Jack Slade 1034 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 1034 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Ellsworth ist eines der aufstrebenden Viehhandelszentren in Kansas. Die öffentliche Ordnung erweist sich im Zuge dieser Entwicklung als eine prekäre Angelegenheit. Als eines Tages ein Lynchmord droht - mal wieder ein Vorfall, bei dem der Sheriff, wie so oft, irgendwo im Hintergrund zu verschwinden scheint -, greift ein Fremder ein und schießt sich in die Herzen der ansatzweise verzweifelten Stadtväter. So kommt die Stadt Ellsworth vom Regen in die Traufe, denn der vermeintliche Heilsbringer erweist sich als der abgefeimteste Schurke, den die Stadt je erlebt hat ...


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Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Der Übelste unter der Sonne

Vorschau

Impressum

DerÜbelsteunterder Sonne

Ellsworth ist eines der aufstrebenden Viehhandelszentren in Kansas. Die öffentliche Ordnung erweist sich im Zuge dieser Entwicklung als eine prekäre Angelegenheit. Als eines Tages ein Lynchmord droht – mal wieder ein Vorfall, bei dem der Sheriff, wie so oft, irgendwo im Hintergrund zu verschwinden scheint –, greift ein Fremder ein und schießt sich in die Herzen der ansatzweise verzweifelten Stadtväter.

So kommt die Stadt Ellsworth vom Regen in die Traufe, denn der vermeintliche Heilsbringer erweist sich als der abgefeimteste Schurke, den die Stadt je erlebt hat ...

»Hängt ihn auf!«, befahl der grimmige Rancher. »Raus mit der Ratte aus dem Mietstall. Dann hängt ihn an die nächste Straßenlaterne, damit alle sehen, was in Ellsworth mit Pferdedieben geschieht!«

»Gnade!«, jammerte der Mexikaner. »Ich wollte das Pferd nicht stehlen. Ich wollte es mir nur ausborgen, um den Doc zu holen. Meine Frau ist in den Wehen. Der Doc ist auf der Mason-Ranch und feiert dort bei einer Hochzeit mit. Ich wollte ihn bitten zu kommen!«

Einer der sechs Cowboys, die den Jammernden hielten, schlug ihm mit der Faust ist Gesicht.

»Mexikanische Ratte! Man weiß doch, was für ein Gesindel ihr seid. Colonel, was sollen wir tun?«

»Hast du nicht gehört, Miles Random?«, fragte der bullig gebaute schnauzbärtige Rancher. Er hatte schlohweißes Haar, das ihm lang über den Kragen hing. Er hielt sich ein wenig gebückt. Sein Gesicht mit den buschigen Brauen und der grobporigen Nase war gnadenlos. »Aufhängen, habe ich gesagt!«

Die Cowboys zerrten den Mexikaner vom Mietstall weg. Das Pferd, mit dem er hatte wegreiten wollen, wurde wieder hineingebracht. Der Stallmann hielt sich im Hintergrund, obwohl er Mitleid mit dem armen mexikanischen Familienvater hatte. Mit Ike Thornton, den sie nach seinem Rang im Krieg immer noch respektvoll Colonel nannten, legte sich niemand in Ellsworth an.

Auf der Straße hatten sich Zuschauer angesammelt. Gut hundert Leute standen da, Männer und Frauen aus Ellsworth und ein paar Cowboys von außerhalb. Auch von ihnen griff niemand ein.

Nur eine Frau meldete sich, eine Einwohnerin.

»Sir, Colonel Thornton, haben Sie Mitleid. Ich kenne den Mann, viele kennen ihn in der Stadt. Er ist in Ordnung. Er hat Familie – eine Frau und fünf Kinder. Wenn er sagt, dass er sich das Pferd nur ausborgen wollte, um den Doc zu holen, kann man ihm das glauben.«

Der Mexikaner war zu einer gebogenen Straßenlaterne gezerrt worden. Schon holte einer von Thorntons Cowboys aus, um das Lasso darüberzuwerfen. Im Hängen hatten Thorntons Männer Erfahrung.

Der Rancher schnauzte die Frau an: »Willst du mir vorschreiben, was ich glauben soll und was nicht? Was geht mich die Frau des Mexikaners an? Ein Pferdedieb ist ein Pferdedieb, und Pferdediebe werden in Texas wie in Kansas gehängt. Er hätte sich ein anderes Pferd nehmen sollen als eins von der Cross T.«

Die Schlinge flog über die Laterne. Der Mexikaner wurde derb auf ein Pferd gesetzt. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt. Gerade als ein Cowboy herbeiritt, um dem Delinquenten die Schlinge um den Hals zu legen, meldete sich eine Männerstimme.

»Halt!«

Thornton sah sich um.

»Wer war das?«, fragte er.

Es hörte sich an wie: Wer wagt es? Wer ist diese Ratte? Sie soll vortreten, damit ich sie zerquetschen kann.

Die Zuschauermenge teilte sich. Ein einzelner Mann trat vor, eine ungewöhnliche Erscheinung für die Treibherdenstadt, wo es von Cowboys wimmelte. Am ehesten sah der Mann wie ein Spieler aus. Groß, gut gekleidet mit schwarzem Anzug, blankpolierten Stiefeln, in denen man sich spiegeln konnte, flachkronigem Hut und gefälteltem Hemd mit Spielerschleife. Ein Stutzer, doch mit zwei 45er Colts an der Seite. Der Mann trug schwarze Handschuhe.

Sein Gesicht war bleich. Er schien genau zu wissen, was er wollte.

»Ich«, sagte er.

Nicht allzu laut, doch weil es still geworden war, hörte man seine Stimme deutlich. Er war glattrasiert und hatte ein scharfgeschnittenes Gesicht und dunkle Haare. Er sah sehr gepflegt aus.

»Und wer bist du, der verhindern möchte, dass hier ein Pferdedieb seine gerechte Strafe findet? Ich kenne dich nicht, du Lackaffe, und ich kenne ziemlich jeden in der Stadt, die ich gegründet habe.«

»Mein Name ist Fanton, ich komme aus Indiana. Deshalb werde ich Hoosier Fanton genannt. Mein richtiger Vorname tut nichts zur Sache. Ich werde hier keinem Lynchmord zusehen. Lasst den Mann los und gebt ihm ein Pferd, damit er endlich losreiten und den Doc für seine Frau holen kann.«

»Ich höre wohl nicht recht«, entgegnete der knorrige Rancher. »Du willst mir Vorschriften machen, du dahergelaufener Fatzke? Verschwinde, verpiss dich, solange du noch kannst, bevor ich dich am Lasso durch die Stadt schleifen lasse.«

»Das werden Sie nicht tun, Sir. Reden Sie höflich mit mir. Sonst wird es Ihnen leidtun.«

»Du drohst mir?«, fragte Thornton ungläubig. »Mir, in dessen Schatten diese Stadt lebt, der ihr Gründer und der reichste und mächtigste Mann in weitem Umkreis ist? Dem Ellsworth überhaupt seinen Aufstieg zur Treibherdenstadt und Konkurrenz von Dodge, Abilene und Wichita zu verdanken hat? Ohne den nicht mal die Sonne aufgeht, wenn er es verbietet?«

»Jetzt ist Abend, Sir, und Sie sind ein Großmaul und Schwätzer! Lasst den Mann los, sage ich! Schneid ihm die Fesseln durch, Cowboy, dann weg von ihm! Ihr anderen bei dem Großmaul mit dem Schnauzbart, rührt euch nicht vom Fleck! Oder es knallt! Ich sage es nicht noch einmal.«

Alle starrten ihn an. Es verschlug ihnen die Sprache. So hatte noch nie jemand mit dem Colonel geredet. Thornton wollte es nicht glauben. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab, als er mehrfach schluckte.

Dann bellte er: »Gebt es ihm!«

Fanton zog so schnell wie der Blitz beide Revolver. Es ging so rasch, dass man die Bewegung nicht mit dem bloßen Auge verfolgen konnte. Eben steckten die Colts mit den silberfarbenen Läufen und den Hirschhorngriffschalen noch in den Holstern, dann hatte er sie schon in der Hand.

Die Cowboys, allen voran Miles Random, Thorntons Vormann, waren auf Fanton losgegangen. Gezogen hatte noch keiner, doch drei von den sechs Männern hatten die Hand am Revolver.

Es knallte. Hoosier Fanton schoss drei Männer kaltblütig nieder. Zwei fielen auf der Straße, der Dritte war der, der dem Mexikaner den Strick hatte um den Hals legen wollen.

Die Schüsse klangen rasend schnell.

»Was!«, brüllte Thornton, der seinen Augen nicht trauen wollte.

Er beging den Fehler, nach seiner Waffe zu greifen. Es war ein Reflex, es wurde geschossen, also fasste er an den Revolver.

Im nächsten Moment hatte er eine Kugel im Kopf und stürzte vom Pferd in den Straßenstaub. Er als Einziger seiner Leute hatte hoch zu Ross im Sattel gesessen. Eine Frau in der Zuschauermenge schrie auf.

Eine Kugel Fantons hatte den Körper eines Mannes durchschlagen und dann sie getroffen und verletzt.

Fanton stand da, hoch aufgerichtet, den linken Fuß etwas vorgesetzt, eine für ihn charakteristische Haltung, wenn er einen Gunfight ablieferte. Dabei schob er den Steiß etwas zurück. Er stand da wie ein Denkmal der Selbstgerechtigkeit, ein Vollstrecker, der sich seiner Überlegenheit bewusst war und gnadenlos sein Recht zu töten genoss.

Ein Recht, das er sich selber gab.

Atemlose Stille herrschte.

Dann rief jemand: »Das kann doch nicht wahr sein! Er hat den Colonel erschossen.«

Ein anderer rief: »Holt endlich den Sheriff! Dem muss Einhalt geboten werden. Der Kerl ist ein Killer.«

Fanton wirbelte die Colts in den Händen einmal um die Achse und ließ sie wie durch Zauberei in den Holstern verschwinden.

»Ich habe in Notwehr gehandelt«, sagte er. »Um einen Lynchmord zu verhindern und um mein Leben zu schützen. Solche Übergriffe, wie sie hier stattfanden, kann ein Mann wie ich nicht dulden. Will einer von euch noch was? Wer hat das Wort Killer ausgesprochen?«

Niemand meldete sich. Keiner wagte es, sich diesem Mann zu stellen.

Thorntons drei restliche Cowboys waren totenbleich. Fanton zeigte nicht die Spur von Angst, obwohl er damit rechnen musste, dass einige in der Menge Thorntons Tod rächen wollten. Schließlich war er – Fanton – ein Fremder, der Colonel jedoch Stadtgründer und ein reicher, mächtiger und angesehener Mann.

Ein Tyrann zwar, doch der wichtigste und bedeutendste Bürger. Jetzt war er tot.

Thorntons Cowboys hatten gesehen, wie schnell Fanton zog und wie todsicher er schoss. Mit beiden Revolvern zugleich, was nur Kunstschützen und absolute Revolverasse konnten. Sie schüttelten die Köpfe und reckten die Hände hoch.

»Nicht schießen, Hoosier!«

Hoosier war eher ein Spottname für die Einwohner von Indiana. Fanton nahm es nicht krumm, da stand er drüber. Für ihn war das sein Markenzeichen.

Das Pferd des Cowboys, der dem Mexikaner die Schlinge hatte um den Hals legen wollen – das Lassoende war schon an der Straßenlaterne festgebundenHo – war weggelaufen. Sein Besitzer lag tot auf der Straße. Der Mexikaner, den man hatte lynchen wollen, saß auf dem Pferd, die Hände nach wie vor auf den Rücken gefesselt. Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn und im unrasierten Gesicht.

Er konnte noch gar nicht glauben, dass er mit dem Leben davongekommen war.

»Nehmt ihm endlich die Fesseln ab!«, befahl Fanton. »Der Mann muss den Doc holen für seine schwangere Frau. Wie heißt du, mein Freund?«

»Alonzo. Alonzo Gonzales.«

»Du kannst heute deinen zweiten Geburtstag feiern, Alonzo. Vergiss nicht, wem du das verdankst.«

»Si, si, Señor. Tausend Dank. Ich küsse Ihre Hände, Señor. Das werde ich Ihnen nie vergessen. Meine ganze Familie wird für Sie beten, und ...«

»Geschenkt. Vergiss nicht, dass du mir etwas schuldig bist. Vielleicht werde ich irgendwann eine Gefälligkeit bei dir einfordern.«

»Sie ... Sie haben vier Männer erschossen, Señor. Musste ... musste das sein?«

»Ja. Oder wolltest du lieber aufgehängt werden, Alonzo? Thorntons Cowboys können froh sein, dass ich sie nicht alle erschossen habe. Ellsworth ist eine wilde und zügellose Stadt. Sie braucht eine starke, ordnende Hand, die sie im Zaum hält. Ich bin sicher, ich bin diese Hand. Das werde ich mit dem Bürgermeister klären. Der derzeitige Sheriff hat die Stadt mit den wilden Texas-Cowboys und allem, was sich im Umland abspielt, nicht im Griff. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Ich bringe Gesetz und Ordnung.«

Die von der verirrten Kugel verletzte Frau war nicht schwer verwundet. Man nahm Alonzo die Fesseln ab. Er ritt sofort zur Mason-Ranch, um den Doc zu holen. Die verletzte Frau wurde in ein Haus gebracht und dort fürs Erste verbunden.

Die Zuschauer standen alle unter Schock. Als der Sheriff eintraf – er kam allein –, hatte sich Fanton schon zu seinem Hotel begeben. Die drei verbliebenen Cross-T-Cowboys befanden sich noch vor Ort. Sie hatten nicht mehr gewagt, etwas gegen Fanton zu unternehmen. Der Schreck steckte ihnen zu sehr in den Knochen.

Sheriff Hank Miller hörte sich an, was geschehen war. Er sah die vier Leichen. Besonders die von Ike Thornton, den sie Colonel genannt hatten, und von Miles Random, dessen Vormann.

Der Sheriff war sehr erschüttert. Dass jemand den mächtigsten Mann in der Stadt, den gefürchteten Colonel, auf offener Straße erschoss und damit durchkam, war für ihn ein Unding.

Hank Miller war um die vierzig, untersetzt und breitschultrig. Ein bedächtiger Mann, der auch fünf gerade sein ließ und gelegentlich ein Auge zudrückte. Mit den Texas-Cowboys, die mit ihren Herden kamen und sich in Ellsworth austoben wollten, tat er sich schwer.

Fast eine Viertelmillion Rinder waren im vergangenen Jahr 1876 in Ellsworth angekommen und verladen worden, um mit der Bahn verfrachtet zu werden. Zu den Schlachthöfen von Chicago, an die Ostküste, ins ganze Land verteilte sich der texanische Rindersegen und lieferte der Nation wertvolles Fleisch. Der Magen der USA war unersättlich – nach dem Ende des Bürgerkriegs ging es mit dem Viehhandel rasant aufwärts.

Die Viehzucht war besonders in Texas ein Industriezweig und prägte den Staat. Es war ein Millionengeschäft. Die Cowboys, welche die Herden trieben und härteste Strapazen und Gefahren auf sich nahmen, hatten die Taschen voll Geld, wenn sie ihre Herde ablieferten, und wollten sich amüsieren.

Sie tobten sich aus in den Treibherdenstädten. Dort brüllten die Longhornrinder in den Corrals und rollte der Dollar, was wiederum Gesindel und Abzocker anzog wie das Aas die Schmeißfliegen. In den Saloons, Spielhöllen und Bordellen herrschte während der Saison Hochbetrieb.

Im Winter klappte man die Bürgersteige hoch und dämmerte die Stadt vor sich hin. Die wilden Cowboys, oft außer Rand und Band nach dem Trail, stellten die Stadt und ihre Einwohner vor Probleme. Zwei Sheriffs lagen in Ellsworth schon auf dem Boot Hill.

Der letzte Stadtmarshal, der dem Stadtrat und dem Sheriff unterstand, war ausgerissen, nachdem ihn betrunkene Cowboys am Lasso geschleift und zudem auch noch angepisst und getreten hatten. Er wollte sich in Ellsworth nicht mehr blicken lassen. Ob er sich je wieder von der Schmach erholen würde, die man ihm zugefügt hatte, war fraglich.

Körperlich war er nicht sehr verletzt, nur zerschunden. Doch sein Stolz und seine Selbstachtung hatten eine tiefe klaffende Wunde erhalten.

Der Mayor und ein Stadtrat erschienen am Ort der Schießerei. Noch immer standen Zuschauer sich die Beine in den Leib, um nur nichts zu versäumen. Auch Cowboys, die aus Texas Rinder hergetrieben hatten, waren unter den Zuschauern.

Doch ihnen wurde schon langweilig. Es juckte sie, sich ins Vergnügen zu stürzen, Whisky zu trinken, bis er ihnen aus den Ohren lief, es wüst mit den Girls zu treiben – die Huren hatten während der Herdensaison Hochbetrieb. Dann rauchte die Pussy, wie Bösmäulige drastisch sagten.

Es wurde auf Teufel komm raus gepokert und Roulette gespielt, die ganze Stadt auf den Kopf gestellt. Mancher Texas-Cowboy ackerte sich sechs Wochen ab, trieb Rinder, setzte sich Strapazen aus und riskierte Gesundheit und Leben.

Und haute dann in ein paar wilden Tagen und Nächten alles auf den Kopf. Dann zog er mit hängenden Ohren wieder heim nach Texas und war froh, wenn er sich unterwegs durchschnorren konnte und was zu essen hatte.

»Der lahme Sheriff war mal wieder nicht da, als man ihn brauchte«, sagte ein Texas-Cowboy laut genug, dass Hank Miller ihn hörte. »So einen Job möchte ich auch mal haben. Er ist flüssiger als Wasser – nämlich überflüssig.«

Hank Miller drehte sich nicht mal um und verzog keine Miene. Er wusste, woran er war. Bei den wilden Texas-Cowboys konnte er sich nicht durchsetzen. Die wilde Horde, die ganze Clique der außer Rand und Band geratenen Vergnügungsindustrie von Ellsworth machte sich längst ihre eigenen Regeln.

Blaise Connery war ihr Wortführer; er hatte in den Saloons, Spielhallen und Freudenhäusern das Sagen. Die Hotels und Boarding Houses und Mietställe standen jedoch nicht auf seiner Liste.

Die Gemeinschaft der Geschäftemacher im Milieu, Saloon- und Rotlichthausbetreiber hielt zusammen. Sie zockten die Cowboys ab.

Der Sheriff konnte nicht mal die Sperrstunde durchsetzen. In Ellsworth musste es brummen und der Dollar rollen. Blaise und Konsorten verfügten über eine eigene Ordnungsgarde und machten sich ihre Regeln selbst.

Als der Sheriff zuletzt versucht hatte, um drei Uhr früh in Blaise Connerys ›Silver Dollar Saloon‹ zu verlangen, dass man schloss, weil es allzu laut herging, lachte man ihn aus. Betrübt zog er ab, als eine Flasche ihm am Kopf vorbeiflog und eine mitten im Saloon auf dem Tisch tanzende Stripperin sich bückte, das Kleid hochhob und ihm den nackten Hintern zeigte.

Miller hätte den Job längst hingeschmissen. Doch seine Frau hatte Haare auf den Zähnen und verhinderte das.

»Bist du verrückt?«, sagte sie zu ihm. »Du bekommst dreihundert Dollar im Monat! Den Job gibst du nur auf, wenn man dich rausschmeißt – oder du brauchst mir nicht mehr nach Hause zu kommen.«

»Dann mach du doch den Sheriff«, hatte Miller einmal gewagt, seiner besseren Hälfte zu widersprechen. »Vielleicht wärst du besser als ich geeignet, den Stern zu tragen.«

»Mit Sicherheit«, antwortete ihm seine resolute Frau. »Was habe ich nur für einen Schlappschwanz geheiratet? Du behältst den Stern, du bleibst Sheriff, oder du wirst was erleben!«

Miller gab nach. Scheidungen waren nicht üblich. Er hatte gelernt, hatte lernen müssen, sich seinem Hausdrachen unterzuordnen.

Mrs. Miller war mal von einer Freundin angesprochen worden: »Du hast deinem Hank gleich zu Anfang eurer Ehe das Rückgrat gebrochen.«

Die Antwort lautete: »Da gab's nichts zu brechen. Er hatte keins.«

Unter Hank Miller als Sheriff waren üble Zustände in Ellsworth eingerissen. Doch auch in anderen Treibherdenstädten in Kansas ging es wild zu und tanzte der Teufel. Nachts waren die Straßen von Ellsworth nicht sicher, wurden von wilden, vergnügungssüchtigen Cowboys rücksichtslos beherrscht.

Tagsüber ging es halbwegs normal zu. Auf den beiden Verladebahnhöfen und bei den Corrals und Rampen herrschte ständig Betrieb. Tausende Rinder wurden mit der Kansas Pacific Railway verfrachtet. Die ganze Stadt stank während der Saison nach den brüllenden Longhorns.

Vor der Stadt würden sich bald die Herden stauen, für den Sheriff zusätzliche Arbeit, wenn sich die Herdenbosse darüber zankten, wer in welcher Reihenfolge an Futter und Wasser kam. Hank Miller verzweifelte mittlerweile an seinem Job und ließ die Dinge gerne laufen. Sollten sie doch alle tun, was sie wollten, und zusehen, wie sie miteinander klarkamen.

Es reichte ihm, wenn er den Anschein von Gesetz und Ordnung aufrechterhalten konnte.

Jetzt seufzte er tief.

»Bringt die vier Toten zur Cross T heim«, sagte er zu den drei überlebenden Mannschaftskameraden.

»Mehr fällt dir dazu nicht ein?«, schnappte einer von ihnen.

»Was soll mir denn einfallen? Es ist ein klarer Fall von Notwehr gewesen. Big Ike überschritt seine Kompetenzen. Das büßte er mit dem Leben. Drei seiner Männer, die mit ihm den Lynchmord begehen wollten, erging es genauso.«

Ronald Hemsworth, der Mayor von Ellsworth, trat hinzu.

»Hoosier Fanton, der sie erschossen hat, hält sich in seinem Hotel auf«, sagte er. »Er hielt es nicht mal für nötig, auf dich zu warten, Sheriff. Willst du ihn nicht aufsuchen?«

»Ich bestelle ihn morgen ins Office«, antwortete der Sheriff lethargisch. »Ich muss meine Runde machen.«

Dabei würde er überall mal reinschauen, begleitet von einem Deputy, und dabei jedem Ärger möglichst aus dem Weg gehen. Die Saloonbetreiber und andere aus dem Vergnügungsmilieu hatten sich unter Connerys Führung mit ihm arrangiert.

Connery gab die Anweisung, man sollte sich halbwegs benehmen, wenn der Sheriff reinblickte.

»Er bleibt nicht lange, und sobald er gegangen ist, können wir es wieder wild treiben.«

So machte man es in Ellsworth.

Es war früher Abend und noch hell. Auf den Verladebahnhöfen pfiffen Loks und schepperte es, wenn rangiert wurde. Rindergebrüll schallte durch die Stadt.

Man holte einen Wagen und lud die Erschossenen darauf. Man drückte ihnen die Augen zu. Der Leichenbestatter nahm ihre Maße für die Särge.