Irgendwas mit Film - Bent Evers - E-Book

Irgendwas mit Film E-Book

Bent Evers

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Beschreibung

Die Filmbranche ist eine (Arbeits-)Welt für sich: unklare Ausbildungs- und Karrierewege; befristete Beschäftigungen; selten ein fester Arbeitsort; kaum öffentlich ausgeschriebene Jobs; Erfahrungen und Vitamin B zählen mehr als jeder Abschluss. Was bewegt junge Menschen, trotz einiger Widrigkeiten, Teil dieser Branche zu werden? Welche Wege sind sie gegangen, auf welche Herausforderungen und Chancen sind sie gestoßen? Irgendwas mit Film lässt 45 junge Filmschaffende, jeweils mit unterschiedlichem Beruf, zu Wort kommen und sie nicht nur ihre Aufgaben, sondern auch ihre Perspektiven auf ihre Karrierewege und die Branche schildern. Anders als eine rein sachlich-nüchterne Darstellung der Berufe bietet die Interviewsammlung persönliche und realistische Einblicke. Erfahrungen, für die alle Filmschaffenden bisher selbst am Set stehen oder im Produktionsbüro sitzen müssen, werden so mit (potenziellen) Neueinsteigern und allen Interessierten geteilt. Schulabsolvent:innen, (Medien-)Student:innen und alle, die einen Fuß in die Tür der Filmbranche bekommen wollen, sind deshalb die primäre Zielgruppe dieses Buches. Interviews mit u.a. einem Drehbuchautoren, einer Produzentin, einer Regisseurin, einem Regieassistent, einem Komparsenbetreuer, einer Kamerafrau, einem Video Operator, einem Oberbeleuchter, einer Beleuchterin, einer Tonassistentin, einer Szenenbildnerin, einem Location Scout, einem Außenrequisiteur, einer Set-Requisiteurin, einem Maskenbildner, einer Kostümbildnerin, einer Garderobiere, einer SFX-Technikerin, einem Stuntman, einer Set-Aufnahmeleiterin, einem Produktionsfahrer, einem Produktionsleiter, einer Filmgeschäftsführerin, einem Digital Image Technician (DIT), einem Schnittassistent, einer Editorin, einer Coloristin, einer Sounddesignerin, einer Filmkomponistin und einem VFX Artist.

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Bent Evers, geboren 1994 in Bremen, hatte in Jugendjahren den Berufswunsch Regisseur, drehte Kurzfilme mit seinen Freund:innen und stand mit 16 Jahren das erste Mal am professionellen Filmset. Studierte bis 2016 an der Hochschule Mainz «Zeitbasierten Medien» mit Schwerpunkt Film. Zog nach Köln und wurde schließlich – anders als er selbst gedacht hätte – Script Continuity. Entschied sich nach vier Jahren schließlich dazu, TATORT-Verhörräume und PILCHER-Landschaften gegen TV-Küchen und das Redaktionsbüro zu tauschen, und begann ein berufsbegleitendes Masterstudium («Entertainment Producing») an der Internationalen Filmschule Köln (IFS). Arbeitet seit 2021 als Redakteur bei der Fernsehproduktionsfirma EndemolShine für verschiedene Unterhaltungsformate. *Irgendwas mit Film ist sein erstes Buch.

Oliver Zenglein wurde in 1970 München geboren. Nach Theaterhospitanzen, diversen Praktika und Jobs in der Filmbranche arbeitete er ab 1992 als Regieassistent für Film und Fernsehen. Ein schwerer Arbeitsunfall 1996 fesselte ihn ein Jahr ans Krankenhausbett. In dieser Zeit gründete er mit Vincent Lutz Crew United. 2001 beendete er seine Karriere als Filmschaffender, um sich ausschließlich Crew United zu widmen. Er lebt mit Frau und Tochter in München. Er ist leidenschaftlicher Netzwerker und fordert massive strukturelle Änderungen und eine neue Kultur des Miteinanders in der deutschen Film- und Fernsehbranche. Initiierte unter anderem 2022 das Projekt «Filmmakers for Ukraine» im Zuge des Angriffs auf die Ukraine und «Ich will zum Film!» als Maßnahme gegen den Nachwuchs- und Fachkräftemangel beim Film.

Bent Evers

*Irgendwas mit Film

Perspektiven junger Filmschaffender45 Interviews

mit einem Vorwort vonOliver Zenglein

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Schüren Verlag GmbH

Universitätsstr. 55 | 35037 Marburg

www.schueren-verlag.de

© Schüren 2024

Alle Rechte vorbehalten

Gestaltung: Erik Schüßler

Umschlaggestaltung: Wolfgang Diemer, Frechen

ISBN 978-3-7410-0454-4 (Print)

ISBN 978-3-7410-0352-3 (ebook)

Inhalt

Vorwort von Oliver Zenglein

Einleitung

Lesehinweis

ENTWICKELN & PRODUZIEREN

Jan Krebs | Autor

Mariam Shatberashvili & Luise Hauschild | Produzentinnen

Valentina Huber | Producerin

Caren Toennissen | Redakteurin

REGIE

Hannah-Lisa Paul | Regisseurin

Janek Kobusch | 1. Regieassistent

Anja Hehrlein | 2. Regieassistentin

Konstantin Kieselbach | Komparsen- und Kinderbetreuer

Jennifer Schatte | Script Continuity

KAMERA

Claire Jahn | Kamerafrau

Kristian Lerch | 1. Kameraassistent

Kirsten Eschmann | 2. Kameraassistentin

Esther Peters-Larbi | Video Operator

Vivian Andres | Kamerabühne (Grip)

LICHT

Timon Dangel | Oberbeleuchter

Sina Blume | Beleuchterin

TON

Philipp Sehling | Tonmeister

Ines Vorreiter | Tonassistentin

ART DEPARTMENT (Szenenbild)

Verena Barros de Oliveira | Szenenbildnerin

Alina Rotter | Szenenbildassistentin

Tatjana Liebenow | Location Scout

Fred Arzenheimer | Set-Bau & Baubühne

Constantin Dehn | Außenrequisiteur

Hanna Klumpp | Set-Requisiteurin

MASKEN- & KOSTÜMBILD

Tim Scheidig | (SFX-)Maskenbildner

Lena Scharrer | Kostümbildnerin

Maren Eichler | Kostümbildassistentin

Laura Brandstädter | ehemalige Garderobiere

SPECIAL EFFECTS & STUNTS

Steffi Menacher | Spezialeffekte-Technikerin

Mirko Stübing | Stuntman

SET-AUFNAHMELEITUNG

Vanja Windelband | Set-Aufnahmeleiterin

Florian Pöhler | Assistent der Set-Aufnahmeleitung

Hagen Rohling | Produktionsfahrer

PRODUKTION

Pascal Biermann | Produktionsleiter

Lisa Junghanns | 1. Aufnahmeleiterin

Jeschua Strohmeier | Motiv-Aufnahmeleiter

Tobias Schulz | Produktionskoordinator & -assistent

Viktoria Obereisenbuchner | Filmgeschäftsführerin

POSTPRODUKTION

Stefan Weßling | Digital Image Technician (DIT)

Daniel McMahon | Schnittassistent

Friederike Dörffler | Editorin

Nadine Goermar | Coloristin

Johanna Roth | Sounddesignerin & Geräuschemacherin

Freya Arde | Filmkomponistin

Jacob Döhner | Animation Artist

Words of Wisdom

Glossar

Bildnachweis

Dank

Stichwortverzeichnis

Vorwort

von Oliver Zenglein

Dieses Buch ist wichtig und überfällig. Und jede:r sollte es lesen: Nicht nur der dringend benötigte Nachwuchs, sondern alle Filmschaffenden, egal, ob sie erst seit Kurzem oder schon seit Jahrzehnten in dieser Branche arbeiten.

Als wir 1996 Crew United als erste digitale Plattform für Filmschaffende ins Leben gerufen haben, war eines unserer ersten Ziele, diese Branche transparenter zu gestalten. Das ist uns in vielerlei Hinsicht gelungen, aber Bent Evers schließt mit seinem Buch eine bis heute bestehende «Transparenzlücke». Es bietet erstmals die Möglichkeit, einen umfassenden und authentischen Einblick in die Branche zu erhalten. Das gelingt auf sehr persönliche Weise, indem Bent Filmschaffende aus den unterschiedlichsten Berufen ihre Geschichte in und mit der Branche erzählen lässt. Und es gelingt auf mehreren Ebenen. Denn die Karrierewege in und mit der Branche sind noch vielfältiger als die Berufe (bei Crew United gibt es derzeit 492 verschiedene!). Für die meisten Berufe gibt es weder ein Studium noch eine Ausbildung, oft nicht einmal ein Berufsbild, das die Tätigkeit sowie die dafür notwendigen Fähigkeiten und Voraussetzungen beschreibt. Somit ist es als Außenstehende:r fast unmöglich, einen Einblick in den Arbeitsalltag und die Arbeitsbedingungen der verschiedenen Berufe zu bekommen. Das Buch kann diese «Hindernisse» nicht aus dem Weg räumen, aber die Erzählungen der 46 Filmschaffenden führen zu mehr Wissen und Transparenz auf all diesen Ebenen. Gerade weil auch Raum ist für die Schattenseiten der Branche, für das, was unbedingt besser werden muss, spürt man durchweg die Leidenschaft und Begeisterung, die sie für ihren Beruf teilen.

Eine Leidenschaft, die in der Filmbranche, wie auch in anderen kreativen Branchen, oft zur Bereitschaft führt, sich selbst auszubeuten und unterirdische Arbeitsbedingungen in Kauf zu nehmen. Lisa Basten schreibt dazu in ihrem Buch Wir Kreative! Das Selbstverständnis einer Branche: «Bei einem genaueren Blick auf die zukunftsträchtigen kreativen Branchen stellt man unterdurchschnittliche Löhne und Honorardumping, ungenügende Altersvorsorge und Arbeitspraktiken fest, in denen der Burn-out zur Jobbeschreibung gehört.» Der beste Beweis dafür ist, dass viele hoch qualifizierte und erfahrene Filmschaffende der Branche viel zu früh den Rücken kehren.

Damit komme ich zum Anfang des Vorworts zurück und meiner Empfehlung an alle, *Irgendwas mit Film zu lesen! Das Buch ist wie der Beginn einer Kommunikation, die unter Filmschaffenden viel zu wenig stattfindet: Ein offener und ehrlicher Austausch darüber, was der/die andere eigentlich macht, über die eigene Begeisterung und über die Probleme, mit denen man dabei zu kämpfen hat. Jungen Menschen zeigt das Buch die unglaubliche Vielfalt dieser Branche, ohne dabei zu verschweigen, dass eine Entscheidung, in dieser Branche zu arbeiten, eigentlich auch beinhalten muss, sich für eine positive Veränderung der Kultur des Miteinanders und der Arbeitsbedingungen einzusetzen. Dieses Buch hilft, den Nachwuchs für unsere Branche zu begeistern, ihm Orientierung zu geben und wichtiges Basiswissen zu vermitteln. Im besten Fall kann es sogar dazu beitragen, dass es mehr Offenheit, mehr Transparenz, mehr Miteinander und mehr Solidarität unter den Filmschaffenden gibt.

Es ist symptomatisch für diese Branche, dass ein solches Buch nicht wie selbstverständlich aus den Strukturen der Branche selbst entsteht oder längst entstanden ist, sondern wieder einmal aus der persönlichen Initiative eines Einzelnen. Danke, Bent!

Oliver Zenglein

München im November 2023

Einleitung

Es ist Herbst 2021. Ich habe mich erst vor Kurzem von meiner Arbeit als Script Continuity verabschiedet und vor mir liegt eine lange Liste mit Fragen über die Arbeit beim Film. Ich entschließe mich dazu, diese Fragen, die teils seit eineinhalb Jahren auf der Liste stehen, nun auch stellen zu wollen. Doch eigentlich beginnt die Geschichte dieses Buches mehr als elf Jahre zuvor:

Im Mai 2010 stehe ich mit 16 Jahren plötzlich als Praktikant in Berlin am Set eines ZDF-Spielfilms. Wobei «plötzlich» fast das falsche Wort ist, wenn man bedenkt, dass ich zwei Jahre zuvor schon einer Werbefilmproduktionsfirma in meiner Bremer Heimat so lange regelmäßige Mails geschickt habe, bis ich dort in den Ferien ein freiwilliges Praktikum machen durfte. Ich weiß nicht, wann und warum genau ich den Entschluss gefasst habe, doch mir war schon vorher klar: Ich will zum Film! Über meinen Großvater, damals selbst Fernsehregisseur, erhalte ich nun also die Gelegenheit, als Praktikant an ein echtes Spielfilm-Set zu kommen. Für die letzten fünf Drehtage darf ich die Aufnahmeleitung unterstützen. Ich stehe um 04:30 Uhr in der Berliner Wohnung meiner Tante auf, um pünktlich um 06:30 Uhr am Set zu sein. Ich bekomme ein Funkgerät mit Headset, trage Dinge von A nach B, gebe Ansagen weiter, sorge für Kaffeenachschub, helfe, wo ich kann, und putze Matten, die in den Dreck gefallen sind. In einem Online-Forum für Amateurfilmer:innen, in dem ich mich damals regelmäßig austausche, verfasse ich eine Art Praktikumstagebuch. Vielleicht profitiert ja jemand von meinen Erfahrungen, denke ich. Dort schreibe ich Dinge wie: «Scheint tatsächlich so zu sein, dass die Aufnahmeleitung eher kommen muss, dafür aber später wegdarf» und: «Trotz des Stresses und des Drucks sind alle total freundlich. Schön finde ich auch, dass jeder jeden duzt und sich jeder bei jedem bedankt, egal ob Schauspieler oder Produktionsfahrer.» Ich schließe mit dem Fazit: «Absolut geniale und wichtige Erfahrung. Gerne jederzeit wieder.»

In den folgenden Jahren drehe ich also nach der Schule weiter Kurzfilme mit meinen Freund:innen und verschlinge jedes Buch, jeden Artikel und jeden Foreneintrag, der mir dabei helfen könnte, eine Berufslaufbahn beim Film zu einzuschlagen. Der Weg scheint mir klar: Abitur, Praktika, Filmhochschule, Karriere als Regisseur. Doch noch während ich den Weg gehe, ändert sich erst der Weg und dann auch das Ziel. 2017, ein Jahr nach meinem Mediendesign-Abschluss an der Hochschule Mainz und mit ein paar Filmhochschul-Absagen im Gepäck, arbeite ich das erste Mal in Köln als Script Continuity für eine Fernsehserie. Eine Position, die ich zwar von unseren Hochschulprojekten kannte, die dort aber nur wenig mit dem eigentlichen Beruf zu tun hatte. Ich frage mich auch drei Jahre und viele Produktionen und Drehtage später immer noch, ob ich diesen Job eigentlich wirklich gut mache – gelernt habe ich ihn schließlich nicht. Und weil ich in dieser Position stets allein am Set bin, gibt es nur wenige Gelegenheiten von erfahreneren Kolleg:innen zu lernen.

Ich frage mich, warum ich trotz all meiner Bemühungen, sämtliches Wissen aufzusaugen, fast zehn Jahre gebraucht habe, um einen Job zu entdecken und zu begreifen, den es bei jeder Filmproduktion gibt. Und warum habe ich, obwohl ich inzwischen seit Jahren in der Filmbranche arbeite, auch für viele der anderen Filmberufe maximal ein oberflächliches Verständnis? Bin ich der Einzige, der mehrmals auf dem Weg zum Karriereziel erst abgebogen ist und schließlich das Ziel geändert hat? Wie haben andere es geschafft, ihr Ziel zu finden und zu erreichen? Wie kommen sie mit den langen Arbeitstagen und den befristeten Beschäftigungen zurecht? Es ist 2020 und ich fange an, meine Fragen in einer Liste zu sammeln. Ich bin mir sicher, dass ich sie irgendwann stellen werde.

Für dieses Buch habe ich mit 46 Filmschaffenden gesprochen, die in verschiedenen Berufen arbeiten. Ich habe in meiner Berufslaufbahn gemerkt, dass man entweder persönliche Kontakte in die Branche haben oder selbst bereits in der Branche sein muss, um authentische und unverfälschte Einblicke zu erhalten. Mein Ziel war es also, über eine möglichst vielseitige Sammlung an Perspektiven auf Karrierewege und die Arbeit beim Film eine Transparenz zu schaffen, die kein Joblexikon bieten kann. Was nützt schließlich eine nüchtern-sachliche Definition, wenn der Berufsalltag ganz anders aussieht? Und wer kann den Berufsalltag besser beschreiben als die Filmschaffenden selbst? Für nur wenige Filmberufe gibt es explizite Ausbildungsmöglichkeiten, viele Filmschaffende steigen quer ein. Ehrliche und ungeschönte Erfahrungsberichte, die auch mögliche Schattenseiten nicht ausklammern, können dabei helfen, diese potenziellen Karrierewege für sich einzuordnen. Selbstverständlich ist der hier vorgestellte Erfahrungsschatz nicht als gesetzgebend zu verstehen. Keine:r meiner Gesprächspartner:innen erhebt Anspruch auf die Allgemeingültigkeit. Doch die Lektüre und der Vergleich ihrer Erfahrungen kann hoffentlich alle Leser:innen bereichern – ganz gleich, ob Schüler:in, Student:in oder Berufsanfänger:in. Je mehr Gespräche ich führte, desto mehr merkte ich zudem, dass die Erfahrungen selbst für gestandene Filmschaffende wertvoll und teils neu sind. Am Set ist selten Zeit und Raum für einen vertieften Austausch über alles, was die aktuellen Dreharbeiten übersteigt. Ich hoffe, dass ich auch hierbei ein Stückweit unterstützen und anregen kann.

Dieses Buch und die Interviews können in freigewählter Reihenfolge oder entsprechend eigener Prioritäten zu Themen und Berufen gelesen werden. Alle Interviews bieten jedoch unabhängig von den jeweiligen Berufen sehr individuelle und lesenswerte Einblicke. Es lohnt sich außerdem, im Kapitel «Words of wisdom» nachzulesen, welche Erkenntnisse die Filmschaffenden selbst gerne schon früher in ihrer Karriere gehabt hätten. Zudem möchte ich auf die Inhalte folgender Gespräche hinweisen:

Claire Jahn, Kamerafrau, spricht über ihr privates Interesse an ihren Produktionen und die Rolle der Sender dabei.

Caren Toennissen, Redakteurin beim WDR, ordnet als Replik die die Inhalte der Produktionen und den Druck auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Senderperspektive ein.

Janek Kobusch, 1. Regieassistent, wirft einen ehrlich-kritischen Blick auf die Ausbildungswege und Arbeitsbedingungen der Branche.

Maren Eichler, Kostümbildassistentin, hat sich juristisch gegen eine Produktion gewehrt.

Laura Brandstädter, ehemalige Garderobiere, hat die Branche nach einigen Jahren wieder verlassen.

Steffi Menacher, Sina Blume, Vivian Andres und Maren Eichler sprechen über den Sexismus in der Branche.

Und Pascal Biermann, Produktionsleiter, teilt seine Haltung zum fairen Umgang miteinander, insbesondere bei Gagenverhandlungen.

Mit diesem Buch wollte ich einen Erfahrungsschatz sammeln, der andere informiert und inspiriert. Ich bin mir sicher: Zumindest mein 16-jähriges Ich hätte diese Einblicke verschlungen.

Bent Evers, Köln im Oktober 2023

Lesehinweis

Begriffe, denen ein Pfeil vorangestellt ist, werden im Glossar erläutert. Beispiel: Treatment

Berufe, die innerhalb der Interviews kursiv gesetzt sind, werden in einem eigenständigen Interview behandelt.

Beispiel: 1. Regieassistenz

Es sind jeweils nur die ersten Erwähnungen in jedem Interview markiert.

Im Stichwortverzeichnis finden sich Verweise auf Erwähnungen von Themen, Berufen, Ausbildungen, Studiengängen, Ausbildungsstätten, Institutionen, Verbände, Sendern und (Produktions-)Firmen.

Verwendete branchenspezifische Abkürzungen:

ENTWICKELN & PRODUZIEREN

Jan Krebs | Autor

Mariam Shatberashvili & luise Hauschild | Produzentinnen

Valentina Huber | Producerin

Caren Toennissen | Redakteurin

JAN KREBS

Autor

Geboren 1990 in Nürnberg, schrieb sein erstes Kurzfilmdrehbuch während der Schulzeit, wurde zweimal an der Filmhochschule in München abgelehnt. Studierte nach einem Master in Theater- & Medienwissenschaft und Germanistik an der Filmakademie in Ludwigsburg Drehbuch mit dem Schwerpunkt Serie. Schreibt derzeit vor allem einzelne Episoden für fortlaufende Serien und wohnt in München.

Mai 2022

Jan, was machst du als Autor für Film und Fernsehen?

Ich schreibe Drehbücher, hauptsächlich für laufende Serien. Dafür schreibt man Vorschläge, die dann zum Treatment und letztlich zum Drehbuch werden. Ich habe früher auch Witze für Moderationstexte geschrieben.

Du hast unter anderem für die Serie DER LEHRER geschrieben, wie läuft das ab?

Das war tatsächlich das erste Mal, dass ich fürs Fernsehen geschrieben habe, da war der Ablauf vielleicht nicht unbedingt typisch. Während des Studiums habe ich dort ungefähr zwei Monate lang ein Autorenpraktikum gemacht und schon einzelne Szenen umgeschrieben. Ein Dreivierteljahr später haben sie mich gefragt, ob ich ein Drehbuch für eine Folge schreiben wollen würde. Es gab dafür schon eine Idee auf zwei Seiten, die ich zum Treatment und dann zum Drehbuch ausgearbeitet habe. Normalerweise ist der Ablauf eher so, dass man mit der Produktionsfirma eine grobe Idee bespricht und dann einen Pitch erstellt. Das sind normalerweise um die zwei Seiten, auf denen die Handlung der Folge grob umrissen ist. Dazu gibt es Feedback, das man umsetzt, danach geht der Pitch an die Senderredaktion. Und erst wenn die Redaktion zustimmt, bekommt man den Vertrag und arbeitet das Treatment aus. Meistens gibt es eine Fassung und eine anschließende Besprechung. Darauf folgen in der Regel zwei Drehbuchfassungen. Es gibt auch Fälle, in denen innerhalb dieses Prozesses auffällt, dass etwas produktionell oder inhaltlich nicht funktioniert und es folgen größere Überarbeitungen.

Wie lange dauert es von der Idee bis zur finalen Drehbuchfassung einer solchen Folge?

Ungefähr ein halbes Jahr. Vom Pitch bis zur zweiten Buchfassung dauert es etwa drei bis vier Monate. Es kommt auch vor, dass die Idee aus dem Pitch von der Produktion oder Redaktion abgelehnt wird. Bis die Redaktion es durchwinkt, ist es in der Regel unbezahlte Arbeit. Bis dahin ist es aber der anstrengendste Teil der Arbeit. Dass man den manchmal umsonst macht, ist ein bisschen nervig, gehört aber dazu. Danach bekommt man einen Werkvertrag, bei dem man nicht nach Stunden, sondern nach Werkstufen bezahlt wird. Man bekommt je einen Teil bei Vertragsunterzeichnung, beim Treatment, beim Drehbuch und beim Drehbeginn. Mit jeder Stufe steigt die Summe. Die Arbeit wird aber eigentlich immer leichter. Das Schreiben des Drehbuchs macht auch am meisten Spaß. Beim Drehbeginn macht man ja schon gar nichts mehr, es hat nur produktionelle Gründe, dass dort die letzte Zahlung anfällt.

Wie viel deiner Arbeit ist kreatives Schreiben und wie viel sind Besprechungen, Recherchen und so weiter?

Ich habe während der Filmhochschule ja Kurzfilme geschrieben und der größte Unterschied war für mich, wie kollaborativ die Arbeit in der Branche ist. Beim Fernsehen hast du oft mindestens einen Head-Autor dabei, der viel dazu beiträgt. Die Produktion und die Producer:innen stecken auch mit drin und nehmen Einfluss auf die Dramaturgie. Auch die Redaktionen haben großen Einfluss und leisten ein Beitrag. Gefühlt ist es halb-halb, aber in Arbeitsstunden gemessen ist der Hauptteil schon die Schreibarbeit.

Was ist der Unterschied zwischen Autor:in und Head-Autor:in?

In Deutschland arbeiten fast alle Autor:innen freiberuflich und schreiben zum Beispiel für mehrere Formate einzelne Episoden. Bei fast jedem solcher Formate gibt es eine:n Head-Autor:in, der oder die dauerhaft dabei ist und den Überblick behält. Die Person schreibt oft auch selbst einige Episoden, ist aber vor allem im Dialog mit den anderen Autor:innen, damit am Ende alle Episoden zusammenpassen. Als Autor für eine Episode ist man ab einer bestimmten Fassung raus aus dem Vertrag. Dann kann es trotzdem noch sein, dass zum Beispiel ein:e Schauspieler:in ausfällt und das Drehbuch geändert werden muss. Das übernimmt in der Regel auch der oder die Head-Autor:in.

Ist das Schreiben selbst mehr Handwerk oder mehr Kreativität?

Das ist schwer zu trennen. Ich bin noch Berufsanfänger und merke, dass man immer wieder neue Sachen dazulernt. Als Beispiel: Bei einer Vorabend-Krimi-Folge war es sehr wichtig, dass der Kommissar handlungstreibend ist, also dass, wenn etwas rauskommt, es durch die Figur passiert. Das klingt total simpel, aber man hat sehr viele Ideen für spannende Situationen, die nicht von der Hauptfigur ausgehen. Genauso bei Comedy, wenn sich eine Figur in die Grube gräbt und versucht, wieder rauszukommen. Da ist auch wichtig, dass diese Figur selbst für ihre Situation verantwortlich ist und es nicht von außen kommt. Das sind schon Handwerksregeln. Ich denke, es ist je nach Format zu unterschiedlichen Anteilen Handwerk und Kunst. Es ist auch Teil des Prozesses, auf diese Regeln zu stoßen und zu merken, was nicht funktioniert. Bei einer Vorabendserie hat man allein durch die produktionellen Gegebenheiten ein relativ klares Korsett. Man hat eine Minutenvorgabe, man kann eine begrenzte Anzahl von Verdächtigen haben, man braucht eine:n Täter:in, vielleicht gibt es eine maximale Anzahl an Außenbildern oder eine bestimmte Anzahl an Wendungen. Als Autor versucht man, das Gerüst auszufüllen. Kreativität und Kunst sind ein Teil davon, manchmal vielleicht sogar der kleinere.

Wie sehr muss man sich dafür in Serien einarbeiten? Musstest du alle Folgen von DER LEHRER gucken?

Es ist wichtig, dass man die Figuren und das Format versteht. Normalerweise bekommt man auch eine Formatbibel mit den wichtigsten Infos, die ist aber nicht immer sehr ausführlich. Ich glaube, da sieht sich auch die Produktionsfirma in der Verantwortung. Es würde nicht von einem Autor verlangt werden, dass er die Hintergrundgeschichte einer Figur kennt, die nur in einer Folge angesprochen wurde. Bei DER LEHRER habe ich fast alle Folgen geguckt, bevor ich das Praktikum begonnen habe. Aber es wäre ja kaum machbar, alle Folgen GZSZ zu gucken. Gerade da ist es trotzdem sehr wichtig, auf dem aktuellen Stand zu sein.

Wie groß ist dann dein Anteil an der fertigen Folge?

Bei einer laufenden Serie setze ich mich ein bisschen ins gemachte Nest. Es ist wie gesagt eine sehr kollaborative Arbeit. Das Bild von dem kreativen Genie, das hinter allem steckt, ist bei einer Serie selten der Fall. Es ist nicht so, dass du dir allein ausdenkst, was dir gerade gut gefällt, sondern es ist deine Aufgabe, in einem Rahmen, der schon da ist, eine neue Geschichte zu erzählen und sie auszuarbeiten. Daran hast du natürlich einen großen inhaltlichen Anteil.

Also etwas mehr Dienstleistung als Selbstverwirklichung?

Das kommt eben darauf an. Viele Autor:innen haben Brot-und-Butter-Jobs und schreiben für fortlaufende Formate, entwickeln aber auch eigene Formate und versuchen, die an den Mann zu bringen. Da ist es wahrscheinlich ein größerer Anteil Selbstverwirklichung. Das sind einfach zwei unterschiedliche Arbeitsmodi. Bei einem laufenden Format ist es auf jeden Fall eher eine Dienstleistung.

Was liebst du an deinem Job?

Es gefällt mir zum einen gut, dass ich meine Arbeitszeit selbst einteilen kann. Man muss dazu in der Lage sein, sich Sachen so einzuteilen, dass man produktiv arbeitet und dass man bei mehreren unterschiedlichen Projekten den Überblick behält und die Deadlines einhält. Man schreibt manchmal für Formate, bei denen man selbst nicht unbedingt die Zielgruppe ist. Aber, und das ist der zweite Punkt, es ist wegen der Vielfalt trotzdem total interessant. Spätestens, wenn man aus dem Treatment ein Buch schreibt, macht es extrem viel Spaß.

Lass uns gerne darüber sprechen, wie du Autor geworden bist. Wann wusstest du, dass du in diese Richtung gehen willst?

Ich habe immer gerne geschrieben, auch in der Schule. Ich hatte mit ungefähr 17 einen Freund, mit dem ich einen Kurzfilm gedreht habe. Das hat mir total Spaß gemacht. Wenn das nicht passiert wäre, weiß ich nicht, ob ich mich jemals dafür interessiert hätte. Ich habe mit 18 dann das erste Drehbuch für einen Kurzfilm geschrieben, den wir zusammen umgesetzt haben. Zwei Jahre später habe ich mein Abi gemacht und wollte an die Filmhochschule gehen. Ich habe mich an der Filmhochschule in München für Drehbuch beworben, wurde aber abgelehnt. Deshalb habe ich erst mal Theater- und Medienwissenschaft und Germanistik studiert. Der Freund von damals hat das auch studiert und wir haben nebenher weiter Kurzfilme und eine Webserie gedreht. Ich habe auch auf nichts so viel Energie verwendet wie darauf. Nach dem Bachelor habe ich mich wieder an der Filmhochschule in München beworben. Und wurde wieder abgelehnt. (lacht) Deshalb habe ich noch einen Master drangehängt, weil ich nicht wusste, was ich sonst machen soll.

Wir sehr hat dir dein erstes Studium rückblickend für deine heutige Arbeit geholfen?

Ich habe dort gelernt, wissenschaftlich zu arbeiten, also zu recherchieren oder argumentativ abzuwägen. Mir hat es da schon viel mehr gelegen, Hausarbeiten zu schreiben als Klausuren. Ich hatte auch nie das Problem, dass ich zu wenig Text hatte, ich konnte immer am Ende noch kürzen. Das sind glaube ich Dinge, die ich auch heute noch nutzen kann. Auch sich selbst zu organisieren und mit Gedanken allein sein und die in eine logische Form bringen. Um Serien und Filme ging es eher analytisch. Wir hatten ein, zwei Praxis-Seminare, in denen man zum Beispiel schneiden konnte, aber darin hatte ich auch durch meine privaten Projekte schon Übung.

Wie ging es nach dem Master weiter?

Als ich die Masterarbeit geschrieben habe, hatte ich eine Idee für einen Film und eine Idee für eine Serie. Ich dachte mir, ich kann diese Ideen einfach für eine weitere Bewerbung an der Filmhochschule ausarbeiten. Ich hatte schon gemerkt, dass mir serielles Erzählen etwas mehr liegt, und habe die Filmidee wieder verworfen. Damals gab es an der Filmakademie in Ludwigsburg schon einen Studiengang mit Schwerpunkt auf serielles Erzählen. Ich wollte das gerne machen, hatte aber auch schon lange studiert und war nicht mehr so heiß darauf wie bei den Bewerbungen in München. Aber diesmal wurde ich mit meiner Idee zur zweiten Runde eingeladen, die auch gut lief, und ich wurde angenommen. Durch mein Studium und die Projekte musste ich das Basis-Studium nicht mehr machen, sondern konnte direkt ins Projektstudium einsteigen. Also habe ich noch mal zweieinhalb Jahre an der Filmakademie studiert. Bevor ich zur Filmhochschule bin, habe ich schon für eine TV-Sendung Witze geschrieben. Das war der erste bezahlte Job, den ich als Autor hatte. Bei den Bewerbungen in München dachte ich noch, die wollen lieber Drama als Comedy. In Ludwigsburg habe ich für die Bewerbung einfach das gemacht, was ich machen will, und das kam gut an. Jobs als Drehbuchautor kamen erst über die Filmakademie. Die Kontakte von damals spielen auch heute noch eine Rolle für mich.

Wie war das Studium an der Filmakademie inhaltlich aufgebaut?

Im Basisstudium arbeitet man zwei Jahre lang auch in allen anderen Gewerken. Auch jemand, der Drehbuch studiert, beschäftigt sich zum Beispiel mit Kamera und Regie. Im Projektstudium ging es darum, eigene Stoffideen auszuarbeiten. Das ist in dem Fall eher learning by doing. Du machst die gleichen Entwicklungsschritte durch, vom Konzept über das Treatment bis zum Drehbuch. Zu allen Stufen gibt es immer wieder Feedback, sowohl von den Dozierenden als auch von den anderen Kursteilnehmer:innen. Man hat die Theorie eher anhand von Praxisbeispielen gelernt. Es war nie so, dass jemand im Frontalunterricht erklärt hat, wie die Dramaturgie einer Serie funktioniert. Als ich später das erste Mal in einer Redaktionsbesprechung war, habe ich gemerkt, dass das die Art von Gesprächen ist, die man in Ludwigsburg ein bisschen simuliert hat. Jemand bringt eine Idee mit, die diskutiert und kritisiert wird. Das ist etwas, was ich an der Filmakademie gelernt habe. Ich weiß noch, als ich mich beworben hatte und in der zweiten Runde Feedback auf mein Konzept bekommen habe, da wurde sehr viel hinterfragt. Das kannte ich von meinen privaten Projekten nicht. Es war eine krasse Erfahrung, ein Feedback zu bekommen, das einem ein bisschen den Boden unter den Füßen wegnimmt. Es ist total wichtig, das für den Beruf zu lernen. Es reden viele Leute mit und du musst für deine Ideen argumentieren können.

Würdest du rückblickend deinen Weg mit beiden Studiengängen und den drei Abschlüssen noch mal so gehen?

Für meinen Job habe ich nicht das Gefühl, dass mir der Bachelor und Master so viel bringen. Die Sachen, die ich da gelernt habe, hätte ich vielleicht auch anders lernen können. Aber im Gegensatz zur Filmakademie hatte man viele Freiheiten und konnte entsprechend der eigenen Interessen arbeiten. Gleichzeitig habe ich viel durch die Projekte gelernt, die ich in der Zeit gemacht habe. Ein Theorie-Basiswissen ist wichtig, aber das habe ich mir nebenher angeeignet. Es gibt ja eine Fülle von Medienstudiengängen und ich glaube, die sind ganz gut dafür, dass man erst mal unterschiedliche Dinge ausprobiert und merkt, was einem mehr oder weniger liegt.

Gibt es deiner Einschätzung nach besondere Talente oder Fähigkeiten, die man mitbringen sollte, um Autor:in zu werden?

Selbstständig arbeiten und sich organisieren können ist wichtig. Man sollte auf jeden Fall eine gewisse Neugier haben, sich mit vielen unterschiedlichen Themen zu beschäftigen. Man muss sich in andere Personen reinfühlen, Empathie spielt eine Rolle. Und bei Serien ist ein wichtiger Teil, dass man im Team arbeiten und mit Feedback umgehen kann. Man muss sich vielleicht ein bisschen abtrainieren, sich von harter Kritik kränken zu lassen. Man muss bereit sein, darauf einzugehen, was andere denken. Am Ende ist es aber trotzdem ein einsamer Job. Man sitzt viel allein am Computer, man muss so arbeiten können.

Du hast die Bedeutung von Kontakten in der Branche schon angesprochen, welche Rolle spielt aber deine Agentur, wenn es um neue Aufträge geht?

Die Agentur leitet mir Anfragen weiter und übernimmt die Kontaktaufnahme, wenn ich ein Format interessant finde und gerne dafür schreiben möchte. Ich habe in diesem Jahr das erste Mal einen Job über die Agentur bekommen, davor lief es immer über Kontakte. Ein großer Teil ist auf jeden Fall Networking.

Bewirbt man sich einfach bei einer Agentur?

Als ich die ersten Jobs bekommen habe, war ich der Überzeugung, dass ich keine Agentur brauche. In Deutschland haben viele Autor:innen keine Agentur. Ich habe nach dem Studium bei Vertragsverhandlungen aber gemerkt, dass es mir ein bisschen über den Kopf wächst. Einerseits weil ich nicht genau über rechtliche Fallstricke Bescheid weiß, andererseits weil ich ungern mit Leuten, mit denen ich inhaltlich zusammenarbeite, auch über Geld reden muss. Da ist es schon cool, wenn du Leute hast, die das für dich übernehmen. Ich habe zehn Agenturen angemailt, sechs Absagen bekommen und bei zweien die Rückmeldung, dass sie es gerne mit mir probieren würden. Die eine Agentin kannte ich als Dozentin aus Ludwigsburg und ich kannte auch andere Autor:innen aus der Agentur, deswegen habe ich mich probeweise dafür entschieden. Nach dem ersten Projekt haben wir miteinander gesprochen und uns auf eine Zusammenarbeit geeinigt. Es gibt aber auch den Fall, dass die Agenturen auf Autor:innen zugehen.

Wie groß ist die Gefahr, dass man als Autor:in in eine inhaltliche Schublade gerät? Kann man zum Beispiel, wenn man fünfmal eine Krimiserie geschrieben hat, trotzdem eine Komödie schreiben?

Als ich an der Filmakademie war, habe ich immer gedacht, ich will nie bei einer Soap arbeiten, weil ich dann nie wieder etwas anderes machen kann. Das ist überhaupt nicht so. Viele, die in Deutschland gerade die richtig guten Serien machen, haben bei einer Soap angefangen. Das ist, was das Handwerk angeht, wahrscheinlich die beste Schule, die man haben kann. Es gibt ja auch nur ein beschränktes Angebot an Arbeit. Es ist besser, als Autor außerhalb seines Lieblingsgenres zu arbeiten, als rumzusitzen und auf das perfekte Angebot zu warten. Auch da sammelt man Erfahrungen. Ich glaube, als Produktionsfirma nimmst du vielleicht lieber die erfahrenere Person, auch wenn sie in anderen Genres gearbeitet hat.

Bora Dagtekin, der unter anderem die FACK JU GÖTHE-Filme gemacht hat, hat auch bei GZSZ angefangen.

Und er hat vorher in Ludwigsburg studiert! Auch Alexander Lindh, der MAPA geschrieben hat, hat bei GZSZ angefangen. Da gibt es viele Beispiele.

Braucht man als Filmschaffende:r also nicht zwingend Nähe zum Endprodukt?

Ich glaube, es ist schwierig, das vorauszusetzen. Wir sind da auch in einer Bubble. Es gibt am Set viel mehr Leute unter 40 als in der deutschen Zuschauerschaft. Es ist aber auch die Frage nach Henne und Ei. Mögen die Zuschauer:innen das, weil man es ihnen vorsetzt, oder setzt man es ihnen vor, weil sie es mögen? Ich glaube, es ist beides. Aber offensichtlich gibt es Leute, die die ganzen Formate brauchen. Wie gesagt, ich habe bei mir gemerkt, dass ich als Autor nicht unbedingt schlechter bin, wenn ich kein eingefleischter Fan des Formats bin. Beim Fernsehen geht es auch nicht immer darum, Kunst zu machen. Das ist halt Unterhaltung. Wenn du Kunst machen willst, ist es wahrscheinlich wichtig, dass du das emotional auch fühlst.

Wie ist aktuell deine Work-Life-Balance?

Ich bin ja in der privilegierten Position, dass ich mir meine Arbeit selbst einteilen kann. Andererseits habe ich eine schlechtere Planbarkeit. Ich musste kürzlich eine Urlaubsreise verschieben, weil sich eine Produktionsbesprechung verschoben hat. Im letzten Jahr war ich zum ersten Mal als Autor angestellt, statt freiberuflich zu arbeiten. Dafür war ich vier Tage pro Woche in Köln, wofür ich mir die BahnCard100 gekauft habe. Der Plan war, dass ich von November bis März dort arbeite, aber im Dezember hat der Sender entschieden, dass die Produktion nicht fortgesetzt wird. Es hat dann bis April gedauert, bis ich den nächsten Auftrag hatte. Aber das gehört dazu und es ist dann auch wichtig, die Zeit zu nutzen. Ich hatte ja noch die BahnCard100, bin damit rumgefahren und habe Verwandte besucht. Es war schwer, mich darauf einzulassen, weil ich nicht wusste, was der nächste Job ist und wann das nächste Gehalt kommt. Aber am Ende war es okay so. Ich habe in der Zeit auch trotzdem an Ideen und Pitches gearbeitet. Man muss es nehmen, wie es kommt.

Wird diese Unsicherheit und die schlechte Planbarkeit finanziell angemessen entlohnt?

Es geht immer besser und schlechter. Es ist auch die Frage, was man erwartet. Meine Frau ist Lehrerin und ich habe im letzten Jahr nur etwas weniger verdient als sie, hätte aber noch Luft für weitere Aufträge gehabt. Wenn ich ein okayes Gehalt verdiene, mit einem Job, der mir wirklich Spaß macht, bin ich total zufrieden.

Wie geht es bei dir in den nächsten Jahren weiter, wenn du es dir aussuchen kannst?

Es wäre cool, wenn eines meiner Konzepte umgesetzt wird und ich mehr bin als Autor für eine Folge. Aber es ist realistischer, dass ich für laufende Formate weiterschreibe. Damit bin ich auch zufrieden. Ich würde aber gerne wieder mehr Comedy machen. Wenn ich das, was ich jetzt mache, auch in 30 Jahren noch mache, wäre ich sehr zufrieden.

Danke Dir, Jan!

MARIAM SHATBERASHVILI & LUISE HAUSCHILD

Produzentinnen

Mariam wurde 1987 in Georgien geboren und wuchs in Deutschland auf. Sammelte nach dem Abitur erste Praxiserfahrungen, bevor sie zunächst Medientechnik und schließlich an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) Filmproduktion studierte.

Luise, geboren 1990 in Leipzig, sammelte erste Filmerfahrungen in Paris. Arbeite als Produktionskoordinatorin, bevor sie ebenfalls das Studium der Filmproduktion an der DFFB begann. Gemeinsam gründeten sie 2020 ihre Produktionsfirma «New Matter Films» mit Standorten in Berlin und Leipzig.

Juni 2022

Mariam, was hat dich dazu bewegt, zum Film zu gehen?

MARIAM: Ich bin schon seit ich zwölf war mehrmals die Woche im Kino gewesen, damals ohne ein berufliches Interesse. Ich war aber auf einer Schule mit Gestaltungs-Multimedia-Schwerpunkt und hatte einen Leistungskurs Film bei einer ganz tollen Lehrerin, die uns dieses Medium nahegebracht hat. Da haben wir erste kleine Filme gemacht und damit experimentiert. Da habe ich darüber nachgedacht, ob das vielleicht auch beruflich etwas wäre. Nach dem Abi bin ich bei einem Projekt in Georgien als Praktikantin eingestiegen. Der Dreh ging ein halbes Jahr und die Produktion war recht chaotisch, das war auf jeden Fall besonders. (lacht) Danach bin ich wieder zurück nach Deutschland und wusste immer noch nicht, was genau ich machen will. Ich habe dann erst mal Medientechnik studiert. Das war nichts, was mich besonders interessiert hat, aber ich habe es abgeschlossen. Es gab dort kleine Studioproduktionen, war aber eher technisch orientiert. Zum Ende des Studiums habe ich angefangen, in Berlin bei Filmfestivals zu arbeiten, und war später bei einer Produktionsfirma, wo ich das erste Mal konkret entdeckt habe, dass das produzentische Arbeiten interessant für mich ist. Ich habe ca. ein Jahr lang die Produzent:innen bei ihrer Arbeit beobachtet und ihnen assistiert. Ich habe damals schon bei Projekten der DFFB geholfen und mit Freund:innen zusammen an einem Spielfilm gearbeitet. Da habe ich gemerkt, dass es ohne den Background und das Netzwerk einer Filmhochschule ganz schön schwierig ist. Ich habe mich deshalb an der DFFB für ein Produktionsstudium beworben und dort auch Luise kennengelernt.

Bevor wir über die DFFB sprechen: Luise, wie verlief dein Weg bis zum Studienbeginn an der Filmhochschule?

LUISE: Die ersten Berührungspunkte mit der Filmindustrie habe ich in Paris gemacht, wo ich nach dem Abi gelebt habe. Ich habe mehr oder weniger zufällig angefangen, für einen Produzenten zu arbeiten, und hatte vorher schon die Faszination für das Medium, weil es Menschen so stark berühren kann. Nach einem halben Jahr habe ich entschieden, dass ich dem beruflich nachgehen will, und bin nach Berlin gezogen. Ich habe an einer Privatuni ein eher nutzloses Studium begonnen, das mich relativ schnell gelangweilt hat. Wie Mariam habe ich angefangen, an DFFB-Projekten mitzuwirken. Ich dachte natürlich bis zu dem Zeitpunkt, dass die Regie das Interessanteste ist. Ich bin aber irgendwann Produktionsassistenz geworden und fand die Arbeit der Produzentin dann deutlich interessanter. Ich habe danach weitere DFFB-Kurzfilme gemacht und auch erste professionelle Erfahrungen gesammelt. Ich habe bei diversen großen Kinospielfilmen als Produktionskoordinatorin gearbeitet, war aber oft frustriert, weil ich die Sachen gerne von Grund auf hätte anders machen wollen. Der Wunsch nach dem inhaltlichen Produzieren hat sich da auf jeden Fall entwickelt und es war sicher ein großer Teil der Motivation, später eine eigene Firma zu gründen. Ich bin dann an die DFFB gegangen, um mir auch die inhaltliche Basis zu schaffen. Ich hatte das Gefühl, dass ich zu vielen Dingen eine starke Intuition habe, die aber nicht in Worte verpacken kann, weil mir der Background fehlt.

Ihr wart beide von Anfang an im DFFB-Kosmos, habt ihr euch das gezielt ausgesucht? Ihr hättet wahrscheinlich auch bei Projekten der Filmuni Babelsberg mitarbeiten können?

MARIAM: Die Produktionsfirma, bei der ich gearbeitet habe, bestand aus ehemaligen DFFBlern, die haben mir das ein bisschen nahegelegt. Ich habe auch die Filme gesehen, die an der DFFB entstanden sind, und fand die spannend. Die DFFB-Welt ist auf jeden Fall chaotisch, aber trotzdem sehr toll, offen und sehr frei. Für mich war immer klar: Wenn Filmhochschule, dann die DFFB.

LUISE: Bei mir war das ähnlich, ich fand die Filmschaffenden interessant und vor allem reizvoll, dass es den Raum für künstlerische Freiheit gibt, den es in anderen Filmhochschulsystemen, die deutlich verschulter sind, nicht gibt. Das ist essenziell für die Filme, die dort entstehen.

Als Außenstehender hatte ich immer das plakative Bild: DFFB macht eher Kunst, Babelsberg eher Industrie. Ist das ein stückweit so?

MARIAM: Ich habe das Gefühl, dass die Filme, die aus Babelsberg kommen, auf jeden Fall nicht an der DFFB entstehen würden. Wahrscheinlich hast du recht und sie sind ein bisschen näher an Industriestandards. Ich glaube, dass es an dem eher schulischen Studium liegt, vielleicht auch an den Dozierenden. An der DFFB hat man viel mehr Zeit, eine künstlerische Reife zu erreichen, weil es dort glücklicherweise keinen zeitlichen Druck gibt. Man hat Zeit, sich treiben zu lassen. Das hilft, für die Abschlussfilme eine eigene Sprache zu finden.

Wie lief das Bewerbungsverfahren an der DFFB ab?

MARIAM: Das war umfangreich. Damals musste man viele schriftliche Aufgaben abgeben und diverse theoretische Fragen beantworten musste. Man hat zum Beispiel einen Zeitungsartikel bekommen und musste dazu eine Filmidee schreiben.

LUISE: Es waren auch persönlichere Fragen. Die schriftliche Bewerbung zielte darauf ab zu erfahren, was man für eine Persönlichkeit und was der Antrieb ist. Auch eine Fotoserie musste man einreichen. Die DFFB möchte kreative Produzent:innen ausbilden. Wenn die Bewerbung für gut befunden wurde, wurde man zur Bewerbungswoche eingeladen. Da gab es einen schriftlichen Test. Ich war extrem nervös und habe vorher die Namen aller DFFB-Direktor:innen auswendiggelernt. (lacht) Innerhalb von 24 Stunden musste man außerdem einen kurzen Film erstellen. Da ging es nicht darum, dass der technisch besonders hochwertig war, sondern ob man einen kreativen Zugang finden konnte. Und es gab ein persönliches Gespräch mit einem Gremium.

MARIAM: Das war das Wichtigste, dort hat man den Film gezeigt und mit einer Kommission von acht Leuten darüber gesprochen. Es ging auch darum, ob man persönlich als Mensch dort reinpasst. Für Produktion bewerben sich deutlich weniger als zum Beispiel für Regie, vielleicht 70 bis 100 Leute. Sechs bis zehn werden angenommen.

Ich nehme an, das Auswendiglernen war vermutlich eher nicht notwendig. Worum ging es in dem schriftlichen Test?

MARIAM: Wir haben ein Treatment und dazu Fragen bekommen, zum Beispiel ob es ein Kino- oder Fernsehfilm ist und wer Regie führen soll. Während die ersten Bewerbungsunterlagen eher persönlich und kreativ waren, hat der Test vor Ort auf das produzentische Arbeiten abgezielt.

Wie ist das Studium aufgebaut?

LUISE: Die ersten beiden Jahre sind das Grundstudium, das relativ durchstrukturiert ist. Im ersten Jahr machen alle Studierenden alles gemeinsam. Man hat zum Beispiel Grundkurse zur Bild- und Tongestaltung, zum Produzieren, zum filmischen Erzählen und zur Filmgeschichte. Ich empfinde es als sehr wertvoll, dass alle Filmstudierenden auch in den unterschiedlichen Gewerken arbeiten. Am Ende des ersten Jahres macht man den Erstjahresfilm in Gruppen von sieben bis acht Studierenden. Man macht auch dort mal Tonassistenz, Regie, Kamera und so weiter, das schafft ein großes Verständnis für die anderen Gewerke. Die Filme entstehen in einem geschützten Rahmen und dürfen auch nicht ausgewertet werden, das soll den Druck nehmen. Im zweiten Jahr geht es in die Spezifizierung und wir hatten spezielle Produktionsseminare, zum Beispiel produzentische Profilbildung, in der unterschiedliche Produzent:innen mit unterschiedlichen Arbeitsweisen vorgestellt wurden. Es gab auch Seminare zur Kalkulation, zu internationalen Koproduktionen und Case Studies zu einzelnen Filmen. Wir haben parallel schon immer zusätzlich Filme mit Leuten aus höheren Jahrgängen vorbereitet und teilweise gedreht.

MARIAM: Es gibt immer einen Produzent:innen-Mangel an der DFFB, deswegen kann man gut bei Abschlussfilmen mitarbeiten. Nach dem zweiten Jahr mischen sich die Jahrgänge auch komplett durch.

LUISE: Sowohl bei Mariam als auch bei mir haben sich schon von Anfang an Netzwerke gebildet mit Leuten, die ein gemeinsames Verständnis von Film haben. Auch WAS SEHEN WIR, WENN WIR ZUM HIMMEL SCHAUEN? haben wir dort angefangen zu finanzieren. Man ist da wirklich sehr frei.

Wie hat sich bei euch der Übergang in die Branche gestaltet? Wie kam es zur Entscheidung, eine gemeinsame Produktionsfirma zu gründen?

LUISE: Im zweiten Jahr hatten wir uns gefunden, weil wir eine große Schnittmenge haben, welche Filme und Filmemacher:innen wir interessant finden – und natürlich auch wegen der persönlichen Ebene. Wir haben zu zweit zwei Kurzfilme produziert und das war ein sehr intuitiver und fluider Prozess. Wir verstehen uns beide als kreativschaffende Person und konnten uns nicht vorstellen, als Producerin einer anderen Produzentin zuzuarbeiten. Wir haben uns als kreative Partnerinnen der Filmschaffenden gesehen und das hat gut funktioniert. Mariam hat dann schon angefangen, WAS SEHEN WIR, WENN WIR ZUM HIMMEL SCHAUEN? von Alexandre Koberidze vorzubereiten und ich habe ALLE REDEN ÜBERS WETTER von Annika Pinske übernommen. Wir haben die Firmengründung aber anders als zunächst geplant auf nach den Drehs verschoben, weil das eine sehr intensive und arbeitsreiche Zeit war.

MARIAM: Die Produktionsstudierenden und die Regiestudierenden sind automatisch Koproduzent:innen der Abschlussfilme. Wir haben quasi die Anteile der beiden Filme mit in die Firma genommen.

Wie würdet ihr eure Aufgaben als Filmproduzentinnen beschreiben?

LUISE: Jede:r Produzent:in interpretiert das abhängig von der eigenen Prägung und Persönlichkeit. Wir sehen uns als kreative Partnerinnen an der Seite von Autor:innen, Regisseur:innen und Filmschaffenden. Wir entwickeln oftmals vom ersten kreativen Impuls an gemeinsam eine Vision für den Film und schaffen die Rahmenbedingungen, damit man diesen Film bestmöglich umsetzen und platzieren kann.

MARIAM: Um das konkreter zu machen: Meistens kommt jemand mit einem Exposé zu uns, und wenn wir das interessant finden, geht es darum, das Exposé zu einem Treatment zu entwickeln. Da kann man zusammen schauen, wie man finanzieren kann, dass diese Person die Freiheit hat zu schreiben. Wir betreuen das Projekt sowohl was Einreichungen für Förderungen angeht als auch inhaltlich. Es kann zwischen drei Monate und drei Jahre dauern, bis es ein fertiges Drehbuch gibt. Dann fangen wir an zu überlegen, wie man die Umsetzung finanzieren kann. Was braucht es, wie kann das umgesetzt werden, wo dreht man? Wir verstehen uns auch in der Vorproduktion und beim Dreh als kreative Partnerinnen, die jeden Schritt mit der Regie mitgehen und begleiten.

LUISE: Nach dem Dreh waren wir bisher auch stark in der Postproduktion involviert und schauen uns die verschiedenen Schnitt-Versionen an. Wir überlegen dann, wo wir den Film platzieren und wo der Film die größte Strahlkraft entwickeln kann. Dafür muss man die Festivals kennen.

Überwiegt die für euch wichtige kreative Arbeit auch zeitlich?

LUISE: Zurzeit ist es fifty-fifty. Wir bekommen viele Ideen und Drehbücher zugeschickt, die wir lesen und besprechen, das ist hauptsächlich kreative Arbeit. Auch eine Einreichung ist teilweise kreative Arbeit. Ich kann nur eine gute Kalkulation schreiben, wenn ich den Film inhaltlich genau kenne und weiß, was er braucht. Ich drücke mich aber gerade seit drei Monaten davor, das Music Cue Sheet für ALLE REDEN ÜBERS WETTER zu machen, das ist eine sehr technische Arbeit. In Zukunft haben wir vielleicht, hoffentlich, mal eine Mitarbeiterin, die ein paar technischere Dinge übernehmen kann.

MARIAM: Ich habe auch gar nicht das Gefühl, dass es unkreative Arbeit gibt. Auch Finanzierung ist etwas Kreatives.

Eine Professorin von mir hat gesagt: «Über Produktion reden ist über Inhalt reden.» Sie würde euch da also vollkommen zustimmen. Gibt es eurer Einschätzung nach noch etwas, das man mitbringen muss, wenn man Produzent:in werden möchte?

LUISE: Eine gewisse Stressresilienz ist sicher hilfreich und es braucht vor allem ganz viel soziale Kompetenz. Es geht viel um Kommunikation. Ein gewisses organisatorisches Talent ist auch hilfreich. Ich glaube, man muss einfach ein allgemein an der Welt interessierter Mensch sein. Man muss mit einer gewissen Haltung auftreten, um andere Menschen für die Filme zu überzeugen, aber das ist etwas, das man lernen kann.

Ihr beschreibt eure Filme als mit «explizit künstlerischem Anspruch und einer besonderen Handschrift». Entspringt das eurer persönlichen Präferenz?

MARIAM: Wir wollen Filme machen, die wir auch gut finden. Das legt uns manchmal Steine in den Weg, weil es gar nicht so einfach ist, alle zu überzeugen, die man dafür begeistern muss. Genau das ist dann unser Job.

LUISE: Es sind heutzutage andauernd schnell produzierte Inhalte verfügbar und es hat sich bei uns so entwickelt, dass wir dem vielleicht auch etwas entgegensetzen wollen. Vielleicht also Filme, bei denen nicht nur drei Monate Zeit war, um das Drehbuch zu entwickeln und man sich der einfachsten Mittel und konventioneller Sehgewohnheiten bedient. Filmkunst ist eines der tollsten Medien, die wir haben. Es gibt so viele Möglichkeiten, da künstlerische Werke zu schaffen. Und das bedeutet nicht, ein elitäres Kino zu machen. Es geht uns auch darum, Menschen mitzunehmen und zu berühren, aber auf eine besondere Art und Weise. Und die kostet Zeit, die viele Produktionen, zum Beispiel im Fernsehen, gar nicht haben. Das ist vielleicht aktuell noch nicht das Wirtschaftlichste, da sind wir noch auf dem Weg.

Wie wichtig sind für euch große Festivals? WAS SEHEN WIR, WENN WIR ZUMHIMMEL SCHAUEN? hat ja zum Beispiel bei der Berlinale einen Preis gewonnen, hilft das bei nachfolgenden Projekten?

MARIAM: Dadurch, dass es keine kommerziellen Filme sind, die sofort im Kino starten und sehr viele Zuschauer anlocken, ist es entscheidend für uns, dass die Filme auf Festivals gut platziert und dadurch sichtbar werden. Von dieser Platzierung hängt auch ab, was danach mit dem Film passiert. Weil der Film im Wettbewerb lief und diesen Preis bekommen hat, wurde er weltweit verkauft und lief im Kino. Die Förderer und die Institutionen haben Alexandre, den Regisseur, dadurch auf dem Schirm und wollen hoffentlich dabei sein, wenn er seinen nächsten Film macht.

LUISE: Es ist auch eine Art Qualitätsmerkmal. Wenn ein Film in Berlin oder Cannes läuft, gibt ihm das natürlich eine Bestätigung.

Wie wichtig ist es euch, dass euer Anspruch ans Werk vom Filmteam geteilt wird?

MARIAM: Man kann nicht von jedem verlangen, dass er oder sie für den Film brennt. Zumindest bei den Abschlussfilmen, die ja sehr Low Budget sind, muss man die Leute aber begeistern, weil man keine normale Gage wie beim TATORT zahlen kann. Ansonsten ist es natürlich für manche einfach ein Job und das ist auch okay. Ich glaube aber, dass eine Begeisterung, die quasi von oben herunterläuft, etwas mit dem Film macht. Was wir gerne schaffen würden, ist, dass die Teams eine angenehme Arbeitsatmosphäre haben und nicht durchgepeitscht werden. Wenn jeder im Team gerne arbeitet, egal aus welchen Gründen, wirkt sich das auf den Film aus.

Die Arbeitsbedingungen sind tatsächlich für viele Kolleg:innen ein problematisches Thema, es wird oft über das hohe Arbeitspensum und die fehlende Work-Life-Balance geklagt. Habt ihr als Produzent:innen Einfluss darauf?

LUISE: Ich habe vorhin angedeutet, dass ich bei großen Produktionen dabei war, wo diesem Thema mit einer Egal-Haltung begegnet wurde. Es wurden viele Entscheidungen auf Kosten des Teams getroffen, was dann mit Krankheitsfällen und Burn-outs verbunden war. Es kann ja nicht sein, dass das die Art und Weise ist, wie wir Filme machen. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, eine menschenfreundliche Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die nicht so toxisch und hierarchisch ist, wie ich es erlebt habe. Vielleicht kann man auch familienfreundliches Arbeiten neu denken, vielleicht gibt es einen Set-Kindergarten. Bei ALLE REDEN ÜBERS WETTER haben wir probiert, das möglich zu machen und positive Reaktion aus dem Team erhalten. Dieses Denken, dass es das eine männliche Genie gibt, dem alles zu Füßen gelegt wird, klingt wie aus einer anderen Zeit, aber das habe ich selbst noch so erlebt. Es ist mir auch wichtig, explizit nicht-sexistische Strukturen zu schaffen, indem man Awareness schafft und mit mehr Frauen in Führungspositionen arbeitet. Ich glaube, dass man sich ein Filmteam zusammensuchen kann, in dem man diese gemeinsamen Werte teilt. Uns wird auch gespiegelt, dass das ein guter Weg ist, wenn zum Beispiel eine 2. Kameraassistenz uns sagt, dass wir sie jederzeit wieder anrufen können und sie immer wieder für uns arbeiten würde.

Wie ist es bei euch mit der Work-Life-Balance und der Planungssicherheit? Anders als viele Filmschaffende müsst ihr euch vor allem selbst darum kümmern.

LUISE: Dadurch, dass wir den kreativen Prozessen Vorrang und viel Zeit geben, ist es mit der Planungssicherheit gerade noch schwierig. Wir versuchen, mit der Finanzierung unserer ersten großen Produktion im Herbst zu beginnen. Wir haben darüber hinaus sieben, acht Projekte in der Entwicklung. Es ist natürlich toll, dass wir uns unsere Arbeitszeit selbst strukturieren können, das empfinde ich als große Freiheit. Aber natürlich ist das Risiko daran, dass wir nicht wissen, wann wir Geld mit der Firma verdienen.

MARIAM: Es ist schon toll, dass wir selbst für uns verantwortlich sind. Ich habe ein Baby und konnte dadurch zuletzt natürlich nicht voll arbeiten, da hat Luise viel aufgefangen. Aber dass wir uns nicht vor jemandem rechtfertigen müssen, ist schön. Als Gegenstück dazu habe ich das Gefühl, dass wir immer arbeiten. Vor allem, weil wir befreundet sind und auch privat Zeit miteinander verbringen, ist das ein fließender Übergang. Aber aktuell empfinde ich das nicht als Last.

Wie geht es, wenn ihr es euch aussuchen könntet, weiter für euch und eure Firma?

MARIAM: Es wäre schön, wenn es sich irgendwann so einpendelt, dass wir flüssiger finanzieren können, sodass wir und die Firma davon leben und einen oder zwei Filme pro Jahr drehen können. Ich glaube, das wäre ideal. Mit mehr Erfahrung werden wir vielleicht ein bisschen schneller oder effektiver, aber ich glaube nicht, dass wir einen Dreh nach dem anderen durchschieben. Wir wollen uns weiterhin Zeit für die Projekte nehmen. Und wir hoffen, dass wenn wir jetzt den ersten Film tatsächlich majoritär finanzieren, dass es ab dann ein bisschen flüssiger läuft.

LUISE: Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass wir so groß wachsen, dass wir unserer kreativen Arbeit nicht mehr nachkommen können. Es ist weiterhin das Ziel, dass wir auf allen Projekten in dieser kreativen Funktion sein können. Dann gibt es hoffentlich irgendwann Mitarbeiter:innen, die vielleicht die technischeren Dinge abnehmen können.

Vielen Dank und viel Erfolg euch!

VALENTINA HUBER

Producerin

Geboren 1993, studierte Medien und Kommunikation und startete über Praktika in der Produktion und bei einem Filmverleih in die Filmbranche. Absolvierte anschließend ein Volontariat der Produzentenallianz für audiovisuelle Produktion und arbeitete als Junior Producerin für eine Münchener Produktionsfirma. Absolviert aktuell das Atelier-Programm der Filmakademie in Ludwigsburg und La Fémis in Paris. Übernimmt als Producerin inhaltliche und organisatorische Aufgaben der Produzent:innen.

Oktober 2021

Valentina, wie bist du nach dem Abi in deine Karriere gestartet?

Ich habe erst mal das obligatorische Work and Travel in Australien gemacht. Zu meiner Verteidigung, damals war es noch nicht so ein Riesending. (lacht) Danach wusste ich immer noch nicht, was ich machen will. Sprachen lagen mir, aber ich wollte mich auch nicht ganz auf irgendetwas festlegen, deshalb ich als Zwischenlösung die Ausbildung zur staatlich geprüften Fremdsprachenkorrespondentin gemacht, auch weil man die auf ein Jahr verkürzen konnte. Nach einem Jahr war aber auch klar: Das wird am Ende des Tages nicht mein Beruf sein. Ich habe mich dann für den Studiengang Medien- und Kommunikation an der Uni Passau beworben.

Wie war der Theorie- und Praxisanteil im Studium?

Es war relativ praktisch. Es gibt zwei Semester Grundstudium, in dem man alle kommunikationswissenschaftlichen Dinge durchkaut, Medienpsychologie, PR, all diese Dinge. Danach konnte man sich spezialisieren, ich habe viel Fernsehjournalismus und viel Film gemacht. Wir hatten ein riesiges Zentrum für Medien und Kommunikation an der Uni, das war relativ teuer ausgestattet, mit Fernsehstudio, Tonstudios und Schneideräumen. In den Seminaren hatten wir die Aufgabe, Medienprodukte herzustellen. Am Ende des Tages hat man einen Film, einen Podcast, eine Zeitschrift, eine Website oder Ähnliches abgegeben.

Hattest du zu Beginn des Studiums eine konkrete Vorstellung, was du nach dem Studium damit machen willst?

Gar nicht. Vor allem nicht, dass ich zum Film will. (lacht) Ich dachte eher an eine journalistische Richtung und während des Studiums eher in Richtung Pädagogik. Deswegen war dann auch die Produktionsfirma Lieblingsfilm die erste Firma, bei der ich gelandet bin, weil die mit der Kinderfilmproduktion beides verbunden haben.

Wie kam das Praktikum bei Lieblingsfilm zustande?

Ich glaube, ich habe mich über Crew United beworben. Da ging es um ein dreimonatiges Produktionspraktikum im Haupthaus, also nicht am Set.

Was waren deine Aufgaben im Praktikum?

Ich habe schon auch Lektorate geschrieben, Stoffe gelesen und meine Meinung dazu den anderen unter die Nase gerieben. Und ich habe auch Postproduktionskoordination gemacht, so viel es halt geht in drei Monaten. Aber auch diese klassischen Produktionsassistenz-Sachen, zum Beispiel die Reiseplanung.

Wie ging es nach dem Praktikum weiter?

Mit einem nächsten Praktikum, wie man es so macht beim Film. (lacht) Ich bin zur Tobis nach Berlin und habe ein Praktikum beim Verleih im internationalen Einkauf gemacht. Das war auch superspannend, das war quasi die andere Seite der Medaille. Die Seite, der man später mal als Produktion Filme verkaufen möchte. Danach hat die Lieblingsfilm mich gefragt, ob ich bei ihnen das Volontariatsprogramm der Produzentenallianz machen möchte. Die bietet quasi eine zentrale Ausbildung an, speziell auf Produktion ausgerichtet. Das dauert zwei Jahre, man kann es aber auch auf eineinhalb Jahre verkürzen.

Lass uns kurz bei deiner Arbeit für den Filmverleiher bleiben, für die du ja nach wie vor Lektorate schreibst. Wie funktionieren diese Lektorate genau?

Sagen wir mal, es geht um einen Film aus England. Dann gibt es die englische Produktion, die diesen Filmen machen will. Die hat das Drehbuch und in der Regel einen Weltvertrieb, der die Filmrechte ins Ausland verkauft. Der Weltvertrieb trifft sich mit dem Verleih-Einkäufer:innen und überlegt dann, wie man dieses Projekt verkaufen kann. Da gibt es oft Packages, meistens das Drehbuch, die Regie, den Cast, oft auch das Budget, damit man sich einen Eindruck machen kann. Der Verleih schickt das weiter an uns Lektor:innen und wir schicken unsere Einschätzung zurück. Wenn sie aufgrund des Lektorats merken, dass das spannend ist, lesen sie es natürlich selbst auch noch mal. Das Lektorat ist die erste Einschätzung, die sie bekommen.

Wie sieht so ein Lektorat aus?

Es sind meistens so 6–7 Seiten, die man schreibt. Eigentlich wie eine Filmanalyse. Macht die Handlung Sinn, sind die Figuren stimmig, welche Entwicklung machen die durch, passieren Dinge, die dramaturgisch nicht in die Handlung passen? Und man macht eine Marktanalyse: Welche Zielgruppe interessiert sich dafür, wie erfolgreich waren Vergleichsfilme, was gibt es für ähnliche Projekte? Und am Ende kommt man hoffentlich auf ein Ergebnis, ob man den Film einkaufen sollte oder nicht.

Um auf das Volontariat zurückzukommen: Da ist man fest in einer Firma und es gibt parallele theoretische Elemente?

Genau, man arbeitet bei der Firma und hat 30 Tage im Kurs, immer in Blöcken zu verschiedenen Themen, mit allen anderen Volontär:innen aus der Stadt. Das sind nicht nur Leute, die aus dem klassischen Film kommen, von 30 Leuten waren 20 eher aus dem Entertainment- oder Fernsehbereich. Deswegen war das inhaltlich nicht immer passend für mich, weil es viel um diese Welt ging, die für mich irrelevant war. In der Theorie geht das Volontariat alle Produktionsschritte durch, von der Entwicklung bis zur Veröffentlichung. Viele Sachen habe ich am Ende des Tages nicht gebraucht und viele Sachen, die ich gerne gelernt hätte, habe ich nicht gelernt. Was ich mitgenommen habe, ist ein ganz gutes Netzwerk aus den Leuten. Aber inhaltlich kann man das machen, ich hätte es mir aber auch sparen können.

Du warst nach dem Volontariat als Junior Producerin bei der Produktionsfirma fest angestellt, hast allerdings ca. ein Jahr später gekündigt, um die Weiterbildung «Atelier Ludwigsburg-Paris» zu absolvieren – warum?

Was ich gemerkt habe: Es ist nicht verkehrt, das Label Filmuni und das Netzwerk einer Filmuni zu haben. Gerade das Netzwerk hilft, weil man Leute kennenlernt, die man danach beruflich auf dem kürzeren Dienstweg erreichen kann. Für das Label, dass ich an einer Filmuni war, wollte ich aber nicht noch mal fünf Jahre auf Diplom studieren, darauf hatte ich ehrlich gesagt keine Lust. (lacht) Ich hatte auch Lust, noch mal etwas zu lernen, und da hat sich das einjährige Programm gut angeboten. Ich habe mich relativ spontan beworben, wenn es nicht geklappt hätte, hatte ich ja einen festen Job.

Worum geht es beim Atelier-Programm inhaltlich?

Es ist wie ein kurzes Produktionsstudium mit besonderem Blick auf internationale Koproduktionen. Es ist das Partnerprogramm der Filmakademie Ludwigsburg und der Filmuni La Fémis in Paris. Man kann sich an beiden Unis bewerben, jeweils die Hälfte der Teilnehmenden kommt von jeder Uni. Dadurch ist die Gruppe sehr international, was total interessant ist, wir haben eine Spanierin, eine Libanesin, eine Bulgarin und einen Teilnehmer aus Uruguay. Inhaltlich ist es chronologisch nach Produktionsschritten aufgebaut. Das Besondere ist, dass alle Lehrenden aus der Praxis kommen, da ist keiner fest an der Uni angestellt.

Ist das eher theoretisch oder gibt es einen Praxisanteil?

Der Unterricht besteht viel aus Case Studies, also bestimmten Projekten, die man anhand verschiedener Kriterien aufdröselt. Das nächste Projekt ist eine Serie, bei der es um die Finanzierung und Kalkulation geht. Am Ende wird ein Abschlussfilm produziert, entweder in Ludwigsburg oder in Paris, in Zusammenarbeit mit dem SWR und arte. Das wird gemeinsam mit Drehbuchstudierenden und Regiestudierenden der jeweiligen Unis entwickelt und umgesetzt.

Wie ist insgesamt der Anteil von Kreativität und Handwerk bei der Arbeit als Producerin?

Es gibt Phasen, in denen man nur Organisatorisches macht, es gibt die Phase, in der man ein Projekt in Postproduktion hat und Tage damit verbringt, die Nachsynchronisierung und Ähnliches zu organisieren. Aber es gibt auch die Zeit, in der man einfach Projekte entwickelt und mit einem oder einer Autor:in zusammensitzt und über Stoffe spricht. Es hält sie die Waage.

Wie groß ist dein persönlicher Anteil an einem Film?

Wenn wir über mein letztes Projekt sprechen: Da war ich ab der ersten Drehbuchfassung beteiligt, habe viel mit der Autorin am Drehbuch gearbeitet, habe die Pitches für die Redaktion erstellt und die ganze Vor-Organisation wie die Teamsuche begleitet. Bei dem Projekt war ich auch die ganze Zeit vor Ort und habe die Koordination übernommen. Nach dem Dreh habe ich auch die Postproduktion koordiniert. Ich hing da schon intensiv mit drin – aber andere Leute ja auch.

Gibt es einen Aspekt der Arbeit, der dir am meisten gefällt?

Die Drehbucharbeit. Über Geschichten zu sprechen, über Figuren zu sprechen. Gar nicht, um so intensiv im Thema zu sein wie ein:e Autor:in, aber die Sparringspartnerin von einem oder einer Autor:in zu sein, das mache ich am liebsten.

Macht es für dich einen Unterschied, ob es um einen Kinofilm oder einen Fernsehfilm geht?

Eigentlich nicht. Ich bin großer Fan des Kinos und freue mich, wenn ich Kinofilme machen kann und darf. Es gibt aber auch tolle Fernsehprojekte. Solange die Geschichte mich berührt und mir gefällt ist das Format erst mal zweitrangig.

Gerade junge Leute sagen meiner Erfahrung nach nicht selten: «Deutscher Film ist grundsätzlich schlecht.» Was entgegnest du da?

Ich verweise gerade gerne auf FUTUR DREI vom Kollektiv «Jünglinge», die haben zu dritt im Kollektiv mit einem niedrigen Budget diesen Film produziert. Das ist ein ganz toller Film, eine tolle Geschichte, sehr aktuell und relevant, ohne Fingerzeig. Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wo es hingehen kann. Das ist bisher eher eine Randerscheinung, aber ich glaube, es werden mehr Produktionen auftauchen, die so arbeiten und solche Projekte machen. Und dann wird es hoffentlich irgendwann auch mehr Gelder für solche Projekte geben.

Wie wichtig ist es dir persönlich, dass du Projekte umsetzt, von denen du inhaltlich begeistert bist?

Ich möchte schon Projekte machen, hinter denen ich inhaltlich stehen kann und die eine gewisse Relevanz haben. Ich möchte den Anspruch an mich selbst haben, sagen zu können, dass es Sinn ergibt, diesen Film zu machen.

Hattest du irgendwann mal den Gedanken, dass die Arbeit am Set reizvoller ist als die im Büro?

Jein. Ich finde die Abwechslung ganz gut. Diese zwei Projekte, die ich als Koordination gemacht habe, waren cool, aber intensiv. Mein ganzes Leben am Set verbringen? Schwierig. (lacht) Ich glaube, das ist schwer zu vereinen mit dem Privatleben. Das ist ein belastender Job. Gerade wenn man nicht in seiner Heimatstadt dreht, sondern auf einer Reiseproduktion ist, finde ich das schwierig. Aber Spaß macht es trotzdem. Für eine gewisse Zeit. (lacht)

Wie sind aus deiner Perspektive die Arbeitsbedingungen in der Branche?

Unterschiedlich. Als Producerin gehöre ich nicht gerade zu den Großverdiener:innen, habe aber ziemlich geregelte Arbeitszeiten. Jobs am Set sind natürlich häufig mit einem großen körperlichen und zeitlichen Einsatz verbunden. Ich habe das Gefühl, dass sich die Branche dahingehend aber in den letzten Jahren in die richtige Richtung bewegt. Familienfreundliches Drehen wird immer