Käuzchenruf - Eva Ritzler - E-Book

Käuzchenruf E-Book

Eva Ritzler

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Beschreibung

Er sah sie ruhig an, nur die Hand mit der Waffe zitterte. Jetzt, schoss es Emelie durch den Kopf, hier und jetzt entscheidet sich alles. Ein Käuzchenruf im Wald versetzt Emelie in ein Leben zurück, das nicht ihr eigenes scheint. Erschüttert von den unheimlich vertrauten Bildern will sie der Sache auf den Grund gehen. Die Spuren führen in die Bretagne und zu Philippe Lamballe. Der Nachkomme von Widerstandskämpfern der Französischen Revolution ist keineswegs begeistert von der herumschnüffelnden Touristin mit den mysteriösen Kenntnissen. Denn Emelie weiss vieles, das sie eigentlich nicht wissen kann – über die Vergangenheit der Lamballes und besonders über ein verschollenes Amulett, das Licht in die Familiengeschichte bringen und der Schlüssel zu ihrer eigenen Herkunft sein könnte. Widerwillig macht sich Philippe mit ihr auf die Suche. Die Fahrt durch die spektakuläre Bretagne wird zur Hetzjagd. Denn Philippes Cousin, der psychisch angeschlagene Luc, würde nicht nur alles tun, um das Amulett vor ihnen zu finden, er scheint auch in einen Todesfall verwickelt zu sein. War der vermeintliche Unfall ein Mord? Kann Luc zur Bedrohung werden? Vieles spricht dafür, findet Emelie, und stellt Nachforschungen an. Doch damit löst sie eine Kaskade von Ereignissen aus, in der alle in Gefahr geraten.

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Eva Ritzler

Käuzchenruf

Eva Ritzler

Käuzchenruf

Roman

orte Verlag

Mit Unterstützung von

Kulturförderung Kanton St. Gallen

Stadt St. Gallen

© 2023 by orte Verlag, CH-9103 Schwellbrunn

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Radio und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

Umschlaggestaltung: Brigitte Knöpfel

Umschlagbild: AdobeStock

Gesetzt in Arno Pro Regular

Herstellung: Verlagshaus Schwellbrunn

ISBN 978-3-85830-316-5

ISBN eBook 978-3-85830-318-9

www.orteverlag.ch

Meinen Eltern

Meiner Familie

Inhalt

Prolog

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Quellennachweis

Geh den Weg des Nichtwissens.

Er ist die Visitenkarte des Unbewussten.

Lass alles Vorwissen fahren und sage:

Ich weiss nicht, und ich bin daran interessiert,es herauszufinden.

Milton H. Erickson

Prolog

Emelie hätte nicht sagen können, ob sie ihn zuerst gesehen oder gehört hatte. Vielleicht konnte sie seine Gegenwart auch spüren. Aus irgendeinem Grund hob sie den Kopf und sah direkt in seine schmalen Augen.

Im Bruchteil einer Sekunde war sie auf den Beinen.

Fast unbeteiligt stand der Mann neben dem gewaltigen Stein und beobachtete sie, die Hände in den Taschen seiner Hose vergraben, sein Gesicht ausdruckslos. Der Sturm zerrte an seinen Haaren, an seiner Jacke. Wenige Schritte trennten sie von ihm. Viel zu wenige.

Emelie starrte ihn an, unfähig sich zu rühren. Der Mond hinter den Wolkenfetzen setzte seine Gestalt in ein bleiches, unruhiges Licht. Die Luft vibrierte im Donnern der Brandung.

«Du musstest es also alleine durchziehen.»

Das leise Bedauern in seiner Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

«Wie hast du mich gefunden?», flüsterte sie.

Er reagierte nicht sofort.

Instinktiv wich sie einen Schritt zurück. Sie musste Zeit gewinnen, herausfinden, was er vorhatte. Selbst in diesem Licht konnte sie erkennen, wie bleich er war, wächsern fast. Das Bild einer Puppe schoss Emelie durch den Kopf.

Langsam strich er sich mit einer Hand die Haare zurück.

«War gar nicht so schwer. Du hättest dir mehr Mühe geben müssen, Emelie. Mehr Mühe, ja.»

Es war sein beiläufiger Ton, der Emelie alarmierte.

Und plötzlich verstand sie. Sie hatte ihn falsch eingeschätzt, die ganze Zeit über. Hatte die Dinge auf sich beruhen lassen, obwohl alles so offensichtlich war.

Manchmal bekommt man keine zweite Chance.

Die Erkenntnis traf sie mit einer Wucht, die ihr den Atem nahm. Er würde tun, was er tun musste, nichts würde ihn davon abhalten.

Fieberhaft ging sie ihre Möglichkeiten durch.

Es gab nur eine einzige.

I

Sie wünschte sich meilenweit weg.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen beobachtete Emelie das Markttreiben um sie herum. Dichtes Gedränge. Üppige Düfte, prächtige Farben. Holzbuden mit Blumen aller Art, mit Selbstgebasteltem, Gartenzubehör, Essen und Trinken.

Alles im Überfluss.

«Hey, Emelie!»

Ein unsanfter Stoss zwischen den Rippen, zwei vorwurfsvolle blaue Augen.

«Hast du gehört? Dort drüben gibt’s die weltbesten Burger. Probier mal!» Maggie hielt ihr eine Papiertüte unter die Nase, aus der Mayonnaise und Zwiebelgeruch quoll.

«Nein, ich …», Emelie drehte den Kopf zur Seite, «hab keinen Hunger.»

Maggie schenkte ihr einen ihrer missbilligenden Blicke.

«Ein halbes Jahr, Emelie, ein halbes Jahr Ferien!» Sie biss herzhaft in ihr Brötchen. «Du solltest bestens gelaunt sein.»

«Ein halbes Jahr Zeit nur für mich, himmlische Ruhe, und jetzt das hier.» Emelie machte eine ausladende Geste. «Was ist bloss mit diesen Leuten los? Die eine Hälfte bis unters Kinn mit Einkäufen beladen, die andere Hälfte betrunken.»

«Nennt sich Frühlingsfest, du Stimmungskanone», nuschelte Maggie zwischen zwei Bissen mit einem Blick auf die Papiertüten, die an ihrem Handgelenk baumelten. «Also, wonach steht Madame heute der Sinn?»

«Nach ihrer Ruhe», erklärte Emelie und zwang sich zu einem Lächeln. Trotz allem war sie froh, ihre Freundin wiederzusehen. Maggie war der einzige Mensch, den sie während der letzten Monate vermisst hatte.

«Das wird heute nichts mehr, Maggie. Tut mir echt leid, aber ich gehe.» Emelie packte ihre Handtasche.

«Moment», Maggie fuchtelte mit dem Zeigefinger vor Emelies Nase herum, «ich weiss, was dir hilft.»

Bevor Emelie etwas entgegnen konnte, hatte Maggie sie an einen der kleinen Tische in der Nähe gezerrt.

«Du bleibst hier. Bin gleich wieder da.»

Maggie verschwand im Gedränge, um kurz darauf strahlend und mit zwei gut gefüllten Gläsern Weisswein wieder aufzutauchen.

«Alles wird gut. Entspann dich.»

Maggie, wie sie leibte und lebte. Lächelnd nahm Emelie ihr ein Glas ab.

«Du hast völlig recht. Wenn man zur zweiten Hälfte gehört, erträgt man’s besser.»

Sie nahm einen Schluck, genoss die prickelnde Frische des Weines und betrachtete über die Menge hinweg die Sonne, die gemächlich hinter den Häusern verschwand.

Maggie wickelte ihre Jacke enger um sich und warf Emelie einen prüfenden Blick zu. «Erholt sieht man anders aus als du. Ehrlich.»

«Mein Gott, Maggie, ich bin noch keine zwei Tage zurück!» Ihr gereizter Ton tat Emelie sofort leid.

«Ausserdem schlafe ich schlecht», brummte sie.

«Ist es wegen Marc? Du hast es immer noch nicht abgeschlossen.»

Es war keine Frage gewesen.

Emelie sah Maggie nachdenklich an.

«Weisst du, Maggie, das Beste an dieser Beziehung war ihr Ende. Der Mann, der mich so sein lässt, wie ich bin, muss erst noch geboren werden. Hiermit erkläre ich den Traum von Mann, Kind und Hund für begraben. Aber dafür … bin ich frei! Und muss nicht mehr an asiatischen Stränden bei hundert Prozent Luftfeuchtigkeit vor mich hinvegetieren, wenn ich eigentlich nur am Atlantik Muscheln suchen will.» Nachdrücklich strich sich Emelie eine dunkle Locke aus der Stirn. «Kurzum: Marc hält mich nicht vom Schlafen ab.»

«Aha. Wer tut es dann?»

Keiner machte Maggie diesen spöttischen Blick mit leicht hochgezogenen Augenbrauen nach. Emelie liebte und hasste ihn, aber sie kam nicht dazu, zu kontern.

«Weisst du was?» Maggie stellte ihr Glas ab. «Wir essen gemütlich eine Kleinigkeit, und du bringst mich auf den neusten Stand.»

Es war, als hätten sie sich gestern zum letzten Mal gesehen. Ihre superkluge Freundin, die für alles einen Rat wusste, die niemals wegen irgendetwas beleidigt war. Maggie war da gewesen, als Emelie sich nach der Trennung in ihr geliebtes Haus am Waldrand zurückgezogen hatte. Als sie nicht zur Ruhe gekommen war, übermässig viel Zeit in der Klinik gearbeitet, an den Wochenenden Haus und Garten neugestaltet hatte. Irgendwann war es genug gewesen. Kurzerhand hatte sie ihren Job gekündigt und sich bis auf Weiteres abgemeldet, sogar bei Maggie. Auszeit.

Und jetzt stand sie hier, inmitten dieser wogenden Masse in Feierlaune und fühlte sich völlig fehl am Platz.

«Sei mir nicht böse, ich gehe nach Hause. Aber wie wär’s morgen früh mit Croissants von deinem Lieblingsbäcker?»

«Nur, wenn du um halb sechs aufstehen willst», murrte Maggie. «Du wirst es vielleicht nicht für möglich halten, aber es gibt Leute, die einer geregelten Tätigkeit nachgehen.»

«Also dann bretonische Crêpes zum Abendessen? Dir zu Ehren mach ich den Muscadet auf.» Emelie zwinkerte ihr zu.

«Schön, dann lass uns jetzt nach Hause gehen, wenn’s sein muss. Aber so einfach kommst du mir morgen nicht davon. Ich will alles über das vergangene halbe Jahr hören.»

Grinsend nahm Maggie einen letzten Schluck aus ihrem Glas und blickte auf die Uhr.

«Dort drüben fährt gleich mein Bus. Kommst du mit?»

«Ich brauch noch einen Moment. Wäre schade drum.» Emelie schwenkte ihren Wein im Glas. «Bis morgen, ich freu mich!»

Mit der freien Hand boxte sie Maggie freundschaftlich auf die Schulter. Maggie lachte, dass die Lücke zwischen ihren oberen Schneidezähnen zum Vorschein kam, winkte ihr zu und verschwand mit wippendem Pferdeschwanz in der Menge. Mit einem Lächeln auf den Lippen sah Emelie ihr nach. Es war so einfach mit Maggie.

Der Wein war lauwarm geworden. Emelie verzog das Gesicht und kippte den Rest in einen überdimensionalen Blumentopf mit einer kümmerlichen Palme. Sie liess den Blick über die Menge schweifen. In den letzten Monaten hatte sie die Einsamkeit gesucht und war glücklich gewesen. Jetzt fühlte sie sich allein zwischen all diesen Menschen. Trotzdem beschloss sie, auf dem Rückweg über den Markt zu schlendern. Sie würde sich schon wieder eingewöhnen.

An einer der Holzbuden zogen schön arrangierte italienische Delikatessen Emelies Aufmerksamkeit auf sich. Für den Fall, dass morgen die Crêpes danebengingen. Ihr Vertrauen in die eigenen Kochkünste war nie besonders gross gewesen.

Der Stand war nicht gut besucht, obwohl er offensichtlich neu war. Emelie registrierte den schwachen Geruch der Balken nach Holz und Harz, während sie die Tüten mit hausgemachter Pasta, die Gläser mit den appetitlichen Sossen begutachtete. Sie würde …

Es traf sie völlig unvorbereitet.

Schreie, ein Knall direkt hinter ihr, eine Hand, die nach ihr griff, Sturm und Wellen, der Geschmack von Salz auf den Lippen.

Emelie stand wie erstarrt. Der Markt, die Menschen um sie herum verschwammen vor ihren Augen. Hastig ergriff sie den Pfosten neben ihr, klammerte sich mit beiden Händen fest. In ihren Ohren rauschte es. Sie heftete den Blick auf das Schild, das an der Holzbude angebracht war.

Angeli – Pasta, Olivenöl. Angeli … Angeli …

«Nehmen Sie die Rote. Kann ich nur empfehlen.»

Jemand näherte sich ihr von der Seite, sprach mit ihr. Emelie nahm einen tiefen Atemzug.

«Alles in Ordnung mit Ihnen?»

Langsam drehte sie sich um. Die Stimme gehörte zu einem Mann mit klaren, grünen Augen, die sie aufmerksam musterten.

«Was … was haben Sie gesagt?»

Emelie starrte ihn an. Sie hatte das beunruhigende Gefühl, die letzten Sekunden verpasst zu haben. Der Markt, ja richtig, sie wollte doch …

«Wenn ich Gäste habe, kommt die Rote immer gut an.»

«Entschuldigen Sie, ich …» Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon er redete.

«Die Sosse.» Er sprach jetzt langsam und deutlich, zeigte dabei auf eines der Gläser. «Die rote ist die beste. Hören Sie, geht es Ihnen gut?»

Sie musste weg von hier. Rasch nahm Emelie ein Päckchen Pasta und eine Sosse – die rote – und kramte mit der freien Hand in ihrer Tasche, auf der Suche nach dem Portemonnaie. Was immer sich hier gerade abspielte, sie würde es später ordnen müssen.

Emelie spürte die grünen Augen auf sich. Allmählich nahm sie auch das dazugehörende Gesicht wahr. Offen, klar. Wachsam.

«Sagen Sie, haben Sie einen Geist gesehen?»

«Einen was?» Emelie hielt in der Bewegung inne.

«Genau so sehen Sie aus», erklärte er.

Ohne sie aus den Augen zu lassen, nahm er ihr Pasta und Sosse aus der Hand, ging damit um den Stand herum und begann, alles in Packpapier zu wickeln.

Es dauerte. Das gab Emelie Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten. Mitte fünfzig, dunkelbraunes Haar, dazwischen einige graue Strähnen, Mehrtagebart. Trotz seiner kräftigen Statur waren seine Bewegungen behände, fast elegant.

Er sah sie an. «Geht’s wieder?»

Emelie nickte. Sie fühlte sich wie aus tiefem Schlaf erwacht.

Inzwischen hatte er Wechselgeld hervorgeholt.

«Also, macht dreizehn Euro.»

Er stellte eine Papiertüte vor Emelie hin, während sie das Geld hervorholte.

«Danke. Und schönen Abend noch. Meiner ist hoffentlich auch bald zu Ende.» Er lachte. Sympathisch. «Eigentlich helfe ich nur kurz aus. Das hier ist nicht so mein Fall.»

Er blickte sich um. Offenbar war noch keine Ablösung in Sicht.

«Aber Ihrer wohl auch nicht, hab ich recht? Sie wirken ein wenig … konfus, gelinde gesagt.»

Allmählich ging Emelie die Sache auf die Nerven. Was kümmerte ihn das überhaupt? Sie kannten sich doch gar nicht. Warum liess man sie heute nicht einfach in Ruhe?

Gerade wollte sie ihm eine Retourkutsche geben, als sie den Ausdruck in seinen Augen sah. Echtes Interesse. Mitgefühl. Und noch etwas anderes, das sie nicht benennen konnte. Sie riss sich zusammen.

«Konfus oder nicht, es ist in der Tat erstaunlich, welche Beachtung meine Verfassung bei wildfremden Menschen findet.»

Wieder das sympathische Lachen.

«Entschuldigen Sie, ich hatte nur den Eindruck …», er brach ab.

Sofort bereute Emelie ihre Antwort.

«Es tut mir leid, ich gehe jetzt besser.» Mehr als ein schiefes Lächeln brachte sie nicht zustande. «Wiedersehen. Und nichts für ungut.»

Sie nahm die Tüte und drehte sich um.

«Moment noch.» Er griff in die Innentasche seiner Jacke, zog eine Karte hervor und hielt sie Emelie hin. «Melden Sie sich, wenn Sie möchten. Manchmal muss man ungewöhnliche Wege gehen.»

Einige Sekunden sahen sie sich schweigend an. Dann streckte Emelie die Hand aus, nahm, ohne den Blick von ihm zu wenden, die Karte entgegen und liess sie in ihre Jackentasche gleiten. Sie nickte ihm zu und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Die Luft war zum Schneiden. Genervt schlug Emelie die Bettdecke zurück. Mit zwei Schritten war sie beim Schlafzimmerfenster und riss beide Flügel weit auf. Kühle Frische strömte ins Zimmer. Sie stützte die Hände aufs Fensterbrett, lehnte sich hinaus und holte tief Atem. Es würde regnen heute Nacht, in der Luft lag schon dieser besondere Geruch.

Kein Laut war zu hören, kein Rascheln im Laub, nicht einmal ein Nachtvogel. Emelie horchte in die Dunkelheit, dann kuschelte sie sich wieder in ihre Decken. Sie war todmüde, und wenn sie nicht bald einschlief, würde sie den nächsten Tag vergessen können.

Doch sie wagte nicht, die Augen zu schliessen. Sie fürchtete die Bilder, die – da war sie sicher – in einer dunklen Ecke ihres Unterbewusstseins lauerten und nur darauf warteten, dass sie sich dem Schlaf überliess.

Emelie warf einen Blick über die Bettkante. Halb drei. Es war zum Verzweifeln.

Dann drangen von draussen feine Geräusche herein, die leise Bewegung trockener Blätter, erste Regentropfen. Ganz allmählich wurden die Laute zu einem Flüstern, zu einem sanften Plätschern, das, je länger sie lauschte, leiser und immer leiser wurde.

Ein Umhang, schwarz und wehend im Wind, dahinjagende Pferde, ein Kästchen aus Holz, verziert mit der Lilie, die Lilie der Könige. Schweres Silber auf dunklem Stoff, drei funkelnde Steine.

«Viele Tote und Verletzte, Georges, viele Tote …»

Fackeln in der Dunkelheit, Sturm und Gischt, ein führerloses Boot in der Brandung, das panische Wiehern eines Pferdes.

«Ich werde mich noch heute auf den Weg machen, Georges, auf den Weg, auf den Weg …»

Mit einem Schlag war Emelie hellwach. Graues Licht sickerte ins Zimmer, auf dem Fensterbrett glitzerten Regentropfen. Ihr Herz hämmerte wild.

Sie stand auf und ging über den Flur ins Badezimmer. Ihre Augen wirkten im Spiegel gross und dunkel, schwarz beinahe.

Viele Tote.

Sekundenlang starrte sie sich an, ihr Gesicht bleich, eine steile Falte zwischen den Augenbrauen. Langsam hob sie die Hände und presste ihre Finger an die Schläfen, den Blick auf den Spiegel gerichtet, bis sie den Druck nicht mehr aushielt. Sie schob die verschwitzten Haare aus der Stirn und riss sich von ihrem Spiegelbild los.

Dann streifte sie das Nachthemd ab, liess es auf den Boden fallen. Eine heisse Dusche würde zumindest die Erschöpfung vertreiben.

«Du hast was gemacht?»

Maggies Glas war auf halbem Weg zum Mund abrupt stehengeblieben, der Prosecco schwappte bedenklich hin und her.

«Kaum bin ich weg, lässt du dir von Aushilfsverkäufern an italienischen Fressbuden ihre Visitenkarten zustecken! Ich dachte, du wolltest einen ruhigen Abend? Hast du ihn schon angerufen? Wenn er wenigstens Italiener wäre …»

Maggie schaute so empört, dass Emelie laut loslachte.

«So ein Quatsch, Maggie, vergiss es einfach», sie hob ihr Glas. «Nach dem Prosecco kannst du zwischen Muscadet und Cidre wählen.»

«Auf deine mehr oder minder glückliche Rückkehr!» Maggie prostete Emelie mit einem schiefen Grinsen zu.

«Mit jedem Schluck wird sie glücklicher», kicherte Emelie.

Mit angezogenen Beinen hatte sie sich in eine Ecke des Sofas gekuschelt, Maggie hatte die andere Seite in Beschlag genommen.

«Kompliment», Maggie betrachtete den perlenden Inhalt ihres Glases im Licht, «der ist etwas Besonderes. Ich fürchte fast, eine Flasche wird da nicht reichen. Der Abend ist noch lang.»

Emelie grinste und schälte sich aus ihren Kissen.

«Kein Problem, warte kurz.»

Intensiver Kellergeruch schlug ihr entgegen, als sie die Holztür öffnete und nach dem Lichtschalter tastete. Stufe für Stufe stieg sie zum Vorratsraum hinab, die betagte Treppe knarzte unter ihren Füssen. Im Licht der einzigen Glühbirne inspizierte sie das Wandregal. Die Flaschen mussten hier sein, sie hatte sie doch gerade erst weggeräumt.

Emelie ging in die Hocke und durchsuchte die unteren Fächer. Der Geruch nach Erde wurde intensiver, die Erinnerung an feuchten Waldboden stieg in ihr auf. Im Halbdunkel streckte sie die Hand nach einer Flasche aus.

Dann schien sich der Boden unter ihr zu öffnen.

Der tobende Ozean, Regen im Gesicht.

Donnernde Hufschläge, der Duft von Tannennadeln auf nassem Boden, hastiges Versteck zwischen den Bäumen.

«Zum Meer! Sie warten dort, zum Meer!»

Flucht, Schüsse in nächster Nähe, ein totenblasses Gesicht. Das schaukelnde Boot, Wellen, Dunkelheit.

«Hierher, Georges! Hierher … hierher …»

«Emelie!»

Jemand hatte sie an den Armen gepackt, schüttelte sie.

«Hörst du mich, Emelie? Sieh mich an, komm schon!»

Verschwommen tauchte Maggies Gesicht vor Emelies Augen auf. Es dauerte einen Moment, bis sie ihre Umgebung erkannte. Sie sass auf der untersten Stufe der Kellertreppe. Verständnislos starrte sie auf den zersplitterten Flaschenhals in ihrer Hand.

«Hast du dich verletzt?» Vorsichtig nahm Maggie ihr die Reste der Flasche ab.

Emelie zog sich am Treppengeländer hoch. Mechanisch begann sie, die übrigen Bruchstücke aufzusammeln. Der Geruch von Prosecco hatte sich im Raum ausgebreitet, sich mit dem des erdigen Bodens vermischt.

«Was ist los, Emelie?» Maggie musterte sie mit gerunzelter Stirn. «Bist du hingefallen?»

Emelie hielt inne und starrte auf die Scherben in ihrer Hand. Aus einer Wunde am rechten Daumen quoll dunkles Blut.

«Gefallen, ja», antwortete sie langsam.

Sie konnte die Augen nicht von den Blutstropfen abwenden. Einer nach dem anderen fiel von ihrer Hand und versickerte im Boden.

«Emelie?» Maggie berührte ihre Schulter. «Komm, wir gehen nach oben, ich verarzte das. Gib mir die Scherben.»

Maggie ging hinter ihr die Treppe hoch und verschwand in der Küche. Der Mülleimer wurde geöffnet, es klirrte, Wasser rauschte.

Emelie fand sich auf dem Sofa wieder, ein Taschentuch um den Finger gewickelt. Der Nebel in ihrem Kopf wich allmählich dem Gefühl, nicht mehr atmen zu können.

Nein, hämmerten die Gedanken in ihren Schläfen, ich will, dass es aufhört. Geh weg, lass mich in Ruhe!

«Hier, trink das.»

Maggie war mit einem Glas Wasser und einer Packung Pflaster neben ihr aufgetaucht. Emelie fuhr herum.

«Hey, schon gut, ich bin’s nur!» Kopfschüttelnd reichte Maggie ihr das Glas. «Was ist bloss in dich gefahren? Hast du ein Gespenst gesehen?»

«Hör auf damit, ja?», brachte Emelie heiser hervor.

Sie leerte das Glas in einem Zug. Schweigend versorgte Maggie die Wunde. Auch ohne sie anzusehen, spürte Emelie ihre Blicke auf sich.

«Raus mit der Sprache.» Energisch räumte Maggie Pflasterreste und Desinfektionsmittel zusammen. «Du bist vielleicht hingefallen, aber nicht ohne Grund. Was ist passiert?»

Emelie schüttelte den Kopf, die Augen auf ihre verbundene Hand gerichtet. «Muss ausgerutscht sein.» Sie kam auf die Beine. «Wir sollten essen, bevor alles ungeniessbar wird.»

Das Meer war aussergewöhnlich heute. Die Sonne schien, der Wind war kräftig und liess die Wellen hoch gegen die Felsen schlagen. Georges schaute vom Rand der Klippe aus über den Ozean. Er konnte die Gischt im Gesicht spüren.

So gedankenverloren war er, dass er die Person, die sich ihm von der Seite näherte, erst im letzten Augenblick bemerkte. Georges fuhr herum, entspannte sich aber sofort wieder. Mit rauem Lachen und weit geöffneten Armen kam der ältere Mann auf ihn zu und drückte ihn an sich. Doch dann runzelte er die Stirn.

«Gut, dich noch einmal zu sehen, Georges. Die Lage ist schwierig. Viele Tote und Verletzte auf unserer Seite, und die Blauen rücken vor. Doch die Entschlossenheit unserer Truppen ist ungebrochen. Ich werde mich noch heute auf den Weg in die Vendée machen.»

Georges nickte. Der Gedanke an den Abschied schnürte ihm die Brust zu. Nur der Himmel wusste, ob sie sich wiedersehen würden.

«Ich will dir etwas mit auf den Weg geben.» Alan hob seinen Umhang, holte ein unförmiges Bündel hervor und schlug ein dunkles Tuch auseinander.

Georges beobachtete ihn stumm.

«Für dich.» Alan legte eine Schatulle aus massivem Holz in seine Hände.

Als Georges das geschnitzte Ornament auf dem Deckel erkannte, begann sein Herz schneller zu schlagen. Die Lilie. Das Zeichen der Könige. Die Lilie auf der Flagge der Chouans.

Er öffnete den Deckel. Auf dunklem Stoff lag ein Amulett, wie er noch nie eines gesehen hatte. Er holte Luft und hob es vorsichtig heraus.

Das Wappen der Chouans, aus schwerem Silber. Die Königskrone über drei Lilien, eingerahmt von zwei Käuzchen. Jede Lilie umfasste einen glitzernden Stein. Auf dem schmalen Rand war sein Name eingraviert: Georges Lamballe.

«Das ist wunderbar! Aber ich kann so etwas Wertvolles nicht …»

«Sei beruhigt.» Alan lächelte. «Sein wahrer Wert liegt nicht im Silber. Es steht für unsere Freundschaft und unser gemeinsames Ziel. Es soll dich schützen, wo immer du bist.»

Er legte Georges die Silberkette um den Hals.

«Du siehst aus wie ein König, der König der Chouans!»

Alan lachte und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, dann wurde er wieder ernst.

«Es wird Zeit, Georges, leb wohl. Möge Gott mit dir sein.»

«Ich danke dir von Herzen, mein Freund. Ich werde dein Geschenk bei mir tragen, bis die Tage friedlicher werden und wir uns wiedersehen.»

Sie umarmten sich ein letztes Mal. Alan drehte sich um und ging den Weg an der Klippe entlang zurück.

Georges sah ihm nach. Er prägte sich Alans Bild ein: sein offenes Gesicht, der dunkle Bart, sein schwarzer Hut, der wehende Umhang. Er würde es in seinem Herzen tragen.

Für die dunklen Tage, die jetzt kommen sollten.

Gerade als er sich abwenden wollte, blieb Alan abrupt stehen. Er verharrte bewegungslos, schien zu lauschen.

Jetzt hörte Georges ihn ebenfalls. Er kam aus dem nahegelegenen Wald.

Käuzchenruf.

Alarm und Aufruf zugleich übertönte er Wind und Meer. Georges’ Freunde waren in Not.

Alan lief los, gab Georges ein Zeichen zu folgen. Rasch schaute Georges sich um, hetzte zum Wald, zog im Laufen sein Schwert.

Über ihm der Ruf des Käuzchens, eine nicht enden wollende Anklage. Ein Schmerzensschrei. Kriegsruf.

Emelie setzte sich auf. Sonnenschein fiel auf ihr Bett.

Zu Hause, sie war zu Hause. Nicht am Meer.

Sie liess sich zurück in die Kissen fallen, versuchte, ihren rasenden Puls zu kontrollieren.

Nur ein Traum, kein Grund zur Panik.

Es musste frühmorgens sein, die Sonne war gerade aufgegangen. Und irgendjemand, das fiel ihr jetzt erst auf, veranstaltete einen Heidenlärm in ihrem Garten.

Langsam kroch sie unter der Decke hervor und schlurfte zum Fenster. Ihr Kopf war schwer wie Blei. Sie durfte nicht an Prosecco denken. Oder an Muscadet. Oder, noch schlimmer, an Cidre. Immerhin schaffte sie es, die Augen so weit zu öffnen, dass sie durch das Fenster den Urheber des Getöses ausmachen konnte.

«Guten Morgen!», schallte es ihr beschwingt entgegen. «Habe ich Sie geweckt?»

Draussen stand ein Mann mit einer elektrischen Heckenschere. Der Gärtner. Den hatte sie vollkommen vergessen. Nachdem sie sich gestern nur mit Mühe durch das Gestrüpp um ihr Haus hatte fortbewegen können, hatte sie ihn kurzerhand zu dieser Notfallübung herzitiert. Eigentlich liebte sie Gartenarbeit, aber für die Eindämmung eines sechsmonatigen ungehemmten Wachstums hatte ihr die Lust gefehlt.

So freundlich es ihre Verfassung erlaubte, winkte sie ihm zu und schloss eilig das Fenster. Sie liess sich wieder auf ihr Bett fallen und zog die Decke über den Kopf.

Es war ein entspannter Abend geworden mit Maggie. Alles war gelungen, die Zwiebelsuppe, die Buchweizencrêpes, sogar die Crème brulée.

Zu Emelies Erstaunen hatte Maggie die Sache im Keller auf sich beruhen lassen. Vermutlich feilte sie gerade an einer neuen Strategie, so schnell gab sie nicht auf. Emelie musste lächeln.

Zur Entschädigung hatte sie Maggie in allen Einzelheiten von den vergangenen Monaten berichtet. Wie sie Europa von Nord nach Süd durchquert und sich den äussersten Westen – das Kronjuwel ihrer Reise – für den Schluss aufbewahrt hatte.

Emelie tauchte zwischen ihren Kissen auf und blinzelte ins Licht. Die Bretagne. Es schien ihr, als sei es gestern gewesen, dass sie an jenem stürmischen Nachmittag am Flughafen in Brest gelandet war, froh, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Dass sie ihr erster Weg an einen ihrer Lieblingsplätze nach Concarneau geführt hatte.

Die Gedanken daran wirkten wie ein Energieschub.

Mit Koffer und Reisetasche in den Händen sah sich Emelie am weissen Strand von Concarneau um. Es hatte sich einiges verändert. Natürlich, immerhin waren ihre letzten Ferien hier Jahre her.

Eines aber war gleichgeblieben.

Sie blickte hinaus auf den bewegten Atlantik, hob das Gesicht in den Himmel, sah weissgraue Wolken vorüberziehen. Immer wenn die Sonne es schaffte, sich durch sie durchzukämpfen, wechselte die Farbe des Meeres sprunghaft ins Grüne, ins karibisch Türkise.

Emelie erinnerte sich gut an dieses unglaubliche atlantische Licht, das sie nirgendwo auf der Welt jemals so erlebt hatte. An den Duft des Ozeans, den beständigen Wind. An den Geschmack von Salz auf den Lippen.

Sie konnte nicht sagen, wie lange sie so dastand, alles in sich aufsog. Irgendwann begann sie, vor Kälte zu zittern, doch ihr Herz vollführte einen Freudentanz. Sie fühlte sich, als sei sie nach Hause gekommen.

Mit ihrem Gepäck machte sie sich auf zu der kleinen Wohnung, die sie gemietet hatte, direkt am Meer. Im Geiste schmiedete sie bereits Pläne, sie hatte vieles vor. Und sie hatte Zeit.

In den folgenden Wochen nutzte Emelie jede Gelegenheit, die Bretagne auf ihre Art kennenzulernen, das Leben hier, das so sehr vom Ozean und den Gezeiten, von Wind und Wetter geprägt war.

Der Bruder ihrer Nachbarin nahm sie mit aufs Meer, sie lernte den Alltag eines Fischers kennen. Mehr als eine Nacht schlug sie sich um die Ohren, doch sie bereute keine Minute, lernte sie doch dabei die vielen Facetten des Atlantiks kennen. Des Atlantiks, der mehr war als irgendein Meer. Der sanft und gefährlich, Gefährte und Widersacher, bezaubernd und launisch sein konnte, aber sicher nie berechenbar.

Ihr Französisch besserte sich zusehends, sie nutzte jede Gelegenheit mit den Menschen zu sprechen. Die Einheimischen gaben ihr einen Einblick in die bretonische Seele. Sie wuchsen ihr ans Herz, ihre Art, das oft schwierige Leben am und auf dem Meer zu meistern, ihre liebenswerte Gewohnheit, alles Bretonische zu bevorzugen, der grenzenlose Stolz auf ihr Land, ihr kämpferischer Unabhängigkeitswille.

Immer öfter liebäugelte sie mit der Vorstellung, einfach hierzubleiben, ein neues Leben zu beginnen.

Als sie nach zwei wundervollen Monaten in den Zug nach Hause stieg, fühlte sie sich elend vor Abschiedsschmerz. Der aufmerksame Kellner im Speisewagen wusste sich schon bald nicht anders zu helfen, als neben all die Häufchen Papiertaschentücher ein grosses Glas Pastis zu stellen. Mit der Folge, dass sie fünf davon leerte und der Tränenstrom nicht mehr zu bremsen war.

Emelie schob die Decke ein Stück zur Seite. Die Sonnenstrahlen spielten mit den Ästen der Eiche vor ihrem Fenster. Sie beobachtete das Schauspiel aus Licht und Schatten an den Wänden.

Ja, es war ein schöner Abend gewesen mit Maggie. Und doch waren in der Bretagne Dinge geschehen, von denen sie ihrer Freundin kein Wort erzählt hatte.

Emelie fröstelte, als sie an den Tag im Wald von Huelgoat dachte. Der Tag, der alles verändert hatte.

Ein wunderbarer Spätsommertag. Emelie war mit ihrer Kamera unterwegs gewesen, immer auf der Suche nach guten Motiven. Sie hatte die Zeit vergessen. Es dämmerte bereits, als sie das letzte Stück Weg durch den Wald in Angriff nahm.

Huelgoat, der Zauberwald. Sie liebte dieses mystische Fleckchen Erde mit den uralten Eichen, dem Wildbach, den riesigen bemoosten Steinen, den Höhlen und dem sagenhaften Licht, das wie grünes Gold durch die dichten Blätter sickerte. Wie jedes Mal wunderte sie sich, dass sie wieder keine Fee vorbeihuschen, keinen Kobold hinter einem Felsen hervorschauen sah. Denn wenn es auf dieser Welt Fabelwesen gab, lebten sie bestimmt hier.

Die Wipfel der alten Bäume flüsterten im Abendwind. Es dauerte einige Zeit, bis sich Emelies Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Nur hier und da konnte sie, wenn sie nach oben sah, die letzten Sonnenstrahlen zwischen den Ästen ausmachen.

Sie legte Tempo zu. Bis zu ihrem Auto war es noch ein ordentliches Stück. Bald würde die Nacht hereinbrechen.

Aus der Ferne nahm sie das Plätschern von Wasser wahr und dachte sehnsüchtig an den kühlen Bach. Ihre Füsse brannten von der langen Wanderung.

Tief atmete sie den würzigen, leicht modrigen Duft des Waldbodens ein. Nach der Wärme des Tages legte sich die schwere Feuchtigkeit des Waldes wie eine wohltuende zweite Haut auf ihre nackten Arme. Sie freute sich darauf, bald mit einem eiskalten Glas Weisswein auf ihrem Balkon zu sitzen und den Blick auf den nächtlichen Atlantik zu geniessen.

Das Licht wurde schwächer, je näher sie dem dichten Teil des Waldes kam. Bei jedem Schritt zerbarsten Eicheln unter ihren Füssen.

Gebannt von der eigenartigen Stimmung blieb sie stehen und lauschte. Nicht ein einziger Vogel war zu hören. Ungewöhnlich für diese Tageszeit. Dumpfe Stille, fast körperlich zu spüren.

Beim Weitergehen sang sie leise vor sich hin, wie sie es oft tat, wenn sie sich alleine fühlte. Ein umgestürzter Baum lag quer über dem Weg, Emelie sah ihn erst im letzten Moment. Sie kletterte über ihn weg, dabei stieg ihr der Geruch von vermodertem Laub in die Nase. Von Fäulnis, von Verfall.

Immer wieder sah sie sich um, beschleunigte ihre Schritte, der Impuls loszulaufen wurde übermächtig. Im selben Augenblick verstand sie warum. Es war das Gefühl, nicht alleine zu sein.

Sie blieb stehen, drehte sich im Kreis. Die Dämmerung hatte bereits sämtliche Konturen verschluckt. Da war nichts, was sich von den Schatten abhob.

Dann hörte sie das Geräusch. Flüsternd, ein Rascheln, direkt über ihr. Emelie spürte, wie sich alles in ihr anspannte. Sie spähte ins Halbdunkel. Ein undurchdringliches Blätterdach, dazwischen einzelne Flecken Abendhimmel.

Der Wind in den Blättern, so musste es sein. Nur der Wind, kein Grund, gleich wegzurennen.

Gereizt über ihr eigenes Herzklopfen setzte Emelie sich wieder in Bewegung. Bis zum Auto konnte es nicht mehr weit sein. Oder doch? Im Dämmerlicht dieser sonderbaren Welt hatte sie jedes Zeitgefühl verloren.

Im nächsten Moment knackte es in den Ästen über ihr. Unwillkürlich sprang sie zur Seite, registrierte gleichzeitig das Geräusch schlagender Flügel zwischen den Blättern.

Dann ein Heulen, durchdringend in der Stille.

Emelie stand wie versteinert, brauchte einen Moment, bis sie begriff.

Ein Käuzchen, das musste ein Käuzchen sein.

Sie kannte den Ruf, sie wohnte nah genug am Wald.

Ein weiterer Ruf. Emelie erschauerte, spürte, wie sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper ausbreitete. Unfähig sich zu rühren, starrte sie in die Schatten der Bäume.

Was war los mit ihr? Das war nur ein Waldkauz.

Das Käuzchen rief ein drittes Mal, eindringlich, klagend. Schemenhaft erkannte Emelie seine Umrisse gegen den dämmrigen Himmel, als es zu seinem geräuschlosen Flug ansetzte. Dann war es verschwunden.

Stille trat ein.

Emelie fühlte, wie sich tief in ihrem Innern eine Tür öffnete. Wie sich eine uralte Erinnerung den Weg an die Oberfläche bahnte.

Der Ruf. Der Ruf hatte ihr gegolten.

Das Wispern der Bäume schien näherzukommen.

Erinnere dich.

Emelie presste beide Hände auf die Ohren.

Emelie.

Sie liess sich zu Boden sinken.

Erinnere dich.

Später hätte Emelie nicht mehr sagen können, wie sie ihr Auto erreicht hatte. Irgendwann kam sie in ihrer Wohnung an, riss alle Fenster auf, liess sich erschöpft auf ihr Bett fallen. Sie hörte die hohe Brandung. Der Atlantik war ruhelos in dieser Nacht, genau wie sie selbst.

In den folgenden Stunden, in denen sie keinen Schlaf finden konnte, wurde ihr klar, dass dieser Abend ihr Leben verändern würde.

Sie erzählte keinem Menschen davon.

Draussen bahnte sich der Gärtner geräuschvoll seinen Weg durch das Dickicht.

Emelie holte Luft und schlug die Decke zurück. Ihr Blick fiel auf die aufgerissene Packung Kopfschmerztabletten neben ihrem Bett, das halbleere Glas Wasser. Vorsichtig liess sie ihren Kopf kreisen, verzog das Gesicht, fischte eine Tablette aus der Packung und spülte sie mit der schalen Flüssigkeit hinunter. Sie schüttelte sich, dann war sie mit einem Satz aus dem Bett, gleich darauf in Jeans und Pulli.

In der Küche öffnete sie mit Schwung die Terrassentüren. Erfrischend kühle Luft breitete sich im Raum aus.

Kaffee, sie brauchte jetzt viel Kaffee. Und ihren Computer.

Eine halbe Stunde später hatte sie die dritte Tasse hinuntergestürzt und kannte die besten Zugverbindungen.

In dieser Geschichte ging es um mehr als einen Käuzchenruf im Wald. Zu Hause würde sie keinen Schritt weiterkommen. Sie musste …

«Machst du mir auch einen?»

Emelie fuhr herum. Maggie lehnte in der offenen Tür zur Terrasse und grinste matt.

«Einen sehr starken, bitte.»

«Klar.» Emelie lachte. «Mir geht’s genauso, falls dich das tröstet.»

Sie griff nach einer Tasse und machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Maggie setzte sich auf einen der schweren Küchenstühle und streckte mit einem Stöhnen die Beine aus.

«Mannomann, dein Prosecco hat es wirklich in sich. Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal so einen Schädel … Sag mal, willst du schon wieder verreisen?» Ihr Blick war am aufgeklappten Notebook hängengeblieben. «Concarneau?»

Emelie stellte kommentarlos den dampfenden Kaffee auf den Tisch und setzte sich.

«Emelie? Du bist doch gerade erst nach Hause gekommen!»

«Ich …», Emelie fixierte ihre leere Tasse, «muss dort noch was erledigen, ich …»

Sie verstummte, als sie Maggies entgeisterten Blick bemerkte. Sekundenlang war nur das Gezwitscher der Vögel zu hören. Mit einem Mal fühlte sich Emelie unendlich müde. Sie legte die Hände in den Schoss. «Wie lange hast du Zeit?»

Sie sassen nebeneinander auf der sonnigen Holzbank an der Hauswand, keine sagte ein Wort. Emelies Stimme war vom vielen Erzählen rau geworden, ihr Kopf fühlte sich leer an, wie in Watte gepackt.

Sie betrachtete die alten Obstbäume in ihrem jetzt ordentlichen Garten, die Landschaft mit den sanft geschwungenen Hügeln und verstreuten Bauernhäusern. Auf der anderen Seite des Waldes begann die Stadt, eine ausgesucht freundliche und angenehme Stadt. Aber sie würde ihr an so manchen Stellen renovierungsbedürftiges Bauernhaus nicht gegen die luxuriöseste Villa eintauschen. Sie brauchte die Farbe des Himmels, den Geruch des Regens auf warmer Erde, die Stimmung des Sonnenuntergangs hinter den Hügeln, das Zirpen der Grillen in lauen Sommernächten. Sie brauchte Raum, Luft und offene Fenster. Das alles hatte sie hier und würde es um nichts in der Welt aufgeben. Wenn ihre Freunde auch beharrlich versuchten, ihr die komfortablen Seiten des Stadtlebens schmackhaft zu machen.

Maggie sah sie von der Seite an.

«Hey», sagte sie sanft und legte ihre Hand auf Emelies Arm, «warum hast du mir das nicht erzählt?»

Emelie wandte die Augen nicht von den sonnenbeschienenen Hügeln ab.

«Ich weiss auch nicht, Maggie», sagte sie langsam. «Es hört sich so … absurd an. Vielleicht wollte ich mir mitleidige Blicke ersparen.»

«Weisst du, das alles ist bestimmt nicht so mysteriös, wie es scheint. Das Käuzchen im Wald hast du einfach aufgescheucht. Und das im Keller gestern … vielleicht eine Art Déjà-vu, das muss nichts zu bedeuten haben.»

Emelie schüttelte den Kopf.

«Du verstehst nicht. Es fühlt sich an, als ob etwas lange Vergessenes zurückgekehrt ist.» Sie wandte sich Maggie zu. «Das Käuzchen …», flüsterte sie. «Ich könnte schwören, es war nicht zufällig dort im Wald, an genau dieser Stelle. Es hat auf mich gewartet. Um mich zu rufen.»

Maggie starrte Emelie an, dann blinzelte sie und atmete hörbar aus. «Emelie. Warum, um alles in der Welt, sollte das Käuzchen dich rufen?»

Emelie verschränkte die Arme vor der Brust. «Das weiss ich noch nicht, aber ich werde …»

«Hör auf!», stiess Maggie hervor. «Hör auf damit, du machst dich selbst wahnsinnig. Du warst zu lange in der Bretagne. Alte Erzählungen, keltische Steinkreise, verwunschene Landschaften, Menhire, Feenwälder. Du bist wieder hier, in der Realität! Es gibt nichts, wonach du suchen müsstest.»

Emelie sprang auf. Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen. «Verstehst du jetzt, warum ich keinem davon erzählen wollte? Noch nicht mal du kapierst es. Sogar du hältst mich für durchgeknallt!»

Maggie hob die Hände. «Kein Grund, mich anzuschreien.»

Brüsk drehte sich Emelie um. «Ich glaube, es ist besser, du gehst jetzt.»

Maggie stand auf und folgte Emelie, die bereits in der Küche verschwunden war. «Emelie, warte, so war das nicht gemeint.»

Emelies Gesicht war blass und unbewegt. «Was in deiner Welt keinen Platz hat, existiert auch nicht, so ist es doch. Lass – mich – allein!»

Maggie seufzte, nahm ihren Autoschlüssel von der Bank und warf im Vorbeigehen einen letzten Blick auf Emelie.

«Tut mir leid. Ich ruf dich an.»

Maggie warf ihre Wohnungstür hinter sich zu, liess Schlüssel und Tasche auf den Boden und sich selbst auf einen Stuhl fallen.

Sie hätte sich für ihren ungeschickten Auftritt ohrfeigen können. Wenn sie Emelies Geschichte auch reichlich kurios fand – sie hätte einfühlsamer sein sollen. Emelie hatte sie als Einzige ins Vertrauen gezogen, sie hätte sich zusammenreissen müssen. Auch wenn sie nichts mit mystischem Krimskrams anfangen konnte.

Ihr Blick blieb am Computer hängen. Was hatte Emelie gesagt? Sie schaltete ihn ein. Google. Bretagne. Käuzchen.

Einer der ersten Treffer war ein Artikel in einer bekannten Zeitung über Frankreichs «grüne Résistance».

Maggie begann zu lesen. Die Bauern Frankreichs. Europäische Agrarwirtschaft. Gemeinsamer Markt. Nicht das, was sie jetzt interessierte. Sie scrollte runter. Fehlanzeige. Nichts, was mit Emelies Geschichte zu tun haben könnte.

Gerade wollte sie das Dokument schliessen, als ihr ein Wort auffiel: Bretagne. Französische Revolution, aufständische bretonische Bauern gegen die revolutionäre Zentralregierung. Die Chouannerie, die ihren Namen dem französischen Wort für Käuzchen, chouan, verdankt.

Die Chouans. Sie imitierten den nächtlichen Schrei des Käuzchens, der ihnen untereinander als Erkennungsruf diente.

Maggie starrte auf die Zeilen. Ihr fiel Emelie ein, wie sie vom Ruf des Käuzchens erzählt hatte.

Es hat auf mich gewartet. Um mich zu rufen.

Maggie fröstelte.

« Quatsch!», sagte sie laut. «So ein hirnverbrannter Quatsch!»

Unsanft klappte sie das Notebook zu und ging in die Küche. Ein starker Kaffee und dann Schluss. Sie würde sich keine Sekunde länger mit diesem Schnickschnack abgeben.

Mit der Tasse in der Hand lehnte Maggie am Küchentisch, nahm kleine Schlucke, blätterte unkonzentriert in der Zeitung. Nichts als reisserische Schlagzeilen und die übliche Hysterie über Bagatellen.

Mit einer knappen Bewegung schob sie die Zeitung zur Seite. Wie von alleine wanderten ihre Augen zum Notebook. Eine Weile lang fixierte sie es durch die offene Wohnzimmertür. Dann stiess sie einen Fluch aus und sass im nächsten Moment vor dem Computer.

Frankreich 1793

Wie eine gewaltige Welle fegt die Revolution über das Land. Seit den stürmischen Unruhen von 1789 kommt Frankreich nicht zur Ruhe. In Paris wird um die Macht gerungen, täglich werden Menschen hingerichtet. Während die junge Republik um innen- und aussenpolitische Stabilität kämpft, erhebt sich der Westen Frankreichs gegen die Revolutionsregierung.

Ausgelöst durch die Exekution König Ludwigs XVI. und die Zwangsrekrutierungen für das französische Heer formiert sich in der Bretagne und der benachbarten Vendée der Widerstand. Die Abschaffung der Monarchie, die hohe Steuerlast, die Repressalien gegen die katholische Kirche wiegeln die Landbevölkerung auf, sie fühlt sich übergangen, von der Revolution verraten.

Was als Bauernaufstand beginnt, wird zu einem Flächenbrand. Lokale Revolten breiten sich aus, 1793 schliessen sich die bretonischen Chouans den Aufständischen in der benachbarten Vendée an. Ein erbitterter Bürgerkrieg bricht aus. Vom Adel und der katholischen Kirche unterstützt, feiern die königstreuen Rebellen erste militärische Erfolge. Ihre denkbar schlechte Kriegsausrüstung machen sie mit unbändigem Freiheitswillen und bedingungslosem Einsatz wett.

Paris reagiert mit aller Härte. 1794 beschliesst der Nationalkonvent die vollständige Zerstörung der Vendée und seiner Bevölkerung, Frauen und Kinder ausdrücklich eingeschlossen. Die Vendée fällt unter einer beispiellosen militärischen Aktion mit Massenhinrichtungen, Massenertränkungen, gezielter Vernichtung von Siedlungen, Landflächen und Vieh.

Die überlebenden Chouans kehren in die Bretagne zurück.

Die folgenden Jahre sind geprägt von Unruhen und lokalen Aufständen, niedergeschlagen von republikanischen Truppen.

Als der Bürgerkrieg endet, haben bis zu 500 000 Menschen ihr Leben verloren.

1804 wird der populärste und letzte grosse Anführer der Chouans, Georges Cadoudal, unter der Regierung von Napoleon Bonaparte hingerichtet. Posthum erhält er die höchste militärische Auszeichnung der französischen Republik, seine Familie wird in den Adelsstand erhoben.

Die Vendée, die «dunkle Seite der Revolution», beschäftigt Frankreich noch heute. Während man in der Vendée das Andenken lebendig hält, diskutieren Politiker wie Historiker heftig über die Vernichtungsaktion von 1794. Von Völkermord ist die Rede, vom frankofranzösischen Genozid.

Gestützt wird diese Auffassung von historischen Dokumenten wie dem Bericht des republikanischen Generals Westermann, der 1794 den Pariser Nationalkonvent erreicht haben soll.

«Es gibt keine Vendée mehr. Sie ist mit unserem Säbel der Freiheit niedergemacht worden, mitsamt Frauen und Kindern. Ich habe sie in den Sümpfen und Wäldern von Savenay begraben. Man kann mir keine Gefangenen vorwerfen. Ich habe alles ausgelöscht.»

Maggie hob den Kopf. Mehrere Minuten starrte sie ins Leere. Dann stand sie auf und zog ihre Jacke an.

Emelie riss die Reisetasche aus dem Schrank. Sie brauchte niemanden, sie würde es auch alleine schaffen.

Die Bretagne also. Und dann? Wo sollte sie dort anfangen?

Mit der Tasche in der Hand kaute sie an ihrer Unterlippe. Träume und Erscheinungen. Mehr hatte sie nicht.

Emelie begann, in ihrem Schrank zu kramen. Atlantik im März hiess dicker Pulli, Mütze und Jacke. Sie warf alles auf den Boden und wollte gerade nach den Handschuhen suchen, als sie innehielt. Etwas war aus der Jackentasche gefallen, direkt vor ihre Füsse. Etwas Kleines, Hellblaues. Ihr Herz begann zu klopfen, als sie es erkannte.

Raphael Nehlsen, Hypnose, Rückführungen.

Fast hatte sie ihn vergessen.

Langsam hob sie die Visitenkarte auf und betrachtete sie. Zwei stilisierte Hände, die sich an den Handgelenken umfassten, der Text im Vordergrund.

Hypnose. Rückführungen.

Emelie starrte sekundenlang auf die Worte. Dann zerriss sie die Karte in der Mitte und warf sie auf den Boden.

Im Badezimmer füllte sie ihr Necessaire mit allen Notwendigkeiten, klemmte ein Handtuch unter den Arm und ging zurück ins Schlafzimmer. Dort lag die zerrissene Karte.

Sie liess das Handtuch sinken.

Es wäre ein Weg. Ein ungewöhnlicher zwar, doch sie könnte weitergehen.

Wie üblich lag das Telefon nicht auf der Ladestation, aber sie fand es erstaunlich schnell auf einem der Küchenstühle. Mit den zwei Kartenteilen in der Hand wählte sie die Nummer. Er meldete sich fast augenblicklich.

«Nehlsen, guten Tag.»

Emelie erkannte die Stimme sofort. Sie sah ihn vor sich auf dem Markt, wie er umständlich ihren Einkauf verpackte. Kurz zögerte sie.

«Hallo?»

«Ich … Hier spricht Emelie … Erinnern Sie sich an mich? Ich habe gestern auf dem Markt …»

«… ein ungewöhnliches Erlebnis gehabt.»

Ein leises Lachen in der Leitung.

Es war das Haus am Ende der Strasse. In der Nacht hatte es geregnet, es duftete nach nassem Gras.

Emelie schaute sich um. Stadtrand, viel Grün. Jedes Haus ein wenig anders, alle mit Garten. Die kleine Strasse mündete in einen holprigen Weg, der sich zwischen Feldern verlor. Weit hinten ein Wäldchen.