Jack Slade 1026 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 1026 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Mit einem Planwagen rumpeln zwei Showgirls durch die Prärien von Texas, um in den Saloons mit ihrer Honky-Tonky-Show Furore zu machen. Eines Tages umrunden sie mit ihrem Gefährt einen einsamen Felsen in der Prärie und finden die Leiche eines ermordeten alten Mannes, zusammen mit allerlei Kram, wie ihn ein fahrender Händler in den Siedlerstädtchen anbieten kann. Die beiden jungen Damen melden den Mord im nächsten Kaff auf ihrer Route, dem Weiler San José. Einen Gesetzeshüter findet man dort nicht, aber der dicke Saloonwirt, der quasi ehrenamtlich diesen Flecken verwaltet, kabelt den Marshal von Willings herbei.


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Seitenzahl: 134

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Showgirls und Schießeisen

Vorschau

Impressum

Showgirls und Schießeisen

In den unendlichen Weiten der texanischen Prärie wird der fahrende Händler Hieronymus Tyler brutal von Banditen überfallen und ermordet. Seine Leiche finden zwei ungewöhnliche Frauen: die bezaubernden Showgirls Sue Ann Cipolla und Emmy McVie, die mit ihrem Planwagen durch die Saloons der Gegend touren – auf der Suche nach wohlhabenden Männern. Doch der Tod des Händlers bringt ihre Pläne schnell durcheinander.

Als Marshal Fleetwood die Ermittlungen aufnimmt, entflammt Sue Ann in leidenschaftlicher Zuneigung zu dem Gesetzeshüter. Emmy hingegen hat ein Auge auf einen anderen geworfen – doch dieser ist ein Bandit und gehört möglicherweise zu der Mörderbande ...

Der fahrende Händler Hieronymus Tyler hatte die vier Kerle vor einem guten Monat in San José im Black-Rooster-Saloon zum ersten Mal gesehen.

San José war ein einsames Nest südlich von Willings und Abilane und bestand aus gerade mal sechs Häusern, die an einem Creek inmitten der Weiten der Prärie erbaut waren. Doch hier betrieb Jimmy Bordman, genannt Bordy, seinen Saloon und verkaufte seinen selbstgebrannten Whiskey.

An jenem Abend hatte Hieronymus Tyler sofort gewusst, dass diese vier Typen nichts taugten. Sie zählten zu jenem Gesindel, das in jenen Jahren vermehrt im Westen unterwegs war. Sie waren Desperados, die glaubten, durch Überfälle oder andere Schandtaten ohne Arbeit zu viel Geld kommen zu können.

Hieronymus Tyler dagegen zog seit Jahren kreuz und quer durch das weite und wilde Land, durch Texas, Arizona und New Mexiko, seine Maultiere am Zügel hinter sich her führend, und bot seine Waren feil: Werkzeuge und Haushaltsgegenstände, Colts und Patronen, Bibeln und Wundertinkturen, und zur Not zog er sogar Zähne. Und der Fundus seiner Schätze in den Packtaschen der beiden Mauleseln schien unendlich.

Tatsächlich war der Händler im Lauf der Jahre zu einem ordentlichen Berg an Dollars gekommen. Doch den hielt er lieber geheim und deponierte ihn bei verschiedenen Banken in Texas und Arizona. Jedermann hielt ihn für einen verschrobenen Sonderling, mit seinem fast kahlen Schädel, mit der abgetragenen Kleidung und der roten Knollennase.

Aber nicht diese vier Hurensöhne. Ihr Anführer war ein stiernackiger Typ, der sich Brad Bradshaw nannte und der schon auf den ersten Blick einen scheußlichen Eindruck machte. Seine beiden Begleiter waren ein hagerer und irgendwie schwindsüchtig aussehender Mexikaner und ein bulliger Texaner mit einem speckigen Hut. Hinzu kam noch ein blonder Milchbart, ein junger Mann von kaum achtzehn Jahren, den Bradshaw ganz besonders unter seine Fittiche genommen zu haben schien.

Nun hielten sie hier draußen in der Einsamkeit der Prärie auf ihren Pferden vor Hieronymus Tyler an und musterten ihn aus ebenso gierigen wie verdrossenen Augen. Sie mussten ihn auf einem hohen Felsen, der sich im weiten Grasland erhob, dem Southside-Rock, erwartet haben. Keine Menschenseele zeigte sich weit und breit, und das nächste Ranchhaus lag etliche Meilen entfernt.

»Am besten, du rückst einfach deine Dollars raus, Knollennase«, knirschte Bradshaw. Seine Stimme war ein knarrend tiefer Bass. »Und wir wollen auch mal sehen, was du auf deinen Packeseln so durch die Gegend transportierst.«

»Ich habe kein Geld«, nuschelte Tyler.

»Hör auf zu lügen, Knollennase! Ich sehe doch, dass du reich bist. Aber du willst einfach nichts abgeben.«

»Da täuschen Sie sich, Mister!«

Doch nun trieb der bullige Joe Nelson seinen Braunen auf den Händler zu.

»Er braucht mal eine Abreibung, Brad«, knurrte er. »Hehe, Freundchen«, wandte er sich an den Händler.

In Hieronymus Tylers Augen flackerte Panik auf.

»Lassen Sie mich in Frieden!«

»Dreckskerl!« Auch Bradshaw trieb sein Pferd nun nach vorn. Seine Hand fuhr hinunter zum Colt.

»Was habe ich euch getan?«, kreischte Tyler und griff ebenfalls nach seiner Waffe.

Doch nun ging alles blitzschnell. Denn Bradshaw fackelte nicht lange. Weshalb auch? Er feuerte aus der Hüfte. Der Schuss krachte, und Hieronymus Tylers Hemdbrust verfärbte sich blutrot. Klebriges Rot auf dreckigem Grau.

Der Händler riss die Augen weit auf und starrte den Banditen entsetzt an. Doch der lachte nur. Und nun feuerte auch Nelson. Sein Colt spie Feuer, und das Blei traf Tyler in den Kopf, genau zwischen die Augen. Das Blut, warm und eklig, lief in einem breiten Strom über das Gesicht des Händlers.

Nelson lachte auf.

Im nächsten Moment kippte Hieronymus Tyler von seinem Maultier, und sein Blick brach für alle Zeiten. Er stürzte auf den harten und ausgedörrten Boden der Prärie und blieb reglos inmitten einer sich rasch vergrößernden Lache von Blut liegen.

Bradshaw sprang aus dem Sattel und kauerte neben dem Sterbenden nieder. Rasch und mit gierigen Händen durchsuchte er die Innentasche seiner schäbigen Jacke. Er entdeckte eine alte Brieftasche und öffnete sie. Doch außer einigen fünf Ein-Dollar-Noten entdeckte er lediglich ein paar verblichene Briefe und Notizzettel.

»Da ist nichts! Verflucht, wo hat der Hurensohn sein Geld versteckt?«, stieß er wütend hervor.

»Du hättest ihn nicht sofort erschießen sollen, Brad«, quengelte der Mexikaner und hustete. Seine Stimme war hoch und meckernd. »Dann hätten wir ihn fragen können!«

»Deine Ratschläge kannst du für dich behalten!«, blaffte Bradshaw wütend.

Der Mexikaner lachte wieder meckernd. »Ich meine ja nur. Hehe, keine Widerworte, was? Die Knollennase hätte schon geantwortet, wenn ich ihn gefragt hätte.«

»Ach ja.« Bradshaw durchsuchte jetzt die Hosentaschen des Toten. Doch er fand nichts als Streichhölzer. Also sprang er auf und riss einem der Packtiere ungeduldig einen großen Ledersack vom Rücken. Wütend öffnete er ihn und kippte den Inhalt vor sich ins Gras. Doch nichts kam zu Tage als allerlei merkwürdige Stoffreste, zwei Paar blaue Arbeitshosen und mehrere Hemden und Unterhemden.

»Verdammt!«, tobte der Bandit. »Was sollen wir mit diesem Scheiß anfangen?«

Auch seine Kumpane sprangen von den Pferden und rissen Säcke und Packtaschen von den Rücken der Mulis. Auch sie schütteten einfach alles auf den Boden. Doch Tyler hatte nur Waren dabei gehabt, die für sich allein genommen nicht viel wert waren: alte Schuhe, große Schachteln voller Nägel und Schrauben, Bibeln und Druckwerke über Ehehygiene, Schuhwichse und Bürsten, Lederstreifen und Steigbügel, Eisentöpfe, Schürhaken und Blechteller.

Aber nirgends entdeckten die Desperados das dicke Bündel von Dollarnoten, auf das sie gehofft hatten.

»Wo hast du dein Geld versteckt?«, brüllte Joe Nelson, der bullige Texaner und trat wütend gegen den Kopf des Toten.

»Jetzt nutzt das auch nichts mehr, hihi«, kicherte der Mexikaner.

»Halt dein Maul!«

Billy Reeves, der Milchbart, ging auf Bradshaw zu. »Vielleicht hättest du ihn tatsächlich nicht sofort erschießen sollen, Brad«, meinte er. »Wir hätten ihm sein Leben gegen sein Geld geben können!«

»Weiß jetzt schon ein Kind, was wir hätten tun und lassen sollen?«, blaffte Bradshaw.

»Ich bin kein Kind mehr.«

»Warte ab bis heute Nacht, dann zeige ich dir, was du bist!«

»Hehehe«, lachte Joe Nelson, der bullige Texaner.

Nach kurzer Zeit hatten die Banditen den Inhalt sämtlicher Packsäcke und Taschen, aller Bündel und Rollen im Gras ausgeleert. Selbst Tylers Leiche war von den Waren bedeckt. Doch außer einigen Schachteln Patronen und mehreren Colts hatten sie nichts gefunden, was sie gebrauchen konnten. Einen größeren Dollarbetrag hatte der Händler jedenfalls nicht bei sich gehabt.

Die Killer fluchten, schimpften wütend durcheinander und traten den Toten und seinen jämmerlichen Krempel. Alle waren enttäuscht und wütend. Noch niemals hatte ein Überfall so verdammt wenig eingebracht wie der auf diesen verfluchten Händler. Joe Nelson trat wieder hasserfüllt den Kopf des Toten, und die anderen beförderten den am Boden liegenden Plunder mit wütenden Tritten in alle Richtungen.

Doch dann hatte Brad Bradshaw, der Boss der Bande, eine Idee. »Er muss sein Geld auf irgendeiner Bank deponiert haben. Gab es nicht solche Gerüchte? Wo kam das Arschloch her?«

»Aus San José«, meinte Nelson.

»Dort gibt es keine Bank, du Schwachkopf. Wo war er davor?«

»Vermutlich in Willings«, meinte Billy Boy Reeves, der Milchbart.

»Ganz genau, Kleiner!«, rief Bradshaw. »He, du bist ja gar nicht doof! In Willings gibt es nämlich eine Bank. Und die ist ohnehin interessant. Dort liegen auch die Dollars dieser verfluchten, geizigen Rancher.«

»Du hast recht, Brad«, sagte Billy. »Da geht's um viel Geld!«

»Ich habe immer recht! In Willings werden wir zu reichen Leuten werden. Das sage ich euch! All die verdammten Viehzüchter haben dort ihr Geld hinterlegt.«

»Ja klar, Brad!«

»In Willings gibt es einen Marshal«, wandte der Mexikaner ein.

»Na und? Charles Fleetwood ist doch ein Vollidiot!«

»Du sagst es!«, rief Nelson.

Die vier Banditen stiegen auf. Sie hatten nun eine Idee, wie sie doch noch zu einem Haufen Geld kommen konnten. Und um anderes ging es ihnen ja nicht. In Willings endete die Trasse der Eisenbahn aus Colorado und Kansas, und hier wurden tausende Longhornrinder für den Transport zu den Schlachthöfen verladen. So hatte der Fleischhandel jede Menge Geld nach Willings gespült. Es waren wunderschöne Dollars, die man sich nur zu holen brauchte.

Die erbeuteten Patronen und Colts hatten die Banditen längst in ihren Satteltaschen verschwinden lassen. Jetzt trieben sie ihre Pferde an und preschten zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Der Überfall auf den närrischen Alten war also doch zu etwas nütze gewesen ...

Unter den sengenden Strahlen der glühenden Sonne rollte der Planwagen, von zwei Maultieren gezogen, durch die Weiten von Texas nach Süden. Das robuste Gefährt mit seinen großen Rädern und massiven Planken war dazu gemacht, dieses unwegsame Gelände gut zu bewältigen. Er war bespannt von einer Plane aus weißem Segeltuch, auf der in großen und knallroten Buchstaben die Worte »The Texas-Honky-Tonky-Show« zu lesen war. Daneben erblickte man die ziemlich simple Zeichnung einer ausgesprochen kurvenreichen Lady, die in einer Korsage auf einem Fass saß und ihre langen Beine zeigte.

Die Frau, die auf dem Kutschbock saß, war vielleicht dreißig Jahre alt, eine gutgebaute, schwarzhaarige Schönheit mit dem dunklen Teint einer Italienerin. Bekleidet war sie mit einem einfachen Kleid aus grauem Leinen, wie die Frauen der Siedler es in jenen Jahren trugen und das sich über ihren üppigen Brüsten spannte. Auf dem Kopf trug sie als Sonnenschutz einen breitkrempigen Strohhut. Neben ihr lag ein Gewehr, und in der rechten Hand hielt sie die Zügel der Mulis, mit denen sie die Tiere dann und wann durch ein leichtes Klatschen der Lederriemen vorwärts trieb.

Sie schien ihren Gedanken nachzuhängen, und weiß Gott, von welch fernem Land oder welch schöner Zukunft sie träumte. Doch dann veränderte sich ihre Miene, und der verschleierte Blick ihrer schwarzen Augen wurde klar und wach. Sie hatte gerade einen hohen Felsbrocken umrundet, als sie einen großen Haufen von allerlei Kram und Krempel vor sich im Gras der Prärie liegen sah. Zunächst glaubte sie, sie hätte es mit einer Art Müllplatz zu tun. Es war ein buntes Durcheinander von allerlei Kisten und Kästchen, von Leder- und Leinensäcken, von Werkzeugen und Küchengeräten, von Kleidungsstücken, Zaumzeug und anderem Krempel.

Doch dann erblickte sie den Toten, der unter all dem Trödel lag. Und sie erkannte sofort, dass sein Körper voller Blut war.

»Halt!«, rief sie mit lauter Stimme und zügelte ihre Mulis. Sie griff nach ihrem Gewehr.

»Emmy!«, rief sie mit ihrer ein wenig rauchigen Stimme. »Hier liegt ein Toter!«

Eine zweite Lady erschien nun am Eingang des Planwagens. Sie war etwas jünger als die Italienerin und nicht weniger attraktiv: von schlanker Gestalt war sie, hatte große blaue Augen, einen großen, roten Mund und schulterlanges, glattes, blondes Haar. Sie trug Blue Jeans und eine leichte Lederjacke.

Sue Ann, die Italienerin, sprang vom Kutschbock. Vorsichtig ging sie zu dem Toten und schob mit dem Lauf des Gewehrs den Trödel von seinem Körper. Er war ein kleiner Mann mit einer großen, roten Knollennase, und er war voller Blut. Ohne Zweifel war er von mehreren Kugeln getroffen worden, denn sein Schädel war vom Blei halb zerschmettert. Aber auch die Tiere der Prärie schienen sich bereits an ihm gütlich getan zu haben, sodass die Leiche einen grauenerregenden Anblick bot: Große Bisswunden zeigten sich an den Beinen und dem rechten Arm.

»Mein Gott!«, stieß die blonde Emmy, die ebenfalls vom Wagen gesprungen war, unwillkürlich hervor und blickte auf den Toten.

»Erinnerst du dich an ihn?«, fragte Sue.

»Natürlich.« Die Blonde nickte. »Das ist dieser Händler, den wir in Santa Fe kennengelernt haben. Hieronymus Ryder oder so ähnlich.«

»Tyler oder Ryder«, meinte die Dunkelhaarige. »In Abilane haben wir ihn ebenfalls gesehen.«

»Ja.«

Beide schwiegen.

»Sie haben ihn überfallen«, erklärte die Italienerin. »Sie müssen geglaubt haben, dass er Geld hatte.«

»Wahrscheinlich hatte er auch welches«, sagte Emmy McVie. »Verdammt, er war ein netter Kerl! Er war vielleicht ein bisschen komisch, aber er war in Ordnung. Wie lange wird er hier schon liegen?«

»Seit gestern vermutlich.« Sue Ann Cipolla blickte sich um. Schwache Hufspuren, die der ewige Wind langsam verwehte, wiesen in südlicher Richtung. »Wohin sind die verschwunden?«

»San José. Willings«, meinte Emmy.

Die Italienerin nickte.

»Was machen wir?«

»Fahren wir nach San José«, entschied Sue. »In zwei Stunden müssten wir dort sein. Dort soll es einen Telegraphen geben, mit dem wir den Marshal in Willings erreichen können.«

»Das ist eine gute Idee. Aber decken wir ihn ein bisschen ab, um ihn vor den Tieren zu schützen.«

»Ja, okay!«

Die beiden Ladys holten eine alte Decke aus ihrem Planwagen und breiteten sie über den Toten aus. Sue Ann hob einige der ringsum verstreuten Säckchen und Kisten auf und legte sie auf den Leichnam. Auf diese Weise war Tyler in der Tat einigermaßen vor den Tieren der Wildnis geschützt.

Emmy bückte sich und hob eine kleine Rolle eines leuchtend roten Stoffes auf. Sie zeigte sie ihrer Freundin. »Was passiert damit?«

»Hm«, meinte Sue Ann.

»Ich will ihn nicht bestehlen. Aber wem gehört das jetzt? Wenn wir es nicht nehmen, nimmt es jemand anderer.«

»Das kann schon sein!«

Die beiden Ladys bückten sich und durchsuchten die Berge von Krimskrams und Krempel. Selbstverständlich würden, sobald der Mord bekannt geworden war, die Besitztümer des Toten von allen möglichen Leuten geplündert werden. Sie gehörten ja niemandem mehr. Immerhin entdeckten die beiden Ladys außer einem Spitzenhemdchen und einigen Paaren langer Seidenstrümpfe auch ein kunstvoll geschneidertes Korsett, das Sue Ann wie angegossen zu passen schien.

»Das ist aus Paris«, erklärte die Italienerin. »Es macht echt was her.«

»Super! Das macht die Kerle verrückt.«

Sie warfen ihre neuen Schätze in den Wagen und kletterten wieder auf den Kutschbock. Sue trieb die Mulis mit leichtem Peitscheneinsatz an.

»Vorwärts, ihr Süßen!«

Die Mulis zogen an, und Sue lenkte den Wagen um den Toten und seine Hinterlassenschaften herum. Dann fuhr sie in der heißen Mittagssonne durch das karge Land nach Süden. Zunächst folgte sie der halb verwischten Fährte der Killer, doch dann war die Bande nach Westen abgebogen. Ihre Spur führte in Richtung eines bewaldeten Hügelrückens.

»Was wollen sie dort?«, fragte Emmy. »Vielleicht haben sie dort ein Versteck.«

»Das kann gut sein.«

Die Blonde blickte zu den im Sonnenglast flimmernden Hügeln hinüber. »Kümmern wir uns besser nicht darum«, meinte sie. »Vielleicht beobachten sie uns.«

»Möglich. Also verschwinden wir lieber!«

Sue Ann lenkte den Wagen weiter in Richtung des Ortes San José. Er war nur noch wenige Meilen entfernt.

Jimmy Bordman stand hinterm Tresen seines Black-Rooster-Saloons und polierte gelangweilt an seinen Gläsern. Heute herrschte mal wieder eine verdammte Hitze, und der Schweiß lief ihm in Strömen über den nahezu kahlen Schädel. Dabei bewegte er sich doch kaum. Aber der August hier unten im Süden war für einen Dicken wie ihn die Hölle.

Bordman, genannt Bordy, war ein knapp vierzigjähriger kleiner und dicker Mann, der seinen Saloon seit mindestens zwanzig Jahren betrieb; so genau wusste er das selbst nicht mehr. Jedenfalls war er als junger Mann, noch rank und schlank, durch San José gekommen und wegen eines Frauenzimmers namens Dolores geblieben.

Sie war ein Knaller, eine Sexbombe, wie Bordy sie liebte. Allerdings hatte sie sich nach einigen Jahren dann spurlos aus dem Staub gemacht; vermutlich glaubte sie, dass sie einen besseren, reicheren und unterhaltsameren Mann als ihn finden könnte.

Bordy war mit seinem Saloon zurückgeblieben und nach und nach doch noch zu einer guten Stange Geld gekommen. Man musste den Whiskey nur selbst brennen und dann noch mit Wasser strecken.

Am anderen Ende des Tresens stand Rosie, seine Bardame, Haushälterin, Putzfrau und Geliebte, und langweilte sich ebenfalls. Mittlerweile war sie fast so beleibt wie er selbst.

San José war in jenen Tagen nicht mehr als ein winziges Nest in den Weiten der Prärie. Es umfasste gerade mal ein Dutzend Gebäude, von denen die Hälfte allerdings nur Ställe und Schuppen waren.