Julia Valentinsband Band 20 - Karen Rose Smith - E-Book

Julia Valentinsband Band 20 E-Book

Karen Rose Smith

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Beschreibung

DER VALENTINSKUSS von SMITH, KAREN ROSE
Ein Baby ist Corries größter Wunsch. Doch wird der attraktive Sam ihn ihr auch erfüllen? Kaum beginnt sie in seinen Armen von einer Zukunft als glückliche Familie zu träumen, taucht seine ehemalige Verlobte wieder auf. Ausgerechnet am Valentinstag ...

HERZKLOPFEN AM VALENTINSTAG von TEMPLETON, KAREN
Mercys Herz schlägt höher: Ihre große Jugendliebe Ben ist nach zehn Jahren plötzlich zurückgekehrt in die Heimat. Sofort fühlt sie sich wieder zu ihm hingezogen. Doch was empfindet er für sie? Wird er ihr am Valentinstag endlich seine Liebe gestehen?

ANTRAG AUF DEM VALENTINSBALL von WYLIE, TRISH
"Ich liebe dich", möchte Rhiannon hören - mehr nicht. Aber bis jetzt hat Kane nicht ein einziges Mal die magischen drei Worte zu ihr gesagt. Und deshalb wird sie ihn auf keinen Fall heiraten! Selbst wenn er auf dem Valentinsball vor ihr auf die Knie fällt …

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Seitenzahl: 598

Veröffentlichungsjahr: 2008

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Karen Templeton, Trish Wylie, Karen Rose Smith

JULIA VALENTINSBAND, BAND 20

IMPRESSUM

JULIA VALENTINSBAND erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-27013

© 2007 by Karen Templeton-Berger Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Maria Poets

© 2007 by Trish Wylie Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Louisa Christian

© 2008 by Karen Rose Smith Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Sarah Heidelberger

Fotos: Masterfile/E. Cölfeu

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA VALENTINSBANDBand 20 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Veröffentlicht im ePub Format im 03/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-647-0

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

KAREN TEMPLETON

Herzklopfen am Valentinstag

Ebenso kurz wie leidenschaftlich war die Romanze, die Mercy mit Ben verband. Nie hat sie diesen Mann vergessen können! Und als er jetzt nach zehn Jahren plötzlich vor ihr steht, findet sie ihn attraktiver denn je. Doch warum verließ er sie damals ohne ein Wort der Erklärung? Wird er ihr am Valentinstag endlich sein Herz öffnen?

TRISH WYLIE

Antrag auf dem Valentinsball

„Willst du meine Frau werden?“ Kane blickt Rhiannon zärtlich in die Augen, als er ihr auf dem Valentinsball seinen Antrag macht. Aber seine Traumfrau sagt … Nein! Womit kann er sie bloß davon überzeugen, dass er sie nicht aus Berechnung sondern nur aus Liebe heiraten will? Vielleicht mit einer romanti-schen überraschung?

KAREN ROSE SMITH

Der Valentinskuss

Der gut aussehende, charmante Sam ist der erste Mann, dem Corrie nach einer schweren Enttäuschung Vertrauen schenkt. Doch kaum beginnt sie in seinen Armen ihren Glauben an die Liebe zurückzugewinnen, scheint er sich plötzlich mehr für seine Exverlobte als für sie zu interessieren. Das Aus für verliebte Küsse am Valentinstag?

KarenTempleton

Herzklopfen am Valentinstag

1. KAPITEL

„Das kann doch wohl nicht so schwer sein …“, murmelte Mercedes Zamora durch zusammengebissene Zähne. Mit den Ellenbogen bahnte sie sich ihren Weg durch den riesigen Wacholderstrauch in ihrem Vorgarten, um die Sonntagszeitung einzusammeln, „… die Auffahrt zu treffen!“ Ein Zweig schlug ihr ins Gesicht und ließ sie zurückzucken. Als etwas Pelziges an ihren nackten Beinen vorbei zum Haus flitzte, schrie sie auf.

Der Kater setzte sich vor die Eingangstür und miaute zum Steinerweichen.

„Hey, es war allein deine Idee, letzte Nacht draußen zu bleiben“, sagte sie, als sie schließlich die Zeitung aus dem Busch angelte. Ihre langen Locken hatten sich inzwischen in den Zweigen verfangen. Fluchend packte sie die Haare und zerrten daran. „Ich fühle mit dir, aber ich … kann … gerade nicht.“

Stolpernd kam sie frei und plumpste auf den kalten Beton. Das tiefe, viel zu selbstbewusste Lachen eines Mannes auf der anderen Straßenseite brachte ihr Blut in Wallung. Vergessen waren die halberfrorenen Füße. Mercy wirbelte herum und zuckte zusammen.

Oh nein. Das durfte nicht wahr sein.

Zehn Jahre waren vergangen, seit sie Benicio Vargas zuletzt gesehen hatte. Ungeachtet ihrer vom hellen Licht schmerzenden Augen sah sie, dass diese zehn Jahre ihm gut bekommen waren. Dieselben breiten Schultern, dasselbe Grinsen, derselbe Übermut, und doch war er nicht mehr der fünfundzwanzigjährige Ben von damals.

Mercy war sich nicht sicher, ob sie genauer hinschauen wollte. In ihrem schäbigsten Morgenmantel und den zerzausten Haaren bot sie gewiss einen überwältigenden Anblick. Nicht, dass sie bereits zum alten Eisen gehörte. Ihre Haut war immer noch glatt, die braunen Haare schimmerten wie eh und je, und sie trug immer noch die gleiche Jeansgröße wie damals.

Ben schenkte ihr ein Lächeln, das die blinkende Weihnachtsdekoration am Haus ihres Vaters in den Schatten stellte. Ebenso wie den Christschmuck bei seinen Eltern direkt daneben.

Mercy war sich nicht sicher, was schlimmer war – dass sie früher einmal eine kurze, unvernünftige, aber sehr befriedigende Affäre mit dem Jungen von nebenan hatte oder dass sie, obwohl sie auf die vierzig zuging, immer noch in derselben Straße wohnte, in einem der Mietshäuser ihre Eltern. Aber warum sollte sie nicht in Sichtweite ihres heimatlichen Nestes bleiben, solange sie ihr eigenes Leben lebte?

Im Gegensatz zu dem Mr. World auf der anderen Straßenseite, der aus dem Nest geflüchtet und nie wieder zurückgekommen war.

Bis jetzt.

„Du siehst gut aus, Mercy“, rief Ben und zerrte einen Rucksack aus einem zum Campingbus ausgebauten Truck, sodass sie seine kräftigen Muskeln gebührend bewundern konnte.

„Danke“, erwiderte sie und presste die Zeitung an die Brust. „Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?“

Diplomatie war nicht gerade ihre Stärke.

„Hier und da“, sagte Ben und lächelte sie immer noch frech an. Hinter ihr steigerte der Kater sein Miauen zu einer ohrenbetäubenden Arie. „Ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist, um mich dafür zu entschuldigen, dass ich einfach so verschwunden bin.“

„In der Tat!“, rief sie zurück, „zumal du gerade zugegeben hast, was die halbe Nachbarschaft ohnehin schon immer vermutet hat …“ Sie zuckte die Achseln. „Weiter so! Mach dich ruhig zum Idioten.“

Unerwartet wurde sein Gesicht ernst, und der unbekümmerte Ben, an den sie sich erinnerte, schien vollkommen verschwunden zu sein. An seine Stelle war ein Mann getreten, der heldenhaft all ihren Vorwürfen standhielt.

„Es tut mir leid, Mercy!“, sagte er, und der Winterwind trug die Worte zu ihr hinüber. „Ich meine es ernst.“

Er winkte ihr zu, drehte sich um und verschwand im Haus seiner Eltern. Zitternd ging sie zu ihrer eigenen Tür, ihr Kopf brummte, als hätte ihr jemand mit der Bratpfanne eins übergezogen. Warum war er zurückgekommen?

Aber eigentlich war ihr das egal.

Der Kater, den das noch weniger interessierte, flitzte ins Haus, bevor sie die Tür ganz geöffnet hatte. Das Telefon klingelte. Sie spähte hinaus und sah ihre Mutter am Küchenfenster stehen. Den Hörer ans Ohr gepresst, bedeutete sie Mercy, den Anruf anzunehmen.

„Ja, Ma“, sagte sie, kaum dass sie den Hörer abgenommen hatte. „Ich weiß, er ist wieder da. Ich mache ihm gerade eine Dose Katzenfutter auf.“

Mary Zamora seufzte. „Nicht deine dumme Katze, Mercy. Ben.“

„Ach so, Ben meinst du. Ja, ich habe ihn gerade gesehen. Hast du eine Ahnung, warum er hier ist?“

„Um seinem Vater zu helfen, was sonst? Sein Bruder hat sich doch nach Weihnachten den Fuß gebrochen“, fügte sie hinzu. „Ja, ich weiß, du magst Tony nicht besonders …“

„Ich habe doch gar nichts gesagt!“

„… aber da er mit deiner Schwester verheiratet ist, könntest du dich etwas mehr anstrengen, ihn zu mögen. Zumindest um Nitas willen. Aber egal“, fuhr Mary Zamora fort, „jetzt, wo Tony mindestens einen Monat lang nicht fahren darf und Luis die ganzen Aufträge unmöglich allein bewältigen kann, ist Ben nach Hause gekommen, um einzuspringen.“

Merkwürdig. Vor drei oder vier Jahren war Tony sechs Wochen lang krank gewesen, und damals war Ben auch nicht nach Hause gekommen. Warum also jetzt? Mercy sprach ihre Mutter jedoch nicht darauf an.

Ebenso wenig würde sie ihr gegenüber das dumpfe Gefühl erwähnen, dass zwischen Tony und Anita nicht alles zum Besten stand. Ihre Eltern wären am Boden zerstört, wenn Anitas Ehe scheitern würde. Die beiden Familien waren seit mehr als fünfunddreißig Jahren eng miteinander befreundet, praktisch von dem Augenblick an, in dem die Zamoras in das Haus neben dem der Familie Vargas gezogen waren. Dass zwei ihrer Kinder geheiratet hatten, hatte das Band nur noch fester geknüpft.

Da Anita sich Mercy noch nicht anvertraut hatte, blieb ihr nicht mehr als dieses dumpfe Gefühl. Doch die Zamorafrauen hatten einen unfehlbaren Instinkt dafür, ob jemand unter Liebeskummer litt.

„Er sieht ziemlich gut aus, nicht wahr?“

Sie zuckte zusammen. Das war eindeutig ein Grund, warum man besser nicht in Sichtweite der Eltern wohnen sollte. Obwohl Mercys vier Schwestern alle geheiratet hatten, war ihre Mutter immer noch nicht zufrieden. Für unverheiratete, gut aussehende Männer war es gefährlich, in ihre Nähe zu kommen.

„Und du bist doch gerade mit niemandem zusammen, oder?“

„Ma, ich arbeite beinahe ununterbrochen im Laden, das weißt du doch. In den letzten zwei Jahren hatte ich kaum genug Zeit für mich. Aber ehe du dir irgendwelche Hoffnungen machst – vergiss es. Ben und ich … das wird nichts.“

Sie waren schließlich schon einmal zusammen gewesen. Sie beklagte sich nicht darüber – aber sie hatte auch kein Interesse an einer Neuauflage ihrer Beziehung.

„Mercedes“, sagte ihre Mutter. „Selbst wenn er dich damals verletzt hat, solltest du vielleicht versuchen, darüber hinwegzusehen. Eine Frau in deinem Alter … wie soll ich sagen? Du kannst es dir nicht leisten, wählerisch zu sein.“

„Im Gegenteil“, widersprach Mercy. „Ich kann es mir nicht leisen, nicht wählerisch zu sein. Und glaube mir, ein fünfunddreißigjähriger Herumtreiber, der sich zehn Jahre lang nicht zu Hause hat blicken lassen, braucht es gar nicht erst zu versuchen.“ Ungeachtet des merkwürdigen Aufruhrs in ihrem Inneren. „Ehrlich, Ma, ich bin glücklich. Das Geschäft läuft gut, ich habe ein Dutzend Nichten und Neffen, die mein Bedürfnis nach kindlicher Gesellschaft stillen, und das Alleinleben gefällt mir. Ich bin nicht einsam, nicht hier, wo ihr gegenüber wohnt und Anita und ihre Bande zwei Straßen weiter. Es gibt kein großes Loch in meinem Leben, das ich unbedingt füllen muss.“

„Aber du wärst finanziell viel besser abgesichert, wenn du verheiratet wärst.“

Mercy massierte sich die Nasenwurzel. „Und ihr könntet doppelt so viel Miete für das Haus verlangen.“

„Du weißt, dass dein Vater und ich glücklich sind, wenn wir dich unterstützen können. Aber, Liebes, es sind jetzt sechs Jahre …“

Als Mercy und ihre beiden Partnerinnen das Geschäft aufbauten, hatten sie den Gürtel ziemlich eng schnallen müssen, und ihre Eltern hatten Angst, ihre Tochter könnte nicht gut genug für sich selbst sorgen.

„Ich weiß, dass es schwierig war“, sagte sie ruhig. „Aber inzwischen läuft es gut. Wirklich, ich könnte euch mehr Miete zahlen, wenn ihr wollt. Ich bin aus dem Gröbsten raus. Und ich habe es allein geschafft. Darauf solltest du doch stolz sein.“

„Das bin ich,mija.Nita ist Krankenschwester, Carmen hat einen guten Job bei der Stadt, und du hast dein eigenes Geschäft … keine Mutter könnte stolzer auf ihre Mädchen sein, glaub mir. Aber ich mache mir Sorgen, weil du ganz allein bist. Wenn du zu lange wartest, wird es irgendwann zu spät sein.“

„Himmel, Ma … hat Papito dir heute Morgen irgendwas in den Kaffee getan? Zum letzten Mal …“, obwohl sie ernsthaft bezweifelte, dass es wirklich das letzte Mal sein würde, „… ich bin gerne allein. Ich fühle mich nicht einsam. Verstanden?“ Und als ihre Mutter schwieg, fuhr sie etwas ruhiger fort: „Früher, als alle Welt sich verliebte und heiratete und Kinder in die Welt setzte, fühlte ich mich vielleicht etwas ausgeschlossen, weil ich all das nicht hatte. Aber ich habe mich verändert. Wenn ich jemals eine Ehe in Betracht ziehen soll, dann muss derjenige schon Einiges vorzuweisen haben. Er müsste … perfekt sein.“

„Niemand ist perfekt“, erwiderte ihre Mutter. „Dein Vater ist alles andere als vollkommen. Trotzdem liebe ich ihn.“

„Als ihr euch kennenlerntet, wart ihr beide jung. Ich dagegen habe immer weniger Lust, meine Energie damit zu vergeuden, mich entweder an die Fehler eines Mannes zu gewöhnen, oder sie ihm auszutreiben. Je älter ich werde, desto weniger bin ich bereit, mich mit weniger als dem Besten zufrieden zu geben. Und glaube mir, Ben Vargas schafft es garantiert nicht in die engere Wahl.“

In diesem Moment trat der Mann aus dem Haus, um etwas aus dem Truck zu holen, und Mercy seufzte schwer.

„Nun“, sagte ihre Mutter, die Ben offensichtlich ebenfalls beobachtete, „wenn du es so siehst, dann hast du vermutlich recht.“

„Danke. Gibst du jetzt endlich Ruhe?“

„Im Moment jedenfalls. Aber sag mal, hat der Mann nicht einen wunderschönen Po?“

Mercy lachte laut auf. „Das lässt sich nicht bestreiten“, sagte sie, während sie Ben betrachtete. Die klare Wintersonne New Mexicos betonte das Kinn stärker, als sie es in Erinnerung hatte. Und seit wann hatte sie etwas für windzerzauste Haare übrig? Und – sie beugte sich ein wenig vor – für Bartschatten? „Schön oder nicht“, sagte sie, ohne den Blick abwenden zu können, „sobald Tony wieder auf dem Damm ist, wird Ben sich aus dem Staub machen … ganz der einsame Cowboy.“

Ihre Mutter kicherte. „Du beobachtest ihn auch, nicht wahr?“

Hastig wich sie vom Fenster zurück. „Natürlich nicht, sei nicht albern.“

Ma wird bestimmt hundert Jahre alt, dachte Mercy, nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte. Das bedeutete, dass sie noch vierzig Jahre lang so weitermachen kann.

Was für ein furchtbarer Gedanke!

Während er an dem kleinen Tisch in der elterlichen Küche saß, versuchte Ben die nötige Begeisterung für den mit Würstchen, Kartoffelpuffern, grüner Paprika und Rührei gefüllten Teller aufzubringen, den seine Mutter ihm vorgesetzt hatte.

„Wenn du die ganze Nacht gefahren bist“, sagte Juanita Vargas und ignorierte das Winseln der drei übergewichtigen Chihuahuas zu ihren Füßen, „solltest du nach dem Essen vielleicht ein Nickerchen machen. Ich werde deinem Vater sagen, dass er den Fernseher nicht so laut dreht, wenn er vom Golfspielen nach Hause kommt.“

Ben versuchte zu begreifen, wo das merkwürdige Gefühl herrührte, niemals fort gewesen zu sein. Schließlich lächelte er und nahm seine Gabel. „Das ist nicht nötig. Es geht mir gut.“

„So siehst du aber nicht aus. Wann hast du zum letzten Mal etwas Vernünftiges gegessen? Möchtest du noch mehr Eier?“

„Nein, Mama, wirklich nicht“, wehrte er hastig ab und schob sich eine Gabel voll in den Mund. „Danke.“

Gnädigerweise klingelte das Telefon, und seine Mutter eilte mit klappernden Absätzen aus der Küche. Eilig schaufelte Ben die Hälfte des Essens in seine Serviette und warf sie in den Müll. Lieber wollte er sterben, als ihre Gefühle zu verletzen, aber er konnte unmöglich alles aufessen.

Wie war er nur auf die Idee gekommen, dass dieser Ausflug nach Hause ihm die Ruhe geben würde, die er so dringend brauchte? Seine Mutter behandelte ihn wie ein Kleinkind, und auch der alte Konflikt zwischen seinem Vater und ihm würde sich nicht in Luft aufgelöst haben. Und zu allem Überfluss war da auch noch Mercy.

Mercy!

Ben nahm einen Schluck Kaffee und fragte sich, wie ein so kurzes Zusammentreffen eine ganze Dekade einfach so auslöschen konnte. Als er sie beobachtet hatte, wie sie mit diesem Strauch kämpfte, war er wieder der junge Kerl gewesen, der vor Verlangen nach der heißesten Frau, die er jemals getroffen hatte, fast verrückt wurde. Sie hatte sich, zumindest körperlich, ebenso wenig verändert wie das Haus seiner Mutter. Doch in diesem Fall war er froh darüber.

Er bezweifelte allerdings, dass sie noch dieselbe Frau war wie damals. Er war schließlich auch nicht mehr derselbe Mann.

Seine Mutter hatte ihm prompt mitgeteilt, dass sie immer noch Single war, aber Ben glaubte nicht, dass sie all die Jahre auf ihn gewartet hatte. Unmöglich! Sie war wütend auf ihn, das konnte er deutlich sehen.

Dabei hatte er nicht einmal ein Versprechen gebrochen. Schließlich war sie diejenige gewesen, die von Anfang an klargemacht hatte, dass es nicht von Dauer sein würde. Er wusste, dass sie wie ihre Schwestern heiraten und Kinder bekommen wollte. Aber ebenso gut wusste sie, dass ihn allein der Gedanke daran krank machte. Also hatten sie sich nie irgendwelchen Illusionen hingegeben. Doch das war keine Entschuldigung dafür, dass Ben eines Tag einfach verschwunden war, ohne ihr auch nur Lebewohl zu sagen.

Sie hatte etwas Besseres verdient, als eine aussichtslose Affäre mit einem Vagabunden, der davon überzeugt war, dass Weglaufen die einzige Lösung für ein Problem war, das er nicht einmal richtig verstand.

Es hatte ziemlich lange gedauert, bis er erkannt hatte, wie dumm diese Entscheidung gewesen war.

„Bist du schon fertig?“, ertönte die Stimme seiner Mutter neben ihm. „Möchtest du noch …“

„Nein! Wirklich nicht!“, erklärte Ben lächelnd. „Es war sehr lecker, danke.“

Sie strahlte. „Willst du noch etwas Kaffee?“

„Ja, gern.“

Nachdem sie ihrem Sohn Kaffee nachgeschenkt hatte, setzte Juanita sich zu ihm und berührte kurz seine Hand. Ihr Haar war immer noch schwarz und voll und betonte ihre ausgeprägten Wangenknochen, und das herzliche Lächeln ließ sie um Jahre jünger aussehen. „Es bedeutet deinem Vater so viel“, sagte sie leise auf Spanisch, „dass du zurückgekommen bist. Er hat dich sehr vermisst.“

Ben hob die Tasse an die Lippen und wagte nicht, seiner Mutter in die Augen zu schauen. Er hatte gewusst, wie sehr er Luis verletzen würde, aber er hätte einfach nicht hier bleiben können.

„Zehn Jahre lang warst du fort“, sagte sie, immer noch auf Spanisch. „Warum bist du nicht wenigstens in den Ferien ab und zu vorbeigekommen? Wegzugehen, um sein eigenes Leben zu leben, ist eine Sache, aber niemals nach Hause zu kommen …“ Ihr Gesicht schien zusammenzufallen, und kopfschüttelnd fragte sie: „Was haben wir getan, mijo? Dein Vater bewundert dich, er würde alles für dich tun …“

„Das weiß ich, Mama.“ Ben ergriff ihre zierliche Hand und drückte sie vorsichtig. „Ich war nur so … ruhelos.“

Das war nicht die ganze Wahrheit, aber zumindest war es auch keine Lüge. Nachdem er aus der Army ausgeschieden war, hatte er sich in seinem alten Leben hier in Albuquerque nicht mehr zurechtgefunden. Aber die Zeit verschleierte die Erinnerungen, und inzwischen wusste er nicht mehr, wann ihm der wahre Grund für seinen Weggang klar geworden war.

Aber er hatte immer genau gewusst, was er aufgegeben hatte.

Seine Mutter lächelte und sagte: „Wenn ich daran denke, wie du herumgezappelt hast, bevor du geboren wurdest, ist das keine Überraschung.“ Dann verschwand ihr Lächeln erneut. „Irgendetwas sagt mir, dass du nicht wegen Vater oder Tony hier bist, sondern deinetwegen.“

Ein oder zwei Sekunden lang sahen sie einander in die Augen, während Ben sich für die Frage stählte, die einfach kommen musste. Was hast du die ganze Zeit über getrieben?

Doch sie kam nicht. Stattdessen stand seine Mutter auf und nahm seine leere Tasse. „Was immer deine Gründe sein mögen, es ist gut, dass du …“

„Ben!“

Beim Klang der Stimme seines Vaters wandte sich Ben um. Luis Vargas stand in der Tür, die zur Garage führte, und versuchte seine hochmoderne Golfausrüstung hereinzubugsieren, ohne von den aufgeregt kläffenden Hunden Notiz zu nehmen. Ben sprang auf, während sein Vater die Golftasche fallen ließ und die Arme ausbreitete. Und schon drückte der nur wenig kleinere Mann Ben in einer herzlichen Umarmung an seine Brust.

„Ich hatte dich nicht so früh erwartet, sonst wäre ich zu Hause geblieben!“ Mit seinen kräftigen Handwerkerhänden umklammerte er seinen Sohn. In seinen Augen schimmerten ein paar Tränen. Leicht schiefe Zähne schauten unter dem struppigen Schnurrbart hervor. „Du siehst gut aus. Sieht er nicht prächtig aus, Juanita? Dios“, sagte er, während er Ben schüttelte und grinste. „Wie lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet! Hast du schon etwas gegessen? Juanita. Hast du deinem Kind etwas zu essen gegeben?“

„Ja, Pop“, sagte Ben und lachte leise. „Sie hat mich regelrecht gemästet.“

Sein Vater ließ ihn los, schüttelte den Kopf und lächelte. Ein kleiner Bierbauch wölbte sich unter der Weste. „Jetzt wird endlich alles so, wie es sein sollte, was?“ Er tätschelte Bens Arm, dann zog er ihn zu einer weiteren Umarmung erneut an sich.

Das Haus schien leicht zu beben, als die Eingangstür geöffnet wurde, gefolgt von einem unwirschen „Anita! Ich brauche deine Hilfe nicht!“

Ben versteifte sich.

Mit einem Schwall kalter Luft, die Bens erhitztes Gesicht kühlte, betraten sein Bruder und seine Schwägerin zusammen mit ihren zwei Kindern die Küche.

„Tony!“ Luis legte Ben einen Arm um die Schulter und zog ihn an sich. „Dein Bruder ist endlich zurückgekommen. Ist das nicht fantastisch?“

Tonys Blick bestätigte, dass sich auch in ihrem Verhältnis nichts geändert hatte.

2. KAPITEL

Tony lehnte seine Krücken an die Wand, ließ sich schwerfällig auf einen Stuhl sinken und streckte das eingegipste Bein von sich. Kleiner und stämmiger als sein Bruder, sah er ihrem Vater viel ähnlicher. Ein sorgfältig gestutzter Bart zierte sein rundes Kinn und verdeckte das Babygesicht, das Tony schon während der Highschool gehasst hatte. Er warf Ben einen finsteren Blick zu. „Da bist du also.“

Seine Mutter war zu sehr mit ihren Enkeln beschäftigt, als dass sie den säuerlichen Unterton in seiner Stimme wahrgenommen hätte, aber Ben bemerkte das irritierte Stirnrunzeln seiner Schwägerin.

„Fang bitte nicht damit an“, sagte sie leise, und Tony sah sie grimmig an.

„Ja, da bin ich“, erwiderte Ben. Um einer Auseinandersetzung zu entgehen, wandte er sich den Kindern zu. Seine Mutter hatte ihm regelmäßig E-Mails mit Bildern von den beiden geschickt, aber er hatte sie noch nie persönlich gesehen. Beim Anblick des schlaksigen, lebhaften zehnjährigen Jake und der schüchternen Matilda, die sich hinter ihrer Mutter versteckte, zog sich seine Brust zusammen.

„Komm her, du“, sagte Anita und streckte die Arme aus. Ihr eng anliegender Pullover betonte ihre ausgeprägten Rundungen. Ben erinnerte sich, dass Mercys Schwester niemals eckig gewirkt hatte, selbst als kleines Kind nicht. Ihre Umarmung war kurz und herzlich. „Willkommen zu Hause“, flüsterte sie, ehe sie ihn losließ.

„Du hast dich kein bisschen verändert“, sagte Ben grinsend. „Du siehst genauso umwerfend aus wie immer.“

Ihr Lachen lenkte nicht davon ab, dass ein rosiger Schimmer ihre Wangen überzog und ihre kaffeebraunen Augen mit den dichten Wimpern schmal wurden, als sie ihn kurz musterte. Braune Locken umrahmten ihr volles Gesicht. „Und du bist immer noch der geborene Gentleman! Egal … die kleine schüchterne Lady hier ist Matilda, genannt Mattie. Und das hier ist Jacob, genannt Jake. Kinder, sagt eurem Onkel Ben Hallo.“

Da Matilda sich weiterhin versteckte, begrüßte Ben zuerst seinen Neffen, der ihn skeptisch musterte. „Ich habe gehört, du spielst Baseball?“

Überrascht sah der Junge ihn an und grinste dann. „Seit der dritten Klasse. Spielst du auch?“

„So einigermaßen. Genug, um mit dir mal auf den Platz zu gehen.“

„Super! Dad ist immer viel zu müde dazu.“

„Erzähl keinen Unsinn, Jake“, sagte Tony, und Anita warf ihm einen bitterbösen Blick zu.

„Und wann hast du das letzte Mal mit ihm gespielt?“

„Um Himmels willen, Anita, ich habe ein gebrochenes Bein!“

„Ich meine, bevor …“

„Bist du der Ben, von dem Opa immer so viel erzählt?“

Das Timing seiner Nichte war einfach perfekt, und lächelnd wandte sich Ben dem kleinen Mädchen zu. Sie hatte große, schokoladenbraune Augen, braune Zöpfe und ein herzförmiges Gesicht. In den Armen hielt sie ein heiß geliebtes Kuscheltier. Ben war auf der Stelle ganz vernarrt in sie. „Was erzählt Opa denn von mir?“

Mattie drückte ihr Kuscheltier enger an sich und legte den Kopf schräg. „Er sagt, dass du immer mit Tante Rosie und Tante Olivia gespielt hast, als du klein warst.“

„Das stimmt.“ Ben ging in die Hocke und deutete mit einem Nicken auf das Ding in ihrem Arm. „Wie heißt denn dein kleiner Freund?“

„Sammy. Es ist eine Katze. Ich will ein echtes Kätzchen, aber Mama sagt, das bekomme ich erst, wenn ich sechs bin. Aber das dauert nicht mehr lange.“

„Ganz die Mutter“, sagte er augenzwinkernd und sah Anita an. „Du bist genauso hübsch wie sie.“

„Ja, das sagt jeder“, erwiderte Mattie vollkommen ernst. Sie beugte sich ein Stückchen vor, bis sie ihn fast berührte. „Mein Daddy hat sich das Bein gebrochen“, flüsterte sie, als würde sie ihm ein Geheimnis anvertrauen.

„Ich weiß“, flüsterte Ben zurück. „Darum bin ich hier, um deinem Großvater zu helfen, bis dein Dad wieder arbeiten kann.“

„Das wäre überhaupt nicht nötig gewesen“, erklärte Tony, ohne seinen Unmut zu verbergen. „Für die paar Wochen kann mich auch einer der Jungs fahren. Oder du könntest das machen“, sagte er zu Anita. Diese verschränkte die Arme und starrte ihn an.

„Ich habe dir schon gesagt, dass ich keine Zeit habe, um …“

„Und vielleicht“, mischte sich Bens Mutter ein, sichtlich bemüht, einen Krieg in ihrer Küche zu verhindern, „könntest du ein wenig Freude zeigen, dass dein Bruder wieder da ist?“

„Ja, das ist prima“, sagte Mattie und umarmte Ben. „Aber wenn du mein Onkel bist, wieso habe ich dich dann noch nie gesehen? Und bleibst du jetzt für immer hier?“

Er ignorierte ihre erste Frage, zupfte zärtlich an den Zöpfen und erwiderte: „Das weiß ich noch nicht.“

Daraufhin machte seine Mutter leise und hoffnungsvoll „Oh!“, während sein Bruder seine Krücken packte und sich hastig erhob.

„Wir müssen gehen“, sagte er. „Nita, Kinder, kommt.“

„Aber ihr seid doch gerade erst gekommen!“, rief Bens Mutter.

Luis legte Tony eine Hand auf den Arm. „Antonio. Sei nicht so.“

„Wie soll ich nicht sein, Pop?“, fragte Tony und hielt kurz inne. „Ich bin nun einmal so. Aber das ist jetzt doch ohnehin egal. Denn jetzt ist ja alles wieder gut, weil Ben wieder da ist. Kinder, kommt jetzt.“

Jake und Mattie warfen Ben einen verwirrten Blick zu, ehe Anita sie mit einem entschuldigenden Achselzucken aus der Küche schob. Langsam stand Ben auf. In die drückende Stille hinein sagte seine Mutter: „Es liegt an dem Bein, er ist nicht er selbst, du weißt doch, wie sehr Tony es hasst, so hilflos zu sein.“

Ben nahm seine Lederjacke von der Stuhllehne. Er musste sich zusammenreißen, um nicht aus dem Haus zu stürmen, in seinen Truck zu springen und auf der Stelle zurück nach Dallas zu fahren. Wie war er nur auf die Idee gekommen, allein die Zeit könnte alte Wunden heilen? Niemand hatte sich verändert, nur weil er aus dem fein gesponnenen Netzwerk der Familie ausgebrochen war.

„Wo willst du hin?“, wollte sein Vater wissen.

„Ich gehe nur etwas spazieren und schaue mich in der Gegend um.“

Luis zog die dichten Brauen zusammen. „Ich dachte, wir könnten uns später vielleicht ein Spiel anschauen oder so.“

„Ich gehe nicht weit.“ Ben mied den besorgten Blick seines Vaters und drängte das vertraute Gefühl von Ärger zurück. Zu wissen, dass man irgendetwas in Ordnung bringen musste, bedeutete nicht automatisch, dass man wusste, wie man das anstellen sollte. Er lächelte seiner Mutter zu und küsste sie auf die Stirn. „Zum Spiel ich bin wieder zurück, versprochen“, sagte er zu seinem Vater.

Vielleicht eine Stunde lang wanderte er durch die vertrauten Straßen, die Hände in den Taschen vergraben, bis er in der eisigen, trockenen Luft wieder einen klaren Kopf bekommen hatte. Die Sonne am strahlend blauen Himmel vertrieb die Nachwirkungen dieses katastrophalen Morgens und erinnerte ihn daran, warum er hergekommen war. Erinnerte ihn, dass die Entscheidung, nach Hause zu kommen, gefallen war, bevor sein Vater ihn angerufen und um Hilfe gebeten hatte.

Langsam spürte er, wie er sich etwas entspannte. Als er gerade sein Elternhaus erreicht hatte, schwang Mercys Garagentor knarrend auf.

Von der anderen Straßenseite beobachtete er, wie sie eine kleine Trittleiter heraustrug und auf dem Rasen vor dem Haus aufstellte. Inzwischen trug sie Jeans und einen hellroten Pullover, in den auch die Hunde seiner Mutter hineingepasst hätten. Sie rüttelte an der Leiter, um sicher zu gehen, dass sie stabil stand, stieg hinauf und begann, die Lichterkette der Weihnachtsbeleuchtung abzunehmen. Ihr riesiger Kater ließ sich ganz in der Nähe auf dem Rasen nieder und legte sich auf den Bauch. Sein riesiger, buschiger Schwanz zuckte hin und her, während er Ben träge anstarrte.

„Brauchst du Hilfe?“

Mercy packte die Regenrinne, um nicht von der Leiter zu fallen, und drehte sich um. Sie versuchte so zu tun, als würde sie ihn nicht auf Anhieb wiedererkennen, aber ein Blick auf dieses strahlend lächelnde Gesicht, und ihr Ärger war verflogen. Ebenso wie ihre Entschlossenheit, so zu tun, als würde er nicht existieren oder als hätte es niemals etwas zwischen ihnen gegeben.

„Nein, danke“, sagte sie und wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu, in der Hoffnung, dass er verschwinden würde. Was er natürlich nicht tat. Sie spürte seine prüfenden Blicke auf sich, als sie von der Leiter stieg, sie um einen Meter versetzte, ein weiteres Stück Lichterkette abnahm, wieder herunterstieg, die Leiter versetzte …

„Hier.“

Ben stand vor ihr und hielt den Rest der Lichterkette in der Hand. Ein Windhauch wehte durch sein dichtes Haar, das nur wenig dunkler als ihr eigenes war. Das Sonnenlicht spiegelte sich in den Fensterscheiben seines Trucks und zeichnete scharfe Schatten auf das Gesicht, das kaum noch an den unbekümmerten Jungen erinnerte, mit dem sie eine Affäre gehabt hatte. Sein Lächeln, das nicht mehr war als eine leichte Neigung der Mundwinkel, verbarg kaum die ungewohnte Ernsthaftigkeit in den feurigen dunklen Augen. Eine beunruhigende Entdeckung, die jedoch gegen ihren Willen ein Gefühl von Zärtlichkeit in ihr hervorrief.

Sie kletterte von der Leiter. „Du hast am anderen Ende angefangen.“

„Das schien mir eine gute Idee zu sein.“

„Angeber.“

Dieses verfluchte Lächeln umspielte immer noch seinen Mund, als er ihr die Kette reichte.

Mit einem wütenden Seufzer klappte sie die Leiter zusammen und trug sie zurück in die Garage. Der Kater folgte ihr, ebenso wie Ben.

Sie drehte sich um. „Wenn ich dir sagen würde, dass du gehen sollst, würdest du es tun?“

Achselzuckend ignorierte er ihre Frage. „Warum machst du die Lichterkette schon ab? Es ist noch nicht einmal Neujahr.“

Mercy und der Kater wechselten einen Blick, dann hob sie die Schultern. „Neujahr muss ich Ma helfen, ihren Kram abzunehmen, also nutze ich das schöne Wetter, um bei mir aufzuräumen. Viel ist es ja nicht, wie du siehst. Nur mein Baum steht noch, also …“

Halt den Mund, schrie ihre innere Stimme. Halt sofort den Mund! Sie presste die Lippen aufeinander und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Und was willst du schon wieder hier?“

„Ich bin nur zufällig hier. Ich habe einen Spaziergang gemacht. Aber du sahst aus, als könntest du Hilfe brauchen, also habe ich einen kleinen Umweg gemacht. Boah, ist das eine große Katze“, schloss er, als sie die Lichterkette in eine Plastikbox auf einem Regal stopfte.

„Das ist keine Katze, das ist mein Bodyguard.“

„Das sehe ich.“

Mercy schaute zu ihm hinüber und stellte fest, dass der Verräter sich an Bens Beine schmiegte. Sein großer buschiger Schwanz zitterte. Ben beugte sich vor, um ihm den Kopf zu kraulen, und sie konnte das Schnurren bis hinten in die Garage hören.

„Wie heißt er?“

„Das hängt von meiner Stimmung an. An guten Tagen heißt er Homer, aber heute neige ich eher zu Dummkopf.“

Der Kater warf ihr einen bitterbösen Blick zu und miaute kläglich. Lachend richtete Ben sich wieder auf und wischte sich die Katzenhaare von den Händen.

„Warum?“

„Weil er zu blöd ist, um zu wissen, was gut für ihn ist. Zuhause hat er es warm, er kann in meinem Bett schlafen und hat immer genug zu fressen. Aber nein, er treibt sich lieber rum, die ganze Nacht, manchmal sogar tagelang. Die Tierärztin hat gesagt, das würde sich ändern, sobald er kastriert ist, aber sie hat sich geirrt. Irgendwann kommt er dann verfilzt und hungrig zurück und bittet mich um Verzeihung.“

Schweigen.

„Wolltest du damit irgendetwas andeuten?“

„Überhaupt nicht.“

„Immerhin bin ich nicht verfilzt“, sagte er. „Oder hungrig. Dafür hat meine Mutter schon gesorgt.“

Sie drehte sich um und verschloss die Plastikbox. „Trotzdem kommst du nicht noch einmal in mein Bett.“

Merkwürdig, sie hatte gedacht, dass sie diesen Satz überzeugender rüberbringen würde. Besonders den Teil mit dem nicht.

„Ich habe also keine Chance gegen den Kater?“

Mercy schaute ihm erneut ins Gesicht, die Hände in den hinteren Hosentaschen, die Brust vorgestreckt, das Kinn erhoben. „Nie und nimmer.“

Einige Sekunden lang starrten sie sich an. Schließlich sagte Ben: „Ich könnte gut eine Tasse Kaffee vertragen.“

„Ich dachte, du gehst gerade spazieren?“

„Es war nur eine kurze Runde.“

Noch mehr verwirrende Blicke, während sie die Argumente dafür – keine erkennbaren – und dagegen – unzählige – abwog, bis sie sich schließlich entschied. Er kommt mit rein, ich gebe ihm einen Kaffee und das war’s.

Sie führte den Mann und den Kater in die Küche. „Ich schätze, du brauchst eine Pause?“

Seine Mundwinkel zuckten. „Das kannst du laut sagen.“

„Ich beneide dich nicht. Ich könnte nicht noch einmal mit meinen Eltern zusammenleben. Was machst du da?“

Ben hatte sich die Fernbedienung geschnappt und schaltete den Fernseher ein. „Ich habe schon seit Tagen keine Nachrichten mehr gesehen.“

„Dann wirst du dich wohl auch noch eine halbe Stunde länger gedulden können.“

Seufzend machte er das Gerät wieder aus und schlenderte zum Küchentresen. „Schaust du dir immer noch keine Nachrichten an?“

„Nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Ich will mich nicht ständig überwältigt und hilflos fühlen.“ Sie deutete auf einen Barhocker am Küchentresen. „Setz dich. Nimmst du richtigen oder koffeinfreien Kaffee?“

„Was denkst du?“

Ja, was dachte sie sich eigentlich dabei, diesen Mann in ihr Haus zu lassen? Sie wusste doch, dass das nicht gut gehen konnte.

Obwohl sie sich lange nicht gesehen hatten, hatte ihr Umgang etwas sehr Vertrautes. Sicher, die Atmosphäre schien zu knistern, was sie überraschte angesichts ihrer üblichen Haltung gegenüber ehemaligen Liebhabern. Trotzdem spürte sie in diesem Moment eine Verbindung zwischen ihnen, die weit über die erotische Anziehung hinausging und bei der sie sich fast behaglich fühlte.

Dabei hatte sie sich heute Morgen noch heftig über ihn geärgert – wie war es also zu diesem Stimmungsumschwung gekommen?

Sie nahm den Kaffee aus dem Schrank und warf Ben einen Blick zu. Er schaute sich um, bevor er sich ihr zuwandte. Der Anblick seiner Augen riefen eine ganze Reihe von vergessen geglaubten Erinnerungen in ihr wach.

„Ich habe gerade Jake und Mattie kennengelernt.“

„Sind sie nicht großartig? Mattie ist nicht auf den Mund gefallen, was?“

„Stimmt.“ Er klang ein wenig ehrfürchtig. „Sie hat mich gleich verhext.“

„Pass bloß auf, sonst ist es um dich geschehen.“

Ben entspannte sich ein wenig. Schließlich sagte er: „Ich kann es nicht glauben, dass du immer noch in diesem Haus lebst.“

Achselzuckend erwiderte sie: „Warum nicht? Es ist nett hier.“ Sie löffelte Kaffeepulver in den Filter und verschloss die Dose wieder. „Ich brauche nicht viel Platz, und die Vermieter kommen mir bei der Miete sehr entgegen.“

„Du hast einiges verändert. Diese Wand zum Beispiel ist … ziemlich rot.“

„Höre ich da einen leicht spöttischen Unterton?“

Um Bens Mundwinkel zuckte es. „Aber nein, ganz und gar nicht. Aber dein Vater muss doch einen Herzschlag bekommen haben.“

„Fast. Sie haben mir ewig damit in den Ohren gelegen, bis ich gesagt habe, dass sie mich ja rauswerfen können.“

Er lachte leise, dann fragte er: „Wie geht’s deinen Eltern?“

„Gut“, erklärte sie, auch wenn sie am liebsten gerufen hätte „Hör auf, mich so anzusehen!“ „Dad ist endlich pensioniert und treibt Ma in den Wahnsinn. Ihre Arthritis macht ihr zu schaffen, darum helfe ich ihr auch dabei, den Weihnachtsschmuck wegzuräumen.“

„Hängt sie immer noch das ganze Haus voll?“

„Und wie! Sie kauft sogar noch jedes Jahr neues Zeugs dazu! Für die Enkelkinder, sagt sie.“

„Wie viele sind es inzwischen?“

„Zwölf, aber Rosie ist gerade zum vierten Mal schwanger. Meine Mutter wird nicht müde, mir unter die Nase zu reiben, dass ich die Einzige bin, die keine Kinder hat. Und keinen Mann.“

Seine Gesichtszüge wurden weicher. „Kaum zu glauben, wie dumm Männer sein können.“

Mercy richtete ihre Aufmerksamkeit auf die blubbernde Kaffeemaschine. „Egal. Der Zug ist ohnehin abgefahren.“

Nach einem Schweigen, das sich zäh wie Leim dahinzog, fragte Ben: „Und was machst du so?“

Endlich spuckte die Kaffeemaschine den letzten Tropfen aus. Mercy nahm zwei Becher aus dem Schrank und füllte sie mit der dampfenden Flüssigkeit. Nachdem sie ihm seinen Kaffee gereicht hatte, lehnte sie sich an die Arbeitsplatte, weit weg von ihm, und umfasste ihren Becher mit beiden Händen. „Vor sechs Jahren habe ich mit zwei Frauen zusammen ein Geschäft für gebrauchte Kinderkleidung eröffnet. Inzwischen verkaufen wir auch Möbel und Spielzeug.“

Er hob den Becher zu einem stummen Toast. „Und der Laden läuft gut?“

„Toi, toi, toi. Seit einem Jahr haben wir sogar eine Angestellte. Und wir sind umgezogen, weil wir mehr Platz brauchten. In eines der alten Häuser in der Nähe der Altstadt.“

„Ich werde es mir bei Gelegenheit einmal anschauen.“

„Du und ein Kindergeschäft?“

„Warum nicht? Ich habe immerhin einen Neffen und eine Nichte, die ich verwöhnen muss.“ Er senkte den Blick, musterte den Rand seiner Tasse und schaute wieder zu ihr auf. „Besonders, da ich eine Menge verlorene Zeit wiedergutzumachen habe.“

„Wessen Fehler ist das wohl!“

„Könntest du nicht wenigstens versuchen, diplomatisch zu sein?“

„Wozu? Und da wir gerade davon sprechen … was genau hast du eigentlich in der Zwischenzeit gemacht?“

Seine Augen wurden schmal, und diese Bewegung ließ eine Warnglocke in einem verborgenen Winkel ihres Gehirns erklingen. „Dies und das“, sagte er schließlich. „Was sich eben so anbot.“

„Was immer das auch heißen mag.“

Er sah ihr fest in die Augen, dann sagte er ruhig: „Ich bin nicht spurlos verschwunden, Merce. Meine Familie wusste immer, wo ich war und dass es mir gut geht. Und jetzt bin ich hier.“

„Aber warum? Und komm mir nicht mit dem Märchen, dein Vater würde dich brauchen, das kaufe ich dir nämlich nicht ab.“

Ben lehnte sich auf dem Barhocker zurück und trommelte mit den Fingern auf den Tresen, als überlegte er, wie viel er ihr erzählen sollte. „Lass es mich so formulieren: Das Schicksal hat mir endlich den nötigen Tritt verpasst.“

„Um was zu tun?“

„Darüber will ich nicht reden.“ Er ließ sich vom Hocker gleiten, schlenderte ins Wohnzimmer und nahm ein Foto von Mercys jüngster Schwester Olivia mit ihrer Familie zur Hand. „Ich muss ein paar Dinge klären, das ist alles.“ Er stellte das Foto zurück und drehte sich zu ihr um. Etwas in seinem Blick versetzte ihr einen Stich.

„Ben …? Was ist los? Ist irgendetwas passiert?“

„Dir konnte ich noch nie etwas vormachen, Merce“, sagte er leise. Ein wehmütiges Lächeln umspielte seinen wunderschönen Mund. „Schon als wir Kinder waren. Ich habe mich in der letzten Zeit immer öfter gefragt, warum ich mit fünfunddreißig immer noch keine Ahnung habe, wo mein Platz im Leben ist.“

Dieses Gefühl kannte sie nur zu gut. Vor wenigen Minuten hätte sie zwar geschworen, dass sie diese Phase ihres Lebens hinter sich gelassen hatte, doch offensichtlich hatte sie sich geirrt.

Nicht nur, weil der grinsende, übermütige Kerl aus alten Zeiten sich in diesen Mann mit dem nachdenklichen Blick verwandelt hatte. Das Leben schien es nicht immer gut mit ihm gemeint zu haben, aber er war nur stärker, und vielleicht auch weiser, aus den Kämpfen hervorgegangen. In der Zeit, die nötig war, um eine Tasse Kaffee zu trinken, schien sich alles, was sie bisher über sich zu wissen glaubte, in Luft aufgelöst zu haben.

Mit einem leisen, aber aufrichtigen „Mist“ umrundete Mercy den Frühstückstresen, durchquerte den kleinen Raum, packte Bens Schulter und zog ihn zu sich herunter. Sie küsste ihn auf eine Weise, die keiner von ihnen jemals vergessen würde.

3. KAPITEL

Er war ihrem Kuss genauso hilflos ausgeliefert wie einem Meteoriteneinschlag.

Doch nichts zwang ihn, sie ihn die Arme zu nehmen und ihren Kuss begeistert und mit vollem Einsatz zu erwidern. Oder sie zu diesem abscheulich grünen Sofa zu tragen. Sicher, sein Rücken hätte protestiert, wenn er sich länger so tief zu ihr hätte herunterbeugen müssen, so klein wie Mercy war. Trotzdem, wenn er nur gewollt hätte, hätte Ben jederzeit aufhören und sich von dem weichen Mund und der sinnlichen Frau, zu der er gehörte, abwenden können.

Schließlich tat er es auch, aber nur, weil sie beide Luft brauchten. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und suchte ihren Blick, ehe er den Kopf erneut senkte, bis ihre Lippen sich berührten. Dieses Mal ging er langsam und behutsam zu Werke und entzog sich ihr, sobald sie zu gierig wurde. Zärtlich knabberte er an ihrer Unterlippe, ihrem Kinn und Hals … und erinnerte sich daran, wie es zwischen ihnen gewesen war.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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