Inselglück und Inselzauber - Barbara Bretton - E-Book
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Inselglück und Inselzauber E-Book

BARBARA BRETTON

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Beschreibung

ZAUBER DER SONNENINSEL

Es muss ein Liebeszauber in der lauen Luft von Mallorca liegen! Warum sonst würde Tomás sie so überraschend in seine Arme ziehen und voller Leidenschaft küssen? Petra genießt jede Sekunde. Doch gleichzeitig fragt sie sich: Wird ihr Traummann auch dann noch zu seinen zärtlichen Gefühlen stehen, wenn der Zauber der Sonneninsel sie nicht länger umgibt?

EIN SOMMERINSELTRAUM

Für einen bezaubernden Liebessommer mit Inselflair …

Fern jeder Hektik scheint die Zeit auf Spruce Island zu ruhen. Das sonnenverträumte Eiland soll auch dem ärgsten Workaholic Entspannung schenken. Einzig Mitchell Baynes Rutherford III. glaubt sich dagegen immun. Der harte Unternehmer will nur schnell seinen Jachthafen bauen und dann abreisen. Doch das Schicksal will es anders und stellt ihm die Meeresbiologin und Umweltexpertin Rosalinda Galvez in den Weg. Die temperamentvolle Rosie - Typ Jennifer Lopez - ist so ziemlich das Gegenteil von Mitchell. Sehr romantisch, versucht sie Mitchell die Magie der Insel nahezubringen - und zeigt ihm am Ende so viel mehr als das.

INSELTRÄUME VOLLER SEHNSUCHT: SEHNSUCHT LIEGT IN DEINEM BLICK

Wie schwer fällt es der schönen Nanny Jeannie Ross, sich nicht zu verraten! Sie liebt die kleine Daisy wirklich sehr. Aber eben auch den Mann, der sie ihr anvertraut hat, den attraktiven Werbemanager Hunter Phillips. Doch ihr Traum von einer Familie ist nicht seiner …...

TE QUIERO HEIßT, ICH LIEBE DICH

Jahrelang hat Jane sich eingeredet, dass die Zeit mit dem reichen Miguel de Tarrago in jenem heißen Sommer auf Mallorca nur eine bedeutungslose Romanze war. Als sie nun auf die Insel zurückkehrt und Miguel wiedertrifft, spricht ihr Herz allerdings eine ganz andere Sprache.

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Seitenzahl: 715

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Carole Mortimer, Susan Wiggs, Barbara Bretton, Kristy Mccallum

Inselglück und Inselzauber

Alle Rechte, einschließlich das der vollständigen oder auszugsweisen Vervielfältigung, des Ab- oder Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten und bedürfen in jedem Fall der Zustimmung des Verlages.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Carole Mortimer

Zauber der Sonneninsel

Roman

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Two’s Company

Copyright © by Carole Mortimer

erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

Übersetzt von: Hartmut Huff

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V., Amsterdam

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Titelabbildung: Corbis GmbH, Düsseldorf

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN ebook 978-3-95576-102-8

www.mira-taschenbuch.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

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1. KAPITEL

Obwohl es erst Anfang März war, beschloss Petra, die Fahrt nach Sa Virgen zu riskieren. An diesem Samstagmorgen hatte die Frühlingssonne viele Segler auf das Meer hinausgelockt.

Petra hatte schon immer etwas gegen Menschenansammlungen gehabt – obwohl es schwierig war, mit dieser Abneigung ausgerechnet auf Mallorca zu leben. Ihre Gefühle hingen unmittelbar mit der tiefen Liebe zur Natur zusammen, die bei ihr zur Leidenschaft geworden war.

Wenn sie sah, was die Menschen ihrer Umwelt antaten, wie sie das Wasser verschmutzten, die Luft verpesteten, dann sehnte sie sich weit weg von der gesamten Menschheit. Deshalb lenkte sie ihr kleines Segelboot nun in Richtung Cala Vibora.

Ein wenig unbehaglich fühlte sie sich schon. Denn wie die Schlange, nach der Cala Vibora benannt war, besaß diese Bucht nadelspitze Zähne aus Felsgestein, die unter der Wasseroberfläche verborgen waren. Gefährliche Klippen und unberechenbare Strömungen machten sie zu einer höchst unsicheren Bucht, besonders in dieser Jahreszeit. Manchen Segler hatte der Versuch, Cala Vibora zu erreichen, das Leben gekostet. Doch hier war der goldene Strand fast immer menschenleer, und man konnte einige vom Aussterben bedrohte Tierarten beobachten.

Als sie sich den gefährlichen Klippen näherte, spannten sich ihre Gesichtszüge in äußerster Konzentration. Das Grün des Meeres schien sich in ihren Augen widerzuspiegeln. Es erforderte Entschiedenheit und Erfahrung, das Boot in diesen gefährlichen Strömungen auf Kurs zu halten. Petra fühlte die Vibrationen des Kiels, die sich durch die Teakholzwand auf die Gummisohlen ihrer Schuhe übertrugen.

Einen schrecklichen Moment dachte sie, das Boot würde an einem gefährlich aufragenden Felsen zerschellen. Sie fühlte die Angst wie einen körperlichen Schmerz. Aber um Haaresbreite glitt sie daran vorbei, und dann war sie plötzlich im stillen blaugrünen Wasser der Bucht.

Petra holte die Segel ein. Ihre geschmeidigen Bewegungen verrieten Routine. Hier in der Bucht war das Wasser ruhig wie in einem Teich, und sie seufzte vor Erleichterung und Zufriedenheit.

Sie steuerte das Boot auf den Strand zu, der von bewaldeten Felsen umgeben war, und erst in diesem Augenblick sah sie die Motoryacht, die im seichten Wasser vor Anker lag.

“Das ist doch nicht … Oh, verdammt!” rief sie enttäuscht.

All die Anstrengungen und Risiken, um allein zu sein, und dann war ihr jemand zuvorgekommen!

Ärgerlich betrachtete Petra das fremde Boot. Sie hasste diese pompösen Schiffe. Ihrer Meinung nach waren die Besitzer keine Sportsleute, sondern hielten sich ihre Yachten nur aus Prestigegründen.

Und dieses Boot wirkte besonders protzig. Es war nicht weiß wie die meisten anderen, sondern grau wie ein Hai, und es sah nach Schnelligkeit, Kraft und Geld aus. Vor allem nach Geld. Allein die beiden Motoren am Heck mussten so viel gekostet haben wie ihr komplettes Boot. Durch die lange, flache Form wirkte diese Yacht geschmeidig und kraftvoll, wie dafür geschaffen, auch in rauer See zu bestehen.

Eine Weile betrachtete Petra gereizt den Eindringling. Irgendwie schien der Frühlingshimmel jetzt nicht mehr so blau, der Tag nicht mehr so schön zu sein.

Schließlich gab sie sich innerlich einen Ruck. Warum sollte sie sich von einigen Geldprotzen vertreiben lassen?

Petra warf den Anker und zog das unförmige Ölzeug aus. Bei diesem Anblick wäre mancher Mann schwach geworden, denn Petra Castle hatte eine hervorragende Figur. Der rote Pullover und die Jeans betonten ihre Formen. Man sah ihr an, dass sie viel Sport trieb. Ihre Bewegungen waren sehr anmutig, als sie leichtfüßig in das Schlauchboot stieg und auf den Strand zupaddelte.

Petras Haar war kastanienbraun mit kupfernem Schimmer und umrahmte in weichen Wellen ihr Gesicht, das, nach Meinung ihres Vaters, zu breit war, um wirklich schön zu sein. Doch er musste zugeben, dass es genug junge Männer gab, die sich an den Wochenenden um Petras Aufmerksamkeit bemühten.

Vom Schlauchboot aus betrachtet, wirkte die graue Yacht noch größer und eleganter. Es schien niemand an Bord zu sein. Beim Vorbeifahren las Petra den Namen ‘Epoca’ am Bug des Schiffes. Sie konnte sich nicht erinnern, es jemals im Hafen gesehen zu haben.

Sie watete durch das seichte Wasser an Land, wobei die aufgekrempelten Jeans ihre schlanken Fesseln zeigten.

Bis auf die Stimmen der Möwen und das Rauschen des Meeres war es hier ganz still. Hoch oben am blauen Himmel schwebten zwei Falken fast bewegungslos in der Luft.

Aus einem Beutel, den Petra um den Hals trug, zog sie ein kleines starkes Fernglas und richtete es auf die Falken. Ein Männchen und ein Weibchen waren es, die mit ihren scharfen gelben Augen die Insel nach Mäusen oder Eidechsen absuchten. Irgendwo in den Klippen musste das Nest mit ihren Jungen sein.

Bei dem Gedanken lächelte sie. Sa Virgen war dicht bewaldet und bot einigen der seltensten Tierarten des Mittelmeerraumes eine letzte Zuflucht. Abgesehen von einer schmalen steinigen Straße, die sich bis zum höchsten Punkt der Insel hinaufwand, zeigten sich kaum menschliche Spuren. Im Dialekt von Mallorca bedeutete “Sa Virgen” die Jungfrau, und dieser Name bezog sich sowohl auf die unberührte Schönheit dieser Insel als auch auf ihre Verletzlichkeit.

Aber selbst hier lauerten die Bulldozer. Seit Jahren existierten Pläne, Sa Virgen zu einem Ferienzentrum für reiche Urlauber zu machen – mit einem Hubschrauberlandeplatz, einem Hafen und hundertundfünfzig luxuriösen Apartments. Und das sollte erst der Anfang sein! Begriffen die Menschen denn nicht, dass sie Sa Virgen damit zerstörten?

Petra kletterte den schmalen Pfad hinauf zu den Klippen und legte sich oben ins Gras. Von hier aus hatte sie eine gute Sicht in das luxuriöse Innere der Yacht. Sie verzog verächtlich den Mund. Dicke Teppiche und graues Leder, wohin man sah. Die Kabinen unter Deck waren zweifellos ähnlich eingerichtet.

Auf einem Tisch auf dem hinteren Deck stand eine Schale mit exotischen Früchten, daneben eine Flasche Champagner in einem Eiskübel. Lieber Himmel! Wenn sie noch länger hierblieb, würde sie möglicherweise mehr zu sehen bekommen, als ihr lieb war!

Schade, dass sie sich nicht ein wenig auf der Yacht umsehen konnte. Das wäre etwas für ihren Bruder James gewesen, der gerade für einen sechswöchigen Urlaub aus London gekommen war und Boote leidenschaftlich liebte. Petra hatte zwar ein schlechtes Gewissen, aber Neugier und Spannung überwogen, als sie in das Cockpit spähte. Über einem der Sitze hing nachlässig ein Damenmantel. Auf die Ellenbogen gestützt, starrte Petra wie gebannt in das Innere des Schiffes und zuckte erschreckt zusammen, als sie eine männliche Stimme neben sich hörte.

“‘Sulky Susan’, nehme ich an?”

Petra rollte sich blitzschnell herum. Sie hatte keine Schritte gehört, weil sie so damit beschäftigt gewesen war …

Als ihr bewusst wurde, wobei man sie erwischt hatte, wurde sie rot vor Scham. Zwei Gestalten standen über ihr, ein Mann und eine Frau. Der Mann lächelte leicht, aber die Frau verzog keine Miene.

“Bitte?” sagte Petra verwirrt.

“Sie müssen ‘Sulky Susan’ sein.” Der Mann nickte in Richtung Bucht. “So heißt doch Ihr Boot, nicht wahr?”

“Oh – ja.” Petra überlief es heiß vor Verlegenheit, als sie aufstand.

Die Frau hatte eine auffallend helle Haut, Haar und Augen waren tiefschwarz. Ihre Schönheit war kalt und doch leidenschaftlich, ihre Augen hatten einen fast animalischen Ausdruck. Es konnte kaum einen größeren Kontrast geben als zwischen der makellosen Eleganz der Frau und Petras legerer Kleidung. Das helle Wollkostüm der Frau, nach der letzten Mode geschnitten, verriet Wohlstand und Geschmack. Ihre Miene war verächtlich, als sie Petra betrachtete.

Der Mann war groß und dunkel, offensichtlich Spanier. Petra schätzte ihn auf Mitte dreißig. Er war einer jener Männer, die in jeder Art von Kleidung phantastisch aussahen. Die dunkelgraue Kaschmirjacke betonte seinen athletischen Oberkörper. Die Jeans saßen knapp um die schlanken Hüften und die langen Oberschenkel. Seine Beine steckten bis zu den Knien in Lederstiefeln, denen man ansah, dass sie sehr teuer waren.

Dass diese beiden die Besitzer der ‘Epoca’ waren, hätte selbst dann außer Frage gestanden, wenn die ganze Bucht voll von Booten gewesen wäre.

Die Frau wandte sich ihrem Begleiter zu und fragte in affektiertem kastilianischen Dialekt: “Wer ist sie? Was hat sie hier zu suchen?”

Petra zupfte nervös ein paar Grashalme von ihrem Pullover. “Ich heiße Petra Castle”, sagte sie. Sie war diesen Leuten eine Erklärung schuldig. Schließlich hatten sie sie dabei erwischt, wie sie ihr Boot beobachtete. In fließendem Spanisch fuhr sie fort: “Ich habe nur die Möwen betrachtet. Ich wollte nicht herumspionieren.”

“Meine liebe Miss Castle”, erwiderte der Mann in Englisch, “kein Mensch würde Ihnen so etwas zutrauen.”

Der Sarkasmus war unüberhörbar. Sein Blick und sein sinnlicher Mund ließen Petras Herz höher schlagen, und sein Lächeln verriet, dass er sich seiner Männlichkeit und seiner Macht über Frauen sehr bewusst war.

Seine Augen und das dichte, leicht gelockte Haar waren schwarz. Aber es war die Nase, die dieses Gesicht unverwechselbar machte. Sie musste einmal gebrochen gewesen sein.

Diese Mischung aus männlicher Schönheit und Brutalität war verwirrend, und Petra fühlte ihre Knie zittern, als sie ihm in die Augen sah. Hinter seinem Lächeln war etwas anderes verborgen, etwas Dunkles und Ursprüngliches, das sie erschauern ließ.

Die Frau seufzte ungeduldig, schien zu spüren, was in Petra vor sich ging. Das Lächeln des Mannes vertiefte sich dagegen.

“Sie müssen ein mutiges Mädchen sein”, sagte er sanft. “Sie haben einiges riskiert, um nach Cala Vibora zu kommen.”

Petra erwiderte schnippisch: “Nicht mehr als Sie.”

“Das stimmt nicht.” Der Tonfall war typisch spanisch, aber sein Englisch war korrekt und fast perfekt. “Wir haben der Strömung fünfhundert PS entgegenzusetzen, während Sie auf den Wind angewiesen sind, und der ist sehr unbeständig. Sie hätten fast den Felsen gestreift. Wir haben Sie beobachtet.”

Petra fühlte sich unbehaglich. Sie hatten also gesehen, wie sie die Klippen hinaufgeklettert war und mit dem Fernglas die fremde Yacht ausgekundschaftet hatte. “Ich komme oft hierher, um die Vögel zu beobachten”, erklärte sie in Spanisch. “Ich kenne die Risiken.”

“Tatsächlich?” Er zog eine Augenbraue hoch, als wäre er tief beeindruckt. Diese Art von Spott konnte Petra nicht ausstehen.

“Tatsächlich”, entgegnete sie kurz. “Es tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe, aber ich würde jetzt gern weiter die Klippen entlanggehen.”

“Hier geht es nicht weiter”, sagte er mit befehlsgewohnter Stimme. “Der Pfad hier ist während des letzten Regens teilweise weggespült worden.”

Petra zögerte. Es hatte vor kurzem tatsächlich stark geregnet. Selbst auf Mallorca waren einige Straßen unpassierbar gewesen.

“Wir kommen gerade aus dieser Richtung”, fuhr er fort, offensichtlich amüsiert darüber, dass sie seinen Worten misstraute. “Es ist sehr gefährlich, und ich lasse Sie dort nicht hinauf.”

“Ich spreche Ihre Sprache ganz gut”, sagte sie auf Spanisch. “Fast so gut, wie Sie Englisch sprechen. Im Übrigen brauchen Sie mich nicht zu beschützen.”

“Nun gut”, erwiderte er, ebenfalls auf Spanisch. “Dann werden wir eben Ihrer sprachlichen Eitelkeit schmeicheln, statt meiner.”

Die Frau hatte bisher geschwiegen und nur mit unbewegter Miene abwechselnd Petra und den Mann beobachtet. Nun sagte sie ungeduldig: “Lass uns gehen, Tomás.” Petra dachte an den Champagner – zweifellos gab es noch andere Freuden, die an Bord der ‘Epoca’ warteten.

“Aber ich bin neugierig”, entgegnete er und ließ Petra nicht aus den Augen. “Neugierig auf diese Petra Castle, die allein nach Cala Vibora segelt, um Vögel zu beobachten, und die genau weiß, was sie riskiert. Außerdem haben wir uns noch nicht miteinander bekannt gemacht. Miss Castle, darf ich Sie meiner Begleiterin vorstellen? Cristina Colom. Cristina, dies ist Petra Castle. Und mein Name ist Tomás Torres.”

Er reichte Petra die Hand, und ihr blieb nichts anderes übrig, als auch ihm die Hand zu geben, die er mit einer leichten Verbeugung an die Lippen führte und küsste.

Petra fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, und in diesem Augenblick brach Cristina Colom in helles Gelächter aus. Ihr Lachen klang echt, nicht gezwungen. Und mit einem fast körperlichen Schmerz wurde es Petra bewusst, wie lächerlich sie wirken musste – eine zerzauste junge Frau in Jeans und Pullover, die wie hypnotisiert diesen außergewöhnlichen Mann anstarrte, der ihr im Scherz einen Handkuss gab. Sie entzog ihm abrupt die Hand. Petra hasste es, sich zum Gespött anderer Leute zu machen. “Was finden Sie denn so lustig?” fragte sie kühl.

“Ihren Gesichtsausdruck”, entgegnete die Frau. “Sie sind es offensichtlich nicht gewohnt, dass man Ihnen die Hand küsst.”

Wenn Tomás Torres ebenfalls amüsiert war, verstand er es gut zu verbergen. “Ich habe eben merkwürdig altmodische Manieren”, sagte er leichthin. Als hätte er Petras Gefühle erraten, fügte er sanft hinzu: “Ich wollte Sie nicht verletzen.”

“Ich fühle mich nicht im Geringsten verletzt”, erwiderte Petra steif. Mit einer hastigen Bewegung zog sie ihren Pullover zurecht, wobei ihre Brüste sich einen Moment lang unter der dünnen Wolle abzeichneten. Sein Blick verriet, dass es ihm nicht entgangen war.

Er dachte nicht daran, sein Interesse zu verbergen. Anerkennend ließ er seinen Blick über ihre Figur gleiten, dann sah er ihr direkt in die Augen. In seinem Blick lagen Herausforderung und Begehren. Verlegen wandte Petra ihren Blick ab.

“Wie oft kommen Sie nach Sa Virgen?” fragte er.

“Sooft ich Lust habe”, erwiderte sie kühl.

“Sooft Sie Lust haben?” Spöttisch wiederholte die Frau Petras Worte. “Sie reden, als gehörte Ihnen die Insel und nicht ihm!”

Petra betrachtete den Mann nachdenklich. Tomás Torres. Ihr Herz klopfte wie rasend, als sie begriff, wer vor ihr stand. Ausgerechnet sie, die so viel über Sa Virgen zu wissen glaubte, hatte nicht bemerkt, mit wem sie sprach! Denn wenn dieser Mann Tomás war, dann gehörte Sa Virgen ihm tatsächlich. Und dann war er es, der hinter “Proyecto Virgen SA” stand, der Firma, deren Pläne zur Erschließung der Insel bei Naturliebhabern große Empörung ausgelöst hatten. “Sie sind also Tomás Torres?” Sie atmete tief und fühlte, wie ihr Zorn wuchs. “Entschuldigen Sie, dass ich nicht früher bemerkt habe, welch seltene Ehre Sie mir erweisen”, sagte sie kalt. “Sie müssen sehr menschenscheu sein, Señor Torres.”

“Ich liebe mein Privatleben”, korrigierte er sie. “Das ist nicht dasselbe.”

“Auf jeden Fall zeigen Sie sich nicht gern in der Öffentlichkeit.”

Er betrachtete sie gelassen. “Warum sagen Sie das?”

“Ich weiß nicht, wie viele Versammlungen es schon zum Thema Sa Virgen gegeben hat”, antwortete Petra. “Sie sind zu allen persönlich eingeladen worden, aber nicht einmal erschienen!”

“Ahh!” Die Frau sah sie verächtlich an. “Sie gehören also dieser Gruppe von Zerstörungswütigen und Fanatikern an, die überall so viel Ärger macht!”

“Ich bin keine Fanatikerin, ich möchte nur die Natur erhalten.” Petra war empört. “Und Zerstörungswut kann man wohl eher Señor Torres vorwerfen!”

“Nicht nur mir.” Tomás Torres war verärgert. “Im letzten Sommer haben so genannte Umweltschützer auf dieser Insel eine Versammlung abgehalten. Sie haben Sa Virgen mehr geschadet als irgendetwas in den letzten tausend Jahren.”

“Sie haben sich ein wenig danebenbenommen”, sagte Petra, aber es klang nicht sehr überzeugend. Sie selbst war nicht an dieser beschämenden Aktion beteiligt gewesen. Die Diskussion um Sa Virgen hatte eine Reihe von Verrückten angelockt, die nicht unter Kontrolle zu halten waren. Deshalb war die gut gemeinte Kampagne “Hände weg von Sa Virgen” zu einer völligen Katastrophe geworden.

“Ein wenig?” wiederholte er ironisch. “Sie haben Feuer angezündet, überall ihren Abfall zurückgelassen und sich auch sonst wie die Wilden benommen. Ich kann Ihnen versichern, das war kein schöner Anblick, Miss Castle.”

“Es war einfach widerwärtig”, stimmte die Frau ihm zu.

“Das Verhalten dieser Leute ist nichts gegen das, was Sie mit Sa Virgen vorhaben”, entgegnete Petra zornig. “Ihre Pläne für diese Insel sind abscheulich!”

“Darf ich höflich fragen, wer Ihnen eigentlich das Recht gibt, mir zu erzählen, was ich mit meinem Eigentum machen soll?” Der Sarkasmus in seiner Stimme war unüberhörbar.

“Ich nehme diese Gelegenheit wahr, weil Sie sich Ihren Kritikern ja nie stellen”, entgegnete Petra. “Sie verstecken sich hinter Ihren Anwälten und Sprechern, die dafür sorgen, dass Sie unsere Argumente nie zu hören bekommen.”

“Ich bin bestens informiert”, widersprach er ungeduldig. “Immerhin lese ich Zeitung. Und was diese Versammlungen angeht: Warum sollte ich dort erscheinen? Nur um mich von Ignoranten beleidigen zu lassen?”

“Ignoranten ist nicht das richtige Wort.” Petra ließ sich nicht einschüchtern, obwohl er etwa zehn Jahre älter als sie und ein reicher und angesehener Mann war. “Unter den Leuten, die Sa Virgen schützen wollen, sind einige der bekanntesten Vogelkundler und Wissenschaftler des Mittelmeerraumes. Und die als Ignoranten zu beschimpfen, spricht nicht gerade für Sie, Señor Torres!”

“Sa Virgen gehört mir”, fuhr er fort, als hätte er sie gar nicht gehört. “Warum sollte ich irgendjemand darüber Rechenschaft ablegen, was ich mit meinem Besitz zu tun gedenke?”

Seine Arroganz verschlug Petra einen Augenblick die Sprache. “Immerhin sind Sie kein Gott”, sagte sie schließlich.

“Sie aber auch nicht”, entgegnete er und warf ihr dabei einen kalten Blick zu.

“Warum lässt du dir diese Unverschämtheiten gefallen?” empörte sich Cristina Colom. “Es lohnt sich nicht, mit diesem Mädchen zu streiten. Sie ist nicht einmal Spanierin. Warum gibst du dich mit ihr ab?”

“Sie zeigt zumindest einen Funken Intelligenz”, sagte er lächelnd, “obwohl ihre Manieren wirklich zu wünschen übriglassen.” Er sah Petra unverwandt an. “Sie sprechen ausgezeichnet Spanisch, Petra. Ich nehme an, Sie sind Tom Castles Tochter?”

“Ja.” Petra fühlte sich unbehaglich. “Woher wissen Sie das?”

“Ihr Vater ist ein erfolgreicher Schriftsteller. Er ist auf Mallorca bekannt. Weiß er, dass Sie allein nach Cala Vibora gesegelt sind?”

“Meine Familie vertraut mir. Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich oft hierherkomme.” Petra warf ihm einen herausfordernden Blick zu. “Ich nehme an, Sie werden mich jetzt auffordern, Ihren Besitz zu verlassen?”

“Aber nein”, sagte Torres liebenswürdig. “Besucher sind immer willkommen auf Sa Virgen – besonders, wenn sie die Natur respektieren.”

Seine Scheinheiligkeit machte sie wütend. “Und was ist mit den Hubschraubern, die Ihre reichen Naturliebhaber zu ihren neu gebauten Apartments bringen werden?”

“Sie schaden der Umwelt weniger als Ihre so genannten Umweltschützer.” Offensichtlich ärgerte es ihn, dass Petra auf seinen Versuch, den Streit beizulegen, nicht reagierte.

“Komm jetzt, Tomás”, drängte Cristina Colom. “Vergiss diese Verrückte und lass uns umkehren!”

Aber Petra wollte sich nicht so leicht abwimmeln lassen. Die Chance, Tomás Torres persönlich ihre Meinung zu sagen, würde sie wahrscheinlich nie wieder bekommen!

Ohne ihren Blick von ihm abzuwenden, fuhr sie fort: “Wie lange wird es dauern, bis Ihre Hubschrauber und Landrover die Falken verscheucht haben? Sie müssen doch wissen, dass auf dieser Insel auch einige sehr seltene Schildkrötenarten leben! Wie fänden Sie es, wenn eine Horde unwissender Leute die Strände nach ihren Eiern absuchte, nur um sie als hübsches Souvenir mit nach Boston oder Manchester oder Oslo zu nehmen?”

“Miss Castle …”

“Fühlen Sie denn gar nichts für diese Insel?” fragte sie heftig. “Wenn Sie der Besitzer von Sa Virgen sind, ist es dann nicht Ihre Pflicht, sie zu beschützen, statt sie zu zerstören?”

“Passen Sie auf, was Sie sagen!” fuhr Torres sie an.

“Das schockiert Sie wohl?” fragte Petra bitter. “Das soll es auch. Die Tatsache, dass Sie genug Geld haben, um sich diese Insel zu kaufen, gibt Ihnen nicht das Recht, sie zu zerstören!”

“Sa Virgen gehört den Torres seit tausend Jahren”, entgegnete er verächtlich. “Ich bin erstaunt, dass Sie das nicht wissen, wo Sie doch so eine Expertin in Bezug auf Sa Virgen sind.”

Diese Spanier und ihr Familienstolz, dachte Petra spöttisch. “Lenken Sie bitte nicht ab. Wenn Sie dieses Feriendorf bauen, wird etwas Einzigartiges unwiderruflich zerstört werden!”

Sein Gesichtsausdruck wurde bitter. “Ich dachte, Sie hätten ein Fünkchen Intelligenz, aber Sie reden genauso wie all diese angeblichen Umweltschützer, Petra. Sie kommen doch auch oft nach Sa Virgen. Doch die anderen möchten Sie davon abhalten, dasselbe zu tun. Ist das nicht Egoismus?”

“Andere verhalten sich hier vielleicht nicht so wie ich.”

“Man merkt, dass Sie noch sehr jung sind.”

“Ich bin nicht zu jung, um Recht von Unrecht unterscheiden zu können”, sagte Petra erregt. “Ich möchte verhindern, dass auf Sa Virgen gebaut wird und diese knatternden Hubschrauber das natürliche Gleichgewicht der Insel stören.”

“Die Hubschrauber tun nichts dergleichen”, erwiderte Torres schroff. “Und Falken und andere Tierarten scheint der Lärm, den sie machen, nicht zu stören.”

“Das haben Sie sicher schon bewiesen, stimmt’s?”

“Stimmt.” Torres sah sie kalt an. “Der Landeplatz wird auf der anderen Seite der Insel gebaut, weit weg von den Nistplätzen der Falken. Und der Hubschrauber wird Sa Virgen sowieso nur einmal in der Woche anfliegen.”

“Einmal in der Woche? Das reicht, um …”

“Kommen wir noch einmal auf die Leute zurück, die angeblich die Insel zerstören würden”, unterbrach er sie. “Dieser Gedanke ist absurd. Meine Gäste werden Leute sein, die die Natur lieben und die reich genug sind, um sich einen kostspieligen Urlaub leisten zu können – keine Horde von Wilden.”

“Lieber Himmel.” Petra schüttelte den Kopf. “Ich kann Sie nur bedauern. Sie scheinen wirklich zu glauben, dass reiche Leute die Natur mehr lieben als arme.”

Er behielt sich offensichtlich mühsam unter Kontrolle. “Ich glaube, dass Menschen, die eine Menge Geld bezahlt haben, um ihren Urlaub hier zu verbringen, dieser Insel weniger Schaden zufügen als ungebetene Gäste.”

Seine Anspielung trieb Petra die Zornesröte ins Gesicht. “Es gibt keine Schilder, die gewöhnlichen Leuten verbieten, hierherzukommen. Aber das wird sich dann ändern, oder?”

“Ich werde darauf achten, dass die Zahl der Besucher auf der Insel beschränkt bleibt, wenn Sie das meinen”, erwiderte Torres unfreundlich. “Es ist notwendig, um das ökologische Gleichgewicht intakt zu halten. Das kann Ihnen doch nur recht sein!”

Petra lächelte spöttisch. “Nun, zum Glück gibt es Menschen, die sich gegen Sie wehren. Wir werden ja sehen, ob Ihr Feriendorf je gebaut wird!”

“Soll das eine Drohung sein, Miss Castle?”

“Sie wissen so gut wie ich, dass es erheblichen Widerstand gegen Ihre Pläne gibt”, antwortete Petra heftig. “In einem Monat findet eine Diskussion in Palma statt, und wir hoffen, damit die Öffentlichkeit zu mobilisieren. Das Umweltministerium schickt einen Vertreter. Ich weiß, dass auch Sie eingeladen worden sind”, fügte sie hinzu. “Ich hoffe, wir sehen uns dort.”

“Ich werde einen Vertreter schicken, genau wie der ehrenwerte Umweltminister”, versicherte Torres spöttisch.

“Oh, natürlich. Einen Vertreter. Wahrscheinlich einen Ihrer Rechtsanwälte? Sie haben wohl Angst, selbst zu kommen? Ich glaube gern, dass Ihnen das unangenehm wäre.”

“Sie müssen wirklich verrückt sein, Miss Castle.” Cristina Colom schien mehr erstaunt als ärgerlich zu sein. “So mit ihm zu sprechen …”

Petra beachtete Cristina Colom gar nicht. “Oder sind Ihre Argumente zu schwach, um einer Prüfung standzuhalten? Erscheinen Sie deshalb nie in der Öffentlichkeit?”

Tomás Torres sah sie zornig an, aber er hatte sich anscheinend gut unter Kontrolle, denn er erwiderte ihren Angriff nicht. Es war schwer zu sagen, ob er über Petras Attacken verärgert oder amüsiert war. “In mancher Hinsicht sind Sie zwar sehr naiv, aber reden können Sie, sowohl in Englisch als auch in Spanisch.”

“Und in Deutsch, Französisch und Schwedisch!” ergänzte Petra schnippisch.

Er lachte und ließ dabei makellos weiße Zähne sehen. “Ah”, sagte er sanft, “dem Himmel sei Dank für diesen Anflug von Eitelkeit. Ich habe mich schon gefragt, ob Sie überhaupt menschliche Regungen zeigen können.”

Sein Lachen nahm Petra den Wind aus den Segeln. Ihre Nerven waren aufs Äußerste gespannt, und alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen.

Aus irgendeinem Grund war ihre Wut wie weggeblasen, und ihr kam zu Bewusstsein, wie unverschämt sie sich gegenüber diesem Fremden und seiner Begleiterin verhalten hatte.

“Tomás, wir müssen jetzt gehen.” Cristina Colom klang gefährlich ruhig. “Ich weiß, sie ist hübsch und amüsant, aber nun hast du wirklich genug Zeit verschwendet. Kommst du?”

Torres sah Petra lange an. Wäre er einer dieser Jungen gewesen, die ständig um ihre Gunst stritten, hätte sie genau gewusst, was sein Blick ihr sagen wollte. Aber er war so anders als alle Männer, die sie kannte, und das verwirrte sie am meisten.

Plötzlich fühlte sie sich kraftlos und hätte viel darum gegeben, wenn sie sich einfach hätte hinsetzen und die Augen schließen können.

“Natürlich, meine Liebe. Lass uns gehen.” Er wandte sich ab und stieg den steinigen Pfad hinunter.

Petra hatte keine andere Wahl, als den beiden zu folgen. Sie war zwar nicht dazu gekommen, die Natur zu beobachten, aber es war trotzdem ein höchst interessanter Besuch gewesen.

Ohne dass sie wusste, wie es kam, ging sie plötzlich neben Torres. Cristina war schon ein Stück voraus.

“Bestellen Sie Ihrem Vater meine besten Grüße”, sagte er leichthin, als hätten sie gerade in einem Restaurant gegessen und nicht auf den Klippen eine heftige Diskussion geführt.

“Danke.” Petra wusste, dass das Gespräch damit beendet war.

Auf dem Rückweg machte Torres Konversation, die von Petra nicht mehr als ein paar einsilbige Antworten erforderte. Cristinas Stimme war so ausdruckslos wie ihre Miene. Trotzdem wusste Petra instinktiv, dass sie sich eine Feindin gemacht hatte.

“Achten Sie auf die Felsen, wenn Sie zurücksegeln”, sagte Tomás Torres ernst. “Seien Sie vorsichtig!” Er begleitete sie bis zu ihrem Schlauchboot und half ihr, es ins Wasser zu bringen. Und bevor Petra protestieren konnte, hob er sie mit einer Leichtigkeit hoch, als ob sie eine Feder wäre. Nichts hätte ihre Ohnmacht besser demonstrieren können! Petra fühlte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss.

Torres trug sie durchs seichte Wasser zum Schlauchboot und ließ sie aus seinen Armen hineinfallen, dass das Boot schaukelte.

Petra meinte, ein boshaftes Glitzern in seinem Blick zu sehen.

“Sie können hierherkommen, wann immer Sie Lust haben”, rief er ihr zum Abschied zu. “Niemand wird Sie daran hindern!”

Petra paddelte zu ihrem Segelboot zurück. Ihre Haut brannte, wo Torres sie berührt hatte, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie beobachtete, wie Torres durch das seichte Wasser zurück an Land watete. Er drehte sich nicht einmal um. Was für ein Mann! Noch nie war sie jemandem wie ihm begegnet. Wer immer im Streit um Sa Virgen recht hatte, Tomás Torres war eine außergewöhnliche Persönlichkeit.

Als Petra das Segel setzte, hatte sie sich schon ein wenig beruhigt. Sie sah zu der grauen Yacht hinüber und entdeckte Torres und Cristina an Deck. Die beiden beobachteten sie und hatten selbst anscheinend nicht die Absicht, die Bucht zu verlassen. Offensichtlich warteten sie darauf, dass Petra endlich davonsegelte.

Mit zusammengebissenen Zähnen konzentrierte Petra sich auf das, was vor ihr lag. Bevor sie um die letzten Felsen herumsegelte, warf sie noch einen Blick zurück. Torres war jetzt allein an Deck und winkte ihr nach. Sie erwiderte nur kurz seinen Gruß, dann segelte sie zurück nach Palma.

2. KAPITEL

“Er hat gesagt, meine Bücher gefallen ihm?” Tom Castle schnitt sich ein großes Stück vom Sonntagsbraten ab. “Hat er sie in Englisch oder in der spanischen Übersetzung gelesen?”

“Das hat er nicht gesagt.”

“Das ist aber ein großer Unterschied. In der Übersetzung kommen die Pointen manchmal nicht so gut heraus.”

“Ich hoffe, du hast dich nicht danebenbenommen”, warf Petras Mutter ein. “Wenn es um diese Insel geht, bist du oft so verletzend. Und außerdem hättest du niemals allein nach Cala Vibora segeln dürfen! Worüber habt ihr denn gesprochen?”

“Ich habe ihm erzählt, dass ich seine Pläne abscheulich finde und hoffe, dass er sie nicht durchführen kann.”

“Aber Petra!”

“Also, ich finde, dass Petra ihre Sache gut gemacht hat.” James warf seiner Schwester einen aufmunternden Blick zu. “Es muss für Don Tomás Torres eine völlig neue Erfahrung gewesen sein, dass ihm mal jemand die Meinung gesagt hat.”

“Das ist es ja gerade”, fuhr Margaret Castle fort. “Petra kann sehr direkt sein, wenn sie sich in ein Thema verbissen hat. Die Spanier verstehen das nicht immer. Vielleicht hat sie ihn beleidigt. Und wenn ich mir vorstelle, dass ein so bedeutender Mann wie Tomás Torres den Leuten erzählt, unsere Petra hätte keine Manieren …”

“Nun übertreibe nicht, Margaret. So, wie ich Torres einschätze, lässt er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen”, beschwichtigte Tom Castle.

“Das glaube ich auch”, stimmte James zu. “Obwohl ich Mutter recht geben muss. Petra kann manchmal wirklich sehr hartnäckig sein. In all diesen langweiligen Umweltschutzversammlungen hat sich ihre Redegewandtheit bemerkenswert entwickelt. Er wird sie wahrscheinlich nicht so schnell vergessen!”

“Irgendjemand muss sich doch für die Umwelt einsetzen”, verteidigte Petra sich. “Sonst wird es bald keine Umwelt mehr geben, für die wir etwas tun können.”

“Auf jeden Fall hätte ich gern seine Yacht gesehen”, gestand James. “Aber vor allem seine Freundin.”

“Du weißt wenigstens, was Vorrang hat”, sagte sein Vater mit einem amüsierten Lächeln. James, der fast fünf Jahre älter war als Petra, arbeitete als Arzt in London, aber er besuchte seine Familie auf Mallorca, sooft er konnte.

Wenn er da war, schien das Haus voll Fröhlichkeit und Lärm zu sein, so wie an diesem sonnigen Sonntagnachmittag. Helen war das einzige Familienmitglied, das fehlte. Petras ältere Schwester war mit einem Spanier verheiratet und wohnte seit zwei Jahren mit ihm in Barcelona.

Die Castles lebten schon lange auf Mallorca. Petra war sieben Jahre alt, als ihr Vater seinen ersten Roman in England veröffentlichte. Die Einnahmen aus diesem Buch ermöglichten ihm, seinen Beruf als Mathematiklehrer aufzugeben und mit seiner Familie nach Mallorca zu ziehen.

Seitdem wohnten sie in dieser hübschen Villa in einem Vorort von Palma. Die Familie war nicht reich, aber Tom Castles anhaltender Erfolg als Autor amüsanter Romane brachte genug Geld ein, um ihnen ein sorgloses Leben zu ermöglichen.

“Wenn er so reich ist, dass er sich eine teure Yacht leisten kann, und der Himmel weiß, was sonst noch”, überlegte Petra laut, “warum ist er so darauf aus, seine Pläne für Sa Virgen zu verwirklichen? Wahrscheinlich kann er nicht genug kriegen.”

James lachte auf. “Eine oder zwei Millionen kommen immer ganz gelegen, oder meinst du nicht?”

“Wenn Sa Virgen mir gehören würde, würde ich niemals etwas tun, was der Insel schaden könnte”, erklärte Petra. “Auch nicht, wenn ich arm wie eine Kirchenmaus wäre.”

“Es ist wirklich komisch”, sagte James. “Unser Name ist Castle – Schloss, und ‘torres’ bedeutet ‘Turm’. Das klingt wie eine mittelalterliche Schlacht. Petra, verlieb dich nicht in ihn! Die Vorzeichen sind nicht besonders gut.”

“Ich habe nicht die Absicht”, meinte Petra energisch.

“Und warum redest du seit vierundzwanzig Stunden nur über ihn?”

“Er ist mein Feind. Einer, der die Umwelt verschandelt.”

“Hm. Ich glaube eher, dass du für diese dunklen, gefährlichen Typen ziemlich anfällig bist.”

Seine Worte irritierten sie, obwohl sie wusste, dass er sie nur auf den Arm nehmen wollte. Doch dann stimmte sie in das Lachen der anderen ein.

Am Montagmorgen saß Petra wieder in ihrem Büro. Ihre Gedanken waren noch bei diesem wunderbaren Wochenende auf dem Meer.

Seit achtzehn Monaten arbeitete sie für Gomila & Rodriguez, und sie liebte ihre Arbeit. Vorher war sie zweieinhalb Jahre bei einer großen Grundstücksfirma beschäftigt gewesen. Dort hatte sie schließlich gekündigt, weil sie nicht an der rücksichtslosen Ausbeutung Mallorcas beteiligt sein wollte. Die Tatsache, dass immer größere Teile der wunderbaren, ursprünglichen Küste durch Hotels und Apartmentblocks verschandelt wurden, hatte ihr Umweltbewusstsein geweckt.

Ihre Arbeit wurde ihr von Tag zu Tag verhasster, und als sie die Anzeige von Gomila & Rodriguez in der Zeitung las, hatte sie die Gelegenheit ergriffen und es nie bereut.

Gomila & Rodriguez war eine der angesehensten Anwaltskanzleien in Palma. Petra musste härter arbeiten als jemals zuvor, aber sie konnte dort auch ihre Neigungen und Talente entwickeln.

Ihre größte Begabung waren Sprachen. Helen und sie hatten eine ausgezeichnete Schule auf der Insel besucht, wo Französisch und Spanisch unterrichtet wurde. Den katalanischen Dialekt, der auf Mallorca gesprochen wurde, hatte sie sich selbst angeeignet. Während ihrer Zeit in der Grundstücksfirma waren noch Deutsch und Schwedisch hinzugekommen.

Sie konnte ohne Schwierigkeiten von einer Sprache in die andere wechseln und machte sich bei Gomila & Rodriguez schnell unentbehrlich. Die aus vielen Nationalitäten bestehende Bevölkerung Mallorcas brachte eine Fülle von Schwierigkeiten mit sich. Eigentlich wollte Petra in Abendkursen ihr Italienisch verbessern, doch ihr ausgefüllter Terminplan ließ ihr kaum noch Zeit für neue Aktivitäten.

Regelmäßig jeden Mittwoch ging sie zu den Versammlungen ihrer Umweltgruppe. Dort trafen sich Einheimische und Ausländer, die sich für den Schutz der Natur engagierten.

Als Petra am Mittwochabend durch den Versammlungsraum auf eine Gruppe von Freunden zuging, folgten ihr neugierige Blicke.

Gabriel Sanchez, der auf seinem üblichen Platz unter einem großen Ölgemälde saß, klärte sie schließlich auf.

“Sei gegrüßt, heilige Georgina! Hast du wieder ein paar Drachen zur Strecke gebracht? Wie ich hörte, sollst du die Ehre von San Virgen ohne Rücksicht auf Verluste verteidigt haben!”

Auf Mallorca verbreiteten sich Neuigkeiten in Windeseile, deshalb war Petra eher amüsiert als erstaunt über seine Worte. “Wer hat dir denn das erzählt?”

“Oh, alle reden davon, dass du Tomás Torres auf seiner eigenen Insel eine Ohrfeige verpasst hast.”

“Unsinn! Ich habe ihn überhaupt nicht angerührt!”

“Außerdem sollst du ihm deutlich zu verstehen gegeben haben, was du von ihm und seinem Feriendorf hältst!”

“Das stimmt allerdings”, gab sie lächelnd zu.

“Nun komm schon”, drängte eines der Mädchen, “sag uns, was passiert ist!”

Petra berichtete kurz von ihrer Begegnung mit Torres, und ihre Zuhörer amüsierten sich köstlich. Die Tatsache, dass keiner von ihnen Torres je gesehen hatte, machte Petras Erlebnis umso interessanter.

Nur dass er sie in das Schlauchboot hatte fallen lassen wie einen Fisch, der aussortiert wird, weil er zu klein ist, davon erzählte sie natürlich nichts.

“Wie hat er sich dir gegenüber verhalten?” fragte Barry Lear, der unausgesprochene Anführer der Gruppe. Barry war ein großer, hagerer Amerikaner. Er arbeitete am Forschungsinstitut für Raubvögel und war einer der engagiertesten Umweltschützer der Insel. “Ich meine, wie hat er auf dich persönlich reagiert?”

Petra dachte nach. “Ich glaube, er fand mich ganz amüsant.”

“Amüsant?”

“Er hat ein ungeheures Selbstbewusstsein”, erklärte sie. “Man kommt nur sehr schwer an ihn heran. Seine Freundin ärgerte sich jedenfalls mehr über mich als er selbst. Nur einmal war er nahe daran, seine Selbstbeherrschung zu verlieren.”

“Dann hast du also Eindruck auf ihn gemacht?” fragte Barry.

“Er nannte mich einen Pseudo-Umweltschützer. Du hättest seinen Blick dabei sehen sollen!”

Barry Lear betrachtete sie forschend. Seine durchdringenden hellbraunen Augen erinnerten an die Raubvögel, die er so liebte. Obwohl er erst Anfang dreißig war, wirkte er mit seinem von Sonne und Wind gegerbten Gesicht zehn Jahre älter. “Was glaubst du, ob er dich mag?” fragte er schließlich.

“Lieber Himmel, nein!” Aber Petra errötete leicht, vielleicht weil dies schon das zweite Mal war, dass jemand darauf anspielte. Bevor die anderen etwas dazu sagen konnten, wurde der Gastredner dieses Abends angekündigt, und der Raum wurde für die Diavorführung verdunkelt.

Der Vortrag über besonders seltene Gebirgspflanzen wirkte einschläfernd auf Petra, und als das Licht wieder anging, war sie dankbar für den Kaffee, den Barry Lear ihr brachte. Mit ihm kam Andres Peraza, einer seiner Kollegen vom Institut. Die beiden setzten sich Petra gegenüber. Barry schlug ein Bein über das andere und betrachtete sie forschend.

“Ich habe über etwas nachgedacht”, begann er. “Du weißt doch, dass Ende des Monats die Diskussion zum Thema Sa Virgen stattfindet. Weil jemand vom Umweltministerium teilnimmt, finde ich, dass auch Torres kommen sollte, und zwar persönlich.”

“Gute Idee”, stimmte Petra zu. “Aber warum sollte er ausgerechnet diese Versammlung besuchen, wenn er bisher noch nie gekommen ist?”

“Weil du ihn darum bitten wirst.”

“Ich?”

“Ich habe das Gefühl, dass du Eindruck auf Señor Torres gemacht hast. Er wird vielleicht auf dich hören.”

“Da bin ich mir gar nicht so sicher”, widersprach sie unbehaglich.

“Du könntest zumindest versuchen, ihn persönlich einzuladen.”

“Aber das habe ich doch schon auf Sa Virgen getan!”

“Dann tust du es eben noch einmal.” Barry lächelte.

“Warum sollte er kommen?”

“Weil er dich wiedersehen will. Ich habe das im Gefühl”, fuhr er fort, bevor Petra ihn unterbrechen konnte. “Entweder, du bist ihm auf die Nerven gegangen, oder du hast ihm gefallen oder beides. Auf jeden Fall wird er dich nicht so schnell vergessen. Wenn du ihn anrufst und zu der Versammlung einlädst – vielleicht kommt er deinetwegen.”

“Barry hat einen Instinkt für diese Dinge”, bestätigte Julia Symmonds, eine Engländerin, die sich mit einigen anderen Mädchen inzwischen zu ihnen gesellt hatte. “Ich finde die Idee gut. Wenn du Torres dazu bewegen kannst, zu der Debatte zu kommen, werden wir ihm einen Empfang bereiten, den er so schnell nicht vergessen wird!”

Petra zuckte zusammen. Barry Lear und seine Freunde hatten an der verhängnisvollen Kampagne im letzten Jahr zwar nicht teilgenommen, aber sie gehörten doch zum radikalen Flügel der Umweltgruppe. Und Julias Ton gefiel ihr überhaupt nicht.

“Mach dir keine Sorgen!” Barry hatte ihre Gedanken anscheinend erraten. “Wir werden ihn nur mit Worten angreifen. Denk daran, wir sind Wissenschaftler, keine Wilden!”

“Im Übrigen lässt die Öffentlichkeit sich nicht von irgendwelchen Vertretern beeindrucken”, fügte Julia hinzu. “Das Umweltministerium schickt einen Vertreter und Torres auch. Wir werden die Einzigen sein, die persönlich erscheinen! Aber wenn auch Torres kommt – das würde Eindruck machen!”

“Genau”, stimmte Barry zu. “Das könnte eine richtige Diskussion werden und nicht nur leeres Gerede. Also, was meinst du?”

Petra hatte eigentlich nicht den Wunsch, Torres noch einmal wiederzusehen, aber sie wusste, dass die Gruppe es von ihr erwartete. Sie hatte sehr viel Achtung vor Barry Lear und seinen Fähigkeiten und wollte nicht den Eindruck erwecken, dass sie sich nicht für ihre gemeinsame Sache einsetzte. “Er wird wahrscheinlich sagen, dass die Zeit zu knapp ist.”

“Er hat noch drei Wochen, um sich vorzubereiten. Außerdem wird er sowieso nur ein paar Fragen beantworten müssen.”

“Ich weiß nicht einmal, wie ich an ihn herankommen soll.”

“Ruf ihn einfach an”, schlug Barry vor. “Und wenn du es fertigbringst, ihn zu überreden, hast du mehr für Sa Virgen getan als irgendeiner von uns.”

“Die Presse wird auf jeden Fall da sein und wahrscheinlich auch ein Kamerateam von Mallorca TV”, sagte Julia eifrig. “Die ganze Insel wird zusehen, wenn wir jedes seiner Argumente widerlegen. Danach muss die Bevölkerung uns einfach unterstützen! Das wäre für uns ein großer Schritt nach vorn.”

“Du willst Sa Virgen doch schützen, oder?” wandte sich eines der Mädchen an Petra.

“Natürlich will ich das”, sagte sie. “Ich liebe Sa Virgen!”

“Abgesehen davon, dass du Sa Virgen liebst”, warf Andres ein, “ist diese Insel der letzte Zufluchtsort für einige seltene Tierarten. Wir müssen dafür kämpfen, sie zu schützen, Petra, und dabei geht es um mehr als nur um Gefühle.”

“Ich glaube, dass Petra sich über die Bedeutung von Sa Virgen sehr wohl im Klaren ist”, wies Barry ihn zurecht. “Du brauchst ihr also keinen Vortrag darüber zu halten.”

“Entschuldige!” Andres zuckte die Schultern. “Ihr denkt vielleicht anders darüber, aber mir bedeutet Sa Virgen so viel, weil ich hier geboren und aufgewachsen bin, versteht ihr?”

“Natürlich”, sagte Petra, aber ihr war gar nicht wohl bei dieser Sache. Warum nur? Weil sie sich von Torres eingeschüchtert fühlte? Oder weil ihr das Ganze wie ein Betrug vorkam?

“Wenn dir wirklich etwas an Sa Virgen liegt, dann musst du es einfach tun”, drängte Julia.

“Also gut, ich werde es zumindest versuchen. Was soll ich tun?”

“Bravo”, sagte Barry zufrieden. “Ich gebe dir seine private Nummer. Sie steht nicht im Telefonbuch. Wenn du ihn morgen Mittag anrufst, wird er sicher zu Haus sein. Alles klar?”

“Alles klar.” Petra versuchte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, während Barry die Telefonnummer auf einem Zettel notierte.

Petra rief erst zwei Tage später vom Büro aus bei Torres an. Vorher hatte sie sich einfach nicht getraut. Jedes Mal, wenn sie seine Nummer wählen wollte, verließ sie der Mut.

Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine männliche Stimme, offenbar der Sekretär oder Butler.

“Könnte ich bitte mit Señor Torres sprechen?” fragte sie.

“Ich glaube nicht, dass der Señor zu Hause ist.” Die Stimme klang unpersönlich. “Wer spricht dort?”

“Mein Name ist Petra Castle.”

“Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?”

“Ja, bitte.” Sie wusste nicht, ob sie enttäuscht oder erleichtert sein sollte oder beides.

“Einen Moment bitte, Señorita.”

Während Petra wartete, malte sie geistesabwesend Figuren auf ihren Notizblock. Entsetzt schreckte sie zusammen, als sie Torres’ tiefe Stimme erkannte.

“Petra Castle?”

“Oh – hallo!” Petra fühlte, wie ihr heiß wurde. “Ich dachte, Sie wären nicht da.”

“Für Anrufer nicht zu Haus”, korrigierte er. “Das ist nicht das Gleiche. Was kann ich für Sie tun?”

“Ich wollte Sie noch einmal an den Neunundzwanzigsten erinnern.” Sie versuchte trotz ihrer Nervosität, ihre Stimme so unbekümmert wie möglich klingen zu lassen.

Torres sagte nach einer Weile: “Sie müssen meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Was ist an diesem Tag?”

“Die Debatte über Sa Virgen. Sie findet in der Ramon-Lull-Halle statt, am Freitag, dem Neunundzwanzigsten dieses Monats, um neunzehn Uhr dreißig. Sie wollten doch kommen!”

“Ich habe gesagt, ich werde einen Vertreter schicken”, berichtigte er sie gelassen.

“Also kommen Sie nicht?”

“Ich habe nicht die Absicht, nein.”

“Oh. Ich hätte Sie für mutiger gehalten”, sagte Petra herausfordernd.

“Um Ihrem wilden Haufen entgegenzutreten, brauche ich wirklich keinen Mut.”

“Meine Freunde sind kein wilder Haufen, sondern Wissenschaftler und Umweltschützer.”

“Und wie ist es mit Ihnen?”

“Ich versuche, mich für die Natur einzusetzen. Außerdem liebe ich Sa Virgen, Señor Torres. Und ich werde nie das Geld haben, um in einem Ihrer Apartments zu wohnen, nicht einmal für eine Woche. Wenn Sie also Ihr Feriendorf bauen, werde ich Sa Virgen nie mehr betreten können.”

“Mir bricht das Herz.”

“Ihre Pläne grenzen an Vandalismus!”

“Aber sie versprechen Profit.”

“Ihr Profit bedeutet zwangsläufig die Zerstörung von etwas sehr Wertvollem!” Petras Stimme bebte vor Zorn.

“Das ist meine Angelegenheit. Wenn Sie mir also nichts anderes zu sagen haben …”

“Warten Sie!” bat Petra einlenkend. “Sie wollen auf keinen Fall zu unserer Versammlung kommen?”

“Das ist sehr unwahrscheinlich”, bestätigte Torres. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: “Aber ich bin gern bereit, mit Ihnen allein darüber zu reden.”

“Schön.” Petras Augen begannen zu leuchten. “Dann lassen Sie uns darüber reden.”

“Nicht jetzt. Könnten Sie mich am Wochenende besuchen?”

Petra glaubte nicht richtig gehört zu haben. “Sie wollen, dass ich zu Ihnen komme? Weshalb?”

“Sollten Sie etwa keinen Mut haben?”

“Das ist es nicht”, log sie. Warum wollte er sie treffen? Mit ihm zu telefonieren, war schon schlimm genug. Bei dem Gedanken, ihn in seinem Haus wiederzusehen, fühlte sie sich mehr als unbehaglich. Doch dann fielen ihr Barry und die anderen aus der Gruppe ein, und was sie sagen würden, wenn sie sich jetzt weigerte. “Wenn ich zu Ihnen komme, versprechen Sie dann, an der Versammlung teilzunehmen?”

“Nein. Aber wenn Sie mich nicht besuchen, werde ich höchstwahrscheinlich nicht kommen. Andererseits, wenn es Ihnen gelingt, mich zu überzeugen …”

“Ich weiß nicht, warum Sie mich unbedingt treffen wollen”, sagte sie verwirrt.

“Fürchten Sie sich vor mir?”

Petra bemühte sich, ihrer Stimme Festigkeit zu geben. “Nein, natürlich nicht.”

“Schön. Dann kommen Sie. Also, sagen wir, um halb drei am Samstagnachmittag?”

“Ich weiß nicht einmal, wo Sie wohnen!”

“Fahren Sie die Straße nach Esporles. Kurz vor San Sebastian ist ein Schild nach Alcamar. Dort müssen Sie abbiegen. Auf Wiedersehen, Petra.”

Verblüfft erwiderte sie seinen Gruß und legte den Hörer auf. Vielleicht hatte Barry Lear doch recht gehabt. Vielleicht hatte sie doch Eindruck auf Torres gemacht. Oder bildete sie sich das nur ein? Es war sehr unwahrscheinlich, dass ein Mann wie Tomás Torres sich für ein einfaches Mädchen wie sie interessierte. Oder hatte er andere Beweggründe? Petra wurde das Gefühl nicht los, in dieser Sache von beiden Seiten ausgenutzt zu werden.

Petra machte sich mit großem Elan an die Arbeit. Señor Gomila, der gerade das Büro betrat, warf ihr einen anerkennenden Blick zu.

Ihr kam ein Gedanke. “Señor Gomila, kennen Sie Tomás Torres?”

“Sie meinen den jungen Tomás Torres? Natürlich.”

“Sind Sie ihm schon begegnet?”

“Sehr oft. Ich kannte seinen Vater gut. Tomás ähnelt ihm sehr.” Jaime Gomila lächelte. “Seine Mutter – ah, Petra, das war eine Schönheit! Pechschwarze Augen, ein Lächeln, dass einem das Herz stehen blieb, Haar wie schwarze Seide …” Er nickte gedankenverloren. “Sie war eine erstaunliche Persönlichkeit. Ganz Mallorca lag ihr zu Füßen.”

“Lebt sie denn nicht mehr?”

“Nein. Sie starb vor einigen Jahren zusammen mit ihrem Mann.” Señor Gomila seufzte. “Die beiden wurden bei einem tragischen Verkehrsunfall getötet.”

“Das tut mir leid”, sagte Petra leise. Anscheinend war ihrem Chef der Tod der Torres sehr nahegegangen. “Tomás Torres – ich meine den Sohn – wie hat er sich die Nase gebrochen?”

“Bei demselben Unfall. Es ist sehr schade, er sah seiner Mutter sehr ähnlich.”

“Er sieht immer noch sehr gut aus.” Petra lächelte.

“Tatsächlich?” Señor Gomila zwinkerte ihr zu. “Fragen Sie mich deshalb so aus?”

“Nein, nein, ich gehöre nicht zu seinen Anhängern. Wir haben nicht die gleichen Interessen. Aber trotzdem”, sagte sie nachdenklich, “er hätte sich die Nase richten lassen können. Das ist doch heute kein Problem mehr.”

“Vielleicht will er es gar nicht.”

“Bitte?”

Aber Jaime Gomila lächelte nur unergründlich und ging in sein Büro, während Petra über seine letzte Bemerkung nachdachte.

Nachmittags rief Petra Barry Lear an, um ihm von Torres’ Einladung zu berichten. Barry war begeistert. “Ich habe es dir ja gleich gesagt! Es musste einfach funktionieren. Aber verschwende bloß keine Zeit mit ihm, hörst du?”

“Bestimmt nicht”, versprach sie, erregt von der Aussicht auf diese Einladung. Jetzt war sie froh darüber, dass sie Barrys Plan zugestimmt hatte. “Ich tue, was ich kann.”

Sie arbeitete eineinhalb Stunden länger als gewöhnlich, um eine Übersetzung für Jaime Gomila zu beenden. Die Straßen waren fast leer, als sie in ihrem kleinen Fiesta nach Haus zu ihren Eltern fuhr.

Die untergehende Sonne tauchte Palma in goldenes Licht. Die Landschaft außerhalb der Stadt war bezaubernd. Riesige Agaven säumten die Straßen und hoben sich dunkel gegen den orangefarbenen Himmel ab. Felder mit Mandel- und Obstbäumen erstreckten sich bis zu den Hügeln, die im Abendlicht violett leuchteten. Und zwischen Orangenhainen ragten Windmühlen, die so typisch für Mallorca waren, Symbole einer Lebensweise, die langsam, aber sicher ausstarb. Musste man sich nicht glücklich schätzen, in dieser wunderbaren Umgebung zu leben? Wenn nur alle so denken würden! Aber immer weiter wurde gebaut – bis die ganze Landschaft zerstört war.

Warum sah Tomás Torres das nicht? Hatte die Geldgier ihn blind gemacht? Trotz seines Charmes und seiner Intelligenz schien er nichts begriffen zu haben. Oder vielleicht war er gar nicht so intelligent, wie sie dachte?

Inzwischen hatte sie das Haus ihrer Eltern erreicht. Als sie den Wagen abschloss, dachte sie an diesen energischen Mund, die schwarzen Augen und die auffallende Nase. Der Mann war ihr unheimlich. Es hatte keinen Zweck, sich auf Torres einzulassen. Sie musste versuchen, ihre Beziehung zu ihm nicht zu persönlich werden zu lassen.

Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, wirklich etwas ausrichten zu können. Der Kampf für Sa Virgen war bisher in endlosen Debatten stecken geblieben, und das Gerede hatte die Öffentlichkeit eher abgeschreckt. Aber wenn es ihr gelang, Tomás Torres zu bewegen, zu dieser Versammlung zu kommen, zusammen mit einem Vertreter des Umweltministeriums, wäre das schon ein Fortschritt.

3. KAPITEL

Es regnete den ganzen Samstagmorgen. Erst gegen Mittag hörte es auf, und ein leichter Wind vertrieb die grauen Wolken. Vor Nervosität brachte Petra beim Mittagessen kaum einen Bissen hinunter. James beobachtete sie amüsiert.

“Ich habe dir ja gesagt, dass dieser dunkle, gefährliche Typ dein Verderben ist. Ich habe dich noch nie so durcheinander gesehen.”

“Ich bin nicht durcheinander”, sagte Petra schnippisch, “nur nervös, weil ich ihn überreden muss, zur Versammlung zu kommen. Ich fürchte nur, dass er mich heute Nachmittag mit Haut und Haar verschlingen wird.”

Ihr Vater lachte. “Muss er sich zu der Veranstaltung eigentlich selbst mitbringen?”

“Wir planen eine Diskussion, keine Hinrichtung”, erklärte Petra. “Er soll uns nur seinen Standpunkt erklären.”

“Nun lasst Petra doch in Ruhe”, schaltete sich Margaret Castle ein. Zu Petra gewandt, fragte sie liebevoll: “Was willst du denn anziehen?”

“Wenn er dich sowieso verschlingt, wie wäre es denn mit etwas Senf?” schlug James vor.

“Ich lege Wert darauf, ernst genommen zu werden”, entgegnete Petra trocken und stand auf. “Entschuldigt mich bitte. Das Lamm muss sich für die Schlachtbank vorbereiten.”

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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