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Enna träumt von einem Leben jenseits des Trailerparks und der dort herrschenden Kriminalität. Nur um ihrer besten Freundin zu helfen, springt Enna für sie bei einem Escortjob ein. Der Auftraggeber? Callum O'Malley. Boss der irischen Mafia, gefährlich und extrem heiß. Ihr Auftrag? Seinen dubiosen russischen Geschäftspartner ablenken und sich in keinem Fall einmischen. Doch als sie durch ihre Sprachkenntnisse erkennt, dass der Russe ein falsches Spiel treibt, kann Enna nicht stillbleiben und warnt Callum. Trotzdem schließt er den Deal ab und für Enna endet der Abend in einem Desaster. Als Callum am nächsten Tag vor Ennas Tür steht, rechnet sie mit vielem, nur nicht mit einem Jobangebot. Plötzlich muss sie sich entscheiden: in ihrem alten Leben bleiben oder an die Seite des Mannes treten, dessen Liebe sie das Leben kosten könnte.
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Seitenzahl: 432
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Triggerwarnung:
Achtung Dark Romance
Wenn du dich bewusst für dieses Genre entschieden hast, werden dich die
folgenden Seiten, in denen Gewalt und explizite Szenen vorkommen, in
eine dunkle Welt der besonderen Art entführen.
Wenn nicht, verabschiede dich bitte von deinen Moralvorstellungen,
denn die gibt es in diesem Buch nicht. Die weißen Seiten dienen nur der
Tarnung, in Wirklichkeit sind sie Grau, aber das wirst du noch früh genug
selbst herausfinden.
Willkommen auf der dunklen Seite der Buchwelt!
Band 259
Dieser Titel ist auch als Taschenbuch erschienen
Copyright © 2025 by Wreaders Verlag, Sassenberg
Verlagsleitung: Lena Weinert
Umschlaggestaltung: Jasmin Kreilmann
Illustrationen: Jasmin Kreilmann
Lektorat: Sarah Maier
Korrektorat: Barbara Dier
Satz: Ryvie Fux
www.wreaders.de
Selbst die Farbe Grau wird von jemandem geliebt, darum trage sie mit Stolz.
Kapitel 1
Enna
Ich sitze auf dem schäbigen Bett in unserem engen Wohnwagen und starre auf die abblätternde Decke. Die dumpfen Klänge aus dem benachbarten Zimmer dringen in meine Gedanken ein, als ob sie mich verhöhnen würden. Mom hat wieder einen Freier zu Besuch. Er keucht wie ein wild gewordenes Mammut.
Mein Leben fühlt sich an wie eine endlose Abwärtsspirale, aus der es keinen Ausweg gibt. Ich verabscheue mein Dasein in diesem herunter-gekommenen Trailerpark, in dem jede Hoffnung auf ein besseres Leben längst erstickt ist. Die Wände unseres Trailers sind dünn, genau wie die Versprechen, die meine Mutter immer wieder bricht.
Ich habe es satt, meine drogenabhängige Mutter vor sich selbst retten zu müssen. Ihr Wohlbefinden war ihr schon immer wichtiger als meins. Ich muss weg von hier, weit weg von diesem Elend, das mich umgibt. Ich will etwas Besseres für mich, etwas, das ich selbst gestalten kann.
Studieren, das ist mein Traum. Aber dafür brauche ich Geld, das ich nicht habe. Keine Ahnung also, wie ich all das bezahlen soll. Jede Tür scheint verschlossen, jede Möglichkeit verschüttet. Und während ich hier sitze, verstrickt in Gedanken und Selbstzweifeln, wird Mom im Nebenzimmer immer lauter und mein Entschluss, aus diesem Albtraum zu entkommen, immer fester. Doch dann überkommt mich wie so oft Mitleid. Was soll sie denn ohne mich machen? Es wäre ihr Ende. Noch einen Tod auf dem Gewissen zu haben, ertrage ich nicht.
Plötzlich höre ich eine männliche Stimme. »Wenn du Enna überredest, mitzumachen, zahl ich dir das Doppelte.« Es wird still. Das wagt sie nicht!
»Leg noch eine Schachtel Kippen drauf und wir kommen ins Geschäft.«
»Wirklich? Das ist alles?«
»Mehr ist die kleine Nutte eh nicht wert«, sagt Mom.
Ist das ihr Scheißernst? Mein Magen zieht sich krampfhaft zusammen.
Wutentbrannt über sie und mich selbst, dass ich es nicht schaffe, von ihr loszukommen, stürme ich zur Tür hinaus. Ich habe meine Mutter noch nie so sehr gehasst wie in diesem Augenblick.
Es ist inzwischen dunkel, die wenigen Laternen beleuchten nur einen Teil der Wohneinheiten. So spät und allein im Dunkeln sollte ich gar nicht unterwegs sein. Die Welt ist schon gefährlich genug, aber als Frau im Trai-lerpark, zwischen testosterongeladenen Möchtegerngangmitgliedern ist es noch riskanter. Doch im Moment ist für mich nichts schlimmer, als meiner Mutter beim Ficken zuzuhören.
»Hey Enna, willst du nicht auch endlich in das Geschäft deiner Mutter einsteigen. Jeder hier würde sich auf dich stürzen, du geiles Flittchen. Du würdest eine Menge Geld verdienen«, höre ich eine Stimme hinter mir rufen. Ich ziehe die Kapuze meines Pullis weit nach unten und verdecke so die Hälfte meines Gesichts. Ich werde schneller, wage es nicht, nach hinten zu blicken. In meiner Hosentasche umklammere ich das kleine Taschen-messer, das mir Kate vor ein paar Tagen geschenkt hat.
»Hier, nur für den Fall«, sagte sie, legte es in meine Handfläche und bat mich, es immer bei mir zu tragen. Beim kleinsten Geräusch zucke ich zusammen. Ich hasse diese Gegend. Wieso muss ausgerechnet ich in diesem Leben feststecken?
Wie ferngesteuert laufe ich zum Ende des Parks, dahin wo meine einzige Freundin wohnt. Wir teilen dasselbe Schicksal, was uns im Laufe der Jahre fast schon zu Seelenverwandten gemacht hat. Doch in letzter Zeit scheint Kate sich verändert zu haben. Sie ist nur noch selten zu Hause und wenn ich sie darauf anspreche, schlägt sie sofort ein anderes Thema an. Doch heute scheine ich Glück zu haben, in ihrem Zimmer brennt Licht. Ich klopfe an die Tür und vernehme ein paar merkwürdige Laute. Doch niemand öffnet. Nach einer kurzen Zeit klopfe ich erneut, diesmal lauter.
»Kate?«, rufe ich ihren Namen.
Plötzlich höre ich Schritte. Als sich die Tür öffnet, blicke ich in Kates tränenüberlaufenes Gesicht.
»Was ist passiert?« Bei ihrem Anblick zieht sich alles in mir zusammen. Hat ihr jemand etwas angetan? Sie hält sich den Bauch, bevor sie ihre Hände vor den Mund presst und zur Toilette rennt. Dann höre ich nur noch, wie sie ihren vermutlich kompletten Mageninhalt auskotzt. Denn die Geräusche, die sie dabei von sich gibt, könnten genauso gut von einem T-Rex auf Koks sein. Meine Gedanken spielen Roulette, was um Himmels willen ist mit ihr los? Doch dann fällt der Groschen und bleibt bewegungslos an einer Überlegung hängen. Ist sie etwa …? Schnell ziehe ich hinter mir die Tür zu und folge ihr.
Kate kniet über der Toilette. Schnell stelle ich mich hinter sie, streiche zärtlich in kreisenden Bewegungen über ihren Rücken und halte ihre Haare. Auch wenn mir dabei selbst fast schlecht wird. Aber Freundinnen machen das eben füreinander.
Als nichts mehr kommt, steht sie auf und ein weiterer Heulkrampf erfasst sie.
»Ist schon gut«, sage ich leise, lege meine Arme um sie und schiebe sie vorsichtig in ihr Zimmer.
»Nein, gar nichts ist gut«, schnieft sie, »ich werde meinen Job verlieren und dann ende ich genau wie sie. Auf der Straße. Ich brauche das Geld.«
»Jetzt beruhige dich erst mal.«
»Wie soll ich mich beruhigen. Mein Leben ist ruiniert.« Auf einmal beginnt Kate zu hyperventilieren.
»Okay, Kate, ganz ruhig.« Ich nehme ihre Hände und umschließe sie fest mit meiner.
»Sieh mich an. Atme. Ein und aus.« Dazu hole ich tief Luft und lasse sie langsam entweichen, während ich Kate fest in die Augen blicke.
»Ein und aus«, wiederhole ich in aller Ruhe und mit jedem Atemzug beruhigt sie sich ein Stückchen mehr. Als sie sich wieder gefangen hat, löse ich meinen Griff. Aber nur ein kleines Stück.
»Und jetzt erzähl mir, was passiert ist.«
»Ich bin schwanger!« Genau das, was ich mir gedacht habe.
»Und willst du es behalten?«
»Ich weiß es nicht. Ich kann doch keinem Kind dieses verkorkste Leben antun.«
»Und was ist mit dem Vater?«
»Der ist keine Option.«
»Vielleicht solltest du erst mal darüber schlafen, bevor du eine Entschei-dung fällst. Ich bin auf jeden Fall bei dir. Egal was du unternimmst.«
»Danke, Enna«, sagt sie und reibt sich die Augen. Auf einmal wird sie von einer neuen Unruhe gepackt.
»Scheiße, ich komme zu spät, er bringt mich um, wenn ich nicht pünktlich komme.«
»Niemand wird dich umbringen«, sage ich kopfschüttelnd.
»O nein, nicht schon wieder.« Kate stürmt an mir vorbei und noch einmal bricht T-Rex in den Wohnwagen ein.
Kurz darauf kommt sie zurück, geht zum Schrank und kramt ein paar Klamotten hervor.
Ich lege meine Hand auf ihre Schulter und drehe sie zu mir um. »Kate, so kannst du nicht arbeiten.«
»Ich muss aber.«
»Du kotzt dir schon den ganzen Abend die Seele aus dem Leib.«
»Wenn ich da nicht hingehe, bin ich den Job los. Das kann ich mir nicht erlauben.«
»Tony wird dir schon nicht den Kopf abreißen, wenn du einen Abend nicht arbeiten kannst. Aber wenn es dich beruhigt, springe ich eben für dich ein.«
»Das geht nicht.«
»Warum nicht? Das hat doch schon mal geklappt.«
»Das geht nicht, weil ich nicht mehr im Bucks arbeite.«
»Was? Seit wann das denn nicht mehr und wieso?«
»Jetzt flipp bitte nicht aus.«
»Kate? Wo arbeitest du jetzt?«
»Weißt du, das ist nicht so einfach. Aber ich verdiene viel mehr als überall anders.«
»Kate, nun sag schon?«
»Na schön, in einer Escortagentur.«
»Was!«, stoße ich aufgebracht hervor. Wie konnte sie nur. Wir hatten uns geschworen, niemals in die Fußstapfen unserer Mütter zu treten, und was macht sie?
»Genau deswegen habe ich dir nichts gesagt, ich wusste, dass du es nicht verstehst. Dabei ist es anders, als du denkst. Ich verdiene gutes Geld und muss nicht mit den Männern schlafen. Aber wenn ich diesen Termin verpasse, bin ich geliefert.« Ihre Augen beginnen erneut zu tränen, sie schämt sich. Dabei sollte sie das nicht, jedenfalls nicht vor mir. Auch wenn ich nicht gutheiße, was sie tut, ist sie trotzdem meine beste Freundin und ich stehe immer hinter ihr. Manchmal haben wir eben keine andere Wahl.
»Und was tust du stattdessen mit den Männern?«, frage ich immer noch verwirrt.
»Ich muss meistens nur gut aussehen und Mister O’Malleys Geschäfts-partnern ein bisschen schöne Augen machen. Sie ablenken und drauf achten, dass er viel trinkt.«
»Ist das wirklich alles?«
»Ja, aber wenn ich jetzt nicht losgehe, wird er mich nie wieder buchen und das kann ich mir nicht leisten. Er bezahlt dafür zu gut.« Bei den letzten Worten ist sie schon wieder am Rennen.
»In deinem Zustand hilfst du aktuell niemandem«, rufe ich ihr hinterher.
Kurz darauf steht sie erneut vor mir. Aufgelöst und mit verquollenen Augen.
»Was soll ich denn jetzt machen?«, sagt sie niedergeschlagen und lässt sich in meine Arme fallen. Es bricht mir das Herz, sie so zu sehen. Ohne darüber nachzudenken, schiebe ich sie sanft von mir weg, damit sie mich ansehen muss.
»Dann gehe ich eben für dich!«
»Du würdest für mich hingehen, ist das dein Ernst?« Der Gedanke daran widert mich an. Aber ich kann Kate ja schlecht hängen lassen.
»Wenn ich das sage, meine ich das auch so. Also was muss ich tun und wo muss ich hin?«
Tränen kullern Kate über das Gesicht, doch diesmal sind es Freu-dentränen. »O Enna, du bist die Beste. Also erst mal musst du dich umziehen.« Sie kramt im Kleiderschrank und nach ein paar Sekunden zieht sie ein schwarzes Kleid mit einem tiefen Ausschnitt hervor. Eindeutig zu tief für meinen Geschmack.
»Ist das dein Ernst?«
»Alles andere wird Mister O’Malley nicht durchgehen lassen!« Sie presst mir das Kleid in die Arme.
»Los, mach schon.«
Zähneknirschend schlüpfe ich in den Stofffetzen, der höchstens die Hälfte meines Körpers bedeckt und auch nur die nötigsten Stellen. Obwohl ich nur vor Kate stehe, fühle ich mich unwohl und ziehe meinen Hoodie über das Kleid.
»Enna!«, rügt Kate mich.
»Nur für den Weg«, beruhige ich sie. Sie wirft mir einen genervten Blick zu.
»Hier, die Karte brauchst du, um in das Hotel zu gelangen. Die Adresse steht hinten drauf. Frag nach Callum O’Malley und sag ihm, dass ich ihm einen vertrauenswürdigen Ersatz schicke.«
»Und ich muss nur gut aussehen und seinen Geschäftspartner ablenken?«
»Ja, versprochen, mehr ist es nicht.«
»Ich schwöre bei Gott, Kate, packt der mich an, breche ich ihm die Knochen.«
»Das wird er nicht. Versprochen. Und selbst wenn, auch dir wird es schwerfallen, ihm zu widerstehen.«
»Wieso auch? Ist das Kind etwa von ihm?«
»Mein Gott, nein, aber Mister O’Malley, nun ja, sagen wir, er hat eine auffällige Erscheinung.« Kates Blick fällt auf die Uhr. »Los, geh jetzt, sonst kommst du zu spät.«
Etwas widerwillig bewege ich mich zur Tür.
»Ach, und Enna?«
»Ja?«
»Danke, dass du das für mich machst.«
»Das mach ich nur wegen dir und auch nur dieses eine Mal.« Dann mache ich mich auf den Weg.
Kapitel 2
Callum
»Ich erwarte Ersatz, und zwar jetzt.«
Der Russe kommt in einer halben Stunde. Pünktlich. Wenn ich keinen Ersatz für diese Schlampe bekomme, Gnade ihr Gott.
Plötzlich läuft ein Mädel mit Hoodie in die Lobby, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. ›Mädchen, du bist wohl falsch abgebogen‹, amüsiere ich mich in Gedanken.
Der Concierge eilt ihr bereits aufgeregt entgegen. Gleich wird es lustig. Er wedelt direkt mit den Armen und schiebt sie zurück zur Tür. Natür-lich, keiner will diesen Abschaum von der Straße hier haben.
Kate ist immer noch nicht da. Das wird Konsequenzen haben. Niemand wagt es, mich zu versetzen. Ich behalte die Tür im Blick.
»Mister O’Malley?« Hektors verkümmerte Stimme zieht meine Aufmerksamkeit auf sich.
»Was?!«
»Die junge Dame hier sagt, sie gehöre zu Ihnen.« Seine Hand zittert, als er mir die Karte unter die Nase hält. Ich kann seine Angst förmlich riechen. Dieser Versager.
Mein Blick wandert über das Mädchen mit dem Hoodie. Das ist jetzt nicht wahr. Die wagen es, mir eine Straßenhure zu schicken?!
Kurzum schiebt sie ihre Kapuze nach hinten. Doch sie sieht keinesfalls verbraucht aus wie die meisten anderen. Wer zum Geier ist das?
»Kate schickt mich. Als vertrauensvollen Ersatz.«
»Arbeitest du auch bei der Agentur?«
»Gott bewahre, nein. Ich will nur nicht, dass meine Freundin in Schwie-rigkeiten kommt. Können wir das also einfach über die Bühne bringen?«
Ich habe Mühe, mich zurückzuhalten und ihr zu zeigen, wem sie hier gerade so unverfroren über den Mund fährt. Allerdings fehlt mir die Zeit zum Diskutieren.
»Ich habe bereits Ersatz angefordert, du kannst wieder gehen. Und sag Kate, ich brauche sie jetzt nicht mehr.«
»Kate ist krank, okay, sie kann nichts dafür. Sie hat mir gesagt, was zu tun ist. Also, hier bin ich.«
Für so ein kleines Ding hat sie eine ganz schön große Klappe. Vielleicht sollte ich sie mir warmhalten, falls diese unfähige Agentur ihren Job noch einmal versaut.
»Da warte ich lieber auf den richtigen Ersatz.« Ich drehe mich zu Hektor.
»Setz das Mädel an einen Tisch und gib ihr was zu essen.« Er reißt die Augen auf und sein abschätziger Blick entgeht mir nicht. Ich kann ihn verstehen. Das Mädel gehört hier eindeutig nicht hin.
»Ich brauche keine Almosen«, grätscht sie dazwischen. Die Kleine ist verdammt hartnäckig. Ich könnte mir gut vorstellen sie ordentlich zu maßregeln. Ob sie im Bett auch so viel Feuer hat?
»Geht auf mich, du siehst aus, als könntest du was vertragen, und dann verschwinde wieder dahin, wo du hergekommen bist.«
»Aber Mister O’Malley.« Hektor kommt näher.
»Ich kann sie so unmöglich in das Restaurant setzen«, flüstert er mir zu.
»Dann nimm sie halt mit in die Küche. Und jetzt geht mir aus den Augen.« Kann der Abend noch beschissener werden? Ich schaue Hektor und dem Mädel hinterher. Dabei fällt mir das ältere Pärchen am Empfang auf. Der Mann schiebt sich seine Geldbörse gerade in die Arschtasche seiner Hose. Doch sein Zittern verhindert, dass er trifft. Sie fällt geräuschlos auf den Teppich. Das Mädel hält an, ohne dass Hektor etwas mitbekommt. Was hat sie vor? Wie selbstverständlich geht sie zum Tresen und bückt sich. Ihr kurzer Rock lässt tief blicken. Geiler Arsch. Geile Beine. Aber es würde mich nicht wundern, wenn sein Portemon-naie gleich unter ihrem Hoodie verschwinden würde. Warum trägt sie den überhaupt? Doch zu meinem Erstaunen hebt sie das Stück Leder auf und rennt dem Mann hinterher, sie legt ihm eine Hand auf den Rücken, woraufhin er sich umdreht. Lächelnd gibt sie ihm seine Geldbörse zurück. Er inspiziert sie. Hätte ich auch gemacht. Dann streckt er ihr einen Schein entgegen, aber sie lehnt ab und hängt sich wieder an Hektor. Was war das denn gerade?
»Mister O’Malley.« Eine leise, zerbrechliche Stimme fordert meine Aufmerksamkeit.
Das darf doch nicht wahr sein. Wollen die mich heute etwa alle verar-schen?
Kapitel 3
Enna
Ach was soll’s, irgendwie hat er ja recht. Wann habe ich das letzte Mal was Anständiges zu essen bekommen? Ich hoffe nur, dass Kate deswegen nicht ihren Job verliert. Der Concierge grummelt irgendetwas Unver-ständliches vor sich hin. Natürlich bin ich nicht blöd, ich weiß, dass die ein Mädchen wie mich hier nicht haben wollen. Trotzdem laufe ich ihm hinterher, der Hunger ist aktuell stärker als mein Stolz. Wir treten durch eine Schwingtür. Plötzlich wird es hektisch. Das Zischen der Steaks in den Pfannen, während die Flammen aufsteigen, vermischt sich mit den Rufen der Köche.
»Tisch vier, zweimal die Leberpastete«, ruft einer von ihnen. Sofort rauscht ein Kellner an mir vorbei und schnappt sich die beiden Teller. Er wirft mir einen angewiderten Blick zu. »McDonalds ist eine Straße weiter, Mädchen.« Ich verdrehe die Augen.
Der Concierge spricht unterdessen mit einem der Köche. Ich gehe davon aus, dass er der Küchenchef ist. Er beginnt zu toben und schmeißt sein Küchentuch wutentbrannt auf den Boden. Dazu gestikuliert er wild mit den Händen. Ich schnappe einzelne Gesprächsfetzen auf. »Mister O’Malley … gib ihr einfach was … du weißt, wie er drauf ist …«
»Privet Enna, chto ty zdes’ delayesh.« Dimitrij aus dem Wohnwagen nebenan steht plötzlich neben mir. Überrascht sehe ich ihn an. Ich wusste nicht, dass er in so einem Nobelschuppen arbeitet. Er ist immer für eine Überraschung gut.
»Privet Dimitrij«, begrüße ich ihn herzlich. Er ist einer der wenigen Menschen aus dem Park, die nicht so kaputt sind und noch eine Chance im Leben haben. Immer am Lächeln und nie unterzukriegen. Dafür beneide ich ihn manchmal. Er hätte es von allen am meisten verdient, dem Trailerpark den Rücken kehren zu können.
Früher haben wir abends oft zusammen auf seiner Veranda gesessen, während meine Mutter sich hat durchficken lassen. Um mich abzulenken, hat er mir Russisch beigebracht. So habe ich meine Liebe zu Sprachen entdeckt.
»Ach ich bin hier wegen einem Nebenjob«, antworte ich auf Russisch.
»Hier in der Küche?«, fragt er mit einem Strahlen im Gesicht.
»Nein eigentlich nicht. Ist irgendwie kompliziert, weißt du?« Ich ziehe betreten die Schultern hoch.
»Ist es das nicht immer.« Er grinst und zwingt mich so zu einem Lächeln. Ich stemme meine Arme auf die silberglänzende Edelstahlarbeitsfläche hinter mir und drücke mich hoch.
Dimitrij schüttelt ungläubig den Kopf. »Mann, du traust dich was, wenn der Chef sieht, dass du so in seiner Küche sitzt. Er würde dich glatt raus-schmeißen lassen.«
Immer wieder werden wir mit neugierigen Blicken bedacht. Da die meisten uns hier vermutlich eh nicht verstehen, weil wir immer noch Russisch sprechen, interessiert es mich auch nicht sonderlich.
»War nicht meine Idee hierherzukommen.«
Plötzlich wirkt Dimitrij nervös.
Der Mann, der eben noch getobt hat, kommt stürmisch in unsere Rich-tung.
»Jetzt gibt’s Ärger«, warnt Dimitrij.
»An die Arbeit«, befiehlt der Mann ihm in strengem Ton und Dimitrij ergreift sofort die Flucht.
»Tschau, Enna«, flüstert er im Vorbeigehen.
Ich sehe ihm eine Weile nach und zucke zusammen, als ein Teller neben mir auf die Platte klatscht. Es ist ein Wunder, dass er nicht zerbricht.
»Hier, und jetzt raus aus meiner Küche, du kleine Zecke«, brüllt ein bulliger Kerl. Seine Nasenlöcher blähen sich auf wie bei einem Stier, der gerade dabei ist, den Torero anzuvisieren, um ihn mit seinen Hörnern aufzuspießen. Fehlt nur noch, dass er mit den Füßen scharrt. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, das ihn noch wütender werden lässt. Er packt meinen Arm und zieht mich von der Platte.
»Hey, immer schön geschmeidig bleiben, Kollege.«
Plötzlich spüre ich, wie mich jemand anschiebt. »Ich kümmere mich darum, Chef«, sagt Dimitrij und zerrt mich mit der einen Hand von ihm weg, während er sich mit der anderen den Teller schnappt und mitnimmt.
»Dawei, Enna. Du bist lebensmüde.«
»Der soll sich nicht so anstellen.«
Er bleibt erst stehen, als wir einen Raum am Ende der Küche betreten. Dimitrij stellt den Teller auf einen der Tische und blickt nervös in die Küche.
»Ich muss wieder los«, sagt er. »Du solltest besser nicht zu lange bleiben.«
»Ist eh nicht so interessant hier.«
»Wir sehen uns.« Er winkt kaum merklich und verschwindet aus dem Mitarbeiterraum.
Ich bin allein mit den drei Scheiben Brot und dem komischen schwarzen Belag darauf. Wieso servieren die in einem Nobelrestaurant Schnittchen? Ich greife nach einer Scheibe, schiebe sie mir in den Schlund und beiße herzhaft ab. Der salzige Geschmack ist so penetrant, dass mir beinahe schlecht wird. Ist das ekelhaft. Ich sehe mich nach einem Müll-eimer um, werde aber nicht fündig. Doch auf dem Tisch liegt ein Stapel Servietten. Schnell rupfe ich ein paar herunter. Ich spucke die widerliche Matschepampe mit zusammengekniffenen Augen in das weiße Tuch. Danach knülle ich es zusammen und bin bereit zu gehen. Was soll ich hier noch. Satt werde ich schließlich auch nicht. Ich mache auf dem Absatz kehrt und als ich einen Schritt zur Tür gehen will, pralle ich gegen etwas Hartes. Erschrocken weiche ich zurück und betrachte Callum O’Malley, der mich mit seinem Blick zu durchbohren versucht. Er steht eisern vor mir. Das Blau seiner Augen wirkt eiskalt und doch erkenne ich eine kleine Regung in der Ecke seiner Mundwinkel. Wahrscheinlich ist er sauer, dass ich immer noch hier bin, und schmeißt mich gleich höchst-persönlich raus.
Kapitel 4
Callum
»Kavier scheint nicht dein Ding zu sein, was?« Die Frau ist unglaublich. Ich muss verrückt sein sie als meine Begleitung mitnehmen zu wollen. Trotzdem bin ich fasziniert von ihrer Leichtigkeit. Es scheint sie nicht zu kümmern, was andere über sie denken. Sie legt das halb durchnässte Tuch auf den Tisch. Kurz zucken meine Mundwinkel.
»Ich wollte gerade gehen, den Fraß kann ja keiner essen«, sagt sie und will sich augenscheinlich an mir vorbeischieben.«
Ich stelle mich ihr in den Weg. »Du kommst mit mir. Ich brauche dich heute Abend doch.«
»Eben wolltest du mich noch loswerden«, schmeißt sie mir an den Kopf. Die Kleine hat mehr Feuer als jede andere Frau, die ich je getroffen habe. Normalerweise schmeißen sich die Ladys mir an den Hals. Vielleicht kann sie mir heute Abend noch anderweitig nützlich sein.
»Ich habe keine Zeit für Diskussionen, mach dich fertig. Du hast doch ein Kleid dabei, oder?«
»Tut mir leid, aber ich habe es mir eben anders überlegt. Du hast doch einen Ersatz angefordert.«
Langsam macht sie mich wütend. Ich hab keine Zeit für den Scheiß.
»Komm mit.« Meine Stimme wird lauter, als ich nach ihrem Handgelenk greife.
»Hey«, beklagt sie sich. Aber das ist mir egal. Ich ziehe sie ohne Mühe hinter mir her, obwohl sie versucht sich gegen meinen Griff zu wehren. Aber darüber kann ich nur müde lachen. Was könnte dieses Mäuschen schon gegen mich ausrichten.
Mit einem kräftigen Ruck klatsche ich sie beinahe gegen die Küchentür.
»Sieh raus.«
»Sag mal, spinnst du!« Was für eine Furie.
»Ich sage das nicht noch einmal, guck aus dem verdammten Fenster.« Meine Stimme tief und furchteinflößend. Sogar das Küchenpersonal scheint das Atmen eingestellt zu haben, denn es ist so still, dass man eine Nadel auf den Boden fallen hören könnte. Fast schon gefrustet schiebt sie ihren Kopf vor das Bullauge und blickt sich um.
»Siehst du das zitternde blasse Mädchen im roten Kleid? Das ist Kates Ersatz. Die steckt fast noch in den Windeln. Wenn ich die Wahl habe zwischen ihr und dir, bist du die etwas erträglichere Qual.«
»Gewinnst du die Herzen der Frauen immer so? Und außerdem, wegen dir verliert Kate jetzt ihren Job, also nenn mir einen Grund, warum ich dir helfen sollte.«
»Ich bezahle dich dafür.«
»Ich brauch dein Scheißgeld nicht«, zischt sie mich an. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass gerade sie es bitter nötig hat.
»Was willst du dann?«
»Meine Freundin darf ihren Job nicht verlieren. Kriegst du das hin?«
»Ist das alles? Das ist nur ein Anruf.«
»Na, wenn das so ist, nur zu. Ich warte.«
»Jetzt?« Sie verschränkt die Arme und sieht mich auffordernd an. Diese Frau regt mich auf. Aber mir bleibt keine Wahl, der Russe ist in zehn Minuten da und ich habe schon genug Zeit verballert.
»Na gut.« Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und rufe die Agentur an. Sie beobachtet mich dabei ganz genau.
»O’Malley hier, es gab heute Abend wohl ein Missverständnis. Kate ist jetzt da. Stellen Sie also sicher, dass sie auch in Zukunft für mich verfügbar sein wird.« Ich lege auf. »Zufrieden?«
Sie nickt und grinst dabei spöttisch. Dieses berechnende Miststück. Auf einmal zupft sie an ihrem Hoodie herum.
»Was wird das?«
»Ich sollte doch ein Kleid anziehen. Hier, bitte schön«, sagt sie und hält den Hoodie in der Hand. Sie lehnt sich vor und ihre zarten Kurven streifen meinen Körper, als sie ihren Hoodie hinter mir an einen Haken hängt. Rosen. Sie duftet nach Rosen.
Ich blicke in ihren Ausschnitt und muss zugeben, dass ihre Brüste perfekt sind. Nicht zu groß und nicht zu klein. Sie würden vermutlich genau in meine Hand passen.
Sie läuft zur Tür und ich hinter ihr her. Der tiefe Rückenausschnitt gibt viel preis. Ihre zarten Muskeln bewegen sich rhythmisch bei jedem Schritt. Plötzlich bleibt sie stehen und dreht sich um.
»Welcher Tisch?«
Ihre trotzige Art macht mich rasend. Ich werde ihr klarmachen müssen, dass sie ihr loses Mundwerk zu halten hat. »Du wirst dich den ganzen Abend ruhig verhalten. Ist das klar?«
»Wäre es nicht unhöflich, nicht wenigstens guten Abend zu sagen?« Sie grinst. Sie hat den Ernst der Lage immer noch nicht verstanden. Entweder ist sie dumm oder weiß nicht, mit wem sie es zu tun hat. Ich greife ihr Handgelenk und drücke so fest zu, bis sie ein gequältes Stöhnen von sich gibt.
»Aua.«
»Wag es auch nur einmal, meine Autorität zu untergraben, und deine Freundin sitzt wieder auf der Straße. Hab ich mich klar ausgedrückt?« Ich drücke noch fester zu, bis sie sich leicht krümmt. Kurz sehe ich Angst in ihren Augen aufflackern, was mir eine gewisse Genugtuung verschafft.
»Ist ja schon gut«, zischt sie leise und ich lasse sie los. Sie drückt ihren Rücken durch, strafft die Schultern und zieht ihr Kleid zurecht. Jetzt steht sie neben mir und wartet auf meinen Befehl.
»Wie ist dein Name?«
»Enna.«
»Ich bin Callum. Bitte nach dir, Enna«, sage ich und zeige ihr den Weg zu meinem Separee. Still läuft sie vor mir her. Gut, sie hat es wohl verstanden.
Kapitel 5
Enna
Dieser arrogante Mistkerl. Am liebsten würde ich ihm sagen, was ich von ihm halte, und abhauen. Aber ich kann nicht. Solange er dafür sorgt, dass Kate ihren Job behält, muss ich mich zurückhalten. Ich steuere auf einen Vorhang zu. Plötzlich spüre ich seine Hand. Er legt sie ganz sanft auf meinen unteren Rücken. Dahin, wo Kates Kleid meinen Körper nicht mit Stoff bedeckt. Ich zucke zusammen. Seine Hand ist erstaunlich weich und angenehm warm. Trotzdem schiebe ich sie mit meiner Hand weg, werfe ihm einen vielsagenden Blick über die Schulter zu und beobachte ihn dabei ganz genau.
Erneut presst seine Hand sich auf meinen Rücken und schiebt mich weiter vorwärts. Ich schaue wieder nach vorn, damit ich nicht über meine eigenen Füße stolpere. Der Stoff des Vorhangs gleitet sanft über meine Haut. Wie angenehm weich er ist. Ganz anders als die kratzige Wolldecke, die auf meinem Bett liegt. Der kleine Raum wird in gedämmtes Licht getaucht. Der Geruch von Zigaretten liegt in der Luft und im Hinter-grund läuft leise Jazzmusik. Neben dem Tisch stehen zwei Männer in dunklen Anzügen, ihre Mienen undurchdringlich.
Callums Hand liegt immer noch auf meinem Steiß und ich gehe einen Schritt vor, damit ich sie loswerde. Doch das Gegenteil passiert. Er folgt meiner Bewegung und greift so schnell um meine Taille, dass ich erschro-cken zusammenfahre.
Sein Atem streicht über meine Schulter und die Stelle beginnt zu kribbeln. Ich rühre mich kaum noch. Selbst wenn ich wegwollte, dieser Mann überragt mich um einen Kopf. Von seinen breiten Schultern mal ganz abgesehen. Kurz darauf spüre ich seine Lippen, die nur für einen winzigen Augenblick mein Ohrläppchen berühren.
»Denk an deine Freundin«, knurrt er in einem so tiefen, dröhnenden Tonfall, dass mein Körper dabei vibriert. Ich schlucke. Er wirkt so ruhig und trotzdem höre ich die Drohung in seinen Worten. Der Bodyguard zu unserer Rechten greift sich mit der linken Hand ans Ohr und kurz darauf bricht sich das Licht an seiner Hüfte und wirft einen schwachen Licht-kegel zurück. Er trägt eine Waffe. Verdammte Scheiße.
In was ist Kate da bloß reingeraten? Jeder Dummkopf würde sehen, dass hier etwas Illegales läuft, und damit will ich nichts zu tun haben. ›Okay, Enna, bleib ganz cool‹, versuche ich mich in Gedanken zu beru-higen. ›Ich werde den Scheiß hier heute Abend durchziehen und dann sieht mich der Typ nie wieder.‹
»Setz dich«, weist er mich an. Obwohl seine Worte so hart wie unbeug-samer Stahl klingen, liegt seine Hand weich wie eine Feder auf meiner Haut. Ich tue, was er sagt. Seine Gorillas, die mich nicht für eine Sekunde aus den Augen lassen, jagen mir eine Scheißangst ein. Ich atme tief ein und lasse die Luft etwas zu geräuschvoll entweichen, denn Callum reagiert sofort darauf.
»Benimmst du dich, hast du nichts zu befürchten«, flüstert er mir zu. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Hat er mir gerade gedroht? Ich nicke stumm und setze mich auf die mit rotem Samt bezogene Bank, die im Halbkreis um den runden Tisch verläuft. Callum setzt sich neben mich, er legt seine Hand auf mein Knie. Schon wieder gerät mein Herz außer Takt. Für einen Moment fühle ich mich wie ein geblendetes Reh, ich kann mich nicht bewegen, versuche keine hektischen Bewegungen zu machen. Währenddessen wandern seine Finger meine Schenkel hoch, bis sie an den Saum meines eh schon viel zu knappen Kleides stoßen.
»Du hast schöne Beine, zeig sie dem Russen und es wird ihn wahnsinnig machen«, flüstert er mir fast schon elektrisierend ins Ohr und schiebt dabei den Stoff noch ein Stück weiter nach oben. Ohne darüber nachzudenken, schlage ich auf seine Hand.
»Nimm sofort deine Finger weg! Keine Ahnung, was Kate sonst für dich tut, aber wenn du oder dein ach so wichtiger Kunde mich noch einmal anfasst, schwöre ich, brülle ich den ganzen Laden hier zusammen.« Ich werfe ihm einen strengen Blick zu, woraufhin sich seine Augen verdunkeln.
»Keine Sorge, ich will dir nicht an die Wäsche«, sagt er ruhig. Ich ziehe meine Augenbraue hoch, als würde ich ihm kein Stück glauben.
Er reagiert genervt. »Ich sage es dir noch mal, damit auch du es verstehst. Du bist die Ablenkung, niemand wird dich anfassen, dafür werde ich sorgen. Aber es wird dich ja wohl nicht umbringen, ein biss-chen mehr Haut zu zeigen. Und falls es dich beruhigt, ich halte meine Versprechen immer.«
Ich rolle ergeben mit den Augen, da ich mir sicher bin, dass es keinen Sinn macht, ihm zu widersprechen. Also ziehe ich mein Kleid so weit hoch, dass wenn ich die Beine jetzt umschlagen würde, jeder mein Höschen sehen könnte. Dazu zupfe ich meinen Ausschnitt zurecht.
»Zufrieden?«, frage ich trotzig.
»Ja, nur lass das Mit-den-Augen-Rollen. Das machen Ladys nicht«, sagt er mit einem Funkeln in den Augen, das ich nicht deuten kann.
»Ich bin halt keine Lady«, antworte ich und rolle wieder mit den Augen.
»Nein, das bist du nicht«, sagt er kühl.
Obwohl ich ihm die Worte selber in den Mund gelegt habe, treffen sie mich eiskalt. Alles in mir zieht sich zusammen. Für ihn bin ich nicht mehr als der Abschaum aus der Gosse. Ein Niemand, der Fußabtreter der Gesellschaft. Und wenn er mich nicht bräuchte, würde er mich vermut-lich gar nicht erst in seine Nähe lassen. Und obwohl ich nichts anderes erwartet habe, tut es auf merkwürdige Weise weh. Ich habe mir dieses beschissene Leben nicht ausgesucht. Damit er nicht sehen kann, wie meine Gefühle mich übermannen, neige ich meinen Kopf zur Seite. Warum ausgerechnet jemand wie Callum es schafft, mich mit diesem Spruch zu verletzen, ist mir ein Rätsel. Das kurze Brennen in meinen Augen verflüchtigt sich Gott sei Dank schnell wieder.
Plötzlich spüre ich seine Finger an meinem Kinn. Mit einer sanften Bewegung dreht er mein Gesicht zurück zu seinem. Sein Blick, der so tief ist, dass er beinahe an meiner Seele kratzt, raubt mir den Atem. Wie macht er das bloß?
»In jeder Frau steckt eine Lady, ich bin mir sicher auch in dir«, raunt er. Alles an diesem Mann schreit nach Gefahr und doch schaffen es seine Worte, dass ich mich nicht mehr ganz so schlecht fühle. Wer ist dieser Mistkerl?
Kapitel 6
Callum
Sie lässt sich einen Scheiß von mir sagen, aber dass sie keine Lady ist, trifft sie? Sie schluckt schwer, während ich sie dazu zwinge, mich anzu-sehen. Erst jetzt fällt mir auf, wie hübsch sie eigentlich ist: volle Lippen, große braune Rehaugen und ein leichter rosa Schimmer auf den Wangen, die in diesem Moment einen immer kräftigeren Farbton annehmen. Sie reagiert auf mich. Eigentlich nichts Neues. Aber bei ihr wundert es mich doch sehr. Sie ist das komplette Gegenteil von allen Frauen, die ich jemals hatte. An ihr ist alles echt, besonders ihre große Klappe. Noch nie hat mir eine Frau so viel Respektlosigkeit entgegengebracht. Offensichtlich weiß sie nicht, wer ich bin, aber das werde ich ihr schon noch zeigen.
Sean beugt sich zu mir runter. Er ist mein engster Vertrauter. Genau wie einst für meinen Vater. Die beiden waren Brüder, haben Seite an Seite Kriege ausgefochten und so ein Imperium aufgebaut. Wie viele Abende hatten sie hier im Separee gesessen und haben ihre Geschäfte abge-wickelt? Seit mein Vater nicht mehr unter uns weilt, hilft Sean mir das Geschäft weiterzuführen. Als mein Vater sterbend in meinen Armen lag, habe ich ihm versprochen sein Vermächtnis fortzuführen. Und ich werde dieser Ehre gerecht werden. Ich werde die Leute, die für seinen Tod verantwortlich sind, zerstören und ihr abgefucktes, jämmerliches Kartell zerschlagen, bis jedes Gebiet mir gehört. Mir allein.
»Hat sie den Vertrag unterschrieben? Der Russe ist gerade zur Tür rein«, flüstert Sean mir zu und wirft einen grimmigen Blick auf Enna. Fuck, die Verschwiegenheitserklärung. Ich kann mich glücklich schätzen, dass Sean unserer Familie treu ist. Ich stehe auf und lasse meinen Blick über Enna wandern. Hinter dem Schein dieser unschuldigen Frau lodert das Feuer. Aber ich bin mir sicher, dass sie von dem, was hier passiert, nichts versteht.
»Dafür haben wir jetzt keine Zeit«, zische ich. Sean belegt mich mit einem finsteren Blick. Es gefällt ihm nicht. Das ist mir klar. Aber aus irgendeinem Grund habe ich das Gefühl, Enna vertrauen zu können. Hoffentlich ramme ich mir damit nicht gerade selbst ein Messer ins Genick.
Meine Hand findet den Weg zu ihrer. Ich sehe es in ihren Augen, wie sehr sie mich verachtet, und doch erkenne ich ein undeutbares Funkeln darin. Nur widerwillig legt sie ihre Hand in meine und rutscht bis zur Kante der Sitzbank. Mit einem kräftigen Ruck, sodass sie mir direkt in die Arme fällt, ziehe ich sie zu mir hoch. Ihre Brüste stoßen an meinen Oberkörper. Sie will sich wegdrücken, aber ich lasse sie nicht. Meine Hand liegt auf ihrem Rücken, ihre Haut ist zarter als die der anderen. Wenn das Meeting vorbei ist, könnte ich mir gut vorstellen, dieses kleine verdorbene Früchtchen so lange durchzuficken, bis sie nicht mehr weiß, wer sie ist. Dann hat sie mir wenigstens noch etwas Spaß gebracht. Ich schlinge meine Hand um ihre Taille und ziehe sie neben mich.
»Sei eine Lady«, ermahne ich sie erneut und weiß, dass ich damit noch mal in ihre Wunde steche.
Plötzlich legt sie ihre Hand auf meine und verschränkt ihre Finger mit meinen. Sie schiebt sich ein Stück vor mich, sodass sich ihr Arsch gegen meine Hüfte presst. Fuck. Was tut sie da?
»Es muss doch schließlich echt aussehen«, kommentiert sie ihre Bewegung. Mein Schwanz, der Verräter, streckt sich ihr entgegen. ›O Kleine, du verbrennst dir gerade die Finger.‹ Sean beobachtet uns immer noch grimmig, was mir allerdings am Arsch vorbeigeht. Nachdem ich die Kleine heute Nacht in ihren Grundfesten erschüttert haben werde, muss er sie nie wieder sehen und ich auch nicht.
»Nur weiter so«, flüstere ich ihr ins Ohr und ihr rosiger Duft zieht erneut in meine Nase. Als sie mit ihrem Hoodie ins Hotel gelaufen kam, hätte ich niemals gedacht, dass ein roher Diamant daruntersteckt.
Seans Blick ändert sich und damit weiß ich, es geht los. Der Russe ist auf dem Vormarsch. Eine Sekunde später tritt er durch den Vorhang und als ich die Schlampe an seiner Seite sehe, versteifen sich meine Muskeln. Dieser Wichser. Es ist ein offenes Geheimnis, dass man zu einem Treffen mit mir keine Frauen mitbringt. Was soll diese Scheiße also? In der Regel würde ich ihm jetzt schon einen Denkzettel verpassen, aber aus irgendeinem Grund will ich vor der Kleinen keinen Streit anzetteln. Ich schlucke meinen Zorn herunter, aber weiß jetzt schon, wer nach diesem Treffen mein Ventil sein wird. Ich ziehe meine Hand von Ennas Taille und gebe ihr einen Klaps auf den Arsch. Sie zuckt zusammen und wirft mir einen vielsagenden Blick zu. Nicht jetzt, Mädchen. Sie schaut mich kurz von der Seite an und ist sofort wieder in ihrer Rolle. Gut so.
»Wasiljew, schön, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.«
»O’Malley, wie könnte ich Ihnen das auch abschlagen? Ich habe schon mit Ihrem Vater gute Geschäfte gemacht«, sagt er mit seinem unverkenn-baren Akzent.
»Wer ist Ihre bezaubernde Begleitung?«, frage ich interessiert, dabei ist sie alles, nur nicht bezaubernd. Gefärbte platinblonde Haare und Wimpern, die so lang sind, dass ich mich frage, ob sie überhaupt etwas dadurch sehen kann. Und dann diese ekelhaften Schlauchbootlippen, die auch noch mit rotem Lippenstift übermalt sind. Das ist der Moment, in dem mein Schwanz und ich uns einig sind und die Beule in meiner Hose verschwindet.
Auf einmal labert er irgendwelches unverständliches Zeug auf Russisch und schiebt seine Alte in meine Richtung. Sie streckt mir die Hand hin und er erwartet sicher eine freundliche Geste. Ich könnte kotzen und trotzdem nehme ich ihre Hand und führe sie zu einem Handkuss an meinen Mund, ohne sie dabei zu berühren. Dann peilen Wasiljews Augen Enna an. Ich sehe seinen lüsternen Blick, der über ihren Körper wandert, und plötzlich habe ich das Gefühl, sie vor ihm beschützen zu müssen. Die Vorstellung, dass er ihre Hand auch nur berührt, bringt mich zum Kochen.
»Und wer ist dieses hübsche Ding?«, fragt er, während ihm sein Sabber beinahe aus den Mundwinkeln läuft.
»Kate, meine Begleitung für heute Abend«, sage ich kühl und schiebe sie sofort an den Tisch, damit er ja seine Griffel bei sich behält. Oberste Regel: Gib niemals einen Namen preis, wenn es nicht sein muss. Und in dem Fall bin ich derjenige, der das für Enna entscheidet. Ihr verwirrter Blick entgeht mir nicht. Ich bin ja selbst überrascht, dass ich mir Gedanken um sie mache. Ich kann mir nicht erklären wieso. Vielleicht liegt es daran, dass sie so anders ist.
Kapitel 7
Enna
»Der Bastard wird nicht mehr lange an der Spitze sein. Los, schenk ihm ein Lächeln«, sagt der fette Russe in seiner Sprache zu der Frau neben sich und schiebt sie zu Callum. Ich bin mir sicher, dass er ihn nicht verstehen kann, sonst hätte einer seiner Leibwächter ihm vermutlich längst eine Kugel verpasst. Aber ich begreife jedes Wort. Das einzig Gute, was ich aus dem Trailerpark mitnehme, ist, dass ich mir ein paar Sprachen angeeignet habe, die mir vielleicht noch nützlich sein können. Ich spreche sie zwar nicht fließend, aber verstehe nahezu jedes Wort. Nachdem Callum der Frau einen angedeuteten Handkuss gegeben hat, spüre ich seine Hand, die sich wieder um meine Taille schwingt. Seine Berührungen lösen ein Kribbeln an der Stelle aus. Wo kommt das plötzlich her? Eben noch wollte ich nicht mal hier sein und jetzt habe ich irgendwie das Gefühl, ihm mit diesem abscheulichen Russen helfen zu müssen. Viel-leicht habe ich mich ja eben verhört, aber wenn nicht, plant der Typ etwas gegen ihn, da bin ich mir sicher.
Callum stellt mich vor und bevor der fette Kerl, mit seiner übergroßen Goldkette und dem prunkvollen Siegelring, seine Hand nach mir ausstre-cken kann, schiebt er mich zum Tisch. Aufmerksam betrachte ich ihn von der Seite. Staune regelrecht, als es nicht dazu kommt, dass der Russe mich berührt. Allein der Gedanke ekelt mich an. Trotzdem frage ich mich, ob ich es nicht wert bin, begrüßt zu werden, so gleichgültig, wie Callum mich weggeschoben hat.
»Wollen wir«, sagt er und drängt mich auf die Bank. Er setzt sich so dicht neben mich, dass ich sein Aftershave riechen kann. Erst jetzt fällt mir auf, wie gut er eigentlich aussieht. Ich betrachte ihn von der Seite. Seine langen rotblonden Haare sind streng zurückgegelt, für seine eisblauen Augen braucht er mehr als einen Waffenschein und das Tattoo, das seinen Hals hinaufklettert, beschert mir eine Gänsehaut. Onóir – das irische Wort für Ehre. Ich frage mich, ob er wirklich Ehre besitzt, denn bis jetzt habe ich nur einen Mann gesehen, der sich nimmt, was er will. Jedoch nicht auf so eine abgefuckte Weise, wie die Möchtegerngangster in meinem Viertel. Nein, Callum versprüht dabei auf merkwürdige Weise Charme. Der leichte Bartschatten lässt sein Modelgesicht zudem rau und sexy wirken.
Plötzlich bemerke ich seine Hand auf meinem Bein. Er schiebt sie zärt-lich hoch und ein seltsames Gefühl breitet sich in meinem Unterleib aus. Mit einer kaum merklichen Bewegung zupft er an dem Saum des Kleides und zieht ihn wieder nach unten. Hä, wie jetzt? Eben sollte ich dem Typen alles zeigen und jetzt verhüllt er mich? Was ist los mit dem Kerl? Seine Hand liegt immer noch auf meinem Schenkel und hält ihn so fest, dass ich das Gefühl habe, er würde mich um jeden Preis verhüllen wollen.
»Die Überraschung liegt auf unserer Seite. Dieser Mistkerl ist total verwirrt. Los, Olieszka, setz dich«, sagt der Kerl wieder in seiner Sprache. Callum verzieht keine Miene. Er versteht es wirklich nicht. Er hat keine Ahnung, was dieser Penner hinter seinem Rücken über ihn redet. Ich möchte es ihm gerne sagen, nur weiß ich nicht wie. Ich sitze zwischen Callum und der Frau des Gangsters, wenn ich auch nur einen Laut von mir gebe, fliege ich auf. Also beschließe ich, erst mal die Füße still zu halten.
»Verzeihung, meine Frau spricht nur Russisch«, entschuldigt er sich und wechselt einen verräterischen Blick mit ihr. Dieses Arschloch.
In dem Moment betritt ein junger Kellner das Separee. Er hält eine Flasche Wein in seiner Hand. Einer der Bodyguards stoppt ihn rüde. Er bewegt sich keinen Zentimeter mehr und ich sehe die Angst in seinen Augen. Erst als Callum eine Handbewegung macht, die ihm signalisiert zu uns zu kommen, läuft er los. Seine Hand zittert, während er die Gläser mit Alkohol füllt. Erleichterung überkommt ihn in dem Moment, als er das letzte Glas eingeschenkt hat. Vermutlich ist er einfach nur froh, dass er nichts verschüttet hat. Ich kann seinen Angstschweiß förmlich riechen. Er flieht geradezu, als er sich auf den Weg nach draußen macht.
»Ich bin kein Mann der großen Worte, also Wasiljew, kommen wir doch direkt zur Sache. Haben Sie ein Probestück dabei?«
»Selbstverständlich«, erklärt er und grinst dabei spöttisch.
»Zeig dem Mann deinen Ring, Schätzchen. Keine Sorge, die echten Diamanten behalten wir selbst«, sagt er wieder auf Russisch zu seiner Frau und am liebsten würde ich ihr die Augen auskratzen, so aufrei-zend, wie sie Callum ihre Hand hinhält, während sie und ihr Mann ihn verspotten. Callum ist vermutlich nicht besser, aber diesen ekelhaften Typen und seine Nutte von Frau habe ich jetzt schon gefressen. Ihre Hand schwebt immer noch über dem Tisch und ich sehe ihr an, wie sie sich danach verzehrt, von Callum berührt zu werden. Seine Finger lösen sich einer nach dem anderen von meinem Schenkel und eigentlich sollte es eine Erlösung für mich sein, nur hat mir seine Wärme irgendwie gefallen. Ich beobachte genau, wie seine Hand auf ihre zufliegt, doch ohne große Berührungen streift er den Ring vom Finger.
»Ich darf doch«, sagt er kühl.
Der Russe nickt und tauscht einen weiteren Blick mit seiner Frau aus.
»Den Ring habe ich letzte Woche für meine Frau anfertigen lassen. Er ist aus der gleichen Lieferung.«
Fasziniert beobachtet Callum den Ring und holt ein kleines Prüfgerät heraus. Er hält es vor den Diamanten und kurz darauf erfolgt ein kleines akustisches Signal. Callum schaut wieder auf, legt den Ring vor dem Russen ab und seine Hand wandert erneut auf mein Bein.
»Über welchen Preis sprechen wir?« Nein, er darf diesen Deal nicht eingehen.
»Zweitausend Dollar pro Karat«, sagt der Russe und seine Mundwinkel zucken verräterisch.
»Wie viel insgesamt?«
»Ein Kilo.«
»Zweitausend sind zu viel«, sagt Callum bestimmt.
»Mein Freund, der Schmuggel heutzutage ist aufwändiger geworden. Diese Diamanten zu besorgen, kostet mich eine Menge Geld. Ich muss schließlich auch meinen Gewinn haben.«
Callum schaut ihn mit harter Miene an, als würde er einen Scheiß darauf geben, was der Russe sagt.
»Tausendfünfhundert, mehr zahle ich nicht.«
Wasiljew dreht sich zu seiner Frau.
»Was für ein dummer Hund«, sagt er lachend und grunzt dabei wie ein Schwein. Das reicht. Ich lege meine Hand auf Callums und drücke sie fest. Doch er schiebt sie grob weg, als hätte ich eine Grenze übertreten.
»Callum«, flüstere ich und stoße ihn kaum merklich an. Mit einem Mal dreht er sich um und allein sein Blick sagt mir, dass ich besser den Mund halten sollte. Doch das kann er vergessen.
»Hm«, räuspere ich mich, »ich muss mal auf die Toilette.« Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.
»Jetzt?«, fragt er genervt.
»Ja, jetzt«, sage ich nun etwas lauter.
»Na schön. Malachy, begleite Kate und kommt danach wieder her.« Er steht auf. Als ich auf seiner Höhe bin, packt er mich am Arm. Sein Griff ist so fest, dass ich beinahe vergesse zu atmen. Er beugt sich zu mir herunter, als wollte er mir einen Kuss auf die Wange geben.
»Läufst du weg, war es das mit deiner Freundin«, flüstert er und gibt mir aus heiterem Himmel einen Kuss auf die Stelle an meinem Hals unter dem Ohr. Mein Herz stolpert und ich bin wie im Rausch. Sobald er spricht, verkörpert er den Teufel in Person, aber seine Berührungen sind so sanft wie Engelsfedern. Er bringt mich komplett durcheinander. Kurz darauf löst er sich und drückt mich einfach dem Bodyguard in die Arme. Der wiederum schiebt meinen Körper, der immer noch wie elektrisiert ist, vor sich her. Ich werfe einen Blick über die Schulter und sehe Callum, der erneut mit Wasiljew spricht. O nein!
Hinter dem Vorhang bleibe ich stehen. Drehe mich um und fixiere den Bodyguard. »Ich muss mit Callum sprechen, und zwar alleine.«
Er lächelt. »Ich muss auch so vieles, Sweetheart. Du solltest lieber schnell machen. Callum wartet nicht gerne.« Ob diese Kerle ohne ihre Waffen auch so drauf wären?
»Nein«, sage ich bestimmt, »ich muss mit ihm sprechen, es ist wichtig. Der Kerl da drinnen will ihn verarschen.«
»Ach ja und woher weißt du das?«
»Weil ich es gehört habe.«
»Schätzchen, du hast wohl zu viel Fernsehen gesehen.« Trotz seiner angsteinflößenden Gestalt gebe ich nicht nach. Ich verschränke die Arme vor meiner Brust. Um mein wild schlagendes Herz in Schach zu halten.
»Jetzt pass mal auf, entweder du holst deinen Boss hierhin oder du erklärst ihm, warum dieser Wichser da drin ihn um sein Geld gebracht hat. Wenn ich richtig gezählt habe, geht es um zehn Millionen Dollar. Ich bin gespannt, wie du das deinem Chef erklären willst.«
Jetzt habe ich seine Aufmerksamkeit. Unentschlossen blickt er zwischen mir und dem Separee hin und her, bis er schließlich an sein Ohr fasst und etwas in das Mikro an seinem Schlips quatscht. Geht doch. Mein Herz pocht immer noch wie wild, während ich auf Callum warte. Wie soll ich ihm bloß erklären, was ich gehört habe? Plötzlich bekomme ich Angst, er könnte mir nicht glauben und mir nichts, dir nichts finde ich mich mit Betonfüßen im nächsten Fluss wieder.
Kapitel 8
Callum
Wenn sie jetzt abhaut, schwöre ich bei Gott, finde ich sie und ihre Freundin und dann wird sie sich wünschen, sie hätte mich niemals getroffen. Sean wirkt angespannt. Ich erkenne inzwischen, wenn etwas nicht stimmt, und seine Körperhaltung verrät mir, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt.
»Also Callum, wie sieht es aus? Tausendachthundert und ich liefere Ihnen pünktlich in einer Woche die Ware.« Seine Worte prallen fast von mir ab, als ich beobachte, wie Sean in meine Richtung läuft. Bevor er den Tisch erreicht, stehe ich auf.
»Entschuldigen Sie mich einen Moment«, sage ich zum Russen.
Diese kleine Schlampe. Ich bin mir fast sicher, dass sie getürmt ist. »Was ist los?«, frage ich Sean in rauem Tonfall. »Ist sie weg?«
»Nein, sie wartet vor der Tür. Sie will dir etwas sagen.«
»Jetzt? Ich bin mitten in einem Meeting. Was soll der Scheiß?«, fluche ich leise, damit Wasiljew keinen Verdacht schöpft.
»Sie sagt, sie redet nur mit dir.« Seit diese Frau hier ist, läuft alles schief. Wenn ich hier fertig bin, werde ich ihr zeigen, was sie alles falsch gemacht hat.
»Verdammt. Achte auf Wasiljew«, befehle ich ihm. Auch wenn Sean deutlich älter ist als ich, bin ich der Boss. Das ist mein Imperium und jeder, auch dieses kleine Luder, hat mir zu gehorchen. Ich spüre, wie sich der Zorn in mir aufstaut. Das wird nicht gut für sie ausgehen. Wutent-brannt stürme ich nach draußen. Als ich sie neben Malachy stehen sehe, kann ich mich nicht mehr beherrschen. Ich sprinte fast auf die beiden zu. Als ich Enna und Malachy erreiche, lege ich eine Hand auf seine Schulter.
»Geh wieder rein«, knurre ich und er verschwindet innerhalb von Sekunden aus meinem Sichtfeld. Ich bin allein mit ihr in dem Vorraum.
»Callum«, sagt sie erleichtert und kommt auf mich zu.
»Du hast Nerven, Mädchen, mich aus meinem Meeting zu holen«, knurre ich und schubse sie achtlos gegen die Wand. Ihre Augen weiten sich. Ihre wunderschönen rehbraunen Augen. Ich presse meine Hand auf ihren Hals, will ihr zeigen, dass sie gerade einen Fehler gemacht hat. Mit der anderen Hand stütze ich mich an der Wand ab. Meine Lippen sind nur noch Millimeter von ihren entfernt. Diese prallen Blaselippen. Am liebsten würde ich sie auf die Knie zwingen und meinen Schwanz tiefer als tief in ihrem Mund versenken. Die Kleine macht mich mehr an, als es gut für mich ist. Sie sagt kein Wort mehr. Zum ersten Mal sehe ich Furcht in ihren Augen, spüre sie sogar unter meinen Fingern pulsieren. Ihr Körper bebt dabei unaufhörlich. Ein beklemmendes Gefühl über-kommt mich. Sie so zu sehen löst etwas in mir aus, von dem ich dachte, dass ich es niemals fühlen würde. Reue! Ihr die Kehle zuzudrücken bringt mir nicht die Genugtuung wie sonst. Ohne es zu wollen, löse ich meinen Griff. Wandere ein Stück nach unten. Sie schnappt heftig nach Luft. Meine Brust zieht sich auf merkwürdige Weise zusammen, als ich ihre glasigen Augen betrachte. In diesem Moment scheint sie so zerbrech-lich wie eine Puppe aus Keramik und wenn ich sie fallen lasse, laufe ich Gefahr, dass sie mir zerbricht.
›Was für ein Bullshit. Reiß dich zusammen, Callum‹, ermahne ich mich selbst.
Plötzlich verändert sich ihr Blick. Ich spüre, wie sich ihr Körper unter mir anspannt. Dann versucht sie, mich von sich wegzuschieben. Auch wenn ich beeindruckt von ihrer Willenskraft bin, kann sie meinen kräf-tigen Körper nicht wegdrücken.
»Behandelst du alle Frauen so, die dir helfen wollen?«, flucht sie leise vor sich hin.
»Mir helfen?« Ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch.
»Der Typ da drin will dich verarschen. Aber bitte, ich kann mich auch gerne wieder still neben dich setzen.«
»Wie meinst du das?«, frage ich sie leise, damit niemand etwas von unserem Gespräch mitbekommt.
»Der Kerl will dir gefälschte Diamanten andrehen. Kopien, die kaum von echten zu unterscheiden sind. Mindestens die Hälfte der Lieferung wird fake sein.«
»Woher willst du das wissen?« Meine Fingerspitzen liegen immer noch auf ihrem Brustkorb, der aufgeregt auf und ab wippt.
»Weil er das zu seiner Frau gesagt hat?«
»Und du willst mir erzählen, dass du Russisch sprichst?«
»Ja, könntest du mich jetzt vielleicht mal loslassen? Ich bin nicht dein Feind.« Wieder windet sie sich unter meinem Griff. Das Feuer, das sie an den Tag legt, macht mich wahnsinnig. Mein Schwanz ist so hart, dass meine Hose vor lauter Spannung kurz vorm Platzen ist. Ich muss sie unbedingt ficken. Heute noch!
»Dann lass mal hören?«
»Was?«
»Ich will es hören, dass du Russisch sprichst.«
Auf ihre Lippen legt sich ein verführerisches Lächeln. Dann kommt sie näher und streift mit ihren Lippen mein Ohr. Sie flüstert mir unver-ständliches Zeug ins Ohr, aber es hört sich, auch ohne zu wissen, was es bedeutet, heiß an. Zumindest, so wie sie es sagt. Dieses verdammte Luder.
»Und was hast du mir zugeflüstert, Kleine?«
»Erstens bin ich nicht klein und zweitens, eine Lady schweigt und genießt. Glaub mir oder glaub mir nicht. Deine Entscheidung.«