John Sinclair 2064 - Michael Breuer - E-Book

John Sinclair 2064 E-Book

Michael Breuer

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Beschreibung

Vergangenheit

Roderik deLacey hielt den Helm mit dem prachtvollen Federbusch unter den Arm geklemmt. Die andere Hand lag lose auf dem Knauf seines Breitschwerts.
Mit zusammengekniffenen Augen blickte der junge Tempelritter hinab auf das Dorf zu Füßen des Berghangs. Die Dämmerung senkte sich herab.

Bald schon würde es Nacht sein. Dann würden sich die Untoten aus ihren Gräbern erheben. Die Gier nach dem Blut der Lebenden erfüllte sie, und sie würden nicht eher ruhen, bis sie ihren unheiligen Durst gestillt hatten. Das Übel des Vampirismus breitete sich mit rasender Geschwindigkeit im Dorf aus.

Darum hatte der Orden entschieden, dem Spuk ein Ende zu machen.
Denn Vampire gehörten gepfählt!

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Seitenzahl: 129

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Inhalt

Cover

Impressum

Geliebt, gehasst, gepfählt

Briefe aus der Gruft

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Gonzales/Bassols

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5848-3

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Geliebt, gehasst, gepfählt

von Michael Breuer

Vergangenheit

Roderik deLacey hielt den Helm mit dem prachtvollen Federbusch unter den Arm geklemmt. Die andere Hand lag lose auf dem Knauf seines Breitschwerts.

Mit zusammengekniffenen Augen blickte der junge Tempelritter hinab auf das Dorf zu Füßen des Berghangs. Die Dämmerung senkte sich herab.

Bald schon würde es Nacht sein. Dann würden sich die Untoten aus ihren Gräbern erheben. Die Gier nach dem Blut der Lebenden erfüllte sie, und sie würden nicht eher ruhen, bis sie ihren unheiligen Durst gestillt hatten. Das Übel des Vampirismus breitete sich mit rasender Geschwindigkeit im Dorf aus.

Darum hatte der Orden entschieden, dem Spuk ein Ende zu machen.

Denn Vampire gehörten gepfählt!

DeLacey blickte immer noch gedankenverloren hinab auf das Dorf, als ein weiterer Ritter an seiner Seite auftauchte. Er hatte bereits seinen Helm aufgesetzt.

»Es wird gleich dunkel sein«, erklärte er blechern. »Wir sollten aufbrechen!«

Erst am Klang der Stimme erkannte deLacey, wen er vor sich hatte. Es handelte sich um den Komtur, womit das jeweilige Oberhaupt einer Ordensniederlassung bezeichnet wurde.

DeLacey nickte. »Ja«, antwortete der junge Ritter. »Wir müssen die Bestien überraschen, sonst laufen wir Gefahr, von ihnen überrumpelt zu werden.«

Und was dann geschah, das wollte er sich lieber nicht vorstellen.

Seine menschliche Existenz würde enden, um einem Leben in Verdammnis Platz zu machen. Als Untoter würde er dann durch die Nächte streifen, dazu gezwungen, sich am Blut der Sterblichen zu laben.

Unwillkürlich verzog deLacey das Gesicht und schob den Gedanken weit von sich. Er wusste, er durfte nicht zaudern, denn dann war er schon auf dem besten Wege, den Sieg zu verspielen.

Der junge Ritter dachte zurück. Er gehörte den Templern bereits seit seiner frühen Jugend an. Zwar war der Orden offiziell schon vor zweihundert Jahren zerschlagen worden, aber im Verborgenen existierten immer noch verschiedene Enklaven. So hatten sich nach der Auflösung der Templergemeinden zur Zeit der Kreuzzüge mehrere Ritter auf den kanarischen Inseln niedergelassen. Hier hatten sie auf der Insel Lanzarote eine neue Gemeinde gegründet.

Das Kloster der Ordensritter lag hoch oben am Hang eines der Vulkanberge. Von dort aus wachten die Templer über das Wohl der Insel.

Und nun sahen sie sich gezwungen, nach langen Jahren erneut ihre Schwerter zu gürten und in den Kampf zu ziehen.

DeLaceys Herz wurde schwer. Bisher hatten sie hier in Ruhe und Frieden gelebt. Sowohl das Böse als auch die weltlichen Mächte hatten die Templer verschont. Das war auch gut so, bedachte man, welchen Schatz sie in ihrem Kloster vor der Außenwelt verborgen hielten. Nun jedoch hatte der Frieden ein abruptes Ende gefunden.

Der Jüngling schnaubte leise. Wenn er zurückdachte, waren die aufregendsten Ereignisse der zurückliegenden Jahre die gelegentlichen Piratenüberfälle gewesen. Ihm war unerklärlich, wie das Übel das Vampirismus auf die Insel gelangen konnte. Allerdings fand das Böse immer seinen Weg. Die Mächte der Hölle waren listenreich. Man durfte sich nicht anmaßen, ihre Ränkespiele durchschauen zu können.

»Zieh deinen Helm an, Junge«, befahl der Komtur.

DeLacey nickte knapp, bevor er der Aufforderung nachkam.

Seine jugendlichen Züge verschwanden unter dem kühlen, grob gehämmerten Metall. Der schwere Kübelhelm bedeckte seinen Kopf vollständig. Ein Visier war nicht vorhanden, lediglich zwei schmale Schlitze, die dafür Sorge trugen, dass er nicht blind herumstolperte.

DeLacey wandte sich um. Auch die übrigen Templer hatten sich bereitgemacht. Sie alle waren neben ihren Schwertern auch mit wuchtigen Eichenholzpfählen ausgestattet, die sie den Untoten in ihr schwarzes Herz rammen wollten.

Die Sonne war jetzt endgültig hinter den Vulkanbergen versunken. Es wurde Zeit.

»Gehen wir«, erklärte der Komtur.

Die Templer hatten dem Treiben der Vampire lange genug tatenlos zugesehen. Jetzt mussten sie handeln, bevor sie den ganzen Ort entvölkerten. Den Rittern war klar, dass das Dorf nur der Anfang sein würde.

Am Schlusspunkt der Entwicklung würde eine Insel stehen, deren Bevölkerung komplett aus Blutsaugern bestand.

Die schweren Stiefel der Templer knirschten auf dem gewundenen Kiesweg, der hinunter in die Siedlung führte. Bereits von Weitem konnte man den eindrucksvollen Ziegelturm der Iglesia Nuestra Señora de Guadalupe, der örtlichen Kirche, erkennen. DeLacey bezweifelte jedoch, dass sich in diesen Tagen noch viele Gläubige dort einfanden.

Selbst wenn die Sonne hoch am Himmel stand, hatten die Menschen Angst, ihre Häuser zu verlassen. Das öffentliche Leben war völlig zum Erliegen gekommen.

Der junge Ritter konnte ihre Ängste durchaus verstehen. Schließlich fürchtete er sich ebenfalls. Roderik hatte noch keine Konfrontation mit den Mächten des Bösen erlebt.

Er fragte sich, wie es wohl sein würde, wenn er einem leibhaftigen Vampir gegenüberstand. Würde er es wohl schaffen, den Eichenholzpfahl zu schwingen und ihm einem der Unholde ins rabenschwarze Herz zu jagen? Oder würde er gar versagen und stattdessen dem unirdischen Durst der Blutsauger zum Opfer fallen?

DeLacey blinzelte unter dem schweren Helm. Seine Miene wurde hart. Nein, er würde nicht versagen!

Denn dort unten, in dem kleinen Dorf Teguise, befand sich die Frau, die er liebte. Der junge Templer mahlte mit den Kiefern, als er an die glutäugige Lina dachte. Sie war die Tochter eines der Bediensteten des Ordens und war diesem oftmals bei Arbeiten innerhalb der Klosteranlage zur Hand gegangen.

Ihre Familie lebte unten im Dorf. Oft hatten sich Lina und deLacey verstohlen auf halbem Wege getroffen, denn weder der Orden noch die Familie des Mädchens hießen die Verbindung gut.

Aber nun gab es dringlichere Dinge, als über eine Liebe nachzugrübeln, die unter einem schlechten Stern stand. Lina und das gesamte Dorf waren in Gefahr.

»Verzagt nicht, Brüder«, hörte deLacey die Stimme des Komturs, während sie den Berg hinunterstapften. »Der Herrgott wird seinen schützenden Schild über uns halten und uns in der Stunde der Not beistehen!«

Der junge Ritter schnaubte unter seinem Helm.

Angesichts der Existenz blutgieriger Vampire fiel es ihm schwer, an die allumfassende Güte des Herrn zu glauben.

Sofort schob er die Zweifel beiseite. Es war nicht recht, so zu denken.

Die weiß gestrichenen Häuser des Ortes waren jetzt langsam besser zu erkennen. Sie leuchteten grell in der Dämmerung. Die Straßen Teguises jedoch wirkten wie ausgestorben. Kein Mensch war weit und breit zu sehen.

Es herrschte eine geradezu gespenstische Stille.

Totenstille, wie sich deLacey klarmachte, als sie die letzten Meter des Weges hinter sich brachten und die Hauptstraße betraten.

»Ausschwärmen«, befahl der Komtur mit blecherner Stimme. »Wir kontrollieren jedes einzelne Haus. Niemand darf uns entkommen. Ihr wisst, nur ein überlebender Vampir reicht, um das Übel aufs Neue zu verbreiten! Wir dürfen keine Gnade walten lassen. Auch wenn diese Bestien vielleicht äußerlich an Menschen erinnern mögen, so sind sie doch längst gestorben. Wir schenken ihnen lediglich Erlösung!«

DeLacey spürte einen Stich in seinem Herzen, als ihm bewusst wurde, dass die Worte des Komturs in seine Richtung gingen. Der Führer des Ordens wusste um die Verbindung zu Lina, auch wenn er noch nie ein Wort darüber verloren hatte.

Der junge Ritter nickte knapp.

Er versuchte sich vorzustellen, wie es wohl sein würde, wenn ihm Lina tatsächlich in Vampirgestalt gegenüberstand. Ob er dann in der Lage war, sie von ihrem unirdischen Dasein zu erlösen?

DeLacey hoffte inständig, dass es ihm erspart bleiben würde, die Antwort auf diese Frage herauszufinden. Er besann sich wieder auf die Gegenwart.

Der Komtur zeigte in Richtung verschiedener Häuser und schickte die Ordensritter in Zweiergruppen los.

»Du kommst mit mir«, erklärte er an deLacey gewandt.

Gemeinsam machte sich das ungleiche Paar auf den Weg. Dabei grübelte deLacey darüber nach, dass es eigentlich viel sinniger gewesen wäre, den Angriff tagsüber durchzuführen, wenn die Blutsauger schliefen.

Dagegen hatte sich der Komtur jedoch schon vor ihrem Aufbruch entschieden ausgesprochen. Ein solches Handeln hätte ganz entschieden seinem Sinn ritterlicher Ehre widersprochen.

Auch wenn die Vampire keine Menschen mehr waren, so lag es ihm doch völlig fern, sie hinterhältig im Schlaf mit dem Holzpflock zu durchbohren.

Das verstand deLacey sogar. Auch ihm war ein offener, ehrlicher Kampf weitaus lieber.

Aus vereinzelten Häusern waren jetzt gellende Schreie zu hören, die dem jungen Ritter kalte Schauer über den Rücken jagten.

Es begann also!

DeLacey wandte kurz den Kopf. Menschen stürmten auf die Straße, dicht gefolgt von schwertschwingenden Ordensmännern. Ein furchtbares Gemetzel bahnte sich an.

»Lass dich nicht beirren, Bruder«, vernahm er wieder die Stimme des Komturs. »Vergiss nicht, sie sind keine Menschen mehr!«

Tatsächlich erblickte deLacey gefletschte Eckzähne. Es stimmte also, die Vampire hatten sich im Dorf schadlos gehalten. Nun jedoch war die Stunde der Abrechnung gekommen!

Abermals nickte deLacey, als sie plötzlich hinter einer Straßenecke ein wohlbekanntes Haus erreichten. Der Ritter erstarrte zur Salzsäule. Hier lebte Linas Familie.

»Vorwärts«, ordnete der Komtur an. »Wir dürfen kein Haus auslassen. Sei stark, Bruder!«

DeLacey schluckte schwer. Er zögerte noch einen Moment, dann zog er das Schwert aus der Scheide. Die silberhaltige Klinge war geweiht und würde in der Lage sein, sich einen Angreifer so lange vom Hals zu halten, bis man ihm den erlösenden Pflock durchs Herz jagen konnte. Sofort fühlte sich deLacey etwas sicherer.

»Gut so«, lobte der Komtur, während er ebenfalls sein Schwert zog.

Dann setzte sich der Führer des Ordens in Bewegung.

Ein Tritt seines schweren Lederstiefels ließ die Tür des Hauses nach Innen auffliegen. Für höfliches Anklopfen war jetzt keine Zeit.

Schon stürmte der Komtur ins Innere.

DeLacey blinzelte einen Moment, dann kehrte das Leben in seinen Körper zurück und er folgte seinem Meister.

Im Inneren des Hauses erwartete ihn ein Bild des Grauens.

Am Boden der Stube konnte er vier leblose Körper erkennen. Es handelte sich um Linas Vater, den alten Jorge Perez, seine Frau und zwei ihrer Kinder. Lina selbst fehlte glücklicherweise. Allen Toten war gemeinsam, dass sie kreidebleich waren, was ein deutliches Anzeichen war, dass man ihnen jeglichen Tropfen Blut ausgesaugt hatte.

Eine Ahnung, die sich bestätigte, als der Komtur neben Jorge Perez in die Knie ging und seinen Hals untersuchte.

»Ausgesaugt wie einen alten Weinschlauch«, stellte er drastisch fest. Er atmete tief durch, bevor er die Oberlippe des Mannes nach oben schob. Er verfügte noch nicht über die vampirtypischen Fangzähne. »Sie sind noch in der Umwandlung begriffen«, murmelte der Komtur. Er blickte deLacey an. »Erlösen wir sie!«

Dabei löste er bereits den ersten der mitgeführten Holzpflöcke sowie den dazugehörigen Hammer vom Gürtel.

Nach kurzem Zögern tat deLacey es ihm gleich und ging neben Linas Mutter in die Knie. Unwillkürlich schloss er die Augen, als er den spitzen Holzpfahl an ihren vollen Brüsten ansetzte. Seine Lippen murmelten ein unhörbares Gebet.

»Los jetzt«, forderte die Stimme des Komturs. Die Worte klangen wie Donnerhall in seinem Schädel.

Während er den Pfahl mit einer Hand an Ort und Stelle hielt, griff deLacey ebenfalls nach dem Hammer.

Das war der Moment, in dem das Grauen über ihn hereinbrach. Ehe er sein grausiges Werk verrichten konnte, wurde die Tür zum Nachbarraum aufgestoßen, und mit ausgestreckten Armen stürmte Lina in den Raum. Sie trug ein langes, weißes Gewand, das deLacey sofort als Leichenhemd identifizierte.

Das Übel hatte von ihr Besitz ergriffen, wie ihm schlagartig klar wurde.

DeLacey spürte, wie seine Finger zu zittern begannen, als ihm klar wurde, dass es keine Rettung mehr für seine Geliebte gab.

Während er noch neben der toten Mutter kniete, stürzte sich Lina fauchend auf den Komtur. In ihrem aufgerissenen, blutverschmierten Mund konnte der Ritter lange Fangzähne erkennen.

Und diese Zähne schlug sie nur Sekunden später wuchtig in den Hals des Templeroberhaupts. Hilflos wedelte der Komtur mit den Armen und stieß einen gurgelnden Schrei aus, als ihm die Vampirin das Leben aus dem Körper saugte.

Verzweifelt versuchte er sich zu wehren, doch er hatte keine Chance gegen die überlegene Körperkraft der Untoten.

Jetzt endlich kam auch deLacey wieder auf die Füße. Drohend hob er das Schwert, aber Lina war zu gerissen für ihn. Sie hielt den Körper des Komturs wie einen schützenden Schild vor sich, ohne dabei von seinem Hals abzulassen.

Sie soff ihn leer, als habe sie nie einen erleseneren Saft gekostet.

Während deLacey noch zitternd dastand, stürmten weitere Templer das Haus. Linas Kopf ruckte herum, als sie auf die Neuankömmlinge aufmerksam wurde.

Diese Chance nutzte deLacey gnadenlos aus.

Blitzschnell stürzte er auf sie zu und rammte ihr das Schwert in die Seite.

Die Vampirin stieß ein Fauchen aus. Schmerzerfüllt ließ sie den Körper des Komturs fahren, der daraufhin leblos zu Boden stürzte.

Nun war sie völlig ohne Deckung.

»Ergreift sie, Männer«, presste deLacey hervor.

Eilig kamen die Ritter seiner Aufforderung nach. Sie ahnten seine Absicht bereits. Sie wussten, sie hatten nur diese eine Chance, wenn sie der Vampirin beikommen wollten.

Von hinten stürmten die beiden Ritter heran und nahmen Lina beherzt in den Klammergriff. Sie hatten alle Mühe, die Blutsaugerin festzuhalten. DeLacey war klar, dass er nicht viel Zeit hatte.

Keuchend trat er näher und hob drohend den Holzpflock.

Als er ihn an ihren Brüsten ansetzte, veränderte sich der Ausdruck in Linas Augen. Das Bestialische in ihnen verschwand, um menschlichen Gefühlen zu weichen.

»Bitte«, flüsterte die Vampirin flehend.

DeLacey spürte, wie ihm das Herz schwer wurde.

Für einen scheinbar endlosen Moment wirkte Lina fast menschlich, aber natürlich wusste der Templer, dass diese Gefühle lediglich gespielt waren. Immerhin war sie untot und trug das Übel des Vampirismus in sich.

Diesen Umstand versuchte sich deLacey förmlich ins Gehirn zu brennen, als er nun den wuchtigen Hammer hob.

»Festhalten«, presste er blechern hervor.

Dann schlug er zu und trieb ihr den Holzpflock in den Körper. Sofort spritzte Blut hervor. Lina stieß einen irren Schrei aus. Sie wand sich in den Fängen ihrer Häscher, aber sie hatte keine Chance.

Wieder schlug deLacey zu. Und wieder.

Der Körper seiner Geliebten erschlaffte. Blut färbte ihr Leichenhemd rot. Die funkelnden Augen brachen.

Es war vorbei. Sie hatte ausgelitten.

Vorsichtig ließen die beiden Templer den leblosen Körper zu Boden sinken.

»Geht raus, Bruder«, sagte einer von ihnen. Die Worte erreichten deLacey wie durch einen dichten Nebel. »Wir bringen das hier zu Ende.«

Der junge Templer nickte abgehackt und stolperte aus dem Gebäude. Keuchend lehnte er sich an die Hauswand und versuchte, seine Sinne wieder zu ordnen.

Mit Lina war auch ein Teil seiner selbst gestorben.

Einige Minuten blieb deLacey reglos stehen, dann stürzte auch er sich in den Kampf gegen die vampirisierten Dorfbewohner, der sich noch bis zum Morgengrauen hinzog.

Als die Templer in ihr Kloster zurückkehrten, war die Insel vom Bösen befreit. Friede kehrte ein.

Und die Jahrhunderte zogen ins Land …

***

Puerto del Carmen/Lanzarote, Gegenwart

Paul Giddes blieb keuchend stehen und starrte den Rücklichtern des soeben davonbrausenden Linienbusses hinterher. Das Gefährt hatte ihn sicher zurück in die heimatliche Hotelanlage bringen sollen, aber das konnte er sich jetzt wohl abschminken.

Blinzelnd umarmte der britische Tourist einen nahen Laternenpfahl. Neben der Bushaltestelle erhob sich die Betonkulisse eines weiteren Hotelkomplexes. Nur zu gerne hätte sich Giddes dort jetzt niedergelassen, aber bevor er sich in die Koje fallen lassen konnte, würde er wohl noch zwanzig Minuten Fußmarsch hinter sich bringen müssen.

Ein Taxi würde jedenfalls wohl kaum anhalten, bedachte man, in welchem Zustand er sich gerade befand.

Immer noch schwankend blickte Giddes an sich hinunter und beobachtete die aufregend neue Färbung seiner Jeans sowie seiner sündhaft teuren Wildlederslipper.