Kann man die Liebe vergessen? - Claire Baxter - E-Book
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Kann man die Liebe vergessen? E-Book

CLAIRE BAXTER

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Beschreibung

Kaum schreibt Beths geliebtes Weingut im australischen Barossa Valley schwarze Zahlen, kehrt Pierre Laroche in ihr Leben zurück. Zunächst nur geschäftlich, doch dann verzaubert seine Liebe sie von Neuem. Was soll sie tun, wenn Pierre sie wieder verlässt?

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IMPRESSUM

Kann man die Liebe vergessen? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2006 by Claire Baxter Originaltitel: „Falling for the Frenchman“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA EXTRABand 19 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Iris Pompesius

Umschlagsmotive: Ridofranz / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733745042

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Die Tür zum Büro wurde aufgerissen. Das Quietschen der Angeln schreckte Beth aus trüben Gedanken auf. Ihre Freundin und Mitarbeiterin Tasha marschierte herein und verkündete: „Heute ist es so weit.“

Wie hätte Beth das vergessen können? Seit Tagen dachte sie an nichts anderes. Unwillig runzelte sie die Stirn und legte den Kugelschreiber, mit dem sie gespielt hatte, auf den Stapel mit Papieren, die sie noch unterschreiben wollte.

„Wann kommt er denn, der mächtige Mann aus der Zentrale?“, fragte Tasha.

„Pierre Laroche hat mir gar nichts zu sagen.“ Beth sah auf die Uhr. „Aber er könnte jede Minute hier sein.“

„Ich habe ein paar französische Redewendungen gelernt. Das kann gewiss nicht schaden, n’est-ce pas?“

Beth schob den alten knarrenden, lederbezogenen Stuhl zurück. „Du brauchst dich nicht zu bemühen. Er spricht ausgezeichnet Englisch.“

„Das habe ich mir gedacht. Aber er wird sich trotzdem freuen.“ Tasha trat näher. „Warum hast du ihn nicht vom Flughafen abgeholt? Das hätte bestimmt einen guten Eindruck gemacht.“

Beth versuchte, ihren Ärger hinunterzuschlucken. Beeindrucken wollte sie Pierre Laroche ganz gewiss nicht. Sie geriet noch immer in Rage, wenn sie daran dachte, wie er ihr vor zehn Jahren das Herz erst gestohlen und dann gebrochen hatte.

Und nun platzte er wieder in ihr Leben. Aber diesmal ging es nicht um ihr Herz, sondern um ihre Weinkellerei. Sie musste es als Geschäftsfrau mit ihm aufnehmen und hoffte, ihm gewachsen zu sein.

Tasha wartete noch immer auf Antwort. Was sollte Beth sagen? Von der verhängnisvollen Beziehung zu Pierre, dem größten Fehler ihres Lebens, wusste ihre Freundin nichts. Sie wusste auch nicht alles über den Hintergrund seines bevorstehenden Besuchs.

Beth räusperte sich. „Ich möchte ihn mit meinen geschäftlichen Fähigkeiten beeindrucken, nicht mit meinen Fahrkünsten.“

Tasha kicherte. „Verstehe. Trotzdem …“ Sie wurde ernst. „Ich weiß, wie sehr dich die Übernahme quält, und ich fühle mit dir. Aber du hast alles getan, um sie zu verhindern. Es war nicht deine Schuld, dass der Vorstand sich falsch entschieden hat. Ändern lässt sich das nicht mehr. Also akzeptiere das endlich, und mach das Beste draus.“ Sie lächelte schief. „C’est la vie, ma chère.“

Genau das machte Beth ja so zu schaffen. Sie fühlte sich nicht völlig schuldlos an der Niederlage. Wahrscheinlich hatte sie sich zu lange gegen den Verkauf von Aktien gesträubt. Als dann zwei Übernahmeangebote vorlagen, war es ihr nicht mehr gelungen, die Teilhaber davon zu überzeugen, dass der Verkauf an ein kanadisches Unternehmen das kleinere Übel darstellte, weil es keinerlei Bedingungen an die Geschäftsführung stellte.

Doch die Herren hatten sich für den französischen Lebensmittelkonzern L’Alliance entschieden, weil dahinter eine Menge Geld stand. Und so war die Aktienmehrheit des ihr anvertrauten Unternehmens Lowland Wines an L’Alliance verkauft worden. Damit hatte sie nicht nur das Lebenswerk ihres Vaters zerstört, sondern auch ihren Job als Managerin aufs Spiel gesetzt.

„Weißt du etwas über ihn?“, fragte Tasha.

„Wen?“

„Na, diesen Laroche. Hast du eine Ahnung, wie er als Mensch ist?“

Beth ging zum Fenster. „Nein“, sagte sie. Das war nicht einmal eine Lüge. Als der, den sie zu kennen glaubte, hatte Pierre sich jedenfalls nicht herausgestellt. Seitdem waren zehn Jahre vergangen. In so langer Zeit konnten Menschen sich verändern. Nein, sie wusste wirklich nicht, mit wem sie es zu tun haben würde.

Ihr Blick glitt über die Reihen von Weinstöcken, die an den Hängen des Barossa Valley wuchsen. Wie viele Stunden hatte sie schon an diesem Fenster verbracht und hinausgesehen? Früher als Mädchen, ungeduldig wartend, dass der Vater auftauchte, um Feierabend zu machen und mit ihr nach Hause zu gehen. Später als Frau, um sich zu entspannen. Sie liebte den Blick auf die Weinberge. Aber wie lange durfte sie ihn noch genießen? Irgendwann würde der Tag kommen, an dem L’Alliance sie wie eine Altlast einfach entsorgen würde.

In der Ferne entdeckte sie einen sich nähernden weißen Wagen. Es war ein Taxi. Ihr Körper verkrampfte sich im gleichen Augenblick. „Ich glaube, er kommt.“

Tasha trat hinter sie und schaute ihr über die Schulter. „Soll ich ihn in Empfang nehmen?“ Ihre Augen glänzten vor Neugier. Gewiss ahnte sie nichts von Beths zwiespältigen Gefühlen für den Besucher.

„Ja, mach das.“

„Wie sehe ich aus?“ Tasha fuhr sich mit den Fingern durch die kurzen schwarzen Locken.

„Schön wie immer“, sagte Beth und unterdrückte das Bedürfnis, sich ebenfalls das Haar zu richten. Der Blick aus dem Fenster hatte ihr diesmal nicht geholfen. Sie war aufgewühlt und versuchte, wenigstens ruhig zu atmen.

In den vergangenen zehn Jahren hatte sie sich zwar von Pierre gelöst, aber die Erinnerung an ihn war nie verblasst. Schmerzhaft und äußerst lebendig verfolgte sie Beth bis in ihre Träume. Nun brach dieser Mann erneut in ihr Leben ein. Wieder befand sie sich in der schwächeren Position, und er hatte erneut die Macht, sie zu verletzen.

Bald hörte sie Tashas Lachen. Wie schnell er sie für sich eingenommen hatte! Dann quietschte die Haustür in den Angeln. Schritte hallten auf den Dielen. Sie kamen unbarmherzig näher und näher.

„Hallo, Babette.“

Nicht dieser Name! Er klang tief in ihrem Inneren nach. Beth holte tief Luft, um ihrem Schwächegefühl Herr zu werden. Schließlich setzte sie ein geschäftsmäßiges Lächeln auf und drehte sich um.

„Pierre. Du bist schon da?“ Sie ignorierte Tashas verblüfftes Gesicht, schaute den hochgewachsenen Mann an und sah in ihm … den Zwanzigjährigen, in den sie sich einmal verliebt hatte. Es dauerte eine Weile, bis ihr auffiel, dass er das dunkelbraune gewellte Haar jetzt kürzer trug, zumal es noch immer so ungebändigt wirkte wie früher. Fremd machte ihn eigentlich nur der elegante Geschäftsanzug. Dann, auf den zweiten Blick, entdeckte sie die Strenge in seinen männlichen Zügen und die ersten Fältchen um seine dunklen, fast schwarzen Augen.

Beth zwinkerte, um nicht wieder der Faszination seiner Augen zu erliegen. Dieser Mann war ihr Feind, aber leider musste sie irgendwie mit ihm auskommen.

Plötzlich entdeckte sie an ihm auch etwas Neues. Es drückte sich in seiner Haltung und seiner Körpersprache aus. War es Überheblichkeit? Selbstsicherheit? Oder fühlte er sich in ihrer Gegenwart einfach nur unwohl? Dafür hätte sie Verständnis gehabt, denn ihr ging es mit ihm genauso. Wenn sie sich nicht sofort setzte, würden ihre Knie nachgeben. Sie ging zurück zu ihrem Schreibtischstuhl, auf dem schon ihr Vater gesessen hatte.

„Nimm doch Platz, Pierre“, sagte sie und ärgerte sich, weil ihre Stimme leicht zitterte. „Tasha, bringst du uns bitte einen Kaffee?“

„Aber natürlich. Mögen Sie ein paar Kekse dazu?“ Tasha lächelte Pierre an. Mit bewundernden Augen verfolgte sie, wie der große breitschultrige Mann sich in einem Besuchersessel niederließ. „Schokoladenkekse vielleicht? Für die hat Beth nämlich eine Schwäche.“

Beth sah sie entgeistert an. Sie wollte nicht, dass Pierre von ihren Schwächen erfuhr. „Nein, Tasha. Keine Kekse, bitte.“

Als Tasha das Büro verließ, bedankte sich Pierre mit einem Lächeln. Dann wurde er wieder ernst. Beth hatte ihn schließlich auch nicht angelächelt. Oder sollte er dieses winzige Zucken ihrer Mundwinkel bei der Begrüßung etwa als Lächeln deuten? Ihre Reserviertheit wunderte ihn nicht, und er war froh, dass sie sich wenigstens nicht verstellte. Dazu passte, dass sie ihn nicht abgeholt hatte. Jede Form des Entgegenkommens lehnte sie offenbar ab.

Er rieb sich das Kinn. Es war rau. Der Flug hierher war lang gewesen. Vielleicht hätte er sich am Flughafen rasieren und frischmachen sollen. „Babette …“

„Bitte“, sie hob die Hand, „nenn mich doch Beth.“

Er nickte und erinnerte sich an den Tag, als er ihren Namen zum ersten Mal aus dem Mund seines Vaters gehört hatte. Babette … Babette, die Tochter von Laurence Lowe, würde in Frankreich ein Praktikum machen. Die ganze Familie Laroche war gespannt auf die Neunzehnjährige, die bei ihnen arbeiten und wohnen sollte. Pierre war sofort fasziniert gewesen von dem temperamentvollen Mädchen mit den sprühenden, ungewöhnlich grünen Augen …

„Entschuldige, ich habe dich unterbrochen. Was wolltest du sagen?“

Es war ihm entfallen. Ihr durchdringender, fast feindseliger Blick machte ihm zu schaffen. Aber sonst hatte sie sich nicht verändert, äußerlich wenigstens nicht. Außer …

„Warum hast du dein Haar abgeschnitten?“

Beths Augen weiteten sich, und sie griff unwillkürlich nach den schulterlangen Strähnen. Sofort bereute er die persönliche Bemerkung. Offenbar hatten der anstrengende Flug und ihr vertrauter Anblick ihn unvorsichtig gemacht. Er rückte die Krawatte zurecht und räusperte sich. „Tut mir leid. Es geht mich wirklich nichts an.“

Die alten Zeiten waren ein für alle Mal vorbei, Erinnerungen waren nur hinderlich für seine Aufgabe. Bisher hatte er alle Aufträge, die nach Australien führten, immer abgelehnt. Diesen Kontinent empfand er als Sperrgebiet. Aber da er nun einmal herkommen musste, wäre es doch gelacht, sich einen Routinejob so schwer zu machen. Er war ja kein leicht zu beeindruckender Zwanzigjähriger mehr, sondern längst erfolgreicher Geschäftsführer eines großen Konzerns. Dass er sich im Moment nicht ganz auf der Höhe fühlte, lag allein am Schlafmangel. Sobald er sich ausgeruht hätte, würde er loslegen, seine Arbeit bald erledigt haben und wieder abreisen.

„Hattest du einen angenehmen Flug?“

Ein wohliger Schauer durchrieselte ihn. Früher war ihm das oft passiert. Er sprach auf ihre Stimme an. Ihr raues Timbre wirkte wie eine Berührung auf ihn. Diese Schwäche musste er loswerden. Er beugte sich vor, um sich auf das zu konzentrieren, was ihn hergeführt hatte. Das Geschäft.

„Ja, und ich hatte dabei genügend Zeit, um die Bilanz zu studieren.“

Die Bilanz … Beth war fast erleichtert, dass er direkt dieses Thema anschnitt. Auf Zahlen hatte sie sich vorbereitet. Damit konnte sie umgehen. Besser als mit Bemerkungen über ihre Frisur. Was ging ihn ihr Haar an? Sie hatte es erst kürzlich abschneiden lassen, weil sie hoffte, damit mehr dem Image einer tüchtigen Managerin zu entsprechen. Doch leider sah sie mit der neuen Frisur jünger und mädchenhafter aus als vorher.

Tasha kam mit einem Tablett zurück. Sie hatte sich die Lippen nachgezogen, was vollkommen unnötig gewesen wäre. Auch ohne Make-up sah sie umwerfend aus.

Sie reichte dem Gast eine Tasse. „Ich muss gestehen, dass ich enttäuscht bin, Pierre“, sagte sie. „Ich habe einen sexy französischen Akzent erwartet, aber Sie hören sich an wie ein Amerikaner.“

„Ich halte mich meist in den Staaten auf. Im Moment arbeite ich von Kalifornien aus.“

„Na, das erklärt alles. Aber wenn Sie Lust haben, in Ihrer Muttersprache zu sprechen, kann ich wenigstens mit ein paar Redewendungen aufwarten. Beth spricht übrigens flüssig Französisch.“

„Ja, das habe ich nicht vergessen.“

Tasha sah irritiert von einem zum anderen. „Habt ihr euch denn schon einmal getroffen?“

„Ja“, sagte Beth rasch. „Vor vielen Jahren. Aber lass dich nicht aufhalten. Ich komme gut allein zurecht.“

Tasha machte ein verdutztes Gesicht, verabschiedete sich dann aber freundlich.

Beth war froh, als sie endlich gegangen war, ohne weitere peinliche Fragen zu stellen. Pierre hatte das anscheinend nichts ausgemacht. Er unterdrückte ein Gähnen.

„Wollen wir gleich mit dem Geschäftlichen anfangen, oder möchtest du lieber erst ins Hotel gehen und dich ausruhen? Ich nehme an, du hast ein Zimmer in der Ferienanlage gebucht.“

Er zuckte die Schultern. „Mein Büro hat mir gesagt, dass du dich um meine Unterbringung kümmern würdest.“

Davon wusste sie nichts. „Für dich ist kein Zimmer reserviert worden?“

„Nein, soweit ich weiß nicht.“

Ihre Gedanken rotierten. Im Tal begann ein Golfturnier. Die Ferienanlage war deshalb wahrscheinlich ausgebucht. Ein anderes Hotel gab es weit und breit nicht.

„Bitte, entschuldige mich. Ich muss sofort telefonieren.“ Sie wandte ihm den Rücken zu und griff zum Hörer. Nach wenigen Sekunden erhielt sie die befürchtete Antwort: Nichts zu machen, kein Zimmer mehr frei.

Im Tal gab es zwar eine Reihe kleiner Ferienhäuser für Gäste, die sich selbst versorgten. Doch ihr kamen Skrupel, ihn dort unterzubringen, zumal ihr eigenes Gästehaus leer stand. Außerdem wollte sie Pierre nicht vor den Kopf stoßen. Vor ihm lag schließlich ein Berg Arbeit.

„Pech gehabt.“ Sie drehte sich wieder zu ihm. „Aber das ist keine Katastrophe. Du kannst bei uns in der Scheune unterkommen.“

„In der Scheune?“

Sie biss sich auf die Lippe, um das Lachen zu unterdrücken, als sie merkte, dass er sie missverstanden hatte. „Es war mal eine Scheune“, erklärte sie. „Deshalb nennen wir das Gebäude immer noch so. Wir vermieten es an Gäste. Es ist sehr komfortabel.“

„Aha“, sagte er trocken. „Wahrscheinlich steht es frei, weil es diesen negativen Namen hat.“

„Unsinn“, sagte sie heftig. „Es ist sehr beliebt und meist vermietet. Du hast Glück gehabt, dass Gäste kurzfristig abgesagt haben. Ich bringe dich hin.“

Sie stand auf und stürmte aus dem Büro, machte im Flur jedoch Halt. Dort stand sein Koffer. Groß und wahrscheinlich schwer. Die Scheune lag zwar nur einen kurzen Fußweg von der Weinkellerei entfernt, aber er führte bergauf. „Das Gepäck bringe ich später mit dem Wagen nach. Zusammen mit den Lebensmitteln.“

„Das ist nicht nötig. Ich kann meinen Koffer selbst tragen.“

Sie zuckte die Schultern. „Wie du meinst“, sagte sie und setzte sich wieder in Bewegung.

Draußen empfingen sie gleißender Sonnenschein und Temperaturen, wie sie im Süden Australiens üblich waren. Mal sehen, wie er damit zurechtkam. Es dauerte immerhin ein paar Minuten, ehe sie Pierre hinter sich auf Französisch fluchen hörte, was ihr einen Grund gab, sich nach ihm umzudrehen.

Er war stehen geblieben, hatte seine dunkle Anzugjacke ausgezogen, über den Koffer gelegt und die Krawatte gelockert. Nun krempelte er die Ärmel seines Hemdes bis zu den Ellbogen auf.

Sein Anblick versetzte Beth einen Schlag. Denn erst jetzt entdeckte sie, wie muskulös er geworden war. Breitschultrig und groß war er schon früher gewesen, doch jungenhaft knochig. Nun besaß er den muskulösen Körper eines Mannes.

„Mit so einer Hitze habe ich nicht gerechnet.“

„Wir Einheimischen finden es nicht heiß“, sagte sie über die Schulter zurück. „Ich hoffe, das Wetter bleibt so. Im letzten Jahr hatten wir um diese Zeit eine Hitzewelle. Danach wurde es ungewöhnlich kalt, sodass es eine Weile dauerte, bis der Zuckergehalt der Trauben wieder stieg.“

Pierre holte sie ein.

„Aber bis zur Weinlese bleibst du ja nicht.“

„Meine Aufgabe wird bald erledigt sein.“

Die Wahrheit, kurz und bündig ausgesprochen. Wie schrecklich sie klang! Er würde kurzen Prozess machen und in null Komma nichts das Lebenswerk ihres Vaters und ihre berufliche Existenz vernichten. So viel Skrupellosigkeit verschlug ihr die Sprache.

„Was hast du vorhin gesagt, du wolltest mir Lebensmittel bringen?“

„Die Scheune hat eine Küche. Ich werde dir einen Korb mit heimischen Produkten zusammenstellen. Fürs Frühstück und Mittagessen. Abends fahren die meisten Gäste auswärts essen.“

Aber ihm stand ja kein Auto zur Verfügung. Im eigentlichen Sinn war er auch kein Gast, sondern der Herrscher über ihre Zukunft. Es war keine gute Idee, ihn sich selbst zu überlassen, solange er noch keinen Mietwagen hatte. Sie musste Pierre so behandeln wie jeden anderen Geschäftsführer, den die Konzernleitung ihr hätte schicken können. Auch wenn es ihr schwerfiel. „Heute Abend bist du zum Essen in meinem Haus herzlich willkommen“, sagte sie.

Die Einladung schien ihn zu überraschen. Er zögerte, bedankte sich dann aber und nahm sie an. „Ich bin nicht gewohnt, für mich zu kochen“, bekannte er.

„Tasha wird auch dabei sein und Maurice. Mein … der Mann, mit dem ich zusammen bin.“ Hoffentlich hatten die beiden überhaupt Zeit!

Wenigstens wusste er nun, dass sie nicht zehn Jahre auf ihn gewartet hatte. Nein, sie hatte ihr Leben weitergelebt.

Pierre reagierte nicht, aber sie spürte, dass er sie anschaute.

„Wir haben es geschafft“, sagte sie endlich und zeigte auf das Haus. „Die meisten alten Scheunen hier im Tal wurden ursprünglich im deutschen Stil gebaut. Diese hier ist untypisch, sie hat französische Vorbilder, wie du siehst.“

Er nickte, und sie schloss auf. Dann stieß sie die Tür weit auf und trat ein. Wie immer lächelte sie zufrieden, wenn sie sich in dem rechteckigen Raum mit den alten Steinwänden umschaute. Die modernen bequemen hellen Sofas wirkten einladend, der hölzerne Esstisch mit den Stühlen lud zu Geselligkeit ein, und die offene Küche mit Arbeitsplatten aus Granit war geschmackvoll und praktisch. Pierre war neben sie getreten, hielt den Koffer noch in der Hand und versuchte, sich an das gedämpfte Licht zu gewöhnen.

„Na, was sagst du dazu?“, fragte sie ihn.

„Sehr hübsch.“

Sie deutete auf eine Tür. „Dahinter befindet sich eine Treppe. Oben findest du zwei Schlafzimmer, jedes mit eigenem Bad. Du kannst dir eins aussuchen.“

Er setzte das Gepäck ab und ging in die Mitte des Raums. „Hier ist es viel schöner, als ich gedacht habe.“

Sie ging zurück zur Tür. „Mein Haus ist dort drüben, hinter der Weinkellerei. Du kannst es nicht verfehlen. Wir erwarten dich um sieben Uhr zum Abendessen. In Freizeitkleidung, falls du so etwas mitgebracht hast. Okay?“

„Okay.“

Sie verließ die Scheune und eilte davon.

Sobald Beth gegangen war, ging Pierre zur Tür und sah ihr nach, wie sie leichtfüßig den staubigen Weg zurückging. Obwohl sie erwachsen geworden war und seit dem Tod ihres Vaters die Verantwortung für das Weingut und die Kellerei auf ihren Schultern lastete, umgab sie noch immer diese fast kindliche Aura von Verletzbarkeit. Kein Wunder, dass Frank Asper ihr nicht zutraute, die Geschäfte weiterzuführen.

Eine Brise erfasste ihr leichtes Sommerkleid und drückte es gegen ihren Körper. Ihm wurde heiß. Das Gefühl, das ihn durchströmte, hatte Ähnlichkeit mit Begierde. Aber das durfte nicht sein. Diese Frau durfte er nicht begehren. Nicht nach dem, was sie ihm angetan hatte.

Er schloss die Tür mit einem lauten Knall und verfluchte seinen Chef, weil er ihn nach Australien geschickt hatte. Seine Versuche, sich herauszureden, waren vergeblich gewesen. Frank hatte nicht nachgegeben, sondern darauf bestanden, dass sein Talent hier gefragt wäre. Was er damit meinte, blieb Pierre ziemlich schleierhaft.

Offenbar hatte sich Frank eine Meinung von Beth gebildet und hielt sie für stur. Auch Pierre konnte sich gut vorstellen, dass sie nicht gewillt war, ihren Managementstil zu verändern und Neuerungen zu akzeptieren. Wahrscheinlich wollte sie die Geschäfte so weiterführen, wie ihr Vater sie geführt hatte. Wenn sie sich nicht einsichtig und flexibel zeigte, würde man sie herausschmeißen.

Er wollte seinen Untersuchungen nicht vorgreifen, aber sein Instinkt sagte ihm, dass er wahrscheinlich gezwungen sein würde, vorzuschlagen, Beth durch einen erfahrenen Manager zu ersetzen. Um Lowland Wines stabil im Konzern zu verankern, benötigte das Unternehmen jemanden an der Spitze, der den internationalen Weinmarkt kannte. Einen Macher mit Ellbogen. Wenn Babette nicht kooperierte, musste sie gehen.

Er seufzte. Frank hatte ihm versprochen, dass dies seine letzte außereuropäische Aufgabe sein würde. Pierre stand kurz vor einer Beförderung, was bedeutete, dass er in Zukunft für die Zentrale in Frankreich tätig sein würde. Er war froh darüber. Das Herumziehen und Herumreisen war er leid. All das, was er sich für sein weiteres Leben vorgenommen hatte, setzte ein stabiles Zuhause voraus. Je schneller er sein Gutachten über Lowland Wines fertigstellen würde, desto besser für ihn.

2. KAPITEL

Auf dem Rückweg legte sich Beths Aufregung nur langsam, obwohl sie fand, dass sie das Schlimmste überstanden hatte. Alles andere würde sie auch bald hinter sich gebracht haben, denn Pierre hatte ja vor, ihren Fall schnell abzuwickeln.

Er war geradezu gelassen gewesen, während ihr das Herz beim Wiedersehen bis zum Hals geschlagen hatte.

Leider war er noch attraktiver geworden. Aber abgesehen davon erkannte sie ihn kaum noch wieder. Aus dem schüchternen, musisch begabten jungen Mann war ein pragmatischer Geschäftsführer geworden, von dem sie nichts Gutes zu erwarten hatte.

Mit festen Schritten nahm sie den kürzesten Weg über die Wiese und steuerte das eine der beiden neunzig Jahre alten Landhäuser an, in dem sich inzwischen der Außerhausverkauf und der Ausschank der Weinproben befanden.

Die rustikalen Tische und Bänke, die davor im Schutz von Sonnenschirmen auf dem Rasen standen, waren alle noch unbesetzt. Beth öffnete die Glastür und ging hinein. Auch drinnen waren keine Gäste, nur Tasha bei der Arbeit.

„Ach, du bist es nur“, sagte sie und sah von der Weinkarte auf.