Jahrbuch Wirtschaftsrecht Schweiz – EU 2021/22 - Tobias Baumgartner - kostenlos E-Book

Jahrbuch Wirtschaftsrecht Schweiz – EU 2021/22 E-Book

Tobias Baumgartner

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Beschreibung

Der vorliegende 17. Band der Jahrbuchreihe „Wirtschaftsrecht Schweiz – EU“ dokumentiert die aktuellen Entwicklungen in zentralen Bereichen des EU-Wirtschaftsrechts und deren Bedeutung für die Schweiz. Berücksichtigt werden diverse wirtschaftsrelevante Rechtsgebiete, u.a. Kapitalmarktrecht, Immaterialgüterrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht und Wettbewerbsrecht. Das Jahrbuch richtet sich an Unternehmens-, Wirtschafts- und VerwaltungsjuristInnen sowie an RichterInnen und RechtsanwältInnen und bietet ihnen einen kompakten Überblick über die wichtigsten Gesetzgebungsvorstösse, neue Rechtsakte und ergangene Urteile im vergangenen Jahr 2021.

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Herausgeber: Andreas Kellerhals, Tobias Baumgartner
Jahrbuch Wirtschaftsrecht Schweiz – EU
Überblick und Kommentar 2021/22

Jahrbuch Wirtschaftsrecht Schweiz – EU von Andreas Kellerhals und Tobias Baumgartner wird unter Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell-Keine Bearbeitung 4.0 International lizenziert, sofern nichts anderes angegeben ist.

© 2022 – CC BY-NC-ND (Werk), CC BY-SA (Text)

Verlag: EIZ Publishing (eizpublishing.ch)Herausgeber: Andreas Kellerhals, Tobias Baumgartner, Europa Institut an der Universität ZürichProduktion, Satz und Vertrieb: buch & netz (buchundnetz.com)ISBN:978-3-03805-420-7 (Print – Softcover)978-3-03805-467-2 (PDF)978-3-03805-468-9 (ePub)DOI: https://doi.org/10.36862/eiz-420Version: 1.01 – 20220315

Dieses Werk ist als gedrucktes Buch sowie als E-Book (open access) in verschiedenen Formaten verfügbar. Weitere Informationen finden Sie unter der URL:https://eizpublishing.ch/publikationen/jahrbuch-wirtschaftsrecht-schweiz-eu-2022/.

Zitiervorschlag:Nachname Vorname, Teilgebiet, in: Kellerhals/Baumgartner (Hrsg.), Wirtschaftsrecht Schweiz – EU 2021/22, Zürich 2022, Seitenzahl

1

Vorwort

Der vorliegende 17. Band der Jahrbuchreihe „Wirtschaftsrecht Schweiz – EU“ dokumentiert die aktuellen Entwicklungen in zentralen Bereichen des EU-Wirtschaftsrechts und deren Bedeutung für die Schweiz. Berücksichtigt werden diverse wirtschaftsrelevante Rechtsgebiete, u.a. Kapitalmarktrecht, Immaterialgüterrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht und Wettbewerbsrecht. Das Jahrbuch richtet sich an Unternehmens-, Wirtschafts- und VerwaltungsjuristInnen sowie an RichterInnen und RechtsanwältInnen und bietet ihnen einen kompakten Überblick über die wichtigsten Gesetzgebungsvorstösse, neue Rechtsakte und ergangene Urteile im vergangenen Jahr 2021. Auch diese Ausgabe des Jahrbuchs erscheint wiederum im Verlag EIZ Publishing, und zwar als frei verfügbares E-Book (open access) sowie in gedruckter Form (print on demand). Wir bedanken uns bei Andreas Von Gunten und Petra Bitterli von buch & netz für die gute Zusammenarbeit bei der technischen Umsetzung der neuen Publikationsvarianten.

Zürich, Februar 2022

Andreas Kellerhals Tobias Baumgartner

Inhalt

VorwortInhaltsübersichtAutorenverzeichnisBanken- und KapitalmarktrechtStefan SulzerVersicherungsrechtHansjürg Appenzeller; Vanessa Isler; und Eliane BraunKommunikation und MedienTobias Baumgartner und Ulrike I. HeinrichWettbewerbsrechtAndré S. Berne; Laura P. Zilio; und David MamaneArbeitsrechtWesselina Uebe und Thomas GeiserÖffentliches AuftragswesenPeter RechsteinerEnergieBrigitta KratzSteuerrechtRené Schreiber; Jana Fischer; und Benjamin BergauImmaterialgüterrechtTobias Baumgartner und Ulrike I. HeinrichVerbraucherrechtMichael Mayer und Alexander BrunnerInternationales Zivilprozessrecht und Internationales PrivatrechtDirk TrütenAussenwirtschaftsrechtJanick Elsener und Andreas R. ZieglerPublikationsliste

2

Inhaltsübersicht

Banken- und Kapitalmarktrecht Rechtsentwicklung EU: Stefan SulzerRechtsentwicklung Schweiz: Stefan SulzerVersicherungsrecht Rechtsentwicklung EU: Hansjürg Appenzeller/Vanessa Isler/ Eliane BraunRechtsentwicklung Schweiz: Hansjürg Appenzeller/ Vanessa Isler/Eliane BraunKommunikation und Medien Rechtsentwicklung EU: Tobias BaumgartnerRechtsentwicklung Schweiz: Ulrike I. HeinrichWettbewerbsrecht Rechtsentwicklung EU: André S. Berne/Laura P. ZilioRechtsentwicklung Schweiz: David MamaneArbeitsrecht Rechtsentwicklung EU: Wesselina UebeRechtsentwicklung Schweiz: Thomas GeiserÖffentliches Auftragswesen Rechtsentwicklung EU: Peter RechsteinerRechtsentwicklung Schweiz: Peter RechsteinerEnergie Rechtsentwicklung EU: Brigitta KratzRechtsentwicklung Schweiz: Brigitta KratzSteuerrecht Rechtsentwicklung EU: René Schreiber/Jana Fischer/ Benjamin BergauRechtsentwicklung Schweiz: René Schreiber/Jana Fischer/ Benjamin BergauImmaterialgüterrecht Rechtsentwicklung EU: Tobias Baumgartner/Ulrike I. HeinrichRechtsentwicklung Schweiz: Ulrike I. HeinrichVerbraucherrecht Rechtsentwicklung EU: Michael MayerRechtsentwicklung Schweiz: Alexander BrunnerInternationales Zivilprozessrecht und Internationales Privatrecht Rechtsentwicklung EU: Dirk TrütenRechtsentwicklung Schweiz: Dirk TrütenAussenwirtschaftsrecht Rechtsentwicklung EU: Janick ElsenerRechtsentwicklung Schweiz: Andreas R. Ziegler

3

Autorenverzeichnis

Dr. Hansjürg Appenzeller, Rechtsanwalt, Partner bei Homburger, Zürich

Dr. Tobias Baumgartner, LL.M. (Eur.), Rechtsanwalt, Stv. Direktor des Europa Instituts an der Universität Zürich

Benjamin Bergau, Steuerberater, Associate bei Baker McKenzie, Frankfurt

André S. Berne, LL.M., Rechtsanwalt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europa Institut an der Universität Zürich

Eliane Braun, MLaw, juristische Mitarbeiterin bei Homburger, Zürich

Prof. Dr. Alexander Brunner, Titularprofessor em. für Handels- und Konsumrecht sowie Verfahrensrecht an der Universität St. Gallen, Oberrichter a.D. am Handelsgericht Zürich und nebenamtlicher Bundesrichter a.D. an der Ersten Zivilabteilung des Bundesgerichts, Lausanne

Janick Elsener, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europa Institut an der Universität Zürich

Jana Fischer, LL.M., Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Partnerin bei Baker McKenzie, Frankfurt

Prof. Dr. iur. Dr. h.c. Thomas Geiser, em. Ordinarius für Privat- und Handelsrecht an der Universität St. Gallen, em. Direktor des Forschungsinstitutes für Arbeit und Arbeitswelten an der Universität St. Gallen

Dr. Ulrike I. Heinrich, Rechtsanwältin, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE), Bern

Vanessa Isler, LL.M., Rechtsanwältin bei Homburger, Zürich

Dr. Brigitta Kratz, LL.M., Rechtsanwältin, Badertscher Rechtsanwälte AG, Zürich, ehem. Vizepräsidentin Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom

David Mamane, LL.M. (Bruges), Advokat, Partner bei Schellenberg Wittmer Rechtsanwälte, Zürich, Lehrbeauftragter für Wettbewerbsrecht an der Universität Luzern

Michael Mayer, MLaw, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europa Institut an der Universität Zürich

Peter Rechsteiner, Rechtsanwalt, Bracher Spieler Schönberg Eitel Rechsteiner, Rechtsanwälte und Notare, Solothurn

René Schreiber, Rechtsanwalt/dipl. Steuerexperte, Partner bei Eversheds Sutherland AG, Zürich und Bern, Dozent für Steuerrecht an der Universität Zürich

Dr. Stefan Sulzer, LL.M., Rechtsanwalt, Deputy Group General Counsel, The Adecco Group, Fort Worth, Texas, USA

PD Dr. Dirk Trüten, LL.M., Rechtsanwalt, wissenschaftlicher Mitarbeiteram Europa Institut an der Universität Zürich

Dr. Wesselina Uebe, Rechtsanwältin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Europa Institut an der Universität Zürich

Prof. Dr. Andreas R. Ziegler, LL.M., Ordinarius für internationales Recht, Direktor des LLM-Programms, Universität Lausanne

Laura P. Zilio, MLaw, LL.M. (Bruges), wissenschaftliche Mitarbeiterin am Europa Institut an der Universität Zürich

Banken- und Kapitalmarktrecht

Stefan Sulzer

Inhalt

Rechtsentwicklungen in der EU im Jahr 2021 (Stefan Sulzer)Wirtschafts- und FinanzsystemKapitalmarktunionStärkung der Europäischen KapitalmärkteCrowdfundingNachhaltiges FinanzwesenEuropäischer Grüner DealKlimaberichterstattungTreuhänderische Pflichten im Kampf gegen Grünfärberei (Greenwashing)BankenunionBankenpaket 2021EigenkapitalFinanzaufsichtDigitales FinanzwesenAufsicht von WertpapierfirmenMärkte für Finanzinstrumente (MiFID II und MiFIR)WertpapiereGrüne AnleihenGedeckte SchuldverschreibungenVerbriefungenInvestmentfondsGeldwäsche und TerrorismusfinanzierungRechtsentwicklungen in der Schweiz im Jahr 2021 (Stefan Sulzer)BundAnerkennung von HandelsplätzenBankenFinanzstabilitätSystemrelevante BankenLiquidität – Widerstandsfähigkeit gegen LiquiditästsschocksLiquidität – Net Stable Funding Ratio (NSFR)Nachhaltiges FinanzwesenFinanzplatz SchweizKlimaberichterstattungGrüne AnleihenBlockchain / Distributed Ledger TechnologyGeldwäsche und TerrorismusfinanzierungFinanzmarktaufsicht (FINMA)RisikomonitorFinanzmarktarchitektur – FIDLEG und FINIGBankenLiquiditätRecovery- und Resolution PlanningFinanzielle Referenzwerte – Ablösung des LIBORNachhaltige FinanzdienstleistungenKlimaberichterstattungPrävention und Bekämpfung von GreenwashingFinanzielle Risiken des KlimawandelsVideo- und Online-IdentifizierungBlockchain / Distributed Ledger TechnologyDirektübermittlungSIX Swiss ExchangeKotierung – Special Purpose Acquisition Companies (SPACs)Reporting – Ad hoc-MitteilungenIndizes – Environment, Social, Governance (ESG)Rechnungslegung – Rechnungslegungsstandard EWR-IFRS

Rechtsentwicklungen in der EU im Jahr 2021

Wirtschafts- und Finanzsystem

Im Mai 2020 verabschiedete die Europäische Kommission eine Mitteilung[1] mit dem Titel „Die Stunde Europas: Schäden beheben und Perspektiven für die nächste Generation eröffnen“ in der hervorgehoben wurde, dass die EU ihre offene strategische Autonomie stärken und bewahren muss. Der EU kommt eine entscheidende Rolle dabei zu, das System der globalen Governance zu gestalten und bilaterale Beziehungen zu entwickeln, die für beide Seiten von Vorteil sind, wobei sie sich gleichzeitig vor unfairen und missbräuchlichen Praktiken schützen muss. Dies geht Hand in Hand mit der Zusage der EU, sich für eine widerstandsfähigere und offenere Weltwirtschaft, gut funktionierende internationale Finanzmärkte und das regelbasierte multilaterale System einzusetzen.

Am 19. Januar 2021 legt die Europäische Kommission in einer Mitteilung[2] dar, wie die EU ihre offene strategische Autonomie im makroökonomischen und finanziellen Bereich ausbauen kann, indem sie die internationale Bedeutung des Euro fördert, die Finanzmarktinfrastrukturen der EU stärkt, die Umsetzung und Durchsetzung der Sanktionsregelungen der EU verbessert und die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber den Auswirkungen der unrechtmässigen extraterritorialen Anwendung einseitiger Sanktionen und anderer Massnahmen durch Drittländer erhöht.

In ihrer Mitteilung präsentierte die Europäische Kommission eine ganze Reihe von Massnahmen, wie namentlich: (i) Vollendung der Bankenunion und weitere signifikante Fortschritte bei der Kapitalmarktunion, um die Wirtschafts- und Währungsunion zu vertiefen; (ii) vermehrte Nutzung von grünen Anleihen als Instrument zur Finanzierung von Investitionen und Projekten, die für die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals erforderlich sind; (iii) Zusammenarbeit mit Finanzmarktinfrastrukturunternehmen suchen, um zu analysieren, welche Schwachstellen dort im Hinblick auf die unrechtmässige extraterritoriale Anwendung einseitiger Sanktionen durch Drittländer bestehen; (iv) Bewerten von möglichen technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Übertragung von auf Euro oder andere EU-Währungen lautenden Finanzkontrakten, die ausserhalb der EU gecleart werden und auf zentrale Gegenparteien in der EU übertragen werden sollen; sowie (v) Entwickeln einer Datenbank – das Register für den Informationsaustausch zu Sanktionen, um eine rasche Meldung und einen raschen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission über die Umsetzung und Durchsetzung von Sanktionen zu gewährleisten.

Kapitalmarktunion

Stärkung der Europäischen Kapitalmärkte

Die Kapitalmarktunion zielt darauf ab, in der gesamten EU einen echten Binnenmarkt für Kapital zu schaffen. Ziel ist es, dass Investitionen und Ersparnisse in sämtliche Mitgliedstaaten fliessen, sodass sie Bürgerinnen und Bürgern, Anlegern und Unternehmen zugutekommen, unabhängig davon, wo in der EU diese angesiedelt sind. Die Vertiefung der Kapitalmarktunion ist ein komplexes Unterfangen und lässt sich nicht durch eine einzelne Massnahme verwirklichen. Fortschritte sind in allen Bereichen notwendig, in denen es Hindernisse für den freien Kapitalverkehr gibt.

Am 24. September 2020 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Aktionsplan zur Förderung der Kapitalmarktunion in den kommenden Jahren.[3] Oberste Priorität der EU ist es, dass sich Europa von der beispiellosen Wirtschaftskrise, die das Coronavirus verursacht hat, erholt. Entscheidend wird hierbei sein, dass die EU-Kapitalmärkte weiterentwickelt werden und der Zugang zur Marktfinanzierung gewährleistet ist. Der Aktionsplan legte die folgenden drei Hauptziele fest: (i) Gewährleistung einer grünen, digitalen, inklusiven und widerstandsfähigen wirtschaftlichen Erholung in der EU, indem europäischen Unternehmen, insb. KMU, der Zugang zu Finanzierungen erleichtert wird; (ii) Ausgestaltung eines EU-Finanzplatzes, an dem Privatpersonen in einem noch sichereren Umfeld als bisher langfristig sparen und investieren können; und (iii) Integration der nationalen Kapitalmärkte in einen echten EU-weiten Kapitalbinnenmarkt.

Am 25. November 2021, ein Jahr nach der Veröffentlichung des Aktionsplans, schlug die Europäische Kommission konkrete Massnahmen zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte vor.[4] Diese umfassen folgende Bereiche: (i) die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zugangspunkts (European Single Access Point – ESAP).[5] Der ESAP wird eine zentrale Anlaufstelle für öffentliche Finanz- und nachhaltigkeitsbezogene Informationen über EU-Unternehmen und EU-Anlageprodukte bieten; (ii) Überarbeitung der Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF)[6], um die Attraktivität europäischer langfristiger Investmentfonds für Anleger zu erhöhen und ihre Rolle als ergänzende Finanzierungsquelle für EU-Unternehmen zu stärken. Ausserdem wird es Kleinanlegern erleichtert, in solche Investmentfonds zu investieren, insb. durch die Abschaffung der Mindestinvestitionsschwelle von 10 000 EUR bei gleichzeitiger Gewährleistung eines starken Anlegerschutzes; (iii) Überarbeitung der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD)[7], um die Effizienz und Integration des Marktes für alternative Investmentfonds zu verbessern. Insbesondere werden die Vorschriften für Fonds, die Unternehmen Darlehen gewähren, harmonisiert. Dies wird die Kreditvergabe an die Realwirtschaft erleichtern und gleichzeitig den Anlegerschutz verbessern und die Finanzstabilität gewährleisten; sowie (iv) Überarbeitung der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR)[8], um mehr Transparenz auf den Kapitalmärkten zu schaffen.[9]

Das Massnahmenpaket wird nun im EU-Parlament und im Rat erörtert.

Crowdfunding

Crowdfunding verbessert den Zugang zu Finanzmitteln insb. für Start-ups und andere Kleinunternehmen. Ein Start-up kann sein Projekt auf einer Online-Plattform präsentieren und um Unterstützung in Form eines Darlehens (Peer-to-Peer-Kredit) oder in Form von Eigenkapital bitten. Anleger erhalten eine finanzielle Rendite für ihre Investitionen. Derzeit ist es für viele Plattformen schwierig, in andere EU-Länder zu expandieren. Daher ist Crowdfunding in der EU im Vergleich zu anderen grossen Volkswirtschaften der Welt unterentwickelt, und der EU-Markt ist zersplittert. Eine der grössten Hürden ist das Fehlen gemeinsamer EU-weiter Vorschriften.

Am 8. März 2018 legte die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag[10] vor, mit dem es für Crowdfunding-Plattformen einfacher sein wird, ihre Dienstleistungen EU-weit anzubieten und den Zugang zu dieser innovativen Finanzierungsform für Unternehmen mit Finanzierungsbedarf zu verbessern.

Am 10. November 2020 ist die neue Richtlinie über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen in Kraft getreten.[11] Sie gilt nach einer Übergangsfrist von 12 Monaten seit dem 10. November 2021. Gestützt auf die neue Regulierung ist es Plattformen möglich, ein EU-Label zu beantragen. Anleger auf Crowdfunding-Plattformen werden durch klare Regeln für die Offenlegung von Informationen, die Governance und das Risikomanagement sowie durch eine kohärente Beaufsichtigung geschützt. Angesichts der Notwendigkeit, durch eine klare Trennung der angebotenen Dienstleistungen Interessenkonflikte zu vermeiden und eine wirksame Aufsicht zu gewährleisten, sollte eine Person, die als Crowdfunding-Dienstleister zugelassen ist, vom Anwendungsbereich der MiFID II ausgenommen sein.

Nachhaltiges Finanzwesen

Europäischer Grüner Deal

Der europäische Grüne Deal[12] ist die europäische Wachstumsstrategie, die die Lebensqualität und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger verbessern, Europa bis 2050 klimaneutral machen und das Naturkapital und die Biodiversität der EU schützen, erhalten und verbessern soll.

Der europäische Grüne Deal zeigte auf, dass für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft und zum Erreichen der ökologischen Nachhaltigkeitsziele der EU erhebliche Investitionen in allen Wirtschaftssektoren notwendig sind. Ein grosser Teil dieser Finanzströme wird vom privaten Sektor kommen müssen. Um diese Investitionslücke zu schliessen, müssen private Kapitalflüsse in ökologisch nachhaltigere Investitionen umgelenkt und der europäische Finanzrahmen völlig neu durchdacht werden. Insbesondere wurde durch den europäischen Grünen Deal deutlich, dass ökologisch nachhaltige Investitionen für Investoren und Unternehmen leichter erkennbar und ihre Glaubwürdigkeit gewährleistet sein sollte.

Die EU hat ihre Ambitionen bei der Bekämpfung des Klimawandels in den letzten Jahren beträchtlich erhöht. Die Europäische Kommission hat bereits beispiellose Schritte unternommen, um die Grundlagen für ein nachhaltiges Finanzwesen zu schaffen. Nachhaltigkeit ist das zentrale Merkmal der Erholung der EU von der COVID-19-Pandemie, und der Finanzsektor wird entscheidend dazu beitragen, die Ziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen.

Am 6. Juli 2021 hat die Europäische Kommission einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung der Ziele des Grünen Deals unternommen, indem sie für einen umfassenden Ansatz bei der Finanzierung des grünen Wandels sorgt. Die von der Europäischen Kommission verabschiedete neue Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen[13] umfasst sechs Massnahmenpakete: (i) Erweiterung des be­stehenden Instrumentariums für ein nachhaltiges Finanzwesen, um den Zugang zu Finanzmitteln für den Übergang zu erleichtern; (ii) bessere Einbeziehung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Verbrauchern mithilfe der richtigen Instrumente und Anreize für den Zugang zu Finanzmitteln für den Übergang; (iii) Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Wirtschafts- und Finanzsystems gegenüber Tragfähigkeitsrisiken; (iv) Steigerung des Beitrags des Finanzsektors zur Nachhaltigkeit; (v) Gewährleistung der Integrität des Finanzsystems der EU und Überwachung seines geordneten Übergangs zur Nachhaltigkeit; sowie (vi) Entwicklung internationaler Initiativen und Standards für ein nachhaltiges Finanzwesen und Unterstützung für die Partnerländer der EU.

Bis Ende 2023 wird die Europäische Kommission über die Durchführung der Strategie Bericht erstatten und die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um ein nachhaltiges Finanzwesen aktiv unterstützen.

Klimaberichterstattung

In der EU sind grosse kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Kreditinstitute und Versicherungen seit 2017 zur nichtfinanziellen Berichterstattung gestützt auf die Richtlinie über die nichtfinanzielle Unternehmensberichterstattung (Non-Financial Reporting Directive – NFRD)[14] verpflichtet. Die EU-Klimataxonomie ist ein solides, wissenschaftlich fundiertes Instrument, das für Unternehmen und Anleger gleichermassen Transparenz gewährleistet. So werden Anleger bei Investitionen in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten, die sich deutlich positiv auf Klima und Umwelt auswirken, künftig von der gleichen Grundlage ausgehen können. Darüber hinaus werden Offenlegungspflichten für Unternehmen und Finanzmarktteilnehmer festgelegt.

Am 21. April 2021 verabschiedete die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag[15] zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Mit diesem Vorschlag werden die geltenden Bestimmungen der Richtlinie über die nichtfinanzielle Unternehmensberichterstattung (NFRD) überarbeitet und gestärkt. Ziel ist die Schaffung eines Regelwerks, das die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Laufe der Zeit auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung stellen wird. Die vorgeschlagene Richtlinie wird die EU-Bestimmungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf alle Grossunternehmen und alle börsennotierten Unternehmen ausweiten. Damit werden künftig fast 50 000 Unternehmen in der EU detaillierte Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung einhalten müssen, d.h. deutlich mehr als die 11 000 Unternehmen, die den derzeit geltenden Anforderungen unterliegen. Die Europäische Kommission schlägt die Entwicklung von Standards für Grossunternehmen sowie die Entwicklung getrennter, verhältnismässiger Standards für KMU vor, die nicht-börsennotierte KMU freiwillig anwenden können.

Der Vorschlag soll namentlich sicherstellen, dass die Unternehmen die von Anlegern und anderen Interessenträgern benötigten verlässlichen und vergleichbaren Informationen zu ihrer Nachhaltigkeit bereitstellen. Dies wird einen kohärenten Fluss von nachhaltigkeitsbezogenen Angaben im gesamten Finanzsystem gewährleisten. So werden die Unternehmen darüber Bericht erstatten müssen, wie Nachhaltigkeitsthemen wie der Klimawandel ihre Tätigkeit beeinflussen und wie ihre Tätigkeiten sich auf Mensch und Umwelt auswirken.

Darüber hinaus wird die vorgeschlagene Richtlinie die Berichterstattung für die Unternehmen vereinfachen. Die Tatsache, dass in diesem Bereich unterschiedliche Meldestandards und -rahmen eingehalten werden müssen, setzt viele Unternehmen unter Druck. Die vorgeschlagenen EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollten diese allesamt ersetzen und zugleich dem Informationsbedarf von Anlegern und anderen Interessenträgern gerecht werden.

Die überarbeitete EU-Richtlinie ist per 1. Dezember 2022 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen, das nationale Gesetz wird für Unternehmen für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen, anzuwenden sein.

Ebenfalls am 21. April 2021 verabschiedete die Europäische Kommission[16] eine delegierte Verordnung[17] zur Klimataxonomie mit dem der erste Satz der technischen Bewertungskriterien eingeführt wird, anhand deren bestimmt werden soll, welche Tätigkeiten wesentlich zur Erreichung von zwei der in der Taxonomieverordnung[18] festgelegten Umweltziele beitragen: (i) Anpassung an den Klimawandel und (ii) Klimaschutz.

Am 6. Juli 2021 verabschiedete die Europäische Kommission umfassende Massnahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen.[19] Darin enthalten ist unter anderem die Verabschiedung eines weiteren delegierten Rechtsakts[20] über die Informationen zur Nachhaltigkeit der Tätigkeiten von Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen, die von diesen auf der Grundlage der Taxonomieverordnung[21] offengelegt werden müssen.

Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen müssen entsprechend Anlegern Informationen über die Umweltfreundlichkeit ihrer Vermögenswerte und wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Verfügung stellen. Märkte und Investoren benötigen klare und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen, um Grünfärberei (Greenwashing) zu verhindern.[22] Im verabschiedeten Rechtsakt ist festgelegt, welche Informationen über den der EU-Taxonomie entsprechenden Anteil ihrer Geschäfts‑, Investitions- oder Anleihetätigkeit grosse Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen nach welcher Methodik in welcher Form offenzulegen haben. Finanzinstitute, insb. grosse Banken, Vermögensverwalter, Wertpapierfirmen und Versicherungs-/Rückversicherungsunternehmen, müssen den Anteil ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten an den gesamten Vermögenswerten, die sie finanzieren oder in die sie investieren, angeben.

Der delegierte Rechtsakt wird dem EU-Parlament und dem Rat für einen viermonatigen Zeitraum, der einmal um zwei Monate verlängert werden kann, zur Prüfung vorgelegt.

Treuhänderische Pflichten im Kampf gegen Grünfärberei (Greenwashing)

Im Bestreben das Finanzsystem nachhaltiger zu gestalten und den europäischen Grünen Deal zu verwirklichen, spielen Finanzunternehmen eine ge­wichtige Rolle.

Am 21. April 2021 verabschiedete die Europäische Kommission sechs delegierte Änderungsrechtsakte[23] zu treuhänderischen Pflichten und zu Anlage- und Versicherungsberatung, die sicherstellen werden, dass Finanzunternehmen wie Beratungsgesellschaften, Vermögensverwaltungsgesellschaften oder Versicherer das Thema Nachhaltigkeit in ihre Verfahren und in ihre Anlageberatung für Kunden aufnehmen. Entsprechend muss ein Anlage- und Versicherungsberater wenn er die Eignung eines Kunden für eine bestimmte Anlage beurteilt, mit dem Kunden dessen Präferenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit erörtern. Ausserdem werden mit den legislativen Änderungen die treuhänderischen Pflichten eines Finanzunternehmens bei Beurteilung der eigenen Nachhaltigkeitsrisiken (etwa der Auswirkungen von Überschwemmungen auf den Wert der Investitionen) klargestellt. Schliesslich werden neue Aufsichts- und Lenkungsanforderungen bei Anlage- und Versicherungsprodukten für Unternehmen, die Finanzprodukte auflegen, eingeführt, was für die Finanzberater bedeutet, dass sie bei der Gestaltung ihrer Finanzprodukte Nachhaltigkeitserwägungen Rechnung tragen müssen.

Bankenunion

Bankenpaket 2021

Nach der Finanzkrise vereinbarten die Regulierungsbehörden aus weltweit 28 Ländern im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) einen neuen internationalen Standard, der auf die Stärkung der Banken abzielt (Basel III). Diese Vereinbarung wurde 2017 endgültig geschlossen. Die EU hat den weitaus grössten Teil dieser Vorschriften umgesetzt, sodass der EU-Bankensektor nunmehr über eine wesentlich solidere Eigenkapitalbasis verfügt. Infolgedessen gerieten die Banken in der EU während der Covid-19-Krise nicht in Schwierigkeiten. Dies zeigte sich daran, dass sie ihre Kreditvergabe fortsetzen konnten.

Am 27. Oktober 2021 nahm die Europäische Kommission eine überarbeitete Fassung der EU-Bankenvorschriften an. Dieses sog. Bankenpaket 2021 besteht aus drei Teilen:

(i) Umsetzung von Basel III – Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Schocks. Mit den vorgeschlagenen Vorschriften wird die internationale Basel-III-Vereinbarung vollständig umgesetzt, wobei den Besonderheiten des EU-Bankensektors, bspw. hinsichtlich Hypotheken mit geringem Risiko, Rechnung getragen wird. Insbesondere soll sichergestellt werden, dass die von den Banken zur Berechnung ihrer Eigenkapitalanforderungen verwendeten „internen Modelle“ die Risiken nicht zu gering ansetzen und dass die Banken genügend Kapital zur Deckung ihrer Risiken vorhalten. Dies wiederum wird den Vergleich der risikobasierten Eigenkapitalquoten der einzelnen Banken erleichtern und damit das Vertrauen in diese Quoten und in die Solidität des Sektors insgesamt wiederherstellen.

(ii) Nachhaltigkeit – Beitrag zum ökologischen Wandel. Die Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Bankensektors gegen Umwelt‑, Sozial- und Governance-Risiken (ESG-Risiken) ist ein Schlüsselbereich der Strategie der Europäischen Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen. Die Herangehensweisen der Banken zur Quantifizierung und Steuerung dieser Risiken sollten verbessert werden und die Märkte sollten über die einschlägigen Methoden der Banken informiert sein. Daher kommt der aufsichtlichen Regulierung eine entscheidende Bedeutung zu. Mit dem Bankenpaket 2021 werden die Banken verpflichtet, ESG-Risiken im Rahmen ihres Risikomanagements systematisch zu ermitteln, offenzulegen und zu steuern. Dies beinhaltet die regelmässige Durchführung von Klimastresstests sowohl durch die Aufsichtsbehörden als auch durch die Banken. Die Aufsichtsbehörden werden die ESG-Risiken im Rahmen regelmässiger Überprüfungen bewerten. Ferner müssen alle Banken offenlegen, inwieweit sie ESG-Risiken ausgesetzt sind. Um kleinere Banken vor übermässigem Verwaltungsaufwand zu bewahren, werden die Offenlegungsvorschriften verhältnismässig sein.

(iii) Stärkere Aufsicht – Gewährleistung einer soliden Verwaltung der Banken in der EU und besseren Schutz der Finanzstabilität. Das Bankenpaket 2021 gibt den für die Beaufsichtigung von Banken in der EU zuständigen Aufsichtsbehörden stärkere Instrumente an die Hand. Es enthält klare, solide und ausgewogene Regeln zur fachlichen Qualifikation und Eignung, anhand deren die Aufsichtsbehörden prüfen, ob leitende Mitarbeiter über die für die Führung einer Bank erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen. Vor dem Hintergrund des Wirecard-Skandals werden den Aufsichtsbehörden ferner bessere Instrumente zur Beaufsichtigung von Fintech-Gruppen, einschliesslich Tochtergesellschaften von Banken, zur Verfügung gestellt. Dieses verbesserte Instrumentarium wird ein solides und umsichtiges Management der Banken in der EU sicherstellen.

Die überarbeiteten Bankenvorschriften umfassen die folgenden Legislativvorschläge: (i) einen Vorschlag zur Änderung der Eigenkapitalrichtlinie[24], (ii) einen Vorschlag zur Änderung der Eigenkapitalverordnung[25], sowie (iii) einen gesonderten Vorschlag zur Änderung der Eigenkapitalverordnung im Bereich der Abwicklung (sog. „Daisy Chain“- oder „Kettenstruktur“-Vorschlag)[26].

Das Legislativpaket wird nun im EU-Parlament und im Rat erörtert.

Eigenkapital

Am 28. April 2020 nahm die Europäische Kommission ein Bankenpaket an, das den Banken unionsweit die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen erleichtern soll. Dieses Paket umfasste gezielte „Sofort“-Änderungen an den EU-Bankenvorschriften[27], namentlich der Eigenkapitalverordnung (CRR und CRR II)[28], um die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe und zum Ausgleich coronabedingter Verluste zu maximieren. Es handelt sich um aussergewöhnliche temporäre Massnahmen, mit denen die unmittelbaren Folgen der Coronakrise abgemildert werden sollen. Hierzu zählen die Anpassung des Zeitplans für die Anwendung der Internationalen Rechnungslegungsstandards auf das Kapital der Banken, eine günstigere Behandlung von Garantien, die während der Krise gewährt werden, die Verschiebung des Anwendungsbeginns des Puffers bei der Verschuldungsquote und die Änderung der Art und Weise, wie bestimmte Risikopositionen von der Berechnung der Verschuldungsquote ausgenommen werden.

Mit der CRR II wurde in die CRR eine Bestimmung aufgenommen, die global systemrelevanten Instituten einen Puffer bei der Verschuldungsquote vorschreibt. Dieser Puffer sollte ursprünglich ab 1. Januar 2022 gelten. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und im Einklang mit dem vom BCBS beschlossenen neuen Umsetzungszeitplan wird der Geltungsbeginn um ein Jahr auf den 1. Januar 2023 verschoben.

Finanzaufsicht

Digitales Finanzwesen

Aufsichtsgremien wie die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) verpflichten Finanzunternehmen, Banken und Wertpapierfirmen, bestimmte Informationen an die Aufsichtsbehörden zu melden. Die Aufsicht über das Finanzsystem der EU ist auf zeitnahe, relevante und hochwertige Daten angewiesen. Die EU-Vorschriften für die Berichterstattung an die Finanzaufsicht und die Art und Weise, wie die Behörden Daten erheben und nutzen, müssen mit den jüngsten Entwicklungen Schritt halten, insb. mit der raschen Entwicklung der digitalen Technologien zur Erhebung und Analyse solcher Daten.

Am 15. Dezember 2021 hat die Europäische Kommission eine neue Strategie zur Verbesserung und Modernisierung der Finanzberichterstattung in der EU vorgelegt.[29] Mit dieser Strategie will die Europäische Kommission erreichen, dass den Aufsichtsbehörden auf EU- und nationaler Ebene genaue, kohärente und zeitnahe Daten gemeldet werden. Gleichzeitig soll der Aufwand, den Finanzinstitute in die Finanzberichterstattung investieren, gesenkt werden.

Die neue Strategie umfasst vier Bereiche: (i) Gewährleistung kohärenter und genormter Daten, die auf einer klaren und gemeinsamen Terminologie sowie auf gemeinsamen Normen, Formaten und Regeln beruhen; (ii) Erleichterung des Austauschs und der Weiterverwendung gemeldeter Daten zwischen den Aufsichtsbehörden durch Beseitigung ungerechtfertigter rechtlicher und technischer Hindernisse zur Vermeidung doppelter Datenabfragen; (iii) bessere Ausgestaltung der Berichtspflichten durch die Entwicklung von Leitlinien auf der Grundlage bewährter Verfahren zur Anwendung der Grundsätze der besseren Rechtsetzung im Bereich der Finanzberichterstattung an Aufsichtsbehörden; sowie (iv) Einführung gemeinsamer Regeln mit dem Ziel einer besseren Koordinierung und engeren Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Aufsichtsbehörden und anderen einschlägigen Interessenträgern, damit diese Fachwissen und Informationen austauschen können.

Aufsicht von Wertpapierfirmen

In den Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gibt es mehrere tausend Wertpapierfirmen. Wertpapierfirmen und deren Dienstleistungen sind für eine gut funktionierende Kapitalmarktunion von zentraler Bedeutung. Bei den meisten dieser Firmen handelt es sich um kleine bis mittlere Unternehmen, die in erster Linie Anlageberatungsdienste erbringen, Aufträge entgegennehmen, weiterleiten und ausführen, Portfolios verwalten, Unternehmen bei der Erschliessung der Kapitalmärkte helfen und Marktliquidität bereitstellen. Im Gegensatz zu Kreditinstituten nehmen Wertpapierfirmen keine Einlagen entgegen und gewähren keine Kredite. Das bedeutet, dass das Kreditrisiko und das Risiko, dass Einleger ihr Geld kurzfristig zurückfordern, bei ihnen wesentlich geringer ist.

Am 20. Dezember 2017 legte die Europäische Kommission zwei überarbeitete Rechtsvorschriften – eine Richtlinie[30] und eine Verordnung[31] – vor. Die Richtlinie[32] sowie die Verordnung[33] traten am 25. Dezember 2019 in Kraft. Die Verordnung gilt ab dem 26. Juni 2021. Auf das gleiche Datum haben die Mitgliedstaaten die Vorschriften der Richtlinie anzuwenden.

Das Gesetzespaket beinhaltet neue und einfachere Aufsichtsregeln für die überwiegende Mehrheit der nicht systemrelevanten Wertpapierfirmen, ohne die Finanzstabilität zu gefährden, und geänderte Vorschriften, die gewährleisten sollen, dass grosse systemrelevante Wertpapierfirmen mit bankenähnlichen Tätigkeiten und Risiken wie Banken reguliert und beaufsichtigt werden. Solche systemrelevanten Wertpapierfirmen würden folglich im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus von der Europäischen Zentralbank in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde beaufsichtigt. Zwischen den grossen systemrelevanten Finanzinstituten wird dies gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten.

Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II und MiFIR)

Seit Januar 2018 gilt die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID)[34] und die dazugehörige Verordnung (Markets in Financial Instruments Regulation, MiFIR)[35], deren Ziel es ist, die Finanzmärkte effizienter, widerstandsfähiger und transparenter zu machen, sowie den Anlegerschutz zu stärken.

Am 25. November 2021 verabschiedete die Europäische Kommission ein Massnahmenpaket, um die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten von Unternehmen in der gesamten EU zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Europäerinnen und Europäer ihre Ersparnisse und Investitionen bestmöglich nutzen können.[36]

Das vorgelegte Massnahmenpaket enthält unter anderem die Einführung eines sog. „konsolidierten europäischen Datentickers“ .[37] Dieser soll Anlegern Zu­gang zu fast in Echtzeit bereitgestellten Handelsdaten für Aktien, Anleihen und Derivate an allen Handelsplätzen in der EU verschaffen. Bisher ist dieser Zugang auf eine Handvoll professioneller Anleger beschränkt. Die vorgeschlagenen Überarbeitungen werden ferner die Wettbewerbsbedingungen für Börsen und Investmentbanken weiter angleichen. Darüber hinaus wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Handelsplätzen in der EU gefördert, indem die Regel des offenen Zugangs abgeschafft wird.

Wertpapiere

Grüne Anleihen

Als Teil der Anstrengungen der EU das Finanzsystem nachhaltiger zu gestalten[38], hat die Europäische Kommission am 6. Juli 2021 einen Vorschlag für einen EU-Standard für grüne Anleihen verabschiedet.[39] Mit ihm soll ein qualitativ hochwertiger freiwilliger Standard geschaffen werden, der allen (privaten und staatlichen) Emittenten zur Verfügung steht und zur Finanzierung nachhaltiger Investitionen beitragen kann.

Grüne Anleihen werden bereits zur Beschaffung von Finanzmitteln in Sektoren wie der Energieerzeugung und -verteilung, des ressourceneffizienten Wohnens und der Infrastruktur für CO2-armen Verkehr eingesetzt. Auch seitens der Investoren besteht hohe Nachfrage nach solchen Anleihen. Der Markt für grüne Anleihen birgt jedoch noch Potenzial für die Verfolgung ehrgeizigerer Umweltziele in noch grösserem Massstab. Mit dem EU-Standard für grüne Anleihen wird ein „Goldstandard“ dafür festgelegt, wie Unternehmen und Behörden grüne Anleihen für die Beschaffung von Finanzmitteln auf den Kapitalmärkten einsetzen können, um ambitionierte Investitionen zu finanzieren. Dabei sind strenge Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen, und die Investoren müssen vor sog. Grünfärberei (Greenwashing) geschützt werden. Den Emittenten grüner Anleihen wird ein robustes Instrument zur Verfügung stehen, mit dem sie nachweisen können, dass sie grüne Projekte im Einklang mit der EU-Taxonomie finanzieren. Investoren, die die Anleihen kaufen, können leichter erkennen, ob ihre Investitionen nachhaltig sind, wodurch das Risiko der Grünfärberei reduziert wird.

Gedeckte Schuldverschreibungen

Gedeckte Schuldverschreibungen sind Finanzinstrumente, die durch einen Pool an Krediten besichert sind. Ihr Vorteil besteht nicht nur darin, dass sie eine kostengünstige Art der Finanzierung darstellen, sondern auch darin, dass sie besonders sicher sind. Der EU-Markt ist nach wie vor entlang der nationalen Grenzen fragmentiert, wobei es Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten gibt.

Am 12. März 2018 präsentierte die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag, der den EU-Markt für gedeckte Schuldverschreibungen als Quelle langfristiger Finanzierungsmittel fördern soll. Der Vorschlag zielt darauf ab, die Verwendung gedeckter Schuldverschreibungen als stabile und kostengünstige Finanzierungsquelle für Kreditinstitute auszubauen, insb. auf weniger entwickelten Märkten. Ausserdem werden sie den Anlegern ein breiteres und sichereres Spektrum an Anlagemöglichkeiten bieten.

Am 26. Februar 2019 einigten sich der EU-Ratsvorsitz und das EU-Parlament über einen harmonisierten Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen. In diesem Rahmen ist eine gemeinsame Definition für die Verwendung des Gütesiegels „Europäische gedeckte Schuldverschreibung“ und die Gewährung einer günstigeren Behandlung gedeckter Schuldverschreibungen im Hinblick auf die Eigenmittelunterlegung vorgesehen. Das Gesetzespakt[40] trat am 8. Januar 2020 in Kraft. Die Bestimmungen der Richtlinie sind seit dem 8. Juli 2021 anzuwenden, diejenigen der Verordnung gelten ab dem 8. Juli 2022.

Verbriefungen

Verbriefungen (securitization) sind ein Instrument, mit dem Banken Darlehen bündeln, in Wertpapiere umwandeln und an den Kapitalmärkten verkaufen können.

Am 24. Juli 2020 verabschiedete die Europäische Kommission ein Massnahmenpaket für die Erholung der Kapitalmärkte, das Teil ihrer umfassenden Strategie zur Bewältigung der COVID-19-Krise ist.[41] Das Paket enthält u.a. gezielte Änderungen der Verbriefungsverordnung[42] und der Verordnung über Aufsichtsanforderungen[43].[44]

Vom 23. Juli bis 17. September 2021 führte die Europäische Kommission bei interessierten Kreisen eine Konsultation durch, um die allgemeine Funktionsweise des europäischen Verbriefungsrahmens beurteilen zu können.[45] Die Konsultation soll insb. darüber Aufschluss geben, in welchen Bereichen gezielte Anpassungen sinnvoll sind.

Investmentfonds

Die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD)[46] wurde infolge der weltweiten Finanzkrise verabschiedet, die bestimmte Schwächen in den globalen Finanzmärkten und den entsprechenden Regulierungssystemen zutage gefördert hat. Die AIFMD ist ein wichtiger Pfeiler der Kapitalmarktunion (capital market union, CMU), der eine bessere Überwachung der Risiken für das Finanzsystem und die grenzüberschreitende Kapitalbeschaffung für Anlagen in alternative Vermögenswerte erleichtert. Die AIFMD schafft für alle in ihren Anwendungsbereich fallenden AIFM robuste und harmonisierte regulatorische Standards und erhöht die Transparenz gegenüber Anlegern und der Aufsicht für die Aktivitäten der Manager und der von ihnen verwalteten Fonds.[47]

Am 25. November 2021 verabschiedete die Europäische Kommission ein Massnahmenpaket[48], um die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten von Unternehmen in der gesamten EU zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Europäerinnen und Europäer ihre Ersparnisse und Investitionen bestmöglich nutzen können.[49]

Das vorgelegte Massnahmenpaket enthält u.a. Änderungen, die die Effizienz und Integration des Marktes für alternative Investmentfonds verbessern werden. Namentlich sollen die Vorschriften für Fonds, die Unternehmen Darlehen gewähren, harmonisiert werden. Dies wird die Kreditvergabe an die Realwirtschaft erleichtern und gleichzeitig den Anlegerschutz verbessern und die Finanzstabilität gewährleisten. Zudem werden in der überarbeiteten Fassung die Regeln für die Befugnisübertragung präzisiert. Die EU-Vorschriften über die Befugnisübertragung ermöglichen es Fondsverwaltern, Fachwissen aus Drittländern zu beschaffen. Die vorgeschlagene Überarbeitung wird sicherstellen, dass es einen angemessenen Informationsaustausch und eine angemessene Koordination zwischen den EU-Aufsichtsbehörden gibt, damit die Anleger und die Finanzstabilität besser geschützt sind.

Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Das komplexe Thema der Geldwäschebekämpfung ist nicht neu. Der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist für die Finanzstabilität und die Sicherheit in Europa von zentraler Bedeutung. Gesetzeslücken in einem Mitgliedstaat wirken sich auf die gesamte EU aus. Um Kriminalität zu bekämpfen und das Finanzsystem zu schützen, müssen die EU-Vorschriften deshalb wirksam und einheitlich umgesetzt und überwacht werden.

Am 7. Mai 2020 legte die Europäische Kommission ein umfassendes Konzept vor, um den Kampf der EU gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung noch weiter zu verstärken. Der vorgeschlagene Aktionsplan beruht auf sechs Säulen, die zusammen dafür sorgen, dass die EU-Vorschriften stärker harmonisiert und somit wirksamer sind. Diese sechs Säulen sind: (i) wirksamere Anwendung der EU-Vorschriften; (ii) ein einheitliches EU-Regelwerk; (iii) Aufsicht auf EU-Ebene; (iv) ein Koordinierungs- und Unterstützungsmechanismus für die zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten; (v) Durchsetzung strafrechtlicher Bestimmungen und Informationsaustausch auf EU-Ebene; und (vi) die globale Rolle der EU.

Am 20. Juli 2021 legte die Europäische Kommission ein Bündel von Gesetzgebungsvorschlägen vor, mit denen die Vorschriften der EU zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gestärkt werden sollen. Diese Vorschläge zielen darauf ab, die Aufdeckung verdächtiger Transaktionen und Aktivitäten zu erleichtern und die Schlupflöcher zu schliessen, die Kriminelle dazu nutzen, Erträge aus Straftaten über das Finanzsystem zu waschen oder damit terroristische Aktivitäten zu finanzieren. In der EU-Strategie für eine Sicherheitsunion für den Zeitraum 2020-2025 wurde darauf hingewiesen, dass die Verbesserung des EU-Rahmens für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dazu beitragen wird, die Europäerinnen und Europäer vor Terrorismus und organisiertem Verbrechen zu schützen.

Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Legislativpaket besteht aus vier Gesetzgebungsvorschlägen: (i) einer Verordnung[50] zur Schaffung einer neuen EU-Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung; (ii) einer Verordnung[51] zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mit unmittelbar geltenden Vorschriften – auch für die Bereiche Kundensorgfaltspflicht und wirtschaftliches Eigentum; (iii) der Sechsten Richtlinie[52] zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die die Richtlinie 2015/849/EU (d.h. die durch die Fünfte Geldwäscherichtlinie geänderte Vierte Geldwäscherichtlinie) ersetzen soll und Bestimmungen enthält, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen, wie die Vorschriften zu den nationalen Aufsichtsbehörden und den zentralen Meldestellen in den Mitgliedstaaten; sowie (iv) einer überarbeiteten Fassung der Geldtransfer-Verordnung[53] von 2015[54], die die Rückverfolgung von Krypto-Transfers ermöglichen soll.

Ein zentraler Bestandteil des vorgeschlagenen Legislativpakets ist die Schaffung einer neuen Behörde für die Geldwäschebekämpfung (Anti-Money Laundering Authority, AMLA), die die Aufsicht über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der EU verändern und die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen (FIU) verbessern wird. Die neue EU-Geldwäschebekämpfungsbehörde wird als Zentralstelle die Arbeiten der nationalen Behörden koordinieren, um sicherzustellen, dass der private Sektor die EU-Vorschriften korrekt und einheitlich anwendet. Darüber hinaus wird sie die zentralen Meldestellen bei der Verbesserung ihrer analytischen Kapazität, was illegale Finanzströme angeht, unterstützen und die zentralen Meldestellen zu einer wesentlichen Informationsquelle für die Strafverfolgungsbehörden machen.

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen wird neuen, mit technologischer Innovation zusammenhängenden Risiken Rechnung getragen und damit der bestehende EU-Rahmen erheblich verbessert. Hierzu zählen virtuelle Währungen, stärker in den Binnenmarkt integrierte Finanzströme und der globale Charakter terroristischer Organisationen. Das vorgeschlagene einheitliche EU-Regelwerk für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wird die einschlägigen Vorschriften EU-weit harmonisieren und bspw. detailliertere Bestimmungen zur Kundensorgfaltspflicht, zum wirtschaftlichen Eigentum und zu den Befugnissen und Aufgaben von Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen enthalten. Bestehende nationale Bankkontenregister sollen miteinander verknüpft werden, um den zentralen Meldestellen einen rascheren Zugriff auf Informationen über Bankkonten und Schliessfächer zu ermöglichen.

Derzeit fallen nur bestimmte Kategorien von Krypto-Dienstleistungsanbietern unter die EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Mit der vorgeschlagenen Reform sollen diese Vorschriften auf den gesamten Krypto-Sektor ausgeweitet und alle Diensteanbieter der Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität unterworfen werden. Die vorgeschlagenen Änderungen werden sicherstellen, dass Transfers von Kryptowerten wie Bitcoin vollends nachverfolgt werden können. Auch werden sie es ermöglichen, deren potenzielle Nutzung für Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungszwecke zu verhindern und aufzudecken. Zudem werden anonyme Krypto-„Geldbörsen“ untersagt und damit die EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vollumfänglich auf den Krypto-Sektor angewandt.

Das vorgeschlagene Gesetzgebungspaket wird nun im EU-Parlament und im Rat erörtert. Die künftige Geldwäschebekämpfungsbehörde dürfte 2024 operativ sein und kurz darauf – sobald die Richtlinie umgesetzt ist und der neue Rechtsrahmen wirksam wird – mit der direkten Beaufsichtigung beginnen.

Rechtsentwicklungen in der Schweiz im Jahr 2021

Bund

Anerkennung von Handelsplätzen

Nachdem die EU die Anerkennung der Börsenäquivalenz per Ende Juni 2019 hatte auslaufen lassen,[55] aktivierte die Schweiz per 1. Juli 2019 Schutzmassnahmen gegenüber der EU. Diese Schutzmassnahmen zielen auf den Schutz und Erhalt einer funktionsfähigen Schweizer Börseninfrastruktur als wesentliches Element des Schweizer Finanzplatzes ab. Sie schaffen u.a. eine Grundlage, damit Wertpapierfirmen aus der EU trotz Wegfall der Börsenäquivalenz weiterhin Schweizer Aktien an Schweizer Börsen handeln können.

Die Schutzmassnahmen waren bis zum 31. Dezember 2021 befristet. Der Bundesrat hatte die Möglichkeit, diese Schutzmassnahmen einmalig zu verlängern, wobei er der Bundesversammlung ab Inkrafttreten der Verlängerung innert sechs Monaten den Entwurf für eine gesetzliche Grundlage unterbreiten muss. Andernfalls treten die Schutzmassnahmen automatisch ausser Kraft.

Da die EU die schweizerische Börsenregulierung bis anhin nicht als gleichwertig anerkannt hat, sind die Schutzmassnahmen für die Schweizer Börseninfrastruktur von hoher Bedeutung. Entsprechend hat der Bundesrat am 17. November 2021 beschlossen, die Schutzmassnahmen zu verlängern und für deren Überführung in das Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) die Vernehmlassung zu eröffnen. Die Schutzmassnahmen gelten vorerst für eine Dauer von fünf Jahren, könnten aber jederzeit früher deaktiviert werden. Die Vernehmlassung dauert bis zum 4. März 2022.

Banken

Finanzstabilität

Im Juni 2021 veröffentlichte die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren jährlichen Bericht zur Finanzstabilität.[56] Darin gibt die SNB ihre Einschätzung der Stabilität des Schweizer Bankensektors wieder. Im Bericht konzentriert sich die SNB auf Trends, die auf den Ebenen des Bankensystems und der Finanzmärkte sowie im makroökonomischen Umfeld zu beobachten sind.

Im Bericht stellt die SNB fest, dass sich das wirtschaftliche Umfeld und die Bedingungen auf den Finanzmärkten seit Juni 2020 verbessert haben, obwohl die Coronavirus-Pandemie die Wirtschaft weiterhin belastet. Vor allem dank der wirtschaftspolitischen Stützungsmassnahmen waren die Auswirkungen der Pandemie in der Schweiz in den vergangenen zwölf Monaten weniger gravierend als erwartet. Die Wirtschaft und das Bankensystem haben sich als widerstandsfähig erwiesen. Insbesondere haben die solide Eigenkapitalausstattung der Schweizer Banken und die wirtschaftspolitischen Stützungsmassnahmen sichergestellt, dass die Unternehmen stets Zugang zu Finanzierung mittels Bankkrediten hatten.

Das globale makroökonomische Umfeld birgt indes einige Risiken für die Finanzstabilität. Erstens ist die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten nach wie vor hoch, so dass das Risiko einer schlechter als erwarteten Entwicklung weiterhin erhöht bleibt. Insbesondere könnten Coronavirus-Mutationen zusätzliche oder länger andauernde Eindämmungsmassnahmen erforderlich machen. Dies könnte die Erholung weiter verzögern oder sogar zu einer erneuten Rezession führen, was die Kreditportfolios der Banken beeinträchtigen würde. Zweitens gibt es in einigen Ländern in einem Umfeld umfangreicher fiskal- und geldpolitischer Unterstützung Anzeichen von überzogenen Bewertungen auf den Aktien‑, Kredit- und Immobilienmärkten. Eine Verschiebung der Marktwahrnehmung betr. die wirtschaftlichen Aussichten oder die Stärke der wirtschaftspolitischen Stützungsmassnahmen könnte grosse Preiskorrekturen auslösen. Drittens befindet sich die Staats- und Unternehmensverschuldung weltweit auf einem historisch hohen Niveau, was die genannten Marktsegmente zunehmend anfällig macht für künftige Einkommens- oder Zinsschocks.

Um die Risiken für den Schweizer Bankensektor zu erfassen, betrachtet die SNB in ihrem Bericht vier Stressszenarien. Das erste Szenario betrifft den Fall einer lang anhaltenden Rezession in der Eurozone sowie einer längeren Phase mit sehr tiefen Zinssätzen in der Eurozone und der Schweiz. Im zweiten befinden sich die USA in einer schweren Rezession, die sich global ausweitet. Das dritte Szenario geht von einer grossen Krise in den aufstrebenden Volkswirtschaften aus, vergleichbar mit den Krisen in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre. Das vierte Szenario analysiert die Auswirkungen eines globalen Zinsschocks.

Systemrelevante Banken

Die Notlage oder der Ausfall einer systemrelevanten Bank kann zu erheblichen Verwerfungen im Finanzsystem und zu negativen Folgen für die Gesamtwirtschaft führen. In der Schweiz gelten die beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS sowie die PostFinance, die Raiffeisen und die Zürcher Kantonalbank als systemrelevant.

Die bestehenden Regeln des Bankengesetzes[57] sollen verhindern, dass Banken mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Der Bundesrat prüft regelmässig, ob diese Bestimmungen den internationalen Standards entsprechen und wie das Ausland diese Standards umgesetzt hat. Seit 2015 verabschiedet der Bundesrat alle zwei Jahre einen Bericht hierzu.[58]

Am 4. Juni 2021 verabschiedete der Bundesrat den vierten Evaluationsbericht zu den systemrelevanten Banken.[59] Darin kommt der Bundesrat zum Schluss, dass der Schweizer Regulierungsansatz im internationalen Vergleich keiner grundlegenden Anpassung bedarf. Die heutige Ausgestaltung der Anforderungen stellt eine angemessene Widerstandskraft der systemrelevanten Banken sicher. So befanden sich auch die beiden international orientierten Grossbanken, deren Stabilität aufgrund ihrer Grösse für die Schweiz besonders relevant ist, zu Beginn der Covid-19-Pandemie in einer vorteilhaften Ausgangslage, um die Herausforderungen des schwierigen Umfelds zu meistern und die Realwirtschaft zu unterstützen.

In gewissen Bereichen ortet der Bundesrat indes Handlungsbedarf. So soll eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), der Finanzmarktaufsicht (FINMA) und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) aufzeigen, wie die besonderen, auf Verordnungsebene verankerten Liquiditätsanforderungen für systemrelevante Banken angepasst werden könnten.[60] Eine Analyse hat gezeigt, dass die derzeit von den systemrelevanten Banken geforderte Liquiditätsausstattung voraussichtlich nicht genügen würde, um den Liquiditätsbedarf in einer Notlage oder bei einem Ausfall zu decken. Gleichzeitig soll das EFD Vorschläge erarbeiten, wie auf Verordnungsebene die Anreizsysteme für systemrelevante Banken im Zusammenhang mit der globalen Abwicklungsfähigkeit besser verankert werden könnten.

Liquidität – Widerstandsfähigkeit gegen Liquiditästsschocks

Die globale Finanzkrise 2007-2009 hat gezeigt, wie bedeutend die Liquidität für die Stabilität einer systemrelevanten Bank bzw. für die gesamte Volkswirtschaft ist. Eine Notlage oder ein Ausfall einer systemrelevanten Bank kann aufgrund deren Grösse, Marktbedeutung und Vernetzung zu erheblichen Verwerfungen im Finanzsystem führen. Die Wahrscheinlichkeit einer staatlichen Intervention – mit möglichen Kostenfolgen für die Steuerpflichtigen – ist zu minimieren.

Eine Analyse des EFD in Zusammenarbeit mit der FINMA und der Schweizerischen Nationalbank hat gezeigt, dass die geltenden besonderen Anforderungen für systemrelevante Banken nicht durchgehend zu einer höheren Liquiditätshaltung führen.[61] Die vom BankG verlangte Widerstandsfähigkeit gegen Liquiditätsschocks ist nicht gewährleistet und der Liquiditätsbedarf für den Fall einer Sanierung oder Liquidation ist nicht angemessen gedeckt.

Vom 30. September 2021 bis 13. Januar 2022 führte das EFD die Vernehmlassung zur Änderung der Liquiditätsverordnung[62] durch.[63] Die Revision soll sicherstellen, dass systemrelevante Banken ausreichend Liquidität halten, um Liquiditätsschocks besser als die übrigen Banken zu absorbieren und den Bedarf auch für eine Sanierung oder Liquidation zu decken. Das neue Regulierungskonzept für systemrelevante Banken umfasst Grund- und Zusatzanforderungen. Die Grundanforderungen decken gewisse Risiken ab, die in den für alle Banken geltenden Bestimmungen zu wenig berücksichtigt sind. Die FINMA kann zusätzlich institutsspezifische Zuschläge erheben. Massnahmen wie bspw. der Verkauf marktgängiger Wertpapiere, mit denen eine Bank während einer Krise Liquidität beschaffen kann, sollen bis zu einer Obergrenze angerechnet werden können. Wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, können die Liquiditätsanforderungen auch durch eine kantonale Staatsgarantie oder einen ähnlichen Mechanismus erfüllt werden.

Liquidität – Net Stable Funding Ratio (NSFR)

In der Liquiditätsverordnung ist seit 2012 das Liquiditätsrisikomanagement und -monitoring der Banken geregelt. Die LiqV definiert sowohl die qualitativen wie auch die quantitativen Anforderungen in diesem Bereich und überführt die internationalen Standards von Basel III ins Schweizer Recht. Nachdem 2014 die Mindestliquiditätsquote (liquidity coverage ratio, LCR) eingeführt wurde, waren noch die verbleibenden Vorschriften des Basler Ausschusses zur Finanzierungsquote (net stable funding ratio, NSFR) umzusetzen. Während die LCR die Resilienz der Banken bei kurzfristigen Liquiditätskrisen stärkt, bezweckt die NSFR eine langfristig stabile Finanzierung.

Gemäss den ursprünglichen zeitlichen Vorgaben des Basler Ausschusses hätten die Bestimmungen zur NSFR per 1. Januar 2018 in Kraft treten sollen. Der Bundesrat hatte indes am 22. November 2017 in Anbetracht der Verzögerungen bei der Einführung der NSFR in der EU und den USA beschlossen, diese Quote erst später einzuführen. Da sich indes wenig an der internationalen Situation geändert hat, beschloss der Bundesrat am 30. November 2018 die Einführung der NSFR nochmals zu verschieben. Am 20. November 2019 legte der Bundesrat den Fahrplan für die Einführung der NSFR fest. Am 11. September 2020 verabschiedete der Bundesrat eine Änderung der LiqV, mit der die NSFR eingeführt wird.[64] Die EU setzte die Einführung der NSFR auf Juni 2021 fest, womit die NSFR nun in den allermeisten Staaten gilt. Die entsprechende Änderung der LiqV trat am 1. Juli 2021 in Kraft.[65]

Nachhaltiges Finanzwesen

Finanzplatz Schweiz

Der Bundesrat sieht grosse Chancen für einen nachhaltigen Finanzplatz Schweiz.[66] Der Finanzplatz Schweiz soll ein global glaubwürdiger Standort für Anlegerinnen und Anleger sein, die einen vergleich- und messbaren Beitrag zu Gunsten der Umwelt und Gesellschaft leisten wollen.

An seiner Sitzung vom 17. November 2021 hat der Bundesrat verschiedene diesbezügliche Massnahmen beschlossen. Er empfiehlt den Finanzmarkt­akteuren insb. mit Hilfe von vergleichbaren und aussagekräftigen Klima­verträglichkeits-Indikatoren Transparenz bei allen Finanzprodukten und Kundenportfolien zu schaffen. Dies kann bspw. mit impliziten Temperatur-Kennzahlen erfolgen. Dabei werden die Produktionspläne der in den Portfolien enthaltenen Firmen mit einer Entwicklung verglichen, die nötig ist, um die maximale Erwärmung auf 1,5°Grad Celsius zu begrenzen. Solche Indikatoren vermitteln Anlagekundinnen und -kunden in einfacher Weise, wie Finanzprodukte punkto Klimawirkung einzustufen sind. Anderseits legt der Bundesrat der Finanzbranche nahe, internationalen „Netto-Null Allianzen“ beizutreten und strebt dahingehend Branchenvereinbarungen an. Netto-Null bedeutet, dass global nicht mehr Treibhausgase ausgestossen werden dürfen, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können.

Wenn Kundinnen und Kunden von Finanzinstituten bezüglich nachhaltiger Eigenschaften von Finanzprodukten und Beratungsprozessen wissentlich oder unwissentlich getäuscht oder irregeführt werden, wird von Greenwashing gesprochen.[67] Deshalb ist es sinnvoll, einheitliche Definitionen von Nachhaltigkeitswirkungen zu fördern. Dabei soll die subsidiäre Rolle des Staates möglichst bestehen bleiben. Da die Schweiz im Klimabereich mit dem Übereinkommen von Paris Verpflichtungen für den Finanzmarkt eingegangen ist, ist ein initialer Fokus auf Klimawirkungen sinnvoll. Dieser Fokus steht im Einklang mit internationalen Entwicklungen, bspw. der G20 und der EU.[68]

Der Bundesrat hat zudem das EFD beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) bis Ende 2022 darzulegen, inwiefern die Finanzbranche die Empfehlungen des Bundesrates umgesetzt hat und bei Bedarf entsprechende Vorschläge für Massnahmen macht. Schliesslich hat der Bundesrat das EFD beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem UVEK und der FINMA bis Ende 2022 gegebenenfalls vorzuschlagen, wie das Finanzmarktrecht – insb. bezüglich Transparenz – angepasst werden könnte, um Greenwashing zu vermeiden.

Klimaberichterstattung

Ende 2015 gründete das Financial Stability Board (FSB), dem auch die Schweiz angehört, die Arbeitsgruppe zur Klimaberichterstattung (Task Force on Climate-related Financial Disclosures, TCFD), um Empfehlungen zur finanziellen Transparenz der Unternehmen in Bezug auf Klimarisiken auszuarbeiten. Ihre Empfehlungen bilden einen gemeinsamen internationalen Rahmen, der den Unternehmen sowie den Akteuren der Finanzbranche erlaubt, ihre Exposition gegenüber Klimarisiken korrekt zu beurteilen und zu bepreisen, um in ihrer Geschäftstätigkeit die erforderlichen Strategien umzusetzen. Im weiteren Sinne geht es darum, die Märkte effizienter zu machen und die Volkswirtschaften besser für den Umgang mit dem Klimawandel zu rüsten.

Im Dezember 2020 beauftragte der Bundesrat das EFD, zusammen mit anderen Departementen, eine verbindliche Umsetzung der Empfehlungen der TCFD für Schweizer Unternehmen zu erarbeiten.[69]

Am 12. Januar 2021 sicherte die Schweiz der Arbeitsgruppe zur Klimaberichterstattung ihre offizielle Unterstützung zu.

Am 18. August 2021 hat der Bundesrat Eckwerte zur künftigen verbindlichen Klimaberichterstattung von grossen Schweizer Unternehmen beschlossen und gleichzeitig das EFD beauftragt, zusammen mit weiteren Bundesstellen, bis im Sommer 2022 eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten.[70] Die vom Bundesrat festgelegten Eckwerte umfassen namentlich: (i) Publikumsgesellschaften, Banken und Versicherungen ab 500 Mitarbeitenden, mehr als 20 Millionen Franken Bilanzsumme bzw. mehr als 40 Millionen Franken Umsatz sind verpflichtet, über Klimabelange öffentlich Bericht zu erstatten; (ii) die öffentliche Berichterstattung umfasst einerseits das finanzielle Risiko, das ein Unternehmen durch klimarelevante Tätigkeiten eingeht. Anderseits muss offengelegt werden, welche Auswirkungen die Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf das Klima bzw. die Umwelt hat. Diese sog. doppelte Wesentlichkeit entspricht auch dem Vorgehen der EU; (iii) durch Mindestanforderungen soll erreicht werden, dass die Offenlegungen aussagekräftig, vergleichbar, und, wo möglich, vorwärtsschauend und szenarienbasiert sind; und (iv) die verbindliche Umsetzung der TCFD-Empfehlungen soll voraussichtlich ab 2024 für das Geschäftsjahr 2023 mittels einer separaten Vollzugsverordnung zum Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative erfolgen.

Grüne Anleihen

Die Schweiz spielt bei den nachhaltigen Finanzanlagen international eine führende Rolle. Gestützt auf den Bericht[71] des Bundesrates „Nachhaltigkeit im Finanzsektor Schweiz“ vom Juni 2020 will der Bundesrat diese Position weiter ausbauen. Der Bericht nennt verschiedene Massnahmen, die zur Zielerreichung beitragen sollen. Eine dieser Massnahmen betrifft die Emission von grünen Anleihen (Green Bonds) durch den Bund.[72]

Im Unterschied zu konventionellen Anleihen kann bei grünen Anleihen das aufgenommene Kapital nicht frei verwendet werden. Es darf ausschliesslich für die (Re‑)-Finanzierung von Projekten verwendet werden, die positive Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dazu gehören bspw. die Förderung erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz, die Erhaltung der Biodiversität oder der Bau von umweltfreundlichen Gebäuden. Der Markt für grüne Anleihen ist sowohl in der Schweiz als auch international in den letzten Jahren stark gewachsen.

Am 17. November 2021 hat der Bundesrat beschlossen die Grundlagen zu erarbeiten, damit die Eidgenossenschaft grüne Anleihen emittieren kann. Die Emission von solchen grünen Anleihen („Grüne Eidgenossen“) soll die Anwendung internationaler Standards in der Schweiz stärken. Damit kann der Bundesrat dazu beitragen, dass Akteure des Privatsektors zur Ausgabe grüner Anleihen ermutigt werden. Im Auftrag des Bundesrates wird die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) in Zusammenarbeit mit dem UVEK ein Rahmenwerk zur Emission „Grüner Eidgenossen“ erarbeiten und dem Bundesrat bis Ende 2022 zum Entscheid unterbreiten.

Blockchain / Distributed Ledger Technology

Im Dezember 2018 publizierte der Bundesrat einen Bericht[73] zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Blockchain und Distributed Ledger Technology (DLT) im Finanzsektor. Der Bericht zeigte u.a. auf, dass der Schweizer Rechtsrahmen bereits heute gut geeignet ist, mit neuen Technologien inklusive DLT umzugehen. Er wies aber auch auf punktuellen Handlungsbedarf hin, weshalb der Bundesrat vom 22. März bis 30. Juni 2019 für eine Reihe von Anpassungen bestehender Gesetze eine Vernehmlassung durchführte.[74] Er verzichtete aber auf die Schaffung eines spezifischen Technologiegesetzes.

DLT ermöglicht eine gemeinsame Datenverwaltung und insb. eine gemeinschaftliche Buchführung mit Teilnehmenden, die sich gegenseitig nicht kennen oder nicht vertrauen. Im Kern geht es um Systeme zur gemeinsamen Datenverwaltung die auf verteilten Registern beruhen. Eine Blockchain ist eine mögliche Form, wie Daten in einem solchen System abgelegt werden. DLT ermöglicht den direkten, elektronischen Werttransfer zwischen den Teilnehmenden des Netzwerks, ohne dass eine kontoführende, zentrale Stelle involviert werden muss.

Am 27. November 2019 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT-Mantelgesetz)[75] und am 25. September 2020 verabschiedete das Eidg. Parlament das entsprechende Gesetzespaket.[76] Vom 19. Oktober 2020 bis 2. Februar 2021 führte das EFD eine Vernehmlassung zu den vorgeschlagenen Anpassungen bei interessierten Kreisen durch.[77] Das Gesetzespaket sowie die zugehörige Mantelverordnung[78] traten am 1. August 2021 in Kraft. In der Mantelverordnung sind die notwendigen Anpassungen von zehn Verordnungen zusammengefasst.[79]

Die Gesetzesanpassungen verbessern die Voraussetzungen für Blockchain- und DLT-Unternehmen in der Schweiz. Damit gehört die Schweiz international zu den Vorreitern einer modernen Regulierung innovativer Finanzmarkttechnologien.

Eine der zentralen Neuerungen ist eine Lizenz für DLT-Handelssysteme. Es handelt sich dabei um eine Finanzmarktinfrastruktur für DLT-Effekten, die nebst Finanzintermediären weitere Firmen und Personen zum Handel zulassen kann. Im Insolvenzrecht wird die Rechtssicherheit erhöht, indem die Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte im Konkursfall ausdrücklich geregelt wird.

Bereits am 1. Februar 2021 traten u.a. die beschlossenen Änderungen des Obligationenrechts in Kraft. Diese ermöglichten die Einführung von Wertrechten auf einer Blockchain. Zu diesen Bestimmungen waren keine Anpassungen auf Verordnungsstufe notwendig.

Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Die Schweiz verfügt über wirksame Instrumente zur Bekämpfung der Finanzmarktkriminalität. Sie ist zudem aktives Mitglied der internationalen Financial Action Task Force (FATF).

Am 19. März 2021 hat das Eidg. Parlament die Revision des Geldwäschereigesetzes[80] beschlossen. Diese verbessert das Abwehrdispositiv der Schweiz zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und trägt den wichtigsten Empfehlungen des Länderberichts der FATF über die Schweiz vom Dezember 2016 Rechnung. Die Massnahmen verlangen nach Ausführungsbestimmungen, namentlich im Bereich des Meldesystems für Geldwäscherei, der Einführung einer Bewilligungspflicht für den Ankauf von Altedelmetallen, des Zentralamtes für Edelmetallkontrolle als neue Geldwäschereiaufsichtsbehörde und der Transparenz von Vereinen mit einem erhöhten Risiko der Terrorismusfinanzierung.

Vom 1. Oktober 2021 bis 17. Januar 2022 führte der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Änderung der Geldwäschereiverordnung[81] sowie weiterer Verordnungen, wie der Verordnung über die Meldestelle für Geldwäscherei, der Handelsregisterverordnung, der Edelmetallkontrollverordnung und der Verordnung über die Gebühren der Edelmetallkontrolle, durch.[82] Die vorgeschlagenen Änderungen konkretisieren in erster Linie die beschlossenen Massnahmen. Ausserdem sollen bei dieser Gelegenheit relevante Bestimmungen zum Meldewesen aus den Geldwäschereiverordnungen der Aufsichtsbehörden und des EJPD in die Geldwäschereiverordnung des Bundesrats überführt werden.

Finanzmarktaufsicht (FINMA)

Risikomonitor

Am 21. November 2021 veröffentlichte die FINMA ihren dritten Risikomonitor.[83] Mit diesem Bericht gibt die FINMA einen Überblick über die aus ihrer Sicht aktuell bedeutendsten Risiken für die Beaufsichtigten und beschreibt den daraus abgeleiteten Fokus der Aufsichtstätigkeit. Unverändert gegenüber dem Vorjahr identifizierte die FINMA die folgenden sechs Hauptrisiken: (i) das anhaltende Niedrigzinsumfeld, (ii) eine mögliche Korrektur am Immobilien- und Hypothekarmarkt, (iii) Ausfälle oder Korrekturen bei Unternehmenskrediten und -anleihen im Ausland, (iv) Cyberangriffe, (v) die Geldwäschereibekämpfung, sowie (vi) ein erschwerter grenzüberschreitender Marktzugang.

Mit Ausnahme des Immobilien- und Hypothekarmarkts beurteilt die FINMA die erwähnten Risiken gegenüber dem Vorjahr als gleichbedeutend. Im Immobilien- und Hypothekarmarkt sieht die FINMA erhöhte Risiken. Der Risikomonitor 2021 beleuchtet zudem die Klimarisiken für den Finanzsektor als längerfristigen Trend. Zusammen mit den beaufsichtigten Instituten arbeitet die FINMA daran, finanzielle Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel angemessen zu erfassen und ins Risikomanagement der Institute zu integrieren.

Finanzmarktarchitektur – FIDLEG und FINIG

Das neue FIDLEG[84] und das neue FINIG[85] traten zusammen mit den vom Bundesrat verabschiedeten Vollzugsverordnungen (FIDLEV, FINIV und AOV) am 1. Januar 2020 in Kraft. Am 7. Februar 2020 legte die FINMA Ausführungsbestimmungen zu diesem Legislativpaket vor und führte hierzu vom 7. Februar bis zum 9. April 2020 eine öffentliche Anhörung durch.[86] Am 12. November 2020 erliess die FINMA die Folgeregulierung. Dafür erliess sie neben Anpassungen an bestehenden FINMA-Verordnungen[87] und Rundschreiben[88] eine neue Finanzinstitutsverordnung-FINMA (FINIV-FINMA)[89]. Zudem hob sie drei nicht mehr benötigte Rundschreiben auf.[90] Diese Anpassungen traten am 1. Januar 2021 in Kraft.

Die neue FINIV-FINMA regelt die Einzelheiten der Berufshaftpflichtversicherung für Vermögensverwalter, Trustees und Verwalter von Kollektivvermögen, Details zur Berechnung der de-minimis-Schwelle im Zusammenhang mit der Bewilligung als Vermögensverwalter, sowie zum Risikomanagement und zum internen Kontrollsystem für Verwalter von Kollektivvermögen. Zudem senkt die FINMA in der Geldwäschereiverordnung-FINMA (GwV-FINMA) den Schwellenwert für die Kundenidentifikation bei Wechselgeschäften in Kryptowährungen von 5‘000 auf 1‘000 Schweizer Franken. Damit werden Mitte 2019 beschlossene, internationale Vorgehen umgesetzt und den erhöhten Geldwäschereirisiken in diesem Bereich Rechnung getragen.

Banken

Liquidität

Im November 2019 beschloss der Bundesrat die Einführung der Finanzierungsquote für Banken (net stable funding ratio, NSFR).[91] Dies machte Anpassungen im FINMA-Rundschreiben „Liquiditätsrisiken – Banken“[92] erforderlich. Vom 4. Mai bis 13. Juli 2020 führte die FINMA eine entsprechende Anhörung durch und veröffentlichte am 12. November 2020 das teilrevidierte FINMA-Rundschreiben. Es trat gleichzeitig mit den Anpassungen der Liquiditätsverordnung am 1. Juli 2021 in Kraft.

Die Anpassungen des Rundschreibens betreffen im Wesentlichen zwei Bereiche: (1) Technische Ausführungsbestimmungen und Konkretisierungen zu den neuen Anforderungen an die NSFR gem. Art. 17f–17s LiqV; und (2) Qualitative Anforderungen und LCR.

Recovery- und Resolution Planning

Systemrelevante Schweizer Finanzinstitute müssen mit einer Recovery- and Resolution-Planning (Stabilisierungs- und Abwicklungsplanung) aufzeigen, wie sie sich im Krisenfall stabilisieren oder wie sie ohne Hindernisse saniert oder liquidiert werden können, unter Aufrechterhaltung der für die Schweiz systemrelevanten Funktionen. Die FINMA veröffentlicht jährlich eine Beurteilung über die Fortschritte dieser Arbeiten. Damit schafft sie Transparenz über den Stand der Too-big-to-fail-Arbeiten betreffend die global systemrelevanten Banken Credit Suisse und UBS, die inlandorientierten systemrelevanten Banken PostFinance, Raiffeisen und Zürcher Kantonalbank sowie die systemisch bedeutsamen Finanzmarktinfrastrukturen SIX x-clear und SIX SIS.

Am 19. März 2021 veröffentlichte die FINMA ihre jährliche Beurteilung der Stabilisierungs- und Abwicklungsplanung der systemrelevanten Schweizer Finanzinstitute und verzeichnet in den Arbeiten weitere Fortschritte. Erstmals verfügen alle inlandorientierten systemrelevanten Banken über glaubwürdige Resolution-Strategien. Die Grossbanken Credit Suisse und UBS erzielten weitere Verbesserungen bei der globalen Abwickelbarkeit.

Finanzielle Referenzwerte – Ablösung des LIBOR

Im sog. LIBOR-Skandal 2011 wurde bekannt, dass Banken die Referenzzinssätze LIBOR, EURIBOR und TIBOR (sog. IBORs) manipulieren konnten. Betroffen waren die Hauptwährungen EUR, GBP, USD, CHF und JPY. Seither wird die Veröffentlichung der LIBOR-Raten reguliert. Die ICE Benchmark Administration (IBA) hat 2016 eine Roadmap zur Reform des LIBORs erarbeitet. In einer Rede vom 27. Juli 2017 hat Andrew Bailey, der Leiter der britischen Finanzaufsicht (Financial Conduct Authority, FCA), angekündigt, dass die FCA nach 2021 den LIBOR nicht mehr unterstützt und dass Marktteilnehmer eine Ersetzung des LIBOR durch alternative Referenzzinssätze (z.B. Swiss Average Rate Overnight, SARON) anstreben sollen.

Am 4. Dezember 2020 veröffentlichte die FINMA einen Fahrplan für die Ablösung des LIBOR und gab Empfehlungen, damit sich die betroffenen Beaufsichtigten auf die Ende 2021 anstehenden Veränderungen vorbereiten können.[93]

Am 5. Juli 2021 veröffentlichte die FINMA eine Aufsichtsmitteilung[94] in der sie ihre Ausführungen zu Derivatekontrakte im Rahmen der bevorstehenden Ablösung des LIBORs präzisiert. Sie legt dar, dass Anpassungen an bestehenden Derivatekontrakten, nicht als neu abgeschlossene Derivatekontrakte gelten und somit weder Abrechnungs- noch Besicherungspflichten auslösen, wenn die Anpassungen ausschliesslich zur Bewältigung der LIBOR-Ablösung vorgenommen werden resp. durch die entsprechende Referenzzinssatzreform begründet sind.[95]

Am 16. September 2021 informierte die FINMA in einer weiteren Aufsichtsmitteilung[96] über den Stand des Ablösungsprozesses. Die FINMA sieht die Banken grundsätzlich im Fahrplan. Sie fordert alle Finanzmarktteilnehmer erneut auf, die Vorbereitung auf die Ablösung des LIBOR mit höchster Priorität voranzutreiben. In der Aufsichtsmitteilung stellte die FINMA bewährte Vorgehensweisen zusammen, mit denen die Institute verbleibenden Risiken begegnen können.

Nachhaltige Finanzdienstleistungen

Klimaberichterstattung

Auswirkungen des Klimawandels können für Finanzinstitute längerfristig bedeutende finanzielle Risiken bergen. Bei klimabezogenen Finanzrisiken sind die Finanzinstitute bisher unterschiedlich transparent. Zur Schaffung von mehr Transparenz konkretisiert die FINMA daher für grosse Finanzmarktakteure die Offenlegungsregeln zu diesen Risiken. Eine ausführliche und einheitliche Offenlegung von klimabezogenen Finanzrisiken unterstützt eine angemessene Auseinandersetzung mit den Risiken und fördert die Vergleichbarkeit sowie die Marktdisziplin.[97] Vom 10. November 2020 bis 19. Januar 2021 führte die FINMA eine öffentliche Anhörung zu Anpassungen im FINMA-Rundschreiben „Offenlegung Banken“[98] durch. Ziel der Anpassungen ist eine proportionale und prinzipienbasierte Ausgestaltung der Offenlegung. Systemrelevante Banken sollen ihre klimabezogenen Finanzrisiken transparent machen. Der Regulierungsansatz orientiert sich inhaltlich an den international breit anerkannten Empfehlungen der Task Force onClimate-related Financial Disclosures (TCFD)[99] sowie den Empfehlungen zur Offenlegung von klimabezogenen Informationen in der EU.[100]

Am 1. Juli 2021 trat das revidierte FINMA-Rundschreiben „Offenlegung Banken“ in Kraft. Die betroffenen Institute müssen künftig die wesentlichen klimabezogenen Finanzrisiken sowie deren Einfluss auf die Geschäftsstrategie, das Geschäftsmodell und die Finanzplanung beschreiben (Strategie). Ausserdem müssen sie den Prozess für die Identifizierung, Bewertung und Behandlung von klimabezogenen Finanzrisiken (Risikomanagement) sowie quantitative Angaben (inkl. Beschrieb der verwendeten Methodologie) offenlegen. Schliesslich müssen die Institute die zentralen Merkmale ihrer Governance-Struktur in Bezug auf klimabezogene Finanzrisiken beschreiben.

Prävention und Bekämpfung von Greenwashing

Die Nachfrage von Anleger- und Kundschaft nach nachhaltigen Finanzprodukten und -dienstleistungen ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Entsprechend ist auch die Zahl von Finanzprodukten mit Nachhaltigkeitsbezug, die bspw. als „nachhaltig“, „grün“ oder „ESG“ (Environment, Social, Governance) bezeichnet werden, signifikant gewachsen.

Auf nationaler und internationaler Ebene wurden verschiedene Initiativen angestossen und im Ausland vermehrt regulatorische Massnahmen ergriffen, um insb. die nachhaltigkeitsbezogene Transparenz für Anleger- und Kundschaft zu erhöhen. Bisher fehlen in der Schweiz spezifische aufsichtsrechtliche Vorgaben für Finanzprodukte und -dienstleistungen mit Nachhaltigkeitsbezug. Dies erhöht die Gefahr, dass die Anleger- und Kundschaft – bewusst oder unbewusst – über nachhaltige Eigenschaften von Finanzprodukten und -dienstleistungen getäuscht werden (sog. Greenwashing).

Am 3. November 2021 veröffentlichte die FINMA eine Aufsichtsmitteilung[101] zur Prävention und Bekämpfung von Greenwashing. Darin informiert die FINMA über die Grundzüge ihrer Erwartungen und den aktuellen Stand der Praxis bei der Verwaltung von kollektiven Kapitalanlagen mit Nachhaltigkeitsbezug auf Fonds- und Institutsebene. Zudem weist sie Finanzdienstleister, die Finanzprodukte mit Nachhaltigkeitsbezug anbieten, auf die potenziellen Greenwashing-Risiken im Beratungsprozess und am Point of Sale hin.

Finanzielle Risiken des Klimawandels

Anlässlich der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow (COP26) hat das Network for Greening the Financial System (NGFS) am 3. November 2021 die NGFS Glasgow Declaration veröffentlicht.[102] Diese Erklärung beschreibt den Beitrag des NGFS zu den COP26-Zielen. Wie die Schweizerische Nationalbank ist die FINMA seit April 2019 NGFS-Mitglied und setzt sich entsprechend in ihrem Kompetenzbereich für die Umsetzung der NGFS-Empfehlungen ein. Die nicht verbindlichen Empfehlungen basieren auf den von den NGFS-Mitgliedern identifizierten Best Practices.

Video- und Online-Identifizierung

Seit der Inkraftsetzung des FINMA-Rundschreibens „Video- und Online-Identifizierung“[103] ist der technologische Wandel weiter fortgeschritten. Die FINMA trägt diesen Entwicklungen Rechnung und führte vom 16. November 2020 bis 1. Februar 2021 eine Anhörung zur Teilrevision des Rundschreibens durch, um die Innovationsfähigkeit, Technologieneutralität und effektive Geldwäschereibekämpfung weiter sicherzustellen.

Am 1. Juni 2021 trat das revidierte FINMA-Rundschreiben in Kraft. Damit wird die Online-Identifizierung weiter automatisiert, um einen unterbruchfreien Eröffnungsprozess zu ermöglichen. So werden insb. die technischen Möglichkeiten berücksichtigt, die der biometrische Pass bietet: Neu kann der Finanzintermediär auf die bisher zur Identifizierung erforderliche Banküberweisung der Kundin oder des Kunden verzichten, falls er die dafür nötigen Daten auf dem Chip der biometrischen Ausweispapiere ausliest.

Blockchain / Distributed Ledger Technology

Die FINMA anerkennt das innovative Potential von neuen Technologien für die Finanzmärkte. Um seriöse Innovation zu ermöglichen, wendet sie die geltenden finanzmarktrechtlichen Bestimmungen konsequent technologieneutral an, also nach dem Grundsatz same risks, same rules. Dabei achtet sie darauf, dass die Schutzziele der Finanzgesetze gewahrt werden.

Am 10. September 2021 gab die FINMA bekannt, dass sie erstmals Bewilligungen für Infrastrukturen ausgesprochen hat, die auf Distributed Ledger Technology (DLT) basieren und den Handel von digitalisierten Effekten in Form von Token und deren integrierte Abwicklung ermöglichen.[104] Die Bewilligungen betreffen die SIX Digital Exchange AG als Zentralverwahrerin und die damit verbundene SDX Trading AG als Börse.

Direktübermittlung

Das FINMA-Rundschreiben „Direktübermittlung“ trat am 1. Januar 2017 in Kraft.[105] Es dient dem direkten, rechtssicheren und zeitnahen Austausch von Informationen zwischen Beaufsichtigten und ausländischen Behörden. Bereits bei der Verabschiedung kündigte die FINMA an, das Rundschreiben zwei Jahre nach Inkrafttreten zu evaluieren. Entsprechend führte die FINMA von Juli bis September 2019 eine Ex-post-Evaluation durch. Vom 20. August bis 15. Oktober 2020 führte die FINMA dann eine Anhörung zur Teilrevision des Rundschreibens durch.

Am 1. April 2021 trat das revidierte FINMA-Rundschreiben „Direktübermittlung“ in Kraft. Die Anpassungen umfassen insb. eine Ausweitung der Liste der amtshilfefähigen Behörden um diejenigen ausländischen Behörden, mit welchen die FINMA bilaterale und für die Amtshilfe hinreichende Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen hat. Neben anderen Klarstellungen wurde vor allem der Meldeprozess bei geplanten Übermittlungen präzisiert.

SIX Swiss Exchange

Kotierung – Special Purpose Acquisition Companies (SPACs)

Bei einer Special Purpose Acquisition Company