John Sinclair 2453 - Ian Rolf Hill - E-Book

John Sinclair 2453 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Niemals werde ich den Ausdruck in den Augen meines Partners vergessen, als ich ihn daran gehindert hatte, ein Menschenleben zu retten. Himmel, was war bloß aus mir geworden? Ich ließ den Engelstöter fallen. "Nein, das ... das will ich nicht." "Was willst du nicht?", fragte Lilitu. "Deine Bestimmung erfüllen? Du bist der Sohn des Lichts! Nur du kannst Luzifer vernichten." "Du hast keine Wahl", zischte Machalath. "Luzifer muss sterben! Also bring es zu Ende!" "Schenke uns Frieden", fügte Igereth hinzu. Ich wand mich wie ein Wurm am Haken. Tief in mir spürte ich die Dunkelheit. "Wenn du uns wirklich retten willst, dann bring es zu Ende - und erlöse uns von dem Bösen!" Meine Hand schloss sich um das Kreuz. Kalt und irgendwie glitschig lag es in meiner Hand. Ein nie gekannter Ekel überkam mich. Ekel vor dem Kreuz, aber auch vor mir selbst. Angewidert riss ich mir den Talisman vom Hals und schleuderte ihn von mir ...

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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Entscheidung am Höllenberg

Grüße aus der Gruft

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Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Entscheidung am Höllenberg

(Teil 3 von 3)

von Ian Rolf Hill

Das Böse zeigte sich in Gestalt einer Fliege von zyklopischen Ausmaßen.

Armlange Borsten ragten wie Stacheln aus dem schwarzglänzenden Chitinpanzer, der aussah, als wäre er mit geronnenem Blut bestrichen. Und er roch auch so. Ein bestialischer Gestank nach Pestilenz, Verwesung und Exkrementen ging von ihm aus und erfüllte die Ruine der entweihten Klosterkapelle, in der man den Dämon beschworen hatte.

Es war Beelzebub, der Herr der Fliegen!

Doch Beelzebub war nicht irgendein Dämon – er war ein Drittel des absolut Bösen, das allgemein unter dem Namen Luzifer bekannt war.

Und ich – John Sinclair – war gekommen, um ihn zu vernichten.

Denn ich war Luzifers Henker!

Beelzebub schwebte inmitten einer Wolke aus purpurfarbenen Dämpfen, die aus dem verkochten Blut von Fiona Garrett aufgestiegen waren. Unsere ehemalige Kollegin, die in Wahrheit eine Tochter des Kain, eine von Liliths gefürchteten Vollstreckerinnen gewesen war, hatte sich geopfert, um den Dämon herbeizurufen, damit ich ihm den Garaus machte.

Die Waffe dazu besaß ich. Es war der sagenumwobene Engelstöter, jenes Schwert, mit dem der Erzengel Michael zu Anbeginn der Zeiten den abtrünnigen Luzifer samt seiner Heerscharen in die Verdammnis gestoßen hatte.

Es hatte heftige Kämpfe um diese Waffe gegeben, bis es Lilith schließlich gelungen war, sie an sich zu nehmen, um, wie ich vermutet hatte, die Erzengel zu attackieren.

Ein Irrtum, wie sich herausgestellt hatte, denn die Große Mutter hatte jemand ganz anderen im Visier gehabt: Luzifer!

Unvorstellbar, wenn man sich vor Augen führte, dass Lilith und Luzifer nicht nur Verbündete, sondern auch Geliebte waren, die die Hölle über Äonen hinweg in einer Art Doppelspitze regiert hatten. Erfolgreich, wie ich hinzufügen möchte. Unter anderem war es ihnen gelungen, die Großen Alten in ihre Schranken zu weisen. Zuletzt hatten sie den Spuk, den Herrscher im Reich der Schatten, besiegt und in der Hölle lebendig begraben.

Offenbar hatte dies zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden mächtigsten Entitäten der Hölle geführt, das in einem offenen Krieg mündete. Oder hatte Lilith von Anfang an vorgehabt, Luzifer anzugreifen?

Aber selbst der Großen Mutter war klar gewesen, dass sie das absolut Böse nicht direkt angehen konnte und vor allem nicht, solange die Macht seiner drei Teilaspekte, die aus den Teufeln Asmodis, Baphomet und Beelzebub bestanden, vereint war.

Deshalb hatte sie einen ebenso wagemutigen wie raffinierten Plan ausgetüftelt. Während sie Luzifers Streitmächte in der Hexenwelt ihrer Dienerin Assunga band, bereiteten ihre Anhängerinnen an drei verschiedenen Orten auf der Erde die Beschwörung der drei Teufel vor, um ihre Kräfte zu splitten.

Einer dieser Orte war das zerstörte Kloster St. Patrick, jahrhundertelang ein Bollwerk gegen das Böse, bis es von den Horror-Reitern zerstört worden war, und zwar im Auftrag von Beelzebub, der nun alles daransetzte, sich aus dem Bannkreis zu befreien.

Die Leiche von Fiona Garrett hatte er bereits verschlungen, und zwei weitere der insgesamt dreizehn Vollstreckerinnen, die der Beschwörung beigewohnt hatten, lagen mit verrenkten Gliedern reglos am Boden. Eine war von dem Hieb eines stahlharten Insektenbeins, dick wie ein Laternenmast, getroffen worden, die andere ging auf das Konto meines Freundes Bill Conolly, der mit Silberkugeln auf sie geschossen hatte, um zu verhindern, dass sie im Zuge des Rituals Fiona Garrett enthauptete. Zwar waren die hautengen Kampfanzüge der Vollstreckerinnen kugelfest, doch die Wucht der Geschosse hatte die Vermummte zurückgeschleudert, und sie war mit dem Schädel auf die Kante des geschändeten Altars geknallt.

Bill hatte versucht, das Ritual zu sabotieren, ebenso wie mein Partner Suko. Doch das hatte ich nicht zulassen können. Denn ich wollte, dass Beelzebub erschien, wollte ihn erledigen!

Während ich meinen Kollegen in Schach gehalten hatte, hatte Bill eingreifen wollen, doch damit war er gescheitert, denn Fionas Liebe und Hingabe zu Lilith waren derart groß gewesen, dass sie sich selbst das Leben genommen hatte.

Und dieses Blutopfer hatte gereicht, um die Beschwörung zu vollenden!

Jetzt lag Bill wie erstarrt unter der gigantischen Fliege und drohte, Beelzebubs nächstes Opfer zu werden.

Das galt es zu verhindern – und ich griff an!

Aber nicht nur ich, auch die übrigen Vollstreckerinnen attackierten Beelzebub.

Macheten wirbelten aus den Schatten jenseits der Feuerschalen, die die Spitzen eines Pentagramms markierten, in dem Beelzebub materialisiert war. Die Vollstreckerinnen hatten ihre Waffen mit tödlicher Präzision geschleudert. Das zuckende Licht der Flammen reflektierte auf den Klingen, die von zwei Seiten auf den massigen Rumpf zuwirbelten und – abprallten!

Das Scheppern ging im Summen der gewaltigen, schwarz geäderten Insektenflügel unter. Ein eiskalter Wind fauchte durch das Innere der Kapelle, fächerte die Dampfschwaden durcheinander und stieß die Feuerschalen um. Heißes Öl spritzte durch die Kapelle, und plötzlich brannten zwei – nein, drei Vollstreckerinnen. Wie lebende Fackeln taumelten sie durch das mit Trümmern übersäte Kirchenschiff und stießen heulende Schreie aus.

Währenddessen tastete sich der gewaltige Saugrüssel auf meinen Freund Bill Conolly zu, der schreckensstarr zwischen den Resten einer Gebetsbank lag und seinem Schicksal in die übergroßen Facettenaugen starrte. Statt mit Fühlern und Borsten war der Fliegenschädel mit spitzen Hörnern übersät.

Ich jagte durch den Mittelgang und stieß mich ab, setzte mit einem gewaltigen Sprung über Bill hinweg, schwang den Engelstöter, um dessen Klinge schwarze Flammen zuckten, und hieb den Saugrüssel mit einem einzigen gewaltigen Streich ab.

Wie ein heißes Messer durch Butter gleitet, durchtrennte die magische Klinge den Rüssel. Das untere Ende klatschte auf den Boden und wurde zu einer widerlich stinkenden Brühe, in der sich Maden tummelten.

Ein Kreischen, das nicht von dieser Welt stammte, hallte durch das Kirchenschiff, sodass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Doch dazu hätte ich den Engelstöter loslassen müssen, und das wiederum wollte ich nicht, denn noch war Beelzebub nicht erledigt.

Das Ende des Rüssels peitschte wild umher, schwarzes Blut spritzte aus der offenen Wunde und wurde durch die gesamte Kapelle geschleudert. Was es traf, begann zu zischen und zu qualmen, als wäre es mit hochkonzentrierter Säure in Berührung gekommen.

Fünf, sechs Vollstreckerinnen wurden davon getroffen. Sie schlugen sich die Hände vor die vermummten Gesichter. Eine blasenschlagende, rötlich-sämige Masse quoll zwischen den Fingern hervor.

Auch Bill und ich wären getroffen worden, hätte das Kreuz nicht reagiert und einen magischen Schutzwall errichtet, an dem das Blut verkochte.

Beelzebub aber versuchte zu entkommen.

Das Summen schwoll zu einem hohen Sirren an, die Bewegungen der Flügel verschwammen zu einem schemenhaften Flirren, und der Wind wurde stärker, steigerte sich zu einem regelrechten Orkan, der die Dämpfe endgültig vertrieb und an meinem Haar und der Kleidung zerrte, als wollte er sie mir vom Leib reißen.

Eine bösartige Kälte drohte, von mir Besitz zu ergreifen, doch das Kreuz hielt dagegen, obwohl es noch immer unter dem Einfluss von Lilith und ihren vier Engeln der Unzucht und Hurerei stand, die den Engelstöter, diese heilige Klinge, zu einer Waffe des Bösen gemacht hatten.

Beelzebub hob ab und war im nächsten Moment außerhalb meiner Reichweite. Trotzdem versuchte ich es, sprang in die Höhe und schlug erneut mit dem Engelstöter zu.

Flammen glitten über die Spitze und rasten auf die dämonische Fliege zu, die ihre sechs Beine angezogen hatte, sodass ich nicht einmal mehr eine ihrer Gliedmaßen erwischte.

Während die Kreaturen der Finsternis, die Beelzebubs Beschwörung hatten verhindern wollen, von den schwarzen Flammen verzehrt worden waren, prallten sie hier wirkungslos am Panzer des Dämons ab.

Er lachte.

Allerdings nicht lange. Die Erde unter meinen Füßen bebte. Risse bildeten sich im Gestein, verbreiteten sich und wurden zu Spalten, aus denen baumstammdicke, schleimig-glitschige Tentakel schossen, rötlich glänzend und von einem bläulich schimmernden Adergeflecht durchzogen.

Die Große Mutter Lilith höchstpersönlich griff ein!

Ihre Fangarme wanden sich mit rasender Geschwindigkeit um den Körper der Monsterfliege und zerrten sie erbarmungslos nach unten.

Beelzebub tobte und warf sich von einer Seite zur anderen. Blitze zuckten aus seinen Augen, glitten aus den Spalten seines segmentierten Leibes und mäanderten über die schleimigen Tentakel.

Ein qualvolles Kreischen drang aus den Spalten. Hätten sich in den Fensteröffnungen noch Scheiben befunden, wären sie geborsten.

Die Tentakel platzten der Länge nach auf, wie Würstchen, die zu lange im kochenden Wasser gelegen hatten. Eine eitrige Masse quoll hervor.

Trotzdem ließ Lilith ihre Beute nicht los. Sie zog und zerrte Beelzebub nach unten, wo sein Henker bereits auf ihn wartete – und das war ich!

Das Schwert in beiden Händen, holte ich aus. Und dann schlug ich – der Sohn des Lichts, Luzifers Henker – Beelzebub den Kopf ab!

Die Zeit schien stillzustehen.

So, als hätte Suko sie mit dem Stab des Buddha für fünf Sekunden angehalten. Oder Bill, der sich aus für mich bislang ungeklärten Umständen im Besitz des Stabs befand.

Mit nur einem einzigen Schlag hatte ich der Monsterfliege den Kopf abgeschlagen.

Schlagartig wurde es gespenstisch still in der Kapelle.

Ein Ruck ging durch die aufgeplatzten Tentakel. Der massige Rumpf der Fliege fiel herab, die Erde erzitterte. Das Beben breitete sich aus, erfasste die Mauern der Kapelle, die dieser Kraft nichts entgegenzusetzen hatten und auseinanderbarsten. Knackend brach der entweihte Altar entzwei.

Ebenso wie Beelzebubs Körper. Die stinkende, schwarzblaue Masse, in der sich Millionen Maden tummelten, versickerte in den Spalten und Rissen, in denen die Fangarme der Großen Mutter verschwunden waren.

Der Schädel des Dämons schwebte jedoch noch für eine Sekunde über uns. Dann fiel auch er – genau auf mich herab!

Ich stieß den Engelstöter nach oben. Kaum berührte die Spitze den Fliegenkopf, da stob er in einer Wolke aus Myriaden winziger Fliegen auseinander, die aber noch im Flug verglühten und restlos vergingen.

Auch die Maden, die mit den Überresten des Kadavers im Boden versickerten, verkochten in dem rötlichen Glühen, das in den Spalten und Rissen zu meinen Füßen aufflammte.

Ich hatte es geschafft.

Ich, John Sinclair, hatte ein Drittel des gefallenen Engels Luzifer vernichtet.

Beelzebub war tot!

Und in einer anderen Welt, einer anderen Dimension, jenseits der irdischen Gefilde, erwachte ein Geschöpf, das auf einem Thron aus menschlichen Gebeinen ruhte.

Blutrot leuchteten die Augen in dem geschwärzten Antlitz, das von wallendem, tiefschwarzem Haar umrahmt wurde. Lebende Schatten umschmeichelten den Körper des Wesens wie ein Gewand und schienen ihn mit der Finsternis in den Ecken und Winkeln des Thronsaals zu verbinden.

Pandora, die Herrscherin des Schattenreiches, richtete sich auf. Sie spürte die Kraft, die durch die Schatten in ihren Körper floss.

Es war vollbracht, der erste Kampf gewonnen. Beelzebub war vernichtet, und seine Seele würde fortan ihre eigene Macht nähren.

Pandora breitete die Arme aus, deren Konturen sich mit den Schatten vereinten. Pulsierende Schwärze, durchwirkt von bläulichen Entladungen, zeichneten ihren Körper nach.

Sie lachte so laut, dass ihr Gelächter noch in den hintersten Winkeln ihres gigantischen Reichs zu hören war.

Ein Schuss war gefallen!

Jane Collins reagierte umgehend. Ihre in zahllosen Gefahrensituationen geschulten Instinkte und Reflexe hatten die Kontrolle übernommen, und sie hechtete zur Seite.

Da sie völlig unbekleidet war, rissen ihr herumliegende Äste und kleine Steine die Haut auf, doch das durch ihre Adern pulsierende Adrenalin wirkte wie ein natürliches Analgetikum, sodass sie keinerlei Schmerz spürte.

Die anderen Frauen innerhalb des magischen Kreises schrien erschreckt auf. Zwei von ihnen huschten auf die Person zu, die rücklings am Boden lag, mit weit aufgerissenen Augen in den nächtlichen Himmel starrte und stoßweise atmete.

Es war die Hexe Frieda. Sie hatte Jane Collins an diesen Ort geführt, wo sie mit ihren Schwestern Asmodis, den Fürsten der Finsternis, hatte beschwören wollen.

Jane konnte sich nicht um sie kümmern, wichtig war zunächst der Schütze, der im Schatten der Bäume lauerte und jeden Augenblick erneut abdrücken konnte.

»In Deckung!«, brüllte die Detektivin, obwohl es davon auf der Lichtung nicht allzu viel gab.

Den magischen Bannkreis zu verlassen, der durch Hufeisen und hölzerne Pentagramme nach außen abgeschirmt war, wäre glatter Selbstmord gewesen. Dort lauerten nämlich die Brockenhexen, schreckliche Dämoninnen, die sich in Raben verwandeln konnten. Obwohl Lilith bereits versucht hatte, sie auf ihre Seite zu ziehen, waren sie Asmodis anscheinend noch immer treu ergeben.

Schon krachte der nächste Schuss!

Die Frauen schrien auf, spritzten auseinander und blieben bäuchlings am Boden liegen. Jane konnte nicht erkennen, ob eine der Hexen getroffen worden war. Sie war auf die Schatten ringsum konzentriert und hatte das Mündungsfeuer erblickt.

Jetzt wusste sie, wo der Schütze lauerte. Und sie ahnte auch, um wen es sich handelte. Sie hatte die Waffe am Klang des Schusses als Beretta identifiziert, und es hielten sich bestimmt nicht allzu viele Leute am Brocken auf, die mit einer solchen Pistole herumliefen.

Es musste sich also um Harry Stahl handeln, den Sonderermittler des deutschen Bundeskriminalamts. Jane war ihm in einer Höhle begegnet, in der die Detektivin auf Frieda gewartet hatte, ohne allerdings zu wissen, wer sie abholen sollte.

Hergebracht worden war sie von Assunga, der Schattenhexe. Vermutlich als Köder oder Opfer für Asmodis, den Lilith, die Große Mutter, vernichten wollte.

Jane hatte keine andere Wahl gehabt, als zu gehorchen, denn Assunga hatte nicht nur sie in ihre Gewalt gebracht, sondern auch ihren Freund Chris Ainsworth, der seitdem spurlos verschwunden war. Ebenso wie der Geisterjäger John Sinclair, den die vier Engel der Unzucht und Hurerei entführt hatten.

Letzteres hatte Jane allerdings erst durch Harry Stahl erfahren, der von Suko über Liliths Pläne informiert worden war. Er hatte Harry genauestens instruiert. Und der kannte von einem früheren Fall her die Höhle, in der John einst das Buch der grausamen Träume gefunden hatte, aus dessen letzten Seiten der magische Bumerang entstanden war. Er hatte sich umgehend auf den Weg dorthin gemacht und war dort nicht nur auf Jane Collins gestoßen, sondern auch auf Matthias, den ersten Diener Luzifers, der vor Monaten seinen eigenen Tod vorgetäuscht hatte, um seine Feinde in falscher Sicherheit zu wiegen.

Er hatte versucht, Jane zu töten. Erst durch die Kraft seiner Magie und dann, indem er Harry Stahl unter seine Kontrolle gebracht hatte. Allerdings war Assunga erschienen und hatte den Höllensohn in seine Schranken verwiesen, damit Jane ihren Befehl ausführen konnte.

Dass Harry jetzt hier aufgetaucht war und auf diese Frauen schoss, bei denen es sich keineswegs um Dämoninnen handelte, konnte nur eines bedeuten: Matthias hatte Assunga besiegt und Harry erneut unter seine Kontrolle gebracht!

Die Gedanken darüber, was das für Liliths Pläne und vor allem für Chris bedeuten mochte, verschob Jane auf später. Zunächst musste sie das Leben der Frauen hier retten. Und deshalb riskierte sie es, sprang auf und huschte geduckt in Richtung Waldrand.

Wieder peitschte ein Schuss.

Die Silberkugel fuhr dort in den Boden, wo Jane eben noch gelegen hatte.

Dem Knall nach konnte sich Harry nicht weit von seiner letzten Position entfernt haben.

Mit einem Satz hechtete Jane über den Kreis aus Salz, der die Brockenhexen davon abhalten sollte, die Lichtung zu stürmen. Dicht über ihr baumelte eines der Hufeisen an einem Kälberstrick vom Ast eines Baumes.

Jane schnellte hoch und riss es ab.

In diesem Augenblick war es ihr egal, ob sie dadurch den Bannkreis schwächte. Momentan stellte Harry Stahl die größere Gefahr dar, und der ließ sich mit Sicherheit nicht von Eisen und Salz abschrecken.

Geduckt huschte Jane durch das Unterholz. Leider war es so dicht, dass dies nicht geräuschlos vonstattenging.

Wieder peitschte ein Schuss.

Die Silberkugel fuhr mehrere Yards an Jane vorbei und hackte in einen Baumstamm. Rinde flog ab, und heller Splint kam zum Vorschein.

Harry hatte seinen Standort gewechselt und war tiefer in den Wald zurückgewichen. Er hatte begriffen, dass er erst Jane ausschalten musste, ehe er sich um die anderen Hexen kümmern konnte. Aber diese Suppe würde sie ihm versalzen.

Ihre Finger schlossen sich fester um das Hufeisen. Mit der anderen tastete sie nach einem Wurfgeschoss. Ein morscher Ast musste genügen.

Wenn sie ihre Sinne nicht täuschten, stand Harry fünfzehn, höchstens zwanzig Schritte entfernt. Das sollte machbar sein, sofern er auf ihren Trick hereinfiel.

Zum Glück verhielten sich die Hexen innerhalb des Kreises jetzt ruhig. Jane musste sich auf ihr Gehör verlassen, da ihr das Unterholz die Sicht verwehrte.

Sie schleuderte den morschen Ast zur Seite. Er flog in das Dickicht und verursachte dabei ein lautes Rascheln. Eigentlich war das viel zu auffällig, doch Harry schluckte den Köder und schoss.

Deutlich war die Mündungsflamme zu sehen.

Jane startete.

Sie ignorierte die beißenden Schmerzen, als Nadeln und die Spitzen von abgebrochenen Zweigen in ihre nackten Sohlen drangen. Die Dornen eines Brombeerstrauchs rissen ihr den rechten Arm blutig, doch auch das verdrängte sie.

Wie ein Geist tauchte die hochgewachsene Gestalt ihres Freundes hinter dem Stamm einer Fichte auf. Sein Gesicht lag im Schatten und war deswegen für Jane nicht zu erkennen, dennoch war sie sich sicher, dass er keine Miene verzog, als er die Waffe auf sie richtete. Er bewegte sie wie ein Zombie. Steif und ungelenk.

Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte Jane. Sollte Harry tatsächlich zu einem Untoten geworden sein? Die Macht dazu hatte Matthias.

Welch eine Ironie, immerhin hatte ihm dieses Schicksal vor nicht allzu langer Zeit schon zweimal geblüht.*

Jane wischte die Gedanken beiseite. Im Laufen schleuderte sie das Hufeisen.

Sie hatte bewusst auf den Körper gezielt, denn sie wollte Harry nicht ernsthaft verletzen oder gar töten, wenn er noch ein Mensch war. Abgesehen davon konnte sie bei diesen Lichtverhältnissen ohnehin nicht genau zielen.

Umso erleichterter war Jane, als sie sah und hörte, wie das Hufeisen traf. Es erwischte Harry an der Brust. Er stieß einen dumpfen Laut aus und wankte zurück.

Jane sprang und ließ in der Luft den Fuß vorschnellen. Der Kung-Fu-Tritt, den ihr Suko beigebracht hatte, traf Harrys Unterarm, in dessen Hand er die Beretta hielt. Ein Schuss löste sich, die geweihte Silberkugel fuhr ins Unterholz.