfing sich in den Machenschaften einer Frau. Und meine Mutter Mihrimah ist fast genauso.«

»Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.« Malik nickte bejahend.

»Erzähle mir lieber, was du auf See erlebt hast, während ich in Istanbul war.«

»Wir haben auch eines von Fougeres Schiffen kapern können.« Malik versuchte, diese Neuigkeit möglichst beiläufig zu erwähnen.

Doch sie verfehlte ihre Wirkung nicht. Khalid blickte zu Boden und schloß für einen kurzen Moment die Augen. Unbewußt berührte er die Narbe an seiner Schläfe. »Diesem Wiesel werde ich das Herz herausreißen. Ich werde Rache nehmen für meine Schwester und für meinen Bruder.«

»Und dafür, wie er dich entstellt hat?«

»Mein Gesicht? Das ist nicht wichtig.« Khalid blickte immer noch zu Boden.

»Wir haben für dich wertvolle Ladung erbeutet, Khalid.« Malik blieb geheimnisvoll.

»Was denn?«

»Laß uns zuerst etwas essen. Du wirst dann schon sehen … Es ist, tja, ich habe dir ein Geschenk mitgebracht.«

»Das einzige, was ich mir wünschen würde, wäre Fougeres Kopf!« Khalid blickte seinen Freund an. »Oder seine Hoden. Allah verfluche ihn.«

»Oh, du wirst dieses Geschenk sehr mögen.« Malik lächelte. »Vertrau mir.«

Während des Abendessens unterhielten sich die beiden Freunde über jüngste politische Ereignisse. Fougere schien vergessen.

Diener kamen herein, trugen die leeren Platten hinaus und brachten Schalen mit warmem parfümierten Wasser und weiche Leintücher, damit sich Khalid und Malik nach dem Essen die Hände waschen konnten.

Malik rief seinen Diener herein. »Bring jetzt das Geschenk für das Schwert Allahs!«

Einige Minuten später betrat Rashid das Hauptzelt. Hinter ihm trugen vier Diener einen großen zusammengerollten Teppich. Ihnen folgte die Leibgarde von Prinz Khalid.

»Ein Teppich?« fragte Khalid.

»Der Teppich ist nur eine Art Geschenkpapier.« Malik nickte seinen Männern zu, die den Teppich wie ein zerbrechliches Gut vorsichtig zu Boden gleiten ließen. Einer der Männer gab dem Teppich einen zarten Tritt, um ihn aufzurollen. Und vor Khalids Stiefeln lag plötzlich eine Göttin, das schönste und ungewöhnlichste weibliche Wesen, das er je gesehen hatte. Eine Göttin der Liebe muß sie sein, dachte er bei sich und konnte seine freudige Überraschung nicht verbergen. Zierlich und zart, doch weiblich gebaut, mit einer Flut roten Haares, wie Khalid es noch nie gesehen hatte. Dieses Zauberwesen trug ein durchsichtiges seidenes Hemd. Es gab ihre Konturen noch nicht preis, doch ließ sie deutlich erahnen.

Khalid kniete an ihrer Seite nieder und streichelte zart ihre Wange.

Von der sanften Berührung wachte Heather auf. Noch etwas benommen öffnete sie ihre wunderschönen smaragdfarbenen Augen.

Khalid lächelte sie an. Heather starrte zurück in strahlendblaue Augen. Sie sah eine tiefe Narbe in einem braungebrannten Gesicht, das trotz dieses Makels wunderschön war. Und dann sah sie Malik. Ihr Blick ging suchend an ihm vorbei. Und plötzlich begriff sie, daß sie fast nackt vor einer Gruppe Männer lag, die sie schweigend und begehrend anblickten.

Mit einer schnellen Handbewegung ergriff sie den Dolch an Khalids Seite und drückte das blitzende Metall an seinen Hals.

»Steh auf«, befahl sie auf französisch.

Überrascht und verärgert stand Khalid langsam auf. Natürlich hatte er keine Angst vor ihr, doch er wollte vermeiden, daß dieses Weib ihm mit ihren zitternden Händen eine Verletzung zufügte.

Heather spürte, daß sie von dem Schlafmittel noch benommen war, aber sie zwang sich dazu, ebenfalls aufzustehen.

Den Dolch mit einer Hand an den Hals dieses Fremden gepreßt, benutzte sie ihre andere Hand, um sich gegen seinen stählernen Blick zu wehren.

Khalid und Heather blickten sich an. Er wirkte fast amüsiert, sie war zu Tode verängstigt.

Plötzlich spürte sie kaltes Metall an ihrem Rücken. Ohne sich zu bewegen, blickte sie nach rechts und nach links. Zu beiden Seiten stand die schwerbewaffnete Leibgarde des Prinzen mit gezückten Schwertern. Und dieses grauenvolle Bild machte einem anderen Platz, das sie seit jenem schrecklichen Tag vor sieben Jahren erfolglos zu vergessen suchte. »Nein!« schrie sie auf und brach zusammen.

Khalid fing sie in seinen starken Armen auf und trug sie zum Diwan. Dort legte er eine Decke über sie und setzte sich an den Rand des Ruhebettes. Seine Garde verließ das Zelt, nur Malik blieb noch zurück.

»So wild wie ein ungezähmter Hengst.« Khalid sprach leise und streichelte dabei sanft Heathers Hand.

»Und knurrig wie ein Kamel«, fügte Malik hinzu.

»Woher kommt sie?«

»Sie ist eine Engländerin.«

»Das ist wirklich ein ganz besonderes Geschenk. Ich danke dir, Malik.« Khalid hatte sich wieder gefangen. »Doch ich habe keine Zeit für Frauen.«

»Sie kommt von Fougeres Schiff.«

Heather kam zu sich. Und wieder starrte sie Khalid an, ohne sich zu rühren.

»Wie geht es dir?« fragte Khalid auf französisch. Er versuchte, seiner Stimme einen strengen einschüchternden Klang zu geben.

Heather zog die Decke hoch bis zum Hals. Sie war sicher noch immer halbnackt und dachte nicht daran, ihre Brüste diesem Fremden preiszugeben. »Und wer bist du? Und wieso setzt du eine ganze Armee ein, um mit einer kleinen hilflosen Frau fertig zu werden?«

»Ah, es scheint dir ja schon besser zu gehen.« Khalid hielt ihr Kinn in seiner Hand und strich behutsam über die schneeweiße Haut. »Du hast wunderbar weiche …«

Mit einer harten Handbewegung schlug Heather seine Hand weg und schüttelte ihre kupferfarbene Mähne.

»Mein Verlobter wird jede Summe …»

»Du hast keinen Verlobten mehr«, unterbrach sie Khalid. »Du gehörst jetzt mir. Dein früheres Leben existiert nicht mehr.«

»Ich gehöre nicht dir. Ich gehöre mir und sonst niemandem«, rief Heather aufgebracht. Was bildete sich dieser Mann ein! Ihre Wut wuchs, und sie stieß hervor: »Der Comte de Beaulieu wird dich miese Kreatur in tausend Stücke zerhacken!«

Diese Worte zeigten Wirkung, doch nicht die erhoffte. Der Gesichtsausdruck des Fremden verfinsterte sich und die Narbe an seiner Seite wurde weiß vor Wut und Erregung.

Heather geriet in Panik, denn sie begriff nun ihre Lage. Sie durfte in Zukunft nicht noch einmal die Beherrschung verlieren, denn das könnte sie dann in Lebensgefahr bringen.

»Der Comte de Beaulieu?« fragte Khalid seinen Freund. Malik nickte. Zitternd vor Angst und schneeweiß im Gesicht beobachtete Heather Khalids Reaktion.

»Ich habe dir die Verlobte des Wiesels gebracht«, sagte Malik.

Khalid starrte auf Heather mit einer Mischung aus Abscheu und Wut.

»Laß mich frei«, flehte Heather mit zitternder Stimme. »Laß mich nach England zurückkehren. Was habe ich dir denn getan?«

Khalid beugte sich so weit vor, daß sie seinen Atem spüren konnte. »Sei still«, zischte er.

Heather verstummte.

Khalid wandte sich zu Malik. »Malik, laß uns jetzt allein!«

»Nein, bleib hier!« Heathers Stimme bebte.

»Laß uns allein.«

»Bleib!«

Wie gefangen stand Malik zwischen beiden. Plötzlich begann er zu lächeln, denn es schien, als habe der osmanische Prinz in der Cousine der Königin von England endlich seine Meisterin gefunden.

Khalid verschloß Heather mit seiner Hand den Mund.

Mit vor Wut geweiteten Augen schlug sie um sich und kämpfte um ihre Freiheit. Doch dann verstand sie, was er wollte, und beruhigte sich.

Zufrieden nahm Khalid seine Hand weg und sagte zu Malik: »Laß uns jetzt bitte allein.«

»Khalid …«, begann Malik.

»Ich habe keinerlei Absicht, deinem wirklich außergewöhnlichen Geschenk ein Leid zuzufügen«, unterbrach ihn Khalid. »Lebend ist es wertvoller als tot. Aber jetzt laß mich allein, damit ich es genießen kann.«

Genießen … das war das Schlüsselwort. Malik legte keinen weiteren Protest ein, denn auch er wollte in der herannahenden Nacht etwas ›genießen‹ – Heathers süße Cousine April. Das Schicksal dieser Ungläubigen sollte seine Sorge nicht länger sein. Er nickte seinem Freund zu und verließ das Zelt.

***

Khalid blickte in weit aufgerissene grüne Augen, aus denen eine dunkle Ahnung sprach. Zwar fühlte er sich von Heathers ungewöhnlicher Schönheit angezogen, doch unter dem äußeren Schein schlummerte etwas Böses, das wußte er. Es konnte nicht anders sein, denn sie war dem Wiesel versprochen. An ihr würde er Rache nehmen für seine Schwester.

Heather hatte furchtbare Angst. Noch nie war ihr ein Mann so nahe gekommen. Noch nie hatte sie sich so verletzlich und allein gefühlt. In seinen kalten stahlblauen Augen las sie Haß. Sie zitterte vor Furcht.

Khalid entging diese Furcht nicht. Zwar hatte er wenig Grund, Frauen zu mögen, und der Koran gestattete auch deren körperliche Züchtigung. Trotzdem hatte Khalid noch nie eine Frau geschlagen. Er hielt Gewalt gegenüber Schwächeren für unmännlich und unehrenhaft. Doch setzte er ohne Zögern Drohungen ein, um sich Frauen gefügig zu machen. Wahre Charakterstärke drückte sich auch in der Fähigkeit aus, Frauen ohne Anwendung von Gewalt zu beherrschen. Besonders, wenn sie so feurig und mutig waren wie diese hier.

»Du bist früher sehr verwöhnt worden. Dieses Leben liegt jetzt für immer hinter dir.« Khalid sprach ruhig, doch in seinen Augen las Heather die Warnung, seine Anweisungen stumm über sich ergehen zu lassen.

Ihre Augen verengten sich, und plötzlich stieg Wut in ihr hoch. Die Angst war verflogen.

Khalid sah den Trotz in Heathers Augen. »Ich warne dich! Aus deinen Augen spricht Aufruhr.«

»Woher willst du wissen, was ich denke?«

»Sei still!« Khalid verlor langsam die Geduld. »Du gehörst mir und wirst jede meiner Launen hinnehmen. Du wirst alles tun, was ich dir befehle. Hast du das verstanden?«

Heather wandte sich von seinem durchdringenden Blick ab. Schweigend starrte sie auf die Zeltwand hinter ihm.

»Sieh mich an, wenn ich mit dir spreche«, befahl Khalid und hob ihr Kinn. Sie konnte seinem Blick nicht länger ausweichen. Doch in ihren schimmernden grünen Augen lagen Mut und Entschlossenheit.

Dann schlug sie die Augen nieder. »Ich habe verstanden.«

»Dein Wohlergehen hängt von deinem Gehorsam ab.«

Heather fuhr auf. »Ach, willst du mich umbringen? Oder mir noch Schlimmeres antun?«

»Lektion Nummer eins: Eine Sklavin stellt ihrem Herren keine Fragen. Hast du das verstanden?«

»Ja.« Doch aus ihrem Blick konnte Khalid schließen, daß sie diese Lektion nicht würde lernen wollen.

»Du bist weniger dumm als ich dachte.« Wutschnaubend wollte Heather dieser offensichtlichen Beleidung widersprechen, doch Khalid unterband ihren Ausbruch kühl. »Lektion Nummer zwei: Eine Sklavin redet nur, wenn sie angesprochen wird. Verstanden?«

Noch nie hatte jemand in dieser Weise mit ihr gesprochen. Heather, die sonst so schlagfertig war, fehlten die Worte.

»Nun?«

»Ich habe verstanden.«

Khalid tätschelte ihre Hand. »Das höre ich gern.«

Sofort wischte Heather ihre Hand an der Decke ab. Eine Geste, die für Khalid gedacht war und diesem nicht entging. Ihr Mut und ihre Kühnheit beeindruckten ihn. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte er sich vor diesem Feind verneigt, bevor er ihn getötet hätte. Doch er hatte noch nie zuvor einem ähnlich tapferen Weib gegenüber gestanden.

»Ich heiße Prinz Khalid, das bedeutet Schwert Allahs.« Bei diesen Worten hatte er eine drohende Miene aufgesetzt. »Doch du wirst mich Herr oder Meister nennen.«

Heather antwortete mit einem zornigen Blick.

»Und wie heißt du?«

»Heather Elizabeth Devereux.«

»Ein sehr langer Name für ein so kurzgewachsenes Geschöpf! Und was bedeutet er?«

»Heather? Das ist eine wildwachsende Blume.«

»Wie passend! Und die anderen Namen?«

»Devereux ist mein Familienname. Den Namen Elizabeth trage ich zu Ehren meiner Cousine Elizabeth, der Königin von England.« Heather hoffte, daß die Erwähnung der Königin diesen Prinzen so einschüchtern würde, daß er sie sofort freilassen würde.

Doch Khalid zeigte sich unbeeindruckt. »Aber deine Familie nennt dich Heather, die Wildblume?«

»Ja.«

»Ich werde deinen Namen ändern. Heather ist zu schwer auszusprechen. Außerdem brauchst du in deinem neuen Leben auch einen neuen Namen.«

»Aber ich mag meinen Namen«, antwortete Heather. »Ich bin an ihn gewöhnt. Auf einen anderen werde ich nicht …«

Khalid zuckte die Schultern. »Also denkst du zu langsam.«

»Ich denke zu langsam?!«

»Sei still!«

»Ich will zurück nach Hause.« Heather scherte sich nicht um seinen Befehl.

»Dein Zuhause ist jetzt hier, hier bei mir. Und vergiß diesen Fougere!«

Wütend schloß Heather die Augen, als hoffte sie, ihn so aus ihrer Gegenwart zu verbannen. Doch als sie sie wieder öffnete, stand Khalid immer noch vor ihr. So hatte sie sich das große Abenteuer nicht vorgestellt. »Ich will zurück nach England.« Ihre Stimme klang schwach. »Ich habe dir nichts getan.«

Khalid blickte sie an. Für einen kurzen Augenblick entspannten sich seine Gesichtszüge. »Dein Vater würde an mir Rache nehmen«, sagte er mehr zu sich, als müsse er sich vor einer Gefühlsduselei warnen. »Ich habe schon jetzt zu viele Feinde.«

»Mein Vater ist tot«, brachte Heather nur mühsam hervor.

»Umso besser. Dann muß ich mir wenigstens um diesen Feind keine Sorgen machen.« Khalid wußte, daß sie diese offensichtliche Gefühllosigkeit sehr herausfordern würde.

»Du Tier!« Heather hatte sich wieder nicht beherrschen können.