John Sinclair 2023 - Michael Breuer - E-Book

John Sinclair 2023 E-Book

Michael Breuer

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Beschreibung

Die Coral Queen befand sich auf hoher See und steuerte einem noch unbekannten Ziel entgegen. Jane Collins, die an Bord gefangen war, ahnte noch nicht, wie die genauen Pläne der Jünger Bayramok-Lös aussahen.

Der Anführer des Kults wollte die Herrschaft des Krakengötzen einläuten, und dazu war ihm jedes Mittel recht. Die enthirnten Frauen spielten eine ganz besondere Rolle in diesem grausigen Spiel, wie Jane schon bald erkennen musste.

Die Jungfernfahrt der Coral Queen wurde zur Kreuzfahrt in den Wahnsinn.

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Cover

Impressum

Kreuzfahrt in den Wahnsinn

Briefe aus der Gruft

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4626-8

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Kreuzfahrt in den Wahnsinn

von Michael Breuer

(2. Teil)

»Wasser, überall Wasser!«

Herbert Walker stützte sich auf die Reling und blickte hinaus auf den nächtlichen Ozean. Der stämmige Mittvierziger war etwas grünlich um die Nase.

Die dralle Brünette neben ihm feixte amüsiert. »Das wundert dich aber nicht ernsthaft?«, fragte sie und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Walker wandte sich vom Meer ab und runzelte gleich darauf die Stirn. Für einen Sekundenbruchteil glaubte er an Deck eine vorbeihuschende Frauengestalt gesehen zu haben. Frische Operationsnarben entstellten ihren kahlköpfigen Schädel.

Herbert Walker blinzelte. Im nächsten Moment war von der Frau nichts mehr zu sehen. Er musste sich wohl getäuscht haben.

Noch ahnte er nicht, dass der Kurs des Schiffes geradewegs ins Grauen führte …

Herbert Walker wandte sich wieder seiner Begleitung zu. Die dralle Brünette war seit achtundvierzig Stunden seine rechtmäßige Ehefrau, auch wenn es ihm sein gegenwärtiger Zustand etwas schwermachte, sich über diese Tatsache zu freuen.

»Ich glaube, ich muss wieder rein, Darla«, erklärte Herbert. Schon verzog er wieder das Gesicht und presste die Hand auf den Magen.

Seine Hochzeitsreise hatte er sich eigentlich etwas anders vorgestellt. Darla vermutlich auch, aber bis jetzt trug sie die Seekrankheit ihres Angetrauten mit Fassung.

»Na komm«, sagte sie schmunzelnd und hakte ihren Ehemann unter. »Aus dir wird wahrscheinlich kein richtiger Seebär mehr!«

Der Ansicht konnte sich Herbert Walker nur anschließen.

Die beiden Frischvermählten hatten die Hochzeitsreise bereits vor Monaten gebucht. Es handelte sich um die Jungfernfahrt des Kreuzfahrtschiffs Coral Queen. Die Reise würde siebzehn Tage dauern und von Southampton aus quer durch das östliche Mittelmeer führen. Stationen der Route waren unter anderem Palma de Mallorca, Mykonos und Santorin, bevor der Weg über Gibraltar dann wieder zurück nach Southampton führte.

Im Moment hatte Herbert Walker den Eindruck, als würde er den Großteil dieser siebzehn Tage kotzend in der Kabine verbringen.

Er stieß ein gequältes Grunzen aus, während ihn Darla lächelnd über das Oberdeck des Kreuzfahrtschiffs führte. Die merkwürdige kahlköpfige Frau hatte er fast schon vergessen, als er sie plötzlich erneut sah.

»Da!«, sagte er, während er wie angewurzelt stehen blieb.

Es war kurz nach Mitternacht und um diese Zeit war kaum noch jemand auf dem Deck unterwegs. Die meisten Leute lagen entweder schon friedlich in den Federn oder ließen es in einer der Borddiscos tüchtig krachen.

Mit ausgestrecktem Arm deutete Herbert Walker nach vorne.

Darla folgte seinem Blick und er konnte deutlich spüren, wie seine Frau erstarrte.

»Was ist das denn für eine?«, fragte sie stirnrunzelnd.

Die unheimliche Frau war stehen geblieben und duckte sich hinter einer Säule, als wolle sie nicht gesehen werden. Sie wirkte fast lauernd.

Der Anblick jagte Herbert Walker und seiner Frau einen kalten Schauer über den Rücken. Die Kahlköpfige trug ein weißes langes Hemd, bei dem er sich an einen schmuddeligen Patientenkittel erinnert fühlte.

Sie befanden sich etwa zehn Meter von der Unheimlichen entfernt, und Herbert konnte sie jetzt genauer erkennen. Die blutigen Narben schienen tatsächlich von einer Operation herzurühren.

Irgendjemand hat ihr den Schädel aufgesägt, erkannte Herbert Walker glasklar.

Dafür war die Kahlköpfige allerdings gut beieinander.

Der Blick aus ihren grünen Augen war glasklar. Ihre kauernde Gestalt hatte etwas Lauerndes.

»Sie macht mir Angst«, ließ sich Darla vernehmen und presste sich unwillkürlich näher an ihren Mann.

»Pst«, machte Herbert, »schon gut. Warte hier!«

Mit diesen Worten löste er sich von seiner Frau und ging der Unbekannten mit staksenden Schritten entgegen.

»Ist alles in Ordnung, Miss?«, fragte er. Seine Worte kamen ihm entsetzlich hohl vor.

Auch ihm jagte die Unbekannte unwillkürlich Angst ein, aber eins stand fest, sie schien Hilfe zu brauchen.

Herbert überlegte kurz, ob er jemanden von der Crew alarmieren sollte, entschied sich aber dann dafür, die Frau zunächst selbst unter die Lupe zu nehmen.

Die Fremde antwortete nicht. Stattdessen wich sie ein Stück zurück. Sie bewegte sich auf Händen und Füßen. Herbert Walker fühlte sich fast an ein Tier erinnert.

Ein wildes Tier, wie sich gleich darauf zeigte.

Während Herbert noch vorsichtig auf die Unbekannte zuging, sprang diese plötzlich auf. Mit ausgestreckten Armen hechtete sie auf den überraschten Mann zu.

Herbert Walker hatte keine Chance, ihr auszuweichen.

Entsetzt riss er die Augen auf und versuchte noch, sie abzuwehren. Aber im nächsten Moment hing sie ihm schon an der Kehle. Während ihre spitzen Fingernägel durch sein Gesicht fuhren, schlug sie die Zähne in seinen Hals.

Herbert stieß einen gurgelnden Schmerzlaut aus.

Wie durch einen dichten Nebel hörte er Darlas panische Entsetzensschreie, als er mit rudernden Armen nach hinten kippte und hart auf dem Oberdeck aufschlug. Für einen kurzen Moment wurde es dunkel um ihn herum.

Wieder zerrte die Kahlköpfige mit ihren Zähnen an seinem empfindlichen Fleisch. Eine Blutfontäne spitzte hoch.

Verzweifelt versuchte Herbert, die Angreiferin von sich wegzustoßen, aber das war nicht mehr nötig. Schon einen Moment später löste sie sich von ihm.

Es dauerte nur Sekundenbruchteile, bis er erkannte, was sie vorhatte.

Darla, dachte er verzweifelt.

Während das Blut weiter aus seinem Hals pulste, wälzte sich Herbert Walker herum. Aus geweiteten Augen beobachtete er, wie die Kahlköpfige auf seine Frau zu torkelte. Darla presste sich mit grauenverzerrtem Gesicht gegen die Reling. Wegzulaufen schien ihr gar nicht in den Sinn zu kommen.

Sie sollte auch keine Gelegenheit mehr dazu bekommen.

Herbert Walker versuchte verzweifelt, wieder auf die Füße zu kommen, aber vergeblich. Mit jedem Herzschlag strömte sein Leben aus ihm heraus und verbreitete sich am Boden zu einer roten, stetig größer werdenden Lache.

Die Kahlköpfige packte Darla an den Oberarmen.

Jetzt zeigte sich, dass ihrem schlanken Körper offenbar Bärenkräfte innewohnten. Sie versetzte Darla einen furchtbaren Hieb, der Herberts geliebte Frau sofort verstummen ließ. Anschließend hob die Angreiferin sie ohne große Mühe hoch und beförderte sie über die Reling.

Kein Laut war zu hören, als Darla rund 45 Meter in die Tiefe stürzte, um dann auf der steinharten Meeresoberfläche aufzuschlagen.

Herbert Walker stieß einen würgenden Laut aus. Während die kahlköpfige Mörderin einen Moment lang scheinbar fasziniert ihr Werk betrachtete, versuchte er abermals wieder auf die Füße zu kommen.

In diesem Moment drehte sich die Unheimliche auch schon wieder um. Ihre Augen funkelten, und die Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln. Was immer sie einmal Menschliches an sich gehabt haben mochte, war längst vergangen. Jetzt war sie nur noch eine eiskalte Mordmaschine.

Das bekam auch Herbert Walker Sekundenbruchteile später zu spüren.

Wieder beugte sich die Kahlköpfige über ihn. Noch einmal versuchte Herbert, einen verzweifelten Hilfeschrei auszustoßen, dann war nur noch schauriges Kauen und Schmatzen zu hören.

***

Bis jetzt hatte Jane Collins regungslos auf dem Bett ihrer Bordkabine gesessen und sich den Kopf zerbrochen, wie sie sich aus ihrer misslichen Lage befreien konnte.

Es schien ihr bereits eine Ewigkeit her zu sein, dass sie in Southampton auf die Fährte eines grauenerregenden Falls geraten war.

Die blonde Privatdetektivin hatte nach dem verschwundenen Sohn eines Millionärs gesucht. Charles Morley war jedoch weder entführt worden, noch war ihm etwas zugestoßen. Er diente stattdessen einem mysteriösen Kult, der einen in den Tiefen des Meeres hausenden Krakengötzen namens Bayramok-Lö anbetete.

Mehrere Frauen waren in die Fänge des Kults geraten. Morley, der Hirnchirurg war, führte an ihnen grausige Operationen durch, um sie auf die Wiederkehr des Krakengötzen vorzubereiten.

Darum ging es dem Kult nämlich. Man wollte irgendein seltsames Ritual durchführen, damit sich Bayramok-Lö aus den Tiefen des Meeres erhob und die Welt in seinen Besitz nahm.

Jane war wie eine blinde Anfängerin in die Falle getappt. Schon bald war sie ebenfalls in die Fänge des Kults geraten.

Auch der Geisterjäger John Sinclair hatte nichts ausrichten können. Zwar hatte er versucht, Jane zu befreien, aber der Anführer des Kults hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hatte John und seinen Partner Suko mit einigen der operierten Frauen eingesperrt, denen er zuvor aufgetragen hatte, die beiden Scotland-Yard-Beamten zu töten.

Ob ihnen das gelungen war, wusste Jane nicht. Der Anführer der Kultisten hatte sie ausgeschaltet und dann hierher, auf ein Kreuzfahrtschiff, geschafft, wo die Detektivin aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht war.

Wie viel Zeit seit den Ereignissen in Southampton vergangen war, wusste Jane nicht, aber draußen schien es bereits Nacht zu sein, und das Schiff befand sich offensichtlich auf hoher See.

Nun jedoch schien es, als würde endlich etwas geschehen. Jane Collins hörte wie die Kabinentür entriegelt wurde. Gleich darauf drehte sich der Türknauf.

Ein etwa vierzig Jahre alter, hohlwangiger Mann tauchte im Türrahmen auf. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Die Lippen umspielte ein arrogantes Lächeln.

Es handelte sich um den Anführer des Krakenkults, und er war alles andere als menschlich.

Anstelle von Armen wuchsen ihm nämlich graugrüne, feucht glitzernde Tentakel aus den Schultern, die über und über mit tellerartigen Saugnäpfen bedeckt waren.

»Sie sind also wach, Miss Collins«, begrüßte er sie. »Ich dachte, ich komme auf einen kleinen Plausch vorbei. Sie freuen sich doch gewiss über ein bisschen Gesellschaft.«

Jane konnte sich durchaus etwas schöneres als einen Kaffeeklatsch mit dem Anführer des Krakenkults, aber vielleicht gelang es ihr auf diesem Wege ja, ein paar neue Informationen zu Tage zu fördern.

»Wo sind wir?«, wollte sie wissen. »Was haben Sie mit mir vor, und wer sind Sie eigentlich?«

Der Krakenmensch feixte. »Das sind eine Menge Fragen, Miss Collins. Beginnen wir mit der letzten. Mein Name ist Frank Huxley. Ich habe Ihren Freund John Sinclair vor etwa zwei Jahren kennengelernt. Damals habe ich noch als Inspektor gearbeitet und keine Ahnung davon gehabt, wer hinter den Kulissen dieser Welt wirklich die Strippen zieht.«

Jane wusste bereits, dass John dem Anführer des Kults früher schon einmal begegnet war, mehr aber auch nicht.

»Sie können es sich vielleicht nicht vorstellen, Miss Collins«, sprach Huxley weiter, »aber ich war ein ganz normaler, dienstbeflissener Polizeibeamter, bis ich erleuchtet wurde. Die Jünger von Bayramok-Lö holten mich in ihr Reich, und ich durfte in den schwarzen Wassern des Krakengotts schwimmen. Ich erblickte Lös Herrlichkeit und er erwählte mich als seinen Diener. Ich helfe dabei, seine Inbesitznahme dieser Welt vorzubereiten.«

Jane wusste kaum etwas über den Lö-Kult. Zwar hatte ihr John Sinclair von den Ereignissen vor zwei Jahren berichtet, aber auch er hatte nur sehr wenig herausfinden können.

Damals hatten die Jünger Bayramok-Lös von einem englischen Küstendorf aus versucht, die Wiederkehr des Krakengötzen einzuleiten, was John nur mit knapper Not hatte verhindern können. Angeführt worden waren die unheimlichen Wesen von einer Asiatin namens Miss Akera, die jedoch schmählich versagt hatte.

Nun also wollten es die Diener des Krakengotts wieder versuchen. Jane hatte keinen Schimmer, wie ihr Plan genau aussah, aber immerhin hatten sie es geschafft, sowohl sie selbst als auch John und Suko zu übertölpeln. Damit standen ihre Erfolgsaussichten gar nicht einmal schlecht.

»Zu Ihren anderen Fragen, Miss Collins, wir befinden uns auf dem Atlantik. Sie werden sicher verstehen, wenn ich Ihnen keine genauere Auskunft gebe. Wir sollen Sie doch überraschen!« Wieder feixte er. »Sie sind unser Faustpfand, Miss Collins«, erklärte er. Der Krakenmensch beugte sich zu ihr hinunter. »Ich spüre ganz deutlich, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt«, ließ er wissen. »Ich kann es geradezu riechen. Und solange ich nicht herausgefunden habe, was es ist, dürfen Sie am Leben bleiben!«

Jane roch auch so einiges. Frank Huxley verströmte einen infernalisch fischigen Gestank.

Abgesehen davon ahnte sie natürlich, worauf er anspielte. Wahrscheinlich konnte er ihre latenten Hexenfähigkeiten wahrnehmen. Allerdings würde sie sich hüten, dies dem Krakenmenschen auf die Nase zu binden. Schließlich wollte sie noch ein Weilchen am Leben bleiben.

Die Privatdetektivin verzog keine Miene, als der hohlwangige Krakenmensch sein Gesicht ganz nah an das ihre heranbrachte. Seine Nasenflügel blähten sich auf.

Er beschnuppert mich, machte sie sich angewidert klar. Dennoch versuchte sie, Ruhe zu bewahren.

Es gelang ihr bis zu dem Moment, da eine lange schwarze Zunge aus Frank Huxleys Mund schoss, über ihre Wange leckte und dabei eine ekelerregende Schleimspur auf ihrer Haut hinterließ.

»Das gefällt Ihnen wohl nicht«, erkannte er ganz richtig, als er sich wieder aufrichtete. Er kicherte leise.

»Warten Sie nur ab, wenn sich erst der Gott aus den Tiefen des Meeres erhebt, werden Sie sich an solche Aufmerksamkeiten gewöhnen müssen!«

Er machte eine Pause, bevor er anfügte: »Falls er sich nicht dazu entschließt, Sie an Ort und Stelle zu verspeisen. Ungewöhnlich wäre das nicht! Nach all der Zeit des Wartens ist der große Lö sehr hungrig, müssen Sie wissen!«

Das konnte sich Jane lebhaft vorstellen. Laut John Erzählungen handelte es sich bei Bayramok-Lö um ein haushohes Krakenmonster.

Frank Huxley trat einen Schritt zurück. Er machte eine Bewegung mit seinen Tentakeln, die Jane an ein zufriedenes Händereiben erinnerte.

»Ich überlasse Sie jetzt noch ein Weilchen Ihren zweifelsohne trübsinnigen Gedanken, Miss Collins«, erklärte er. »Wenn wir unser Ziel erreicht haben, werde ich es Sie wissen lassen!«

Mit diesen Worten wandte er sich auf dem Absatz um und verließ die Kabine. Deutlich konnte Jane hören, wie die Tür wieder verriegelt wurde.

Verdammt, dachte sie grimmig. Bis auf Weiteres saß sie erst mal in der Falle.

Es wurde Zeit, sich endlich einen Schlachtplan zu überlegen, wenn sie aus dieser Geschichte mit heiler Haut herauskommen wollte.

***

Kapitän Woodrue Hollister betrat die Brücke der Coral Queen und blickte zufrieden in die Runde. Der bärtige Fünfzigjährige lächelte, als er die Arbeit seiner Brückencrew beobachtete. Die Mannschaft war aufeinander eingespielt, und so lief das Schiff wie eine gut geölte Maschine. Das war auch dringend nötig, denn bei einem Ozeanriesen wie der Coral Queen war es immens wichtig, dass alle Hände ineinandergriffen und jeder wusste, wo sein Platz war.

»Sind wir auf Kurs?«, fragte Hollister.

Frank Andrews, der erste Offizier, nickte. »Keine besonderen Vorkommnisse, Kapitän, alles läuft wie am Schnürchen!«

Andrews Stimme klang einigermaßen stolz. Die Coral Queen war das erste große Schiff, auf dem er Dienst tat, und er war hochmotiviert. Bis jetzt war Hollister mit seiner Arbeit hochzufrieden. Daran würde sich wohl auch nichts ändern. Der Kapitän bildete sich einiges auf seine Menschenkenntnis ein.

Woodrue Hollister fuhr jetzt seit dreißig Jahren zur See, die letzten fünf davon als Kapitän großer Kreuzfahrschiffe. Ihn konnte so leicht nichts mehr überraschen. Aber auch er war stolz darauf, dass man ihm die Jungfernfahrt der Coral Queen anvertraut hatte.

Die Route ins östliche Mittelmeer war ihm bereits von anderen Schiffen vertraut. Er kannte sie aus dem Effeff. Für Hollister war dies jedoch kein Grund, nachlässig zu werden. Wenn er erst den Schlendrian an Bord einreißen ließ, liefen die Dinge früher oder später im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Ruder.

»Sehr gut«, antwortete er etwas verspätet. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, die verschiedenen nautischen Instrumente selbst noch einmal zu kontrollieren. Hollister war kein Pedant, aber er wusste nur allzu gut, wie schnell jemandem ein Fehler unterlaufen konnte.

Seine Männer ließen ihn ohne Murren gewähren. Sie kannten ihren Kapitän und wussten, dass er höchst penibel vorging.

Schließlich nickte Hollister und stieß ein zufriedenes Brummen aus. Er verschränkte die Arme über der Uniformjacke, um durch das Panoramafenster hinaus auf den nächtlichen Ozean zu blicken.