Kalte Sophie - Isabel Rohner - E-Book

Kalte Sophie E-Book

Isabel Rohner

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Beschreibung

Seit ihrem letzten TV-Auftritt hat die eigenwillige Krimiautorin Linn Kegel einen Shitstorm am Hals. Ihr Verleger tobt, das Handy klingelt in einer Tour – da kommt der Vorschlag von Freundin Bettina Heidenreich gerade recht, sich nach Osnabrück zur Galerieeröffnung einer Tante zu retten. Als dort nach einem Stromausfall zuerst das Gemälde »Kalte Sophie« und dann auch noch die Kunsthistorikerin Paula Zwiesel spurlos verschwinden, wittert Linn Kegel nichts Gutes und nimmt die Verfolgung auf … Isabel Rohner, Begründerin des »feministischen Kicherkrimis« und Co-Host von »Die Podcastin«, entlarvt gewohnt humoristisch die patriarchalen Abgründe von Kunstwelt und Wissenschaft.

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Isabel Rohner

KALTE

SOPHIE

Kriminalroman

ULRIKE HELMER VERLAG

 

 

ISBN (E-Book) 978-3-89741-916-2

ISBN (Print) 978-3-89741-458-7

CRiMiNA ist ein Imprint des Ulrike Helmer Verlags, Sulzbach am Taunus

© 2023 Copyright Ulrike Helmer Verlag,Sulzbach am Taunus

Alle Rechte vorbehalten

Covergestaltung: Atelier KatarinaS / NL

unter Verwendung einer Fotografie von© Naya Na / AdobeStock

www.ulrike-helmer-verlag.de

 

Starring

Linn Kegel

eigenwillige Autorin, die nach ihrem letzten TV-Auftritt einen veritablen Shitstorm an der Backe hat. Sie verfügt über ein verhängnisvolles Talent, in kriminalistische Situationen zu geraten, und braucht auch dieses Mal die tatkräftige Unterstützung von

Bettina Heidenreich

gerade arbeitslose Theaterregisseurin mit weitverzweigter Verwandtschaft – sogar bis nach Osnabrück. Dorthin wollen Linn und sie dem Shitstorm entfliehen und handeln dabei mal wieder nicht im Sinn von

Jo Hartmann

Linns Verleger und als solcher an einem makellosen Ruf seiner Autorin interessiert. Diesen sieht er durch aktuelle Presseberichte und Twittereien akut gefährdet. Blöderweise kann auch seine neue Mitarbeiterin diese nicht verhindern, nämlich

Friederike »Freddy« Rasch

Social-Media-Expertin des Verlags und stets bemüht, niemanden zu diskriminieren. Außer alte Frauen wie

Walburga »Burgel« Krull

frisch zum dritten Mal verwitwete Neu-Galeristin. Mit der Wieder­entdeckung der Kalten Sophie des Malers Ferdinand Bramsche scheint ihr ein Coup geglückt zu sein. Diese Meinung wird allerdings nicht geteilt von

Rudolf Malinckrodt

emeritierter Professor für Kunstgeschichte und Experte für das Werk von Ferdinand Bramsche. Die Kalte Sophie hält er aus Prinzip für eine Fälschung und wird dabei unterstützt von

Friedemann Klein

Assistent des Professors und sein treuer Begleiter. Im Gegensatz zu Malinckrodt kennt er jedoch die Veröffentlichungen von

Paula Zwiesel

Kunsthistorikerin ohne Professur, Expertin für Malerinnen der Neuzeit und Nachbarin von

Heidrun Wrangel,

eine alte Frau am Fenster. Sieht von dort alles, also auch

Florian Daubner

neuer Inhaber des Galeriegebäudes und damit seit Kurzem Burgel Krulls Vermieter. Er nutzt jeden Vorteil, der sich ihm bietet, genau wie

Gustav Graf

Vorsitzender des einflussreichen Galeristenverbandes und von der Chuzpe Burgel Krulls mehr als irritiert. Damit hält er nicht hinter dem Berg, auch nicht gegenüber

Ulrike Kohlmeier

sportbegeisterte Anfangsechzigerin mit einem Geheimnis, das erstaunlicherweise nichts mit Pilates zu tun hat. Natürlich bekannt mit

Sedna Zimmermann

immer perfekt organisierte Sekretärin von

Dieter Kohlmeier

offiziell auf Diät, inoffiziell jedoch sehr interessiert an den Häppchen von

Navid Yıldırım

sollte sich bei der Galerieeröffnung eigentlich um das Wohl der Gäste kümmern und kein Auge werfen auf

Maggie-Venus Goligowski

Reporterin bei der Trash n’ Art. Sie weiß, wie man auf Twitter Shitstorms lostritt, um die prominenten Opfer dann im Namen des journalistischen Interesses zu verfolgen, so auch

Linn Kegel

die zwar nichts von Malerei versteht, dafür aber viel von falschen Spielen.

Zudem spielen eine Rolle

Svetlana, eine Maskenbildnerin

zwei Frauen in der Sauna und ein Mann vor der Dusche

Angela Merkel, Judi Dench und James Bond

der Kater Robert Dudley, Earl of Leicester

Gäste einer Vernissage

hübsche Hostessen, männliche natürlich

Polizisten, ebenfalls männliche

ein präsenter Maler

eine vergessene Malerin

die Kunstgeschichte, große Egos, der Kanon und schon wieder: viel zu viel Alkohol!

 

Sie

AlssiedieAugenöffnete, sahsiezunächstnichtsalsDunkelheit. EsdauerteeinigeSekunden, bisdieUmgebungschemenhafterahnbarwurde. Wowarsie?

Steine. SiesahdieSteineeinerMauer, einpaarSchrittevonihrentfernt. EineWand. VielleichtvierMeterhoch. DurcheinigeRitzenimGemäuerknappunterderDeckedrangschwachesLicht. DerMond? WaresNacht?

LangsamwurdendieKonturenklarer. SieerkanntemehrereSäcke, dieanderWandaufHolzplankenlehnten. InsolchenSäckenbewahrtesieimKellerKohl, ÄpfelundKartoffelnauf. AberdaswarennichtihreSäcke. UndsiebefandsichdefinitivnichtinihremKeller. SierochfeuchteErde. KeinegutenBedingungen, umGemüseaufzubewahren.

Wieseltsam. Wasmachtesiehier?

SielagaufderSeite. UntersichspürtesieeineharteFläche. VielleichteinePritsche? IhreWangeberührteHolz, ihreSchulternschmerzten. AbernochschlimmerwarderSchmerzinihremKopf. Eindumpfer, pochenderSchmerz.

SiewolltesichandieStirnfassen, dochdasfunktioniertenicht. IhreHändewarenmiteinemdickenSeilhinterihremRückenzusammengebunden.

DieWellederPanik, diesieerfasste, warsoheftig, dasssiefastkeineLuftmehrbekam. Dochdiewarkostbar: InihremMund, dasmerktesieerstjetzt, steckteeinKnebel. EinbereitsdurchweichtesTuch, dasmiteinemStrickumihrenKopfsobefestigtwar, dassesnichtverrutschenkonnte.

GeschocktrisssiedieAugenauf. Wollteaufspringen. DochdasSeilließkeineBewegungzu. IhregefesseltenHändewarenmiteinemdickenKnotenaneinemEisenringbefestigt, derfestinderMauerverankertwar. MitihrenFingernbefühltesiedenRing: Erwareiskalt.

Sieversuchte, ihreBeinezubewegen, dochauchdiesewarenamEisenringfestgebunden.

IhrKopfpochte, alswürdeergleichzerspringen. WaresBlut, dassieanihrerSchläfefühlteunddasaufderhartenPritschedunkleFleckenhinterließ?

Sieversuchtezuschreien. DochdurchdenKnebeldrangennurgedämpfteLaute, diesiemehrandieRufeeinespanischenTiereserinnertenalsanihreeigeneStimme.

Siemusstesichberuhigen. SichganzaufihrenAtemkonzen­trieren. Einundaus. Einundaus. Siestöhnte, wimmerte.

Wennsienurwiederlogischdenkenkonnte, dannließesichallesanalysieren. DannließesicheinAuswegfinden. Hoffentlich. Vielleicht. Angst. SiehatteAngst.

SiemusstedenKnotenlösen. SobaldihreHändefreiwären, würdesieeinenAuswegfinden. Abererstmusstesiesichberuhigen.

Alsoeinundaus. Einundaus. SieatmetegegendiePanik. UndgegendenSchmerzinihremKopf. Einundaus.

Waswargeschehen? Warumwarsiehier, indiesemKellerraum, geknebeltundgefesselt? Wiewarsiehierhingekommen?

Woran konnte sie sich erinnern? Sie war in ihrem Haus gewesen. Ja, ganz bestimmt. Sie hatte gearbeitet. In ihrem Arbeitszimmer, das sie so sehr liebte, mit Blick auf den Garten. Alles wie immer.

Aber warum war sie jetzt hier undnichtzuHause? WarumhattesieBlutamKopf? Undvorallem: WerhattesiehierhingebrachtundsieandieWandgefesselt, sodasssiesichnichtrührenkonnte?

Konnteesetwasein, dass …?

Siehieltinne. Ja, dasmachteSinn. Auchwennsiesichnichterinnernkonnte, ihngesehenzuhaben. AberesmachteSinn. Ihmwardaszuzutrauen. Nurihm. Ermussteesgewesensein.

Plötzlichwurdesieganzruhig. DieserWicht! Derkönnteetwaserleben! Soeinfachwürdeersienichtbesiegen. DahalfenihmwederFesselnnochKnebel. Demwürdesieeszeigen. Wasbildeteersichein, wererwar? Undwieermitihrumgehenkonnte! Dieserunnütze Wurm.

Dann hörte sie Schritte …

 

Camouflage

»Wasistdasdenn?«, fragteMaskenbildnerinSvetlanaundstrichLinnKegelmehrmalsmitdenFingernüberdieWange. LinnsaßinderMaskedesWDR-StudiosinKölnundversuchtevergebens, sicheinGähnenzuverkneifen.

»DerRestvomKissenabdruck«, antwortetesieundhobentschuldigenddieSchultern. »WarvoreinerhalbenStunde, alsichaufgestandenbin, nochvieldeutlicher.«

»Wiebitte? Esist14Uhr. Sowashabeichjanochniegehört! NochnichtmalbeieinemPopstar – undichhabesogarschonMickJaggerfüreinenTV-Auftrittgeschminkt.«

»VielleichtwarjaseinKissenabdruckaufseinemfaltigenGesichteinfachnichtzusehen.«

»Pfff!«, lachtedieMaskenbildnerinundbegann, LinnsroteHaareaufgroßeLockenwicklerzudrehen. »Sofaltenfrei, wieduvielleichtdenkst, bistdulängstnichtmehr. Auchwennduerstaufdievierzigzugehst: DeineHautistschonda. UndjetztRuhe! Ichmussarbeiten – sonstsiehstdubeiderAufzeichnunggleichnichtaus, wiealledenken, dassduaussiehst.«

Touché, dachteLinnundbetrachtetedieverpenntaussehende, ungeschminkteFrauimSpiegel. ZurschlichtenJeanstrugsieeinzerknittertesShirt. IhreHautwarblass, unterihrenAugenwarendeutlicheSchattenzusehen. Hueresiech, fluchtesieinnerlichinihremOstschweizerDialekt. Aberwarumsolltesiesichauchaufbrezeln? WieimmervoreinemTV-Auftrittwürdendasandereübernehmen. ZumaleinTV-Make-upehereinerMalerarbeitglichalsallem, wassieprivatschminkennannte. Gleich, wenndieAufzeichnungfürdieTalkshowbegann, würdesieimStudio­lichtaussehenwieeinemHochglanzmagazinentsprungen: mitperfektfrisiertenHaaren, makellosemTeint, straffenGesichtskonturenundinschickenKlamotten, dieihrVerlagfürsiebesorgte. AufgekratztundgutgelauntwürdesieüberihrenneuenBestsellersprechen. SiewürdeeineLinnKegelsein, wieessieimwirklichenLebenferndesRampenlichtsnichtgab.

BegonnenhattedieseKarriereinderÖffentlichkeitvoreinigerZeitaufdemrotenTeppichderFestunginWien. FürdiePremierevonLinnsTheaterstückSchwarzePetrahattedieDramaturginsiekomplettdurchstylenlassenundihrsogareinepressewirksameBegleitungorganisiert. DanachwarendieBoulevardblättervollmitFotosundBerichtenvonihrgewesen – unddasInteressehattebisheutenichtnachgelassen. DafürsorgteihrVerlag, derseineVermarktungsmaschineriedeutlichprofessionalisierthatte. LinnwiederumhatteeinpaarMedientrainingsabsolviert. Daserstenochwiderwillig, dochdannhattesiesichaufdenDealeingelassen: DerVerlagverlangtejedesJahreinneuesBuchvonihr, vermarktetesieöffentlichkeitswirksam – undließsieinderrestlichenZeitinRuhe. KeinenervigenAnrufeihresVerlegersmehr, keineNachfragen, keineKommentarezuihrernächtlichenArbeitsweise. LinnhatteCarteblanche.

ZwarverdientesiealsAutorinimmernochnichtüppig, aberimmerhinsoviel, dasssieihrWG-ZimmerinderKölnerSüdstadtgegeneineZweizimmerwohnunginNippeshatteeintauschenkönnen. UnddaswardocheinedeutlicheVerbesserung. HierkonntesienachdurchgeackertenNächtensolangeschlafen, wiesiewollte, ohnezuriskieren, dassihreMitbewohnerinirgendwannreinplatzte, weilsieunbedingtjetztsofortüberdenPutzplansprechenwollte. IhreWohnungwarihrReich. DennauchdasgehörtezumDealmitihremVerlag: Siewarzwarbereit, aufgestyltimFernsehenaufzutreten – ihrPrivatlebenjedochwartabu. KeineHomestorys, keinespontanenPressetermine. IhrVerlegerJoHartmannwarzwarallesanderealsbegeistertgewesen. AlsLinnihnjedochdaraufhinwies, dassihreWohnunggenausounaufgeräumtaussahwiesieselbst, hatteereingeschlagen. Solebtesieprivatziemlichunerkannt.

Apropos, kamesLinnindenSinn, wobliebihrVerlegerüber­haupt? NormalerweisewaresnämlichJoHartmannhöchstper­sönlich, derihrdieGarderobefürihreAuftritteindieHanddrückte – wahrscheinlich, umsicherzugehen, dasssiedieseauchwirklichanzog. SeitihremAuftrittdamalsinWienriefenregelmäßigDesignlabelsbeiihman, umLinnfürihreAuftrittekostenfreieinzukleiden. Hauptsache, dieMarkewurdegenanntoderimAbspanneingeblendet.

JustindemMomentwurdedieTürzurMaskemiteinemlautenKnallaufgestoßenundeineFraumitkurzrasiertenHaarenundzahlreichenPiercingsstolperteherein. SietrugeinenBergvonSchuhkartonsundKlamotten, LetzterefeinsäuberlichaufBügelnundumhülltvonPlastikfoliewiefrischausderReinigung.

»Huhu!«, riefsieunterdemStapelhervor, densieaufeinenfreienSesselfallenließ. »IchkommvomVerlagundbringdieSachenfürLinnKegel. Istdieschonda?«

»Istsie«, antworteteLinn. »SiesiehtnurnochnichtauswieLinnKegel.«

»Ohkrass«, stießdiejungeFrauhervorundspielteanihrenPiercings.

»Icharbeiteaberdran«, ergänzteSvetlanatrockenunddrehteauchnochdieletzteHaarsträhneaufeinenWickler. DanngriffsienachdemSchminkschwämmchen.

»WirhabenjanochZeit«, antwortetedieKlamottenträgerinkaugummikauend. »IchbinFreddy. AlsoeigentlichFriederike, aberichfindeFreddybesser. IchbinneuimVerlagundmachedieVeranstaltungenundSocialMedia.«

»Ah, HartmannfanddieTV-Auftrittealsonichtmehrsoprickelnd«, kommentierteLinnlakonisch. »NachdemerletztesMalAutogrammevonGottschalk, JauchundPrechtabgestaubthat, haterjaauchalleserreicht, waserwollte.«

»Ahaha«, lachteSvetlanaschallendauf. »DasistwirklichkeineKunst, diedreisinddochüberall. JetztAugenzu!« SietrugdasMake-updickaufLinnsGesichtauf. Linnkonntesichnocherinnern, wieverblüfftsiegewesenwar, dassdieseüberzeichneteGesichtsmalereiimFernsehenvöllignatürlichundsogarrichtigattraktivwirkte.

»Eben«, erklärteLinnundversuchte, beimSprechenmöglichstwenigeMuskelnzubewegen, umdieMaskenbildnerinnichtbeiihrerArbeitzustören. »Werweiß, wielangeesdieälterenHerrennochmachen. SovieleShows, wiediemoderieren.«

»Weristdasdenn?«, fragteFreddy. »Ichkenn’ diegarnicht. AnalogesFernsehenistnichtsomeins.«

LinnöffneteerstauntdieAugen. »Beneidenswert …!«

»Jetztnachobenschauen!«, befahlSvetlanaundauchdieletztenAugenschattenverschwandenuntereinerSchichtMake-­up.

»WasfüreinTheaterkostümhastdumirdennmitgebracht, Freddy?«

DieKurzgeschoreneverzogfragenddasGesicht. »Theater? Ichdachte, hiergeht’sumeineTalkshow.«

»DasistdochtrotzdemeinBühnenauftritt, oder?«

»Stimmt.« FreddygriffmitElannacheinemderBügelundhielteinKleidinPlastikfolieindieHöhe: »WiewäreesmitdiesemsuperheißenMinikleidmitRegenbogenpailletten? SowasliebtvorallemdieschwuleCommunity – undwirhabenjabaldwiederCSD-Saison. LangeÄrmel, untenhyperkurz. DazudiepassendenHighHeels. Dassiehtrattenhammerscharfaus!«

»Hörsofortauf, dieStirnzurunzeln, Linn – damitreißtduFurchenindieFarbe! MachdieAugennochmalzu«, riefdieMaskenbildnerinundtrugblitzschnelleinenLidschattenauf, derbeijederGothic-PartyfürAufsehengesorgthätte.

»Gefälltesdirnicht?«, fragteFreddyungläubig.

»Ich lauf nicht gern bergab«, gab Linn zurück.

»Verstehe ich nicht.«

»Ich kann auf High Heels nicht laufen. Zudem ist das Kleid so kurz, dass bestimmt alle denken, ich hätte die Hose vergessen.«

Freddynicktebedächtig. »Ja, daskönntetatsächlichsein … Na, dannhabeichnochzweiandereOutfits. HiermeinpersönlicherFavorit …«

»GibmireinenAugenblick«, unterbrachSvetlana. »IchbinmitdemLidstrichgleichfertig. DannkannLinnwiedergucken.«

»… einweißesTrägertopmitErdbeerendrauf, dazuknallroteShorts.«

»NichteuerErnst! Dasmussichgarnichtsehen, umzuwissen, dasswirdasdritteOutfitnehmen. Ganzegal, wasesist.«

»Jetzt kannst du die Augen wieder aufmachen«, erlaubte Svet­­lana.

LinnwarfeinenBlickaufdasErdbeer-Outfit. »DasTopistjasoknapp, dassichAngsthabenmuss, dassmeinBusenrausfällt. Werdenktsichdennsowasaus?«

»Warum?«, rief Freddy verständnislos. »Holger Kent ist voll die Marke, total angesagt! In New York laufen gerade alle damit rum.«

LinnverdrehtedieAugen. »VielleichtwennmanvierzehnistundzurPyjamapartyeingeladenwurde. Ichbinfastvierzig. IchhasseTopsundichhasseShorts. WäreichDiktatorin, ichwürdeShortsfürVolljährigeverbieten. BeiMännernundFrauen.«

FreddybetrachtetemitfühlenddiekurzeHoseundkauteaufihremKaugummiherum. »Alsoichfindediemega …«

»IchkönntedirdieBeineauchnochschminken«, botSvetlanaanundpinselteRougeaufLinnsWangen, alsgäbeeskeinMorgen. »IchkriegdabestimmtzehnJahreundfünfKiloweg, keinProblem.«

»Danke, aberetwasHoffnunghabeichnoch«, erwiderteLinn. »EsgibtjanocheinedritteMöglichkeit.«

»Okay, ichzeig’sdir«, seufzteFreddy. »Aberichsagesdirekt: Esistkrass.«

»Krass? DuzeigstmireinPaillettendingohneHoseundObstsalat-Unterwäsche, undjetztkommtwasKrasses? DumachstmirAngst.«

FreddygriffnachdemdrittenBügelundzogdiePlastikfolieab. ZumVorscheinkameneineknallgrüne, weiteHose, dazueinschlichtespinkesShirtmithalblangenÄrmeln.«

»Dassiehtdochsuperaus!«, riefLinn, »undseitderletztenFolgeShoppingQueenweißichauch, dassmandenStilColorBlockingnennt. Dasistgut! Auffällig, abernichtübertrieben. Sneakerdazu, fertig.«

SvetlanaverglichdieShirtfarbemitihrerPaletteundmalteLinnsLippenzufriedenimselbenPink.

FreddyjedochschütteltedenKopfundhieltLinndasausgebreiteteT-ShirtdemonstrativvorsGesicht. AufdemShirtstandingoldenerSchriftWoman.

»Siehstdu: Ichhabedochgesagt, dasseskrassist.«

»Warum?«, fragteLinnirritiert. »Dasstimmtdoch. IchbineineFrau. Mirgefälltes. Dasnehmenwir!«

FreddyrissdieAugenweitauf. »Dubistechtmutig. Alsoichwürdemichdasnietrauen.«

 

Dinner for two

»Tschüss, Schöne, undbiszumnächstenMal!«, hatteSvetlanazumgeschminktenGesichtgesagt, bevorsieLinnnachderTV-AufzeichnungmiteinemriesigenWattebauschvollerAbschminkcremeabgeriebenunddieletztenRestemiteinemfeuchtenLappenentferntehatte. NunwarendieAugenringewiedersichtbar, genausowieLinnsangeboreneBlässe.

»Boah, derUnterschiedistwirklichkrass.« InFreddysKommentarhattefürLinnsGeschmackeineSpurzuvielechtesErstaunenmitgeklungen.

Konnteestatsächlichsein, dasssiedaseinweniggetroffenhatte? Linndachtedaran, alssiemitdemFahrradaufdemWeginsKölnerUniversitätsviertelwar, demsogenanntenKwartierLatäng.

Ja, einbisschenbeleidigtwarsieschon. Dasmusstesiezugeben. Ziemlichbeleidigtsogar, wennsieehrlichwar. Verdammt!

DabeibildetesiesichaufihreUneitelkeitechtetwasein! Dochsiemusstezugeben: Früherwareseinfachergewesen, un­eitelzusein. MitAnfangzwanzigspieltesschlichtkeineRolle, obduinderNachtvorhergeschlafenhastodernicht. MitAnfangzwanzigsindalleMenschenschön – nagut, fastalle. AuchmitAnfangdreißigschimmertnochgenugJugendlichkeitdurchdiePoren, umungekämmtzumindestnochalsattraktivzugelten.

DochmitzunehmenderDunkelheitderSchattenumdieAugenundsichtbarerTiefederDenkerfalteaufihrerStirnhatteihreuneitleNachlässigkeitanCharmeverlorenunddrohtenun, nurnochnachlässigzusein.

Egal, dachteLinnundtratenergischindiePedale. IhreperfektfrisiertenHaare – »KeineMaskenbildnerinbeidergesamtenARDkriegteinesoperfekteWallawalla-Tollehinwieich!«, hatteSvetlanagesagt – hattesieachtlosmiteinemHaargummiamHinterkopfzusammengebunden. DieSendungwürdeheuteAbendausgestrahltwerden, dasäßesielängstgemütlichbeiihrerFreundinBettinaHeidenreichbeimEssen.

MitBettinawarLinnschonseitihrergemeinsamenZeitineinerKölnerKünstleragenturbefreundet. Linnhattedortimmermalwiedergejobbt. BettinahatteessogarbiszurGeschäftsführeringebracht, bissiesichfürdasfinanziellunsichereLebenalsfreieTheaterregisseurinentschiedenhatte. NacheinigenErfolgenwarBettinagerademalwiederarbeitslos. EinZustand, derihreohnehinnursehrsubtilcharmanteFreundinnichtunbedingtumgänglichermachte.

LinnbogvomZülpicherPlatzindieHochstadenstraßeeinundhieltvordemHausmitderNummer25. NachdemKlingelnmusstesieungewöhnlichlangewarten, dochdannerklangdasvertrauteSummenunddieTürließsichöffnen.

WaszurHölleriechthierso?, dachteLinn, alssiedasTreppenhausbetrat. EineunangenehmeMischungausangebranntundaltenSportsockenstiegihrindieNase.

DieWohnungvonBettinalagimzweitenStock. ZuihremgroßenBedauernwurdederGestankaufdemWegdorthinstärker.

BittelassesnichtdasEssensein, stießLinneinStoßgebetnachoben, alssiedienurangelehnteWohnungstüraufstieß.

»Hallo?«, riefsielautundhieltdieLuftan.

»IchbininderKüche«, hörtesieBettinastiefeStimmefröhlichrufen. »Kommrein!«

»Boah, wasisthierdennlos?«

»Überraschung!«, trällerteBettinafreudestrahlend. »Ichhabegesagt, ichkochefürdich, alsokocheichheutefürdich.« SiehattesicheineHello-Kitty-SchürzeumdenrundenLeibgeschnürtundrührtegeradewildineinemTopf. AusdemleichtgeöffnetenBackofendrangdichterRauch.

Linnversuchte, durchdenMundzuatmen. »Toll, Bettina, wirklichganztoll. Aberdashättestdunichttunmüssen. Bestellengehtimmer.«

»Washeißthiermüssen? Ichhabganzvergessen, wievielSpaßkochenmacht. NormalerweisemachtdasjaimmerXaver. InguterArbeitsteilung: Erkocht, ichesse, erspült, ichschalteschonmaldenFernseherein, erräumtauf, ichwähl’denFilmaus.«

Bettinakicherteihrtiefes, etwasschepperndesKichern. SiewareinigeJahreälteralsLinn, ihrebrauneHexenmähnewardurchzogenmitSilberfäden. »KannichallenFrauensehrempfehlen! Undnatürlich: Niemalszusammenziehen! Meinstdu, XaverundichwärenfünfundzwanzigJahrezusammen, wennwirnichtbeideeineWohnunghätten? Ganzbestimmtnicht!«

LinnhieltdenQualmundGeruchnichtlängeraus. SierissdasFensteraufundschnapptenachLuft.

»Wechseljahre?«, fragteBettina. »Bistdudafürnichtnochetwaszujung? Oderistdireinfachsowarm?«

»Genau, daswird’ssein«, versicherteLinnundatmetetiefeinundaus.

»Undwiewar’sbeiPlasberg – oderbeiwemwarstdugeradeaufdemSofa?«

»Plasberggibt’snichtmehr. IchwarbeiwasNeuem, Kult-­KulturoderKultur-Kultodersoähnlich, ichkann’smirnichtmerken. DerWDRproduziertdasfürdieganzeARD. DreiGästehintereinanderweg, jeweilszwanzigMinutenTalk. Ganznett.«

»Undworumging’s?«

»Na, worumschon? UmmeinneuesBuchunddieüblichenFragen: WievielvonmirstecktinderHauptfigur, istnichteigentlichjedesSchreibenautobiografisch, kenneichSchreibblockaden, waskommtalsNächstes.«

»Dutustso, alslägedasaufderHand. DabeigibtestausendKochshows, Talk-ShowsundBla-Bli-Blubb-ShowsmitLeutenwiedir – undmanfragtsich, wasdiedamachen. OderdiesesDschungelcamp! Dageht’sjaauchnichtumdas, wasdieLeuteleisten, sondernvorallemumdieHoden, diesieessen.«

Linnlachtelautauf. IhrebarockeFreundinhatteeinfacheinHändchen, DingeaufdenPunktzubringen. OderaufdieHoden.

»IchmusstezumGlückkeineHodenessen. EswareinwirklichnettesGespräch, nichtsBesonderesundschongarnichtsAufregendes. DasÖffentlich-RechtlichemachthierzurAbwechslungmalwasfürseineZielgruppe. DiehattensogareineModeratorin, diewarübersechzig.«

»Das gab’s ja noch nie«, nickte Bettina anerkennend und rührte in dem großen Topf. »Und wann wird die Sendung ausgestrahlt?«

»HeuteAbend, ichglaubesogar, Primetime. Aberdassollunsnichtstören. Ichmussmirdasnichtanschauen. DasPublikumsolldanacheinfachmeineBücherkaufen, damitichweitermeineMietezahlenkann. Duverpasstüberhauptnichts.«

»Dabinichaberfroh. SchließlichmusstdumeinEssenprobieren. Reicht’sjetztmitderfrischenLuft? Ichfind’sfürAnfangMaiganzschönkühl.«

LinnschautezweifelndaufdenBackofen, ausdemimmernochdickeSchwadenkamen. ImmerhinwardieLuftinderKüchejetztwiederso, dasssieatmenkonnte. »Waswirddasdenn?«

»Oh, duwirstaufdieKniesinken!«

Höchstensohnmächtig, dachteLinn.

»ErsteineKnoblauch-Wacholder-CrèmesuppeunddanachBlätterteig-CalzonemitAlgen-Veilchen-Füllung. Ichdachte, wirbleibenheutemalvegetarisch. DieRezeptestammenvonmeinerTanteBurgel.«

Linnstutzte. DieVerwandtschaftspielteinBettinasErzählungenimmereinesehrprägnanteRolle – dasgaltauchfürdieweitverzweigtenFamilienbündevonXaver. LinnkannteunzähligeAnekdotenundGeschichten, wusstezumBeispiel, dassXaversOnkelFriedemutinNeuseelandmitderFriseurinseinererstenFraueinenLadenmitbayerischenSouvenirseröffnethatte, obwohl – odervielleichtgeradedeshalb – ebendieseersteFrauausdemRuhrpottkamundBorussia-Dortmund-Fanwar, währendihreFriseurinausSchwabenstammte. OderdassderMannvonXaversjüngererSchwester – derausBremen, nichtder, dieinBadHomburglebt – imembryonalenStadiumwohleinZwillingwar, wiesichbeiseinerProstatauntersuchunghe­raus­stellte: Erhattenämlichzweidavon.

AbervoneinerBurgelhatteLinnnochniegehört.

BettinahatteihrenfragendenBlickoffensichtlichgesehen, dennsieschienzurErklärunganzusetzen.

»Wartmal! Gibmirvorhernochwaszutrinken, dannbinichganzOhr«, unterbrachLinnsiegutgelaunt.

»Bedien’dich. Duweißt, woallessteht.«

DasließsichLinnnichtzweimalsagen. MiteinemGlasweißemRuedahörteessichdochgleichvielbesserzu.

SiemachteessichanBettinasKüchentischgemütlichundlauschtedenAusführungen. Undsoerfuhrsie, dassBurgeleigentlichWalburgahießunddiejüngereSchwestervonBettinasMutterwar. ZwarhattediejungeBurgelmalKunstgeschichtestudiert – sowieBettina, dieihrStudiumnachvierunddreißigSemesterndannaberdochabgebrochenhatte –, jedochnieindemBereichgearbeitet. Stattdessenhattesieihngeheiratet. Immerwieder. InsgesamtdreiMal. UndkeinerihrerMännerhattedieEheüberlebt. DerErste – Egon, einKunsthändlerausHamburg – waraufeinemSpaziergangimWaldvoneinemherabstürzendenAsterschlagenworden. DerZweite – Eberhard, einKunsthändlerausDresden – waraneinemStückBirneerstickt. UndderDritte – Erich, einKunsthändlerausFreiburg – warbeimAnblickvonBurgelimaufreizendenNegligéeinemHerzinfarkterlegen. SozumindestdieoffiziellenErklärungen. WährendallihrerEhejahrehatteBurgelsichumdiejeweiligenHäusergekümmert – undsiehattegekocht.

»Ah, daherdieRezepte«, gelangesLinnzuerwähnen. Danngingesauchschonweiter. Dennja, daherkamendieRezepte. DochnichtauseinerTantenpflichtzurUnterstützungderküchenuntauglichenNichte – nein: BurgelhatteBettinasämtlicheNotizbüchermitRezeptengeschenkt. DenndieTantewarwildentschlossen, niemalswiederinihremLebenzukochen. Jetzt, woauchihrdritterEhemannunterderErdelag, wolltesieendlichberuflichdurchstartenundmorgeninOsnabrückeineeigeneGalerieeröffnen.

»WarumdennausgerechnetOsnabrück?«, schüttelteLinnfassungslosdenKopf. »WarumnichtParis, MailandoderRom, wennsiedochdieKohlehat.«

BettinahattebereitswährendihrerErzählungdenTischgedecktunddiegefährlichdampfendeSuppedirektimTopfindieMittegestellt. DannholtesiedentiefgebräuntenBlätterteigausdemBackofenundließihnsamtBackpapieraufeinenTellergleiten. »Genaudaswolltesieebennicht. OsnabrückistihreHeimatstadt, daherdieEntscheidungfürdenStandort.«

»WenndasihrDingist.«

»HastdunichtLust, mitzukommen?«

»Wohin?«

»ZurGalerieeröffnungmeinerTante. Wirdbestimmtlustig. SiehatteimmereinHändchenfürVeranstaltungen, andiemansichauchnochJahrespätererinnert.«

HoffentlichnichtnurwegenihrerkulinarischenKünste, dachteLinn. SiewarfeinenmisstrauischenBlickaufdasEssen. DerGeruchnachSportsockenwarnicht zu überriechen.

»Ach, ichweißnicht. Umehrlichzusein, weißichnochnichteinmalgenau, woOsnabrückliegt.«

»Eben drum! Es wäre eine Gelegenheit, ein paar Wissenslücken zu schließen. Und Osnabrück ist total hübsch. Die Stadt des Westfälischen Friedens! Die Stadt an der Hase!«

»Anderwas?«

»Hase. DerFlussdurchOsnabrückheißtHase. HasewieHamster. Egal. Überlegesdir. IchfahrmorgenNachmittagundbleibedanneinpaarTagebeimeinerTante. BurgelhateingroßesHausamWesterberg, dasistdiebesteGegend.« BettinagriffinihreHandtasche, dieunterdemKüchentischstand. »HierübrigensderFlyerzurEröffnung, kannstdubehalten.«

LinnwarfeinenBlickaufdenminimalistischenFlyer, aufdemschöne, moderneAusstellungsräumeabgebildetwaren. Galerie­eröffnungmitWeltsensation, standdaraufund: GalerieKrullzeigtdasverscholleneGemäldeKalteSophievonFerdinandBramsche!

»WarumzeigtsieaufdemFlyerdennkeineKunst, wennsieKunstzeigenwill?«

»KeineAhnung. Ichglaube, siedenkt, dasmachtdenEffektgrößer.«

SchulterzuckendstopfteLinndenFlyerindieTascheihresHoodies.

»UnddassindwirklichRezeptevondeinerTante?«, fragtesievorsichtig.

BettinawarfihreinenstrafendenBlickzuundprobiertedieSuppedirektausdemTopf. LinnwolltesicheinStückvomBlätterteigabschneiden, derjedochunmittelbarbeiderBerührungzerbröselteundeinenSchwallübelstenGeruchsfreigab.

BeideverzogensynchrondasGesichtundwichenzurück.

»Okay, PizzaoderThai?«, fragteBettina »UndmitBurgelwerdeicheinernstesWörtchensprechen. WenndasihrKochstandardwar, glaubeichbeidendreiEhemännernnichtmehranUnfälle. DiehabenallesamtSelbstmordbegangen!«

LinnhoberleichtertihrGlas.

 

Der Sturm

DasHandybrummteineinerTour. ErsthatteLinndasGeräuschnochinihreTräumeeinbauenkönnen, dochinzwischengingdasnichtmehr. VerpenntschobsiesichdieSchlafbrilleaufdieStirnundschielteaufdasDisplay: achtzehnAnrufeinAbwesenheit, vierunddreißigneueSMS, fünfundzwanzigWhatsApp-Nachrichten. SelbstihreSignal-App, diesieeigentlichgarnichtverwendete, meldetefünfzehnMitteilungen. WaszumGeierwardenndalos?

DochLinnkanntesichlangeundgutgenug: Bevorsiesichmitirgendetwasbeschäftigenkonnte, brauchtesieersteinmaleinenKaffeeundetwaszubeißen. Selbstwennsiegleicherfahrenwürde, dassKölnimBegriffstand, vonAußerirdischenangegriffenzuwerden, würdesiedaraufnichtverzichten. OhneKaffeewäresiegarnichterstimstandezufliehen. Undsiewäreschlechtgelaunt. Damitwäreauchausgeschlossen, dassihrirgendjemandaufderFluchthelfenwürde. AlsokonntesieesauchdirektseinlassenunderstmalKaffeetrinken.

WährendihrHandyweiterbrummte – zumGlückhattesiesämtlicheKlingeltöneundAnrufmelodienschonvorLangemabgestellt, esnervtesieeinfachzusehr –, schlurftesieinihreKücheundkümmertesichumsFrühstück.

DasEssenbeiBettinawardanndochnochganzleckergeworden, LieferdienstseiDank. Siehattenbiscircahalbzwölfzusammengehockt, dannhattesichLinnwiederaufihrFahrradgeschwungenunddenNachhausewegnachNippesangetreten.

DerKaffeeschmeckteköstlich. DazuschmiertesichLinnQuarkmitPflaumenmusaufeinedickeBrotscheibe, fürsieimmernochderInbegriffeinesKölschenFrühstücks. Genüsslichbisssiehinein.

NacheinerkurzenUnterbrechungbegannihrHandyerneutzubrummen.

Nein, AußerirdischekonntennichtdasProblemsein. AuchkeindrohenderVulkanausbruchindernahenEifel. WennLinnehrlichwar, kanntesieniemanden, dersiesohartnäckigvorirgendeinerGefahrwarnenwürde. NochnichteinmalBettina. DerwürdedaswahrscheinlicherstStundenspätereinfallen, wennsielängstinSicherheitwar.

AlsokonnteeseigentlichnurihreMutterseinoderihrVerlegerHartmann. VonbeidenkanntesiesolcheAnrufattackenvonfrüher. Aberdaswarschonlangenichtmehrvorgekommen. EineWeilewarihreMuttergeradezufixiertgewesenaufdieEntwicklungihresPrivatlebens, hattedauerndnachmöglichenEhe- undKinderplänengefragt. DochdannhattesiemitfünfundsechzigaufTeneriffaJuankennengelernt. InhaberderbestenTapasbarvonganzSantaCruzundsattezwanzigJahrejünger. SeitdemwardaskeinThemamehr. SoeinZufallaberauch.

NacheinemBlickaufdasDisplaydrückteLinnaufdengrünenHörer.

»GutenMorgen, HerrHartmann. SchonwiederSehnsuchtnachmir?«

IhrVerlegerholteamanderenEndehörbargenervtLuft. »Siesindunmöglich, FrauKegel! Unmöglich!«, stießerineinemSchwallhervor. »SiesindwiederStraßenarbeiter, derSTOPaufdieStraßemalensollunddieReihenfolgederBuchstabenändert. Youhadonejob! Onejob! UndnochnichtmaldaskriegenSieaufdieReihe. Dabeidachteichwirklich, wirhättenbeiunsererZusammenarbeitendlicheinannehmbaresLevelerreicht. Abernein: FrauKegeltutmalwiederso, alsseisiealleinaufdieserWelt!«

LinnhattesichdieSuadabefremdetangehörtundmitderZungedieletztenBrotresteausihrenZahnzwischenräumenbeseitigt. Nunaberreichteesihr: »JetztmachenSiemalhalblang, Hartmann. WirsindhiernichtbeiderWeltmeisterschaftimAutorinnenbeschimpfen. KommenSiewiederrunterundsagenSiemir, waslosist.«

»Waslosist?«, zeterteHartmannweiter. »IchsollIhnensagen, waslosist? SagenSiemir, wasmitIhnenlosist! DieseShowgesternwardochdasreinsteGeschenk: NettesFormat, netteModeratorin, netteFragen – unddannmachenSiesoeinenMist!«

»What?«, riefLinn. »Dasstimmtdochüberhauptnicht. Ichhabenichtserzählt, wasichnichtschonwoanderserzählthabe.«

»UndwarumistdanndasNetzvollmitBerichten, Siewürden