Jack Slade 1018 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 1018 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Moses Dunn war noch ein Kind, als sein Vater Jackson eines Tages das Haus verließ und nicht mehr zurückkehrte. Über zwanzig Jahre später verdient Moses sein Geld als Cowboy und hält sich nur selten in seinem Heimatort Pendon auf. Als er eines Tages in der Stadt weilt, überfallen Banditen die Bank und erschießen Sheriff Frank Sneak. Moses gelingt es, die Mörder zur Strecke zu bringen. Man bittet ihn, Sneaks Nachfolger zu werden, was er annimmt. Doch kaum hat sein Leben eine neue Richtung eingeschlagen, steht plötzlich sein Vater vor der Tür - mit einer tödlichen Gefahr im Gefolge!


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Seitenzahl: 147

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Moses Dunn, der neueSheriff

Vorschau

Impressum

MosesDunn,der neueSheriff

Moses Dunn war noch ein Kind, als sein Vater Jackson eines Tages das Haus verließ und nicht mehr zurückkehrte. Über zwanzig Jahre später verdient Moses sein Geld als Cowboy und hält sich nur selten in seinem Heimatort Pendon auf. Als er eines Tages in der Stadt weilt, überfallen Banditen die Bank und erschießen Sheriff Frank Sneak. Moses gelingt es, die Mörder zur Strecke zu bringen. Man bittet ihn, Sneaks Nachfolger zu werden, was er annimmt. Doch kaum hat sein Leben eine neue Richtung eingeschlagen, steht plötzlich sein Vater vor der Tür – mit einer tödlichen Gefahr im Gefolge!

Moses' Finger krallten sich in das Bettlaken und zogen es fester über seinen Kopf. Genauso gut hätte er versuchen können, sich mit einem Blatt Papier vor einem Wolkenbruch zu schützen. Der Stoff war zu dünn, um zu verhindern, dass die Stimmen aus dem Nebenzimmer seine Ohren erreichten.

Die Stimmen waren laut. Hell und schrill die von Mary, seiner Mutter, dunkel und dröhnend die seines Vaters Jackson. Die genauen Worte verstand er nicht, was nicht notwendig war. Er wusste auch so, was vor sich ging. Seine Eltern stritten wieder einmal. Die ständigen Auseinandersetzungen machten ihm Angst, zumal sie mit jedem Mal heftiger zu werden schienen.

Manchmal empfand er regelrecht Erleichterung, wenn sein Vater zu einer seiner Reisen aufbrach, die in der Regel wochenlang dauerten. Er vermisste ihn zwar, denn er liebte ihn sehr. Andererseits konnten seine Eltern während seiner Abwesenheit nicht aneinandergeraten.

Moses' Mutter wirkte oft mürrisch. Sie kümmerte sich zwar um ihren Sohn, aber mehr wie um ein Haustier, das nun mal versorgt werden musste. Oft saß sie in ihrem alten Sessel neben dem Fenster und starrte nach draußen. Stundenlang, ohne auch nur einen Finger zu rühren. Eines Abends war es bereits dunkel geworden, und er hatte sich voller Entsetzen gefragt, ob sie wohl gestorben war. Er hatte nicht gewagt, sie anzusprechen, um es herauszufinden. Umso erleichterter war er gewesen, als sie endlich aufstand.

Er war inzwischen sechs Jahre alt und ein kluger Junge, wie ihm seine Lehrerin Miss Evens mehr als einmal bescheinigt hatte. Er hatte sich oft Gedanken über die Situation gemacht und war zu dem Schluss gekommen, dass die Ehe seiner Eltern das war, was man als zerrüttet bezeichnete. Den Begriff hatte er von seiner Schulfreundin Polly. Sie schien auf alles eine Antwort zu wissen und kannte Worte, von denen er nie gehört hatte. Wie zerrüttet eben. Wie sie ihm erklärt hatte, bedeutete das, dass man zusammenlebte, obwohl man sich nicht mehr leiden konnte.

So wie er die Dinge sah, traf das auf seine Eltern ziemlich genau zu.

»Ich tue das nicht für mich, sondern für uns. Begreif das endlich!«, brüllte sein Vater in einer Lautstärke, bei der Moses jedes Wort verstand. Unwillkürlich hielt er den Atem an.

»Dass ich nicht lache!«, hörte er seine Mutter. Sie war ebenfalls lauter geworden. Viel lauter. Der Streit schien auf seinen Höhepunkt zuzusteuern. »Du könntest dir eine Arbeit hier in Pendon suchen. Aber nein, du musst Banditen jagen!«

»Ich ziehe diese Leute aus dem Verkehr, und daran ist nichts Schlechtes. Es sind schließlich keine Heiligen. Außerdem kannst du kaum abstreiten, dass wir recht gut davon leben.«

Moses musste daran denken, dass er nicht genau wusste, womit Pa seine Dollars verdiente. Einmal hatte er seine Mutter danach gefragt, was sie mit einem gemurmelten Geschäfte beantwortet hatte. Ihr Gesichtsausdruck hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie keine weiteren Auskünfte zu erteilen gedachte. Den Vater selbst darauf anzusprechen, traute er sich aus irgendeinem Grund nicht.

Banditen jagen. Waren dafür nicht der Sheriff und seine Deputys zuständig?

Das höhnische Lachen seiner Mutter riss ihn aus seinen Überlegungen.

»Meine Eltern hatten mich gewarnt. Hätte ich nur auf sie gehört! Jetzt sitze ich hier mit einem ... einem Kopfgeldjäger! Einem Mann, der zu einem Schießeisen greifen muss, um seine Familie zu versorgen.«

Kopfgeldjäger? Dieses Wort war ihm neu. Er würde Polly fragen müssen.

»Hüte deine Zunge, Mary«, erwiderte sein Vater.

»Ich weiß, worauf es dir in Wahrheit ankommt. Du willst in aller Ruhe deine Huren vögeln. Deshalb bist du so oft wochenlang verschwunden.«

Pas Stimme klang schneidend. »Das ist nicht wahr.«

Huren waren die Mädchen, die im Saloon arbeiteten. Auch das gehörte zu den Dingen, die Moses von Polly erfahren hatte. Nicht einmal sie konnte jedoch sagen, welcher Arbeit sie dort konkret nachgingen. Jedenfalls schien es etwas Ungeheuerliches zu sein. Geradeheraus, wie sie eben war, hatte sie eines Tages Miss Evens nach dem Unterricht darauf angesprochen. Ihre Lehrerin war knallrot geworden und wortlos davongeeilt.

Einmal war Moses einer von ihnen auf der Straße begegnet. Sie war sehr jung, sehr rothaarig und sehr hübsch gewesen, aber auch blass, mit Schatten unter den Augen. Als sie bemerkt hatte, dass er sie anstarrte, hatte sie ihm ein Lächeln geschenkt und ihm zugezwinkert.

»Und ob das die Wahrheit ist!«, schrie seine Mutter. So schrill, dass es ihm in den Ohren schmerzte.

»Und selbst wenn, zwischen uns läuft ja sowieso nichts mehr.«

»Du gibst es also zu?«

»Das habe ich nicht gesagt.«

»Willst du wissen, warum das so ist, Jackson? Weil du es nicht mehr bringst. Es ist lange her, dass ich das letzte Mal Spaß dabei hatte. Du bist ein Versager. Als Ehemann und als Vater.«

»Lass den Jungen aus dem Spiel.«

»Warum sollte ich? Schließlich bin ich es, der sich um ihn kümmern muss. Dich bekommt er ja kaum zu Gesicht. Neulich hat er mir gesagt, dass er sich nichts sehnlicher wünscht als einen richtigen Vater, so wie die anderen Kinder einen haben. Du würdest ihm wahrscheinlich einen Gefallen tun, wenn du nicht mehr nach Hause kommst.«

Unter seiner Decke zuckte Moses zusammen. Dergleichen hatte er nie gesagt. Warum behauptete seine Mutter so etwas?

»Du amüsierst dich, und ich kann sehen, wie ich klarkomme«, fuhr sie fort. »Vielleicht sollte ich mir einen Geliebten zulegen. Einen, der mich endlich mal wieder richtig durchvögelt.«

»Hör auf damit.«

»Mit deinem Schießeisen magst du umgehen können, jedoch nicht mit der Kanone zwischen deinen Beinen. Nicht einmal das bringst du auf die Reihe, du verfluchter ...«

Ein klatschendes Geräusch, bei dem Moses abermals zusammenfuhr, gefolgt von drückender Stille. Mit dem Kopf unter der Decke wurde ihm allmählich warm, doch er wagte nicht, sich zu rühren. Mit halb geöffnetem Mund lag er da und lauschte.

»Du hast mich geschlagen.«

Die Stimme seiner Mutter klang kalt. Erschreckend kalt. Ohne jede Emotion. So musste es sich anhören, wenn die Toten sprechen, schoss es ihm durch den Kopf.

»Tut mir leid, Mary. Du hast es darauf angelegt.«

»Also war es meine Schuld? Wäre mein Vater noch am Leben, würde er dich dafür totschlagen, Jackson Dunn. Geh! Geh und komm nie wieder. Wir sind fertig miteinander.«

»Und der Junge?«

»Er will nichts mehr von dir wissen, hast du das schon wieder vergessen?«

»Mary ...«

»Ich sagte, du sollst verschwinden, du Dreckskerl!«

Erneut setzte Stille ein, die sich endlos hinzuziehen schien. Dann war das Geräusch von Schritten zu hören, gefolgt vom lauten Knall einer zuschlagenden Tür.

Moses begriff, dass sein Vater das Haus verlassen hatte. An jenem Abend ahnte er jedoch nicht, dass Jackson Dunn über zwanzig Jahre lang nicht mehr heimkehren würde.

Dreiundzwanzig Jahre später.

»Hast dich lange nicht blicken lassen, Moses«, sagte Greg Milton, den alle nur Milt nannten, und füllte das leere Glas bis zum Rand mit Whiskey. Dabei brachte er das Kunststück fertig, ohne hinzusehen die Flasche im genau richtigen Moment abzusetzen.

»Der Viehtrieb war lang«, antwortete Moses Dunn, setzte das Glas an die Lippen und leerte es in einem Zug. Milt schenkte nach. »Bin froh, wieder zu Hause zu sein.«

»Kannst dich glücklich schätzen, dass du eins hast, mein Junge. Solltest dich ein bisschen besser darum kümmern, sonst bricht dir die Bude eines Tages über dem Kopf zusammen. Was wirklich schade wäre.«

Milt hatte recht. Von einem eigenen Haus konnten die meisten der Cowboys, mit denen er oft wochenlang unterwegs war, nur träumen. Ihr Lohn war zu karg, als dass sie sich eines hätten leisten können. Was auch für ihn galt, allerdings hatte er das Glück, sein Heim von seiner Mutter geerbt zu haben.

Bei jedem seiner Aufenthalte versuchte er die notwendigsten Reparaturen zu erledigen, doch er blieb nie lange genug, um alles schaffen zu können. Immer wartete schon der nächste Auftrag auf ihn. Dieses Mal würde er zumindest das Dach reparieren, das hatte er sich fest vorgenommen.

Der Barkeeper ging, um sich um die anderen Gäste zu kümmern, die trotz der frühen Nachmittagsstunde den Saloon von Pendon in großer Zahl bevölkerten. Während Moses seinen zweiten Drink hinunterstürzte, ertappte er sich wieder einmal bei dem Gedanken, dass er seinem Vater stärker ähnelte, als ihm lieb war. Genau wie Jackson Dunn war er ständig unterwegs und nur selten daheim.

Jedoch ließ er dabei weder eine Frau noch ein Kind zurück. Und er verdiente seine Dollars nicht damit, Menschen zu jagen.

Seine Stimmung verdüsterte sich. Wie immer, wenn er an seinen Vater dachte. Er hatte lange gebraucht, um zu verstehen, was an jenem Abend eigentlich passiert war. Dass der Vater nicht zurückkehren würde und seine Familie sich selbst überlassen hatte, war Moses damals unvorstellbar erschienen. Er fühlte sich im Stich gelassen. Es verging kein Tag, an dem seine Mutter nicht über ihren verschwundenen Ehemann schimpfte, wobei sie so schlimme Ausdrücke gebrauchte, dass er rote Ohren bekam.

Wenige Wochen nach seinem dreizehnten Geburtstag hatte Mary Dunn eines Morgens tot in ihrem Bett gelegen. Wie ihm der herbeigerufene Arzt erklärte, musste sie irgendwann in der Nacht unbemerkt ihr Leben ausgehaucht haben. Da er keine Verwandten hatte, hatten sich die Millers von gegenüber bereiterklärt, sich um ihn zu kümmern, bis er aus dem Gröbsten raus war.

Die Millers hatten keine Kinder, obwohl sie sich immer einen kleinen Jungen gewünscht hatten. Das hatte ihm seine Ersatzmutter verraten, kurz nachdem er bei ihnen eingezogen war. Während der folgenden Jahre hatten sie sich nicht nur um ihn, sondern auch um das Haus seiner Eltern gekümmert, in das er eines Tages wieder einziehen sollte.

Die Millers waren es auch gewesen, die Kontakt mit dem Rancher aufgenommen hatten, der ihm seine ersten Jobs verschaffte. Er verdankte den beiden eine Menge. Vor zwei Jahren waren sie innerhalb von drei Wochen nacheinander verstorben. Er hatte sie mehr betrauert als seine leibliche Mutter.

Ob er jemals eine Frau finden und eine eigene Familie gründen würde? Danach sah es derzeit nicht aus. Durch sein unstetes Leben fand er nicht mal die Zeit, sich ernsthaft nach einer geeigneten Kandidatin umzusehen. Obwohl es eine Lady gab, der er nur zu gerne nähergekommen wäre. Leider zeigte Polly Bleach bei ihren seltenen Begegnungen wenig Interesse, ihre Freundschaft aus Kindertagen zu vertiefen. Und das, obwohl sie wie er alleinstehend war. Was wohl auch daran lag, dass sie alle Hände voll zu tun hatte, sich um ihren Vater zu kümmern. Der ehemalige Sheriff Ben Bleach war ein Trinker, wie er im Buche stand.

Einen letzten Drink konnte er vertragen, was das anging, beschloss Moses, und schielte nach Milt, der gerade eine frische Flasche Whiskey entkorkte.

In diesem Moment krachten die Schüsse.

Köpfe flogen herum. Alle starrten zur Tür. Weitere Schüsse bellten. Ein Schmerzensschrei war zu hören, dann rief jemand um Hilfe. Moses reagierte instinktiv. Ohne darüber nachzudenken, hastete er aus dem Saloon, die Hand am Kolben des Remington im Holster seines Waffengurts.

Die Bank befand sich schräg gegenüber. Ein Mann lag wenige Schritte vom Eingang entfernt auf der Straße. Frank Sneaks weißes Hemd war blutig, sein lebloser Blick gen Himmel gerichtet.

Jemand hatte den Sheriff von Pendon erschossen!

Zwei Männer stürmten mit gezogenen Revolvern aus der Bank. Einer von ihnen trug einen prall gefüllten Sack bei sich. Ihre Halstücher hatten sie vors Gesicht gebunden und bis zur Nasenwurzel hochgezogen, sodass nur ihre Augen zu sehen waren. Der mit dem Sack in der Hand drehte sich um und gab einen Schuss durch die geöffnete Tür ab. Sein Kumpan feuerte auf den Sheriff, obwohl ein Blinder gesehen hätte, dass Sneak bereits tot war.

Dann sahen sie sich hektisch um, als ob sie nach etwas suchten.

Moses konnte sie fluchen hören. Bis jetzt hatten sie ihn nicht bemerkt. Wie von unsichtbarer Hand geführt, zog er seine Waffe. Natürlich hatte er Sneak gekannt. Ein guter Sheriff, keiner derjenigen, die sich auf ihren Stern wer was weiß einbildeten oder schlimmer waren als die Leute, vor denen sie die Bürger beschützen sollten. Von dieser speziellen Sorte hatte er einige Exemplare kennengelernt und nichts als Verachtung für sie empfunden.

Sein Mund wurde trocken. Eine innere Stimme flüsterte ihm zu, dass es Wahnsinn war, sich allein zwei Bewaffneten entgegenzustellen. Doch er konnte nicht anders. Er war entschlossen, die Mörder nicht davonkommen zu lassen. Beinahe schien es, als hätte ein Fremder die Kontrolle über ihn übernommen.

Obwohl er seinen Revolver eigentlich nie brauchte, konnte er dank seiner regelmäßigen Schießübungen gut damit umgehen. Als hätte er geahnt, dass dieser Tag kommen würde.

Während er auf die Männer zuging, blieb er zu seiner eigenen Überraschung völlig ruhig. Eine tiefe Gelassenheit überkam ihn.

Der Maskierte, der auf den toten Sneak geschossen hatte, entdeckte ihn. Er stutzte, dann riss er die Waffe hoch, obwohl Moses auf ihn angelegt hatte. Moses drückte ab. Der Outlaw schrie auf und ging zu Boden. Blut spritzte aus der Wunde an seinem Hals.

Der zweite hatte ihm den Rücken zugewandt. Jetzt wirbelte er herum.

»Waffe runter!«, befahl Moses.

Er wollte dem Banditen die Chance geben, mit dem Leben davonzukommen. Doch dieser zielte auf ihn und besiegelte damit sein Schicksal. Moses zweite Kugel traf ihn in die Brust und warf ihn auf den Rücken.

Dann war alles still.

Moses konnte kaum glauben, was er gerade getan hatte. Stimmen näherten sich, Hände klopften ihm auf die Schulter. Milt und zwei andere Männer eilten an ihm vorbei, gingen neben dem Sheriff in die Knie und schüttelten gleich darauf die Köpfe. Ein Hüne mit einem mächtigen Bauch stürmte aus der Bank und starrte mit großen Augen auf das Schlachtfeld vor ihm. Es war Darius White, der Inhaber.

Moses brauchte unbedingt einen Drink.

Einige Stunden später hatten sich so viele Menschen im Saloon versammelt, dass niemand mehr hineingepasst hätte. Ein paar Leute, die zu spät gekommen waren, drängten sich auf der Veranda und lauschten, was drinnen besprochen wurde. Darius White stand auf einem Stuhl, der unter seinem Gewicht bedrohlich wackelte. Neben ihm standen Porter Cumb, der Besitzer des örtlichen Gemischtwarenladens, und Doc Barry Levkins. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Deputy James Shander lehnte am Tresen.

Moses hatte einen Platz in der ersten Reihe. Nicht, weil er dort stehen wollte, sondern weil man ihn hingeschoben hatte.

Nach der Schießerei hatte er zwei weitere Drinks – für die er nicht hatte bezahlen müssen – genommen und war heimgegangen, um sich auszuruhen. Er hatte sich so ausgelaugt und erschöpft gefühlt, als hätte er den ganzen Tag im Sattel verbracht. Auf dem Sofa liegend war er eingenickt, bis ihn lautes Klopfen an der Tür aus dem Schlaf riss. Und nun war er wieder hier.

White hob die großen Hände. Augenblicklich verstummten alle Gespräche. Er trug einen grauen Anzug aus sichtlich teurem Stoff und ein weißes Hemd, dessen Nähte über seinem Bauch spannten. Sein Schädel ähnelte nicht nur von der Form her einem Ei, er war zudem völlig kahl.

»Jeder von euch war entweder dabei oder hat gehört, was heute passiert ist«, begann er mit tiefer Stimme seine Ansprache. »Unserer lieben Mrs Rowlings waren bei ihrem Nachmittagsspaziergang zwei Fremde aufgefallen, die die Bank beobachteten. Sie informierte Sheriff Sneak, der sofort herbeieilte. Da waren die Strolche bereits reingegangen und bedrohten mich und meinen Mitarbeiter. Während Deputy Shander auf Franks Geheiß ihre Pferde wegführte, um eine mögliche Flucht zu vereiteln, forderte er sie auf, mit erhobenen Händen rauszukommen. Statt zu gehorchen, feuerten sie mehrmals durch die geschlossene Tür. Mindestens eine Kugel erwischte ihn.«

Bedrücktes Gemurmel erhob sich, verebbte jedoch wieder, als White nach einer Kunstpause fortfuhr.

»Als die Mörder aus der Bank stürmten, war James noch nicht zurückgekehrt. Zwar hatten sie keine Pferde mehr, aber der Weg war frei, und sie hätten bestimmt versucht, zu Fuß abzuhauen.«

»Sehr wahrscheinlich sogar«, bekräftigte Barry Levkins, der in seinem schwarzen Anzug und seiner hageren Erscheinung das genaue Gegenteil zu White darstellte. Er näselte stark, was seiner Stimme etwas Quäkendes verlieh. »Hätte Moses Dunn nicht eingegriffen, wären sie vielleicht entkommen.«

Einige Leute klatschten, vereinzelt waren »Bravo«-Rufe zu hören. Moses zwang sich zu einem verlegenen Lächeln. Er war es nicht gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen.

»Nachdem Frank Sneak zu unserer aller Bedauern in Ausübung seiner Pflicht getötet wurde, brauchen wir einen neuen Sheriff«, ergriff der Bankier wieder das Wort. »Mein Vorschlag lautet, Moses Dunn den Stern zu geben.«

Moses hob die Brauen. Hatte er richtig gehört?

White nickte ihm zu, bevor er weitersprach.

»Er ist ein Sohn unserer Stadt und hat nie Ärger gemacht, obwohl er es früher nicht leicht hatte. Jeder weiß, dass er das Gesetz achtet. Heute hat er seinen Mut und seine Selbstlosigkeit unter Beweis gestellt. Ohne Zögern hat er sein Leben riskiert, um diese feigen Verbrecher aufzuhalten. Warum sollten wir Zeit verschwenden, wo doch ein geeigneter Kandidat für Franks Nachfolge direkt vor unserer Nase steht? Machen wir's kurz, Leute. Wer von euch ist einverstanden?«

Moses drehte den Kopf und blickte auf ein Meer aus erhobenen Armen. Er fühlte sich überrumpelt. Es stimmte, was White gesagt hatte. Das Gesetz war ihm heilig. Trotzdem hätte er nicht im Traum daran gedacht, es eines Tages offiziell zu vertreten.

»Nun, Moses, was sagst du?«

Der Bankier fixierte ihn erwartungsvoll. Levkins und Cumb zeigten ihm ein breites Grinsen. Lediglich James Shander machte einen verkniffenen Eindruck. Moses kam der Gedanke, dass sich Shander selbst Hoffnung auf Sneaks Nachfolge gemacht haben könnte.