Karibische Nächte - heißer als Rache - Michelle Smart - E-Book

Karibische Nächte - heißer als Rache E-Book

Michelle Smart

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Beschreibung

Das wird Immobilientycoon Gianni Rossi büßen! Issy Seymore und ihre Schwester haben Rache geschworen, denn dessen Familie hat ihren Vater in den Bankrott getrieben. Raffiniert bringt Issy den Milliardär dazu, sie auf einer Luxusjacht durch die Karibik zu begleiten. Schritt zwei: Ihre Schwester wird in seiner Abwesenheit den Rossi-Immobilienkonzern sabotieren. Issy ahnt nicht, dass Gianni sie durchschaut. Bei dem gefährlich erotischen Spiel ist er ihr einen Schritt voraus – sein Gegenzug ist ein Heiratsantrag unter den Sternen der Karibik!

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2023 by Michelle Smart Originaltitel: „Bound by the Italians ‘I Do’“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA, Band 2614 09/2023 Übersetzung: Nicole Lacher

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751518796

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Issy Seymores Handy summte. Ihr Taxi war auf dem Weg.

Sie blickte ihre Schwester an und las Sorge in deren Augen. Es war so weit. Alles, worauf sie das letzte Jahrzehnt hingearbeitet hatten, sollte sich jetzt auszahlen. All das Pläneschmieden am späten Abend. All die Raffinesse.

Wenn es endlich losgeht, werde ich euphorisch sein, hatte Issy gedacht. Sie war nicht darauf gefasst gewesen, eine solche Last im Bauch zu spüren, der dank jahrelanger eiserner Disziplin flach und straff war. Gianni Rossi bevorzugte einen bestimmten Frauentyp. Kleine Brünette mit einer Neigung zur Rundlichkeit fielen nicht in die Kategorie.

„Wir tun doch das Richtige, oder?“, flüsterte sie.

Amelia schluckte schwer und nickte. „Aber falls du kalte Füße hast und einen Rückzieher machen willst …“

„Nein“, unterbrach Issy sie kopfschüttelnd. „Keine kalten Füße. Nur Lampenfieber.“

Ihre Schwester rieb sich die Arme und lächelte halb betrübt, halb verständnisvoll. Die leichten Schatten unter ihren Augen zeugten vom Schlafmangel, der nun schon fünf Wochen andauerte. Damals hatten die Geschwister erkannt: Endlich ist die Gelegenheit günstig.

Um diesen Punkt zu erreichen, war Amelia ein hohes Risiko eingegangen. Zwei Jahre hatte sie im gegnerischen Lager verbracht, jede Minute mit der Angst, aufzufliegen. Wie die Seymore-Schwestern zu ihrem Leidwesen wussten, besaßen die Rossi-Cousins kein Gewissen. Keinen Funken Menschlichkeit. Die Männer hatten ihr Leben zerstört. Jetzt wollten Issy und Amelia sich revanchieren. Die Rossis sollten erleben, wie es sich anfühlte, ruiniert zu werden. Wobei sie unmöglich denselben Schaden erleiden konnten wie die Familie Seymore damals.

Während Amelia sich zwei Jahre lang jeden Arbeitstag in die Schusslinie begeben hatte, war Issy hinter den Kulissen in die Internetwelt abgetaucht. Heute musste sie vortreten und ihre Rolle in der realen Welt spielen. Sie streckte den Rücken durch und machte sich so lang, wie es ihre eins fünfundfünfzig zuließen.

Damit entlockte sie Amelia ein Lächeln – den ersten Anflug von Humor, den eine von ihnen heute hatte aufbringen können. „Denk dran, in seiner Gegenwart die Schuhe anzulassen. Bevor du ihn auf die Jacht gelockt hast, soll er nicht merken, wie klein du bist.“

Issy prustete, fiel ihrer älteren Schwester um den Hals und drückte sie innig.

„Du meldest dich, sobald du gelandet bist?“, fragte Amelia, während sie die Umarmung erwiderte.

„Ehrenwort.“

„Hast du auch dein Charme-Abwehrspray eingepackt?“

Issy schnaubte und drückte ihre Schwester noch etwas fester. „Du weißt doch, dass ich es nicht brauche.“

Amelia löste sich von ihr und legte ihr beide Hände auf die Wangen. „Versprich mir, vorsichtig zu sein. Geh keine unsinnigen Risiken ein.“

„Versprochen. Du musst aber auch vorsichtig sein.“

Das Gesicht ihrer Schwester verschattete sich, doch sie lächelte. „Bin ich immer.“

Issys Handy summte erneut. Ihr Taxi war da.

Eine letzte Umarmung, ein Kuss auf Amelias Wange, und sie musste gehen.

Der Zeitpunkt war gekommen, um in die Karibik zu fliegen und jenen Plan umzusetzen, an dem sie zehn Jahre gefeilt hatten.

Zehn Tage zuvor …

Gianni Rossi wusste, wenn eine Frau sich für ihn interessierte. Und die attraktive Blondine mit den fabelhaften Beinen an der Bar des exklusiven Clubs hatte definitiv Interesse.

Mit katzenartiger Anmut war sie durch die Tür geschwebt. Auf ihrem Weg an seinem Tisch vorbei hatten sich ihre Blicke kurz getroffen. Am Tresen angekommen, hatte sie den Kopf gedreht und ihn noch einmal angesehen. Diesmal nicht nur flüchtig. Jetzt saß sie da und trank einen Cocktail durch einen Strohhalm. Das Glitzern in ihren Augen legte nahe, dass sie lieber an etwas anderem gesaugt hätte.

Er pflegte nie eine schöne Frau abzuweisen, die unverhohlen zeigte, dass er ihr gefiel. Deshalb entschuldigte er sich bei seinen Begleitern, ging zum Tresen und deutete auf den Barhocker neben ihr. „Darf ich?“

Sie lächelte mit vollen, überaus verlockenden Lippen. Ihre dunkelblauen Augen leuchteten. „Nur zu.“

Gianni nahm Platz und winkte den Barkeeper heran. „Möchten Sie einen Drink?“, fragte er die Frau.

Das Leuchten in ihren Augen wurde noch intensiver. „Sicher.“

„Einen großen Bourbon für mich und einen …?“ Fragend zog er eine Braue hoch.

Grübchen erschienen in dem schönen Gesicht der Fremden. „Mojito. Bitte.“

„Einen Mojito für die Dame.“

Während der Barkeeper die Drinks zubereitete, musterte Gianni die Frau fachmännisch. Ihre schimmernden honigblonden Haare waren schulterlang und ein wenig heller als ihre perfekt gezupften Brauen. Sie hatte bezaubernde elfenhafte Gesichtszüge. Das kurze silbrige Paillettenkleid mit Spaghettiträgern hatte offenbar ein hübsches Sümmchen gekostet. Auch die Armbanduhr an ihrem zierlichen Handgelenk sah kostspielig aus, und die Diamantohrringe ließen erahnen, dass er neben einer anspruchsvollen Frau mit beträchtlichen Finanzmitteln saß. Wieso war er ihr noch nie über den Weg gelaufen?

Er streckte ihr die rechte Hand hin. „Gianni.“

Schlanke Finger schlossen sich um seine. Ihr teures exotisches Parfüm umwehte ihn wie eine duftende Wolke. „Issy.“

„Ich habe Sie noch nie hier gesehen … Issy.“ Der Name passte nicht zu dieser eleganten, selbstbewussten Frau mit der melodischen Stimme. Ihr Akzent klang wie jener der englischen Salonlöwinnen, die zu seinen Partys strömten, wann immer er in London war.

Sanft zog sie die Hand aus seiner und lächelte ihn mit hübschen weißen Zähnen an. „Ich bin zum ersten Mal hier.“

Seine Mundwinkel hoben sich wie von selbst zu einem Lächeln. „Tatsächlich?“

Wissend zog sie eine Braue hoch. Ohne Gianni aus ihren hinreißenden blauen Augen zu lassen, schloss sie die Lippen um den Strohhalm und trank den Rest ihres Cocktails.

Die unterschwellige Erotik ließ das Blut schneller durch seinen Körper fließen. Verdammt, diese Frau war heiß. Er stützte einen Ellbogen auf den Tresen und legte das Kinn auf die Faust. „Warten Sie auf jemanden?“

„Meine Freundin. Wir treffen uns hier, bevor wir ins Amber’s gehen. Sie ist spät dran.“

„Freundin?“

„Ein weiblicher Freund“, erklärte sie belustigt. „Warum? Was dachten Sie, wen ich meine?“

Er lächelte verhalten. „Ich glaube, das wissen Sie sehr gut.“

Wieder zog sie eine Braue hoch.

„Sind Sie in festen Händen?“, kam er zum Wesentlichen.

Langsam schüttelte sie den Kopf. „Das Leben ist zu kurz, um in festen Händen zu sein.“

Eine Frau nach seinem Geschmack. „Ich bin ganz Ihrer Meinung.“

„Sie sind auch Single?“

„Immer.“

„Na, darauf trinke ich gern.“ Jetzt stützte auch Issy einen Ellbogen auf den Tresen, dicht an seinem, und legte das Kinn auf die Faust. „Also …“ Sie neigte den Kopf etwas näher. „Gianni … Sie sind Italiener?“

„Sì.“

Sie lächelte vielsagend. „Ein italienischer Hengst?“

Oh, er liebte eine Frau mit Sinn für Zweideutigkeiten. „So hat man mich in der Tat schon genannt.“

Ohne jegliche Scham musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. „Das glaube ich gern.“

Der Barkeeper brachte die Drinks. Gianni hob sein Glas. „Auf das Singledasein.“

Issy stieß mit ihm an und sah ihm kühn in die Augen. „Auf den Spaß“, erwiderte sie, nahm den Strohhalm ihres Mojitos zwischen Daumen und Zeigefinger und steckte ihn langsam in den Mund. Die unmissverständliche Andeutung fachte Giannis Erregung an.

Ihr Handy summte. „Entschuldigung.“ Sie zog es aus der Abendtasche, las die Nachricht und tippte rasch eine Antwort. Dann sah sie Gianni bedauernd an. „Das ist mein Signal für den Aufbruch, fürchte ich.“

„Schon?“

„Ich dachte auch nicht, dass ich so bald gehen müsste, aber heute ist Camillas Geburtstag. Eigentlich wollten wir uns hier treffen. Nun ist sie so spät dran, dass sie schon zum Amber’s vorgefahren ist und ihren Fahrer hergeschickt hat, damit er mich abholt. Er wird gleich hier sein.“ Sie bedachte Gianni mit einem provokativen Blick. „Camilla hat bestimmt nichts dagegen, wenn Sie mitkommen.“

Gianni war schon öfter im Amber’s gewesen, einem winzigen Nachtclub, den fast ausschließlich die britische High Society besuchte. Widerstrebend zeigte er mit der freien Hand zum Tisch mit den drei Männern. „Ich bin zu einer Pokerrunde verabredet, aber ich kann mich später zu Ihnen gesellen … Wenn Sie möchten?“

Sie trank den letzten Schluck Mojito. Als sie den Strohhalm freigab, zog sie die Unterlippe verführerisch ein Stückchen mit. „Ich möchte schon“, murmelte sie. „Allerdings muss ich leider früh ins Bett. Spätestens um Mitternacht, sonst verwandle ich mich in Aschenputtel.“

Er legte seine Finger auf die makellos manikürte Hand mit den lackierten Nägeln, die Issy Millimeter für Millimeter näher geschoben hatte, und sah ihr tief in die Augen. Nichts liebte er mehr als eine sexy, selbstbewusste Frau, die genau wusste, was sie wollte, und es auch zeigte. Eine Frau wie diese. Sie war schön. Blond. Langbeinig. Außerdem stellte sie ungeniert klar, dass sie ihn wollte. Die perfekte Kurzzeit-Gespielin. „Mir würde es ebenfalls guttun, früh ins Bett zu gehen.“

Ihre dunkelblauen Augen glänzten, als sie sich auf die Unterlippe biss. „So verlockend Ihr unausgesprochenes Angebot auch ist – leider muss ich ablehnen. Ich fliege morgen früh nach Barbados und brauche meinen Schönheitsschlaf.“

„Barbados?“

Issy nickte und stand auf. „Meine Jacht liegt in einem Hafen von Bridgetown. Ich segle jeden Sommer ein paar Monate.“

„Was für ein Zufall. In wenigen Wochen fliege ich selbst in die Karibik.“

Ihre Augen weiteten sich ebenso überrascht wie entzückt. „Wirklich?“

„Ja. Wir können uns treffen … Wenn Sie möchten?“

Sie tat nicht einmal so, als müsse sie darüber nachdenken. Stattdessen beugte sie sich so weit vor, dass ihre seidigen Haare seinen Hals streiften. „Das möchte ich sehr gern“, flüsterte sie ihm ins Ohr und trat lächelnd zurück. „Wie ist Ihre Nummer?“

Gianni nannte sie, und Issy speicherte sie auf ihrem Handy. Dann verkündete sie:

„Meine Kutsche ist hier.“

„In dem Fall gehen Sie besser, bevor Sie sich in Aschenputtel verwandeln.“

Ihre Augen leuchteten, als sie leise lachte. „Hat mich gefreut, Gianni.“ Sie warf ihm einen Luftkuss zu und stöckelte auf ihren sagenhaft hohen Stilettos zum Ausgang – genauso sexy und selbstbewusst, wie sie in die Bar gekommen war. Die sanft gerundeten Hüften schwangen hin und her.

Kopfschüttelnd sah er ihr nach und versuchte, ein Lachen zu ersticken. Was bitte schön war eben in nur ein paar Minuten passiert?

Er kehrte zu seinen Freunden zurück und spielte mit der Idee, statt der Pokerrunde lieber ins Amber’s zu fahren, bevor Issy sich in Aschenputtel verwandelte.

Da summte sein Handy.

Der Ball liegt in Ihrem Feld. Hoffentlich treffen wir uns bald zu ein bisschen Spaß in der Karibik. Issy x

Er schrieb ihr zurück.

Freu mich drauf. Ich melde mich. G x

Issy hielt das erste Taxi an, das ihr entgegenkam, und schlüpfte hinein. „Nelson Street, Brockley“, sagte sie zum Fahrer.

Erst als der Club nur noch ein Pünktchen in der Ferne war, konnte sie wieder halbwegs normal atmen.

Sie hatte es geschafft.

Während sie die Stilettos abstreifte, in denen sich ihre Füße wie in Schraubstöcken anfühlten, schickte sie Amelia eine kurze Nachricht.

Es hat funktioniert! Er ist voll drauf reingefallen! Bin auf dem Heimweg. xx

Dann lehnte sie den Kopf zurück und schloss die Augen. Ihr war übel. Gleichzeitig fühlte sie sich wie beseelt. Und unruhig. Etliche Emotionen schienen in ihrem nahezu leeren Magen herumzuschwappen.

Amelia hatte geschworen, bei Rossi Industries handfeste Beweise für die Korruption der beiden Cousins zu finden. Sie und Issy mussten sicher sein, dass es nicht nur um Rache ging, sondern um einen guten Zweck. Dass sie andere Familien vor dem Schicksal ihrer eigenen Familie bewahrten. Als Amelia vor fünf Wochen erklärt hatte, die Zeit sei reif, fehlte Issy der handfeste Beweis noch. Vor drei Tagen hatte ihre Schwester gesimst, sie sei endlich darauf gestoßen.

Plötzlich wollten ihr die beiden Mojitos hochkommen. Sie presste eine Hand auf den Mund und drängte die Übelkeit zurück.

Noch resoluter allerdings verdrängte sie das Bild von Gianni Rossi, der sie ansah, als würde er sie nur zu gern mit Haut und Haar verschlingen.

Und noch entschlossener als das wollte sie vergessen, welche Euphorie in dem Moment durch ihren Körper geflutet war.

Rob Weller war ein guter, wenn auch unpünktlicher Freund. „Leute, ich habe eben die heißeste Frau aus diesem Club gehen sehen“, schwärmte er und setzte sich an den Tisch.

„Jede Wette, es war die Frau, die Gianni gerade aufgerissen hat“, meinte Stefan grinsend.

„Ich habe sie nicht aufgerissen“, stellte Gianni klar.

„Du hast ihr deine Nummer gegeben, das habe ich gesehen.“

Gianni lächelte. Er hatte ständig Dates, behielt die Einzelheiten aber für sich. Außerdem gab es in diesem Fall gar nichts zu erzählen. Nur eine kurze, unglaublich sinnliche Unterhaltung war es gewesen … Mit dem Potenzial für mehr als eine sinnliche Unterhaltung.

Fünfzig Wochen pro Jahr schuftete er. Auf Partys ließ er es krachen, aber die Arbeit kam zuerst. Auch für Alessandro, seinen Cousin und Geschäftspartner. Sie waren wie Brüder aufgewachsen. Mit zwölf Jahren hatten sie beschlossen, ihren eigenen Weg im Leben zu gehen – einen Weg, der rasch wegführte von ihren abscheulichen Vätern. Sie hatten sich die Finger wund gearbeitet, um ihre Immobilienfirma zu einem milliardenschweren, weltweit renommierten Unternehmen zu machen.

Alessandro nahm selten frei und ging nie aus, weshalb Gianni ihn schon vor langer Zeit Mönch getauft hatte. Doch obwohl Andro nur die Arbeit kannte, konnte er nachvollziehen, dass Gianni gelegentlich Dampf ablassen und seine Batterien aufladen musste. Deshalb gönnte er ihm auch die beiden Wochen in der Karibik jeden Sommer. Diese vierzehn Tage waren unantastbar. Rossi Industries hätte schon niederbrennen müssen, damit Andro seinen Cousin während dieser Zeit störte oder zuließ, dass jemand anders es tat.

„Langbeinige Blondine im kurzen silbrigen Kleid?“, fragte Rob.

„Genau“, bestätigte Stefan.

„Ich hätte mich fast in das Taxi gestürzt, das sie angehalten hat, damit ich mit ihr streiten kann, wem von uns beiden es zusteht.“

„Sie hat ein Taxi angehalten?“, fragte Gianni.

„Ja.“

„Hat kein Wagen auf sie gewartet?“

„Nein. Sie ist in ein ganz normales Taxi gestiegen. Warum?“

Gianni zuckte mit den Schultern. „Nur so.“

Eigenartig. Issy hatte ihm erzählt, der Fahrer ihrer Freundin würde sie abholen. Wozu die Lüge? Er ließ den letzten Schluck Bourbon die Kehle hinunterrinnen und lächelte. Noch mehr als eine sexuell selbstbewusste Frau faszinierte ihn nur eine sexuell selbstbewusste, rätselhafte Frau, deren Geheimnis gelüftet werden wollte.

Seine jährliche Reise in die Karibik konnte gar nicht bald genug starten. Sie verhieß eine Menge Spaß.

Sobald Issys Magen nicht mehr rebellierte, tippte sie auf ihr Handy. „David? Isabelle Seymore hier.“

„Issy! Was kann ich für dich tun, Darling?“

„Es ist Zeit.“

„Wofür?“

„Du weißt schon. Für eine Jacht.“

Schweigen. „Wann brauchst du sie?“

„Nächsten Freitag.“

„So bald?“

„Ich habe dich vorgewarnt, dass es bald passieren muss, wenn es so weit ist.“

David seufzte. „Brauchst du sie nach wie vor zwei Wochen?“

„Ja.“

„Mit vollständiger Crew?“

Issy presste Daumen und Zeigefinger auf die Nasenwurzel. „Ja. Mindestens zwölf Meter lang. Wie wir es vereinbart haben, als ich sechs Monate umsonst für dich gearbeitet habe.“

David nannte sich selbst Makler für Reiche. Brauchte jemand übers Wochenende einen Privatjet? Dann war David der richtige Mann. Wollte man auf den letzten Drücker eine Party mit Catering und Show auf einer abgelegenen Insel steigen lassen? Dann rief man David an.

Als Amelia den Job bei Rossi Industries ergattert hatte, war Issy Mädchen für alles bei David geworden. Dafür hatte sie ein Sabbatical in ihrem Beruf als Krankenpflegehelferin eingelegt. Sechs Monate Schuften für David, ohne Lohn, gefühlte hundert Stunden pro Woche, alles für diesen Moment. Wäre sie früher nicht die beste Freundin seiner Schwester gewesen, hätte er auf zwölf Monaten bestanden.

Niemand konnte den Seymore-Schwestern Halbherzigkeit vorwerfen.

Das Taxi stoppte vor dem heruntergekommenen Appartementblock, den die beiden ihr Zuhause nannten. Issy zwängte ihre geschwollenen Füße in die Schraubstöcke und ging wie auf Eiern die Treppe hinauf. Wie gewohnt war der Fahrstuhl defekt.

Ihre Erinnerung kehrte zu jenem Tag zurück, an dem sie gelernt hatte, dass Monster wirklich existieren. Ein Sonntag war es gewesen. Ihre Mutter hatte einen Braten zubereitet. Die dreizehnjährige Issy war für das Gemüse zuständig gewesen, die fünfzehnjährige Amelia für Yorkshire-Pudding und Soße. Beim Essen hatten die Eltern darüber gesprochen, ihre Töchter eine Woche früher aus der Schule zu nehmen, damit die Familie möglichst viel Zeit im Ferienhaus in der Toskana verbringen konnte.

Als es klingelte, ging Mrs. Seymore zur Tür. Sie war eine lebhafte, schöne Frau mit bemerkenswerter Ausstrahlung. Wenig später kehrte sie mit sorgenvoller Miene zurück und flüsterte ihrem Mann etwas zu. Er stand auf und entschuldigte sich.

Issy steckte sich gerade eine Röstkartoffel in den Mund, als aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters laute Stimmen ins Esszimmer drangen. Ohne ein Wort schlichen die Schwestern mit ihrer Mutter hinaus, um vor der geschlossenen Tür zu lauschen. Die Besucher sprachen mit starkem Akzent, allerdings so deutlich, dass man jedes höhnische, beleidigende Wort verstehen konnte.

„Du bist erledigt, alter Mann. Je früher du das akzeptierst, desto besser – um deinetwillen.“

„Was dir gehört hat, gehört jetzt uns, du erbärmlicher Abklatsch von einem Mann.“

„Alles gehört uns.“

„Sag auf Wiedersehen zu deiner Firma – und Hallo zu Luzifer. Er wartet schon auf dich.“

Schritte ertönten. Issy und Amelia klammerten sich aneinander, als die Tür aufschwang und zwei große dunkelhaarige Männer in maßgeschneiderten Anzügen aus dem Arbeitszimmer schlenderten. Wie Gangster in den Filmen, die Issy nicht sehen durfte.

Als Thomas Seymore schließlich auf der Schwelle erschienen war, hatte er zwei Jahrzehnte älter gewirkt. Am folgenden Morgen waren seine dunklen Haare schlohweiß gewesen. Ein Jahr später war er gestorben. Und zehn Jahre später war seine Frau nur noch ein Schatten ihrer selbst. Eine Frau, die Aufputschmittel brauchte, um morgens aus dem Bett zu kommen.

Dieser grauenhafte Tag hatte Issy und Amelia zusammengeschweißt. Wie sehr, konnten sich die Rossi-Cousins nicht vorstellen. Selbst dann nicht, wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, an die beiden unschuldigen Mädchen zu denken, die unter ihren scheußlichen Taten gelitten hatten. Seit damals bildeten die Schwestern eine Einheit mit einem einzigen Ziel.

Rache.

2. KAPITEL

Die Palazzo delle Feste strahlte unter der blendenden karibischen Sonne. Allerdings hätte die Jacht Issy sogar bei Regen geblendet.

Sie blinzelte ungläubig und sah David an. „Wie um alles in der Welt hast du dieses Ding für mich organisiert?“

Lässig winkte er ab. „Nenn mich einfach Magier.“

Sie wandte sich wieder der riesigen Jacht zu, die angedockt vor ihr lag. Sechs Monate unentgeltliche Arbeit für die Benutzung einer eleganten, modernen, wenigstens zwölf Meter langen Jacht. So lautete die Vereinbarung. Aber diese Jacht war bestimmt dreimal so groß! „Sie ist ein Traum, aber viel zu übertrieben.“ Zu auffällig. Wie konnte man sich damit aus dem Staub machen, falls etwas schiefging?

„Tut mir leid, Darling. In dieser Saison sind alle Jachten entweder schon vermietet, oder die Eigentümer nutzen sie selbst.“

„Aber das hier entspricht nicht unserer Vereinbarung.“

„Darling, ich biete dir eine der tollsten Superjachten, und du beschwerst dich? Sie hat einen Hubschrauberlandeplatz, zwei Pools, Bibliothek, Kino, Kasino, Schönheitssalon, Spa und eine Rutsche, auf der du direkt ins Meer gleiten kannst. An Bord sind ein Rennboot, Jetski und jede Menge anderer Wassersportgeräte, nur für dich.“

Issy strafte David mit einem frostigen Blick.

Er lachte. „Oh, Isabelle. Warum so ernst? Du bist in der Karibik. Eine Superjacht mit zwanzigköpfiger Crew steht dir zur Verfügung. Amüsier dich, Darling.“

„Hast du wirklich keine kleinere Jacht für mich?“

„Weißt du, was dämlich ist? Dieselbe Frage wieder und wieder zu stellen und auf eine andere Antwort zu hoffen.“

Auf der gegenüberliegenden Seite des Hafens stand Gianni auf dem Balkon seiner Hotelsuite. Durch ein Fernglas beobachtete er Issy und den Makler. Seine schöne Betrügerin sah nicht begeistert aus. Schließlich ließ sie die Schultern sinken und gab sich geschlagen.

Gianni lächelte.

Gut gemacht, David, dachte er. Nichts am Verhalten des Maklers legte nahe, dass etwas im Argen lag. Die Aussicht auf eine Viertelmillion, falls die Schwindlerin diese Jacht akzeptierte, war zu verlockend. Das Geld würde sich zu den hunderttausend Pfund gesellen, die Gianni schon an David überwiesen hatte. Informationen hatten nun mal ihren Preis, und diesen Preis zahlte er gern.

Er schickte Issy eine Nachricht.

Bin gerade gelandet. Kann es nicht erwarten, Sie zu treffen. G x

Woher er wusste, dass sie eine Betrügerin war? Instinkt. Außerdem waren die Beweise erdrückend. Eine schöne Frau betrat einen Club, der als Oase der Reichen und Mächtigen galt, um sich einen Mann zu angeln. Sie hatte ihre Rolle wunderbar gespielt. Dieser Schlafzimmerblick. Das verführerische Lächeln. Dann das Glanzstück – ihre Begeisterung für das Singledasein. Ein unverbindliches Intermezzo hatte sie in Aussicht gestellt, bei dem jedem Mann das Wasser im Mund zusammengelaufen wäre. Dabei hatte sie clever ihre Jacht ins Spiel gebracht, um sich finanziell auf Augenhöhe mit ihm zu beschreiben. Hätte Rob nicht gesehen, dass sie ein Taxi angehalten hatte, wären Gianni keine Zweifel gekommen. So aber konnte er Issy zumindest eine Lüge nachweisen.

Deshalb hatte er einen Mitarbeiter herumfragen lassen, ob in einem der Häfen von Bridgetown die Jacht einer schönen Blondine namens Issy lag. Niemand kannte die Frau, doch die Recherchen förderten eine wertvolle Information zutage: Der aalglatte englische Makler David Reynolds wollte eine Jacht leihen. Nicht mieten. Und der notorische Geizkragen wollte sie nicht für sich selbst. Obendrein brauchte er die Jacht ab dem Tag, an dem Gianni in die Karibik flog.

Sein Mitarbeiter hatte einen Plausch mit David gehalten und im Austausch gegen eine beträchtliche Summe Bargeld erfahren, dass die Jacht für die alleinige Nutzung einer gewissen Isabelle Clements benötigt wurde.

Gianni glaubte nicht an Zufälle. Um sich Gewissheit zu verschaffen, bot er der mysteriösen Frau seine nagelneue Jacht an, die Palazzo delle Feste.

Sein Instinkt trog ihn nicht. Bei der schönen Issy handelte es sich um Isabelle Clements.

Sie war in der Tat eine Hochstaplerin.

Sein Handy summte. Sie hatte geantwortet.

Was für ein Zufall! Bin gerade im Hafen eingelaufen! Nach wie vor Lust auf ein Treffen bei Freddo’s?

Seit der von ihr inszenierten Begegnung hatten sie miteinander oft Nachrichten getauscht und telefoniert. Er fand es amüsant, sich zu erkundigen, was Issy so machte. Was für Lügen sie ihm wohl auftischte? „Oh, ich war schnorcheln“ oder „Ich habe Freunde in St. Lucia besucht“. Die Telefonate machten ihm am meisten Spaß. Nicht nur wegen der Vorstellung, wie Issy sich wand, wenn er sie zwang, Lügen aus dem Hut zu zaubern. Auch wegen ihrer schönen, humorvollen Stimme, die seine Vorfreude noch steigerte. Eine Affäre mit einer bezaubernden Schwindlerin mit Sinn für Humor – welcher Mann hätte da widerstehen können? Rasch tippte er die Antwort:

Würde ich um nichts in der Welt verpassen. 17 Uhr? G x

Sekunden später antwortete sie.

Perfekt. x

Er grinste jungenhaft. Lasst die Spiele beginnen.

Issy gab sich alle Mühe, nicht in Panik zu verfallen. Spätestens morgen musste sie Gianni auf ihre Jacht locken. Das stellte kein Problem dar, aber wie sollte sie die Besitzerin spielen, wenn sie sich auf der Palazzo delle Feste überhaupt nicht auskannte?

Am liebsten hätte sie David einen Tritt versetzt. Immerhin hatte er beteuert, die Crew werde jedem Gast an Bord erzählen, Issy sei die Eigentümerin. Man werde ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen, ohne dass sie Befehle erteilen musste. Ein Glück, denn sie tat sich schwer damit, Anweisungen zu geben. In erster Linie, weil sie es verabscheute, herumkommandiert zu werden.

Damit Amelia sich keine Sorgen machte, simste Issy ihr ein Foto ihres opulenten Schlafzimmers. Dass David Mist gebaut hatte, erwähnte sie nicht. Amelia musste sich auf ihre eigene Aufgabe konzentrieren und erreichen, dass Rossi Industries sich mit einer bestimmten Firma zusammentat. In Wirklichkeit war diese Firma keineswegs so, wie Amelia es auf dem Papier aussehen ließ. Falls Rossi Industries sich darauf einließ, würde der Dominoeffekt Gianni und Alessandro Rossi ruinieren.