Jack Slade 1044 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 1044 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Als der Rancher Trevor Radcliffe ernst damit macht, das Freudenhaus Garden of Eden durch Einschüchterung an sich zu bringen, möchte die Inhaberin Eden Starr am liebsten die Flinte ins Korn werfen, aber ihre kreolische Freundin Philomena LaRue überredet sie, sich dem Kampf zu stellen. Nur gut, dass die beiden alte Bekannte haben. Vor einiger Zeit hatten sich ihre Wege getrennt, aber in der Stunde der Not schnallen sich zwei Revolverhelden wieder die Gurte um und machen sich auf den Weg nach Wyoming. Ein seltsamer junger Mann schließt sich ihnen dabei an und erhöht die Zahl ihrer Schießeisen auf vier, denn der Junge ist ein perfekter Zweihandschütze.

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Seitenzahl: 178

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Vier Colts für Eden

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Impressum

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

VierColtsfür Eden

Als der Rancher Trevor Radcliffe ernst damit macht, das Freudenhaus Garden of Eden durch Einschüchterung an sich zu bringen, möchte die Inhaberin Eden Starr am liebsten die Flinte ins Korn werfen, aber ihre kreolische Freundin Philomena LaRue hat andere Pläne und überredet sie, sich dem Kampf zu stellen.

Nur gut, dass die beiden alte Bekannte haben. Vor einiger Zeit hatten sich ihre Wege getrennt, aber in der Stunde der Not schnallen sich zwei Revolverhelden wieder die Gurte um und machen sich auf den Weg nach Wyoming. Ein seltsamer junger Mann schließt sich ihnen dabei an und erhöht die Zahl ihrer Schießeisen auf vier, denn der Junge ist ein perfekter Zweihandschütze ...

Weit im Osten war die Dunkelheit bereits dem ersten Grau des anbrechenden Morgens gewichen, als in der kleinen Stadt Terrace Falls das letzte Licht erlosch. Irgendwo klang das klagende Jaulen eines Hundes durch die Nacht, und als Antwort erklang das Fauchen zweier Katzen.

Im Garden of Eden schob eine schmale Frauenhand die schweren Riegel vor das Eingangsportal. Die Frau lehnte erschöpft ihre Stirn an das kühle glatte Holz und schloss einen Moment lang die Augen. Wieder lag ein anstrengender Tag hinter ihr und ihren Girls. Aber trotz der Anstrengungen war sie dankbar für jeden Tag, den der Himmel ihr und ihrem Etablissement schenkte. Der Garden of Eden war ihr Leben.

Die Frau stieg langsam eine breite Treppe empor. Sie liebte diese frühen Morgenstunden, denn erst im Halbdunkel fand sie in diesem kleinen Paradies Ruhe und Frieden. Ihre Schritte wurden von einem dicken Teppich verschluckt, als sie durch den Korridor zu ihren Privaträumen ging. Leise sperrte sie auf, trat ein und drückte die Tür sacht ins Schloss.

Im nächsten Moment stockte ihr der Atem, als sie den kalten Stahl einer Messerklinge an ihrem Hals spürte!

Philomena LaRue, von Freunden und Gästen kurz »Philly« genannt, wälzte sich unruhig auf ihrem Bett herum. Obwohl sie todmüde war, fand sie keinen Schlaf.

Philly war die Sensation im »Garden of Eden«. Der Freudentempel verfügte zwar über eine ganze Horde bildschöner Mädchen, die wirklich keine Konkurrenz zu scheuen brauchten, aber Philly war etwas ganz Besonderes. Die junge Frau hatte kreolisches Blut in den Adern und war schlichtweg eine Schönheit. Sie war erst Anfang zwanzig, aber sie hatte es als Liebesdienerin bereits weit gebracht und konnte sich ihre Gäste aussuchen. Und eine Nacht in Philomenas Armen war ein kostspieliges Vergnügen, aber es war jeden Cent wert.

Philly war in den Sümpfen Louisianas groß geworden. Sie hatte eine Kindheit in armseligsten Verhältnissen verbracht und sich bereits als kleines Mädchen geschworen, irgendwann dieser Armut zu entfliehen. Früh Waise geworden, war sie bereits mit zwölf Jahren zu einer Schönheit erblüht und hatte sich einem Wagenzug nach Westen angeschlossen, barfuß und nur mit einem verwaschenen, geblümten Kleid am Leib, ihrem einzigen Besitz.

Sie war von den Siedlern nicht besonders freundlich aufgenommen worden. Zwar duldete man das armselig gekleidete Mädchen und gab ihm genug zu essen, damit es nicht verhungerte, aber man achtete auch darauf, dass es keinem der jungen Männer im Treck den Kopf verdrehte.

Auf halber Strecke stieß der Treck an einem verregneten, stürmischen und kalten Herbsttag auf einen liegen gebliebenen Planwagen. Für Philly war diese Begegnung eine Fügung des Schicksals, denn nun hatten sich gleich zwei Ausgestoßene gefunden – der Wagen gehörte Eden Starr, einer Frau, die mit Gesang, Tanz, Schauspielerei und Animierdiensten ihren Lebensunterhalt mehr schlecht als recht verdiente.

Gegen den Protest ihrer Frauen reparierten die Männer des Trecks Eden Starrs Wagen so weit, dass sie sich dem Siedlerzug anschließen konnte. Noch in der gleichen Nacht nahm sich Eden der kleinen Kreolin an, die vor Kälte zitternd und durchnässt abseits der anderen Siedler kauerte und eine karge Mahlzeit zu sich nahm.

Eden Starr und Philomena LaRue waren unzertrennlich geworden. Für Philomena war Eden so etwas wie eine große Schwester, die zugleich eine Art Mutterrolle übernommen hatte. Für Eden aber wurde das Mädchen bald zur Vertrauten und zu einem Rettungsanker, der ihr im Sturm des Lebens Halt gab.

Gemeinsam bereisten sie die großen Rinderstädte wie Dodge City und Abilene, waren in San Francisco, in Denver, Virginia City, St. Louis und Santa Fé, und immer gelang es Eden, ihren Schützling vor der Arbeit im horizontalen Gewerbe zu bewahren.

Doch irgendwann verschoss sich Philomena in den falschen Mann, eine Liebe, die um ein Haar das Band zwischen ihr und Eden Starr zerriss. Die Kreolin war um eine bittere Erfahrung reicher und beschloss daraufhin, dem Leben so viel Vergnügen wie möglich abzuringen und die Männer dafür einen hohen Preis bezahlen zu lassen. Das war der Beginn einer steilen Karriere für Eden Starr und Philomena.

Eden Starrs Name stand für Fair Play. In den Etablissements, in denen sie die Attraktion war, wurde nicht betrogen und bekamen die Männer etwas für ihr Geld. Keiner von ihnen bereute den Besuch bei Eden und Philly jemals.

Schließlich landeten die beiden Frauen in Wyoming. In dem Städtchen Terrace Falls ließen sie sich nieder und gründeten mit dem Garden of Eden einen Freudentempel, der seinesgleichen im Westen suchte. Die Gäste kamen von überall her, um hier ein paar Stunden des Glücks zu suchen und zu finden. Selbst legendäre Westmänner wie Wyatt Earp, Doc Holliday, Bat Masterson, Wild Bill Hickok und Luke Short nahmen den weiten Weg nach Wyoming auf sich, um den Paradiesgarten zu besuchen.

Wyatt Earp! Der Name brannte in Phillys Gehirn. Der Gesetzeshüter besuchte zwar nicht oft ein Freudenhaus, aber den Besuch im Paradiesgarten hatte auch er sich nicht nehmen lassen.

»Ach, Wyatt«, murmelte sie im Halbschlaf, »Wyatt, Doc und Bat, euch könnten wir jetzt gut gebrauchen. Ihr würdet mit dem Gesindel hier aufräumen!«

Aber der Mann mit dem berühmten Buntline-Revolver hatte selbst genug Probleme. In Arizona sorgte der Clanton-Clan in Tombstone für Aufruhr, und auf absehbare Zeit war Wyatt wohl so sehr beschäftigt, dass für das Vergnügen im Garden of Eden keine Zeit blieb.

Ein Lächeln huschte beim Gedanken an den berühmten Gesetzeshüter und seine Freunde über die Lippen des schlaftrunkenen Mädchens. Nicht nur der gefürchtete Buntline-Colt hatte ein langes Rohr ...

Philly warf sich stöhnend auf die Seite, schreckte hoch und traktierte die drei Daunenkissen auf ihrem Bett wütend mit den Fäusten, ehe sie in den Halbschlaf zurücktauchte. In Gedanken sah sie aufs Neue, wie sie unlängst von einem Picknick am Terrace Creek zurückkam. Die Freude und Unbeschwertheit, die sie an jenem Tag genossen hatte, waren mit einem Schlag verflogen, als sie das Haus betrat.

Die Stimmung im Garden of Eden hatte sie beinahe erdrückt. Kein glockenhelles Lachen erfüllte die Korridore. Kein Gläserklirren war zu hören, kein Quietschen von Bettgestellen, kein lustvolles Stöhnen. Wie versteinert und mit Leichenbittermienen saßen die Girls im großen Salon herum. Keine von ihnen wollte Philly erklären, was geschehen war.

Die Kreolin fand Eden Starr in ihrem Büro. Aschfahl war Eden im Ledersessel hinter dem wuchtigen Eichenholzschreibtisch zusammengesunken, als wollte sie sich dort verkriechen. Philly blickte ihre Freundin und Mentorin fragend an.

Eden warf ein gefaltetes Schriftstück zu ihr hin, ohne ein Wort zu sagen.

Neugierig faltete die Kreolin das Dokument auseinander und las. Sorgenfalten bildeten sich auf ihrer Stirn, während ihre Blicke über das Papier huschten.

»Das nimmst du doch hoffentlich nicht ernst?«, fragte sie schließlich erbost.

»O doch, Liebes«, antwortete Eden resigniert.

Die Kreolin stützte sich auf ihre kleinen Fäuste und beugte sich über den Schreibtisch. Ihre dunklen Augen blitzten voller Wut.

»Die starke Eden Starr lässt sich also so leicht ins Bockshorn jagen? Du enttäuschst mich!«

»Ich weiß, wann ich verloren habe«, sagte Eden nur.

»Du hast doch noch nicht mal angefangen zu kämpfen!«, rief Philly. »Verflucht und verdammt will ich sein ...«

»Du sollst nicht fluchen, Liebes«, warf Eden mahnend ein. »Du weißt, dass ich das nicht mag.«

»Mon Dieu! Wenn man dich so sieht, muss ja der Gaul mit einem durchgehen. Wo bleibt dein Kampfgeist, Schwester? Der Garden of Eden ist dein Leben – unser Leben! Willst du das so einfach wegwerfen? Willst du alles, wofür wir leben, einfach im Stich lassen? Und die Girls, was wird aus ihnen? Sie vertrauen dir, sie liegen dir zu Füßen! Hast du auch nur einen Gedanken an sie verschwendet?«

Philly wurde immer lauter und redete sich in Rage. »D'accord, gib auf! Nur zu! Aber ich mache da nicht mit. Ich werde den Paradiesgarten nicht aufgeben, nur weil mir einer mit solch einem Wisch vor der Nase rumwedelt. Das Ding taugt nicht mal zum Hintern abwischen, Schwester! Du kannst schon mal anfangen zu packen. Ich komme später und helfe dir. Ich sage nur rasch den Girls Bescheid, dass ich weitermache.«

Philly wirbelte herum, stapfte zur Tür und hatte sie halb aufgezogen, als Edens Stimme sie stocken ließ.

»Warte, Philomena!«

O-oh!, dachte sie. Philomena! Immer, wenn sie mich so nennt, wird es ernst! Langsam drehte sie sich zu Eden um.

»Ist nicht schon alles gesagt, was es zu sagen gibt?«, fragte sie lauernd. »Du hast dich doch schon entschieden.«

»Ich habe das Dokument prüfen lassen, Philomena«, sagte Eden. »Es ist hieb- und stichfest.«

»Dann hat dein Anwalt eben keinen Schimmer. Such einen anderen Anwalt auf!«

»James Matthews versteht sein Handwerk.«

»James Matthews denkt mit dem Schwanz!«, blaffte die Kreolin. »Wenn es Männer im Schritt juckt, versagt ihr Gehirn. Das weißt du so gut wie ich.«

»Herrgott, Philomena, wir kommen gegen Radcliffes Anwälte niemals an! Er hat das Geld, sich die besten Rechtsberater ...«

»Rechtsverdreher!«, schimpfte die Kreolin. »Winkeladvokaten! Die drehen einem das Wort im Mund herum und legen jede Silbe zu ihren Gunsten aus! Dafür bezahlt Radcliffe einen Haufen Geld, aber du vergisst, dass es auch nur Männer sind. Lade sie hierher ein, und ich garantiere dir, dass wir sie auch dazu kriegen, ihr Gehirn nicht mehr zu gebrauchen.«

»Philomena, du stellst dir das viel zu einfach vor. Radcliffe hat noch immer bekommen, was er wollte. Und jetzt will er eben den Garden of Eden. Wir müssen wieder mal weiterziehen und irgendwo anders neu anfangen.«

»Ja, natürlich. Bis dort wieder ein Trevor Radcliffe auftaucht, der immer bekommt, wonach er seine Finger ausstreckt. Dann ziehen wir auch von dort wieder weg zur nächsten Stadt und warten auf den nächsten Trevor Radcliffe, und so weiter. Es wird nie enden, Schwester. Niemals.« Die Kreolin ließ sich auf ein Sofa fallen und starrte ihre Freundin an.

»Radcliffe ist gefährlich, Liebes.«

»Das haben die Radcliffes dieser Welt so an sich«, gab die Kreolin zurück. »Ich habe sie kennengelernt, Eden. Damals, in New Orleans und in den Sümpfen haben sie mir das Leben zur Hölle gemacht. Männer wie Radcliffe haben mir meine Mutter genommen. Männer wie Radcliffe haben mich mit Füßen in den Dreck getreten, und Männer wie Radcliffe haben mich im Wagenzug wie eine Aussätzige behandelt! Vergiss nicht, dass ich durch die Hölle gegangen bin, bevor ich dich traf. Aber ich habe überlebt! Ich habe mich von den Radcliffes nicht unterkriegen lassen.«

»Du bist eben anders als ich, Philomena. Ich habe zu oft und zu lange kämpfen müssen. Gegen Radcliffes Anwälte komme ich nicht an. Ich habe nicht die Kraft dazu!«

»Du versuchst es ja nicht mal!«

»Verflucht, Philomena, es hat doch keinen Sinn! Ich kann einfach keinen Krieg führen, der von vornherein verloren ist!«

Beide Frauen schossen wütende Blicke aufeinander ab. Eden hämmerte zur Bekräftigung ihrer Worte mit den Fäusten auf die Tischplatte, und Philomena rammte ihre Fäuste in die Polster des Sofas.

Beide Frauen hatten wütend das Kinn vorgeschoben, die vollen Lippen zu schmalen Strichen zusammengekniffen. Und beide Frauen wirkten unglaublich schön, wenn sie so wütend waren. Hier saßen sich zwei Wildkatzen gegenüber, die ihre Krallen zeigten, und keine würde nachgeben, bis sie gesiegt hatte.

»Da siehst du es«, sagte die Kreolin schließlich, und ihre Lippen entspannten sich.

»Was?«

»Dieser Schweinehund Radcliffe hat dich dazu gebracht, deinen Prinzipien untreu zu werden. Du hast geflucht.«

Eden starrte ihre Freundin an, öffnete den Mund zu einer Antwort, und beide Frauen stießen zugleich hervor: »Verflucht!«

Ein Lächeln huschte über die Lippen der Kreolin, und auch die Gesichtszüge der Freundin erhellten sich.

Eden lehnte sich im Sessel zurück, verschränkte die Finger und fragte: »Was schlägst du also vor, Philly?«

Die Kreolin trat an den Schreibtisch, zerriss das Dokument und warf es vor Eden hin.

»Das schickst du an den Absender zurück«, sagte sie ruhig.

»Das ist eine offene Kampfansage.«

»Und wenn schon. Sie sollen wissen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.«

Eden schüttelte den Kopf. »Erinnerst du dich noch an die Geschichte von dem Krieger, der gegen dieses Ungeheuer mit den vielen Köpfen gekämpft hat?«, fragte sie. »Ich hab sie dir damals im Wagenzug oft erzählt. Wenn er einen Kopf abschlug, wuchsen gleich drei neue nach. So ist es mit Radcliffe und diesen Anwälten. Wenn wir gegen einen Anwalt gewinnen, wird er drei neue anheuern. Wir haben keine Chance.«

»Und erinnerst du dich daran, was ich dir von den Sümpfen in Louisiana erzählt habe?«

»Ja, und?«

»Dort jagen die Männer Alligatoren. Das sind Bestien, die jedem Mann an Kraft und Ausdauer weit überlegen sind. Und dennoch besiegen sie die Echsen. Ich habe Männer gekannt, die einen Alligator mit bloßen Händen gefangen haben.«

Philly ging wieder zur Tür. »Schick die Papierfetzen zurück«, sagte sie. »Ich werde den Girls sagen, dass wir weitermachen.« Als sie den Korridor betreten hatte, streckte sie nochmals den Kopf zur Tür herein. »Der Kämpfer hat das Biest mit den vielen Köpfen doch besiegt, wenn ich mich recht erinnere. Oder?« Sie warf Eden eine Kusshand zu und verschwand.

Eden hatte den zerrissenen Schrieb an Radcliffes Anwälte zurückgesandt.

Und damit hatten die Probleme für Eden Starr erst begonnen ...

Dennoch war Philly unglaublich Stolz auf ihre Freundin und Mentorin. Die Kreolin war eine Kämpfernatur, und ihr Kampfgeist hatte Eden angesteckt.

Wir geben nicht auf!, zuckte es durch Phillys Kopf. Niemals! Radcliffe wird sich die Zähne an uns ausbeißen!

»Niemals!«, stieß sie im Halbschlaf heraus. »Du bekommst den Paradiesgarten nicht, du Schweinehund! Niemals! Nie ...!«

Mit einem Ruck setzte sich Philly auf. Ein Geräusch hatte sie geweckt. Das Klirren von Porzellan. Oder war es Glas gewesen? Blinzelnd schaute sie zum Fenster hinüber. Die ersten grauen Finger des Morgens griffen nach der Stadt. Es gab keine Freier mehr im Haus, und Eden schlief gewiss auch schon.

Philly lauschte, aber sie vernahm kein störendes Geräusch mehr. Schließlich sank sie in die Kissen zurück, schloss erneut die Augen und hoffte, doch noch in den erholsamen Schlaf zu finden.

Versuch es nur weiter, Radcliffe!, dachte sie. Du schaffst es nicht!

Ihre Atemzüge wurden ruhiger, und ein entschlossener Zug lag auf ihren Lippen.

Eden Starr wagte kaum zu atmen. Flach kamen ihre Atemzüge, um nur ja nicht zu riskieren, dass die Messerklinge sie verletzte.

Die blonde Bordellchefin war erstarrt. Ihr war, als wäre das Blut in ihren Adern schlagartig steinhart geworden. Nicht einmal eine Gänsehaut bedeckte ihre Arme.

Eden Starr war zu lange im Geschäft und hatte zu viel erlebt, um nicht zu wissen, dass ihr Leben in diesem Moment an einem seidenen Faden hing!

Aber würde Trevor Radcliffe so weit gehen und sie kaltblütig ermorden lassen? Der Verdacht würde doch sofort auf ihn fallen. Nein, er zog gewiss die Gentleman-Masche vor!

Dieser Gedanke verlieh Eden Kraft und neue Zuversicht. Und er verlieh ihr auch Entschlossenheit. Sie würde warten, bis ihr unbekannter Bedränger den nächsten Schritt machte. Denn dass er auf Trevor Radcliffes Lohnliste stand, daran hatte Eden nicht den geringsten Zweifel.

Keiner ihrer üblichen Gäste hätte es gewagt, mitten in der Nacht in ihr Haus einzudringen und sie derart zu bedrohen. Sie alle benahmen sich respektvoll und begegneten ihr beinahe voller Ehrfurcht. Die Männer lagen ihr und ihren Liebesdamen zu Füßen. Keiner von ihnen würde sich ihr gegenüber ungebührlich benehmen. Und falls doch, hätte er sofort mächtigen Ärger von den anderen Gästen bekommen, die sich in diesem Haus tatsächlich fühlten wie im Paradies und sich dieses Gefühl von niemandem zerstören lassen wollten.

Aber auch Loyalität hatte ihre Grenzen, wie Eden und ihre Gäste bereits hatten feststellen müssen. Trevor Radcliffe ließ den befriedigten Gästen auf dem Nachhauseweg bisweilen eine ordentliche Tracht Prügel verpassen. Der eine oder andere Gast hatte es geschafft, sich geschunden und zerschlagen in den Garden of Eden zurückzuschleppen, wo er von Eden und ihren Mädchen umsorgt wurde.

Noch blieben solche Übergriffe die Ausnahme und kamen nicht so häufig vor, dass sie sich herumsprachen und Gäste von einem Besuch im Paradiesgarten abhielten.

Eden bewegte sich keinen Zoll. Ihre Nasenflügel bebten. Angewidert nahm sie die Ausdünstungen ihres Bedrängers wahr. Eine Mischung aus Schweiß, kaltem Tabakrauch, verschwitzter Kleidung und einem lange ungewaschenen Körper stieg ihr in die Nase und schnürte ihr die Kehle zu. Sie zwang sich, ein Würgen zu unterdrücken.

Eine schwielige Hand strich über ihre Wange, über eine goldene Haarsträhne, über ihre Schulter und hinab bis zu ihrem ausladenden Dekolleté. Dort schoben sich die Finger tief in ihr Kleid und berührten den Rand der Brustwarze, als Eden ein kaum verständliches Flüstern hörte.

»Du bist wirklich ganz besonders lecker«, erklangen die Worte, leise und undeutlich. »Zu schade, dass ich dich nicht vernaschen kann ...«

Eden schloss erleichtert die Augen. Zumindest würde ihr wohl erspart bleiben, dass ihr Bedränger sie mit Gewalt nahm.

Sie spürte, wie sich der Druck der scharfen Messerklinge verringerte.

»Du gehst jetzt ganz brav und sehr leise vor mir her, Lady. Wenn du nur einen Mucks machst, kannst du ab morgen nur noch mit einem Schleier vor dem schönen Gesicht rumlaufen. Hast du das kapiert?«

Eden konnte ein Nicken nur andeuten.

»Also los!«

Unendlich langsam setzte Eden einen Fuß vor den anderen. Sie bemühte sich, ihre Schritte möglichst lautlos zu setzen.

Ihre Gedanken jagten sich. Verzweifelt suchte sie nach einem Ausweg. Sie musste doch irgendwie Alarm schlagen können!

»Gut so. Keinen Laut. Immer schön weiter!«, flüsterte der Mann ihr ins Ohr.

Eden schob sich an ihrem Frisiertisch vorbei zur Tür. Ein dicker Teppich half, ihre Schritte zu dämpfen. Auch die Korridore und die Treppe waren mit Teppich ausgelegt.

Ihr musste etwas anderes einfallen!

Ihr Blick fiel auf einen Porzellankrug und eine Waschschüssel. Vielleicht konnte sie die Schüssel oder den Krug zu Boden stoßen ...

Doch sie verwarf den Gedanken rasch wieder. Der Teppich war zu dick, und das dicke Porzellan würde wohl kaum zerschellen.

Sie tastete mit den Fingerspitzen der Linken am Rand des Frisiertisches entlang. Matt glänzte ein Spiegel im fahlen Licht, das durchs Fenster drang, und davor, halb verdeckt von der Schüssel und dem Krug, stand eine Karaffe mit Sherry.

Eden liebte es, vor dem Einschlafen noch ein Glas Wein zu genießen. Vielleicht konnte ihr das in dieser Nacht helfen!

Ein winziger Schritt, noch einer ...

Und dann schien sich Edens Fußspitze in den dichten Schlaufen des Teppichs zu verfangen. Sie wankte, sie stolperte und ruderte mit dem Arm, rang verzweifelt um Gleichgewicht.

Ihre Hand verfehlte nur knapp die Kante des Frisiertisches, wo sie sich hätte abstützen können. Stattdessen wischte sie die Karaffe zur Seite, so stark, dass sie mit Wucht gegen den Spiegel geschleudert wurde.

Sowohl der Karaffe als auch dem Spiegel bekam das nicht gut.

Beide zerschellten mit lautem Klirren.

Sofort verstärkte sich der Druck der Messerklinge an ihrem Hals. Finger gruben sich in ihr Haar und zerrten den Kopf nach hinten, sodass sich die Haut über ihrer zarten Kehle zum Zerreißen spannte.

»Bete, dass keines deiner Täubchen aufgewacht ist, Lady! Wenn eines deiner süßen Girls auch nur die Nasenspitze zur Tür rausstreckt, kannst du dich von deiner Nase verabschieden«, erklang das Raunen an ihrem Ohr. »Noch mal so was, und du wirst diesen Tag auf ewig verfluchen. Los, weiter!«

Leise öffnete Eden die Tür. Ihr Bedränger dirigierte sie über den Korridor und die Treppe hinab. Schließlich erreichten sie Edens Arbeitszimmer, wo sie zum Schreibtisch gestoßen wurde.

»Mach Licht!«, herrschte ihr Bedränger sie an.

Und endlich sah sie ihn!

Er war groß, hager und ein ziemlich hässlicher Vogel. Bartstoppeln bedeckten sein schmales Gesicht. Die Wangen schienen eingefallen, und ausgeprägte Wangenknochen verstärkten diesen Eindruck noch. Buschige Augenbrauen wuchsen fast in die kleinen, eiskalt blickenden Augen hinein. Das Galgenvogelgesicht wurde von einer mächtigen Hakennase dominiert.

»Setzen!«, herrschte der nächtliche Besucher sie an.

Eden nahm in ihrem Sessel hinter den Schreibtisch Platz.

»So plauscht es sich doch gleich viel angenehmer, nicht wahr?«, säuselte der Mann heiser. »Eigentlich wäre ich ein idealer Gast Ihres Etablissements, findest du nicht auch? Doch leider hat das Geschäftliche Vorrang vor dem Vergnügen.« Er schnalzte mit der Zunge. »Wirklich sehr bedauerlich, wenn ich mir so betrachte, was ich mir entgehen lasse. Eine Nacht mit dir dürfte Paradiesisch sein.«

»Vergiss es!«, zischte Eden. »Das wird niemals geschehen.«

Der Mann hob bedauernd die Schultern.

»Wie gesagt, Geschäfte gehen eben vor.« Er griff unter seine Jacke und zog ein gefaltetes Schriftstück hervor. »Wie ich höre, bist du mit dem großzügigen Angebot, das man dir unterbreitet hat, etwas nachlässig umgegangen. Nun, man hat beschlossen, dir noch mal Gelegenheit zu geben, das Angebot anzunehmen. Allerdings ist der Preis nun doch etwas gesunken.«

Edens Besucher warf das Schriftstück vor ihr auf den Schreibtisch.

»Lesen und unterschreiben!«, befahl er knapp.

»Und wenn ich nicht ...?«

Weiter kam sie nicht. Ihr Bedränger beugte sich über den Schreibtisch. Das Messer zuckte auf sie zu. Die rasiermesserscharfe Klinge zerteilte mühelos den Ausschnitt ihres Kleides und das darunter liegende Mieder, und Edens üppige Brüste quollen hervor. Nur die Brustwarzen waren noch unter dem Stoff verborgen, doch bei jedem Atemzug waren die dunklen Aureolen zu sehen.

Die Zungenspitze des Messermannes glitt über seine Lippen.

»Noch Fragen?«, schnarrte er.

Eden klappte das Schriftstück auseinander und schürzte die Lippen.