Inspector Ghote geht nach Bollywood - H. R. F. Keating - E-Book

Inspector Ghote geht nach Bollywood E-Book

H. R. F. Keating

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Beschreibung

Ein filmreif in Szene gesetzter Mord erschüttert die berühmten Bollywood-Filmstudios von Bombay. Für einmal ist der Mord nämlich echt und endet äußerst tödlich. Das prominente Opfer: Indiens gefeierter Leinwandschurke Dhartiraj, ein Superstar. Detective Inspector Ghote sieht endlich seine Chance gekommen, sich als genialer Starermittler in der High-Society einzuführen. Doch hinter den Kulissen dieser eitlen Welt voll Glanz und Glamour lauern tausend Fallstricke auf den arglosen Aspiranten. Nur die Klatschspaltenkönigin, die ihre Schnabelnase gerne in die Ränke und Intrigen der Filmindustrie steckt, kann ihm weiterhelfen. Und auf einmal scheinen ziemlich viele Leute mit Dhartiraj, dem beliebten »Star ohne Feinde«, nicht gut Freund gewesen zu sein.

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Über dieses Buch

Ein filmreif in Szene gesetzter Mord erschüttert die berühmten Bollywood-Filmstudios von Bombay. Das prominente Opfer: Indiens gefeierter Leinwandschurke Dhartiraj. Detective Inspector Ghote sieht endlich seine Chance gekommen, sich als genialer Starermittler zu beweisen. Aber in dieser eitlen Welt voll Glanz und Glamour lauern tausend Fallstricke.

Zur Webseite mit allen Informationen zu diesem Buch.

H. R. F. Keating (1926-2011) war freier Schriftsteller und auch als Krimi-Kritiker eine Autorität. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, für sein Gesamtwerk erhielt er 1996 den Cartier Diamond Dagger.

Zur Webseite von H. R. F. Keating.

Edda Janus (eigentlich Edda Rönckendorff, *1924) war ab den Sechzigerjahren als Übersetzerin und Autorin tätig. Ihre Romane erschienen unter ihrem richtigen Namen, alle anderen Werke, darunter auch ihre Übersetzungen, unter Pseudonym.

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Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: Taschenbuch, E-Book (EPUB) – Ihre Ausgabe, E-Book (Apple-Geräte), E-Book (Kindle)

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

H. R. F. Keating

Inspector Ghote geht nach Bollywood

Kriminalroman

Aus dem Englischen von Edda Janus Mit einem Vorwort des Autors

Ein Inspector-Ghote-Krimi (4)

E-Book-Ausgabe

Unionsverlag

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Impressum

Dieses E-Book enthält als Bonusmaterial im Anhang 2 Dokumente

Die Originalausgabe erschien 1976 unter dem Titel Filmi, Filmi, Inspector Ghote bei Collins in London.

Die deutsche Erstausgabe erschien 1978 unter dem Titel Inspector Ghote geht zum Film im Rowohlt Verlag, Reinbek.

Die Übersetzung wurde für die vorliegende Ausgabe überarbeitet und ergänzt.

Originaltitel: Filmi, Filmi, Inspector Ghote (1976)

© by H. R. F. Keating 1976

© by Unionsverlag, Zürich 2022

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: Hans Demarmels, Zürich. In: Bollywood. Das indische Kino und die Schweiz. Zürich: Museum für Gestaltung, 2002.

Umschlaggestaltung: Martina Heuer

ISBN 978-3-293-30372-0

Diese E-Book-Ausgabe ist optimiert für EPUB-Lesegeräte

Produziert mit der Software transpect (le-tex, Leipzig)

Version vom 02.03.2022, 10:53h

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Über dieses Buch

Titelseite

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Inhaltsverzeichnis

INSPECTOR GHOTE GEHT NACH BOLLYWOOD

Vorwort1 – Der Deputy Commissioner las eine filmi-Zeitschrift. Das war …2 – Als Ghote hinter dem kleinlaut gewordenen Produktionsleiter nach …3 – Es war erstaunlich wenig Blut. Ein einziges …4 – Eine unerwartete Unterbrechung hinderte Ghote daran, sofort mit …5 – Während Ghote auf der schmalen, schaukelnden Beleuchterbrücke stand …6 – Ghote war schon am Tor des Studiogeländes …7 – Während der ganzen Fahrt zum Strand von Juhu …8 – Der Ruf stieg hoch in die vor Hitze …9 – Es dauerte nicht lange, Sudhaker Wani durch Assistant …10 – Ghote saß vor Ungeduld zitternd in seinem Büro …11 – Es brauchte mehr als ein Telefongespräch, um Kishore …12 – Ghote richtete sich auf seinem Stuhl in der …13 – Als der Wagen in der Nacht über den …14 – Plötzlich hämmerte Ghotes Herz in wilder Panik …15 – Ghotes fassungsloses Staunen grenzte an Ehrfurcht. Ravi Kumar …16 – Ghote traf den Superstar zu Hause an …17 – Während vielleicht zehn Minuten, nachdem Ravi Kumar sein …18 – Inspector Ghote verließ das Büro des Deputy Commissioners …19 – Raviji. Der vertrauliche Ausdruck traf Ghote wie ein …

Mehr über dieses Buch

Über H. R. F. Keating

H. R. F. Keating : »Inspector Ghote, c’est moi!«

Jochen Schmidt: »Ghote, das ist der, der das Beweismaterial nie manipuliert.«

Über Edda Janus

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Vorwort

Inspector Ghote geht nach Bollywood war, wie ich gerade eben feststelle, die zehnte Geschichte, in der ich Ghote ermitteln ließ. Dieser Band markiert etwa die Hälfte der Karriere meines ständig schikanierten Bombayer Kriminalpolizisten, der am Ende doch jedes Mal triumphieren darf. Als ich dieses Buch schrieb, hatte ich Indien bereits mehrere Male besucht (was bei Ghotes erstem Auftritt in The Perfect Murder noch nicht der Fall war) und dabei intensive Eindrücke der Stadt gesammelt, in der er ermittelt. Seine Fälle, die dort spielen, neigen in unseren Augen zum Ungewöhnlichen, so wie jener in Inspector Ghote Plays A Joker, als unser tapferer Detektiv den Tod eines einzelnen Flamingos im Victoria Gardens Zoo untersuchen muss (immerhin war der Vogel ein Geschenk des amerikanischen Botschafters gewesen).

Für Inspector Ghote geht nach Bollywood allerdings hatte ich das Glück, auf meiner Reise dank eines Empfehlungsschreibens direkt in das Herz dessen geführt zu werden, was auf Hindi die filmi duniya heißt: die außergewöhnliche und extravagante Welt von Bollywood.

Dieses Schreiben versetzt mich in die Lage, den Dreharbeiten in den Bombayer Studios ebenso beizuwohnen wie den Außenaufnahmen an den Sets, die immer und immer wieder verwendet wurden. In der filmi duniya wurden solche Unmassen von Filmen produziert, dass Hollywood dagegen blass aussah. Doch als wichtigstes Element sicherte mir mein Schreiben die Freundschaft – wenn auch vielleicht nur für die Dauer meines Besuchs – des berühmtesten männlichen Filmstars jener Zeit, Dev Anand.

Aufgrund dieser Verbindung können Sie, geneigte Leserinnen und Leser, sicher sein, dass dieses Buch völlig authentische Passagen enthält. Die Szene des Geburtstagsfests etwa beruht darauf, dass Dev eines Nachmittags zu mir sagte: »Mr Keating, kommen Sie heute Abend zu einer kleinen Party, fünfzig, sechzig Leute im Taj.« Das Taj war Bombays bestes und sagenhaft luxuriöses Hotel Taj Mahal. Von dort zurück in meiner deutlich weniger prächtigen Unterkunft – wie habe ich da spät in der Nacht mein Notizbuch Seite um Seite vollgekritzelt! Als ebenso authentisch können Sie die Szene lesen, in der Sie, versteckt hinter Ghotes magerer Gestalt, in die Höhle des Löwen beziehungsweise eines mächtigen Produzenten gelangen, während der Inspector den Mord an einem Star untersucht. Eine so allgewaltige Persönlichkeit hat einmal, weil er mit mir plaudern wollte, seine hübsche Sekretärin mit einem dicken Stapel Briefe und der Anweisung hinausgeschickt, »ein paar nette Antworten« zu schreiben.

Inspector Ghote hatte zwar einen recht zufrieden stellenden Erfolg in seinem Geburtsland und es wurde viel über ihn geschrieben. Aber ich muss gestehen, dass die VIP-Behandlung, die man mir angedeihen ließ, weder aufgrund von Ghotes Ruhm noch aus irgendeinem anderen Grund gerechtfertigt war.

Nein, ich wurde zum Teil auch deswegen »hofiert«, weil Indien um 1976 noch nicht wirklich aus dem Bann der britischen Herrschaft getreten war. Die Vorstellung, dass ein angrezi burra sahib, ein wichtiger englischer Gentleman, irgendwie eine Art von überlegener Existenz sei, war noch recht lebendig. Heute, im einundzwanzigsten Jahrhundert, liegt all dies glücklicherweise hinter uns und Indien steht stolz auf seinen eigenen Füßen.

In jenen Tagen jedoch war ich, bis zu einem gewissen Maß, ein privilegiertes Wesen und wurde mit – es ist ein gewaltiges Wort in indischem Englisch – respect behandelt. Der bescheidene Inspector Ghote wird hin und wieder auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, ebensolchen zu zeigen. Allerdings muss ich dabei auch erwähnen, dass man mir überall auch mit großer Liebenswürdigkeit begegnete.

Eines würde ich noch gern zu meinem Buch sagen, bevor Sie sich selbst in seine Seiten vertiefen, wie ich hoffe, und das greift wiederum in die Zeit zurück, in der ich es geschrieben habe. In England gab in den Siebzigerjahren noch der klassische Kriminalroman – sozusagen der mystery duniya – den Ton an. Agatha Christie schrieb Hercule Poirot’s Last Case 1975 und Miss Marple feierte ein Jahr später ihren letzten Triumph. Es war deswegen nicht unmöglich, einen einfachen, reinen, vielleicht ein wenig ironischen Detektivroman zu schreiben. Und genau das ist Inspector Ghote geht nach Bollywood seiner äußeren Form nach. Darum möchte ich Sie bitten, wenn Sie so freundlich sein wollen, Inspector Ghote die Art zu verzeihen, in der seine Ermittlungen von einem Verdächtigen zum andern springen. Ich vertraue darauf, dass Sie, während er springt, nicht nur kuriose Details über das Leben in der filmi duniya erfahren, sondern auch so manchen Einblick in die menschliche Natur erhalten, die doch in England und Indien, Deutschland oder der Schweiz die gleiche ist.

H. R. F. Keating

London, 11.11.2004

Ich habe mir die Freiheit genommen, an einer Stelle die Namen indischer Schriftsteller, die englisch schreiben, in einer Liste leicht anrüchiger Randfiguren aufzuführen. Wenn auch auf eine etwas paradoxe Art möchte ich ihnen so meine Dankbarkeit für die Hilfe ausdrücken, die mir meist durch ihr Werk – leider in anderen englisch sprechenden Ländern viel zu wenig bekannt –, gelegentlich aber auch sehr viel direkter zuteil geworden ist.

H. R. F. Keating

1

Der Deputy Commissioner las eine filmi-Zeitschrift. Das war einfach nicht zu übersehen. Inspector Ghote, der in aller Eile dem durch die Gegensprechanlage erteilten Befehl gefolgt und in das große, luftige Büro geeilt war, hatte ihn dabei ertappt. Der Chef der Kriminalpolizei von Bombay lag zurückgelehnt in seinem Stuhl und las eine Schundzeitschrift, die große Fotos von Filmstars und Klatschgeschichten der filmi duniya veröffentlichte.

Ghote erstarrte vor Schreck.

Wenn er doch nur vorher einen Blick durch das kleine Glasfenster in der Tür geworfen hätte! Aber nein. Es war lange her, seit er vom Deputy Commissioner persönlich einen Auftrag erhalten hatte, und die Gedanken an das, was er wohl zu hören bekäme, löschten alles andere in seinem Kopf aus. Ein wichtiger Fall vielleicht, in den einflussreiche Leute verstrickt waren; eine Chance, sich gut mit seinen obersten Vorgesetzten zu stellen – und jetzt hatte er den Deputy Commissioner ertappt!

Was sollte er tun?

Er entschloss sich zu einem Hüsteln. Sobald das Geräusch – unglücklicherweise hörte es sich eher wie das halberstickte Gebrüll eines wütenden Bullen an – die Stille im Büro zerrissen hatte, wirbelte er herum und tat so, als würde er gerade vorsichtig die Tür schließen.

»Ach, Ghote. Kommen Sie herein.«

Er drehte sich um und marschierte forsch zum riesigen Schreibtisch mit den Telefonapparaten, den sauber gestapelten Akten, der großen Schreibunterlage und den Werbe-Schreibstiften. Aber das filmi-Heft blieb weiter aufgeschlagen in den Händen des Deputy Commissioners, und das Gesicht des Stars auf der Titelseite war deutlich zu sehen – es war das berühmte, scharfgeschnittene Profil von Ravi Kumar, dem Superstar aller Stars –, ebenso deutlich sichtbar war die Annonce auf der Rückseite, die Kleiderstoffe anpries.

Ghote blieb vor dem Schreibtisch mit den vier aufgereihten Stühlen stehen. »Ja, Sir?«

Der Deputy Commissioner legte die Zeitschrift hin, beugte sich vor und betrachtete ihn eingehend aus feuchtglänzenden, klugen Augen.

»Ghote«, sagte er. »Ich habe einen äußerst wichtigen Fall für Sie. Habe gerade erst davon erfahren. Ein Notruf aus den Talkiestan-Studios.« Einen Augenblick verstummte er, als wäre die Neuigkeit zu erdrückend, um sie weiterzugeben.

»Dhartiraj ist getötet worden!«

»Dhartiraj? Der Star?«

Ghote, dessen Kenntnis der Filmwelt kaum über seine jugendliche Schwärmerei für die Stars seiner Generation hinausging, war nicht ganz sicher, was für Rollen Dhartiraj spielte. Er fragte sich sogar, ob er nicht vielleicht ein berühmter Ringer sein könnte.

Aber nein, er war in den berühmten Talkiestan-Studios getötet worden, einem in ganz Indien bekannten Namen aus der großen Filmindustrie von Bombay. Er musste ein Star sein. Offensichtlich war er unter verdächtigen Umständen getötet worden, und er, Inspector Ghote, wurde mit der Untersuchung des Falls beauftragt.

Plötzlich begann sein Herz unter dem karierten Hemd mit dem offenen Kragen in ehrfürchtiger Freude zu klopfen. Aber ebenso schnell gingen ihm Fragen und zweifelbeladene Gedanken durch den Kopf.

»Sir … Sie übergeben mir ganz allein diesen Fall?«

Vielleicht hätte er seine Befürchtungen hinsichtlich seiner Fähigkeiten nicht laut äußern sollen. Hastig fügte er deshalb hinzu: »Sir, ich kenne mich in der filmi duniya nicht aus. Ich weiß gar nichts vom Film.«

»Das ist auch gut so«, erklärte der Deputy Commissioner mit einer Spur von Schärfe. »Ich erwarte nicht, dass sich meine Beamten mit derartigen Dingen beschäftigen.« Er tippte heftig mit dem Finger auf das scharfe, gut geschnittene Gesicht von Ravi Kumar. »Ich hab mir das gerade holen lassen«, fügte er hinzu. »Musste mich selbst erst informieren und habe festgestellt, dass dieser Dhartiraj ein berühmter Darsteller von Schurken und dergleichen war.«

»Ja, Sir.« Ghote sagte es in einem Ton, als hätte er sich keinen Augenblick lang Gedanken gemacht, warum sein Chef sich mit einer so frivolen Lektüre befasste.

»Ja«, fuhr der Deputy Commissioner mit einem schwachen Seufzer fort. »Ich werde wohl bekannt geben müssen, dass ich mich persönlich für den Fall interessiere. Aber …«

Er hob den Blick und sah Ghote unverwandt in die Augen.

»Ich möchte, dass Sie sich darüber klar sind, Inspector, dass Sie, ausschließlich Sie allein mit der Untersuchung der Angelegenheit beauftragt sind. Wenn die Sache am Ende vor Gericht kommt, dann sind nur Sie allein der Hauptzeuge der Anklage.«

Wiederum begann Ghotes Herz voller Stolz und Freude heftig zu schlagen, aber diesmal ließ er es gewähren.

»Dann handelt es sich tatsächlich um einen Mord, Sir?«, fragte er und legte in seine Stimme allen Ernst und alle Entschiedenheit, deren er fähig war.

»Ja, Ghote, es geht um Mord.«

Als Ghote sich dem Gelände der Talkiestan-Studios näherte, wirbelte ihm immer noch der Kopf. Der Deputy Commissioner hatte ihm jede technische Unterstützung versprochen. Und nachdem er die Hacken zusammengeschlagen und ihn verlassen hatte, saß er hinter dem Schreibtisch und betrachtete die Telefonapparate, als hätte einer davon ihm eigens gesagt, wem er den Fall übertragen müsse.

Die Tore des Studios, stellte Ghote fest, waren belagert. Die Nachricht vom Tode Dhartirajs war offenbar schon durchgesickert. Durch die Windschutzscheibe seines Wagens war nur der obere Rand der hohen Eisentore mit den riesigen weißen Buchstaben ›Talkiestan Studios‹ zu sehen. Dutzende von neugierigen Bombayern schoben, stießen, drängelten oder krochen vor dem Tor, um einen Blick auf das Gelände der Studios zu erhaschen. Zerschlissene und sauber gewaschene Hemden, nackte oder von Saris bekleidete Rücken, wehende Kurtas aus feinstem, ungefärbtem weißen khaddi und die Uniformen von Boten, Postbeamten und Soldaten in allen Schattierungen von Grün und Khaki schubsten, stießen mit Ellbogen und kämpften um einen Platz.

»Drück auf die Hupe!«, forderte Ghote seinen Fahrer auf. »Los, schieb dich durch.«

Auf der anderen Seite des Tors, das, wie er nun sah, von zwei aufgeregten Gurkha-chowkidars und einem großen, mit einem prächtigen Turban geschmückten Pathan verteidigt wurde, wartete sein Fall. Irgendwo dort würde sich die Leiche des toten Stars befinden. Und die Zeugen, die Verdächtigen und vielleicht sogar der Mörder.

»Hup dich durch, Mann. Hupen!«

Mit wilden, kleinen Hornfanfaren, unterstützt von lauten und scharf klingenden Befehlen aus beiden Wagenfenstern, schoben sie sich allmählich vorwärts. Dann, als endlich die schwere Stoßstange des Wagens das rostige Eisen des Tors berührte, beugte sich Ghote weiter aus dem Fenster, sah den chowkidar an, der der Chef zu sein schien, und blaffte ihn mit zwei Wörtern an: »Polizei! Aufmachen!«

Der Mann, ein gedrungener, rundgesichtiger Gurkha, holte seine beiden Kollegen heran, zog umständlich einen Schlüssel aus der Tasche und schloss damit das schwere Vorhängeschloss auf, das die Kette um die Türflügel versperrte. Sofort verstärkte sich der Druck der Menge, und die beiden hohen Flügel wichen zurück. Die chowkidars stemmten sich mit ihren Rücken dagegen. Ghotes Fahrer brauchte keine Anweisungen, er fuhr so langsam vorwärts, dass der Wagen ständig die sich allmählich verbreiternde Öffnung blockierte. In dem Augenblick, in dem die Torflügel weit genug geöffnet waren, verdoppelten die chowkidars ihre Anstrengungen und hielten die Flügel fest. Der Wagen kam so eben durch.

Auf dem Gelände wurde es Ghote sofort klar, dass durch die Tragödie all normale Tätigkeit zum Erliegen gekommen war. Menschen rannten aufgeregt umher, alle auf der Suche nach den neuesten Gerüchten. Kleine Gruppen sammelten sich, das Stimmengewirr wuchs zu lautem Geschrei an; dann liefen plötzlich die Leute wieder auseinander. Andere riefen Freunden die Neuigkeiten zu, die sie gerade erfahren hatten. Einige baten laut um Ruhe. Ghote ließ seinen Fahrer aussteigen, damit er den Türhütern helfen konnte, und betrachtete das Menschengewirr, fest entschlossen, sich so schnell wie möglich zurechtzufinden.

Komparsen. Einige dieser Leute mussten Komparsen sein. Er geriet vor plötzlichem Stolz über diese Entdeckung und die Schnelligkeit, mit der ihm dieses Wort eingefallen war, in rosige Laune. Genau, diese anfangs nicht einzuordnenden Männer und Frauen, die wie Nichtstuer aussahen und auf dem Filmgelände nichts zu suchen hatten, mussten Filmkomparsen sein. Und das Grüppchen Frauen unter dem großen Gul-Moharbaum, das etwas besser gekleidet war, wenn auch ihre Saris aufdringlich bunt wirkten, musste zu einer gehobeneren Sorte Komparsen gehören, oder sie spielten sogar kleine Rollen.

Wieder andere aus der gestikulierenden und schwatzenden Menge waren leichter einzuordnen. Die Angestellten, die elegant gekleideten Stenotypistinnen, die Wärter und Boten. Filmstudios brauchten sie ebenso sehr wie andere Firmen. Auch Kulis, obwohl es in dieser seltsamen Welt nicht leicht zu sagen war, welche Aufgaben sie haben konnten. Immerhin war es einfach, sie wegen ihrer Lendentücher oder zerschlissenen Shorts als Handlanger und Hilfsarbeiter herauszufinden. Auch eine ganze Anzahl von Ghatifrauen gehörte dazu. Dunkelhäutige Gestalten aus den Bergen, die kunstlos gefärbten Saris eng um die Hüften geschlungen, womöglich noch ungelerntere Hilfskräfte für noch einfachere unbekannte Verrichtungen. Der plötzliche Duft frisch gesägten Holzes machte Ghote klar, dass das Trio aufgeregter Männer neben einem grotesken Gebilde aus Pappmaché, das einstmals bunt, jetzt von der Sonne ausgebleicht war, Schreiner sein mussten. Ein Filmstudio brauchte bestimmt viele Schreiner.

Ja, und dort die beiden Männer in reich bestickten Kurtas, deren Nasen sich fast berührten und die mit tiefen, dröhnenden Stimmen und ausladenden Gesten aufeinander einredeten, mussten Schauspieler sein. Richtige Filmschauspieler.

Einen Augenblick verließ ihn der Mut. Das waren also die Zeugen, mit denen er zu tun haben würde, und es waren Zeugen, die für ihn fremd waren. Aber er würde mit ihnen zurechtkommen. Wehe ihnen, wenn sie es mit Tricks versuchten! Am Ende waren Menschen nichts als Menschen, gleichgültig, wie überlegen sie sich vorkommen mochten. Und Menschen konnte man dazu bringen, die Wahrheit zu sagen, oder man ertappte sie beim Lügen. Von ihrem überheblichen Gerede und ihren hochnäsigen Stolz ließen sie bald ab, wenn man nur fest genug dazu entschlossen war.

Ghote drehte sich um und trat zu dem großen Pathan-chowkidar, der schnaufend neben dem wieder geschlossenen Tor stand.

»Wer ist hier der Chef?«

»Der Chef, Inspector Sahib? Im Studio gibt es viele burra-Sahibs.«

»Ich will den sprechen, der mir sagen kann, was mit Dhartiraj passiert ist. Ek dun!«

»O Gott, ja! Ja, Inspector Sahib. Ich glaube, Sie müssen den Produktionsleiter Sahib sprechen.«

»Dann bringen Sie mich zu ihm, jaldi, jaldi.«

Er folgte dem großen, weit ausschreitenden Pathan durch das Menschengewirr. Auf dem Gelände befanden sich zahlreiche verschiedene Gebäude, meistens Holzbauten mit breiten Veranden, die auf den ersten Blick fast ebenso verwirrend waren wie die aufgeregte Menge, die auf Schritt und Tritt um sie herumwogte.

»Saal für die Tanzproben, Sahib«, sagte sein Führer plötzlich, als sie an einem hohen, mit schmutzigweißen Platten verkleideten Bau vorbeikamen. »Klimaanlage. Sehr gut.«

»Ja«, murmelte Ghote.

Unter den schwatzenden Büroangestellten und Komparsen fiel ihm ein Mann auf, der einen merkwürdigen Plastik-Bauchladen vor sich hertrug, als verkaufe er etwas. Dann fiel ihm ein, dass es ein Maskenbildner sein musste. Neue Zuversicht erfüllte ihn.

Vielleicht war er gar nicht so unfähig, mit der filmi duniya umzugehen, wie er es dem Deputy Commissioner gesagt hatte.

Hier und dort sahen sie auf dem Weg durch die Menge und die verwirrende Vielzahl von Bauwerken geparkte Autos, meistens die üblichen verstaubten Ambassadors oder Fiats, aber im Schatten von Bäumen standen einige wenige prachtvolle ausländische Wagen. Die Autos der Filmstars, sagte sich Ghote.

An einigen Baumstämmen waren mit durchsichtigem Plastik überzogene Plakate befestigt. Sie trugen die Namen von Filmen, die schwache Erinnerungen in ihm wachriefen. Alle waren in großen Buchstaben mit dem Wort ›Silber-Jubiläum‹ überdruckt. Ja, das waren Filme, die im Erstaufführungs-Theater ununterbrochen fünfundzwanzig Wochen lang gezeigt worden waren. Und dort war ein Titel, den er besonders gut kannte, weil er ihn mit Protima und seinem kleinen Sohn Ved gesehen hatte, auf dem die so erstrebenswerten Worte ›Goldenes Jubiläum‹ prangten. Fünfzig Wochen Laufzeit.

Der war also in diesem Studio gedreht worden.

Er hatte das dunkle Gefühl, einen sicheren Schritt tiefer in die geheimnisvolle Welt vor ihm eingedrungen zu sein. Von Zeit zu Zeit würde er raten müssen, und es würde viele Dinge geben, die er nicht gleich verstand, aber er würde dieser Sache gewachsen sein. Ja, das würde er. Das musste er!

Einige Hühner flüchteten gackernd vor den großen Sandalen des Pathan. Die Krähen über ihnen wurden von den aufgeregten Menschen auf dem Boden angesteckt und kreischten und schrien noch lauter als sonst. Als sie sich nun einem niedrigen Ziegelbau näherten, der ein wenig eindrucksvoller war als die bereits passierten Bürogebäude, mischte sich ein neues Geräusch in den sie umgebenden Lärm, das schrille Klingeln vieler Telefone.

Die Kunde vom Unglücksfall musste nach draußen dringen. Reporter würden in Scharen dem Gerücht nachgehen. In wenigen Minuten schon würden sie zu den Studios ausschwärmen, sich mit Bestechung Einlass verschaffen, Fragen stellen und fotografieren. Er würde sehr energisch mit ihnen umgehen und sie sich vom Hals halten müssen.

Der große Pathan führte ihn auf die Veranda des Ziegelbaus und riss eine der Türen auf.

»Produktionsleiter Sahib«, rief er laut, »hier ist der Inspector vom CID.«

Der Produktionsleiter, ein grauhaariger, gedrungener Mann, der ein grell orangefarbenes Hemd mit aufgedruckten Sehenswürdigkeiten von Bombay trug – das Taj-Hotel mit der Kuppel des Intercontinental-Turms, den alten, abgestoßenen Flora-Brunnen, den beeindruckenden, hoch aufragenden Wolkenkratzer des Overseas Communications Building –, sprach gerade gleichzeitig in zwei Telefone. Zu Ghotes großer Genugtuung warf er sofort beide Hörer auf.

»CID! Gott sei Dank, dass Sie gekommen sind!«

Ghote warf sich in die Brust.

»Hier ist die Hölle los«, fuhr der Mann fort. »Wir brauchen dringendst die Hilfe der Polizei.«

»Aber es sind doch schon Beamte vom örtlichen Revier hier, oder etwa nicht?«, fragte Ghote.

»Ja ja, schon. Aber die nützen uns gar nichts. Wir brauchen einen energischen Mann von der Kriminalpolizei, der all die Statisten und Nichtsnutze vertreibt, damit wir uns endlich mit dieser schlimmen Sache hier befassen können.«

»Die Kriminalpolizei hat nichts mit dem Ordnungsdienst zu tun«, erklärte Ghote scharf. »Ich bin hier, um den Tod von Mr Dhartiraj zu untersuchen.«

»Ja, ja. Sie können den Pressechef des Studios sprechen und mit ihm vereinbaren, was für eine Geschichte veröffentlicht wird. Wo hier jedes verdammte Telefon nicht mehr zu klingeln aufhört, müssen wir so schnell wie möglich abstimmen, welche Erklärung wir abgeben.«

»Hören Sie mir zu«, brüllte Ghote in plötzlichem Zorn. »Ich bin nicht hier, um Ihnen bei Ihrem Reklamerummel zu helfen! Ich bin hier, eine Untersuchung einzuleiten. Waren Sie anwesend, als es zu dem tragischen Vorfall kam?«

»Nein. Nein.«

Der Produktionsleiter war so erschrocken, dass er verstummte. Ghote nützte sofort die so entstandene Pause. »Also, wer war dann Zeuge der Tat? Mit dem Mann wünsche ich zu sprechen.«

»Ja aber … das muss Regisseur Ghosh sein. Bhabani Ghosh, zwölf Jubiläen in fünf Jahren. Er ist der Regisseur von Khoon Ka Gaddi.«

»Koon Ka Gaddi?«, fragte Ghote.

Das musste der Titel des Films sein, den sie gerade drehten. Aber der Produktionsleiter hatte die Worte mit einer Ehrfurcht ausgesprochen, als müssten sie für jeden, der sie hörte, ungeheuer bedeutungsvoll sein, und er fühlte sich plötzlich wieder völlig überrumpelt. Khoon Ka Gaddi. Das bedeutete Kissen aus Blut. Nein, das konnte es nicht sein. Ah, ja! Gaddi im Sinne eines Maharadscha-Throns. Ja, ein Thron. Thron aus Blut, das klang gleich viel wahrscheinlicher.

»Ja, ja«, sagte der Produktionsleiter, der angesichts seiner Unwissenheit sogleich die frühere Überheblichkeit wiedergewann. »Der größte historische Film, der je gemacht wurde. Khoon Ka Gaddi, Drehbuch von Dr Arvind Bhatt, Litt. D., nach Macbeth, und das ist von William Shakespeare.«

»Ich kenne Macbeth«, sagte Ghote scharf.

Der Bursche sollte ihn nicht für dumm verkaufen. Abgesehen davon war es auch beinahe wahr. Das Stück war auf seiner Leseliste für das Zwischenexamen gewesen, aber dann hatten sie plötzlich den Lehrplan geändert. Und da er immer schon gern vorausgearbeitet hatte, hatte er es beinahe zu Ende gelesen. Na, auf jeden Fall den ersten und zweiten Akt, vielleicht sogar mehr.

»Ja«, wiederholte er. »Ich kenne Macbeth. Aber wo ist Mr Bhabani Ghosh? Wenn er der Hauptzeuge war, will ich ihn sehen.«

»Aber er ist dort. Am Schauplatz des Verbrechens!«

»Am Schauplatz des Verbrechens? Dann bringen Sie mich sofort zu ihm. Sie persönlich. Ich habe keine Zeit, hier länger herumzustehen!«

Zum Schauplatz des Verbrechens, genau dorthin gehörte er. An den Ort, wo es geschehen war. Er musste es selbst sehen, musste ermitteln, das Kommando übernehmen. Bei Gott, er musste den Fall sofort anpacken! Am Ort des Verbrechens!

2

Als Ghote hinter dem kleinlaut gewordenen Produktionsleiter nach draußen ging, stellte er erfreut fest, mit welchem Tempo die untersetzte, orange behemdete Gestalt die Stufen der Verandatreppe hinuntereilte. Von Reklame für das Studio zu reden! Das war ja wohl die Höhe an egozentrischem Wahnsinn! Es war ein Mord geschehen. Und der Übeltäter musste gefunden werden. Was jetzt geschehen musste …

»Produktionsleiter Sahib!«

Der bellende Ruf durch ein aufgerissenes Fenster hinter ihm war so laut, dass Ghote, obwohl nicht sein Name gebrüllt worden war, auf der obersten Verandastufe innehielt. Der Produktionsleiter erstarrte.

Als er sich dann nach der Schrecksekunde unterwürfig umdrehte, sah Ghote auf seinem Gesicht einen so demütigen Ausdruck, als wäre einer der alten Götter leibhaftig vor ihn getreten. Seine Lippen bewegten sich tonlos, als er verzweifelt versuchte, ein einziges Wort herauszubekommen.

»Sethji?«, sagte er endlich. »Haben Sie gerufen, Sethji?«

Ghote folgte seinem unterwürfigen Blick und fragte sich, welchen Einfluss der Seth der Studios, der Produzent, der Mann des Geldes und der Macht, wohl ausüben mochte. Das war nun in der Tat anders als in seiner Welt. Wenn ihn in ihr der Commissioner persönlich ansprach, würde er selbstverständlich strammstehen und sehr viele ›Sirs‹ einbauen, aber er würde sich nicht vor ihm auf den Bauch werfen. Und genau das, bildlich gesprochen, geschah hier.

Aus dem weit aufgerissenen Fenster sah der Gott heraus. Sein Name stand in großen goldenen Buchstaben auf der Tür neben ihm. ›Mr Chagan Lal‹. Seth Chagan Lal. Ein Gesicht aus hartem, solidem Fett mit kleinen, unnachgiebigen Augen und dem geraden Schlitz eines kleinen, fest geschlossenen Mundes. Darüber war ein hartes, schwarzes, schiffchenförmiges Käppi und darunter der Oberkörper eines runden Mannes in einem Rock aus weißer Seide mit echten Goldknöpfen, die durch den Druck des in ihm steckenden Fleisches fast abzuplatzen schienen.

»Produktionsleiter Sahib, Sie bringen den CID-Wallah fort, der uns gerade geschickt worden ist.«

Das war eine Anklage.

Der Produktionsleiter sah plötzlich in seinem orangefarbenen Hemd mit dem auffälligen schwarzen Muster wie eine zu klein geratene Schaufensterpuppe aus. »Sethij«, drang es leise über seine Lippen, »Sethij, ich … ich wusste nicht. Es war …«

»Wenn jemand geschickt wird, den Mord meines Stars zu untersuchen, dann will ich ihn sehen, nicht wahr?« Die Stimme kam in kleinen, aufeinander folgenden Donnerschlägen.

»Sethij, er ist hier.«

Der Produktionsleiter gab Ghote ein abgehacktes Zeichen, das bedeutete, dass er sofort hineingehen und mit dem Seth sprechen sollte.

Ghote beriet mit sich, ob er es ablehnen könnte. Schließlich war nicht zum Herumkommandiertwerden da. Er war die Verkörperung des gewählten Vertreters des Gesetzes, der den Tod eines Idols der Nation, eines Stars, zu untersuchen hatte.

Seth Chagan Lal verharrte bewegungslos am Fenster.

Da er früher oder später doch mit ihm sprechen musste, war vielleicht jetzt sogar eine günstige Zeit.

Ghote schritt über die Veranda und öffnete die Tür. Das Büro, dessen gekühlte Luft ihn sofort beim Eintreten wohltuend umhüllte, war riesig, größer als das des Deputy Commissioners im Präsidium, ja sogar noch größer als das des Commissioners. Ein großes Sofa mit Blumenmuster reichte von einer Seite der hinteren Wand bis zur anderen, offenbar warteten dort die gehobenen Bittsteller des Seth, wenn sie endlich bis zu dem großen Mann vorgedrungen waren. Vom Sofa aus musste eine weite Fläche des dunkelroten Teppichbodens überquert werden, um zu der kleinen Gruppe sehr moderner Stühle in schwarzem Leder und blankem Chrom zu gelangen. Und zwischen ihnen und dem Schreibtisch des großen Mannes kam abermals eine fünf bis sechs Fuß breite Fläche nicht mehr zu überschreitenden Teppichs.

Und was für ein Schreibtisch das war! Ghote fiel plötzlich ein kühner Vergleich ein; die Schreibfläche war nur wenig kleiner als sein ganzes Schlafzimmer zu Hause. Die Tischplatte bestand aus einer schweren Glasscheibe, die etwa zwei Handbreit über dem großen, dunkel glänzenden Holzkorpus erhaben war. Unter dem Glas lagen Plakate von Filmen, die besonders erfolgreich gewesen sein mussten. Auf dem Glas stand rechts eine prächtige Tischlampe mit einem Schirm aus schwerer roter Seide. Darunter, wie eine Flotte kleiner, vor einem Leuchtturm ankernder Schiffe, lag etwa ein Dutzend dicker Füllfederhalter und Kugelschreiber aus mattem, solidem Gold. Auf der linken Seite standen sieben Telefone.

An der Wand hinter dem Schreibtisch befanden sich das goldene Gitter der enormen Klimaanlage und die angestoßene, grüngestrichene Tür eines riesigen Safes.

Seth Chagan Lal watschelte steif zu dem großen Stuhl hinter dem Schreibtisch und setzte sich. Erst jetzt bemerkte Ghote, dass an einer Seite des gewaltigen Möbelstücks auf einem Hocker eine winzige Sekretärin saß; eine Anglo-Inderin, vermutete er, da sie einen Rock und eine Bluse trug und ein großes Stück der wohlgeformten, wenn auch zierlichen Beine zeigte.

Der Seth schob ihr eine grüne Ledermappe mit einem unordentlichen Stapel von Papieren und Dokumenten zu.

»Mitnehmen«, sagte er. »Schreiben Sie freundliche Antworten. Und rufen Sie bei der Baumwollbörse an. Sagen Sie, sie sollen New York sofort beobachten.«

Die winzige Frau nahm die Mappe, schob mit einer einzigen schnellen Bewegung die Papiere zurecht, klemmte sie dann unter den Arm und trippelte an Ghote vorbei zur Tür, den nach Blumen duftenden Hauch ihres Puders zurücklassend.

»Setzen«, sagte der Seth mit einem scharfen Blick auf Ghote.

Ghote ging zu dem Stuhl, der dem großen Schreibtisch am nächsten stand, und setzte sich steif auf die Stuhlkante, dessen glatten, gepolsterten Ledersitz er unter sich spürte. »Mr Lal«, begann er entschlossen. »Mein Name ist Ghote, Inspector Ghote von der Kriminalpolizei, ich bin beauftragt …«

»Khoon Ka Gaddi muss weiter gedreht werden. Das steht an erster Stelle.« Die in ihrer harten Fetteinfassung ruhenden Augen des Seth durchbohrten ihn.

»Mir ist klar, Mr …«

»In Indien kaufen zwei Karor Menschen jeden Tag eine Kinokarte. Zwanzig Millionen Karten zu, sagen wir, je drei Rupien. Ich lasse nicht zu, dass die Verleiher glauben, mein Film hätte daran keinen Anteil.« Das Funkeln der fettumrandeten Augen ließ um nichts nach. »Wussten Sie, dass hier jedes Jahr vier- bis fünfhundert Filme gemacht werden? Jeder davon ist eine Konkurrenz. Deshalb muss Khoon Ka Gaddi weiter gedreht werden.«

»Ja, Mr Lal, mir ist klar, dass …«

»Ich mache keine Kunstgeduselfilme. Ich bin nicht hinter der besten Regieleistung her, wenn nächste Woche die Filmpreise verliehen werden. Ich weiß, was die Leute wollen, und genau das gebe ich ihnen.« Plötzlich beugte er sich vor über die riesige Glasfläche und unterband Ghotes Einwurf, noch ehe er ihm über die Lippen kam. Ein Ausdruck, der ein Lächeln sein konnte, trat auf sein Gesicht.

»Ich war ein armer Junge, arm, sehr arm. Und in mein Heimatdorf bei Hyderabad kam eines Tages ein wandernder Vorführer mit einem Tonfilm. Da hab ich gesehen, was für eine andere Welt er mitgebracht hat: Und genau das braucht man im Filmgeschäft. Genau das. Eine andere Welt. Mit Juwelen, mit fernen Gegenden, Musik, mit aufreizenden Szenen. Und das, sage ich heute noch meinen Regisseuren, sollen sie machen.«

»Ja, ja. Und meines Wissens ist der Tod von …«

»Am Anfang hatte ich nicht einmal das Geld, mir die Rechte für eine Geschichte zu kaufen. Es reichte nur für ein Lied. Aber ich hab eins gekauft, von dem ich wusste, dass es gut war, dass es den Leuten gefallen und sie es singen, selber nachsingen würden. Und ich hab einen Star, einen damals großen Star überredet, es zu singen, obwohl ich ihn zu den mahurat-Aufnahmen schleppen musste, damit ich sagen konnte, der Film wäre geweiht worden und die Dreharbeiten hätten begonnen. Aber als ich den Verleihern das Lied vorspielte, fing ich an, Geld zu kassieren. So nach und nach. Es hat drei Jahre gedauert, den Film zu machen. Drei Jahre – und dann waren die ganzen ersten zehn Wochen ausverkauft. Von Anfang an ein richtiger großer Kassenschlager.«

Ghote beschloss, dass dies so nicht weitergehen durfte. Er sprang auf und lehnte sich nun selbst über die große Glasfläche. »Mr Lal, ich bin der mit der Untersuchung des Todes von Mr Dhartiraj beauftragte Beamte. Er ist auf Ihrem Gelände gestorben. Sir, weil der Tod hier auf dem Gelände eingetreten ist, wollte ich erst hören, was Sie auszusagen haben. Aber ich will mich nicht aufhalten lassen, mir den Schauplatz des Verbrechens anzusehen.«

»Den Schauplatz des Verbrechens?« Das harte, fette Gesicht des Seth verdüsterte sich.

Wenigstens, dachte Ghote, hat er mir zugehört.

»Inspector, dies ist der Tatort. Dies!«

Die kleine, geballte Faust des Seth schlug mit solcher Wucht auf die große Glasplatte, dass sie tief erdröhnte und sich sogar ein wenig unter dem Aufprall bog.

»Inspector, heute ist es mit der Fifteen Arts Production ganz anders. Heute brauche ich nicht mehr mit einem einzigen Lied bei den Verleihern hausieren zu gehen. Heute kann ich fünfundzwanzig Lak Rupien pro Film und Gebiet fordern und bekomme sie auch. Inspector, für Khoon Ka Gaddi wird es sogar mehr sein. Der Film ist eine ganz große Investition. Aber nachdem Dhartiraj tot ist und erst acht Spulen im Kasten sind, ist die Lage sehr, sehr schwierig.«

»Ja, Mr Lal, aber …«

»Inspector, ich möchte keine Skandale. Darum geht es, Inspector. Jawohl, jawohl, wir müssen schnellstens einen neuen Star finden. Und wir müssen neue Aufnahmen machen, obwohl die auf ein Minimum, ein Minimum beschränkt werden müssen. Aber sonst darf nichts mehr schiefgehen. Khoon Ka Gaddi muss zum Termin fertig werden. Und er wird ein Riesenhit, wenn er fertig ist. Schwarzhändler werden vor jedem Kino die Karten teurer verkaufen als jemals zuvor. Verstehen Sie?«