(K)Ein Mord an Bord - Petra Karla Müller - E-Book

(K)Ein Mord an Bord E-Book

Petra Karla Müller

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Beschreibung

Einige Personen werden diese Reise nicht überleben, das steht fest. Nur, wen wird es treffen? Für viele ist es die schönste Art zu reisen, für andere ein Alptraum – Kreuzfahrten. Wird die Kommissarin Leonie Böhm auf einer Kreuzfahrt über den nördlichen Polarkreis zu ihrer verdienten Ruhe finden? Im Prinzip können die Passagiere das Leben an Bord genießen. Sie erfreuen sich der großartigen Bewirtung und dem eindrucksvollen Naturschauspiel, das sich ihnen bietet. Aber die Besatzung ist alles andere als entspannt. Karrieredenken, Alkoholmissbrauch, Gewalt, keinerlei Privatsphäre, schlechtes Wetter und Arbeit rund um die Uhr lassen die Nerven blank liegen.

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Petra Karla Müller

(K)ein Mord an Bord oder das süße Kreuzfahrtleben

Zwischen Polarmeer und Schweinegang

Dieses Buch ist bei der Deutschen Nationalbibliothek registriert. Die bibliografischen Daten können online angesehen werden:

http://dnb.d-nb.de

Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig. Inspiriert wurde die Autorin durch eine lange Seereise im Jahr 1995, seitdem haben sich die Sicherheitskonzepte der Reedereien stark verändert.

Inhaltsverzeichnis

1. Tag Anreise in Bremerhaven 5

2. Tag Erholung auf See 15

3. Tag Ålsund 49

4. Tag Svartisengletscher / Holandsfjord 67

5. Tag Tromsø 95

6. Tag Hammerfest / Honnigsvårg 120

7. Tag Erholung auf See 150

8. Tag Magdalenenbucht / Spitzbergen / Eisgrenze 175

9. Tag Longyearbyen / Spitzbergen 201

10. Tag Erholung auf See 221

11. Tag Harstad / Lofotenwand 239

12. Tag Geirangerfjord / Geiranger 257

13. Tag Bergen / By-Fjord 276

14. Tag Erholung auf See 288

15. Tag Kiel 296 Zwölf Monate später 298

Prolog

Die Bordwand hat er längst aus den Augen verloren.

Sein Körper treibt kraftlos auf den Ausläufern der Bugwelle, nur vom Luftpolster seiner aufgeblähten Jacke gehalten. Meerwasser dringt ihm in Mund und Nase. Er hustet und spuckt, ringt nach Luft – schwimmen hatte er nie gelernt.

Er nimmt nicht mehr wahr, wie die haushohe Schiffswand aus seinem Blickfeld verschwindet.

1. Tag Anreise in Bremerhaven

Tagesspruch: »Und an den Bäumen, Blatt für Blatt, hängt Urlaub. Schön, dass man ihn hat«! (Heinz Erhardt)

Ich auf einer Kreuzfahrt!, war Leonies erste erschrockene Reaktion auf ihre gewonnene Reise. Jetzt sitzt sie im Taxi nach Bremerhaven und kann es immer noch nicht ganz glauben. Kreuzfahrt, da sieht sie sich in karibischer Sonne schwitzen, völlig entspannt, nichts tun und sich von süßen Kellnern schillerndbunte Cocktails servieren lassen – das wäre nach ihrem Geschmack. Aber nein, es geht Richtung Nordland. Zum Polarkreis und nach Spitzbergen, da ist nicht nur der Hund verfroren.

Die Witzbolde ihrer Kollegen vom Kommissariat haben ihr eine Pudelmütze mit dickem Bommel auf den Weg mitgegeben. »Echt norwegisch«, haben sie gesagt. Seltsamer Humor. Aber vielleicht doch witziger als ein Rettungsring.

Es ist Fakt, es geht zu den Eisbären. Leonie hat sich damit abgefunden und zu ihrer Unterhaltung drei dicke Bücher in den Koffer gepackt. Mit den zollfreien Getränken und einem riesengroßen Bett für sich allein wird sie es aushalten und sich von den unausweichlichen Polarstürmen in den Schlaf wiegen lassen. Die Erholung wird sie gut brauchen können.

Auf der Rückbank des klapprigen Taxis sitzend, schaukeln nicht nur ihre Gedanken. Verkehrte Welt: Leonie Böhm, Hauptkommissarin, neununddreißig Jahre alt, tritt eine Luxusreise auf einem Kreuzfahrtschiff an – und das in meinem Alter!

»So, junge Frau, nach der nächsten Ecke werden sie ihr ›Traumschiff der Liebe‹ sehen«, bringt sie der Fahrer des Wagens in die Wirklichkeit zurück. Ja, Wahnsinn, da liegt es. Groß und weiß, wie es sich für einen stattlichen Urlaubsdampfer gehört. Eine Mischung aus Wehmut und Fernweh überkommt sie. Sie muss schlucken. Da soll ich ... da muss ich drauf?

Am Columbus Cruise Center in Bremerhaven ist der Teufel los. Aus jedem Reisebus steigen mindestens fünfzig erlebnishungrige und erholungsbedürftige Menschen aus. Reiseleiter in blauen Uniformen rennen durch die Menschenmassen. Privatwagen laden Eltern und Großeltern aus. Aufregung liegt in der Luft. Der Wind geht stärker als im Binnenland. Für eine Landratte riecht es hier schon nach Meer. Gepäckträger sammeln hastig Koffer ein und sorgen für den Transport zur Kabine. Auch Leonie wird schnell ihren Koffer los und ein Wegweiser führt sie zum Einschiffungsschalter. Sie folgt, wie bei einer Schnitzeljagd, den Namensschildern des Schiffes MS Golf durch die Abfertigungshallen. Sie betritt einen großen Saal. Er atmet Geschichte. Von hier aus sind hunderttausende von Auswanderern in die Neue Welt gereist. Beeindruckt von der geschichtlichen Dimension schießt ihr der Gedanke durch den Kopf, wie schön es wäre, am Anfang eines neuen Lebens und nicht nur am Anfang einer Reise zu stehen.

Sie weiß es noch nicht, aber wir ahnen es, dass es so kommen wird.

In der Schlange am Einschiffungsschalter wartend, guckt sich Leonie ihre Mitreisenden an. Freundlich aussehende, ältere Menschen, nur das eine oder andere jüngere Gesicht dazwischen lässt hoffen. Direkt vor ihr steht ein älteres Pärchen, er mit geblümtem Hawaii-Hemd und sie versucht, mit ihrer schwer beringten Hand ihre blond gesträhnte Dauerwelle zu bändigen. Sie geben sich dem Paar vor ihnen als weit gereiste Kreuzfahrer aus Düsseldorf zu erkennen. Selbst Havarien hätten sie schon überlebt, doch das lässt sie umso begeisterter auf genau jene Schiffsplanken zurückkommen. Heute soll es nun ausnahmsweise die MS Golf sein, da ihre gewohnte Suite auf ihrem Lieblingsliner nicht mehr zur Verfügung stand.

Anstrengend, ist Leonies Gedanke, solche Leute sind auf Abstand zu halten. Ich will hier meine Ruhe haben und nichts anderes. Sie versteckt sich hinter ihrer Sonnenbrille, setzt ihren arrogantesten Gesichtsausdruck auf, ihr Gesicht sagt, sprecht mich bloß nicht an. Am Schalter angekommen, gibt sie ihr Ticket ab, dankt lächelnd dem Reisemanager dafür, dass er nur die Kurzform der »Herzlich-Willkommen-an-Bord-Tour« bei ihr zum Besten gibt.

Immer noch groß, immer noch weiß liegt das Kreuzfahrtschiff an der Kaimauer. Leonie ist beeindruckt. Sie gibt es nicht gern zu.

Mit ihren bequemen Turnschuhen ist sie in wenigen Schritten die Gangway hoch und an Bord. »Es ist Flut«, hört sie jemanden sagen, mit hohem Wasserstand, deshalb der »Aufstieg« an Bord. Kaum auf dem Schiff, wird sie von einem jungen, freundlichen Bordsteward in Empfang genommen und zu ihrer Juniorsuite auf das A-Deck geführt. Die Gänge dorthin sind schmal und lang und in den seitlichen Geländern hängen vereinzelt Brechtüten.

»Hängen die dort immer?«, fragt sie den Steward und versucht gleichzeitig ihre eigene Angst vor Seekrankheit damit herunterzuspielen.

»O, nein, reine Vorsichtsmaßnahme, das hat mit schlagseitigen Windstärken zu tun. Die letzte Rücktour kam aus der Ostsee durch den Skagerrak und da schwankt es schon mal ordentlich. Durch den heutigen Personalwechsel ist sicher noch niemand dazu gekommen, die Tüten zu entfernen.«

»Müssen wir auch durch den Skagerrak?«, fragt Leonie mit dünner Stimme. Sie ist jetzt schon innerlich am schwanken.

»Nein, aber das nördliche Polarmeer ist auch nicht zu verachten«, sagt der Stewart mit einem Zwinkern im Auge. Das ist genau das, was sie nicht hören wollte.

In ihrer Kabine angekommen, entfernt sich der Steward mit einem Lächeln, ohne gleich die Hand aufzuhalten. Leonie ist bass erstaunt. Zwanzig Quadratmeter für sie allein, mit einem grandiosen Bett, auf dem Tisch ein Sektkühler mit Champagner und ein Körbchen mit Erdbeeren. Spiegelwände lassen die Kabine viel größer erscheinen. In ihnen erkennt sie sich kaum wieder. Ihre dunkelbraunen, lockigen Haare sind vom Wind zerzaust. Im großen Schrankspiegel blicken ihr ihre chronisch müden Augen hinter der hochgeschobenen Sonnenbrille entgegen. »Von dem Anblick deiner kuhbraunen Augen habe ich heute Nacht wieder süß geträumt«, war einer der Sprüche von Ralf – ihrer nun verflossenen Liebe.

Das Glas des Spiegels ist teintfreundlich braun getönt. Sonnenbräune muss sie sich noch im Deckstuhl verdienen. Sie fällt auf das Kingsize-Bett, stürzt sich auf die ersten Erdbeeren, geht ins Bad. Keine Nasszelle, ein Traumbad mit Badewanne. Raus aus den Klamotten, rein ins Schaumbad, ein Gläschen Schampus in der einen, eine Erdbeere in der anderen Hand, sinkt sie in die knisternden Fluten. Gleich wird der Wecker piepen, das kann doch alles gar nicht wahr sein. Den leichten Geruch des Badewassers nach Chlor ignoriert sie. Sie genießt das heiße Wasser und die Neugierde und die Freude auf das, was noch kommen wird.

***

Gabi Czierwitzky-Kruse ist Reiseleiterin. An Bord heißt sie einfach Gabi. Nachnamen sind hier Schall und Rauch. Ihre halblangen, blonden Haare trägt sie wegen des Seewindes meist zu einem dicken Zopf geflochten, so ist sie zu »Zopfgabi« geworden. Die Assistentin des Staff-Kapitäns heißt auch Gabi. So musste eben für die eine ein Spitzname herhalten. Mit vierunddreißig Jahren gilt Gabi schon als Oma der Reiseleitung, deshalb ist ihr »Zopfgabi« immer noch lieber als »Oma Gabi«.

Am Eingang des Columbus-Cruise-Centers sieht man Gabi, wie sie die Gäste an einem improvisierten Cocktail-Stand empfängt. Bunte Getränke mit glitzernden Stickern werden den neuen Gästen überreicht. Die Neuankömmlinge sind begeistert. So kann der Urlaub beginnen.

Gabi ist nicht ganz so begeistert. Sie tuschelt ihrem Kollegen zu: »Zur Einstimmung hätten wir Glühwein servieren sollen, und nicht diese Cocktails, die erinnern einen an Hitze und Wärme – und nicht an das raue Klima im Eismeer, dem wir bald ausgesetzt werden«.

So ganz ist Gabi noch nicht bei der Sache. In aller Frühe ist sie heute Morgen aufgebrochen. Der erste Tag nach dem Urlaub ist wie immer der längste. Auf dem Weg zum Hafen überfiel sie, wie fast jedes Mal, diese Mischung aus Angst vor der eigenen Courage und endlich geht es wieder los. Fühlt sich so Abenteuerlust an?

Auf einem Passagierdampfer den Duft der großen weiten Welt zu erleben ..., jedem der es nicht weiß, sei es gesagt: Als Reiseleiterin auf einem Schiff zu arbeiten, ist der härteste Job der Welt. Die Hierarchie an Bord ist streng. Jeder kennt jeden und beäugt jeden. Wer macht was falsch? Wer macht was richtig? Findet sich vielleicht ein kleines Seelentrösterchen für einsame Kabinennächte? So oft gibt es die allerdings nicht, denn Reiseleiter schlafen zu zweit, übereinander, in zwei kleinen Kojen, Männlein und Weiblein getrennt, versteht sich. Offiziell zumindest.

Was wird auf dieser Reise alles passieren? Klar, sie hat sich auf Imke und Hannes gefreut – das Dreamteam der Reiseleitung. Imke, das blonde Gift, das keinen an sich heran lässt, da sie sich im Urlaub zu Hause ständig frisch verliebt. Und der blonde Hannes, Excursion-Manager, tierisch kompetent und nett, manch ein zarter Kellner hat sich schon die langen Wimpern nach ihm nass geweint.

Auf dieser Reise wird Gabi wieder eine neue Kollegin kennenlernen. Sie werden sich die Kabine miteinander teilen müssen. Na, schlimmer als das »muntere Rehlein« vom letzten Einsatz kann die auch nicht werden, versucht sie sich selbst aufzumuntern.

Am Einschiffungsschalter in der Halle checken das Dreamteam, Hannes und Imke, die Passagiere ein. Der braune Lockenkopf, der neben ihnen steht, ist der Zahlmeister Berthold Töpfer. Eine nicht enden wollende, erwartungshungrige Menschenschlange steht vor ihnen.

»Herzlich willkommen an Bord. Ich hoffe, sie hatten eine gute Anreise. Bitte das Ticket und Ihren Reisepass. Der wird in der Zahlmeisterei deponiert und so werden sie während der gesamten Reise keine weiteren Ein- und Ausreiseformalitäten mehr über sich ergehen lassen müssen«.

»Nur diesen Spruch«, flüstert Imke Berthold Töpfer ins Ohr.

Hannes arbeitet mit seinem unwiderstehlichen Char-me und die alten Damen fließen nur so dahin. Drei Stunden später sind alle Passagiere an Bord. Die Hektik hat sich in freudige Erwartung gewandelt.

***

Es ist achtzehn Uhr. Die gesamte Reiseleitung hat sich im Büro zur Einsatzbesprechung versammelt. Wie immer ist es eng und alle warten auf den Chef der Reiseleitung, den Kreuzfahrtdirektor Mathias Baum. Eigentlich heißt Baum ja Käse. Aber bei seinen Ambitionen, auch als Conferencier und Entertainer und als Organisator des Künstlerprogramms, könnte ein Name wie Käse zu einer Zustandsbeschreibung werden. Also, unser Mathias heißt jetzt Baum, wobei, ein Mann wie ein Baum ist er beileibe nicht. Das Leben hat ihm hart mitgespielt und reichlich Narben in seinen Stamm gekratzt. Das erklärt womöglich seinen Hang zum Alkohol, aber entschuldigt nicht seine permanente Sauferei an Bord.

Heute fällt die Warterei nicht weiter auf, da sie sich alle vier Wochen nicht gesehen haben und es viel zu erzählen gibt. Außerdem ist man neugierig auf die neue Kollegin.

»Andrea, hast du schon auf einem Schiff gearbeitet?«, will Gabi das Gespräch mit der Neuen endlich in Gang bringen.

»Nein, aber ich war schon vorher in der Touristik. Ich bin Busfahrerin und bin die Route München–Costa Brava gefahren.«

»Was hast du gemacht? Busfahrerin? Na, dann kannst du ja mal einspringen, wenn einer unserer Ausflugsbusse ausfällt.« Hannes macht große Augen.

»Klar doch, mach ich mit links.«

Gabi denkt nur, Oh Gott, die kennt sich ja wirklich nicht aus. Sie macht gute Miene und sagt sich, das wird die nächsten zwölf Wochen die zweite Hälfte meiner Kammer sein. Tief durchatmen und durch. Sympathisch sieht sie ja aus.

Die Blicke der Reiseleiter wandern zur Kollegin Sabine. Als offizielle Freundin des Chefs wollen sie von ihr wissen, wo Mathias mal wieder steckt. Man merkt Sabine an, dass es ihr unangenehm ist, für Mathias einzustehen.

»Er wird noch einen Termin beim Kapitän haben.«

Warum muss immer der Kapitän herhalten, das glaubt ihr doch sowieso keiner mehr. Plötzlich fliegt die Tür auf und Mathias erscheint.

»Tschuldigung, ich musste noch mit Herrn Bothe über den Auftritt seiner Frau bei der Willkommensshow sprechen.«

»Oh, nein, bitte das nicht!« platzt es aus Imke raus. »Die Frau trällert, dass einem die Ohren abfallen.«

»Mensch Imke, du weißt doch, was der Reeder befielt, sei mir genehm. Die Bothes sind halt alte Stammkunden und da wird schon mal eine Ausnahme gemacht.«

Doch auch Hannes, dem Excursion-Manager, platzt der Kragen.

»Mathias, Frau Bothe ist mit ihrem Gesang in der Lage, dafür zu sorgen, dass es keine weiteren Stammgäste mehr auf der MS Golf geben wird.«

»Ach hör doch auf«, wendet sich Mathias beleidigt weg. Er ist der Ansicht, in Sachen Entertainment ist er der Einzige, der sich hier überhaupt eine Meinung bilden darf, die er persönlich dann auch akzeptiert.

***

Leonie, die »Kommissarin auf Urlaub«, schaut sich neugierig an Deck um. Das Schiff wird in Kürze ablegen. Den ersten Wodka hat sie bereits zu sich genommen, da der gut gegen Seekrankheit sein soll und man kann ja nie wissen. Auf dem Kai hat sich eine Kapelle versammelt und spielt »Muss i denn zum Städle hinaus«. Es wird gewunken. Abschied geht zu Herzen.

Das Schiff legt ab, grüßt die Daheimgebliebenen mit durchdringendem Signalhorn und stampft der untergehenden Sonne entgegen. Herzschmerz, das kann richtig schön sein, ...mein Schatz Ralf bleibt auch hier, denkt Leonie. Er kann mich mal, ich werde es mir jetzt so richtig gut gehen lassen – ohne ihn. Und als Erstes genehmige ich mir ein wunderbares Abendessen.

Im Restaurant wird sie von einer rotbackigen Stewardess zu ihrem Tisch begleitet. Sie bringt sie zu einem Fensterplatz, auch das noch. Womöglich muss man bei Wellengang entsprechend der Dünung seine Nahrung zu sich nehmen. Es war bestimmt die gute Absicht der Reederei, ihrer Gewinnerin das Beste zu offerieren. Aber das ist noch nicht alles. Ihr Herz bleibt stehen. An dem Vierertisch sitzt schon ein Paar, die Kreuzfahrer aus Düsseldorf. Na, das kann ja heiter werden. Immerhin die Gattin mit gebändigter Dauerwelle. Der vierte Stuhl ist noch frei.

Bitte nicht noch einen weit gereisten Opa, sonst werde ich oftmals eine unfreiwillige Diät einhalten müssen.

Sie machen sich bekannt, Otto und Erna Franke, Oberstudienrat a. D. samt Gemahlin. Man glaubt es kaum. Leonie sagt ihren Namen und dankenswerterweise erscheint, bevor man sie nach ihrem Beruf fragen kann, der vierte Mann. Mit großen Augen und offenem Mund starrt Leonie ihn an. Ich glaube nicht, was ich da sehe. Er ist groß, hat lockige braune Haare, Anfang dreißig, weiße Zähne, ein umwerfendes Lächeln. Na, jetzt meint es die Reiseleitung aber wirklich gut mit mir. Wie kommt der denn hier her? Auch ein Gewinner? Also bei mir steht der schon auf dem Treppchen.

Der junge Mann stellt sich mit charmantem norwegischen Akzent als Henrik, Lektor auf dieser Reise, vor. Die »Pausbacke« serviert die Vorspeise und Leonie lässt die wortgewaltigen Reiseerinnerungen der Düsseldorfer Frohnaturen einfach an sich vorüberziehen. Henrik, guter Kenner des Nordlandes und höflicher Tischnachbar, schafft es tatsächlich, dass der Herr Oberstudienrat nebst Gattin bald an seinen Lippen hängt. Leonie sowieso.

Den Rest des Abends verbringen Henrik und Leonie mit zwei wunderbaren Cocktailvariationen gemeinsam an Deck. Noch berühren ihre Hände nur das kühle Mahagoniholz der Reling am Heck des Schiffes. Ihre Blicke gehen in die Weite auf die durch Schiffsschrauben durchwühlte Nordsee.

Sollte das der erste Tag zu meinem neuen Leben sein?, träumt sich Leonie in den verhältnismäßig lauen Sommerabend.

2. Tag Erholung auf See

Tagesspruch: »Arbeit macht das Leben süß«. (Gottlieb Wilhelm Burmann) »Faulheit stärkt die Glieder«. (Ergänzung durch den Volksmund)

Ein Schiff schläft nie. Die seemännische Besatzung, das Servicepersonal und der Hotelbetrieb arbeiten Tag und Nacht. Die Passagiere können schlafen, auch ausschlafen, es sei denn, sie wollen früh in den Tag starten und sich allen Annehmlichkeiten einer Kreuzfahrt stellen, dann sollten sie den Morgenwecker in ihrer Kabine einschalten. Heute wird Gabi moderieren, denn das gehört zu ihren Aufgaben als Reiseleiterin. Sechs Uhr früh am Morgen aufstehen, bedeutet das für sie. Über ihr liegt die Neue noch gemütlich in der Koje. Gabi blickt sehnsuchtsvoll auf die schlafende Kollegin.

Nach einer Katzenwäsche verlässt sie die Kabine und eilt über die Gänge des morgendlich ruhigen Schiffes Richtung Kommandobrücke. Der Weg führt sie über das Sonnendeck. Wenn ich nicht so ein Morgenmuffel wäre, würde ich diese Stimmung lieben.

Eigentlich tue ich es ja auch. Der Wind, die klare Luft, das gleißende Sonnenlicht. Sie blinzelt in die Sonne und atmet tief durch. Sie ist froh, der durchgedrehten klimatisierten Innenluft entkommen zu sein. Belebend schlägt ihr die frische Meeresbrise entgegen.

Piet Lürsen, nautischer Offizier, führt die Morgenwache auf der Kommandobrücke von vier bis acht Uhr früh. Hammerhart! Der »Hundewache« können nur alte Hasen etwas abgewinnen. Als Gabi die Brücke betritt, steht wie immer frischer Kaffee bereit. Sie füllt sich den Becher voll, während der Offizier die Brückennachrichten für den »Fröhlichen Morgenwecker« zusammenstellt. Über den Seekartentisch gebeugt, ermittelt Piet die Daten der Position, Wind und Wetter, alles was der maritime Frühaufsteher wissen muss. Gabi hat sich einen Feldstecher genommen und sieht derweil aufs Meer. Wasser, wohin sie blickt. Sie schätzt die Ruhe auf der Brücke und mag die Stimmung am frühen Morgen. Leise gehen Kommandos vom Offizier zum Rudergänger. Leider kann Gabi nicht länger bleiben. Sie reißt sich aus der phantastischen Stimmung los. Piet drückt ihr noch die Informationen in die Hand und schon ist sie weg.

Der lange Tag beginnt. Sie geht in den kleinen Raum, der als Radiostudio dient. Vogelgezwitscher wird eingelegt und die sanfte, wohltönende Stimme von Gabi findet sich in allen Kabinen wieder. Unerfahrene Passagiere, die ihr Radio nicht ausgemacht haben, werden aus dem Bett geschmissen und zum Morgensport animiert. Erfahrene Passagiere haben das Radio ausgeschaltet und träumen weiter.

***

Die Kreuzfahrtgewinnerin Leonie rekelt sich in ihrem großen Bett. Sie macht von jeher einen Bogen um Gebrauchsanleitungen, so hat sie das Vogelgezwitscher des Morgenweckers kalt erwischt. Schön war es gestern Abend mit Henrik, richtig romantisch. Mein Gott, wie kitschig, à la Loveboat, ruft sie sich selbst zur Raison. Was hat der Taxifahrer noch gesagt? »Traumschiff der Liebe«?

Jetzt wird erst einmal gefrühstückt. Seeluft macht hungrig. Danach geht es aufs Sonnendeck. Diesen Vormittag werde ich mit Musik im Ohr im Deckchair verbringen. Meine Seele soll baumeln. Den Reiseführer kann ich ungelesen ins Bücherregal versenken. Denn nun habe ich ja meinen ganz persönlichen »Norwegen-Guide« mit Namen Henrik.

Nach dem leckeren Frühstücksbüfett – ohne Düsseldorfer Kreuzfahrergeschichten – geht Leonie direkt zum Büro der Reiseleitung, um ihre Ausflüge zu buchen. Heute Morgen sind alle auf die gleiche Idee gekommen und so bildet sich eine Schlange vor dem Counter. Ruhig Blut. Urlaub ist angesagt. Vor ihr steht ein altes Ehepaar, beide sicher schon weit über achtzig. Sie himmelt ihren Gatten aus blauen Veilchenaugen an.

»Ja, mein Hermännchen«, sagt sie mit fast schulmädchenhaftem Blick, »du hast Recht, wir sollten noch einmal einen Ausflug zum Nordkap buchen. Nach sieben Reisen werden wir doch wenigstens einmal zu sehen bekommen, wie die glutrote Mitternachtssonne am Himmel steht. Bisher kennen wir ja den Anblick nur durch die wunderschönen Postkarten.«

»Ja, mein Herz«, sagt Stammgast Hermann Bothe zu seiner Luise.

Oma Krause steht daneben, blättert durch die Postkarten und fragt Leonie, welche Karten sie am eindrucksvollsten findet.

»Ich muss das erst einmal in Natura gesehen haben, sonst kann ich das gar nicht beurteilen«, antwortet Leonie, ganz die korrekte Beamtin.

»Ach, so genau nehme ich das nicht. Reine Pflichterfüllung für die Lieben daheim. Die dürfen ruhig ein bisschen neidisch werden. Auf diese Reise habe ich fünf lange Jahre gespart. Ich freue mich wie ein kleines Kind. Ich werde jede Minute nutzen und jeden Ausflug mitmachen.«

»Jeden Ausflug!? Wird das nicht furchtbar anstrengend?«

»Ich glaube nicht, wer weiß, ob ich hier in meinem Leben noch mal wieder herkomme.«

Leonie ist irritiert. Die Tatsache, dass sich alte Leute so offensichtlich mit dem Ende ihres Lebens befassen, erschreckt sie. Doch Recht hat sie, denkt Leonie, vielleicht sollte man viel öfter im Leben begreifen, dass es sich um einmalige Erlebnisse handelt. Jeden Tag muss man genießen. Und nicht immer daran denken, was nicht ist. Nicht immer streben nach besser, weiter, höher. Genießen, das ist es!

Noch in ihre Gedanken vertieft wird Leonie von Imke, der Reiseleiterin, die letzte Nacht offenbar mit ihren Haaren in einen roten Farbeimer gefallen ist, angesprochen.

»Haben Sie sich Ihre Ausflüge schon ausgesucht, Frau Böhm? Wir haben sonst auch noch ein ausführliches Informationsblatt und heute Nachmittag wird unser Lektor einen Vortrag über die Ausflüge halten.«

»Hm, Lektor, das ist gut, das nehme ich«.

Leonie möchte schnell an die frische Luft. Mit dem Infoblatt unter dem Arm, Sonnenmilch und Pulli in der Hand, lässt sie die verdutzte Imke stehen und geht hoch aufs Sonnendeck. Sie sucht sich ein abgelegenes Fleckchen, denn so dicht an dicht mit den anderen »Ölsardinen« möchte sie nicht liegen. Die Luft tut gut und direkte Sonne ist sowieso nicht gut für den Teint. Sie zieht ihr Strandkleid über den Kopf, richtet das Oberteil ihres Bikinis und schmiert sich ordentlich mit Sonnenmilch ein. Sie beobachtet, wie ein älterer Mann über seine Sonnenbrille hinweg ihr zublinzelt. Sie fühlt sich geschmeichelt. Ihre Taille ist schlank und ihr Busen von jeher vorzeigbar. Inzwischen glänzt sie wie eine Speckschwarte, aber lieber das, als wie ein Hummer auszusehen, kurz bevor er serviert wird.

***

Nach dem Frühsport hat sich die »sportliche Busfahrerin« Andrea in ihrer Kabine wieder in ihre Reiseleiter-Uniform gezwängt. Sie ist begeistert über die Epauletten an ihrer Bluse. Sie glaubt, sie bekommt dadurch etwas »Offizielles«. Man fühlt sich ganz anders in Uniform. Schade, dass die Passagiere nicht zum Grüßen verpflichtet sind, wenn sie mich so sehen, denkt Andrea. Leider ist es eher anders herum, denn wenn sie nicht höflich grüßt, wird sie ihren Abschied nehmen dürfen. Aber noch einmal wird ihr das nicht passieren. Bei dieser Stelle wird sie durchhalten, komme was da wolle.

Voller Elan schnappt sie sich ihre Rettungsweste und geht zum verabredeten Treffpunkt am Schwarzen Brett. Ihre Kollegin Sabine erwartet sie schon. Mit Unterstützung der Deckpläne will Sabine ihrer neuen Kollegin die Hintergründe der international vorgeschriebenen Seenotrettungsübung erklären.

»Andrea, da bist du ja endlich. Es geht gleich los. Der Kapitän hat die Übung vorverlegen lassen, damit der Überraschungseffekt bei den Passagieren größer ist.«

»Ja, aber wissen die Gäste die Zeit nicht bereits?«

»Ja eben, es ist im Bordprogramm angekündigt. Aber der genaue Zeitpunkt kann natürlich variieren. Die Titanic hat auch nicht Rücksicht auf das Tagesprogramm genommen.«

»Was habe ich denn bei der Übung zu tun?« fragt Andrea nun doch etwas kleinlaut.

»Das weißt du noch nicht? Hast du etwa die Erläuterungen an deiner Kabinentür nicht gelesen?«

»Was soll ich denn noch alles als Erstes machen?«, jault Andrea.

»Ja, siehst du, du bist da auch nicht besser oder schlechter als die Passagiere. Die gucken auch nicht, was sie tun sollen und wohin sie gehen müssen, wenn das Signal ertönt. Und deshalb gibt es diese Bestimmung, dass die Übung in den ersten vierundzwanzig Stunden auf See durchgeführt werden muss. Was nützt es, wenn es am achten Tag der Reise stattfindet und das Schiff ist schon am Dritten abgesoffen?«

»Ha, ha«, fällt Andrea als Kommentar zu diesem blöden Scherz nur ein und verdreht die Augen.

Wie auf Stichwort ertönen die Alarmzeichen, sieben kurze Töne und ein langer Ton. Er geht durch Mark und Bein. Andrea ist wie erstarrt, bis ihr der rettende Gedanke durch den Kopf schießt: Es ist eine Übung!

»Komm, los«, versucht Sabine Andrea zu bewegen. «Komm endlich, wir sind für den Ballsaal eingeteilt.«

Als Sabine und Andrea in den Ballsaal treten, ist Christoph, der junge nautische Offizier und Sicherheitsexperte, bereits da. Er kämpft mit der Mikrophonanlage.

»Komm«, sagt Sabine, »ich zeige es dir. Du darfst nicht gleichzeitig auf die beiden Knöpfe drücken.«

Unterdessen füllt sich der Ballsaal mit den ersten Passagieren. Einige haben die Rettungswesten übergezogen, andere tragen sie in der Hand. Es sieht ulkig aus, wenn die Passagiere mit diesen dicken, roten Westen umherziehen. Aber wenn es hilft?

Gemeinsam mit dem Sicherheitsoffizier und Andrea steht Sabine auf der Bühne und macht vor, wie die Lebensrettungsweste korrekt angelegt wird. Christoph ist seltsam nervös und lässt sich für die Vorführung die Stichworte von Sabine geben. Andrea fragt sich, was er bloß hat. Der Alarm, die Hektik, und das Ausprobieren der Trillerpfeifen an den Rettungswesten hat auch sie nervös gemacht. Zusätzlich fühlt sie sich von Sabine beobachtet. Selbst die Passagiere kommen ihr wie träge rote Käfer vor, die sich langsam auf sie zu bewegen.

Doch für Sabine scheint das alles Routine zu sein.

***

Leonie hat es sich in ihrem Liegestuhl auf dem Sonnendeck wieder gemütlich gemacht. Die Seenotrettungsübung wollte sie eigentlich schwänzen, doch da kennt die Besatzung kein Pardon. Sie musste, wie jeder andere Passagier, ihre Weste holen, sich einen Vortrag anhören und dann zum Platz ihres Rettungsbootes gehen. Es ist verdammt eng, wenn alle in dicken Westen herumlaufen, doch irgendwie auch lus-tig und natürlich wichtig, wie sich Leonie selbst ermahnt hat. In ihrer Gruppe tauchen auch Otto und Erna Franke auf, ihre Tischnachbarn aus dem Restaurant. Als alter Routinier macht Otto natürlich Fotos von »ihrem Untergang«.

»So ein gutes Licht«, wird er nicht müde zu betonen.

»Frau Böhm, stellen Sie sich doch bitte mal neben meine Frau.« Leonie legt übermütig den Arm um Frau Franke und lacht in die Kamera. Es ist Urlaub, denkt sie und macht den Spaß mit.

Nun liegt sie wieder in ihrem Liegestuhl, blickt in den Himmel und auf das Meer und seufzt: So schön hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Das Schiff stampft gleichmäßig vor sich hin, die Maschinengeräusche machen sich durch ständiges Brummen bemerkbar. Ein sattes Geräusch, das beruhigt. Leonie ist eingeschlafen und träumt. Die Träume zeigen ihr Bilder, die sie vergessen wollte. Die Spurensicherung beim Einsatz, eine junge Frau liegt erschossen am Boden, sie konnte ihren Mördern nicht entkommen, sie wollte fliehen und wurde umgebracht. Mädchenhandel – eine grausame Welt.

Diese furchtbaren Bilder tauchen oft in Leonies Träumen auf. Eine Möwe kreischt. Leonie schreckt auf und ist froh, dass sie nicht mehr träumt. Sie will nicht an die Arbeit denken. Ausspannen, Ruhe haben, das ist es, was sie will. Als sie sich in ihrem Liegestuhl hochrappelt, entdeckt sie ihren Tischpartner Henrik am Pool stehend, der sich mit einer Reiseleiterin unterhält. Sie winkt ihm fröhlich zu, dann schnappt sie sich voller Enthusiasmus ihren 900-Seiten-Liebesschmöker und versinkt in die Welt der australischen Kolonialzeit. Es wird frisch, trotz der Affenhitze in ihrem Buch. Leichte Wolken ziehen über der Nordsee hoch und Leonie legt sich ihr Strandkleid um die Schultern und sie bekommt Gänsehaut. Plötzlich wird es so finster, dass sie ihren Blick vom Buch hoch nimmt und gegen die vermeintlich verschwundene Sonne blickt.

»Henrik, der Sonnenschein«, rutscht ihr durchaus vorwurfsvoll raus. Henrik grinst nur.

»Eine seltsame Wettervorhersage. Ich habe eher den Eindruck es frischt auf. Komm, lass uns gehen. Ich zeig dir das Schiff.« Er reicht ihr die Hand und zieht sie aus ihrem Liegestuhl hoch. Frau Kommissarin ist Feuer und Flamme und bedauert, dass sie sich nicht das fettfreie Sonnengel ins Gesicht geschmiert hat. Was soll’s? Diesen leicht glänzenden Anblick wird er kennen. Womöglich ist er sowieso nur im Auftrag der Reederei höflich zu mir? Oder waren es doch meine unwiderstehlichen Blicke, die ich ihm gestern Nacht voll der guten Cocktails zugeworfen habe? Leonie schiebt die negativen Gedanken schnell wieder weg.

Sie starten ihren Rundgang auf dem Promenadendeck. An der Poolbar kann sich Leonie gerade noch zurückhalten, Henrik vorzuschlagen, einen kleinen Wodka gegen Seekrankheit zu sich zunehmen. So stürmisch ist es nun auch wieder nicht. Henrik zeigt ihr die Lidobar. Sie wirkt wie ein ungezwungenes Beach Hotel. Riecht nach Sommer und Sonne. Das gefällt Leonie. Als sie in den Hanseaten-Club kommen, ist sie erst recht beeindruckt: Gediegene, lederne Clubsessel auf dicken Teppichen, schwere Vorhänge an den Wänden und eine stattliche Bibliothek hinter Glas in Mahagonischrankwänden. Ein großer Konzertflügel bestimmt den Raum. Wohltuende Gemütlichkeit strahlt hier aus.

»Komm«, sagt Henrik und stört Leonie bei ihren innerlichen Begeisterungsstürmen. Derweil betritt eine attraktive Frau um die Fünfzig durch einen Seiteneingang den Clubraum.

»Hallo Marie-Helen«, begrüßt der Lektor seine Kollegin. »Darf ich vorstellen: das ist unsere Konzert- und Bord-Pianistin aus Réunion und das ist Leonie Böhm, unsere glückliche Gewinnerin.«

»Ach Henrik, das muss nun wirklich nicht überall herumposaunt werden.«

»O.k., o.k., ich halte dicht« verspricht Marie-Helen.

»Bye, ich muss los, zum Künstlermeeting. Bis später.«

»Henrik, dieser Raum ist bezaubernd. Hier kann man sich wunderbar zurückziehen und die Welt draußen lassen.«

»Warte ab, bis du unseren Ballsaal siehst, da wirst du erst staunen.«

Sie gehen durch ein enges Treppenhaus ein Deck tiefer, öffnen eine schwere Feuertür und gelangen in den Ballsaal, in dem bereits die Proben für die große Willkommensshow laufen. Der Raum ist grandios. Rechts und links sieht man durch die großen Fenster das Meer vorbeiziehen und viele gemütliche Sessel in rot-goldenen Stoffen sind zu vielen kleinen Sitzgruppen zusammengestellt.

Wie muss der Raum erst abends im Scheinwerferlicht glänzen?, denkt Leonie erwartungsvoll.

»Was meinst du«, will Hendrik wissen, »hast du Lust, mit mir einen Tee in der Offiziersmesse zu trinken?«

»Ja, geht denn das? Na klar, habe ich Lust. Die Hinterzimmer interessieren mich schon von Berufs wegen«. Na nun ist es raus, so ein Mist. Jetzt wird er mich fragen, was ich beruflich so treibe. Und ich habe keine, wirklich absolut keine Lust über meinen Job zu reden.

Aber Henrik fragt nicht nach.

Sie gehen das große Treppenhaus ganz nach unten und Henrik öffnet eine Seitentür, die Leonie überhaupt nicht bemerkt hat. Er hält ihr die Tür auf. Sie muss über eine hohe Schwelle steigen. Hier ist alles ganz anders. Auf diesem Flur liegen die Kabinen der Besatzungsmitglieder. Drei Betten in einer Kammer. An den Wänden erkennt man, dass es sich hier um ein Schiff aus Eisen und Stahl handelt. Keine dicken Teppiche mehr, Linoleumbelag. Keine stoffbespannten Wände, an diesen Wänden hängen rote Feuerlöscher und Schwarze Bretter mit Dienstplänen und Sicherheitsregeln. Was ist zu tun bei Feuer?

»Kommt das vor?«, fragt Leonie besorgt.

»Was?« fragt Henrik und folgt ihrem Blick. »Ja«, sagt er, »öfter als man denkt. Deshalb ist es für die Crew auch verboten, in ihren Kammern zu rauchen. Sie können hier unten so ziemlich alles machen, aber wer bei einer Stubenkontrolle beim Rauchen erwischt wird, geht im nächsten Hafen von Bord.«

»Wirklich? Das sind ja harte Methoden. Wie hältst du das aus?«

»Als Lektor habe ich Passagierstatus, wie alle Künstler an Bord. Und das bedeutet eine klitzekleine, aber eigene Kabine auf dem Sonnendeck, die ich mir nicht mal mit einem Kollegen teilen muss.«

»Gott sei Dank«, platzt es aus Leonie heraus. Henrik guckt sie überrascht an.

»Wird man hier unten nicht zum Psychopathen, wenn man so dicht aufeinanderhocken muss?«

Die Vorstellung, sich wochenlang mit Kollegen auf engstem Raum das bisschen Privatheit zu teilen, ist für sie ein Graus.

»Ganz so dramatisch ist es nicht«, beruhigt sie Henrik, »hier geht es schon locker zu; hier wohnen die Leute vom Servicepersonal. Die meisten sind jung, Anfang zwanzig. Sie nehmen es als Herausforderung an. Wenn sie nach ihrem Einsatz auf einem Luxusliner wieder von Bord gehen, haben sie die Chance, in jedem guten Hotel der Welt einen anständigen Job zu kriegen. Der eine oder andere, der es nicht aushält, steigt halt schnell wieder aus. Kabinenkoller kann vorkommen, muss aber nicht. Vieles hier wird auf die Grundbedürfnisse reduziert. Essen, Trinken, Arbeit, Sex. Die Sehnsucht nach körperlicher Nähe treibt hier manchmal seltsame Blüten. Aber das ist eine andere Geschichte.«

Leonie horcht auf, aber eigentlich will sie es so genau gar nicht wissen. Von Problemen will sie ein paar Tage einfach nichts hören.

»Sei vorsichtig«, sagt Henrik, »jetzt kommen wir zum Schweinegang.«

»Nein, du willst mir nicht weismachen, dass es hier an Bord lebendige Schweine gibt.«

»Nah, zumindest keine Vierbeinigen. Nein, nein, so weit geht der Chefkoch mit seinem Frischeanspruch nicht.«

»Schau dich um. Rechts und links sind die Ausgangspforten, du befindest dich bereits im Schweinegang, der so genannten B-Deck-Luke. Hier wird das Schiff be- und entladen. Alles geht hier durch. Lebensmittel, Koffer, neue Möbel und natürlich auch alles was von Bord soll. Müll, Gepäck und auch schon mal ein Zinksarg.«

»Nun ist gut«, sagt Leonie. »Hier ist es wirklich nicht gemütlich. Der Eisenboden ist schmierig und glitschig, da kommt man sich in der Tat schnell wie in einem Schweinestall vor.«

»Nur noch ein paar Schritte«, erklärt Henrik, »dann sind wir in der Offiziersmesse. Dort steht 24 Stunden lang Tee und Milch bereit.«

Sie betreten einen schlichten Raum mit drei Esstischen vor Eckbänken. Beide Bullaugen lassen wenig Licht herein. Leonie ist enttäuscht, diesen Raum hatte sie sich eindrucksvoller vorgestellt. Alles ist sehr zweckdienlich eingerichtet, maritime Deko so gut wie nicht vorhanden. Das einzige klassische Stück in diesem Raum ist ein mindestens ein Meter breites Schiffsmodell in einem umgedrehten Aquarium. Praktisch, so kann es nicht vollstauben. Im Raum ist keine Menschenseele. Doch Leonie kommt sich wie ein Eindringling vor. Sie trinkt schnell ihren Tee und drängelt Henrik zum Aufbruch.

Fast zwei Stunden waren sie unterwegs, treppauf, treppab durch das ganze Schiff. Leonie hat eine völlig neue Welt entdeckt. In dieser strahlenden Urlaubswelt herrscht eine straffe Ordnung. Ihr da oben, wir da unten.

»Noch weiter in den Schiffsrumpf kann ich mit dir nicht gehen«, sagt Henrik. »Für den Maschinenraum gibt es Führungen durch den Chief, den leitenden Ingenieur. Das lässt er sich nicht nehmen. Nun kommen wir zur wichtigsten Station unseres Rundganges«, trällert Henrik etwas albern. »Das Allerheiligste: Die Kommandobrücke.«

Leonie ist plötzlich ganz aufgeregt. Die Schaltzentrale der Polizei kann sie nicht mehr beeindrucken, aber hier auf dem Schiff ist das etwas anderes. Einen Kapitän auf der Brücke zu besuchen ist romantisch. Doch Pech gehabt, der Kapitän ist gar nicht da.

»Ja, geht denn das?«, fragt Leonie ganz ungläubig.

»Wo ist denn der Kapitän? Das Schiff fährt doch.«

Henrik beruhigt sie und stellt sie dem 1. Offizier Georg Hansen vor. Der freut sich über den hübschen Besuch auf der Brücke und klärt Leonie auf, dass der Kapitän persönlich nicht vierundzwanzig Stunden auf der Brücke stehen kann, dafür hat er seinen Mitarbeiterstab. Er drückt Leonie ein Fernglas in die Hand und lässt sie durchgucken. Die norwegische Küste ist nicht mehr weit.

Leonie ist begeistert von der Atmosphäre auf der Brücke. Sie nimmt das durch den Raum gleißende Sonnenlicht wahr und die Kommandos an den Rudergänger – einen jungen philippinischen Matrosen. Ein weiterer Offizier steht vor dem Echolot.

»Hier gefällt es mir«, sagt sie zu Herrn Hansen. »Darf ich mal wiederkommen?«

Er nickt. »Nur zu.«

Als Leonie und Henrik von der Brücke aufs Außendeck treten, kommt ihnen unverkennbar der Duft nach Mittagessen entgegen.

»Schade«, sagt Henrik.

»Wieso schade, das riecht doch köstlich.«

»Ja sicher, aber das bedeutet Mittagszeit und damit ist für uns die Küche tabu.«

»Macht nichts, kochen wollte ich hier sowieso nicht.«

»Ich hätte dir mit Vergnügen die Küche und die Vorratsräume gezeigt. Das Unglaublichste, was du dort sehen kannst, ist ein Kaviartresor.« Leonie runzelt die Stirn.

»Du, Kaviar ist inzwischen wertvoller als manches Schmuckstück, das beim Zahlmeister im Tresor abgelegt wird. Den Kaviarraum musst du dir weiß gekachelt vorstellen, erinnert eher an einen Operationssaal und ist verschlossen wie ein Hochsicherheitstrakt. Echt irre die Ansammlung der vielen blauen und roten Dosen dort drin.«

»Schade, das hätte ich doch gern gesehen.«

»Auf jeden Fall wirst du beim Welcome Dinner Sevrugakaviar zu essen bekommen. Aber jetzt geht es erst einmal zum heutigen Mittagsmahl, das dürfen wir uns nicht entgehen lassen. Wir sollten das Büfett des Lidodecks stürmen, da ist der Dress-Code legerer«, schlägt Henrik mit Blick auf Leonies Strandkleid vor. Sie ist ihm dankbar für den kleinen Tipp. Auf hochgezogene Augenbrauen von »Pausbacke« für ihr nicht standesgemäßes Auftreten im Restaurant ist sie nicht scharf.

Die beiden »Schiffseroberer« sind rechtzeitig am Büfett. Leonie ist hin und weg. Alles, was lecker und nach Meeresfrüchten aussieht, landet nach und nach auf ihrem Teller. Henrik schaut ihr begeistert beim Essen zu. Gott sei Dank, nicht so ein Dämchen, das nur im Essen herumpickt. Er mag Frauen, die genießen können ...

Nach dem Essen muss Henrik sich verabschieden.

»Die Pflicht ruft. Wir sehen uns.«

Wie bald schon?, denkt Leonie. Sie hat das Tagesprogramm studiert und weiß dadurch, dass um sechzehn Uhr »ihr Augenstern« einen Diavortrag über die »Schönheiten des Nordlandes« halten wird. Wird sie da in Zukunft auch eine Rolle spielen?

***

Gabi hat ihr Morgenwecker-Radioprogramm frisch und munter hinter sich gebracht. Morgens in aller Frühe glaubt sie nie daran, die Zähne je auseinander zu kriegen. Sie muss sich ein Herz nehmen und sich mental einen Tritt verpassen, dann funktioniert es. Es ist geschafft. Sie sitzt am Frühstückstisch in der Lidobar, ist stolz auf sich, trinkt ihren Kaffee und schaut zu, wie ihre neue Kollegin Andrea mit einigen wackeren Passagieren an ihrem Fenster vorbeijoggt.

Peinlich, peinlich. Gabi wird immer noch übel, wenn sie an ihre eigenen Erfahrungen zum Thema Frühsport denkt. Als bei einem ihrer ersten Einsätze eine Kollegin krank wurde, musste sie den Frühsport übernehmen. Dieser Job war ihr ganz persönlicher, privater Untergang. Doch das Schicksal sollte es vorerst gut mit ihr meinen. Am verabredeten Treffpunkt erschien kein bewegungswilliger Passagier. Wenn ihr nicht wollt, auch gut, auf zum Frühstückstisch. Bacon and Eggs, lecker. Der Tag wurde mehr und mehr ihr Freund und dann ... die säuselnde, charmante Durchsage von Hannes: »Einundfünfzig, bitte direkt ins Reiseleiterbüro.«

Nein, nur das nicht. Alles wehrte sich innerlich in ihr. Sie war die Einundfünfzig. Und was wird nun mit den Spiegeleiern mit brutzlig-brauner Kante? Gebraten um wieder kalt zu werden, was für ein Schicksal. Gabi machte sich auf den Weg und Hannes scheuchte sie zum Sonnendeck, auf dem eine frühsportbegeisterte alte Dame sich austoben wollte.

»Hallo und guten Morgen. Wir sind ja ein ganz kleines Trüppchen! Gut, dann machen wir heute ihre ganz persönlichen Lieblings-Leibesübungen. Sie beginnen und dann powern wir gemeinsam drauf los.«

Selbst heute kann sie nur schief lächeln, wenn sie an diese Geschichte denkt. Es war ihr unsäglich peinlich. Sie kannte nicht eine einzige Turnübung, die sie der alten Dame anbieten konnte.

Schnell trinkt Gabi den letzten Schluck aus ihrer Kaffeetasse und erhebt sich. Heute steht viel auf dem Programm. Nach der Rettungsübung muss sie sofort ins Künstlermeeting. Einige Künstler sind das erste Mal an Bord. Die »Blue Band« und eine klassische Pianistin. Gestern bei der Kabinenvergabe wurde bloß kurz hallo gesagt, denn die Band musste sofort aufbauen, da abends schon getanzt werden sollte, und die Pianistin Marie-Helen saß bereits nachts im Hanseaten-Club am Flügel.

Gabi freut sich auf die Arbeit mit den Künstlern. Die jüngeren von ihnen sind hellauf begeistert, dass sie für das Bordprogramm engagiert wurden, und verbinden ihre Arbeit damit, sich die Welt anzusehen. Bei den Älteren überwiegt Abgeklärtheit. Einen Wermutstropfen gibt es bei dieser Reise. Monika Berger ist wieder an Bord, ihres Zeichens Koloratursopranistin. Eine im Prinzip nette ältere Opernsängerin, allerdings mit Primadonna-Allüren. Keiner traut sich ihr zu sagen, dass ihre Stimme nicht mehr für Koloraturen taugt. Tragisch! Die Gäste, die bei ihren Auftritten den Saal verlassen, sind wahrscheinlich müde, meint die Primadonna uneinsichtig. Der Reeder ist im Bilde. Gerüchte behaupten, es handele sich um eine Jugendfreundin von ihm. Wenn sie sich sehen, wird gesäuselt und an gute alte Zeiten erinnert und nicht gesungen.

***

Das Künstlermeeting wird gleich beginnen. Es ist zehn Uhr dreißig. Um pünktliches Erscheinen wird gebeten. Gabi öffnet die bei Proben geschlossene, schwere Feuertür zum Ballsaal. Der hinreißende Anblick wirft sie immer noch um. Selbst wenn kaum Menschen im Raum sind, strömt er etwas Heiteres aus. Die Strahlen der Morgensonne gleiten über die Möbel. Es riecht angenehm. Sie bildet sich gern ein, dass diese geniale Duftmischung aus den schweren guten Parfüms der Damen und der eleganten Duftnoten der männlichen Aftershaves herrühren. Leider ist es viel profaner. Dem Raum wird durch die Klimaanlage eine Duftkomposition zugesetzt, die einen wirklich überrascht. Gabi kann nicht sagen, wonach es riecht. Der Techniker hat gepetzt und gesagt, auf der Verpackung stände Harmonie. »Nomen est omen«, die gute Absicht zählt, es ist einfach nur wunderbar.

Rechts neben der Bühne haben es sich die Künstler bequem gemacht. Nikos von den »Trio Dancers« macht den Clown. Er erzählt Witze und lässt sich von den anderen belachen. Die Stimmung ist gut, wenn sie unter sich sind. Unser Chef-Entertainer Mathias Baum-Käse ist noch nicht eingetrudelt. Er ist ja so busy ..., sicher noch beim Kapitän.

»Hallo Jungs und Mädels, wie geht’s, gut drauf? Alles Bestens, lasst uns los legen, die Zeit ist knapp«, tönt es quer durch den Saal. Mathias hat seinen Auftritt.

»Wir sind ein tolles Team, unser Programm wird auf dieser Reise grandios werden und jeder für sich ist ein Star. Aber bitte keine Starallüren«, unterstreicht er mit einem hämischen Lachen seinen Vortrag.

Die stehen nur einem zu, denkt Gabi, dem Chef himself. Aber sie kennt ihren Kreuzfahrtdirektor und Chef-Entertainer schon länger und wenn es mal wieder zu bunt wird, beruhigt sie sich damit, dass er bei seinem Lebenswandel bestimmt mal volltrunken über Bord gehen wird oder von einem eifersüchtigen Gast erschlagen wird. Also nur Geduld, ermahnt sie sich.

Währenddessen schwärmt Nikos über die neuen Kostüme der Tanztruppe. Las Vegas lässt grüßen. Der brillante Zauberer Timothy Gordon aus Stuckenborstel, nicht aus Las Vegas, kündigt für seinen Soloabend eine Assistentin an, die aber erst in Norwegen an Bord kommen wird.

»Sag bloß«, kommentiert Mathias diesen Hinweis, mit Zauberern hat er es nicht. Und mit diesem speziell schon mal gar nicht. Der Alleinunterhalter mit der Hammondorgel. Alexander Erhard macht seinen Diener und verabschiedet sich gleich wieder. Er muss zur Elf-Uhr-Bouillon auf dem Pooldeck aufspielen. Alex ist so sanft und unauffällig. Eine feste Größe an Bord, sieht alles, hört alles, ist bis zu zehn Monate am Stück im Einsatz. Bis in die tiefen Nachtstunden hinein spielt er mal muntere, mal verschmuste Melodien aus seinem schier unerschöpflichen Repertoire. In ganz seltenen Augenblicken lässt er sich mal auf ein Gespräch mit seinen Kollegen ein und plaudert aus dem Nähkästchen. Als Junge war er auf die schiefe Bahn geraten, hatte sich in den frühen Siebziger Jahren beim Haschisch-Dealen erwischen lassen. Obendrein war er mit gepanschtem Stoff gelinkt worden. Er befürchtet, dafür verantwortlich zu sein, dass von seinen »Kunden« einige auf harte Drogen umgeschwenkt sind. Er ist ein stiller Mensch.

Alleinunterhalter spielen, bis der letzte Passagier ins Bett gegangen ist.