Katzenjammer - Frauke Scheunemann - E-Book
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Frauke Scheunemann

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Beschreibung

Wo die Liebe hinbellt

Geschafft! Endlich hat Dackel Herkules für Frauchen Carolin den richtigen Mann gefunden: Marc, Tierarzt und echter Hundeversteher. Als sie in der Wohnung über Marcs Praxis zusammenziehen, ist Herkules selig. Nur der Kater Herr Beck, Dackels bester Freund, bleibt skeptisch. Nach seiner Erfahrung ist das Leben reichlich kompliziert. Recht hat er: Denn da gibt es leider noch Sabine, Marcs Exfrau, die plötzlich wieder Interesse an ihrem Verflossenen zeigt. Und die schöne Cherie, eine elegante Golden-Retriever-Dame, die von Herkules glühend verehrt wird, aber ihrerseits den zwei Köpfe kleineren Dackel komplett ignoriert. Kurz: Schon bald hat Herkules alle Pfoten voll zu tun, seine Menschen vor neuen Katastrophen zu bewahren und Cheries Herz vielleicht doch noch für sich zu erobern …

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Seitenzahl: 381

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Inhaltsverzeichnis

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Katzenjammer, der [katzənjamər]: die Ernüchterung nach überschwänglicher Freude

EINS

Mein Leben ist schön. Und es wird täglich schöner. Zufrieden räkle ich mich auf dem kleinen Rasenstückchen unseres Vorgartens und beobachte drei Männer dabei, wie sie schwere Kartons aus unserem Haus heraustragen und in dem großen Lastwagen verstauen, der auf der Straße davor parkt.

Ein tiefes Seufzen neben mir erinnert mich daran, dass nicht alle mit dem heutigen Tag so glücklich sind wie ich. Ich schaue über meine Schulter und sehe meinen Freund, den Kater Herrn Beck, der langsam auf mich zugeschlichen kommt.

»So. Und das soll nun also das vielbeschworene Happy End sein. Na ja.« Becks negative Ausstrahlung macht mich noch wahnsinnig! Warum kann er sich nicht einfach mal mit mir freuen?

»Ja, das ist das Happy End, Punkt!«

»Meiner Erfahrung nach gibt es das bei Menschen gar nicht. Glückliche Enden, meine ich. Die finden immer ein Haar in der Suppe.«

»Okay, von mir aus. Auf alle Fälle ist es MEIN Happy End.« Beck seufzt und schüttelt den Kopf. Das sieht bei einem dicken schwarzen Kater immer sehr fatalistisch aus. »Also dann wird es jetzt ernst, oder?« Er setzt sich neben mich.

»Ja, ich schätze mal noch zehn Kartons, dann sind sie fertig. « Beck nickt und schweigt. Vielsagend, wie mir scheint.

»Nun komm schon! Für uns wird sich gar nichts ändern. Wir bleiben weiterhin die besten Freunde.« Beck sagt nichts. »Okay, ich verstehe ja, dass es für dich netter wäre, wenn wir weiterhin im gleichen Haus wohnen würden. Aber ich habe mir immer eine richtige Familie gewünscht. Und dazu gehören für mich eben mehrere Menschen. Und Kinder. Ich bin so froh, dass Carolin glücklich mit Marc ist, ich wäre mit ihr auch sonst wohin gezogen. Und jetzt ist es doch nur die andere Seite des Parks.« Beck sagt immer noch nichts. Ich unternehme einen letzten Anlauf. »Außerdem bin ich tagsüber immer noch da. Ihre Werkstatt behält Carolin schließlich hier im Haus. Es geht doch nur um die Wohnung.« Becks Schwanzspitze zuckt.

»Lass gut sein, Kumpel. Ich hatte mich eben doch mehr an dich gewöhnt, als ich es selbst für möglich gehalten hätte. An einen Dackel! Das muss man sich mal vorstellen. Hätte man mir das vor einem Jahr geweissagt, ich hätte es mit Abscheu und Empörung von mir gewiesen. Offensichtlich werde ich altersmilde.«

»Nee, ich würde sagen, du bist einfach schlauer geworden und hast erkannt, dass der Hund nicht nur der beste Freund des Menschen, sondern auch des Katers ist. Ist doch nicht das Schlechteste.« Für diese Bemerkung ernte ich einen weiteren abgrundtiefen Seufzer. Gut, das hat wohl keinen Sinn. Dann soll er eben weiter hier rumhängen und Trübsal blasen. Das ist für mich an diesem aufregenden Tag natürlich keine Alternative, und ich beschließe nachzuschauen, wie weit Carolin schon mit dem ganzen Krimskrams ist, der nicht in Kartons gepackt wurde. Vielleicht kann ich noch irgendwas aus dem Kühlschrank abstauben? Ich bilde mir ein, dass der heute Morgen noch gut gefüllt war. Zumindest roch es ganz vielversprechend, als Carolin ihn öffnete, um eine Tüte Milch herauszunehmen.

Die Wohnung – unsere Wohnung! – sieht ganz seltsam aus: Das Sofa, auf dem Carolin und ich so oft zusammen gekuschelt haben, fehlt, ebenso alle anderen Möbel. Nur das kleine Tischchen mit dem Telefon steht noch im Wohnzimmer, einsam und verlassen. Ansonsten wirkt der Raum nun wie eine Halle. Ich gebe es ungern zu, aber bei diesem Anblick wird mir doch ein bisschen mulmig, und ich hoffe, dass Becks Bemerkung über Menschen und das Fehlen von glücklichen Enden nur sein übliches Geunke war. Carolin und Marc werden sich das schon gründlich überlegt haben.

In diesem Moment packen mich zwei riesige Hände und wuchten mich nach oben. Autsch! Nicht so grob!

»Na, Kleiner? Was stromerst du denn noch hier rum?« Ich blicke direkt in die Augen eines dunkelhaarigen Mannes, den ich noch nie zuvor gesehen habe. Er gehört offensichtlich zu den Menschen, die gerade die Wohnung ausräumen, jedenfalls trägt er die gleichen Arbeitsklamotten wie die anderen und riecht nach Schweiß. Jetzt wiegt er mich ein wenig hin und her, als würde er überlegen, was er mit mir anstellen soll. Sofort runterlassen!, möchte ich am liebsten laut rufen, ich bin schließlich kein Möbelstück. In Ermangelung einer menschlichen Stimme muss ich mich aber leider darauf beschränken, den Typen anzuknurren. Der zieht die Augenbrauen hoch.

»Nanu? Wirste etwa frech?«

Bitte? Wer rückt denn hier wem auf die Pelle? Ich knurre noch lauter. Vorsicht! Normalerweise beiße ich nicht, aber wenn es gar nicht anders geht …

»Also gut, du hast es nicht anders gewollt.«

Mit diesen Worten setzt mich Herr Grobian in den Umzugskarton, der noch neben dem Telefontischchen steht. Bevor ich auch nur daran denken kann herauszuhüpfen, schließt er den Deckel. Um mich herum wird es dunkel, und der Geruch von Pappe und Staub steigt in meine Nase. Sofort schwappt eine Woge der Erinnerung über mich hinweg: Schloss Eschersbach, mein Geburtsort, und der alte von Eschersbach, der mich in einen ebensolchen Karton hebt. Mich, den Dackelmischling Carl-Leopold, den er in seiner Zucht nicht duldet. Mein Erstaunen, als ich beim Verlassen des Kartons feststelle, dass ich nicht mehr zu Hause, sondern an einem Ort namens Tierheim bin. Und mein Entsetzen, als sich dieser Ort als wahrer Alptraum herausstellt, aus dem mich Carolin allerdings schon nach einem Tag rettet. Und mich fortan Herkules nennt. Ich beginne zu winseln.

»He, Sie! Haben Sie da etwa gerade meinen Hund in einen Karton gesteckt?«

Durch die Pappe klingt Carolins Stimme ganz dumpf, trotzdem erkenne ich sie natürlich sofort. Der Deckel wird wieder aufgeklappt, Carolins Gesicht erscheint am oberen Rand, mit ihren großen, hellen Augen schaut sie mich mitleidig an.

»Du Armer! Kein Wunder, dass du weinst! Ganz allein in diesem dunklen, engen Karton!«

Sie hebt mich heraus und streichelt mir über den Kopf.

»Alles wieder gut, Herkules. Und Sie merken sich mal eines«, faucht sie den Mann an, »Finger weg von meinem Hund, sonst gibt es gleich richtig Ärger!«

Der guckt sie so blöd an, wie es tatsächlich nur Menschen können. Natürlich – wenn denkende Wesen dem Stumpfsinn anheimfallen, ist es eben viel dramatischer, als wenn beispielsweise ein Goldfisch komplett unterbelichtet ist.

»Is ja gut, is ja gut – ich wollte dem Kleinen doch nichts tun. Nur ein bisschen mit ihm spielen!«

Aha, der wollte nur spielen. Unter Hundebesitzern ja angeblich eine beliebte Ausrede für verzogene Vierbeiner. Dass jetzt schon Zweibeiner darauf zurückgreifen, sagt so einiges über den Zustand aus, in dem sich die Menschheit befindet. Carolin setzt mich wieder auf den Boden, und ich überlege kurz, ob ich an dem Idioten mein Bein heben soll – verwerfe den Gedanken aber als niveaulos. Ein Carl-Leopold von Eschersbach pinkelt nicht aufs Parkett.

Der Mann verzieht sich, und Carolin kniet sich neben mich und streicht sich eine Strähne ihres langen blonden Haares aus dem Gesicht.

»So, Herkules, den sind wir erst mal los. Aber vielleicht gehst du trotzdem wieder in den Garten? Nicht, dass dir gleich der Nächste auf die Pfoten tritt.«

Auf keinen Fall! Meine Mission lautet schließlich Kühlschrank! Ich laufe also Richtung Küche. Dort angekommen, warte ich, bis Carolin mir gefolgt ist, setze mich auf meinen Po und gucke sie so treuherzig an, wie es mir als Dackel nur möglich ist. Zur Unterstreichung meiner Bedürftigkeit fiepe ich noch ein bisschen und hebe eine Vorderpfote. Carolin lacht.

»Aha, daher weht der Wind! Monsieur hat Hunger. Na gut, ein kleiner Snack ist wohl okay.« Sie öffnet die Kühlschranktür und nimmt ein Schälchen heraus. Hm, obwohl die Portion kalt ist, breitet sich ein verführerischer Geruch in der Küche aus. Lecker! Herz!

»Also, die Mikrowelle ist schon verpackt, die Töpfe auch. Frisst du es auch kalt?«

Klaro! Immer her damit! Sie stellt mir das Schälchen vor die Füße, und ich mache mich gleich darüber her.

»Ach, hier steckst du!« Marc steckt seinen Kopf durch die Küchentür. Carolin dreht sich zu ihm herum und strahlt ihn an.

»Herkules hatte ein bisschen Hunger, und den Kühlschrank muss ich sowieso noch ausräumen. Hast du auch Appetit auf irgendetwas?«

Marc stellt sich neben sie.

»Hm, lass mal überlegen. Ja, es gibt tatsächlich etwas, worauf ich richtig Appetit habe.« Blitzschnell packt er Carolin, zieht sie in seine Arme und gibt ihr einen langen Kuss. Mir wird ganz warm und wohlig. Von wegen »kein Happy End« – die beiden sind glücklich miteinander, das sieht ein Blinder mit Krückstock. Selbst, wenn er ein Kater ist.

Carolin kichert und strampelt sich los.

»He, so werden wir hier nicht fertig! Also, möchtest du nun noch einen Joghurt oder vielleicht ein Stück Salami?«

Marc schüttelt den Kopf.

»Nein, danke! Ich wollte eigentlich nur schauen, wie weit ihr hier seid. Meinst du, ihr schafft den Rest in einer halben Stunde? Oder brauchen die Jungs noch länger? Denn dann würde ich jetzt schon mal Luisa von der Schule abholen. Sie war heute Morgen ziemlich aufgeregt, ich habe ihr versprochen, dass sie heute nicht in den Hort zu gehen braucht.«

Carolin nickt.

»Ja, das ist eine gute Idee, mach mal. Wenn sie auch nur ansatzweise so aufgeregt ist wie ich, braucht sie bestimmt ein bisschen väterlichen Beistand. Und ich glaube, wir kommen in der nächsten Stunde auch ohne dich aus.«

»Alles klar, dann düse ich mal los.« Er dreht sich, um zu gehen, überlegt es sich dann aber anders und nimmt Carolin wieder in den Arm.

»Glaub mir, ich bin auch verdammt aufgeregt. Aber auch verdammt glücklich.« Dann küsst er sie noch einmal und verschwindet aus der Küche. Carolin schaut ihm eine ganze Weile versonnen hinterher, dann schüttelt sie kurz den Kopf.

»So, Herkules. Genug geträumt! Wenn wir in einer Stunde fertig sein wollen, gibt es noch einiges zu tun.« Sie öffnet wieder die Kühlschranktür und beginnt, diverse Flaschen und Schalen herauszuräumen. Einige verstaut sie in einem Karton, der neben ihr auf dem Boden steht, andere wirft sie in den großen Müllsack neben der Küchentür.

Gut, etwas zu fressen scheint es also nicht mehr zu geben, dann kann ich eigentlich auch wieder in den Garten. Menschen beim Aufräumen zuzusehen ist nicht wirklich interessant.

Unten angekommen, halte ich kurz Ausschau nach Herrn Beck, sehe ihn aber nirgends. Dafür komme ich an Marc vorbei, der offenbar noch nicht losgefahren ist, sondern zwei Möbelpackern irgendwelche Anweisungen gibt. Als er mich sieht, beugt er sich zu mir herunter.

»Sag mal, Herkules, hast du vielleicht Lust mitzukommen, wenn ich Luisa abhole? Ich glaube, sie würde sich freuen, dich zu sehen.«

Ich wedele mit dem Schwanz – natürlich habe ich dazu Lust! Luisa ist ein wirklich nettes Mädchen, und seitdem Carolin und ich so viel Zeit bei Marc verbringen, habe ich seine Tochter schon richtig ins Herz geschlossen. Schließlich hat sie auch noch Lust, mit mir spazieren zu gehen, wenn alle anderen Menschen längst streiken.

»Gut, Kumpel, dann mal ab ins Auto, die Schule ist gleich aus.«

Kurze Zeit später hält Marc vor einem großen Gebäude, das wie ein riesiger Schuhkarton mit Fenstern aussieht. Nein, eigentlich eher wie vier riesige Schuhkartons, von denen man zwei aufeinandergestapelt und die beiden anderen links und rechts davon platziert hat. Marc steigt aus und öffnet mir die Tür, ich hüpfe direkt auf den Bürgersteig. Wir laufen los und kommen auf eine große Wiese, die direkt vor dem Schuhkarton-Haus liegt. Ein paar Kinder spielen hier mit einem Ball, die Sonne scheint, eine Mutter sitzt mit ihrem Baby auf dem Arm auf einer Bank. Ein friedliches Bild. Das Leben mit Kindern muss einfach schön sein.

Keine drei Sekunden später ist es mit der Ruhe vorbei. Erst ertönt eine Klingel, und dann bricht ein wahrer Höllenlärm los: Durch die gläserne Eingangstür des Hauses kann ich sehen, wie Kinder geradezu rudelweise auf den Flur stürzen und sich ihren Weg Richtung Ausgang bahnen. Die Glastür schwingt auf, die Kinder schubsen und drängeln nach draußen, sie lachen und singen – und das alles in einer ohrenbetäubenden Lautstärke.

Das ist nun wirklich überhaupt nicht mein Fall, Dackelohren sind schließlich sehr empfindlich. Aber gerade, als ich überlege, schon mal allein zum Auto zurückzulaufen, kommt Luisa aus dem Gebäude. Sie sieht uns sofort und kommt herübergelaufen.

»Papa! Herkules!« Marc bekommt einen schnellen Kuss, dann beugt sich Luisa sofort zu mir herunter und krault mich unter der Schnauze.

»Herkules, mein Süßer! Das ist aber lieb, dass du mich abholst. Seid ihr denn schon fertig mit Packen?« Sie stellt sich wieder auf.

»Ich glaube, ein bisschen braucht Caro noch«, antwortet Marc, »aber heute Nachmittag sollte alles über die Bühne sein.« Luisa nickt, und ihre dunklen, lockigen Zöpfe wippen lustig hin und her.

»Dann können wir doch schnell nach Hause fahren. Ich habe eine Überraschung für Carolin gebastelt.«

Eine Überraschung? Das klingt gut. Aber warum eigentlich nur für Carolin? Schließlich zieht nicht nur sie bei Marc und Luisa ein – ich bin auch mit von der Partie.

»Was ist es denn für eine Überraschung?«, will Marc wissen.

»Das wird nicht verraten, Papa. Fahr uns einfach nach Hause, dann wirst du es gleich sehen.«

Marc lächelt.

»Na gut. Stets zu Diensten, meine Prinzessin.«

»Herr Dr. Wagner, da sind Sie ja endlich!« Die junge Frau, die Marc immer in seiner Tierarztpraxis hilft, stürzt sich gleich auf ihn, kaum dass wir das Haus betreten haben. »Frau Deithard hat schon dreimal angerufen, weil sie sich solche Sorgen um Caramel macht. Können Sie sie kurz zurückrufen? «

Marc rollt genervt mit den Augen.

»Ich habe doch gesagt, dass die Praxis heute geschlossen ist und Sie mir nur die absoluten Notfälle auf den Hals hetzen dürfen und sich ansonsten mal um die Buchhaltung kümmern sollen, Frau Warnke. Und wir wissen doch wohl beide, dass Caramel kein absoluter Notfall ist.«

Frau Warnke guckt schuldbewusst, aber nur circa drei Sekunden lang. Dann lächelt sie.

»Na ja. Aber wir wissen auch beide, dass immerhin Frau Deithard selbst ein absoluter Notfall ist. Ohne Sie, lieber Herr Doktor, ist diese Frau wirklich kreuzunglücklich. Also seien Sie nett und rufen Sie sie an.«

Böse Stimmen behaupten, dass einige Frauchen nur mit ihren Tieren in die Praxis kommen, weil Marc so gut aussieht. Und ganz offensichtlich ist auch diese Frau Deithard Marcs vollen, dunklen Haaren und blauen Augen verfallen. Aber nix da! Der gehört zu uns!

Luisa mischt sich ein.

»Nee, zuerst gehen wir nach oben in die Wohnung. Ich muss noch meine Überraschung auspacken, bevor Carolin kommt.«

»Sie hören es, Frau Warnke. Ich werde an anderer Stelle viel dringender benötigt. Denn falls hier nicht alles fertig ist, wenn der Möbelwagen meiner Freundin ankommt, dann habe ich gleich mit zwei Frauen Stress.«

Frau Warnke grinst.

»Aye, aye, Chef. Aber ich erinnere Sie später nochmal an Frau Deithard. Die bringt es nämlich sonst fertig und steht höchstpersönlich vor der Tür – geschlossene Praxis oder nicht. Und das wäre Ihnen dann bestimmt auch nicht recht.«

Marc seufzt.

»Okay, ich rufe sie nachher an. Versprochen. Und jetzt zeig mir mal, was es mit deiner Überraschung auf sich hat, Luisa.«

Im ersten Stock angekommen, stellt Luisa ihre Tasche in den Flur und nestelt am Verschluss. Neugierig komme ich etwas näher. Lustig, so eine große bunte Tasche mit Schlaufen. Ich schnüffele daran. Sie riecht ein bisschen nach Butterbrot und Apfelsaft – und ganz viel nach Luisa.

»Das ist mein Schulranzen, Herkules.«

Sie öffnet eine Klappe und holt etwas heraus, das wie eine Rolle Papier aussieht. Also ziemlich unspektakulär. Und das soll nun die große Überraschung sein? Ich bin enttäuscht. Ich hatte etwas erwartet, das mindestens auf der Stufe von Fleischwurst oder Kauknochen rangiert, was auch immer das für einen Menschen sein könnte. Sie gibt Marc das Papier, er rollt es auf. Es ist ziemlich lang, und Marc schaut es sich gründlich an. Leider kann ich von unten nicht sehen, was er sieht – aber es muss dann doch etwas Tolles sein. Jedenfalls fängt er auf einmal an zu lächeln, legt das Papier zur Seite und nimmt Luisa in den Arm.

»Vielen Dank, mein Schatz. Das bedeutet mir ganz viel. Und Carolin mit Sicherheit auch. Es ist auch wirklich sehr schön geworden.« Luisa nickt.

»Nicht wahr? Ich habe mir auch echt viel Mühe gegeben und die ganzen zwei Stunden Kunstunterricht dafür gebraucht. Eigentlich sollten wir einen Leuchtturm malen, aber als ich Frau Spengler erklärt habe, was ich machen will und wofür ich es brauche, war sie gleich einverstanden.«

Na toll. An mich denkt natürlich wieder keiner. Hallo, ihr beiden Menschen! Ich will endlich wissen, worüber ihr redet! Zeigt mir doch auch mal die Rolle! Vielleicht muss ich mir ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Ich fange also an zu fiepen und springe an Marc hoch.

»Musst du mal raus, Herkules?«

Ignorant. Und du willst Tierarzt sein? Dann solltest du doch ein Mindestmaß an Einfühlungsvermögen für Vierbeiner besitzen. Aber wenigstens Luisa scheint zu haben, was ihrem Vater fehlt. Sie schnappt sich die Rolle und hält sie mir vor die Nase.

»Hier, guck mal, Herkules. Schön, oder?«

Das ganze Papier ist bunt bemalt und beklebt, außerdem glitzert es. Schaut hübsch aus, auch wenn ich als Dackel wirklich nicht der Farbenspezialist bin. Aber was genau soll das sein?

»Guck mal: hier steht Herzlich Willkommen, Carolin! Schön, dass du da bist! Und daneben habe ich uns alle gemalt, auch dich, Herkules.«

Stimmt. Ich erkenne eindeutig drei Figuren, die wohl ein Mann, eine Frau und ein Kind sein sollen – und daneben einen kleinen Hund mit langen Ohren. Über die Proportionen müssten wir uns nochmal unterhalten, aber natürlich fühle ich mich geschmeichelt, dass mich Luisa hier verewigt hat. Der Sinn der Rolle ist mir allerdings immer noch nicht ganz klar. Und warum sich Marc darüber so freut, auch nicht.

»So«, verkündet dieser, »dann wollen wir das Begrüßungsplakat mal an geeigneter Stelle aufhängen. Wo hättest du es denn gerne?«

Luisa überlegt kurz.

»Vielleicht gleich unten? Wenn man von der Praxis ins Treppenhaus kommt? Dann sieht es Carolin sofort, wenn sie reinkommt. Das wäre doch schön.«

Aha. Eine Begrüßung. Das ist natürlich nett. Wenn auch ein bisschen albern, schließlich sind Carolin und ich mittlerweile doch fast jeden Tag hier. Warum nun gerade jetzt dieses Plakat aufgehängt werden muss, verstehe ich nicht ganz.

»Gut. Ich glaube, ich habe noch irgendwo Teppichklebeband, damit müsste es gut halten.«

Gesagt, getan. Kurz darauf stehen wir zusammen mit Frau Warnke vor dem Aufgang zur Wohnung und bewundern Luisas Werk. Und keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment ertönt eine Hupe, die offensichtlich zu Carolins Möbelwagen gehört. Jedenfalls verschwinden Marc und Luisa sofort nach draußen, ich schließe mich den beiden an.

Tatsächlich. Der gelbe Lastwagen hält vor der Tür, und neben dem Fahrer, der sich als der Blödmann von heute Mittag herausstellt, springt auch Carolin heraus.

»So! Endlich fertig!«

»Dann mal Welcome Home, meine Liebe. Ich würde dich jetzt gerne über die Schwelle tragen, aber ich fürchte, ich habe mich heute Morgen an deinem Klavier verhoben.«

Carolin tätschelt Marcs Wange.

»Du Armer, man wird eben nicht jünger. Aber ich weiß den Gedanken zu schätzen.«

Jetzt zupft Luisa sie ungeduldig am Ärmel.

»Komm mal mit rein!«

Carolin lächelt und nickt, dann gehen die drei ins Haus. Bevor ich noch hinterherlaufen kann, höre ich schon Carolins Stimme.

»Oh, Luisa, wie schön! Das ist ja ein toller Empfang, vielen Dank!«

Ich biege um die Ecke und sehe, wie Marc Luisa und Carolin umarmt. Was er sagt, kann ich nicht hören, aber ich bin mir sicher, dass es irgendetwas ist, was Herrn Beck überhaupt nicht gefallen würde. Etwas Nettes eben. Hat einfach keine Ahnung, der blöde Kater. Natürlich ist das hier ein Happy End. Wir sind endlich eine richtige Familie. Ein Mann, eine Frau und ein Kind. Und ich. Ein kleiner Dackel.

ZWEI

Wirklich, Marc. Entweder du trennst dich endlich mal von ein paar dieser Uralt-Klamotten, oder wir brauchen einen neuen Kleiderschrank. Du hast selbst gesagt, du wolltest mal ausmisten.«

Carolin und Marc stehen vor dem großen Schrank im Schlafzimmer der neuen Wohnung. Vor Carolin liegt ein großer blauer Plastiksack, in den sie gerade ein paar von Marcs Sachen aus dem Schrank gelegt hat. Oder besser gesagt: legen wollte. Denn schon das erste Teil hat Marc umgehend wieder aus dem Sack gefischt.

»Dieses Hemd ist noch so gut wie neu. Guck mal, da ist sogar noch das Preisschild dran.«

»Marc, es sieht aus wie ein Küchenhandtuch. Blau-grün karierter Flanell, gekauft bei Tchibo. Das ist jetzt nicht dein Ernst.«

Das Teil wandert wieder in den Müllsack. Carolin greift erneut in den Schrank und holt etwas hervor, was mich von der Form entfernt an einen der Kittel erinnert, die Marc bei der Arbeit trägt. Es hat allerdings eine Art Blümchenmuster. Sehr ungewöhnlich.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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