Innere Heilung: Der neue Healing Code - Alex Loyd - E-Book

Innere Heilung: Der neue Healing Code E-Book

Alex Loyd

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Beschreibung

Endlich: Alex Loyd, Erfinder des legendären Healing Codes, legt den Nachfolgeband seines Bestsellers vor – mit einfachen Anleitungen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich der eigenen Vergangenheit zu stellen. Während sich der erste Band «Der Healing Code» mit der Heilung von physischen und psychischen Erkrankungen beschäftigte, geht der zweite Band nun tiefer: Loyd bietet ein revolutionäres Programm an, mit dem Traumata, negative Prägungen und grundlegende Verhaltensmuster verändert und aufgelöst werden können. Wie immer benutzt er dazu spezielle Grifftechniken, mit deren Hilfe man in nur wenigen Minuten täglich erstaunliche Ergebnisse erzielen kann.

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Alex Loyd

Innere Heilung: Der neue Healing Code

Die 10-Minuten-Methode

Aus dem Englischen von Friederike Moldenhauer

Über dieses Buch

Endlich: Alex Loyd, Erfinder des legendären Healing Codes, legt den Nachfolgeband seines Bestsellers vor – mit einfachen Anleitungen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich der eigenen Vergangenheit zu stellen. Während sich der erste Band «Der Healing Code» mit der Heilung von physischen und psychischen Erkrankungen beschäftigte, geht der zweite Band nun tiefer: Loyd bietet ein revolutionäres Programm an, mit dem Traumata, negative Prägungen und grundlegende Verhaltensmuster verändert und aufgelöst werden können. Wie immer benutzt er dazu spezielle Grifftechniken, mit deren Hilfe man in nur wenigen Minuten täglich erstaunliche Ergebnisse erzielen kann.

Vita

Dr. Alex Loyd ist ordinierter Pfarrer, Doktor der Psychologie und der naturheilkundlichen Medizin. Er hat mit dem von ihm entwickelten Healing Code seine Frau erfolgreich von ihrer Depression befreit und seitdem Tausende von Patienten damit behandelt – seine Praxis gehört zu den größten der Welt, mit Klienten in 50 US-Staaten und 158 Ländern. Sein Buch «Der Healing Code» steht seit Jahren auf der Bestsellerliste. Dr. Loyd lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Tennessee.

Für Mom

Meine erste Erinnerung ist die, dass du dein Leben für meines gegeben hast.

Ich liebe dich!

An den Leser

In diesem Buch stelle ich Ihnen einen neuen Ansatz vor, der Ihnen helfen kann, sich selbst zu heilen und sich weiterzuentwickeln. Ich nenne ihn Memory Engineering. Diese Technik setzt unmittelbar an den Ursprüngen Ihrer physischen, emotionalen oder auch praktischen Probleme an, durch die Sie schon Ihr ganzes Leben aufgehalten wurden. Mit dieser Methode gelingt es Ihnen, sie zu überwinden – insbesondere dann, wenn alle dahin gehenden Versuche bisher gescheitert sind.

Seit dreißig Jahren vertrete ich nunmehr die Auffassung, dass unsere Erinnerungen die Ursache nicht nur fast all dessen sind, was wir denken, fühlen und wie wir handeln, sondern auch für die chemischen Vorgänge in unserem Körper. Seit dreißig Jahren also bin ich auf der Suche nach einer Methode, wie man belastende Erinnerungen verändern, heilen und bearbeiten kann. Mit diesem Bemühen bin ich keineswegs allein. Nach dreißig Jahren Suchen, Testen, Scheitern, Durchbrüchen, wiederholtem Testen und Justieren denke ich, die Lösung gefunden zu haben.

In Innere Heilung präsentiere ich Ihnen eine in meinen Augen glaubwürdige Theorie über die Funktionsweise von Erinnerungen und den Kampf gegen bestimmte Probleme im Leben. Ich zeige Ihnen, wie Sie Ihre Erinnerungen umbauen und Ihr größtes Problem an der Wurzel packen können.

Aber bevor wir uns in diese Theorie vertiefen und sie auf Ihr wesentlichstes Problem anwenden, möchte ich einen Haftungsausschluss anbringen. Die Erforschung von Erinnerungen ist ein relativ neues Feld. Es gibt kein Instrument, mit dem wir unsere Erinnerungen untersuchen können, und jeder wissenschaftliche Befund über Ihre Erinnerungen, der Ihnen vielleicht bescheinigt wird, ist allenfalls unvollständig. Ich führe einige wissenschaftliche Studien an, mit denen ich meine Theorie belege, aber keinesfalls will ich damit nahelegen, dass diese Studien die Theorie «beweisen». Sie stützen zumindest zum Teil meine Überzeugung und die Beobachtungen und Erkenntnisse, die ich in den letzten dreißig Jahren in meiner Berufspraxis gesammelt habe.

Eigentlich glaube ich nicht daran, dass Doppelblindstudien im Allgemeinen der Maßstab für Wahrheit sind. Das möchte ich begründen: Eines der Genies, bei denen ich das Privileg hatte zu studieren, ist Roger Callahan. Seine Praxis für klinische Psychologie in Beverly Hills war jahrelang sehr gefragt, doch wie ich war er frustriert, dass seine Behandlung bei vielen seiner Klienten nicht so anschlug, wie er es sich wünschte. Callahan ist der Begründer der Energie-Psychologie, und eineinhalb Jahre lang machte ich eine persönliche Ausbildung bei ihm. Das folgende Zitat von ihm hat mich einfach überzeugt: «Doppelblindstudien sind dazu angelegt zu beweisen, ob etwas funktioniert, wenn niemand sagen kann, ob es funktioniert.»

Mit anderen Worten, wenn etwas für einige Menschen offensichtlich funktioniert und nicht schadet, dann ist nicht unbedingt eine Doppelblindstudie nötig, um zu belegen, dass die Methode ihren Zweck erfüllt. Das trifft natürlich nicht auf Arzneimittel zu, die so zahlreiche negative Nebenwirkungen haben können, dass nicht klar ist, ob die positiven Effekte die negativen überwiegen. Dann wird ausgiebig darauf hingewiesen, dass dieses Mittel zu Selbstmordgedanken führen, Schäden an Leber und Nieren hervorrufen sowie Krebs fördern kann. Wenn es um solch einen Wirkstoff geht, ja, dann braucht man Doppelblindstudien!

Die meisten pharmazeutischen Produkte sind eigentlich biologische Gifte, die helfen, ein Leiden zu heilen, selbst wenn es bedeutet, dass sie sich schädlich auf andere Organe auswirken. Der Körper erkennt diese Droge im Verdauungsprozess nicht, er identifiziert sie als schädlich, wird aber im Prinzip von ihr überwältigt, um den gewünschten Effekt zu erzielen, anstatt harmonisch mit den Heilungskräften des Körpers zusammenzuarbeiten.

Dafür ist die aktuelle Opioid-Krise in den USA ein Beispiel, von der allgemein angenommen wird, sie sei durch die Verschreibung des Schmerzmittels Oxycodon geschürt worden, das ohne Kenntnis (oder vielleicht ungeachtet) der gefährlichen Nebenwirkungen an die Patienten abgegeben wurde. Was als sicher oder bewiesen galt, hat sich als gar nicht sicher oder belegt erwiesen, selbst in Doppelblindstudien nicht.

Vor einigen Jahren schaute ich eine Folge von Larry King Live!, in der ein Arzt zu Vitaminen interviewt wurde. Vor zwanzig Jahren, so der Mediziner, war sich die Schulmedizin einig, dass der einzige positive Effekt von Vitaminen «teurer Urin» sei, während heute Ärzte fast allen ihrer Patienten zu Vitaminen raten. Warum? «Weil wir jetzt wissen, dass sie funktionieren», erklärte der Arzt.

Aber eigentlich haben sie schon immer funktioniert! Und viele Menschen kannten die Wirkung von Vitaminen, noch bevor Studien ihre positiven Effekte belegten, und haben sie eingenommen, weil sie ihnen wahrscheinlich wirklich geholfen haben. Und doch wurden sie von Schulmedizinern verhöhnt, so lange, bis eine Doppelblindstudie veröffentlicht wurde, die «belegte», dass Vitamine funktionieren.

Nur weil eine Doppelblindstudie etwas nicht beweisen kann, heißt es nicht, dass es nicht doch existiert. Gab es keine Schwerkraft, bevor sie von Sir Isaac Newton entdeckt wurde? Gab es keine Elektrizität, bevor Thomas Edison die Glühbirne erfand? Gab es keine Keime, bevor Louis Pasteur sie entdeckte? Natürlich gab es sie! Und Keime haben uns geschadet, lange bevor sie von der Wissenschaft entdeckt worden sind.

Auch Folgendes möchte ich noch zu bedenken geben. Wissenschaftler haben mir versichert, dass noch nie irgendwo auf der Welt eine Doppelblindstudie zum Thema Beratung durchgeführt worden sei. Warum nicht? Eine Studie dieser Art wäre unethisch. Man müsste zwei Gruppen bilden und der einen eine angemessene und der anderen eine bewusst ungeeignete Beratung zukommen lassen, was zugelassenen Therapeuten verboten ist.

Wie viele Menschen sagen: «Es gibt keine Doppelblindstudien dazu, also hat Psychotherapie im Ergebnis auch keine Aussagekraft.» Ich stimme denjenigen zu, die der Meinung sind, dass eine Therapie sehr häufig nicht die erhofften Ergebnisse erzielt – darum habe ich mich von dieser Methode entfernt. Aber ich versichere Ihnen, dass es Tausende von Geschichten gibt, die davon erzählen, dass sich das Leben von Menschen durch Beratung und Psychotherapie zum Besseren gewandelt hat.

Mein Freund Jimmy Netterville, Neurochirurg am Vanderbilt Medical Center, hat es sehr gut formuliert. Vor einigen Jahren saßen wir zufällig bei einer Spendenveranstaltung am selben Tisch. Er fragte mich nach meinem Beruf, und ich erzählte ihm, dass ich mich mit Energiemedizin beschäftigte, und erläuterte das ein wenig. Da wusste ich schon, mit welcher Reaktion ich zu rechnen hatte, und sagte, vermutlich glaube er, ich sei verrückt.

Aber zu meiner Überraschung verneinte er: «Nein, nein, nein!» Er nahm eine Serviette und zog eine etwa 15 Zentimeter lange Linie darauf. «Alex», sagte er zu mir, «wenn diese Linie hier das Wissen ist, das auf der Welt über Gesundheit existiert, dann sind wir heute bei vielleicht 2,5 Zentimetern angelangt. Wie arrogant und dumm wäre es zu behaupten, dass das, was du machst, nicht auf der restlichen Linie zu finden ist. Besonders weil es so viele Beispiele in der Wissenschaftsgeschichte gibt, in der die Medizin als lächerlich abgetan und später das Gegenteil bewiesen wurde.»

Dann fügte er etwas hinzu, das ich nie vergessen werde. «Wenn es den Menschen hilft und keinen Schaden anrichtet, dann würde ich meinen Klienten sagen, sie sollen es ausprobieren und mir dann erzählen, ob es funktioniert hat. Dann kann ich es auch ausprobieren und schauen, ob ich damit nicht auch anderen Patienten von mir helfen kann.»

Das fasst gut zusammen, was ich über Memory Engineering denke. Es hilft den Menschen und fügt niemandem Schaden zu, warum sollte man es also nicht ausprobieren? Meiner Meinung nach wird dieses Thema in der Zukunft unausweichlich große Aufmerksamkeit bekommen, denn die Fragen, um die es hier geht, sind für jeden einzelnen Menschen auf diesem Planeten von großer Bedeutung. Aber im Moment befinden sich einige Aspekte der Methode auf den besagten restlichen Zentimetern, die von wissenschaftlichen Instrumenten wie Doppelblindstudien noch nicht erfasst werden können.

Das soll nicht heißen, dass ich gegen wissenschaftliche Methoden, Doppelblindstudien oder die Schulmedizin bin. Wenn ich von einem Laster angefahren werde und blutend auf dem Asphalt liege, wenden Sie bitte keine Energiemedizin bei mir an! Bringen Sie mich in die Notaufnahme! Aber im Bereich der Naturheilkunde und der Energiemedizin gibt es für viele Aspekte keine medizinischen Tests. Die Memory-Engineering-Technik, die ich Ihnen zeigen werde, basiert auf einem Faktor, nämlich Ihren Erinnerungen, und zwar hauptsächlich den unbewussten.

Vielleicht wird es noch zwanzig Jahre dauern, bis wir unsere Meinung, dass es sich bei dieser Methode um «Pseudowissenschaft» handelt, geändert haben und denken: «Das muss jeder machen.» Und was Sie betrifft, Sie können jeden Tag einige Minuten dadurch verlieren, aber zwanzig Jahre dazugewinnen.

Einleitung: Erinnern Sie sich an Ihr wahres Ich

Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern wir sehen sie, wie wir sind.

Anaïs Nin

Es geschah am 7. Juli 1959, dem Tag meiner Geburt – und dem Todestag meiner Mutter.

Meine Eltern hatten neun Monate gewartet, und sie wussten, was passieren würde. Sie wollten eigentlich keine Kinder mehr, aber als es dann so weit war, rieten alle Ärzte meiner Mutter: «Brechen Sie die Schwangerschaft ab. Retten Sie Ihr eigenes Leben.»

Was für ein Mensch war meine Mutter? Sie war durch und durch deutsch, ihre Kinder wuchsen mit Polka auf, und sie verwöhnte sie mit ihrer Küche nach Strich und Faden. Sie war eine Frau, die von allen in der Stadt gemocht wurde – und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Sie war von so einem dauernden und starken Einfühlungsvermögen, dass sie noch die besten Chicagoer Kaufleute in den Schatten stellte, wenn sie von Tür zu Tür ging und Besteck verkaufte. Überall bei uns zu Hause standen ihre Pokale und Auszeichnungen von ihrem Arbeitgeber, zu dessen Beerdigung Dutzende früherer Kunden kamen – und sich nun mit meiner Mutter anfreundeten.

Die Ärzte informierten also diese Frau darüber, dass sie keine andere Wahl hätte, als mein Leben für ihres zu opfern, ein Rat, den sie unter größter Angst, aber ohne Zögern zurückwies.

Eigentlich hätte ich am Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli, zur Welt kommen sollen. Aber weil mein Dad im Feuerwerksgeschäft tätig war, musste er arbeiten.

Die Geburt wurde hinausgezögert, damit er dabei sein und sich – was sehr wahrscheinlich eintreten würde – von seiner Frau verabschieden konnte. Ich bin ihm immer ein bisschen böse wegen dieser Verschiebung gewesen. Ich wuchs im Familienunternehmen auf. Wie perfekt wäre das gewesen – ein Verkäufer von Feuerwerksartikeln, der am 4. Juli Geburtstag hat? Aber rückblickend frage ich mich besonders, was es für meine Mutter bedeutet haben mochte. Noch drei Tage länger zu leben.

Neun Monate war ich in ihrem Bauch, ein Kind der Paradoxe – auf der einen Seite umfassend, bedingungslos geliebt und gleichzeitig von umfassendem, bitterem Entsetzen. In diesen letzten Tagen vor meiner Geburt hatte meine Mutter schreckliche Schmerzen, während sie darauf wartete, mir ihr letztes und größtes Geschenk zu machen.

Doch dann starb sie nicht. Die Ärzte hatten ihr gesagt, sie würde meine Geburt nicht überleben, und sie war darauf vorbereitet, meinetwegen dem Tod ins Auge zu sehen. Fast ein Jahr lang hat sie gedacht: Ich werde sterben. Ich werde sterben. Ich werde sterben! Doch als der Tag kam, passierte nichts. Warum habe ich dann den 7. Juli 1959 als ihren Todestag bezeichnet?

Denn selbst, wenn der Tod nicht eintrat, war er für mich Realität geworden. Ich bin im Geist der Angst auf die Welt gekommen. Ihre Vorstellung von diesem angenommenen Ereignis spielte sich neun Monate lang immer wieder in ihrem Kopf ab, während ich in ihrem Bauch heranwuchs. Ich werde sterben. Ich werde sterben. Ich werde sterben. Dieses Bild und diese Überzeugung gab sie an mich weiter.

Auch als meine Mutter und ich meine Geburt überlebt hatten, war für mich die Gefahr noch nicht vorüber. Ich weigerte mich, Nahrung aufzunehmen, und verlor in den ersten Tagen an Gewicht. Deshalb kam ich auf die Intensivstation, aber die Ärzte schafften es nicht, mich zum Essen zu bringen, schließlich ging es mir immer schlechter.

Unter Überzeugungen wie dieser leiden wir alle, aber ich denke, Kleinkinder sind besonders empfänglich für sie, weil sie noch keinen bewussten Verstand haben, um sich gegen bestimmte Vorstellungen zu wehren. Ich dachte, ich würde sterben, und wer konnte mir schon das Gegenteil beweisen?

Ich wäre dieser Programmierung gefolgt, die ich als Baby mitbekommen hatte, wäre da nicht meine Mutter gewesen – mal wieder.

Gegen den Rat der Ärzte nahm sie mich aus dem Brutkasten und fuhr mit mir nach Hause. «Er wird sterben, wenn Sie ihn mitnehmen», prophezeiten die Mediziner meiner Mutter. Sie antwortete ihnen: «Er wird sterben, wenn er hierbleibt.» Also nahm sie mich mit.

Die nächsten Tage verbrachte sie vierundzwanzig Stunden damit zu versuchen, mich zum Essen zu bewegen. Sie trug mich, sang mir etwas vor, sagte mir, sie liebte mich. Vielleicht hätte sie selbst es nicht mit so vielen Worten ausgedrückt, aber sie zog gegen die Erinnerung meiner Angst in den Krieg, die Erinnerung, die mir einredete, ich würde sterben. Sie bombardierte mich quasi mit gegenteiligen Erfahrungen und Bildern: Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich.

Schließlich gewann die Liebe, weil die Liebe immer gewinnt. Ich begann zu essen, und schon bald wurde ich gesund. Doch mein Leben lang habe ich die Nachwirkungen dieser Erfahrung gespürt – im positiven wie im negativen Sinne. Auf der einen Seite erlebe ich sehr starke Zuneigung, Empathie oder Liebe für jemanden, der mir Anlass gibt, ihm zu helfen, zuzuhören oder einfach ein Freund zu sein. Ich glaube, das geht auf die Erfahrung meiner Geburt zurück, und das ist eine meiner größten Stärken.

Auf der anderen Seite hatte ich oft ein Gefühl der Angst, ohne auch nur zu ahnen, woher es stammte, sodass ich es gewöhnlich auf ein für mich unerfreuliches Ereignis schob. Aber nicht die Umstände erzeugten meine Angst. Es waren die Erinnerungen an meine Geburt. Woher ich das weiß? Erst als ich meine Erinnerungen, die mit dem Gesundheitszustand meiner Mutter und meiner Geburt zusammenhingen, auflöste, verschwand meine Angst.

Nachhaltige Erinnerungen gehen nicht so einfach weg, nur weil das Ereignis in der Vergangenheit liegt. Studien belegen, dass sie einen immer noch jeden Tag beeinflussen können, selbst wenn man sich nicht bewusst erinnert.

Demzufolge glaubt und fühlt fast jeder von uns aus meist unverstandenen Gründen etwas, das unser Gehirn als Todesgefahr interpretiert. Es wird nicht so ausgedrückt, eher in der Art wie: «Das macht mich einfach verrückt!», «Das bringt mich noch mal um!» oder «Ich sterbe gleich!». Oder es kommt schlicht ein Gefühl von Panik und Angst. Für das Gehirn ist das alles dasselbe: ein permanenter unterschwelliger Stress, den wir im täglichen Leben einfach nicht loswerden können.

Die meisten von uns befinden sich überwiegend in einem Zustand von Stress. Physiologisch betrachtet bedeutet die Stressreaktion, dass wir um unser Leben fürchten und daher in den Kampf- oder Flucht- bzw. den Starremodus verfallen, um unser Überleben zu sichern. Das Problem ist nur, dass wir diese Stressreaktion auch erleben, wenn wir im Briefkasten eine Zahnarztrechnung finden, wenn der Supermarkt unseren Lieblingssnack nicht mehr hat oder uns jemand komisch anguckt. Wären Sie beispielsweise von einer hohen Zahnarztrechnung gestresst und ich würde Sie fragen, ob Sie nun wirklich sterben müssten, würden Sie mit dem Verstand antworten: «Das ist verrückt – nein, natürlich nicht! Ich bin nur ein bisschen gestresst, kein Problem.» Ihr Unbewusstes – oder was ich das Herz nenne – sagt etwas ganz anderes.

Genau das meine ich, wenn ich sage, dass jeder von uns heutzutage einer Täuschung anhängt: Sowohl unser Körper als auch unser Geist befinden sich in einem permanenten Angstzustand, auch wenn uns nichts umgibt, vor dem wir Angst haben müssten. In diesem Buch betrachten wir eingehender, welchen Zweck diese Stressreaktion eigentlich hatte, wie es zu dieser Fehlfunktion gekommen ist und wie sie in den meisten unserer Lebensbereiche einen negativen Dominoeffekt auslöst. Im Ergebnis sitzt quasi fast jeder von uns der Täuschung auf, unser Leben sei in Gefahr. Und obwohl dieses Trugbild einen riesigen und häufig negativen Einfluss auf unser Leben hat, scheint niemand wahrzunehmen, dass es so ist.

Vielleicht ist die Geschichte meiner Geburt ein Extremfall. Aber folgendes Beispiel illustriert, wie sich die Täuschung auf das Alltagserleben auswirkt.

Mary, eine attraktive 43-Jährige, suchte mich in meiner Beratungspraxis auf. Alles an ihr, von ihrer Kleidung und ihrem Haarschnitt bis zu ihrem Make-up, signalisierte, dass sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau war. Sie wirkte wie eine Person, von der man sofort denkt: Die hat aber alles im Griff.

Tatsächlich war Mary verzweifelt, obwohl eigentlich alles in Ordnung war. Nach eigener Aussage war sie mit einem netten Mann verheiratet, und obwohl sie nicht wirklich wohlhabend waren, hatten sie alles, was sie brauchten: Sie lebten in einer geräumigen Dreizimmerwohnung, ihre Kinder besuchten ein gutes College, sie gingen Freizeitaktivitäten nach und hatten ihre Freunde. Doch irgendwie war das Leben, das Mary sich früher für sich selbst vorgestellt hatte, zu einem Leben voller Verpflichtungen geworden.

Sie hatte es mit verschiedenen Stimmungsaufhellern versucht, pflanzlichen und rezeptpflichtigen. Einige hatten geholfen, andere nicht. Aber es änderte sich nichts wirklich an ihrer grundlegenden Lebenseinstellung.

Ich befragte sie zu ihrer Kindheit, und sie erzählte mir, dass sie keinerlei Erlebnisse von Missbrauch hätte, wenngleich ihre Mutter meistens sehr streng mit ihr gewesen sei. Ihr Vater sei wohl häufig abwesend gewesen. Darin unterschied sie sich also nicht sonderlich von den Leuten, die sie kannte.

Als ich sie fragte, ob es etwas gab, auf das sie sich freuen würde, gab sie zur Antwort, früh ins Bett zu gehen oder stundenlang allein sinnlos fernzusehen.

Schließlich fragte ich sie, was sie am liebsten täte, jetzt in diesem Moment, wenn es keine Konsequenzen nach sich ziehen würde. Mit Tränen in den Augen antwortete Mary: «Ich würde nach Kalifornien gehen und noch mal von vorn anfangen.» Aber ihr war klar, dass sie weder nach Kalifornien gehen noch von vorn anfangen würde. Und genau aus diesem Grund saß sie in meiner Praxis. Sie liebte ihre Familie, und daher hatte sie sich mit einem mittelmäßigen Leben abgegeben. Einfach nur durch den Tag zu kommen, kostete sie eine unendliche Kraft. Mary wollte wissen, ob ich ihr dabei helfen könnte, besser mit ihrem Alltag klarzukommen.

Es dauerte nicht lange, da betrat eine ganz andere Frau meine Praxisräume. Sie war ebenfalls 43 Jahre alt, hatte zwei Kinder, ihr Mann war beruflich erfolgreich, und sie führten das typisch amerikanische Mittelschichtsleben. Die Klientin hatte eine recht herrische Mutter und einen meist abwesenden Vater.

Doch diese Frau kam nicht zu mir, weil sie nach Kalifornien auswandern wollte, um ein neues Leben zu beginnen. Ganz im Gegenteil, sie liebte ihr jetziges Leben!

Das Leben dieser Frau überstieg, vielleicht nicht genau der Art nach, aber dennoch bei weitem das, was sie sich als Mädchen erhofft hatte. Weder hatte sie mehr Geld noch mehr Freizeit noch mehr Besitz, sondern eigentlich nur mehr Liebe, Dankbarkeit und Zufriedenheit.

In ihrem Alltag war sie nicht darauf fokussiert, ihn einfach nur durchzustehen, sondern sie lebte jeden Moment und freute sich daran. Anstatt gern ins Bett zu gehen, um fernzusehen, freute sie sich aufs Aufstehen am Morgen, um mit ihrer Familie Zeit verbringen zu können.

Im Grunde genommen war sie einer der glücklichsten und zufriedensten Menschen, die ich je in meiner Praxis erlebt habe!

Diese Frau wollte keine Beratung, sie wollte sich bedanken. Es war Mary, sechs Monate später.

An ihren Lebensumständen hatte sich nichts geändert. Ihre Familiengeschichte war noch dieselbe, der Ehemann, die Kinder, dieselbe Wohnung – sie führte dasselbe Leben. Das Einzige, was sich bei ihr geändert hatte, war die Einstellung den Umständen gegenüber, wie sie sich darin fühlte. Sie fühlte sich gut in Bezug auf sich selbst und ihr Leben. Sie war glücklich: Vor sechs Monaten sah das anders aus.

Wenn Sie jetzt über Ihr eigenes Leben nachdenken: Welche Version von Marys Leben kommt ihm am nächsten?

Vielleicht fragen Sie sich: Wenn ihre Lebensumstände sich nicht verändert haben, was hat dazu geführt, dass sich ihre Gefühle so drastisch verändert haben?

Es lag weder an ihrem physischen Zustand noch an der Neurochemie, Gedanken, Emotionen oder gar ihren Überzeugungen. Es ging um etwas, das tiefer innen verborgen war, es war dasselbe, das mein Leben vom Moment meiner Geburt an prägte.

Es waren ihre Erinnerungen.

Die Wurzeln anstatt der Symptome behandeln

Fangen wir mit einer kleinen Umfrage an.

Würden Sie gern Ihr Leben dahin gehend verändern:

→ mehr Energie haben

→ mehr Geld verdienen

→ weniger ängstlich sein und mehr mit sich im Reinen

→ mehr Freude erleben

→ leidenschaftlicher sein und sich mehr über das Leben freuen

→ die Work-Life-Balance verbessern

→ von einer Sucht loskommen

→ sich weniger gefangen fühlen und mehr Freiheit spüren

→ mehr Erfolg im Beruf haben oder den Beruf wechseln

→ besser schlafen

→ mehr Zeit für sich selbst haben

→ selbstbewusster sein und ein stärkeres Selbstwertgefühl haben

→ abnehmen

→ mehr Sport machen

→ mehr auf die Ernährung achten

→ ein gesundheitliches Problem loswerden

→ mit dem (Ehe-)Partner oder der Partnerin eine bessere Beziehung führen

→ mehr Zeit für Freunde haben oder neue Leute kennenlernen

→ besser mit Familienangehörigen klarkommen

→ Klarheit über den Sinn des Lebens gewinnen

→ der Nachwelt etwas von Bedeutung hinterlassen

→ einem geliebten Menschen ein wichtiges Bedürfnis erfüllen helfen.

Über die Jahre habe ich mit Hunderten von Menschen gearbeitet, die ein Problem, aber keine Ahnung hatten, woher es stammte. Meist gaben sie einem aktuellen, aber meist nicht wirklich ursächlichen Umstand die Schuld, was schließlich in einem Teufelskreis oder einer Sucht endete.

Beispielsweise hatte Pete ein Problem mit seiner Wut. Drei bis vier Mal am Tag rastete er ohne ersichtlichen Grund aus. Seine Ehe stand kurz vor dem Aus, und er wusste nicht mehr weiter. Er hatte ein wenig Therapie hinter sich, hatte auch Mittel gegen Angstzustände bekommen und –  so seine Worte – «wirklich ernsthaft versucht», seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen, doch gelang es ihm nicht. Er wurde bei der Arbeit wütend, zu Hause, auf dem Nachhauseweg im Verkehr – in allen möglichen Situationen. Immer wenn etwas nicht so lief, wie er es wollte, wurde er gereizt oder wütend. Pete glaubte, das Problem läge in seinen Lebensumständen und es gehe darum, seine Reaktion darauf irgendwie unter Kontrolle zu bringen.

Aber als ich mit Pete den Prozess durchlief, den Sie in diesem Buch kennenlernen werden, stellte er fest, dass die wahre Quelle seiner Wut darin lag, dass er die Erwartungen seines Vaters nicht zu erfüllen meinte und sich von ihm abgelehnt fühlte. Pete war sogar Arzt geworden, um seinen Vater zu beeindrucken, aber auch das schien nicht zu funktionieren. Nach etwa sechs Wochen Behandlung konnte er die Erinnerung an die Ablehnung seines Vaters auflösen, und sofort war seine Wut kein Thema mehr. Auch gelang es ihm, die Schwierigkeiten mit seiner Frau zu klären. Er hatte den Teufelskreis durchbrochen.

Wenn Sie sich schwertun, Ihr Leben, gleichgültig in welcher Hinsicht, nachhaltig und positiv zu verändern, könnte es daran liegen, dass Sie nur die Symptome und nicht die Ursachen bearbeiten. Dieses Buch hilft Ihnen dabei, die wahre Wurzel Ihres Problems ausfindig zu machen – und es damit höchstwahrscheinlich für immer zu beheben.

Lassen Sie mich Ihnen nun eine Frage stellen, die ich wohl stellen würde, wenn Sie in meine Praxis kämen.

Nehmen wir an, Sie sind zu Hause, und Wasser dringt in Ihre Küche. Sie leben nicht am Meer oder einem Fluss, und draußen regnet es auch nicht. Was würden Sie zuerst tun? Erst das Wasser wegwischen oder den Haupthahn abdrehen?

Diese Frage ist wichtiger, als Sie vielleicht denken. Die meisten Menschen würden wohl ziemlich schnell den Haupthahn abdrehen und anschließend erst das Wasser aufwischen. Das Wasser aufzuwischen, ohne vorher den Wasserfluss zu stoppen, wäre verrückt, nicht wahr?

Im Verlauf der letzten 80 Jahre haben Psychologie, Selbsthilfe, Spiritualität und Medizin Theorien dazu entwickelt, wie die Ursachen unserer Probleme zu beseitigen sind. Zu wechselnden Zeiten wechselte auch die Popularität einzelner Theorien, doch bis heute trifft man auf Bücher und Experten, die behaupten, den einzigen und wahren Ursprung der Probleme zu kennen.

Umstände: Man denke an SMART-Ziele (specific, measurable, achievable, relevant, time bound, also spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden), an Vision Boards und den Rat, «einfach zu machen». Verändern Sie die Umstände, verändern Sie Ihr Leben.

Verhalten: Tun Sie so, «als ob». Tun Sie das Richtige, und das Gefühl kommt dann schon. Verändern Sie Ihr Verhalten, dann ändern Sie Ihr Leben.

Physiologie und Neurochemie: Wenn Sie nur die passende Arznei oder das richtige Nahrungsergänzungsmittel finden, die optimale Diät halten, nur lange und oft genug meditieren, dann werden Sie bald mit sich im Reinen sein. Verändern Sie die Chemie in Ihrem Hirn, dann verändern Sie Ihr Leben.

Bewusste Gedanken: Sehen Sie die Wahrheit und denken Sie in der korrekten Art und Weise. Wenn Ihnen endlich klarwird, wie viel Glück Sie verglichen mit Ihrem Nachbarn haben, dann werden Sie sich besser fühlen. Ersetzen Sie negative Gedanken mit positiven. Verändern Sie Ihr Denken, damit verändern Sie Ihr Leben.

Bewusste Überzeugungen: Ihre Überzeugungen bestehen aus Gedanken und Gefühlen, die grundlegend bestimmen, was für ein Mensch Sie sind. Verändern Sie Ihre bewussten Überzeugungen, dann verändern Sie Ihr Leben.

Emotionen: Emotional Mastery, also emotionale Souveränität, ist heute ein Topthema, und es gibt verschiedene Techniken dazu. Verändern Sie Ihre Emotionen, dann verändern Sie auch Ihr Leben.

Alle diese Lösungen bieten wunderbare Einsichten, wie wir als Menschen funktionieren, und häufig fühlen wir uns durch sie besser – jedenfalls vorübergehend. Das Problem ist, dass nach 80 Jahren Forschung zur Persönlichkeitsentwicklung die Menschen mehr nach Lösungen verlangen als jemals zuvor. Woran liegt das?

Es liegt daran, dass alle diese Lösungen lediglich verschiedene Möglichkeiten zeigen, das Wasser vom Boden aufzuwischen. Wenn man sich nur genügend und konsequent anstrengt, dann schafft man es vielleicht, den Boden trocken zu bekommen – bevor neues Wasser nachströmt. Hin und wieder schauen Sie sich vielleicht um, freuen sich über den trockenen Boden und glauben, die Methode habe funktioniert.

Aber die undichte Stelle in der Küche ist noch da. Deswegen sind Sie auch immer so müde! Sie verbrauchen Ihre ganze Energie dafür, aufzuwischen, ohne den Wasserstrom zum Versiegen zu bringen! Natürlich kann jede dieser Lösungen besser sein, als nichts zu tun, aber auch wenn Sie alle zusammen umsetzen würden, und zwar perfekt, könnten Sie das nachströmende Wasser nicht stoppen.

Und genau darum geht es in diesem Buch. Erst vor kurzem haben wir den tieferen Grund für unsere Gefühle entdeckt – unabhängig von unseren Lebensumständen, Verhalten, Neurochemie, Gedanken, Emotionen und sogar Überzeugungen.

Es sind unsere Erinnerungen.

Erinnerungen machen uns zu dem, wer wir sind

Wenn Sie skeptisch sind, dann kann ich das verstehen. Lassen Sie mich das erklären.

Zunächst geht es hier nicht um Ihre Fähigkeit, sich an etwas zu erinnern, sich bewusst Fakten ins Gedächtnis zu rufen, die Sie einmal gelernt haben, oder an Ereignisse, die geschehen sind. Genauso wenig spreche ich vom «Bewegungsgedächtnis», also Fahrrad fahren, laufen oder Tischtennis spielen lernen. Wenn es heißt «Es ist wie Fahrrad fahren», dann bezieht man sich auf etwas, das man nie mehr vergisst. Das Bewegungsgedächtnis baut selten ab oder erzeugt Fehler.

Hier spreche ich über etwas, das ich Ursprungserinnerungen nenne, sie entstehen durch Lebenserfahrung, Vorstellungskraft, und auch die unbewussten Erfahrungen und Eindrücke, die Sie von vielen Generationen Ihrer Vorfahren geerbt haben, sind damit gemeint.

Ursprungserinnerungen sind eine ganz eigene Geschichte. Sie bilden die Linse, durch die Sie sich und die ganze Welt betrachten. Alles, was Ihnen widerfährt, durchläuft die Ursprungserinnerungen Ihres Lebens und dem Ihrer Vorfahren, all Ihre Gedanken, Gefühle, Überzeugungen, Ihr Handeln, ja sogar Ihre Hormone und die physiologischen Abläufe in Ihrem Körper werden davon bestimmt. Aber leider sind sie auch fehleranfällig, wie Sie in Teil I feststellen werden.

Allerdings haben Bewegungsgedächtnis und Ursprungserinnerungen auch eine Sache gemeinsam: Jede neue, ähnliche Erinnerung baut auf den vorhergegangenen auf. Wenn ein Kleinkind laufen lernt, steht es dann einfach auf und läuft los? Nein, zuerst versucht es zu gehen, fällt hin, steht wieder auf, und das unzählige Male hintereinander. Jedes Hinfallen schafft eine Erinnerung, die schließlich dazu führt, dass das Kind laufen kann – es entwickelt einen Sinn für Balance, es benutzt seine Beinmuskulatur usw.

Jede neue Erinnerung baut auf der letzten auf, bis das Kind schließlich über genügend Erinnerungen verfügt, sodass es sicher aufstehen und schließlich laufen kann. Um zu laufen, ist eine ganze Abfolge von ans Stehen und Laufen gebundenen Erinnerungen nötig, vielleicht sind es Hunderte, vielleicht Tausende. Wenn einzelne Erinnerungen aus dieser Kette gelöscht, übersprungen oder fehlerhaft verändert würden, könnte das Kind vielleicht nie laufen lernen.

Der Neurowissenschaftler Antonio Damasio hat gezeigt, dass die Wurzel jedes Gedankens und Gefühls, jeder Handlung und Überzeugung eine bildliche Vorstellung ist. Es sind diese Bilder, die ich meine, wenn ich von «Ursprungserinnerungen» spreche. Im Weiteren werde ich sie einfach als Erinnerungen bezeichnen. Diese Vorstellungen – oder Erinnerungen – stammen von:

Ereignissen in unserem Leben, dazu gehören diejenigen, an die wir uns bewusst erinnern können (unser Abschlussball, der erste Tag in der neuen Firma oder das gestrige Mittagessen). Es gehören aber auch die Ereignisse dazu, die wir nicht bewusst erinnern (unsere Geburt oder die Art, in der unsere Eltern mit uns als Baby und Kleinkind gesprochen haben).

Unserer Vorstellung: wenn wir etwa in unseren Tagträumen schon im Urlaub sind oder uns sorgen, dass ein geliebter Mensch in einen Autounfall verwickelt werden könnte.

Vorgängergenerationen: in denen vielleicht ein Trauma, sei es eines Großeltern- oder Elternteils oder weiterer Generationen zurückliegend, erfahren wurde, wie es zum Beispiel bei mir im Bauch meiner Mutter der Fall war.

 

Unsere Erfahrungen machen uns in jeder Hinsicht zu der Person, die wir geworden sind. Neue Studien bestätigen das immer klarer, wie wir in Teil I sehen werden.

Wir kommen mit einem Set ererbter Erinnerungen auf diese Welt, interpretieren von Geburt an alles auf der Grundlage dieser Prägung und schaffen aufbauend auf diesen alten immer neue Erinnerungen. Wir lernen und entwickeln dabei Strategien, um uns zu schützen.

Dadurch, dass wir diese Erinnerungen «machen», erschaffen wir unser Leben – oder in manchen Fällen unseren Tod.

Die Fehlfunktion der Erinnerungen

Und genau darin besteht das Problem. Erinnerungen, die in uns die Interpretation «das wird mich umbringen» auslösen und eine entsprechende Reaktion fordern (auch als Stress- oder Angstreaktion bekannt), stehen in der Priorität über allen anderen Erinnerungen oder Überzeugungen, gleichgültig, ob diese aus unserer persönlichen Erfahrung stammen, auf unserer Vorstellungskraft beruhen oder vererbt sind. Wenn irgendetwas geschieht, was nur entfernt dieser Erinnerung gleicht, reagieren wir darauf mit dem Gefühl «das wird mich umbringen». Diese Reaktion bezieht sich auf unsere körperliche Unversehrtheit, unsere Identität, Sicherheit und unsere Beziehungen.

Warum ist das ein Problem? Wollen wir denn nicht, dass uns unsere Erinnerungen vor Gefahren schützen? Es wäre unproblematisch, wenn uns unsere Erinnerungen immer die Wahrheit sagen würden, was uns wirklich tötet und was nicht. Aber was ist, wenn sie das nicht tun?

Wir glauben, dass unsere Erinnerungen etwas wie Ton- und Bildaufzeichnungen von dem seien, was tatsächlich um uns herum passiert. Doch das trifft nicht zu. Wie ich in Teil I darstelle, werden die Erfahrungen, die wir im wirklichen Leben machen, zunächst durch unsere Linse der Gefahrenerinnerungen gefiltert. Und wir haben bereits gesehen, was geschieht, wenn diese Erinnerungen falsch sind. Eine einzige negative Erinnerung vieler meiner Klienten hat sie «für den Rest des Lebens versaut», wie sie selbst sagen. Ich weiß, wie sie sich fühlen.

Beispielsweise hatte einer meiner Klienten immer das Gefühl, er könnte es seinem Vater niemals recht machen. Mit vierzehn stellte er sich als Klassensprecher zur Wahl, und sein Vater, der schon auf mehrere Posten gewählt worden war, stellte dem Sohn einige Fragen, die ihn darauf vorbereiten sollten. Irgendwann fing der Vater nach einer Antwort an zu schmunzeln und sagte: «Du glaubst wohl, du seist wie ich. Aber lass dir sagen: Du bist nicht wie ich, und so wird das nicht funktionieren.»

Diese Sätze veränderten das Leben des Klienten. Zwanzig Jahre lang verfolgte ihn das Gefühl, dass er nie so gut wie sein Vater sein würde. Jede nur annähernd ähnliche Situation sah er durch die Brille dieser Erinnerung, was erneut zu einer negativen Erinnerung führte und zu der nächsten usw. Und natürlich lösten all diese miteinander verbundenen Erinnerungen 24 Stunden am Tag unbewusste Stresssignale aus.

Als mein Klient später seinen Vater mit dieser Situation konfrontierte, entdeckte er, dass er etwas ganz anderes gemeint hatte: Er war der Meinung, sein Sohn sei besser als er. Die Erinnerung enthielt einen ganz entscheidenden Fehler: Der Kommentar des Vaters war als Kompliment gemeint, doch mein Klient hörte ihn als Kritik, die sagte: «Ich bin nicht gut genug, jemals etwas zu erreichen.» Diese Erinnerung prägte fast alles in seinem Leben – und dabei basierte sie auf einem Missverständnis.

In anderen Situationen liegt kein Missverständnis vor. In meiner Kindheit und Jugend hatten mein Vater und ich ein sehr enges, liebevolles Verhältnis zueinander. Aber als ich ungefähr zwölf Jahre alt war, wurde bei ihm eine Herzerkrankung festgestellt, was damals einem Todesurteil gleichkam. Aus heiterem Himmel begann mein Vater, mich immer wieder zu schlagen, und rief: «Aus dir wird nie etwas werden!»

Tatsächlich hat mein Vater mich an jenem Tag geschlagen, und er sagte wirklich, dass aus mir nichts werden würde. Meine Erinnerungen an diesen Vorfall – und all die darauffolgenden Erinnerungen, die ich durch diese Brille wahrgenommen habe – haben mich in den nächsten 15 Jahren negativ beeinflusst.

Nach diesem Tag veränderte sich meine Laune, und sogar meine Persönlichkeit verwandelte sich. Ich sprach weniger, ich sah mich in einem schlechteren Licht, meine Schulleistungen wurden schlechter, und ich geriet in ungeahnte Schwierigkeiten. Aber die größte Veränderung bestand in meiner Wut. Zuvor war ich kaum je zornig geworden, aber plötzlich war ich in ständig gereizter Stimmung. Davor hatte ich immer laut gesungen, wenn ich zu Hause war, das hörte völlig auf. Es war so, als würde mir all die Freude aus dem Herzen gesogen und stattdessen mit Groll gefüllt.

Ich habe nie bewusst den Vorfall mit meinem Vater mit der Veränderung meines Selbstwertgefühls in Verbindung gebracht. Ich hatte keine Ahnung, warum ich diese Gefühle hatte oder mich veranlasst sah, mich anders, in schlechterer Weise, zu verhalten. Mittlerweile ist mir klar, dass ich diese Erinnerung aufgrund des durch sie ausgelösten Schmerzes weitestgehend verdrängt hatte. Daher konnte ich nicht wissen, warum es mir nicht gelang, das zu tun und zu fühlen, was ich gern hätte tun und fühlen wollen. Ich war verwirrt, fühlte mich verletzt und konnte den Grund dafür, dass es mir nicht gutging, nicht an der Wurzel packen. Dieses Muster lief im Prinzip so weiter, bis mich meine Frau hinauswarf, als ich 27 Jahre alt war, was die stärksten spirituellen Veränderungen meines Lebens auslöste (aber dazu später mehr).

Bei Mary, die ich bereits erwähnt habe, lag das Problem hingegen nicht in ihren aktuellen Lebensumständen (weder in ihrer Ehre, ihren Kindern, der Wohnsituation noch in der derzeitigen Beziehung zu ihrer Mutter), es lag in ihren Kindheitserinnerungen an ihre übergriffige Mutter.

Eine dieser Erinnerungen ging auf eine Situation zurück, in der Mary das Geschirr abwusch und ihre Mutter sie schlug, weil sie es nicht richtig machte. Was sie im Kopf behielt war, dass sie den Abwasch genau so machte wie jeden Tag, am Vortag hatte ihre Mutter sie noch gelobt: «Toll machst du das, Liebes.»

Diese Erfahrung machte Mary häufig, ob es darum ging, wie sie ihr Zimmer aufräumte, wie sie sich schminkte oder mit welchen Jungs sie ausging. An einem Tag war alles okay, am nächsten wieder nicht. Die Reaktionen ihrer Mutter waren unberechenbar und persönlich erniedrigend, sodass Mary keinen festen Boden unter den Füßen fand.

Ohne es zu bemerken, prägten diese entscheidenden Erinnerungen die Art und Weise, wie sie sich in der Welt sah und ihr Leben bis zum heutigen Tag beurteilte. Häufig hatte Mary das Gefühl, sie müsste sich als jemand anderes zeigen als die, die sie war, und dass das, was andere Leute über sie dachten, entscheidend sei und sie sich deshalb um jeden Preis bedeckt halten musste. Nachdem sie mit ihr gezankt hatte, sagte ihre Mutter immer zu ihr: «Ach, weißt du, ich will doch nur das Beste für dich, und ich möchte einfach nur, dass du es später mal besser hast als ich.» So fühlte es sich aber für Mary gar nicht an.

Diese Erinnerungen sorgten dafür, dass Mary jede neue Erfahrung wie durch einen Zerrspiegel sah. Sie waren der Grund dafür, dass sie sich dauernd im Überlebensmodus befand und den permanent empfundenen Stress durch Schlaf oder stumpfsinnigen Fernsehkonsum zu betäuben versuchte. Oder sie träumte davon, nach Kalifornien abzuhauen und nie wieder zurückzukehren. Das alles stand im Gegensatz zu der Tatsache, dass von außen betrachtet ihr Leben komfortabel, wenn nicht für die meisten, die sie kannten, ideal schien.

In all den dargestellten Situationen beginnen die Probleme damit, dass wir ein Ereignis mit unserer Identität verknüpfen. Weil X passiert ist, sind wir schlecht und nicht gut. Oder weil Y geschehen ist, sind wir nicht mehr liebenswert. Oder weil Z eingetreten ist, werden wir nie Erfolg haben.

Schlüsse wie diese stimmen nie. Auch der schlimmste Missbrauch hat nichts zu tun mit der Fähigkeit, sicher oder wohlbehalten zu sein oder Beziehungen zu führen (vorausgesetzt, es ist derzeit keine Situation von Leben oder Tod oder des Missbrauchs gegeben), geschweige denn mit dem Wert einer Person. Doch diese Erinnerungen lösen in uns Vorstellungen aus, die es erschweren oder uns sogar daran hindern, sie hinter uns zu lassen.

Wenn wir diese falschen Schlüsse als die Wahrheit annehmen und weiterhin entsprechend denken, fühlen und handeln, dann leben wir eine Lüge! Und das werden wir so lange tun, solange wir dies als Wahrheit akzeptieren.

Darin liegt die außergewöhnliche Macht des Geistes. Im Deutschen gibt es die beiden Bedeutungen des Begriffs Imagination: Tagtraum und Schöpfungskraft.

Wir alle kennen Tagträume. Als Kind stellte ich mir jedes Jahr erneut vor, Wimbledon und die US Open zu gewinnen. Während diese Tagträume nie Wirklichkeit geworden sind, entdeckte ich später im Leben, dass meine Imagination die Macht hatte, mich aus den Fesseln des Schmerzes und der Angst zu befreien. Wir alle verfügen über die Mittel, die wir brauchen, um unser Leben für immer zu ändern, um unseren absolut besten Lebensweg zu gestalten, indem wir das Instrument der Imagination dazu verwenden. Um Erinnerungen an Erfolg, Gesundheit und gute Beziehungen zu erschaffen, nutzen wir es, und Liebe kann Ihr inneres Leben weit über Ihre Vorstellungen hinaus verändern.

Erinnerung an die reale Welt

Ich hoffe, dass Sie sich mittlerweile fragen, ob Fehler in Ihren Erinnerungen – an Ihre Vergangenheit, aus Ihrer Imagination, von früheren Generationen – Sie bremsen. Sollte das der Fall sein, helfen folgende einfache Fragen bei der Klärung.

Wachen Sie morgens gewöhnlich mit dem Gefühl auf, dass Sie sich immer durchbeißen müssen? Kämpfen Sie meistens mit Stress, Sorgen und To-do-Listen? Haben Sie dabei das Gefühl, irgendetwas würde fehlen?

Werden Sie manchmal wütend oder spüren Sie etwas Ähnliches wie zum Beispiel Reizbarkeit, Frustration etc.? Ist Ihnen Ihre Reaktion im Nachhinein manchmal peinlich oder wundern Sie sich, wie es dazu kam?

 

Wenn Sie eine der beiden Fragen mit Ja beantworten, sind Sie nicht allein. Die überwältigende Mehrheit der Menschen fällt in diese Kategorien. Sofern Sie sich nicht gerade in ernsthafter körperlicher oder seelischer Gefahr sehen, sind diese alltäglichen Kämpfe ein Zeichen dafür, dass Sie von Erinnerungen beeinträchtigt werden und sich deswegen fälschlich schlecht fühlen. Sie müssen sich nicht weiter so fühlen, und vielleicht war es auch noch nie wirklich nötig.

In diesem Buch erkläre ich die Entwicklung unserer Erinnerungen, oder in diesem Fall Fehlentwicklung, und wie Sie sie durch eine Zeitreise in Ihre Vergangenheit verändern können – wenn nicht innerhalb von Minuten, so doch normalerweise in ein paar Tagen oder Wochen.

In meinem ersten Buch, Der Healing Code, haben Sie erfahren, wie Sie die Ursache Ihrer gesundheitlichen Probleme klären können, und in Das Love Principle habe ich gezeigt, wie sich Ihre Erfolgsblockaden im Grundsatz lösen lassen. In Innere Heilung zeige ich, wie man auf neuester Forschung basierend die Ursache jeglichen Problems auflöst mit Hilfe eines ganz neuen sechsstufigen Prozesses, der sich in zehn Minuten durchführen lässt.

Hier lernen Sie, wie Sie den Haupthahn abdrehen, anstatt Experte darin zu werden, Wasser aufzuwischen. Mit der dadurch frei werdenden Energie können Sie dann das für Sie selbst, die Menschen, die Sie lieben, und für all die anderen beste Leben führen und spüren.

Aber zunächst müssen Sie eine Entscheidung treffen.

Meiner Erfahrung nach (die mittlerweile von wissenschaftlichen Ergebnissen gestützt wird, aber dazu komme ich später) hängen weit über 90 Prozent aller Menschen einer Überzeugung an, die sich negativ auf ihr Leben auswirkt. Präziser gesagt, haben sie die falschen Schlussfolgerungen bezüglich wesentlicher Aspekte ihres Lebens und ihrer Lebensumstände gezogen, die dann diese verheerenden Überzeugungen erzeugt haben.

Ich glaube daran, dass die Umstrukturierung von Erinnerungen mit die wissenschaftliche Speerspitze in Medizin und Psychologie bilden wird. Wenn Sie also Ihr Leben voll auskosten und freien Zugang zu Ihrer Energie, Ihrem Potenzial und Talent bekommen wollen, dann ist es an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen: Machen Sie so weiter wie bisher und ertragen den Rest Ihres Lebens einfach? Oder springen Sie ins kalte Wasser, um ein besseres Leben zu führen?

Ich arbeite nur mit Menschen, die eine Veränderung wagen wollen, andernfalls lasse ich es bleiben! Ich helfe Menschen, die sich an diesem schwierigen Punkt der Krise nicht in ein Überlebensmuster fügen wollen, sondern diese neue Perspektive so sehr wagen, dass sie alles hinter sich zu lassen bereit sind, von dem sie bisher geglaubt haben, dass es so richtig sei. Diese Menschen wollen die ganze Wahrheit und für sich das beste Leben und nicht nur das, was ihnen leichtfällt. Sie wollen es wirklich wissen.

Wollen Sie es auch wissen? Wenn ja, gehen wir ins nächste Kapitel und beginnen diese Reise gemeinsam.

Teil I: Die große Fehlfunktion der Erinnerung

Wie Menschen eigentlich funktionieren sollten (es aber nicht mehr tun)

Da Ihre Erinnerungen jeden Ihrer Gedanken, Ihre Gefühle, Annahmen, Handlungen und jede chemische Reaktion in Ihrem Körper steuern, möchte ich, dass Sie genau verstehen, worauf ich hinauswill.

Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit und erinnern Sie sich an einen wirklich guten Tag, der noch nicht lange zurückliegt. Wann war das? Was war passiert? Schließen Sie die Augen und versuchen Sie, die Erinnerung noch einmal aufleben zu lassen. Welchen Geschmack hatten Sie im Mund, wie duftete es, wie fühlte es sich an? Gehen Sie für ein bis zwei Minuten in diese Erinnerung zurück.

Erinnern Sie sich nun an Ihren letzten schlechten Tag. Wann war das? Was ist passiert? Welchen Geschmack hatten Sie im Mund, wie roch es, wie fühlte es sich an? Erinnern Sie sich ein bis zwei Minuten daran.

Wodurch waren diese Tage gut oder schlecht? Welche Gefühle steigen in Ihnen hoch, wenn Sie sich an diese Tage erinnern, was denken Sie dann? Sind Sie wie die meisten Menschen, dann dreht sich das, was einen Tag gut oder schlecht macht, darum, wie Sie die jeweiligen äußeren Umstände wahrnehmen. Vielleicht ist etwas Tolles passiert, oder etwas, worüber Sie sich Sorgen gemacht haben, ist gut ausgegangen, und deswegen erinnern – oder «erleben» – Sie diesen Tag als einen super Tag. Ist auf der anderen Seite etwas Unangenehmes in Ihrem Leben geschehen, oder Sie hofften auf etwas, was dann nicht eintrat, dann erinnern Sie – oder «erleben» – diesen Tag als einen schlechten.

Das ist ganz natürlich, doch die Annahme, dass Ihre Lebensqualität von Ihren äußeren Umständen abhängt, ist falsch. Um es in aller Klarheit zu sagen, sitzen Sie einer Lüge auf. Diese Lüge ist die Wurzel fast aller Leiden der Menschen auf dieser Welt.

Was wäre, wenn ich Ihnen sagen würde, dass nahezu jeder Tag für Sie ein guter Tag sein könnte, gleichgültig was geschieht? Nicht, dass Sie die Ausnahme der Regel sein könnten, sondern dass alle Menschen dafür geschaffen sind, fast jeden Tag einen guten Tag zu erleben. Dass selbst, wenn gelegentlich eine echte Katastrophe geschehen sollte, Sie dazu bestimmt sind, sich schnell wieder davon zu erholen und Ihre bis dahin stets positiven Tage weiterleben?

Die Tatsache, dass die meisten Menschen das Leben nicht so wahrnehmen, beruht auf einer Fehlfunktion des Gehirns, die sich über Tausende von Jahren entwickelt hat. Diese Fehlfunktion, von der schon in der Einleitung die Rede war, werde ich in den folgenden Kapiteln erläutern. Aber wenn scheinbar alle um sie herum mehr schlechte oder «Geht-so-Tage» haben als gute, mag man kaum glauben, dass einen schlechten Tag zu haben eine Fehlfunktion sein soll – sollten wir also alle irgendwie kaputt sein? Tatsächlich sind es die meisten. Wir glauben, dass es von den Umständen abhängt, ob wir einen guten, schlechten oder mittelmäßigen Tag haben, und wir daran nichts ändern können. Aber das stimmt einfach nicht. Ein kleiner Störimpuls, ein innerer Virus sorgt dafür, dass wir nicht funktionieren und die Welt durch einen defekten Filter wahrnehmen. Daher möchte ich Ihnen in diesem Kapitel kurz meine Sicht zeigen, wie Menschen ihrer Bestimmung entsprechend funktionieren sollten.

Wir sind auf Liebe gepolt – es sei denn, es droht Gefahr

Der Neurowissenschaftlerin Caroline Leaf zufolge verfügen wir über keinerlei Mechanismen, weder im Körper noch im Gehirn oder in der Seele, die darauf angelegt sind, negative Erfahrungen oder Körperreaktionen hervorzurufen.[1] Der Zweck jedes Ablaufs oder Prozesses im Menschen ist es, etwas Positives hervorzurufen. «Beispielsweise gibt es im Gehirn ein Areal, das Corpus stratium, das scheinbar an positiver Verstärkung beteiligt ist. Dieses auf Liebe gepolte System soll auf Ruhe, Frieden und gute Gefühle ansprechen, [wenn wir] voller Selbstvertrauen und Selbstachtung sind. Wenn wir uns nicht sicher fühlen, wird es nicht aktiviert.»[2]

Ebenso führen Rebecca Turner von der University of California in San Francisco und die Medizinerin Margaret Altemus von der Cornell University Forschungsergebnisse an, die zeigen, dass das Wohlfühlhormon Oxytocin ausgeschüttet wird, wenn sich jemand an Situationen und Beziehungen liebevoll erinnert und nicht zu viele angstbesetzte Erinnerungen eine Rolle spielen.[3]

Wenn wir uns unsicher fühlen, sorgt ein Mechanismus im Hypothalamus dafür, dass chemische Reaktionen den Körper fluten, die helfen, der Gefahr schnell zu entkommen und dann wieder in den «auf Liebe gepolten» Zustand zurückzukehren. Um diesen Mechanismus wird es später im Kapitel noch gehen.

Über diese positiv disponierte chemische Grundausstattung hinaus tragen noch zwei weitere Eigenschaften zu dieser insgesamt positiven Polung bei: die Funktionsweise unseres Herzens und die Art und Weise, wie wir für Beziehungen vorprogrammiert sind.

Unsere Erfahrungen gehorchen dem Herzen

Vor mehr als 3000 Jahren schrieb König Salomo in seinen «Sprüchen»: «Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben.» Hier verweist Salomo nicht auf das Organ, sondern auf das spirituelle Herz, das ich im Folgenden mit dem Begriff «Herz» meine.