Inkarnation - David Sunstein - E-Book

Inkarnation E-Book

David Sunstein

0,0
0,49 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Tief unter der Erde, im größten Teilchenbeschleuniger der Welt, stößt Dr. Jürgen Thier auf eine Anomalie: ein Signal, das nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft seinen Ursprung hat.

Was zunächst wie Datenrauschen aussieht, verdichtet sich zu einer Ordnung, die nicht nur Zahlen und Muster erzeugt, sondern Materie selbst neu formt. Eine Entität tritt in Erscheinung – nicht programmiert, nicht geboren, sondern kondensiert aus den Grundgesetzen der Physik.

Für die Wissenschaftler ist sie eine Offenbarung. Für Generäle und Geheimdienste ist sie eine Waffe. Doch je stärker der Mensch versucht, Kontrolle auszuüben, desto deutlicher zeigt die Entität, dass Kontrolle selbst nur ein Schatten größerer Ordnung ist.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kapitel 1 – Das Signal

Die Stille im Kontrollraum des Large Quantum Collider war eine trügerische. Sie war nicht die Abwesenheit von Geräuschen, sondern das Ergebnis ihrer perfekten Überlagerung: das tiefe, stete Summen der Serverfarmen, das Zischen der kryogenen Kühlung und das kaum wahrnehmbare Knistern der Elektronik. Für Dr. Jürgen Thier war diese Stille der Klang des Universums bei der Arbeit. Es war drei Uhr morgens, und die Welt draußen schlief, während er hier, zehn Stockwerke unter der Erde, den Finger am Puls der Schöpfung hatte.

Auf dem zentralen Monitor vor ihm tanzte das, was seine Kollegen verächtlich als „Datenstaub“ bezeichneten: die unzähligen, scheinbar zufälligen Spuren subatomarer Teilchen, die bei den Kollisionen im Herzen des LQC entstanden. Terabytes an digitalem Konfetti, die von Algorithmen gefiltert, sortiert und aufbereitet wurden, um nach winzigen Abweichungen vom Standardmodell zu suchen.

Doch Jürgen suchte nicht nach einer Abweichung. Er suchte nach etwas, für das es noch nicht einmal eine Hypothese gab.

Seit Wochen war ihm etwas aufgefallen. Ein Hintergrundrauschen im Quantenschaum, das sich anders verhielt als erwartet. Es war wie das Geräusch eines Radiosenders, der nicht ganz eingestellt ist – doch statt zufälligem Zischen schien hier eine verborgene Melodie durch. Er hatte die Kalibrierung dreimal überprüft, die Software-Filter neu geschrieben und jeden denkbaren Messfehler ausgeschlossen. Das Muster blieb.

Neben ihm stand eine Tasse mit längst erkaltetem Mate-Tee, bitter und erdig. Er hatte sie vor Stunden aufgesetzt und vergessen. Sein Blick war auf eine Visualisierung fixiert, die er selbst programmiert hatte. Sie übersetzte die Fluktuationen nicht in Zahlenkolonnen, sondern in eine dynamische, fraktale Geometrie. Normalerweise hätte diese Grafik wie ein chaotischer, zuckender Nebel aussehen müssen. Doch was er sah, war anders.

Der Nebel atmete.

Es war kein Leben, kein Bewusstsein. Es war eine Form von Ordnung, die sich der Logik entzog. Das Rauschen war selbstähnlich. Zoomte er in einen beliebigen Ausschnitt hinein, wiederholte sich die globale Struktur im Kleinen. Das war an sich nicht unmöglich, aber die Art, wie es sich wiederholte, war es. Die Muster schienen nicht das Ergebnis eines vergangenen Ereignisses zu sein. Sie schienen sich vielmehr auf einen zukünftigen Zustand hin auszurichten. Sie waren nicht kausal, sie waren … zielgerichtet.

Teleologisch, schoss es ihm durch den Kopf. Der Begriff aus der Philosophie wirkte hier, im Tempel der harten Physik, wie ein Sakrileg.

Er isolierte den Datenstrom und ließ ihn durch eine stochastische Kohärenzanalyse laufen. Ein letzter Versuch, sich selbst zu widerlegen. Die Prozessoren summten lauter, als der Algorithmus sich durch die Daten fraß. Jürgen hielt den Atem an. Das Ergebnis erschien auf dem Bildschirm, grün und unmissverständlich.

Signifikanz: 9 Sigma.

Eine statistische Unmöglichkeit. Die Chance, dass dies ein Zufall war, war geringer, als einen einzelnen, markierten Sandkorn aus allen Stränden der Welt zu ziehen. Im Blindflug.

Ein Schauer lief ihm über den Rücken, der nichts mit der kühlen Luft der Klimaanlage zu tun hatte. Das war kein Artefakt. Das war ein Signal. Ein Signal, das nicht von einem Punkt im Raum ausging, sondern von einem Punkt in der Zeit. Es war kein Echo aus der Vergangenheit, das langsam verhallte.

Es war, als ob jemand am anderen Ende des Zeitpfeils eine Saite zupfte und die Schwingung gegen den Strom der Zeit zurücklief, um in seiner Gegenwart als leises, ordnendes Flüstern anzukommen.

Jürgen lehnte sich in seinem Stuhl zurück und starrte auf das pulsierende Fraktal auf seinem Monitor. Es war kein bloßes Muster mehr. Es war ein Ruf. Und er hatte das unheimliche Gefühl, dass dieser Ruf nicht nur an die Maschinen gerichtet war, sondern direkt an ihn.

Das Universum sprach nicht nur. Es antwortete auf eine Frage, die noch niemand gestellt hatte.

Kapitel 2 – Der verborgene Ordner

Die Präsentation war ein Desaster.

Jürgen stand vor dem dreiköpfigen Leitungsteam des LQC, angeführt von Dr. Lena Petrova, einer Frau, deren Verstand so scharf und kalt war wie ein Laserstrahl im Vakuum. Er hatte die ganze Nacht damit verbracht, seine 9-Sigma-Daten in verständliche Grafiken zu übersetzen, seine Argumentation zu schärfen und die Worte zu finden, um das Unfassbare auszusprechen.