John Sinclair 2473 - Ian Rolf Hill - E-Book

John Sinclair 2473 E-Book

Ian Rolf Hill

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Beschreibung

Südsee-Götter, Haimenschen, blutige Rituale - und Jane Collins in der Gewalt eines übermächtigen Feindes!

Ich begleitete Jane Collins nach Hawaii, wo sie die Asche ihres ermordeten Freundes Chris Ainsworth in den Kilauea-Vulkan verstreuen wollte! Doch bereits am Flughafen kam es zu einem Vorfall, mit dem ich nie und nimmer gerechnet hätte: Ich, der Oberinspektor von Scotland Yard, wurde verhaftet und von Jane Collins getrennt! Das Ganze war ein abgekartetes Spiel, denn ein Feind von mir, den ich gar nicht mehr auf dem Schirm gehabt hatte, wollte Jane Collins in seine Gewalt bekommen, und schon bald musste ich um ihr Leben fürchten!

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Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Horror auf Hawaii

Grüße aus der Gruft

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Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Horror auf Hawaii

von Ian Rolf Hill

Pu'uhonua o Hōnaunau, Hawaii, 1734

Kenoah stand bis zu den Knien im Wasser und wusch sich das Blut von den Händen.

Für den Dreiundzwanzigjährigen war es mehr als das Säubern der Finger von den Überresten seiner Arbeit, die er den ganzen Nachmittag über verrichtet hatte. Es war ein Akt der Reinigung und der Läuterung, denn an seinen Händen klebte nicht nur das Blut der Fische, sondern auch das eines Menschen.

Natürlich nur im übertragenen Sinne.

Malios Tod lag nun schon acht Tage zurück, trotzdem verfolgten Kenoah die Bilder des Sterbenden bis in den Schlaf.

Sobald er die Augen schloss, sah er das bleiche Gesicht des jungen Mannes, Sohn des Ali'i, des Häuptlings eines benachbarten Stammes, deutlich vor sich. Mit weit aufgerissenen Augen und eingeschlagenem Schädel.

Das hatte er nicht gewollt. Es war Notwehr gewesen.

Malio war kurz davor gewesen, Kenoahs Schwester Kalea zu schänden.

Nicht wenige Frauen und Männer im Dorf vertraten die Ansicht, dass es Kenoahs gutes Recht gewesen war, so zu handeln.

Doch das änderte nun einmal nichts daran, dass er gegen das heilige Gesetz verstoßen und getötet hatte. Und dafür musste er Buße tun.

Malios Vater bestritt die Schuld seines Sohnes. Selbstverständlich tat er das. Wie hätte er auch mit der Schande leben sollen, dass sein eigen Fleisch und Blut ein Vergewaltiger war?

Er behauptete, Kalea hätte Malio ermutigt; ihm schöne Augen gemacht und mit ihren Reizen verführt. Dabei hatte sie ihm in Wirklichkeit mehr als einmal zu verstehen gegeben, dass sie kein Interesse an ihm hatte. Auch wenn ihre Eltern das sehr begrüßt hätten.

Eine Vermählung zwischen Kalea und Malio hätte nicht nur ihrer Familie hohes Ansehen verliehen, sondern auch das angespannte Verhältnis zwischen den Stämmen verbessert.

Davon war man nun weiter entfernt als je zuvor.

Dank Kenoah!

Der Dreiundzwanzigjährige seufzte und schaufelte sich Wasser über Arme und Schultern, spülte sich den Sand und die Schuppen von der Haut. Das salzige Nass fühlte sich nach dem langen Tag, an dem die Sonne erbarmungslos vom Himmel gebrannt hatte, angenehm kühl an.

Kenoah richtete sich auf und ließ den Blick über das Wasser bis zum Horizont schweifen, wo die Sonne soeben im Ozean versank. Ihr Licht spiegelte sich auf den Wellen und ließ sie in einem satten Orange glänzen. Der Himmel sah aus, als würde er in Flammen stehen.

Mehrere Minuten stand Kenoah so da und hing seinen Gedanken nach, während die Wellen gegen seine Beine schwappten. Ein verlorenes Lächeln huschte über die Lippen des jungen Mannes.

Ihm war, als wolle Pelé, die Feuer- und Vulkangöttin, die im Krater des Kilauea hauste, ihm Mut machen. Ihm die Hoffnung geben, dass alles gut werden würde.

Er müsse nur ausharren und abwarten.

Genau hier, in der Pu'uhonua o Hōnaunau.*

Wie der Name bereits sagte, war dies eine Stätte der Zuflucht. Hierher kamen die Entrechteten, diejenigen, die gegen die Kapu, die heiligen Gesetze, verstoßen hatten und geächtet wurden.

Die Strafe dafür war nicht selten der Tod. Selbst für weitaus geringere Verbrechen als jenes, dem sich Kenoah schuldig gemacht hatte.

Kenoah wandte den Blick vom Meer ab, hin zu den mannshohen, aus Holz geschnitzten Statuen, den Kii, die die Götter symbolisierten. Im Licht der untergehenden Sonne sahen sie aus, als wären sie mit Blut bestrichen.

Ihre übergroßen Fratzen wirkten mit einem Mal noch bösartiger und bedrohlicher, als dies schon bei Tage der Fall war. Fröstelnd zog Kenoah die Schultern hoch.

Ein Plätschern vor ihm im Wasser lenkte ihn ab.

Er fuhr herum und sah noch die lange Schwanzflosse, die zwischen den Wellen verschwand. Der Fisch, zu dem sie gehörte, musste ziemlich groß sein.

Kenoahs Herz schlug schneller.

Unwillkürlich senkte der junge Mann den Blick und hielt nach dem Schatten des Hais Ausschau. Jeder wusste, dass die göttlichen Tiere in der Dämmerung auf die Jagd gingen. Auch in der Nähe des Strandes. Und da sah er auch schon die Rückenflosse, die die Wellen wie ein Messer teilte. Höchstens drei Bootslängen von ihm entfernt.

Schickte Kamohoali'i, der König der Haie, der ältere Bruder von Pelé, seine Boten, um ihn, Kenoah, zu bestrafen?

Eine zweite Flosse schob sich aus den Wellen, kurz darauf eine dritte. Auch aus den Augenwinkeln sah er zwei Schatten auf sich zuflitzen.

Ja, die Haie schwammen genau in seine Richtung.

Dass er nur bis zu den Knien im Wasser stand, schien sie nicht im Geringsten zu stören.

Kenoah warf sich herum, rannte in Richtung Strand. Die Angst peitschte ihn voran. Er wollte nicht sterben. Nicht heute und schon gar nicht so. Von Haien zerrissen, solch einen Tod gönnte man nicht mal seinem schlimmsten Feind.

Deshalb mieden die Einheimischen das Meer nach Einbruch der Nacht. Dies war ihre Zeit, die Zeit der Haie und Götter. Auch Kenoah wusste dies, doch niemals hätte er damit gerechnet, dass die Haie so nah an den Strand kommen würden.

Plötzlich stolperte er und stürzte.

Der Länge nach fiel er in den heißen Sand. Er musste an die Geschichten denken, die ihm sein Großvater erzählt hatte. Von Haien, die ihre Beute bis auf den Strand verfolgt hatten.

Von Panik erfüllt, wälzte er sich herum und – zuckte verblüfft zusammen.

Vor ihm im Wasser, genau dort, wo er selbst eben noch gestanden hatte, erblickte er fünf Gestalten. Fünf Männer, deren Umrisse sich schwarz und schattenhaft vor der Sonne abzeichneten, die blutrot im Ozean versank.

Stumm und reglos ragten sie vor Kenoah auf, als warteten sie darauf, dass er sie freiwillig in die kalte Tiefe begleitete. In das Reich ohne Wiederkehr.

Hastig schaute sich Kenoah um, doch die Haie waren verschwunden.

Unvermittelt setzte sich die größte der fünf Gestalten in Bewegung und betrat den Strand.

Kenoah erkannte, dass es ein Mann war. Er war vollkommen nackt, sein Körper war sehnig und muskulös. Stechende Augen starrten den am Boden Liegenden an.

Dann begann der Fremde zu sprechen.

»Mein Name ist Manō Nakoa, und ich bitte um Asyl für mich und meine Freunde!«

Pu'uhonua o Hōnaunau National Park, Hawaii, heute

»Wir haben geschlossen!«

Anela Lanikai klang nicht nur genervt, sie war es auch.

Das war das Blöde an der Spätschicht. Immer wieder musste sie sich mit irgendwelchen Deppen herumschlagen, die einfach nicht gehen oder – schlimmer noch – ihr ein Gespräch aufzwingen wollten.

In der Regel irgendwelche Kerle, die sich Hoffnungen auf einen kleinen Urlaubsflirt oder einen Quickie am Strand machten. Die professionelle Höflichkeit, mit der die Hawaiianerin den Touristen begegnete – begegnen musste –, missverstanden einige Touristen nur allzu gerne als falsches Signal.

Anela war sich ihrer Wirkung auf Männer durchaus bewusst. Mit ihren großen braunen Augen, der samtweichen Haut, die die Farbe von Milchkaffee hatte, sowie dem schwarzen Haar war sie für viele der Inbegriff eines exotischen Abenteuers.

Was war sie froh, dass sie kein Baströckchen und ein knappes Bikinioberteil tragen musste, sondern wie alle Angestellten graue Shorts und ein dunkelblaues Poloshirt mit dem Emblem der hawaiianischen Nationalpark-Verwaltung.

Normalerweise mochte Anela die Spätschicht. Sie konnte ausschlafen und abends Party machen. An Tagen wie diesen verfluchte sie sie aber aus tiefstem Herzen, vor allem bei Kerlen wie diesem, der so tat, als hätte er sie nicht gehört.

Anela seufzte.

Schlagartig bereute sie es, Nalu schon nach Hause geschickt zu haben. Bei ihrem über sechseinhalb Fuß großen, durchtrainierten Kollegen hätte es sich der Typ bestimmt zweimal überlegt, auf Durchzug zu schalten.

Ach was, er wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, zu bleiben.

Doch Nalu hatte sie fast auf Knien angefleht. Er hatte eine Verabredung, zu der er auf keinen Fall zu spät kommen wollte.

Aber vielleicht war der Fremde ja auch tatsächlich vom Anblick der hölzernen Götterstatuen mit den übergroßen Köpfen fasziniert, die zwischen den Palmen auf dem Gelände der ehemaligen City of Refuge, der Stadt der Zuflucht, standen.

Anela warf einen Blick auf die Uhr. Halb sieben.

Die Sonne war schon fast im Meer versunken, bald würde es dunkel sein. Bis dahin musste sie den Kerl loswerden.

Anela zwang sich zu einem ebenso unverbindlichen wie professionellen Lächeln, straffte die Schultern und reckte das Kinn, um größer zu wirken, als sie in Wirklichkeit war.

Dafür schuldest du mir was, mein Freund, dachte sie an Nalus Adresse gewandt, während sie auf den hochgewachsenen hageren Kerl in seinen viel zu weiten Bermudashorts und dem abstoßend hässlichen Hawaiihemd zuging.

Was fanden die Touristen bloß an diesen Klamotten?

Auf dem Kopf des Mannes saß ein breitkrempiger Hut aus Bast. Eben hob er eine Kamera, mit der er Fotos von einer besonders bizarr aussehenden Statue knipste.

Sie zeigte den Gott Kamohoali'i, den König der Haie, der mit halb geöffnetem Maul seine beeindruckenden Zähne fletschte. Die lange Zunge hing ihm bis auf die Brust.

Anela atmete auf. Also doch bloß ein Tourist, der die Zeit aus den Augen verloren hatte.

Warum war er ihr vorher nicht aufgefallen?

Dicht hinter dem Mann blieb sie stehen und räusperte sich. »Ähm, Verzeihung, Sir? Sie müssen jetzt leider gehen, der Park ist geschlossen!«

Der Fremde drehte sich mit einem breiten Lächeln zu ihr um.

Anela erschauerte. Es sah aus, als hätte der Mann mehr Zähne, als es für einen Menschen normal gewesen wäre. Außerdem war er auffallend bleich. Rötliche Strähnen fielen auf seine mageren Schultern.

»Oh, das ist aber wirklich schade. Diese Statuen hier sind ... faszinierend, wirklich faszinierend.«

»Ja, das sind sie. Und morgen sind sie das auch noch. Außerdem wird es dunkel, und da können Sie sie ohnehin nicht mehr richtig erkennen.«

Der Mann, der trotz der Dämmerung eine Sonnenbrille trug, nickte betrübt. »Ja, das ist wahr.« Er seufzte theatralisch. »Bedauerlich, höchst bedauerlich.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber nun einmal nicht zu ändern!«

Er tat so, als wollte er sich abwenden, hielt aber mitten in der Bewegung inne.

»Leider wissen nicht alle Menschen diese Zeugnisse der Vergangenheit zu schätzen«, sagte er. »Dem armen Kerl hier hat jemand seinen Kaugummi in den Mund geklebt.«

Anela verdrehte die Augen. »Ja, so was kommt immer wieder mal vor.«

Sie trat einen Schritt nach vorn und zückte ihr Smartphone, um Kamohoali'i mit der integrierten Taschenlampe ins Maul zu leuchten.

Doch so sehr sie auch suchte, sie konnte den Kaugummi nicht finden.

»Also ich sehe nichts.«

»Sie müssen schon ganz genau hinsehen.«

Die Stimme des Hageren war jetzt ganz nah an ihrem rechten Ohr. Sie konnte sogar seinen abgestandenen Atem riechen.

In Anela klingelten sämtliche Alarmglocken. Sie rechnete damit, dass der Kerl sie begrapschen würde. Stattdessen tauchte etwas Metallisches vor ihrem Gesicht auf, senkte sich von oben über ihren Kopf nach unten.

Das Licht der untergehenden Sonne reflektierte auf dem blanken Stahl.

Anela wollte sich aufrichten und herumwirbeln, als sie einen heftigen Druck an der Kehle spürte, der von einem brennenden Schmerz begleitet wurde.

Blut spritzte aus der durchtrennten Halsschlagader und dem Gott Kamohoali'i direkt in das geöffnete Maul.

Mitleidlos beobachtete der Fremde, wie die junge, ausnehmend hübsche Frau zusammenbrach.

Sie versuchte noch, sich an Kamohoali'is Zähnen festzuhalten, doch dafür fehlte ihr die Kraft. Zuckend blieb sie im Sand liegen, während das Leben im Takt ihres schwächer werdenden Herzens aus der Wunde an ihrer Kehle pulsierte. Das Blut versickerte im Sand.

Die Augen der jungen Frau wurden starr, der Blick brach.

»Was für eine Verschwendung«, murmelte der Hagere.

Er ließ das Messer verschwinden und wandte sich der Statue zu, mit der eine Veränderung vor sich ging. Das Maul begann zu flimmern. Grünlichblauer Nebel quoll daraus hervor, formte die Gestalt eines Hais, der in den halb geöffneten Mund der Leiche fuhr und darin verschwand.

Sekundenlang geschah nichts, dann begann die Tote zu zittern, als stünde sie unter Krämpfen. Einen Wimpernschlag später richtete sie sich ruckartig auf.

Der Hagere grinste. »Willkommen zurück!«

Die junge Frau antwortete nicht. Sie senkte den Kopf, hob die Arme und betastete ihre Brust beziehungsweise das mit Blut getränkte Poloshirt.

Dann hob sie die Hände vor die Augen, als würde sie sie heute zum ersten Mal sehen.

Unvermittelt steckte sie sich die Finger in den Mund und begann daran zu lutschen. Ein kehliges, wollüstiges Stöhnen drang aus der aufgerissenen Kehle.

Feine Blutströpfchen sprühten aus der Wunde.

Der Hagere kicherte.

Da ließ die Untote die Arme sinken, wandte den Kopf und schaute dem Mann von unten her ins Gesicht. Sie öffnete die farblosen Lippen und versuchte, etwas zu sagen, doch alles, was sie hervorbrachte, war ein hohles Röcheln.

Der Hagere beugte sich vor und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Schon gut, mein Freund. Streng dich nicht allzu sehr an.« Mit dem Kinn deutete er auf den Ozean. »Denk an unsere Abmachung, und alles wird gut.«

Die junge Frau nickte. Mit ungelenken Bewegungen versuchte sie, aufzustehen, doch ihr Körper schien ihr nicht richtig gehorchen zu wollen.

Kein Wunder nach all den Jahren.

Der Hagere griff ihr unter die Arme und half der Untoten beim Aufstehen, klopfte ihr sogar den Sand von den Klamotten.

»So, und jetzt sei ein braver Zombie und geh baden.«

Die Untote nickte ruckartig. Steifbeinig stakste sie in die Brandung, während der Hagere das in den Sand geflossene Blut mit dem Fuß verscharrte. Der Lebenssaft, der den Geist befreit hatte, war vollständig im Holz versickert.

Der Hagere hob den Blick und sah, wie die Untote von einer Welle zurückgeschleudert wurde. Sofort stand sie wieder auf und ging weiter. Als ihr das Wasser bis zum Halse stand, wurde sie von etwas gepackt und unter die Oberfläche gezerrt.

Der Hagere lächelte zufrieden, wandte sich ab und verschwand.

Für Kimo Ulani gab es nichts Schöneres auf der Welt, als morgens eine Runde im Meer zu schwimmen. Kurz nach Sonnenaufgang, wenn es noch nicht zu warm war und die Touristen noch in den Betten lagen und den Rausch der letzten Nacht ausschliefen.

Kimo war selbständiger Fremdenführer und Touristenguide, der für mehrere Hotels an der Ostküste von Big Island arbeitete, der größten Insel Hawaiis. Aber auch ausländische Reisebüros und Agenturen konnten ihn buchen, vor allem, wenn ihre Kunden das gewisse Etwas wünschten oder den speziellen Kick suchten.

Von der Hai-Safari zur Vulkanbesteigung, Kimo konnte so ziemlich alles organisieren.

Und je ausgefallener die Vorlieben, desto höher das Trinkgeld. Eine Faustregel, die bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren hatte.

Zum Glück bekamen sie hier draußen nicht allzu viel von der angespannten politischen Lage zu spüren. Bislang hatten die Touristenströme nicht merklich abgenommen, was aber auch daran liegen mochte, dass Hawaii vor allem Amerikaner anzog, schließlich gehörten die Inseln zu dem mit Abstand exotischsten der zweiundfünfzig Bundesstaaten der USA, die sich mit ihrer derzeitigen Einreisepolitik nicht besonders beliebt im Ausland machte.

Aber selbst dort erfreute sich Hawaii weiterhin großer Beliebtheit.

Für morgen beispielsweise stand ein ganz besonderer Programmpunkt auf Kimos Agenda, der selbst für ihn nicht alltäglich war.

Ein britisches Pärchen wollte die Asche eines Freundes in die Lavaströme des Kilauea-Vulkans streuen. Organisiert worden war dies über ein deutsches Bestattungsinstitut, das als eines der wenigen solche Vulkanbestattungen anbot.

Obwohl Kimo selbst Hawaiianer war und daher mit der Mythologie der Kānaka Maoli, der Ureinwohner des Inselstaates, vertraut, käme eine solche Art der Bestattung für ihn nicht infrage. Er war ein Kind des Meeres, und wenn er eines hoffentlich noch sehr fernen Tages abtrat, dann wollte er sein Grab hier im Ozean finden.

Aber an das Sterben wollte Kimo heute nicht denken. Und morgen auch nicht. Dafür war das Leben viel zu schön.

Mit kräftigen Zügen schwamm der stämmige Hawaiianer parallel zum Strand von Honomu entlang. Die See war ruhig, kaum ein Lüftchen regte sich. Es würde ein heißer Tag werden, so viel stand fest.

Wie jeden Morgen wollte Kimo auch heute bis zum Kohola Point im Süden schwimmen, einer hohen Felsklippe mit einigen Untiefen, die für nicht ganz ungefährliche Strömungen sorgten. Das Schwimmen im Meer barg erhebliche Risiken, daher achtete Kimo stets darauf, sich nicht zu weit vom Strand zu entfernen.

Doch egal, wie gut man sich auskannte oder wie sicher man sich fühlte, es konnte immer etwas Unvorhergesehenes passieren.

Und heute passierte es Kimo Ulani.

Es war nicht mehr als eine flüchtige Berührung an seinem linken Bein. Hastig und kurz. Ein leichter Stupser bloß, dem jedoch ein scharfes Brennen folgte.

Bei Kimo schrillten sämtliche Alarmglocken.

Mit einem Mal verkrampfte sich sein Bein, und im nächsten Moment glitt dicht vor ihm ein massiger, feucht glänzender Leib durch das Wasser.

Deutlich sah Kimo die dreieckige Rückenflosse zwischen den Wellen verschwinden, die Schwanzflosse peitschte durch die Luft, Wasser sprühte dem Mann ins Gesicht.

Ein Hai!, schoss es Kimo durch den Kopf.

Und kein kleiner. Vermutlich ein Tigerhai, von denen es vor der Küste von Hawaii nur so wimmelte.

Die Tiere waren als Menschenfresser und Müllschlucker der Meere verschrien, einen Ruf, den sie sicherlich nicht verdient hatten, trotzdem waren es keine harmlosen Schoßtierchen, sondern immer noch Raubfische mit einem ebenso beeindruckenden wie furchteinflößenden Gebiss.

Kimo kämpfte gegen die aufsteigende Panik an.

Komm schon, dachte er. Was erzählst du den Touristen denn ständig? Ruhig bleiben, nicht in Panik verfallen. Der Hai hat mehr Furcht vor dir als du vor ihm. Du gehörst nicht in sein Beuteschema. Wenn er dich töten wollte, hätte er das längst getan.