Julia Collection Band 14 - Elizabeth Bevarly - E-Book

Julia Collection Band 14 E-Book

Elizabeth Bevarly

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Beschreibung

KOMET DER LEIDENSCHAFT von BEVARLY, ELIZABETH
Etwas Atemberaubendes soll passieren, wenn der Komet Bob wieder über Endicott erscheint... Angies Wunsch geht in Erfüllung! Während einer Recherche in Ethans Schlafzimmer, wird sie von dem attraktiven Hausherrn überrascht. Genau in dem Moment, als der Komet erscheint.

ZU DIR ODER ZU MIR? von BEVARLY, ELIZABETH
Magisch fühlt sich der Astrophysiker Willis nach Endicott gezogen. Wegen des Kometen Bob, vor allem aber wegen seiner Jugendliebe Rosemary. Schon immer fühlten sich beide zueinander hingezogen. Aber können sie jetzt ihre Leidenschaft endlich ausleben?

UNTER DEM STERN DER LIEBE von BEVARLY, ELIZABETH
Für Kirby sind Kometen so verlässlich wie der Mann, von dem sie träumt: James Nash. Für ihn sind es Vagabunden ohne Ziel wie er selbst. Doch beide haben sich vom Glücksstern Bob etwas gewünscht - und sind ihrem jäh entflammtem Verlangen ausgeliefert ...

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Seitenzahl: 598

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Elizabeth Bevarly

Ich wünsche mir … Liebe

IMPRESSUM

JULIA COLLECTION erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-27013

© by Elizabeth Bevarly Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 1998 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

© by Elizabeth Bevarly Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 1998 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

© by Elizabeth Bevarly Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 1998 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Fotos: mauritius images / gettyimages / shutterstock

© by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg, in der Reihe JULIA COLLECTION, Band 14 - 2009

Veröffentlicht im ePub Format im 03/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-656-2

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

ELIZABETH BEVARLY

Ich wünsche mir … Liebe

Komet der Leidenschaft

Nie brennt das Verlangen nach Liebe heißer in Endicott als in den Sommern, in denen der Komet Bob über die Stadt zieht. Ausgerechnet jetzt wird die Journalistin Angie von Ethan bei Recherchen in seinem Schlafzimmer ertappt. Überwältig spürt sie seinen Duft, seine Nähe, seine Berührungen – jeder Nerv in ihr reagiert auf diesen unfassbaren Mann …

Zu dir oder zu mir?

So lange hat sich Rosemary nach Willis’ zärtlicher Umarmung gesehnt. Aber erst muss der Komet Bob wieder erscheinen, damit der anziehende Astrophysiker nach Endicott zurückkehrt – wie ein Geschenk des Himmels! Ganz und gar überlässt sich Rosemary ihren sinnlichen Empfindungen. Der Komet ist weit weg, und Willis ist ihr ganz, ganz nah …

Unter dem Stern der Liebe

Was ist schon ein eiskalter Himmelskörper gegen eine verführerische Frau? Zwar ist auch James Nash, der begehrte Frauenschwarm, nach Endicott gekommen, um den Kometen Bob am Himmel zu erspähen. Doch was James durch sein Teleskop sieht, ist von höchst irdischer Natur: Eine hinreißende Frau, die seine glühende Leidenschaft weckt …

Komet der Leidenschaft

PROLOG

„Ich glaube, ich sehe ihn.“

„Wo?“

„Dort oben, direkt über dem Bergahorn, ungefähr zwanzig Zentimeter links vom Mond. Siehst du ihn auch?“

Die fünfzehnjährige Angie Ellison starrte angestrengt auf die Stelle am nächtlichen Himmel, auf die ihre Freundin Rosemary March zeigte. Doch das Einzige, was sie sah, war fleckige Schwärze um die Mondsichel herum und ein winziger Fleck weißen Lichts, der sich kaum von den übrigen Sternen am Himmel unterschied.

„Das kleine Ding?“, meldete sich ihre zweite Freundin, Kirby Connaught, ungläubig zu Wort. „Das ist Bob?“

Rosemary nickte. „Das ist er.“

„Das ist überhaupt nichts“, stellte Angie in jenem abfälligen Tonfall fest, der fünfzehnjährigen Mädchen mit Leichtigkeit über die Lippen kommt. „Ich bin nicht besonders beeindruckt. Was soll schon dran sein an diesem Kometen? Schließlich ist er nur ein riesiger gasförmiger Feuerball.“

Angie, Rosemary und Kirby hatten sich bei Angies Eltern im Garten versammelt. Hier, in der ruhigen Vorortsiedlung, konnten sie den Kometen ohne die störenden Lichter der Stadt beobachten. Sie lagen mit den Füßen nach außen sternförmig auf dem Rasen, die Arme unter den Köpfen verschränkt. Es war drei Uhr dreizehn morgens, und Komet Bob sollte in dieser Nacht um exakt drei Uhr siebzehn über dem nächtlichen Himmel von Endicott, Indiana, die größte Nähe zur Erde erreichen. Aus einem unerfindlichen Grund kehrte der Komet alle fünfzehn Jahre zur Erde zurück, jeweils in der dritten Septemberwoche. Und jedes Mal lag der Punkt seiner größten Erdnähe direkt über der Kleinstadt Endicott.

Das war eine Anomalie, für die die Wissenschaftler seit Generationen erfolglos eine Erklärung suchten, ein Rätsel, das sie wie die Lemminge alle fünfzehn Jahre in die kleine Stadt in Indiana lockte – nur, um nach Bobs Verschwinden stets aufs Neue kopfschüttelnd und ratlos wieder abzureisen. Und weil niemand bisher in der Lage gewesen war, die Regelmäßigkeit von Bobs Wiederkehr oder seine Vorliebe für Endicott zu erklären, war die Berühmtheit des Kometen immer größer geworden. Inzwischen betrachtete die kleine Stadt ihn sozusagen als ihr Eigentum.

Die Septembernacht war heiß und drückend, obwohl der Sommer schon zu Ende war, und die schwache Brise brachte kaum Abkühlung. Zwar hatte die Schule vor drei Wochen wieder begonnen, doch Bobs Rückkehr und das damit verbundene Fest erforderten einen zusätzlichen Feiertag. Die Schulen waren am nächsten Tag geschlossen, und alle Berufstätigen bekamen per Erlass des Bürgermeisters frei, damit jeder lange aufbleiben und Bob beobachten konnte.

In diesem Jahr aber schien Bob andere Pläne zu haben. Laut Aussage der Astronomen war er zwar pünktlich erschienen, doch aufgrund der starken Bewölkung war er in diesem Jahr für die meisten Beobachter bisher nicht sichtbar gewesen. Auch in dieser Nacht war der Himmel wieder nicht klar, was die Identifizierung des Kometen noch schwieriger machte.

Angie blickte konzentriert auf die Stelle, wo Bob sich nach Meinung der Experten zeigen sollte. Aber bis auf einen vagen hellen Fleck konnte sie nichts erkennen. „Ich fürchte, irgendjemand hat einen Fehler gemacht“, erklärte sie. „Ich glaube nicht, dass Bob sich heute Nacht blicken lässt.“

„Er wird kommen“, versicherte Kirby den anderen. „Es ist fünfzehn Jahre her, und er ist immer gekommen.“

„Bob ist schon da“, beharrte Rosemary. „Da, über dem Bergahorn, ungefähr zwanzig Zentimeter links vom Mond. Seht genau hin. Es ist schwer zu erkennen, aber es ist Bob.“

Eigentlich hatte Komet Bob einen weitaus komplizierteren Namen, aber niemand konnte ihn richtig aussprechen. Er war nach einem osteuropäischen Wissenschaftler benannt, in dessen Namen einige merkwürdige Vokale und noch seltsamere Konsonanten vorkamen und der seit über zweihundert Jahren tot war. Außerdem – was machte es schon für einen Unterschied? Das zumindest war die allgemeine Ansicht. Komet Bob war Komet Bob, mit selbst erworbenem Ruhm aus verschiedenen Gründen. Er war stets pünktlich, mit dem bloßen Auge erkennbar, sobald er der Erde nahe genug war, und Endicott, Indiana, profitierte alle fünfzehn Jahre reichlich von ihm.

Natürlich gab es da noch die Legenden. Jeder, der schon mehr als ein Auftauchen des Kometen erlebt hatte, wusste, dass er für alle möglichen Turbulenzen verantwortlich war. Manche Leute behaupteten, Bob verursache „kosmische Störungen“, die zur Folge hatten, dass sich die Einwohner Endicotts bei seinem Erscheinen äußerst merkwürdig benahmen. Andere wiederum waren überzeugt, dass die Menschen durch Bobs Einfluss die Geister ihrer Vergangenheit sehen konnten. Dann gab es noch jene, die fest daran glaubten, dass der Komet für die Entstehung von Liebesbeziehungen zwischen Menschen verantwortlich war, die sich normalerweise nicht einmal guten Tag sagten.

Nicht zu vergessen die Wünsche. Es war ein weit verbreiteter Glaube unter den Bürgern der Stadt, dass Bob denen, die in einem Jahr geboren worden waren, in dem er über Endicott erschien, ihre Wünsche erfüllte, wobei der zeitliche Ablauf dem Zyklus seines Auftauchens folgte. Angie hatte mit dieser Legende nichts im Sinn, aber Kirby beschäftigte es offenbar sehr.

„He, glaubt ihr eigentlich die Geschichte von den Wünschen?“, fragte sie ihre Freundinnen.

„Dass sie in Erfüllung gehen, wenn man im Jahr des Kometen geboren ist?“, meinte Angie.

„Genau“, bestätigte Kirby. „Glaubst du daran?“

„Nein“, erwiderte Angie. „Wünsche gehen nicht in Erfüllung, weder durch kosmische Hilfe noch durch irgendetwas anderes.“

Rosemary war geneigt, ihr zuzustimmen. „Ja, ich bezweifle, dass irgendjemandes Wunsch in Endicott jemals in Erfüllung gegangen ist.“

„Mrs. Marx’ schon“, sagte Kirby. „Das hat sie mir erzählt. Sie wurde im Jahr von Bobs Erscheinen geboren. Als er das nächste Mal kam, wünschte sie sich etwas, und als sie dreißig war und Bob auftauchte, ging ihr Wunsch in Erfüllung.“

Angie und Rosemary drehten die Köpfe und sahen neugierig Kirby an.

„Was hat sie sich gewünscht?“, fragte Rosemary.

Kirby sah erst die eine, dann die andere Freundin an. „Das wollte sie mir nicht verraten“, gestand sie schließlich.

Angie nickte wissend. „Das dachte ich mir.“

„Aber sie hat geschworen, dass ihr Wunsch in Erfüllung ging.“

Rosemary schnaubte entrüstet. „Ja, das kann ich mir vorstellen.“

„Warum sollte sie mich belügen?“, entgegnete Kirby. Doch da die anderen beiden nicht weiter darauf eingingen, hielt sie erneut nach dem Kometen Ausschau.

Angie sah ebenfalls wieder hinauf und stellte fest, dass der Himmel so dunkel war wie selten zuvor. Die drei Mädchen befanden sich außerhalb der Reichweite jeder künstlichen Lichtquelle und konnten kaum mehr als ihre Gesichter erkennen. Die Milliarden Sterne über ihnen kamen ihnen unendlich weit entfernt vor.

„Nun, wir sind alle drei im Jahr des Kometen geboren, nicht wahr?“, meinte Angie nachdenklich. „Also, wenn ihr euch nun etwas wünschen würdet und überzeugt wärt, dass dieser Wunsch in fünfzehn Jahren in Erfüllung ginge, was würdet ihr euch wünschen?“

Einen Moment lang schwiegen die drei Freundinnen, bis Rosemary, die gesprächigste, antwortete: „Ich wünsche mir, dass dieser Blödmann Willis Random eines Tages bekommt, was er verdient.“

Der dreizehnjährige Willis war Rosemarys Laborpartner in Chemie, ein Wissenschaftstalent, dessen jüngstes Hauptanliegen darin zu bestehen schien, Rosemary das Leben schwerzumachen. Sie war nie der Typ für wissenschaftliche Versuche gewesen, und Willis verachtete sie und machte sie schlecht wegen ihres mangelnden Verständnisses für den von ihm gewählten Kurs. Die Mädchen dagegen lästerten über sein „Streuselkuchengesicht“.

Angie nickte. Willis’ Untergang herbeizuwünschen kam ihr gerecht vor. „Wie steht es mit dir, Kirby?“, wandte sie sich an ihre andere Freundin.

Kirby seufzte wehmütig und sah zum Himmel hinauf. „Ich wünsche mir …“, begann sie leise und verstummte. Gerade als Angie sie zu einer Antwort drängen wollte, fuhr sie fort: „Ich wünsche mir wahre und ewige Liebe. Eine Liebe, von der man in Büchern liest und die man in den alten Filmen sieht.“

Kirbys ganzes Leben drehte sich darum, zur Schule zu gehen und sich um ihre invalide Mutter zu kümmern. Für etwas anderes blieb ihr kaum Zeit. Zudem fanden die meisten Jungen aus Endicott, dass sie zu brav sei, um sich mit ihr zu verabreden. Der Wunsch, jemand möge kommen und Romantik in ihr Leben bringen, war also keineswegs überraschend.

„Diese Art von Liebe gibt es nicht“, verkündete Rosemary.

„Doch, es gibt sie“, konterte Kirby.

„Nein, gibt es nicht.“

„Und ob.“

Da die beiden sich die ganze Nacht weiterstreiten würden – Bob bewirkte, dass sich jeder in diesen Tagen merkwürdig benahm –, unterbrach Angie sie und sagte: „Vielleicht finden wir es in fünfzehn Jahren heraus.“

„Das bezweifle ich“, murmelte Rosemary.

„Wie ist es mit dir, Angie?“, wollte Kirby wissen. „Wenn du dir etwas wünschen könntest, was wäre es?“

„Ja, was würdest du dir wünschen?“, drängte Rosemary.

„Ich?“, meinte Angie nachdenklich. „Keine Ahnung. Ich wünsche mir wohl, dass eines Tages mal etwas Aufregendes in dieser langweiligen Stadt passiert oder jemand Aufregendes hier auftaucht.“

„Na sicher“, bemerkte Rosemary. „Kein Problem.“ Sie stützte sich auf den Ellbogen und betrachtete ihre Freundinnen mit wissender Miene. „Angie“, begann sie geduldig, „dies hier ist Endicott. Hier passiert niemals etwas Aufregendes. Nicht einmal Bob kann Wunder vollbringen.“

„Aber ich wünsche es mir trotzdem“, erwiderte Angie.

„Na schön. Hörst du das, Bob?“, rief Rosemary zum Himmel hinauf. „Meine Freundin hier, Angie Ellison, will, dass etwas Aufregendes passiert oder jemand Aufregendes auftaucht, wenn du das nächste Mal kommst. Schreib’s dir auf, ja? Sonst vergisst du es noch!“

Und hoch oben am Nachthimmel über Endicott, Indiana, zog Bob blinkend vorbei. Er würde wiederkommen. In exakt fünfzehn Jahren.

1. KAPITEL

Angie Ellison konnte nicht fassen, was sie gleich tun würde. Es war gefährlich, unmoralisch und illegal. Es war schlichtweg nicht richtig. Doch es war ihre einzige Möglichkeit, den Lebensunterhalt ihres Vaters und vielleicht sogar sein Leben zu retten.

Sie kauerte hinter einem dichten Busch, der noch in voller Blüte stand, hielt sich die Nase zu, um ein drohendes Niesen zu verhindern, und spähte zu dem Fenster hinauf, das ihrer Einschätzung nach zu Ethan Zorns Schlafzimmer gehören musste. Sie war erst zweimal in dem Haus gewesen – einmal als Zweitklässlerin bei einem Schulausflug zu dem, was einmal eine historische Attraktion und unter dem Namen Stately Randall House bekannt gewesen war, und zum zweiten Mal letzte Woche, als sie sich für eine Beraterin von „Junebug Cosmetics“ ausgegeben hatte, um das Haus genauer auszukundschaften.

Beim ersten Mal hatte Ethan Zorn noch nicht in Endicott gelebt und keine Bedrohung für Angies Familie dargestellt. Bei ihrem zweiten Besuch war Mr. Zorn, der das Haus gemietet hatte, nicht daheim gewesen. Natürlich hatte Angie gewusst, dass er nicht zu Hause sein würde, als sie den schweren Messingtürklopfer betätigte. Sie hatte der Haushälterin ihren falschen Probenkoffer präsentiert und schließlich einen verdorbenen Magen vorgetäuscht, um das Bad benutzen zu können, wo sie einige ziemlich echt klingende Würgegeräusche von sich gegeben hatte.

Die Haushälterin war daraufhin in die Küche gelaufen, um eine Magentablette und ein Glas Wasser zu holen. Angie war nach oben geeilt und hatte sich rasch umgesehen. Und soweit sie sich jetzt erinnern konnte, musste das Fenster direkt über dem Busch zum Schlafzimmer gehören. Zumindest hoffte sie das, denn genau dort würde sie gleich einsteigen.

Eine feuchte blonde Strähne löste sich aus der Baseballkappe, die sie mit dem Schirm nach hinten auf dem Kopf trug, und fiel ihr in die Stirn. Angie versuchte vergeblich, sie wegzupusten, doch sie klebte an ihrer Haut. Wegen der Hitze fühlte sie sich keineswegs wohl in dem langärmeligen schwarzen T-Shirt und der Jeans.

Der September in Indiana ist wie der Juli im Amazonasdschungel, dachte sie. Die Luft war drückend und schwül und einem Einbruch in keiner Weise förderlich. Sie musste jedoch etwas tragen, das ihre goldblonden Haare und die helle Haut verbarg, weil sie sonst Gefahr lief, im Mondlicht erkannt zu werden.

Langsam richtete sie sich auf und schlich um das große Backsteingebäude herum. Ihre schwarzen Turnschuhe verursachten ein leises Rascheln auf dem trockenen Gras. Angies Atem ging unregelmäßig. Zu spät fiel ihr ein, dass es wahrscheinlich eine Alarmanlage gab, mit der sie sich auseinandersetzen musste. Andererseits schlossen die Menschen in Endicott nicht einmal ihre Türen ab, weil hier nie etwas geschah. Selbst Gangster wie Ethan Zorn rechneten wahrscheinlich nicht mit ungebetenen Besuchern. So etwas gab es in Endicott einfach nicht, und nicht einmal Mitglieder der Mafia mussten sich deswegen Sorgen machen.

Also waren Angies Chancen etwa fünfzig-fünfzig, dass sie bei ihrem ersten und zweifellos letzten Versuch, das Gesetz und die organisierte Kriminalität gleichzeitig herauszufordern, erfolgreich sein würde. Das musste sie auch unbedingt, denn falls es ihr nicht gelang zu beweisen, was für ein übler Gangster Ethan Zorn war, konnte ihre Familie alles verlieren.

Sie näherte sich einem offenen Fenster, aus dem Musik drang. Es waren die „Brandenburgischen Konzerte“. Da Musik ihr Nebenfach auf dem College gewesen war, hätte sie die wilde, tosende Komposition überall erkannt. Natürlich hatten solche Studien ihr bei ihrer Journalistenkarriere nicht weitergeholfen. Schließlich arbeitete sie noch immer für den „Endicott Examiner“ und hatte selbst dort noch immer keine Titelgeschichte veröffentlichen können. Nicht dass es so schlecht war, für die Berichterstattung über Kriminalfälle zuständig zu sein. Immerhin hatte sie Kriminalreporterin werden wollen. Sie wünschte nur, es gebe in Endicott irgendwelche Verbrechen, über die sie schreiben könnte. Das würde ihre Arbeit bedeutend interessanter machen.

Nicht zum ersten Mal hoffte sie, dass die heutige Eskapade ihr eine richtig gute Story brachte, abgesehen davon, dass sie damit ihrer Familie half. Dann würde Marlene, die Herausgeberin des „Examiner“, Angies journalistische Integrität und ihren Mut belohnen müssen. Vielleicht würde die Story sogar von einer Presseagentur an andere Zeitungen verkauft werden. In ihrer Fantasie sah sie ihren Namen bereits auf der Titelseite der „New York Times“.

Natürlich wüsste die Mafia dann, wo sie zu finden war. Das führte sie einen Moment lang zu der Überlegung, ob sie wirklich das Richtige tat. Plötzlich endete die Musik, sodass Angie keine Zeit mehr zum Nachdenken blieb. Sie hielt sich im Schatten der kühlen Backsteinmauer und bemühte sich, nicht in Panik zu geraten. Ethan Zorn war schließlich nicht in der Stadt. Das wusste sie, weil sie ihre Freundin Rosemary angerufen hatte, die im Reisebüro arbeitete. Durch sie hatte Angie Zorns Reisepläne erfahren. Also musste die Haushälterin die Musik abgestellt haben.

Angie wagte einen Blick durch das Fenster im Erdgeschoss und entdeckte die weißhaarige, sanftmütige Mrs. MacNamara, die an den Knöpfen der Stereoanlage drehte. Gute drei Minuten beschäftigte sie sich damit, bis sie den Rocksender des Kommunikationskurses der örtlichen Highschool fand. Hämmernde Rockklänge dröhnten aus der Anlage, und Mrs. MacNamara kehrte zufrieden zu ihrem Sessel neben dem Klavier zurück, wo sie sich wieder ihrer Strickarbeit widmete.

Das ist der verdammte Komet, dachte Angie und schüttelte erstaunt den Kopf. In anderthalb Wochen würde er direkt über Endicott hinwegfliegen, und es hieß allgemein, dass er die Menschen dazu brachte, Dinge zu tun, auf die sie gewöhnlich niemals verfallen würden. Wie zum Beispiel in ein Haus einzubrechen, dachte sie und bückte sich, um auf allen vieren unter dem offenen Fenster entlangzukriechen. Oder die Wut eines bösartigen Killers wie Ethan Zorn auf sich zu ziehen.

Eigentlich wusste sie gar nicht genau, ob Ethan Zorn schon jemanden umgebracht hatte. Aufgrund seiner Arbeit nahm sie es einfach an. Mafiosi brachten schließlich dauernd Leute um, oder? Sie waren für ihre Grausamkeit berüchtigt und schreckten vor nichts zurück. Bis vor Kurzem hatte es in Endicott noch keine Mafia gegeben. Bis Mr. Zorn aufgetaucht war. Und jetzt kursierten hier Gerüchte über kriminelle Aktivitäten. Angie wünschte nur, sie wüsste genau, worum es sich im Einzelnen handelte.

Leise bewegte sie sich weiter, und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Mrs. MacNamara die einzige Person im Haus war, schlich sie zurück unter das angebliche Schlafzimmerfenster im ersten Stock. Bei Tageslicht hatte es gar nicht so hoch ausgesehen. Doch als sie jetzt in der Dunkelheit hinaufsah, schien es eine ziemliche Kletterpartie zu werden.

Angie holte tief Luft. Ihr blieb keine andere Wahl. Außerdem führte die Regenrinne so nah am Fenster vorbei, dass sie unmöglich widerstehen konnte. Sie packte das Metallrohr mit einer Hand, die in einem schwarzen Lederhandschuh steckte, schob die Schuhspitze in den breiten Fugenzwischenraum der Mauer und zog sich hoch. Langsam und sicher kletterte sie so die Backsteinfassade hinauf. Sie fühlte sich richtig großartig, wie eine Superheldin aus einem Comic.

Erst als sie das Schlafzimmerfenster erreichte, geriet sie in Panik. Denn insgeheim hatte sie gehofft, dass das Fenster verschlossen war, damit sie die ganze verrückte Aktion guten Gewissens abbrechen und nach Hause gehen konnte. Unglücklicherweise aber war das Fenster nicht nur unverriegelt, sondern stand auch noch sperrangelweit offen. Es würde ein leichtes sein, in Ethan Zorns Schlafzimmer einzubrechen.

Mit einem letzten schweren Seufzer erreichte sie den steinernen Fenstersims. Einen Moment lang hing sie mit beiden Armen daran und tadelte sich erneut dafür, etwas so Dummes zu tun. Dann zog sie sich hoch und rollte sich über den Sims ins Zimmer.

Ethan Zorn parkte den kleinen, unverschämt teuren Wagen vor seinem gemieteten Haus und schwor sich erneut, dass er niemals wieder Stand-by fliegen würde. Es war zu stressig, zu unvorhersehbar, zu unkomfortabel.

Natürlich hatte es Zeiten gegeben, in denen es ihm nichts ausgemacht hatte, spontan und unkomfortabel zu reisen. Doch für Stress hatte er nie etwas übrig gehabt. Es war schon bemerkenswert, wie in den letzten zehn Jahren die Dinge, die er mochte, immer mehr aus seinem Leben verschwunden waren, während der Stress immer größer geworden war.

Er verdrängte diese trüben Gedanken und zwängte sich aus dem Wagen, um sich auf dem Gehsteig erst einmal genüsslich zu strecken. Dann nahm er seine Aktentasche und seine Reisetasche vom Rücksitz. Beide schienen seine ständigen Begleiter zu sein, und vage registrierte er, dass sie bereits deutliche Abnutzungserscheinungen zeigten. Genau wie ich, dachte er ironisch. Aber Männer wie er überlebten diese Art von Arbeit normalerweise auch nicht so lange.

Er trat die Tür mit dem Absatz zu, aktivierte die Alarmanlage und fragte sich, weshalb er sich überhaupt darum kümmerte. Sein neues Hauptquartier – er zögerte, die Kleinstadt Endicott sein Zuhause zu nennen – war ein anständiger, erbaulicher Ort. Aber er war es gewohnt, stets auf der Hut zu sein, und würde nicht gerade jetzt damit aufhören.

Die Haustürschlüssel klimperten leise, als er die Stufen hinaufstieg und die breite Veranda überquerte. Die Tür war wieder einmal unverschlossen. Er würde sich also erneut ernsthaft mit der Haushälterin unterhalten müssen.

Natürlich war Mrs. MacNamara hier aufgewachsen und konnte daher nicht verstehen, dass es draußen in der bösen Welt kriminelle Elemente gab. Endicott war das Herz und die Seele des Mittleren Westens Amerikas, ein Ort, an dem noch immer Träume und Wünsche in Erfüllung gehen konnten.

Im Grunde waren die Naivität und selige Unwissenheit der Einwohner dieser Stadt zum Lachen. Wenn die Leute wüssten, was Ethan hier wirklich tat, würden sie ihre Kinder von der Straße holen und aus der Stadt flüchten. Zum Glück hatte er sich gut getarnt. Aber das war bei seinem Job auch überlebenswichtig. Ein falscher Schritt konnte den Tod bedeuten.

Die Haustür knarrte behaglich, und Ethan wurde von harter Rockmusik empfangen. Er folgte dem Lärm ins Wohnzimmer und entdeckte Mrs. MacNamara friedlich schlafend, das Strickzeug auf dem Schoß, während die Boxen mit jedem Baßwummern förmlich im Regal tanzten. Ethan ging zur Stereoanlage und schaltete sie aus. Herrliche Stille kehrte ein und weckte die Haushälterin. Sie blinzelte.

„Oh, Mr. Zorn. Sie sind schon zurück. Ich habe Sie nicht vor morgen Abend erwartet.“

Ethan fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Meine Geschäfte waren früher als geplant erledigt, daher habe ich mich gleich auf den Heimweg gemacht. Ist alles in Ordnung?“

Die Haushälterin nickte. „Soweit man das mit Bob am Himmel behaupten kann.“

Er runzelte die Stirn. Mrs. MacNamara hatte sich von diesem Unsinn also auch anstecken lassen. Das war das einzig Ärgerliche an dieser Stadt. Die Kometen-Hysterie schien seit Ethans Ankunft vor einigen Wochen jeden erfasst zu haben. Komet Bob wurde für alles verantwortlich gemacht, von entlaufenen Haustieren und Stromausfällen bis hin zu verspäteter Post. Und jedes Mal, wenn ein Bürger der Stadt etwas Unvernünftiges tat – sei es nun eine Geschwindigkeitsübertretung direkt vor den Augen eines Verkehrspolizisten, oder jemand wurde in flagranti vom Ehepartner erwischt –, dann wurde die Schuld dafür natürlich auf Bob geschoben.

„Gut“, sagte Ethan, um ein Gespräch über den Kometen von vornherein abzuwürgen. Plötzlich hatte er auch keine Lust mehr, Mrs. MacNamara wegen der offenen Haustür zu tadeln. Er fuhr sich durch die schwarzen Haare und meinte: „Dann gehe ich jetzt ins Bett.“

Mrs. MacNamara nickte. „Ich auch. Seit Bob letzten Monat wieder aufgekreuzt ist, habe ich überhaupt keine Energie mehr.“

Das hatte natürlich nichts damit zu tun, dass die Frau schon fast achtzig Jahre alt war und erst vor Kurzem die Verantwortung für ihren vierzehnjährigen Urenkel übernommen hatte, der ein jugendlicher Straftäter war.

„Tun Sie das, Mrs. MacNamara“, sagte er und wartete, bis die Frau gegangen war, ehe er sein Brioni-Jackett auszog und über den Arm legte. Er rollte die Schultern, da das Holster drückte. Die große MAC-10-Pistole, die darin steckte, hatte er auf dem Flug von Philadelphia in Einzelteile zerlegt in seiner Reisetasche transportiert. Sobald er sein Gepäck in Empfang genommen hatte, war er auf der nächsten Herrentoilette verschwunden und hatte die Waffe zusammengebaut, um sie bei sich tragen zu können. Ohne sie kam er sich viel zu schutzlos vor.

Er löste den Knoten seiner Krawatte, warf sich den Trageriemen der Reisetasche über die Schulter und stieg die Treppe zu seinem Schlafzimmer hinauf. Auf dem Weg nach oben wechselte er die Aktentasche von einer Hand in die andere und begann sein Versace-Hemd zu öffnen und es aus der Hose zu ziehen. Er wollte es nur noch bequem haben und sich entspannen. Vor seiner Schlafzimmertür streifte er die Gucci-Halbschuhe ab und wollte gerade eintreten und das Licht einschalten, als er in der Dunkelheit auf der anderen Seite des Zimmers ein eigenartiges Geräusch hörte. Offenbar war jemand in seinem Zimmer.

Er wich einen Schritt zurück und stellte sein Gepäck lautlos auf den Boden. Dann zog er die MAC-10 und entsicherte sie. Plötzlich kam ihm die milde Nacht drückend schwül vor, und er wischte sich einen dünnen Schweißfilm von der Oberlippe. Er trat auf die Schlafzimmertür zu, legte die Hand flach an die Wand und tastete nach dem Lichtschalter.

Als das Licht anging, sprang Ethan mit vorgehaltener Waffe und gespreizten Beinen ins Zimmer. Er hatte mit mehreren bedrohlichen Gestalten gerechnet, die ihn erwarteten. Stattdessen sah er sich einer ganz in Schwarz gekleideten zierlichen Blondine gegenüber, die auf Zehenspitzen am Kopfende seines Bettes stand. Sie stand auf den Kissen, und ihre Haltung verriet, dass sie das über dem Bett hängende Gemälde von Moby Dick zu erreichen versuchte. Sie wirbelte herum, verlor prompt das Gleichgewicht und landete auf ihrem niedlichen Po.

Als sie Ethan in bedrohlicher Position mit der großen schwarzen Waffe in der Hand erblickte, schlug sie die Hände vor den Mund, als wollte sie einen Aufschrei ersticken. Ihre dunklen Augen waren vor Entsetzen geweitet, doch sie gab keinen Laut von sich. Sie zitterte am ganzen Körper, ihre Brüste hoben und senkten sich heftig mit jedem schweren Atemzug.

Ethan erfasste sofort, dass sie nicht in sein Haus eingebrochen war, um einen Anschlag auf ihn zu verüben. Aus welchem Grund sie es sonst getan haben mochte, war ihm allerdings absolut schleierhaft. Zwar wohnte er schon seit zwei Wochen in Endicott, aber er konnte sich nicht erinnern, diese Frau bisher gesehen zu haben. Zudem hätte er diese Augen nicht vergessen.

Eine Blondine mit braunen Augen, dachte er. Dafür hatte er schon immer eine große Schwäche gehabt. Was für ein Glück, jetzt sogar eine in seinem Bett vorzufinden.

Als er ihre Angst bemerkte, musste er unwillkürlich lächeln. Rasch umfasste er die Waffe fester, um die Frau noch ein wenig mehr einzuschüchtern und für seine Fragen empfänglicher zu machen. Er kam näher, trat die Tür mit dem Absatz zu und schloss sie ab, ohne die Fremde aus den Augen zu lassen. Er zog den Schlüssel ab und warf ihn achtlos auf die andere Seite des Zimmers.

Die Frau hielt sich weiter die Hände vor den Mund und beobachtete, wie der Schlüssel hinter den Queen-Anne-Sessel beim Kamin fiel. Dann sah sie zu dem offenen Fenster gegenüber dem Bett, und es war offensichtlich, dass sie ihre Fluchtchancen abwägte. Netter Versuch, dachte Ethan. Aber so leicht würde er sie nicht entwischen lassen.

Beim Näherkommen registrierte er, dass sie kleiner war, als er zunächst angenommen hatte. Sie sah ihn erschrocken an und ließ die Hände sinken, gab jedoch noch immer keinen Laut von sich. Auch machte sie keine Anstalten, vom Bett aufzustehen. Er fragte sich, was sie sich bei dem Einbruch gedacht hatte. Vielleicht lebte sie gern gefährlich?

Ethan musste sich beherrschen, nicht einfach zu ihr ins Bett zu steigen. Stattdessen blieb er vor dem Bett stehen und betrachtete die umgedrehte Baseballkappe, unter der die goldblonden Haare hervorlugten. Dann ließ er bewusst lüstern den Blick über ihren Körper gleiten.

„So, so“, sagte er leise und setzte sich langsam auf die Bettkante. Die Frau wich zurück. „Wen haben wir denn da in meinem Bett?“

Grundgütiger, dachte Angie benommen. Jetzt steckte sie mächtig in der Klemme. Sie sah dem Mann, der sie in seinem Schlafzimmer erwischt hatte, ins Gesicht – das war immer noch besser, als auf den Lauf der Pistole vor ihrer Brust zu starren – und fragte sich, was sie jetzt machen sollte. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich von vornherein einen Fluchtplan zu überlegen, für den Fall, dass Ethan Zorn sie überraschte. Aber es war ihr so unwahrscheinlich vorgekommen. Außerdem war sie viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, die passende Kleidung für den Einbruch auszuwählen.

Wenn sie sich sehr anstrengte, konnte sie sich womöglich einreden, dass der bedrohlich wirkende Mr. Zorn nicht vorhatte, sie zu erschießen. Sonst hätte er wohl kaum die Tür abgeschlossen und den Schlüssel weggeworfen. Das würde es ihm nur erschweren, ihre Leiche zu beseitigen. Außerdem hätte er bereits den Abzug gespannt, wenn er sie tatsächlich erschießen wollte. Also versuchte er vermutlich nur, ihr mit der Pistole Angst einzujagen. Was ihm auch gelang.

„Sie werden mich nicht fesseln, oder?“ Die Frage war heraus, bevor sie sich dessen ganz bewusst war. Sie kniff die Augen zu und schalt sich eine Närrin. Warum in aller Welt hatte sie ihn denn so etwas gefragt? Ethan Zorn musterte sie nachdenklich. Offenbar fand er die Idee verlockend.

„Wollen Sie denn von mir gefesselt werden?“

Angie kam sich schon dumm genug vor, daher biss sie die Zähne zusammen, um nicht etwas noch Blödsinnigeres von sich zu geben.

„Ich bin sicher, ich könnte irgendwo im Haus ein Seil auftreiben.“ Er grinste. „Falls es Ihnen so wichtig ist. Oder würde es Ihnen besser gefallen, wenn ich meine Krawatten benutze?“, fügte er mit einem anzüglichen Lächeln hinzu. „Immerhin sind die aus Seide und hinterlassen vermutlich keine Striemen.“

Angie starrte ihn weiter an, unfähig, auch nur einen Laut herauszubringen.

„Na ja, dann vielleicht ein andermal“, sagte er. Es tat ihm offensichtlich leid, dass sie auf seinen Vorschlag nicht reagiert hatte. Er musterte sie genauer. „Wenn Sie also nicht auf billiges Vergnügen aus sind – das ich Ihnen nur allzu gern bereiten würde –, was tun Sie dann in meinem Schlafzimmer?“

Angie war nicht imstande zu antworten.

„Nun?“, drängte er.

Endlich fand sie ihre Stimme wieder, auch wenn es nur ein Krächzen war. „Nun was?“

Er gestikulierte mit der Pistole, zum Zeichen dafür, dass sie inzwischen wissen müsste, wovon er sprach.

Angie zuckte die Schultern und tat ahnungslos. Sie hoffte auf eine göttliche Eingebung oder einen medizinischen Zwischenfall, der ihr die Flucht ermöglichte. Immerhin bewegte sie sich sicher auf eine Herzattacke zu. Wenn sie noch ein paar Minuten herausschinden konnte, würde es vielleicht sogar ein tödlicher Herzanfall werden, der ihr ein Ende durch eine Kugel ersparte.

Ethan sah sie neugierig an. „Ich warte auf eine Erklärung, Blondie. Was machen Sie in meinem Bett?“

Für einen kurzen Moment fand Angie, dass Ethan Zorn die schönsten, unergründlichsten und sanftesten Augen besaß, die sie je gesehen hatte. Dann nahm sie sich zusammen und erinnerte sich daran, dass er höchstwahrscheinlich ein Killer war. Und Killer hatten keine sanften braunen Augen.

„Oh, das ist Ihr Haus?“ Sie spielte die Erstaunte, da sie immer noch hoffte, dadurch Zeit gewinnen zu können.

Er war jedoch keineswegs überzeugt. „Mein Arbeitgeber hat es mir für die Dauer meiner Geschäfte hier gemietet.“

Sie schaute sich überrascht um und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Na so was! Das ist mir aber peinlich! Ich dachte, das wäre Bumper Shaugnessys Haus. Sie kennen doch Bumper, oder?“

„Nein“, antwortete er. „Ich kann nicht behaupten, Bumpers Bekanntschaft schon gemacht zu haben.“

Angie tat verblüfft. „Aber jeder in Endicott kennt Bumper seit dem Vorfall mit der Maiskönigin auf dem Jahrmarkt von Madison. Na, davon werden Sie doch wohl gehört haben.“

Erneut musterte er sie nachdenklich. „Tut mir leid, davon weiß ich nichts.“

Angie wedelte lebhaft mit der Hand. „Das ist eine tolle Geschichte. Die wird Ihnen gefallen. Also, Bumper ging nämlich eigentlich mit Dierdres Zwillingsschwester Daphne. Dierdre ist natürlich die Maiskönigin, und er merkte gar nicht …“

„Wer sind Sie?“

Angie blinzelte nervös. „Ich bin Angie Ellison.“

„Warum sind Sie in meinem Haus? In der Dunkelheit und ganz in Schwarz gekleidet wie ein Einbrecher?“

„Das habe ich Ihnen doch gerade erklärt“, meinte sie leise und bekam plötzlich einen trockenen Mund. „Ich dachte, es wäre Bumper Shaugnessys Haus.“

„Unsinn, das kaufe ich Ihnen nicht ab.“ Er richtete die Waffe auf die Decke, ließ mit einem metallischen Klicken das Magazin herausgleiten, überprüfte es und schob es wieder hinein. Dann zielte er erneut auf Angie. „Versuchen wir es noch einmal. Wer sind Sie, und was treiben Sie hier?“

„Ich bin Angie Ellison“, wiederholte sie.

„Ihren Namen habe ich schon beim ersten Mal verstanden, Süße. Helfen Sie mir weiter, sonst muss ich etwas tun, was ich ungern tun würde.“

Sie holte tief Luft und suchte verzweifelt nach einem Einfall, der ihre Anwesenheit wenigstens einigermaßen plausibel erscheinen ließ. „Würden Sie mir glauben, dass ich Ihrer Haushälterin ein paar Kosmetika gebracht habe, die sie letzte Woche bei mir bestellt hat?“

Ethan Zorn hob eine Braue. „Nein, das würde ich Ihnen nicht abnehmen. Nächster Versuch.“

„Würden Sie mir glauben, dass ich Sie heimlich bewundere und Ihre Bekanntschaft machen wollte?“ Ihre Worte hellten seine einschüchternde Miene auf. Leider erschien auf seinem Gesicht ein begehrlicher Ausdruck, und Angie überlegte, ob diese Ausrede wirklich eine so gute Idee gewesen war.

„Obwohl mir die Vorstellung gefällt, von Ihnen bewundert zu werden, sagt mir etwas, dass das noch nicht alles ist.“ Er hob die Pistole, die er hatte sinken lassen. „Das waren zwei Versuche. Machen Sie noch einen letzten, und sagen Sie mir diesmal die Wahrheit, dann können Sie gehen.“

2. KAPITEL

Ethan Zorn war schon lange in dem Geschäft und hatte schon jede Menge schräger Typen getroffen. Manny Moran, genannt „Der Fleischerhaken“, zum Beispiel, und Zwei-Finger-Nick, Joey das Messer oder Goosey Lucy. Und dann war da noch dieser Junge aus dem südlichen Philadelphia, dessen Name wie „Lenny Einkaufstüte“ klang.

Jemandem wie Angie Ellison war er jedoch noch nie begegnet. Angel nannte er sie im Stillen. Irgendwie passte der Name zu ihr. Sie hatte etwas von einem Engel oder einer Fee an sich. Zusätzlich zu ihrer Schönheit, die man nur ätherisch nennen konnte, besaß sie auch noch etwas Unschuldiges. Die Menschen in dieser hinterwäldlerischen Stadt waren schon reichlich naiv, aber diese Frau überbot sie alle. Ethan wünschte nur, er wüsste, wer sie war und was sie im Schilde führte.

Eigentlich müsste sie Angst vor ihm haben. Er war immerhin bewaffnet und mit ihr eingeschlossen. Sie musste befürchten, dass er sie zu töten beabsichtigte. Jede andere Frau hätte vor Furcht kein Wort mehr herausbekommen. Angie Ellison dagegen flirtete regelrecht mit ihm. Nur so konnte er ihren Blick interpretieren, ihre Stimmlage, die Verspieltheit hinter ihren Worten. Sicher, sie versuchte, ihr Leben zu retten. Aber sie tat es so … unbekümmert. Das war ihm nicht geheuer.

Vielleicht war diese relative Unbesorgtheit darauf zurückzuführen, dass sie Einwohnerin von Endicott war. Denn eines hatte Ethan seit seiner Ankunft gelernt: Die Menschen lebten hier noch wie in der guten alten Zeit miteinander und hatten nicht die leiseste Ahnung, wie es in der Welt draußen aussah.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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