Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora - Nathan R. Corwyn - E-Book

Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora E-Book

Nathan R. Corwyn

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Beschreibung

Inhalt: Nur Aleksander Hakonsen, ein alter norwegischer Dämonenjäger, kennt das Versteck zweier Gefäße, die als Gefängnis für einen gefährlichen Dämon dienen. Seit beinahe fünf Jahrzehnten hütet er nun schon dieses Geheimnis, doch unvermittelt erhält er die Nachricht, er solle die beiden Schatullen nach London bringen. Aleksander kommt dieser Aufforderung nach - nichtsahnend, dass es sich hierbei um eine Falle handelt, gestellt von keinem Geringeren als Liekk-Baoth, der rechten Hand des Erzdämons. Die Falle schnappt zu, dann jedoch begeht Liekk-Baoth den Fehler, den alten Dämonenjäger zu unterschätzen ... Wieder müssen Keeva und Shane sich okkulten Gefahren stellen. Diesmal sind sie auf der Jagd nach einem Körperlosen, der ausgerechnet Besitz von einer alten Dame ergriffen hat - und nun in dieser täuschend harmlos wirkenden Gestalt eine blutige Spur durch London zieht ...

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Seitenzahl: 154

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Nathan R. Corwyn

Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Hauptpersonen

Prolog

London

Informationen zur Romanreihe

Impressum neobooks

Hauptpersonen

Keeva McCullen

Tochter von Liam McCullen, Enkelin von Robert Paddock

Ist von ihrem Großvater zur Dämonenjägerin ausgebildet worden – heimlich, denn nach dem Regelwerk der Dämonenjägerzunft ist diese Ausbildung nur Männern erlaubt, da Frauen durch höhere Dämonen kontrolliert werden können.

Shane Truax

Vierteldämon, Enkel von Theobald Truax

Freischaffender Dämonenjäger; mit Keeva befreundet.

Theobald Truax

Abtrünniger Dämon, Großvater von Shane

Hat vor über fünfzig Jahren der Dämonenwelt den Rücken gekehrt.

Liam McCullen

Vater von Keeva, Schwiegersohn von Robert Paddock

Ehemals sehr erfolgreicher Dämonenjäger; hat vor zehn Jahren seine Frau Rachel und seinen Sohn Gabriel – Keevas Zwillingsbruder – bei einem Kampf gegen einen Erzdämon verloren; Liam hat die Dämonenjagd danach aufgegeben und lebt seither zurückgezogen mit seiner Tochter, seinem Schwiegervater und der Haushälterin Emma Wickham in einem mehrstöckigen viktorianischen Reihenhaus in London; führt ein Antiquitätengeschäft im gleichen Gebäude; ahnt nichts von den Aktivitäten seiner Tochter.

Robert Paddock

Keevas Großvater und heimlicher Lehrmeister

Dämonenjäger in Rente; hat sein Wissen vor vielen Jahren an Liam McCullen weitergegeben, seinem späteren Schwiegersohn; nach dem Tod seiner Tochter hat Robert seine Einstellung zur Ausbildung von Frauen geändert und Keeva von ihrem zehnten Lebensjahr an trainiert.

Edward Skeffington

Kriminalbeamter bei New Scotland Yard

Seit vielen Jahren mit Liam McCullen befreundet; hat zu Liams aktiver Zeit häufig hinter ihm „aufgeräumt“, d.h. Indizien, die auf dämonische Aktivität hinweisen, möglichst diskret behandelt; wendet sich an seinen Freund, wenn er Fragen zu übersinnlichen Themen hat; hat von Keevas Geheimnis erfahren, behält es jedoch - auf ihren Wunsch hin - noch für sich.

Liekk-Baoth

Gestaltwandler und rechte Hand des Erzdämons

Prolog

Norwegen

Nebelschwaden durchzogen das Moor. Die Konturen der niedrigen Bäume und Sträucher zerflossen, wurden zu undeutlichen Schatten, die an zusammengekauerte, lauernde Gestalten erinnerten. Das rötliche Licht der untergehenden Sonne verstärkte diesen Eindruck noch und es war still - wie immer um diese Zeit, an diesem Ort. Der Nebel dämpfte jegliches Geräusch.

Das feuchte Klatschen der eigenen Schritte drang dem alten Mann nur leise an das Ohr und bereits wenige Meter entfernt war es so gut wie gar nicht mehr zu hören – doch das spielte keine große Rolle. Aleksaner Hakonsen rechnete sowieso nicht damit, hier einem anderen Wanderer zu begegnen.

Die Gegend war verrufen, jedermann wusste, dass hier ein Ort der Geister war. Ein Ort, an dem es keinen Unterschied gab zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Toten, von dem man sich besser fernhielt, wenn einem der eigene Seelenfrieden etwas bedeutete – und genau aus diesem Grund hatte Aleksander diesen Platz einst gewählt. Ein perfektes Versteck für einen Gegenstand, der vor den Menschen verborgen gehalten werden musste.

Über vierzig Jahre lang hatte dieser Gegenstand hier sicher geruht und lediglich er, Aleksander Hakonsen, hatte von seinem Aufenthaltsort gewusst. Doch inzwischen war Aleksander alt – und er spürte, dass seine Kräfte nachließen, dass er schwach war … und müde.

Daher war die Nachricht, die ihm heute morgen zugestellt worden war, gerade recht gekommen: Sie enthielt die Aufforderung, die Schatullen nach London zu bringen. Der Brief war vollkommen unerwartet eingetroffen, aber Aleksander hatte sogleich eine starke Erleichterung verspürt. Es war gut, wenn er sein Geheimnis endlich an jemand anderen weitergeben konnte und von der Verantwortung dafür erlöst war.

Der alte Mann blieb stehen und sah sich um, dann nickte er. Er war am Ziel. Seit mehr als vier Jahrzehnten hatte er diesen Ort nicht mehr aufgesucht, erkannte ihn jedoch sofort wieder: Der eigenartig geformte Felsen, der verkrüppelte Baum, nichts davon hatte sich groß verändert. Nur er selbst war grau geworden in all dieser Zeit …

Er seufzte und warf den Beutel, den er auf dem Rücken getragen hatte, auf den federnden Boden und gönnte sich eine kurze Verschnaufpause. Unbehaglich sah er sich um. Dieser Ort hatte seinen schlechten Ruf nicht ohne Grund. Auch wenn der alte Mann keine Angst vor den Toten hatte – gegen Geister wusste er sich zur Wehr zu setzen -, so spürte er doch die beklemmende Magie, die hier jeden Zweig, jeden Stein, ja sogar die Luft, die er einatmete, zu durchdringen schien.

Er schüttelte dieses unangenehme Gefühl ab, beugte sich nach unten zu dem Sack, öffnete ihn und holte einen kleinen Spaten heraus. Ächzend richtete er sich wieder auf, ging zu einem Fleck neben dem eigenartig geformten Felsen und begann zu graben. Das schwindende Licht des Tages reichte momentan noch aus - für den Rückweg würde er jedoch die Laterne benötigen.

Aleksander ignorierte seinen protestierenden Rücken und schaufelte ein wenig schneller. Er wollte nicht zu spät zum Abendessen kommen. Heute war sein letzter Abend hier, er wollte ihn genießen. Außerdem würde Malin, seine Enkeltochter, sich sonst Sorgen um ihn machen - und womöglich ihren Mann mit den Hunden losschicken, um nach ihrem hilflosen alten Großvater zu suchen.

Sven würde ihn finden - Sven fand immer alles, und wenn nicht er, dann die Hunde - und Aleksander müsste erklären, warum in drei Teufels Namen er bei Einbruch der Dunkelheit im unheimlichsten Teil des Moores herumstiefelte, noch dazu in seinem Alter …

Aleksander lächelte bei dem Gedanken an das ernste Gesicht von Malins Mann. Für Sven bestand die Welt aus einer Aneinanderreihung von Problemen: hatte man eines gelöst, so konnte man sich sofort wieder mit dem nächsten herumplagen. Malin wiederum war das genaue Gegenteil, immer fröhlich und fast schon leichtsinnig optimistisch. Die beiden ergänzten sich hervorragend.

Die Spitze des Spatens stieß auf etwas Hartes, ein dumpfer Ton erklang. Vorsichtig schob Aleksander die Erde zur Seite und nach wenigen Minuten konnte er ein schmutzverschmiertes Bündel aus dem Boden ziehen. Er legte den Spaten beiseite, zog das fleckige Öltuch auseinander und betrachtete dessen Inhalt. Die zwei darinliegenden Schatullen, gefertigt aus edlem Holz, waren unversehrt, wie er erleichtert feststellte. Jede von ihnen hatte die Größe eines dicken Buches und war an allen Seiten mit aufwändigen Schnitzereien versehen. Die Oberflächen schimmerten matt und ihr elegantes Äußeres ließ nicht im mindesten erahnen, was für einen gefährlichen Inhalt sie verbargen.

Aleksander überprüfte die unsichtbaren, magischen Siegel, doch auch sie waren intakt. Zufrieden zog er ein frisches Tuch heraus, wickelte die beiden Kästchen sorgfältig darin ein und verstaute sie behutsam in seinem Tragebeutel.

Das alte, dreckverschmierte Stück Stoff warf er zurück in das Loch im Boden. Er schob schnell einige Schaufeln voll Erde hinterher - solange bis das Loch wieder halbwegs aufgefüllt war -, dann klopfte er den Boden sanft fest, richtete sich auf und betrachtete sein Werk. Jetzt konnten hier wenigstens keine Tiere mehr ins Straucheln geraten und sich womöglich verletzen.

Mithilfe einiger Grasbüscheln wischte er grob die Erde vom Spaten, räumte ihn zurück in den Sack und zog dafür die kleine Gaslaterne heraus, die er vorsorglich für den Rückweg eingepackt hatte. Er zündete sie an. Die Flamme brannte bläulich und fauchte leise.

Ein letztes Mal sah er sich um. Fast schon wehmütig dachte er darüber nach, wie an diesem einsamen, abweisend wirkenden Ort fast fünf Jahrzehnte lang vor der Welt verborgen gehalten worden war, was sich nun im Beutel über seiner Schulter befand.

Jetzt wurde dieses … Ding mehr oder weniger ungeschützt nach London transportiert - doch glücklicherweise war das ja nicht weit, wenige Flugstunden nur. Der alte Mann tröstete sich mit diesem Gedanken und unterdrückte das aufkeimende Unbehagen. Von dort aus würden die Schatullen bestimmt schnellstmöglich in ein neues Versteck gebracht werden, eines, das mindestens genauso sicher sein würde wie dieser Ort hier. Das Institut machte keine halben Sachen - und die Leute kannten die Gefahr.

Schließlich drehte Aleksander Hakonsen sich um und machte sich auf den Rückweg – ohne auch nur im Geringsten zu ahnen, was ihn in London erwartete …

London

„Mami, der Mann hinter uns hat ganz schmutzige Fingernägel!“

Die Frau im Laden zog ihr Kind beiseite und flüsterte ihm mit strengem Gesicht etwas zu. Dann lächelte sie Liekk-Baoth entschuldigend an - doch dieser verzog nur genervt das Gesicht und dachte gar nicht daran, das Lächeln zu erwidern.

Oh, wie gerne hätte er auf der Stelle seine dämonische Gestalt angenommen und diesem verzogenen Fratz den Kopf abgebissen – jedoch nicht ohne ihm vorher noch seine scharfen Klauen unter die Rotznase zu halten und den Bengel zu fragen, ob ihm denn diese Fingernägel besser gefallen würden …

Es war so demütigend!

Seit nun bald vier Wochen harrte er in verschiedenen Verstecken in London aus und wartete darauf, dass er den nächsten Auftrag seines Meisters endlich ausführen konnte.

Der Erzdämon hatte ihm eindringlichst eingeschärft, während dieser Zeit auf gar keinen Fall Aufsehen zu erregen - und so war er gezwungen, sich die meiste Zeit entweder in einer der düsteren Grüfte, die ihm als Unterschlupf dienten, fast zu Tode zu langweilen, oder aber in menschlicher Form durch die Straßen zu laufen.

Letzteres hasste er (die schwächliche Gestalt der Menschen war so armselig), allerdings konnte er dadurch wenigsten hin und wieder am kläglichen Unterhaltungsangebot der Menschheit teilhaben … und die Zeit verging ein bisschen schneller. An Kinofilmen hatte er sogar tatsächlich einen gewissen Gefallen gefunden, daher besuchte er die Kinos der Umgebung so oft wie möglich. Schade nur, dass das Filmangebot nicht häufiger wechselte.

Er sehnte den Tag herbei, an dem er endlich wieder in das Reich der Dämonen zurückkehren konnte. Doch zuerst musste er seinen Auftrag ausführen. Der Erzdämon war mit der Art und Weise, wie Liekk-Baoth beim letzten Mal vorgegangen war, nicht besonders zufrieden gewesen. Zuviel Aufsehen, zu wenig Zurückhaltung, unnötige Tote. Er selbst fand das ganz und gar nicht – ein wenig Spaß bei der Arbeit sollte man sich doch gönnen dürfen. Aber wenn er nicht riskieren wollte, auch nach Erledigung des nun anstehenden Auftrages weiterhin hier, in der Welt der Menschen, bleiben zu müssen – nun, dann musste er wohl den Befehlen seines Meisters in allen Punkten Folge leisten. Und das bedeutete, dass er den Plan dieses Mal ohne eigene Improvisation in die Tat umsetzen musste.

Er konnte nur hoffen, dass morgen Abend nichts Unvorhergesehenes passierte. Doch was sollte schon schiefgehen ... es war doch nichts dabei, einem schwächlichen Greis zwei kleine Schatullen zu entreißen. Zudem besaß er diesmal sogar die Erlaubnis, nein, den Befehl, den alten Mann umzubringen.

Wenigstens etwas, auf das er sich freuen konnte …

*

„Hui, das riecht aber streng“, meinte Keeva und rümpfte die Nase.

Shane sagte nichts. Er blickte konzentriert auf die beiden Bechergläser in seinen Händen. Vorsichtig goss er den Inhalt des einen in das bereits zur Hälfte gefüllte zweite Glas. Die beiden Tränke reagierten heftig miteinander – gelblicher, unangenehm stinkender Rauch stieg aus dem Behälter in seiner linken Hand -, doch er durfte den Mischvorgang nicht vorzeitig abbrechen, wenn ihr Experiment Erfolg haben sollte.

Der letzte Versuch war bereits recht vielversprechend gewesen. Sie hatten einen Trank entwickelt, der die Gefahr, dass Keeva von einem höheren Dämon gedankenkontrolliert wurde, deutlich minimierte. Diese Gefahr drohte ihr nur, weil sie eine Frau war – Männer kannten dieses Problem nicht.

Shanes Großvater Theobald Truax, ein abtrünniger Dämon, half ihnen dabei. Er testete die Wirksamkeit der von den beiden jungen Leuten gebrauten Tränke, indem er versuchte, Keevas Geist zu übernehmen. Beim letzten Mal war ihm das nur noch unter größten Schwierigkeiten gelungen – ein wichtiger Schritt bei dem Bemühen, Keevas Handicap zu vermindern.

Keeva träumte davon, ein wirksames Hilfsmittel gegen diese allgegenwärtige Gefahr zu finden, damit sie ihrem Vater endlich gestehen konnte, eine Dämonenjägerin zu sein. Frauen durften – aufgrund dieses Mankos - eigentlich nicht zur Dämonenjagd ausgebildet werden. Keevas Großvater hatte dieses Verbot ignoriert und sie jahrelang heimlich trainiert, doch nun wollte sie dieser Heimlichkeit endlich ein Ende bereiten.

Es schmerzte sie, ihren Vater immer häufiger anlügen zu müssen. Zudem hatte sie sich Edward Skeffington, einem langjährigen Freund ihres Vaters, offenbart – und ihm das Versprechen abgerungen, zwei Monate lang darüber Stillschweigen zu bewahren. Keeva hoffte, bis dahin vorzeigbare Fortschritte bei der Suche nach einem wirksamen Schutz erzielt zu haben, und somit ihrem Vater das wichtigste Argument gegen ihre Ausbildung entziehen zu können. Im Gegenzug allerdings hatte sie Edward versprochen, nach Ablauf dieser zwei Monate ihrem Vater auf alle Fälle die Wahrheit zu sagen – ob sie nun ein Mittel gefunden hatte oder nicht.

Nun, das letzte Rezept hatte sie ihrem Traum ja ein gutes Stück näher gebracht. Leider waren die Nebenwirkungen des Trankes sehr stark gewesen, Keeva hatte sich benommen gefühlt und ihr war danach noch über Stunden hinweg schlecht gewesen. Aber sie waren auf dem richtigen Weg, das spürte sie ...

Shane hatte endlich auch den letzten Tropfen der Trankkomponente zu dem übrigen Gemisch geschüttet, jetzt war das Gebräu fertig. Die Rauchentwicklung war vorüber und in seiner linken Hand hielt er nun ein volles Becherglas mit einer milchig-braunen Flüssigkeit.

„Sieht aus wie Milchkaffee“, meinte er schmunzelnd.

Keeva seufzte.

„Ja“, meinte sie. „Aber ich befürchte, dass es nicht annähernd so gut schmecken wird.“

Der Trank, den sie vor ein paar Tagen getestet hatte, hatte das Aroma von ranzigem Fett gehabt – mit einem deutlichen Nachgeschmack von Terpentin. Doch das war ein geringer Preis für das, was sie sich davon erhoffte. Keeva würde alles schlucken, mochte es noch so ekelhaft schmecken, Hauptsache, sie wäre damit endlich immun gegen die Kontrolle durch einen höheren Dämon.

Shane nahm ein Schraubglas aus dem Regal, füllte den fertigen Trank hinein und verschloss das Glas. Dann machten sie sich daran, die benutzten Utensilien zu reinigen. Sie befanden sich in der kleinen Küche seines Appartements. Keeva bedauerte es, dass sie nicht das perfekt ausgestattete Alchemielabor im Keller ihres Elternhauses nutzen konnten - doch die Gefahr, entdeckt zu werden, war einfach zu groß. Ein weiteres Manko dieser für sie immer unerträglicher werdenden Situation.

„Demnächst wird mein Vater London für ein paar Tage verlassen“, erzählte sie Shane. „Er will einige Auktionen im Umland besuchen“ - Liam McCullen führte ein kleines Antiquitätengeschäft und besuchte häufiger Haushaltsauflösungen oder Auktionen, um an neue Ware zu kommen - „und in dieser Zeit könnten wir eigentlich das Labor im Keller benutzen, von dem ich dir schon erzählt habe.“

Shane nickte.

„Das wäre auf alle Fälle sinnvoll“, sagte er. „Vielleicht könnten wir auch ein paar der Apparaturen hierher bringen. Mit der jetzigen Ausrüstung können wir ja nicht einmal die verwendeten Zutaten ausreichend genau abmessen. Mal angenommen, wir finden tatsächlich eine wirksame Rezeptur - dann könnte es durchaus passieren, dass wir sie nicht mehr nachmischen können, weil unsere Unterlagen zu ungenau sind. Das wäre doch schrecklich.“

Keeva nickte düster. Sie war sich dieser unangenehmen Möglichkeit bewusst, verdrängte sie aber momentan lieber aus ihren Gedanken.

„Lass uns erst einmal hoffen, dass wir überhaupt erfolgreich sind“, meinte sie voller Optimismus. „Wenn wir wissen, dass es eine wirkungsvolle Formel gibt – nun, dann schaffen wir es auch, sie zu reproduzieren, irgendwie. Wann hat dein Großvater denn Zeit für uns?“

„Heute Abend“, erwiderte Shane.

Gut, dachte Keeva. Sie hoffte nur, dass es ihr dieses Mal nicht ganz so schlecht gehen würde …

*

Müde schloss Aleksander Hakonsen die Tür seiner kleinen Wohnung auf.

Das Appartement befand sich in einem eher ruhigen Bezirk im Osten Londons, der Flughafen Heathrow wiederum lag genau auf der anderen Seite der Riesenstadt, im Westen. Daher hatte der alte Mann gerade ziemlich genau zwei Stunden in der - wie üblich vollkommen überfüllten – Tube, der Londoner U-Bahn, hinter sich gebracht. Glücklicherweise hatte er wenigstens einen Sitzplatz ergattern können, doch trotzdem war er erleichtert, nun daheim zu sein.

Er lebte hier schon seit vielen Jahren. Das Klima in England war deutlich milder als das in Skandinavien, seine durch das Alter angegriffene Gesundheit war dafür dankbar. Anfangs war er mindestens dreimal im Jahr in seine frühere Heimat gereist und hatte seine Enkeltochter und deren Familie besucht. Doch in letzter Zeit strengten ihn diese Reisen zunehmend an – und die Zeiträume dazwischen waren daher immer länger geworden.

Heute Morgen, bei seiner Abreise, hatte Malin natürlich wie üblich gefragt, wann sie sich denn wiedersehen würden. Aber Aleksander hatte ihr kein konkretes Datum nennen können. Er wusste nicht, wann er das nächste Mal reisen würde. Er hoffte allerdings, nicht allzu bald …

Erschöpft ließ er sich auf den Sessel im Wohnzimmer fallen und betrachtete nachdenklich die große Reisetasche, die er einfach mitten im Zimmer abgestellt hatte. In ihr befanden sich die beiden Schatullen, fest eingewickelt in ein dickes, weiches Tuch und zusätzlich mit einer Schnur gesichert. Er war froh, wenn er sie endlich loswerden würde.

Ächzend setzte er sich etwas aufrechter hin und holte den zusammengefalteten Brief aus seiner Jackentasche. Zum wiederholten Mal las er dessen Inhalt. Er stammte von einem privaten Forschungsinstitut hier in London, mit dem er schon seit vielen Jahren zusammenarbeitete. Nur wenige Menschen – er und eine Handvoll anderer Eingeweihter – wussten davon, dass sich dieses Institut nicht nur, wie offiziell behauptet, mit Geschichtsforschung beschäftigte, sondern auch aktiv im Kampf gegen paranormale Erscheinungen tätig war.

Es hatte ihn nicht allzu sehr überrascht, dieses Schreiben, in dem er dazu aufgefordert wurde, die beiden Schatullen nach London zu bringen, zu erhalten. Den Leuten vom Institut war bekannt, dass die Boxen sich in seiner Obhut – oder besser gesagt, in einem von ihm gewählten Versteck – befanden. Und sie wussten ebenfalls, dass er nicht mehr der Jüngste war – dass es an der Zeit war, die Schatullen irgendwo anders sicher zu verwahren.

Trotzdem konnte er das Gefühl leichter Beunruhigung beim Lesen dieses Briefes nicht gänzlich verdrängen. Irgendetwas daran erschien ihm … falsch. Er konnte nicht genau benennen, was ihn störte – ob es die verwendeten, etwas altmodischen Formulierungen waren, das Fehlen eines Namens unter dem Schreiben oder etwas vollkommen anderes -, das seltsame Gefühl war einfach da.

Der Brief war ihm gestern – an einem Samstag – unter der Adresse seiner Enkeltochter in Norwegen zugestellt worden. Das war zwar ungewöhnlich, aber nicht unmöglich. Das Institut kannte diese Adresse natürlich. Und da die Leute davon ausgehen mussten, dass die gewünschten Schatullen in Norwegen versteckt waren, war es nur logisch, dass sie ihn noch während seines Aufenthaltes dort kontaktierten – damit er sie gleich mitbringen konnte.

Dennoch …

Im Schreiben war für die Übergabe der morgige Abend vorgeschlagen worden. Jetzt, am Wochenende, konnte er im Institut natürlich niemanden erreichen – aber ehe er zu dem vorgegebenen Treffpunkt gehen würde, würde er noch ein paar Telefonate führen.

Nur für alle Fälle.

*

„Also, ich schluck das Zeug jetzt!“, kündigte Keeva an.

Theobald Truax, der alte Dämon in Menschengestalt, nickte nur – wirkte aber besorgt. Der Trank, den Keeva und Shane am Vormittag zusammengebraut hatten, sah zwar mit seiner milchig-braunen Farbe eher harmlos aus – roch aber außerordentlich ungesund.